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Epidemiologie Im Jahr 2010 traten 68% der klinisch diagnostizierten Beckenringfrakturen in der Gruppe der über 65-Jährigen auf. Dabei lag der Hauptanteil in der Altersgruppe der 85- bis 90-Jährigen [2,5]. Die Patientengruppe der über 60-Jährigen stellt insgesamt ein sehr heterogenes Kollek- tiv dar, deshalb müssen Komorbiditäten, Selbstständig- keit, Patientenansprüche und aktivität in die Therapie- entscheidung eingeschlossen werden. Auch die Prävalenz der Osteoporose spielt bei der alters- und geschlechts- spezifischen Verteilung der Beckenringfrakturen eine entscheidende Rolle. In der Altersgruppe der 65- bis 74- Jährigen konnte eine Osteoporoseprävalenz von 32% bei Frauen und von 8% bei Männern festgestellt werden. Mit weiter zunehmendem Alter erhöht sich diese Prävalenz auf 48% (bei Frauen) bzw. 18% (bei Männern). Jede 4. Frau und jeder 17. Mann > 50 Jahre ist an Osteoporose erkrankt, mehr als die Hälfte der Betroffenen erleidet innerhalb von 4 Jahren mindestens eine osteoporose- bedingte Fraktur [4]. Diese Daten unterstreichen die weibliche Prädominanz auch bei Beckenfrakturen im Al- ter > 65 Jahre mit 57% Anteil weiblicher Patienten [2, 5]. Insgesamt ist die osteoporotische Beckenringfraktur eine unterschätze, allerdings komplikationsbehaftete osteo- porotische Fraktur. Definition Die Beckenringfraktur des älteren Patienten kann mit ver- schiedenen Begrifflichkeiten, die sich in ihrer Definition gering unterscheiden, beschrieben werden. Die Insuffizienzfraktur des Beckenringsist relativ eng definiert: Es handelt sich dabei um eine Fraktur ver- ursacht durch das Einwirken einer physiologischen Kraft auf (osteoporotisch) veränderten Knochen. Im Gegensatz dazu erlaubt der Begriff der osteoporoti- schen Beckenringfrakturdefinitionsgemäß auch das Ein- wirken nicht physiologischer Kräfte (Traumamechanis- mus). Allerdings muss man festhalten, dass diese Kräfte nicht mit denen vergleichbar sind, die beim jungen Pa- tienten typischerweise zu Beckenringfrakturen führen (Hochrasanztrauma). Ein weiterer, in jüngster Zeit zunehmend gebräuchlicher Begriff für diese Verletzungsentität ist die fragility fracture of the pelvis(fragility= Englisch für Brüchig- keitbzw. Gebrechlichkeit; Abkürzung: FFP, siehe Ab- schnitt Klassifikation). Dieser Begriff fasst die zugrunde liegenden prädisponierenden knöchernen Veränderun- gen zusammen und beinhaltet als Frakturauslöser sowohl die physiologische als auch nicht physiologische Kraftein- wirkung auf Knochen reduzierter Qualität. Wir bevorzugen die Bezeichnung der FFP, da die Fraktur- einteilung nach physiologischer bzw. nicht physiologi- scher Kraft anamnestisch häufig nicht zu differenzieren ist und für die weitere Diagnostik und Therapie von un- tergeordneter Relevanz ist. Das Patientenalter wird von keinem der o.g. Begriffe be- rücksichtigt. Ätiologie Die Beckenfraktur des älteren Patienten unterscheidet sich wesentlich von der des jüngeren. Beim jungen Pa- tienten sind Beckenfrakturen Folge eines Hochrasanz- traumas (z.B. Verkehrsunfall, Sturz aus großer Höhe, Po- lytrauma) und meist vergesellschaftet mit intra- und ex- trapelvinen Begleitverletzungen sowie einer erheblichen Frakturdislokation. Diese Umstände erklären auch die erhöhte Morbidität und Mortalität dieser Verletzungen beim jungen Patienten sowie die Indikation zur akuten operativen Versorgung und teilbelastender bzw. entlas- tender Nachbehandlung im Anschluss. Die Beckenringfraktur des älteren Patienten entsteht überwiegend entweder ohne erinnerliches Trauma oder bei Niedrigenergieunfällen (Sturz zu ebener Erde mit ver- tikaler Krafteinwirkung auf das Gesäß oder lateraler Kraft- einwirkung auf die Hüfte). Durch diesen Unfallmechanis- mus fehlen signifikante Weichteilverletzungen, und die Frakturen sind häufig nur gering disloziert (Cave: Diag- nostik). In Ausnahmefällen kann auch beim älteren Pa- tienten ein Hochrasanztrauma Ursache für eine Becken- verletzung sein. Aufgrund der geringeren funktionellen Reserven besteht dann ein deutlich höheres Mortalitäts- risiko [1]. Die augmentierte iliosakrale Schraube bei Beckenfrakturen im Alter Niklas Grüneweller, Thomas Fuchs, Dirk Wähnert, Michael J. Raschke Fachwissen 18 Grüneweller N et al. Die augmentierte iliosakrale OP-JOURNAL 2017; 33: 1826 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

