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Die Ausstellung ist vom Kunstmuseum Erlangen (Kura- torin: Kirsten Schaper M.A) konzipiert worden, das den künstlerischen Nachlaß von Ernst Neukamp betreut. Ziel der Ausstellung ist es, dem Besucher einen eindrucks- vollen Überblick über das eigenständige und eigenwillige Schaffen dieses herausragenden Künstlers zu geben. In Hof und Umgebung aufgewachsen, in Würzburg, Er- langen und Nürnberg an Universität und Akademie unter- wegs, ab 1985 in Oberammergau und Grafenaschau seßhaft, hat Ernst Neukamp in seinen Werken dem nicht selten dämonischen genius loci Tribut gezollt. Es trieb ihn stets dazu, dem Elementaren auf möglichst einfache, prägnante Weise Ausdruck zu verleihen: Ob es nun die „Ungeheuer“-Radierungen, die Ammertal-Farb- stiftzeichnungen, der kleine Kosmos der „Mutter Erde“ oder die vielfältigen Formen der acryl- und graphitbetonten „lapidar“-Zyklen sind. Seine Bilder rühren bis heute mit ihrer Verbindung von Himmel und Erde, von Wolken und Stein die Empfindung des Betrachters unmittelbar an. Seit den späten 50ern ließ sich Ernst Neukamp, wie viele junge Künstler damals, von informellen Tendenzen in der Malerei und Druckgraphik anregen. Prägend war die Bekanntschaft mit Hans Platschek in München. „Informel“ (frz. „informe“ – „formlos, ungegenständlich“) bezeichnet eine Mal- und Ausdrucksweise, die keinem tradierten Schema der Komposition folgt, sondern vielmehr das gestische Agieren, das Hervorbringen abstrakter Bildzeichen sowie die Hervorhebung von Ma- terialstrukturen betont. Ernst Neukamp experimentierte dabei vor allem mit druck- graphischen Techniken (Handdruck, Monotypie, Radierung) und hinterließ bis 1965/66 zwei Mappen („Die Ungeheuer“ und „Revenue d’un voyage en Corse“) sowie zahlreiche expressive Einzelblätter. Deren besondere Stärke liegt darin, daß unbearbeitete Flächen, nervöse Oberflächen- schraffuren, gebrochene Linien, scharfkantige Formen und Zeichen zu figurativen Grenzbildern arrangiert sind, die mit Titeln wie „zwischen LandKörper“ provozieren. Die Geheimnisse und Botschaften von Erde und von Eros haben Ernst Neukamp immer wieder zu symbolischen Bildaussagen herausgefordert. 1981 bis 1985 schuf er über 70 großformatige Farbstiftzeichnungen auf Papier/Karton, ursprünglich als „Weiberlandschaften“ betitelt. 1985 gab die Kunsthalle Nürnberg dem Künst- ler eine große Ausstellung samt Katalog mit dem Titel „Mutter Erde“. Mit dem selben Titel erschienen 1986 im Rekkenze Verlag Hof ein Kalender mit Fotografien sowie ein Bildband. Ob es nun die Bilderfindungen im Umkreis der prähis- torischen „Venus von Willendorf“, die „Schenkel- stücke“ (1985), „Die Goldene Sieben“ (1987/88) mit ihrer Kritik an der Männergesellschaft oder die „zufäl- lige begegnung“ (Juli 1989) sind: Immer fasziniert Ernst Neukamps genauer, sympathetischer Blick auf den weiblichen Körper. Nach der Vorstufe der „Bildkonzepte“ vom Mai 1971, „Konstruktionen landschaftlicher Motive, aufgesucht im voralpinen Raum und <föhnig> in der Farbigkeit“, hat der noch in München ansässige Künstler mehrere Folgen von Landschaftszeichnungen geschaffen, „wenn auch nicht vor, so doch inmitten der Natur“ (Herbert Pée). Deren geometrische Konstruktivität führt in Verbindung mit sensibel wahrgenommenen und akurat mit einer Fülle von Farbstiften wieder- gegebenen Details und Horizonten zu eigenwilligen Bildkompositionen, die sowohl altmeisterlich artifi- ziell wie künstlerisch frei sind. Ihren poetischen, bisweilen surrealen anmutenden Impulsen kann sich der Betrachter nur schwer ent- ziehen, auch insofern, als die jahreszeitlichen Verän- derungen der Natur mit ihren atmosphärischen Zuständen fast immer genuin miteinbezogen werden. Die Ausstellung Informel Mutter Erde Das Ammertal Épreuve dártiste (Probedruck) aus der Mappe „Die Ungeheuer“, 1963 (9,5 x 10,5 cm) „januar. der halbe winter hin, der halbe her“, 1984 (69,3 x 69,3 cm) O. T., (O´gau), 1977 (11,5 x 14,7 cm) Bei der Arbeit an landstrich”, 1996 Foto: Thomas Dashuber