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Die augmentierte iliosakrale Schraubebei Beckenfrakturen im Alter

Niklas Grüneweller, Thomas Fuchs, Dirk Wähnert, Michael J. Raschke

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Epidemiologie

Im Jahr 2010 traten 68% der klinisch diagnostiziertenBeckenringfrakturen in der Gruppe der über 65-Jährigenauf. Dabei lag der Hauptanteil in der Altersgruppe der85- bis 90-Jährigen [2,5]. Die Patientengruppe der über60-Jährigen stellt insgesamt ein sehr heterogenes Kollek-tiv dar, deshalb müssen Komorbiditäten, Selbstständig-keit, Patientenansprüche und ‑aktivität in die Therapie-entscheidung eingeschlossen werden. Auch die Prävalenzder Osteoporose spielt bei der alters- und geschlechts-spezifischen Verteilung der Beckenringfrakturen eineentscheidende Rolle. In der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen konnte eine Osteoporoseprävalenz von 32% beiFrauen und von 8% bei Männern festgestellt werden. Mitweiter zunehmendem Alter erhöht sich diese Prävalenzauf 48% (bei Frauen) bzw. 18% (bei Männern). Jede4. Frau und jeder 17. Mann > 50 Jahre ist an Osteoporoseerkrankt, mehr als die Hälfte der Betroffenen erleidetinnerhalb von 4 Jahren mindestens eine osteoporose-bedingte Fraktur [4]. Diese Daten unterstreichen dieweibliche Prädominanz auch bei Beckenfrakturen im Al-ter > 65 Jahre mit 57% Anteil weiblicher Patienten [2,5].Insgesamt ist die osteoporotische Beckenringfraktur eineunterschätze, allerdings komplikationsbehaftete osteo-porotische Fraktur.

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Definition

Die Beckenringfraktur des älteren Patienten kann mit ver-schiedenen Begrifflichkeiten, die sich in ihrer Definitiongering unterscheiden, beschrieben werden.

Die „Insuffizienzfraktur des Beckenrings“ ist relativ engdefiniert: Es handelt sich dabei um eine Fraktur ver-ursacht durch das Einwirken einer physiologischen Kraftauf (osteoporotisch) veränderten Knochen.

Im Gegensatz dazu erlaubt der Begriff der „osteoporoti-schen Beckenringfraktur“ definitionsgemäß auch das Ein-wirken nicht physiologischer Kräfte (Traumamechanis-mus). Allerdings muss man festhalten, dass diese Kräftenicht mit denen vergleichbar sind, die beim jungen Pa-tienten typischerweise zu Beckenringfrakturen führen(Hochrasanztrauma).

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Ein weiterer, in jüngster Zeit zunehmend gebräuchlicherBegriff für diese Verletzungsentität ist die „fragilityfracture of the pelvis“ („fragility“ = Englisch für „Brüchig-keit“ bzw. „Gebrechlichkeit“; Abkürzung: FFP, siehe Ab-schnitt „Klassifikation“). Dieser Begriff fasst die zugrundeliegenden prädisponierenden knöchernen Veränderun-gen zusammen und beinhaltet als Frakturauslöser sowohldie physiologische als auch nicht physiologische Kraftein-wirkung auf Knochen reduzierter Qualität.

Wir bevorzugen die Bezeichnung der FFP, da die Fraktur-einteilung nach physiologischer bzw. nicht physiologi-scher Kraft anamnestisch häufig nicht zu differenzierenist und für die weitere Diagnostik und Therapie von un-tergeordneter Relevanz ist.

Das Patientenalter wird von keinem der o.g. Begriffe be-rücksichtigt.

Ätiologie

Die Beckenfraktur des älteren Patienten unterscheidetsich wesentlich von der des jüngeren. Beim jungen Pa-tienten sind Beckenfrakturen Folge eines Hochrasanz-traumas (z. B. Verkehrsunfall, Sturz aus großer Höhe, Po-lytrauma) und meist vergesellschaftet mit intra- und ex-trapelvinen Begleitverletzungen sowie einer erheblichenFrakturdislokation. Diese Umstände erklären auch dieerhöhte Morbidität und Mortalität dieser Verletzungenbeim jungen Patienten sowie die Indikation zur akutenoperativen Versorgung und teilbelastender bzw. entlas-tender Nachbehandlung im Anschluss.

Die Beckenringfraktur des älteren Patienten entstehtüberwiegend entweder ohne erinnerliches Trauma oderbei Niedrigenergieunfällen (Sturz zu ebener Erde mit ver-tikaler Krafteinwirkung auf das Gesäß oder lateraler Kraft-einwirkung auf die Hüfte). Durch diesen Unfallmechanis-mus fehlen signifikante Weichteilverletzungen, und dieFrakturen sind häufig nur gering disloziert (Cave: Diag-nostik). In Ausnahmefällen kann auch beim älteren Pa-tienten ein Hochrasanztrauma Ursache für eine Becken-verletzung sein. Aufgrund der geringeren funktionellenReserven besteht dann ein deutlich höheres Mortalitäts-risiko [1].

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▶ Abb. 1 Untersuchung der Beckenstabilität mitSchmerzprovokation im Bereich des vorderen und hinte-ren Beckenrings durch Aufklappen.

▶ Abb. 2 Untersuchung der Symphyse mit vorsichtigerDruckschmerzprovokation.

▶ Abb. 3 Untersuchung des oberen Schambeinasts mitvorsichtiger Druckschmerzprovokation.

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Wesentlichen Einfluss auf das Entstehen einer Becken-ringfraktur beim älteren Patienten haben die Sturznei-gung und die Knochenqualität. Mit zunehmendem Altersteigt die Sturzneigung, so liegt diese bei den > 65-Jähri-gen bei ca. 30% und steigt im weiteren Altersverlauf an[10]. Das Sturzrisiko ist durch Komorbiditäten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Hypertonie, Hypotonie, Herz-rhythmusstörungen), Sehstörungen, neurologische Er-krankungen (Morbus Parkinson, Demenz, Polyneuro-pathie bei Diabetes mellitus, hospitalisationsbedingtesDelir), Abnahme der muskulären Kraft und der Koordina-tion sowie durch Medikamenteneinnahme (meist Poly-medikation mit Wechselwirkungspotenzial) bedingt undbenötigt ein interdisziplinäres Patienten-Assessment so-wie ein entsprechend angepasstes multimodales Thera-piemanagement [2,12].

Die strukturelle Schwächung des Knochens kann multi-faktoriell bedingt sein. Hauptursache ist allerdings dieprimäre Osteoporose (hauptsächlich postmenopausale

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Frauen). Des Weiteren sind aber auch Ursachen der se-kundären Osteoporose abzuklären bzw. zu behandeln(z. B. Medikation mit Kortikosteroiden, Vitamin-D-Man-gel, Immobilisation, Bettlägerigkeit) [2, 6]. Auch Begleit-erkrankungen bzw. ‑behandlungen können mit einerSchwächung des Knochens einhergehen und müssen be-rücksichtigt werden. Hier sind die rheumatoide Arthritis,der Zustand nach Bestahlung der Beckenregion, Tumo-ren/Metastasen und Knochenentnahme im Bereich deshinteren Beckenrings zu nennen [2,6].

Anamnese und Untersuchung

Typischerweise liegt bei älteren Patienten mit einer Be-ckenringfraktur eine positive Sturzanamnese vor, oftmalswird ein Sturz bagatellisiert oder aufgrund von Neben-erkrankungen, wie Demenz, nicht erinnert. Gegebenen-falls ist diesbezüglich eine gezielte Fremdanamnese derAngehörigen oder der Pflegenden zielführend. Die klini-sche Symptomatik variiert je nach Frakturlokalisation, sosind Schmerzen im Bereich der Leisten oder im Schrittcharakteristisch bei Schambeinastfrakturen, dagegen istein „tief lumbaler“ Schmerz typisch bei Sakrumfrakturen.Gemein ist diesen Frakturen der immobilisierendeSchmerzcharakter.

Die körperliche Untersuchung des älteren Patienten(▶ Abb. 1–5) kann, je nach Alter und Nebenerkrankun-gen (insbesondere Demenz), hinsichtlich der Sensitivitätdes Vorliegens einer Beckenringfraktur eine Herausforde-rung darstellen. Der oben beschriebene charakteristischeDruckschmerz über der Frakturlokalisation (▶Abb. 2, 3und 5) ist insbesondere im Bereich des hinteren Becken-rings von Differenzialdiagnosen wie Wirbelkörperfraktu-ren der Lendenwirbelsäule (z.B. osteoporotische Sinte-rungsfrakturen) oder Bandscheibenvorfällen mit radiku-lärer Schmerzsymptomatik abzugrenzen. Erschwerend

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▶ Abb. 5 Untersuchung des Sakrums mit vorsichtigerDruckschmerzprovokation paramedian über den Alae (ins-besondere bei Schmerzen in dieser Untersuchung ist eineVerletzung des hinteren Beckenrings sehr wahrscheinlich).