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Die Ausstellung ist vom Kunstmuseum Erlangen (Kura-torin: Kirsten Schaper M.A) konzipiert worden, das den künstlerischen Nachlaß von Ernst Neukamp betreut. Ziel der Ausstellung ist es, dem Besucher einen eindrucks-vollen Überblick über das eigenständige und eigenwillige Schaffen dieses herausragenden Künstlers zu geben.

In Hof und Umgebung aufgewachsen, in Würzburg, Er-langen und Nürnberg an Universität und Akademie unter-wegs, ab 1985 in Oberammergau und Grafenaschau seßhaft, hat Ernst Neukamp in seinen Werken dem nicht selten dämonischen genius loci Tribut gezollt.

Es trieb ihn stets dazu, dem Elementaren auf möglichst einfache, prägnante Weise Ausdruck zu verleihen: Ob es nun die „Ungeheuer“-Radierungen, die Ammertal-Farb-stiftzeichnungen, der kleine Kosmos der „Mutter Erde“ oder die vielfältigen Formen der acryl- und graphitbetonten „lapidar“-Zyklen sind. Seine Bilder rühren bis heute mit ihrer Verbindung von Himmel und Erde, von Wolken und Stein die Empfindung des Betrachters unmittelbar an.

Seit den späten 50ern ließ sich Ernst Neukamp, wie viele junge Künstler damals, von informellen Tendenzen in der Malerei und Druckgraphik anregen. Prägend war die Bekanntschaft mit Hans Platschek in München.

„Informel“ (frz. „informe“ – „formlos, ungegenständlich“) bezeichnet eine Mal- und Ausdrucksweise, die keinem tradierten Schema der Komposition folgt, sondern vielmehr das gestische Agieren, das Hervorbringen abstrakter Bildzeichen sowie die Hervorhebung von Ma-terialstrukturen betont.

Ernst Neukamp experimentierte dabei vor allem mit druck-graphischen Techniken (Handdruck, Monotypie, Radierung) und hinterließ bis 1965/66 zwei Mappen („Die Ungeheuer“ und „Revenue d’un voyage en Corse“) sowie zahlreiche expressive Einzelblätter. Deren besondere Stärke liegt darin, daß unbearbeitete Flächen, nervöse Oberflächen-schraffuren, gebrochene Linien, scharfkantige Formen und Zeichen zu figurativen Grenzbildern arrangiert sind, die mit Titeln wie „zwischen LandKörper“ provozieren.

Die Geheimnisse und Botschaften von Erde und von Eros haben Ernst Neukamp immer wieder zu symbolischen Bildaussagen herausgefordert. 1981 bis 1985 schuf er über 70 großformatige Farbstiftzeichnungen auf Papier/Karton, ursprünglich als „Weiberlandschaften“ betitelt. 1985 gab die Kunsthalle Nürnberg dem Künst-ler eine große Ausstellung samt Katalog mit dem Titel „Mutter Erde“. Mit dem selben Titel erschienen 1986 im Rekkenze Verlag Hof ein Kalender mit Fotografien sowie ein Bildband.

Ob es nun die Bilderfindungen im Umkreis der prähis-torischen „Venus von Willendorf“, die „Schenkel-stücke“ (1985), „Die Goldene Sieben“ (1987/88) mit ihrer Kritik an der Männergesellschaft oder die „zufäl-lige begegnung“ (Juli 1989) sind: Immer fasziniert Ernst Neukamps genauer, sympathetischer Blick auf den weiblichen Körper.