▶ Abb. 4 Kompression des Beckens in Seitenlage zurSchmerzprovokation insbesondere dorsal.

▶ Abb. 6 Konventionelles Röntgenbild des Beckens im anterior–poste-rioren Strahlengang einer 91-jährigen Patientin mit immobilisierendenSchmerzen ventral sowie dorsal nach Sturz auf das Gesäß. Fraktur desunteren Schambeinasts, dorsaler Beckenring insuffizient beurteilbar beiDarmgasüberlagerungen.

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kann bei Frakturen des hinteren Beckenrings eine pseu-doradikuläre Schmerzsymptomatik vorliegen. Diesbezüg-lich ist die Integrität der Nervenwurzeln L V bis S V auf-grund der potenziellen Gefährdung durch die anato-mische Nähe zur Fraktur zu untersuchen und zu doku-mentieren.

Diagnostik

Frakturen des vorderen Beckenrings sind in vielen Fällendurch ein konventionelles Röntgenbild vom Becken imanterior–posterioren Strahlengang zu diagnostizieren

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(▶ Abb. 6). Dahingegen ist die Beurteilbarkeit des hin-teren Beckenrings, besonders bei gering disloziertenFrakturen und beim älteren Patienten, deutlich einge-schränkt. Besonderen Einfluss haben diesbezüglich diereduzierte Knochendichte, degenerative Veränderungensowie Überlagerungen von Darminhalt bzw. Darmgasen(▶ Abb. 6).

In klinischen Studien hat sich gezeigt, dass bei einer na-tivradiologisch nachgewiesenen Fraktur des vorderen Be-ckenrings in 54–97% (!) der Fälle auch eine knöcherneLäsion im Bereich des hinteren Beckenrings vorliegt [9,11]. Bei klinischem Verdacht auf eine Fraktur in dieser Re-gion sollte daher eine computertomografische Diagnos-tik des Beckens forciert werden (▶Abb. 7–10).

MerkeBei Frakturen des vorderen Beckenrings ist eineFraktur im Bereich des hinteren Beckenrings auszu-schließen.

In der CT-grafischen Diagnostik kann sehr häufig imBereich der Alae des Os sacrum ein Bereich mit erheb-lich reduzierter Knochenstruktur nachgewiesen werden(▶ Abb. 9 und 10); teilweise ist in diesen sog. „alar voids“(„void“ = Englisch für „Leere“) wenig Knochengewebenachweisbar. Diese Bereiche stellen eine Prädilektions-stelle für das Auftreten von Frakturen dar (▶ Abb. 11).

Frakturmorphologie

Der Unfallmechanismus und das Patientenalter habeneinen entscheidenden Einfluss auf die Frakturmorpholo-gie. Generell nimmt die Frakturschwere bzw. ‑komplexi-tät im Alter ab. Dies spiegelt sich in der erschwerten na-tivradiologischen Diagnostizierbarkeit von Frakturen vor

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▶ Abb. 7 Axiale CT-Untersuchung der unteren Schambeinastfrakturrechts aus ▶ Abb. 6.

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allem des hinteren Beckenrings aufgrund des geringerenDislokationsgrads wider. Bei geringer Dislokation und derentsprechend großen knöchernen Kontaktfläche sinddiese Frakturen eher als „stabil“ anzusehen. Geringer aus-geprägt sind dementsprechend auch traumaassoziierteVerletzungen der intrapelvinen Gefäße oder Organe bzw.die Beteiligung von nervalen Strukturen. Grundsätzlichkönnen aber alle Frakturmorphologien, auch dislozierteFrakturen, auftreten. Eine isolierte Verletzung des vor-deren oder hinteren Beckenrings ist selten. Beim Vorlie-gen einer altersbedingten Verknöcherung der Iliosakral-gelenksfuge treten Frakturen gelegentlich parallel zu die-ser auf, wodurch transalare bzw. transforaminale Fraktu-ren im Bereich des Sakrums oder eine transiliakale Frakturresultieren.

Die typische Fraktur des hinteren Beckenrings beim altenPatienten liegt jedoch im Bereich der Ala des Os sacrumvertikal zwischen Neuroforamenebene und Iliosakralge-lenksfuge.

Liegt zwischen Trauma und fokussierter Diagnostik einlängeres Zeitintervall (z. B. durch Bagatellisierung einesNiedrigenergietraumas) oder wurde eine protrahierteoder insuffiziente Therapie durchgeführt, so ist eine Dis-lokation im zeitlichen Verlauf oder sogar die Ausbildungeiner Pseudarthrose möglich. Die frühere Annahme, dassBeckenringfrakturen im Alter aufgrund der geringen Dis-lokation immer als stabil anzusehen sind und daher alleeiner konservativen Therapie zugeführt werden können,ist heutzutage kritisch zu sehen.

▶ Abb. 8 Die axiale CT-Untersuchung zeigt zusätzliche azetabulumnaheFraktur des oberen Schambeinasts.

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Klassifikation

Die Anwendbarkeit der geläufigen Klassifikationen für Be-ckenringfrakturen (Tile-, AO/OTA-, Young-Burgess-Klassi-fikation) ist beim alten Patienten eingeschränkt, da auf-grund der besonderen Umstände (Niedrigenergietrauma,reduzierte Knochenqualität, degenerative Veränderun-gen) eine gänzlich andere Frakturmorphologie zu findenist.

Eine von Rommens et al. publizierte CT-basierte Klassifi-kation unterteilt die Beckenringfrakturen bei Patien-ten > 65 Jahre in 4 Gruppen aufsteigend nach der Fraktu-rinstabilität. Gleichzeitig gibt diese hierbei Empfehlungenzur Therapie in Abhängigkeit von der Instabilität (konser-vative vs. minimalinvasive vs. offen operative Therapie).Eine Fraktur kann im zeitlichen Verlauf bei inadäquaterBehandlung in die nächsthöhere Instabilitätsgruppeübergehen (▶ Tab. 1 und Abb. 12) [8].

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Therapie

MerkeDas grundsätzliche Therapieziel bei Beckenringfrak-turen im höheren Alter sollte die Wiederherstellungder ursprünglichen Funktionalität und Mobilität sein[7].

Für die Wiederherstellung der ursprünglichen Funktiona-lität und Mobilität kommen je nach Frakturmorphologieverschiedene Therapieverfahren infrage. Unter Berück-sichtigung der individuellen Komorbiditäten und insbe-sondere der individuellen Vorgeschichte sollte möglichstdie schonendste Therapie angestrebt werden, die trotz-

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▶ Abb. 9 Die axiale CT-Untersuchung ermöglicht die suffiziente Beur-teilung des hinteren Beckenrings und zeigt eine zusätzliche Fraktur desSakrums zwischen Neuroforamenebene und Iliosakralgelenksfuge.

▶ Abb. 10 Entsprechende koronare CT-Untersuchung zeigt eine Frakturdes hinteren Beckenrings parallel zur Iliosakralgelenksfuge.

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dem noch eine frühzeitige Mobilisation des Patienten er-laubt.

Die Primärtherapie von Beckenringfrakturen älterer Pa-tienten umfasst eine altersgerechte und angepasste suffi-ziente Schmerztherapie in Kombination mit physiothe-rapeutischer Mobilisation. Parallel dazu sollte eine osteo-porotische Basisdiagnostik und leitliniengerechte Osteo-porosetherapie eingeleitet werden (suffiziente Kalzium-/Vitamin-D3-Substitution und ggf. Bisphosphonatthera-pie; siehe DVO-Leitlinie 2014 unter http://www.dv-osteo-logie.org/dvo_leitlinien/osteoporose-leitlinie-2014).

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Bei frustraner konservativer Therapie kommen verschie-dene operative Eingriffe zur Anwendung, dabei sollte mi-nimalinvasiven Verfahren der Vorzug gegeben werden.

Für die minimalinvasive Stabilisierung des hinteren Be-ckenrings bietet sich die Technik der perkutanen iliosakra-len Schraubenosteosynthese an. Bei reduzierter Knochen-qualität kann die Verankerung der Schraube im Sakrumdurch eine Zementaugmentation der Schraubenspitzeverbessert werden. Bei dieser Schraubenaugmentationkommen kanülierte und spitzenperforierte Implantatezur Anwendung. In der eigenen Praxis haben sich Schrau-ben mit fixierter mobiler Unterlegscheibe und speziellemZementapplikationssystem bewährt (Fa. Marquardt Medi-zintechnik, Spaichingen, Deutschland,▶ Abb. 13 und 14);bei einer ggf. erforderlichen Implantatentfernung musshier die Unterlegscheibe nicht einzeln geborgen werden.