Nach der Vorstufe der „Bildkonzepte“ vom Mai 1971,„Konstruktionen landschaftlicher Motive, aufgesucht im voralpinen Raum und <föhnig> in der Farbigkeit“, hat der noch in München ansässige Künstler mehrere Folgen von Landschaftszeichnungen geschaffen, „wenn auch nicht vor, so doch inmitten der Natur“ (Herbert Pée). Deren geometrische Konstruktivität führt in Verbindung mit sensibel wahrgenommenen und akurat mit einer Fülle von Farbstiften wieder-gegebenen Details und Horizonten zu eigenwilligen Bildkompositionen, die sowohl altmeisterlich artifi-ziell wie künstlerisch frei sind.

Ihren poetischen, bisweilen surrealen anmutenden Impulsen kann sich der Betrachter nur schwer ent-ziehen, auch insofern, als die jahreszeitlichen Verän-derungen der Natur mit ihren atmosphärischen Zuständen fast immer genuin miteinbezogen werden.

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ERNST NEUKAMP

23. März - 14. Juli 2013

zwischensteinund wolke

Die Welt der anorganischen Natur, abstrahiert zu Kunstwerken als „ars rer. nat.“, als Bilder der Vorbilder der Natur, stellte Ernst Neukamp in den Mittelpunkt seiner letzten Schaffensperiode unter den Sammelbe-griff „lapidar“ (namensgebend: lat. „lapis“ – „der Stein“).

Hier kehrte Neukamp zu seinen Anfängen als Geologie-student zurück. Steine, ordinäre Flußgerölle – genauer deren geologische Bruchstrukturmuster – in Form heller Gangadern, in Scharen, sich kreuzend, bogig, fleckig, beliebig angeschnitten, waren das Leitmotiv. Allein oder kombiniert mit Bergkonturen, Wolkenge-bilden, Wetterfarben wurden sie in lapidare Bild-synthesen überführt: jetzt markig, wuchtig und doch schlicht, singuläre Sinnbilder, fremd, fast magisch, menschenfreie Mitteilungen der Erdgeschichte.

Jetzt sind die Bilder Zeugnisse des Lebensganges des Künstlers, selbst verortet „zwischen Stein und Wolke“.

Geburt (15. April) in Hof„Landschaft mit Bäumen“ (9 Mappen mit je 20 mehrfarbigen Linoldrucken)„Hofer Profile“ (10 Siebdrucke)„Wiesenstücke“ (Ausstellung von 10 Farbstiftzeich-nungen in der Galerie Stangl, München)„Das Ammertaler Jahr“, (Ausstellung von 12 Monats-bildern in der Galerie Stangl, München)„Himmel – Erde – Frankenland“ (Bildband, Foto-grafien: Ernst Neukamp & Text: Eugen Gomringer)„Heimat? Zeichnungen“ (Ausstellung mit Katalog in der Veste Coburg)„Der hohe Sonnblick“ (Film)„Mutter Erde“ (Ausstellung in der Kunsthalle Nürnberg)„Heimat“ (Bildband, Fotografien: Ernst Neukamp & Text: Dieter Wieland)Beginn der Arbeit am Zyklus „lapidar“„lapidar“ (Ausstellung des Kunstvereins Hof)„Pfaffenwinkel 2000“ (Zweiteiliger Dokumentarfilm)Beginn der Arbeit an der Serie „griez“Beginn der Arbeit am Projekt „alpha + omega: grau“Tod (2. April) in Oberammergau

19371961

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lapidar Leben und Werk Beglei tprogramm

Bilder von Ernst Neukamp aus Oberammergauer Privat-besitz werden ausgestellt im Pavillon der Schnitzschule Oberammergau, Ludwig-Lang-Straße 3.

Von 2. bis 21. April 2013, zu den Öffnungszeiten: Dienstag - Sonntag, 14 -18 Uhrsowie Samstag, 10 -12 Uhr

Dorfstraße 8 . D-82487 Oberammergau Tel.+49(0)8822 - 9 41 36e-mail: [email protected]Öffnungszeiten: Dienstag - Sonntag, 10 - 17 Uhr

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der im Museum erworben oder bestellt werden kann über: [email protected]

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