Knöcherne Verletzungen im Bereich des vorderen Be-ckenrings können durch einen minimalinvasiv einge-brachten supraazetabulären Beckenfixateur adressiertwerden. Die klassischen Indikationen für eine solche The-rapie sind FFP-2-Verletzungen (▶Abb. 12 und Tab. 1),also akut aufgetretene nicht bzw. gering dislozierte Frak-turen des hinteren Beckenrings (Sakrum) mit oder ohneknöcherne Beteiligung des vorderen Beckenrings nachfrustraner konservativer Therapie. Zusätzlich könnenFFP-3-Verletzungen ohne grobe Dislokation und ohnetransiliakale Frakturmorphologie in dieser Art und Weiseversorgt werden. Weiterhin ist die Verwendung von ze-mentaugmentierten iliosakralen Schrauben auch als Teileiner spinopelvinen Osteosynthese sinnvoll, um maxima-le Konstruktstabilität zu erreichen. Dies ist bei hochgradi-gen dorsalen Instabilitäten (FFP-4-Verletzungen) erfor-derlich.

Bei komplexen Instabilitäten oder protrahiertem Verlaufkommen als Stabilisierungsverfahren zusätzlich die Plat-tenosteosynthesen im Bereich des vorderen (Symphyse,Schambeinäste) oder hinteren Beckenrings (überbrü-ckende winkelstabile ilioiliakale Platte, transiliakaler Fixa-teur interne) zur Anwendung. Diesen Osteosynthesever-fahren ist gemein, dass sie durch einen offenen chirurgi-schen Zugang eingebracht werden oder prominent unterden Weichteilen zu liegen kommen, wodurch sich dasKomplikationsrisiko für z. B. Wundheilungsstörungen undInfektionen erhöht.

Operative Technik

Die üblichen präoperativen Vorbereitungen müssen beidiesem Eingriff abführende Maßnahmen zur Verbes-serung der intraoperativen Röntgendarstellung beinhal-ten. Zur Operation wird der Patient auf dem Rücken aufeinem Carbontisch gelagert. Eine 4-Punkt-Abdeckung istmeist ausreichend, da nur selten Repositionsmanöver

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▶ Abb. 11 Axiale Schnittbildgebung eines exemplari-schen Sakrums mit deutlich sichtbarem „alar void“ links-seitig und hier hindurch verlaufender Fraktur.

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durchgeführt werden müssen. Zu beachten ist, dass auchdie Unterseite des Operationstischs sowie die Säule sterilabgedeckt werden, um ein freies steriles Bewegen desRöntgenbildwandlers lateral, a.–p. sowie in Inlet- undOutlet-Projektion zu ermöglichen.

FFP1 FFP2

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▶ Abb. 12 Klassifikation der osteoporotischen Beckenringfrakturen (Untergruppen (http://dx.doi.org/10.1016/j.injury.2013.06.023, mitinstabilität von Gruppe FFP 1 zu FFP 4. Charakteristika und Therapieo

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In der von Gänsslen et al. beschriebenen perkutanenTechnik [3] wird nun der Führungsdraht für die kanülierteund spitzenperforierte iliosakrale Schraube (Vollgewindemit Unterlegscheibe) durch den entsprechenden ilio-sakralen Korridor platziert. Bei deutlich reduzierter Dar-stellbarkeit anatomischer Landmarken durch osteopenebzw. osteoporotische Knochenqualität empfiehlt sich die3-D-navigierte Platzierung des Führungsdrahts. Alterna-tiv kann die Lage des Führungsdrahtes vor dem Einbrin-gen der Schrauben mittels 3-D-Scan überprüft und ggf.korrigiert werden. Nach Längenbestimmung und trikorti-kalem Überbohren des Drahtes wird die ausgemesseneSchraube eingedreht (z.B. Fa. Marquardt Medizintechnik,Spaichingen, Deutschland, ▶ Abb. 13). Sollte bei diesenSchritten (Bohren/Eindrehen) ein reduzierter Bohr- bzw.Eindrehwiderstand festgestellt werden, ist dies ein Hin-weis auf eine reduzierte Knochenqualität und die Zement-augmentation der Schraubenspitze kann angeschlossenwerden. Dazu wird mit einem Spezialinstrumentarium(z. B. Fa.MarquardtMedizintechnik, Spaichingen,Deutsch-land, ▶ Abb. 14; alternativ mit einer Vertebroplastiekanü-le, z. B. Fa. DePuy Synthes, Zuchwil, Schweiz, ▶Abb. 15)zunächst eine Kontrastmittelprobe durchgeführt (was-serlösliches Kontrastmittel unverdünnt oder 1 :1 ge-mischt mit physiologischer NaCl-Lösung; z.B. Ultravist®,Bayer Pharma AG, Berlin). Dabei sollte das Kontrastmittelein regelrechtes Abfluten über den sakralen Venenplexusdemonstrieren (▶ Abb. 16). Kommt es zu einer Vertei-

FFP3 FFP4

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fragility fractures of the pelvis) nach Rommens [8] mit entsprechendenfreundlicher Genehmigung des Elsevier Verlags). Aufsteigende Fraktur-ptionen siehe ▶ Tab. 1 bzw. Text.

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▶ Tab. 1 Tabellarische Darstellung der Klassifikation nach Rommens et al. für osteoporotische Beckenringfrakturen (FragilityFractures of the Pelvis = FFP) mit Therapieoptionen [8].

Einteilung Charakteristika Therapieoptionen

Typ FFP 1 ▪ isolierte unilaterale oder bilaterale Fraktur des vorderen Beckenrings▪ stabil▪ selten

▪ konservative Therapie

Typ FFP 2 ▪ einseitige nicht dislozierte Sakrumfraktur (transalar) mit/ohne ven-trale Frakturkomponente

▪ moderat instabil▪ meist akutes Trauma▪ gehäuft bei beckennahen Prothesen/Implantaten

▪ konservativer Therapieversuchlegitim

▪ operative minimalinvasiveTherapie (bei Versagen derkonservativenTherapie)

Typ FFP 3 ▪ dorsoventrale Fraktur (dorsal: transiliakal, transiliosakral, transsakral)▪ hoch instabil▪ Schmerzanamnese seit 4–6Wochen▪ Frakturdislokation/Kallusformation

▪ meist offenes chirurgischesVorgehen erforderlich

▪ Kombination mit perkutanenVerfahren möglich

Typ FFP 4 ▪ höchstgradig instabil▪ bilaterale dorsale Fraktur (komplette spinopelvine Dissoziation)▪ komplexe Frakturmorphologien (dorsal: transiliakal, transalar, sakral

U-förmig/H-förmig, ventrale Frakturkomponente)

▪ spinopelvine Osteosyntheseerforderlich

▶ Abb. 14 Augmentationsinstrumentarium der Fa. Mar-quardt in der klinischen Anwendung. Die Länge der Kanü-le erlaubt die Zementaugmentation auch bei größeremWeichteilmantel.

▶ Abb. 13 Kanülierte Schraube (∅ 7,3mm mit fest mon-tierter Unterlegscheibe, Fa. Marquardt Medizintechnik,Spaichingen, Deutschland) mit Spitzenperforationen(Pfeilmarkierungen) für den Zementaustritt beim Aug-mentieren.

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lung Richtung Spinalkanal, Neuroformamina oder intra-pelvin, sollte keine Zementaugmentation durchgeführtwerden, um eine kritische Zementfehlverteilung in Rich-tung wichtiger anatomischer Strukturen zu verhindern.

DieSchraubenaugmentationerfolgt anschließenddurch In-jektion von 2–3ml Knochenzement (z.B. TraumacemV+®;Fa. DePuy Synthes, Solothurn, Schweiz) unter regelmäßi-gen Röntgenkontrollen (▶Abb. 14, 15, 17 und 18).

Bei zusätzlicher knöcherner Beteiligung des vorderen Be-ckenrings kann nach Wundverschluss ein supraazetabulä-rer Fixateur externe angelegt werden.

Über die postoperative Mobilisation sollte individuell ent-schieden werden. Kann vom Patienten eine Teilbelastungeingehalten werden, so ist diese einer Vollbelastung zumSchutz der Osteosynthese vorzuziehen (Teilbelastung mit20 kg für 6 Wochen). In den meisten Fällen ist dies jedochnicht möglich, sodass eine schmerzadaptierte Vollbelas-

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tung einer Rollstuhlmobilisierung vorzuziehen ist. DieEntfernung eines eingebrachten Fixateur externe kann6–8 Wochen postoperativ nach einem Vollmobilisations-versuch erfolgen (▶Abb. 19). Die eingebrachte augmen-tierte SI-Schraube verbleibt in der Regel in situ.

Komplikationen

Beim älteren Patienten kommen bevorzugt perkutaneoperative Verfahren in der Versorgung von Beckenring-frakturen zur Anwendung. Dadurch sollen Komplikatio-nen aufgrund ausgedehnter operativer Zugänge vermie-den und eine zügige Mobilisation gewährleistet werden.

Zu den intraoperativen Komplikationen der zementaug-mentierten iliosakralen Verschraubung zählen Verletzun-

üneweller N et al. Die augmentierte iliosakrale… OP-JOURNAL 2017; 33: 18–26

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▶ Abb. 19 Vollmobilisationsversuch der o.g. 91-jährigenPatientin 6 Wochen postoperativ. Nach Lösen der Quer-stange des Fixateur externe erfolgt die in diesem Falleschmerzfreie Mobilisierung.

▶ Abb. 15 Klinische Darstellung des Augmentationsvor-gangs über eine eingebrachte Vertebroplastiekanüle.

▶ Abb. 16 Kontrastmittelprobe zeigt reguläres Abflutenüber perisakrale Venen (ventral und dorsal) ohne atypi-sche Verteilung im Knochen Richtung Fraktur bzw. anato-mischer Strukturen.

▶ Abb. 17 Zementaugmentation der eingebrachten ilio-sakralen Schraube unter Bildwandlerkontrolle.

▶ Abb. 18 Kontrollbild (3-D-Scan mittels 3-D-Bildwand-ler) der eingebrachten Schraube inklusive Augmentations-zement an Schraubenspitze.

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gen von Glutealarterien, intrapelviner Gefäße, Spinalner-ven (L V und S I), intraabdomineller Hohlorgane sowie derCauda equina durch Fehlplatzierung des Zieldrahtes bzw.durch Schraubenfehllage. Hier hilft die 3-D-Navigation,um diese Komplikationen zu vermeiden. Bei reduzierterKnochenqualität erhöht sich das Risiko, die Schraube zuüberdrehen oder mit der Unterlegscheibe in die Iliumkor-tikalis einzubrechen, dies resultiert in einem erheblichenStabilitätsverlust. Zur Vermeidung dieser Komplikation

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Fachwissen

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nutzen wir Vollgewindeschrauben; eine Kompression derFrakturzone ist nicht erforderlich.

Während der Augmentation kann Knochenzement in dasGefäßsystem eindringen und im Extrem zu einer Zement-embolie führen. Dies entspricht einer potenziell schwe-ren Komplikation und bedarf eines sofortigen interdiszip-linären Komplikationsmanagements. Deshalb ist vor derInjektion von Knochenzement das regelrechte Abflutendes Kontrastmittels zu überprüfen.

Postoperative Komplikationen umfassen Thrombosen,Embolien, Pneumonien und Dekubiti; weiterhin ist eswichtig, ein mit erhöhter Mortalität verbundenes post-operatives Delir durch einen multimodalen Therapie-ansatz zu verhindern [12].

Auch ein Implantatversagen mit einem Auslockern derSchraube trotz Zementaugmentation ist denkbar.

Unter Berücksichtigung des beschriebenen Vorgehens istdie minimalinvasive augmentierte SI-Verschraubung zurTherapie einer Fraktur des hinteren Beckenrings beim äl-teren Patienten ein sicheres, aber technisch aufwendigesVerfahren.

Interessenkonflikt

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Prof. Raschke und PD Dr. Fuchs waren an der Entwicklung derkanülierten und fenestrierten Schraube der Firma Marquardtbeteiligt.

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Über die Autoren

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Niklas Grüneweller

Dr. med., wissenschaftlicher Mitarbeiter,Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstel-lungschirurgie, Universitätsklinikum Münster

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Thomas Fuchs

PD Dr. med., Klinikdirektor Unfall- und Wie-derherstellungschirurgie, Vivantes Klinikumim Friedrichshain, Berlin

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Dirk Wähnert

PD Dr. med., wissenschaftlicher Mitarbeiter,Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstel-lungschirurgie, Universitätsklinikum Münster

Michael J. Raschke

Univ.-Prof. Dr. med. Klinikdirektor, Klinik fürUnfall-, Hand- und Wiederherstellungschirur-gie, Universitätsklinikum Münster

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Korrespondenzadresse

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Prof. Dr. med. Michael RaschkeKlinikdirektorKlinik für Unfall-, Hand- und WiederherstellungschirurgieUniversitätsklinikum MünsterAlbert-Schweitzer-Campus 148149 Mü[email protected]

Literatur

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[11] Studer P, Suhm N, Zappe B et al. Pubic rami fractures in theelderly – a neglected injury? Swiss Med Wkly 2013; 143:w13859

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Bibliografie

DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0043-103763OP-JOURNAL 2017; 33: 18–26 © Georg Thieme Verlag KGStuttgart · New York ISSN 0178‑1715

ller N et al. Die augmentierte iliosakrale… OP-JOURNAL 2017; 33: 18–26