16
©Vinifera-Mundi 1/16 Die besten spanischen Weine des Jahres 2011 Wenn gewisse Händler 2011 irgendwie eher den Eindruck vermittelt haben, sich von den grossartigsten spanischen Wei- ne verabschiedet zu haben, verwöhnten uns andere Händler dafür mit hochkarätigen Programmen. Sei es Casa del Vino , das Geschäft von Frank Ebinger, Mövenpick Zug oder in ei- nem bescheideneren Format Weinevents & Degustationen . Sie alle organisierten für die eingefleischten Liebhaber der spani- schen Weine unvergessliche Anlässe (20 Jahre Casa del Vino bzw. der Abend mit Vega Sicilia , nicht zuletzt „Best of Spain II “). Nicht zuletzt gaben auch einzelne Weinhändler, ja sogar Verkostungsclubs die Möglichkeit, hervorragende Weine zu verkosten, wie z.B. Weinsinn mit der grossen Spanien und Portugals Spitze “ oder Mövenpick mit dem Pesquera Janus Gran Reserva 2003, welchen wir bereits anderweitig vorgestellt haben. Im vorliegenden Bericht möchten wir die besten Weine aus Spanien vorstellen, welche wir 2011 verkostet haben, ohne jedoch bisher etwas darüber geschrieben zu haben. Absichtlich haben wir uns auf die 25 besten Erzeugnisse beschränkt. Eine schwierige (Aus)Wahl!! Einerseits haben wir um die 100 Weine verkostet, welche wir mit mindestens 17/20 bewertet haben, andererseits lehnen wir es ab, Weine von einem einzigen Händler vorzustellen. Frank Ebinger wird es uns nicht übel nehmen. Sein Programm beeindruckt auch so durch die Vielfalt hervorragender Weine aus den verschiedensten Anbaugebieten, es ist uns aber ein mass- gebendes Anliegen, unsere Leser effizient und unabhängig vom Markt zu informieren. Vielleicht sollten wir es vorweg zugeben. Die Verfassung des vorliegenden Berichtes hat uns vor eine weite- re Herausforderung gestellt: Sollen wir Weingebiete ausklammern, deren Weingüter im Wettbewerb mit den spanischen Marktdominatoren nicht mithalten können? Wir möchten uns trotzdem auf zwei Gebiete konzent- rieren: Ribera del Duero und Valdeorras. Im spanischen Weinmarketing hat 2011 eine wichtige Änderung gegenüber dem vorherigen Jahr stattgefun- den: Nachdem die Winzer verschiedener Anbaugebiete ihre Weine vorgestellt hatten, konnte glücklicherwei- se festgestellt werden, dass das allgemeine Niveau deutlich höher war als noch ein Jahr zuvor. 2010 hatten uns die Weine von Mallorca nicht wirklich begeistert. 2011 haben wir diese Veranstaltung aus- gelassen. 2010 stellten die Winzer der D.O. Jumilla und der D.O. Navarra ihre Weine einem quasi abwesen- den Publikum vor (nicht ein Mal 30 Personen besuchten die jeweiligen Veranstaltungen). 2011 begab sich eine verkannte D.O. nach Zürich und der Anlass wurde zum richtigen und erfreulichen Er- folg: Valdeorras . Wir könnten nur empfehlen, ein Auge auf einzelne der 12 anwesenden Weingüter zu wer- fen: Bodega Roandi (für den tollen, schmackhaften Bancales Moral Mencia Barrica 2009 17/20), Bode- gas Ruchel (für den strukturierten, extraktreichen, frischen und sehr jungen Mencia 2010 17/20), Bodegas Valdesil (Valdesil Lias 2010 sowie Pezas da Portela 2008 haben wir 17/20 bewertet) oder noch Joaquin Rebolledo (wenn der Winzer Trauben an der Grenze der Überreife offenbar bevorzugt, erweisen sich der Godello 2010 und der komplexe Tinto Barrica 2009 als besonders gelungen beide 17/20). Hingegen hof-

Die besten spanischen Weine - vinifera-mundi.ch · ©Vinifera-Mundi 1/16 Die besten spanischen Weine des Jahres 2011 Wenn gewisse Händler 2011 irgendwie eher den Eindruck vermittelt

  • Upload
    dothuan

  • View
    220

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

©Vinifera-Mundi 1/16

Die besten

spanischen Weine

des Jahres 2011

Wenn gewisse Händler 2011 irgendwie eher den Eindruck

vermittelt haben, sich von den grossartigsten spanischen Wei-

ne verabschiedet zu haben, verwöhnten uns andere Händler

dafür mit hochkarätigen Programmen. Sei es Casa del Vino,

das Geschäft von Frank Ebinger, Mövenpick Zug oder in ei-

nem bescheideneren Format Weinevents & Degustationen. Sie

alle organisierten für die eingefleischten Liebhaber der spani-

schen Weine unvergessliche Anlässe (20 Jahre Casa del Vino

bzw. der Abend mit Vega Sicilia, nicht zuletzt „Best of Spain

II“). Nicht zuletzt gaben auch einzelne Weinhändler, ja sogar

Verkostungsclubs die Möglichkeit, hervorragende Weine zu

verkosten, wie z.B. Weinsinn mit der grossen „Spanien und

Portugals Spitze“ oder Mövenpick mit dem Pesquera Janus

Gran Reserva 2003, welchen wir bereits anderweitig vorgestellt haben.

Im vorliegenden Bericht möchten wir die besten Weine aus Spanien vorstellen, welche wir 2011 verkostet

haben, ohne jedoch bisher etwas darüber geschrieben zu haben. Absichtlich haben wir uns auf die 25 besten

Erzeugnisse beschränkt. Eine schwierige (Aus)Wahl!! Einerseits haben wir um die 100 Weine verkostet,

welche wir mit mindestens 17/20 bewertet haben, andererseits lehnen wir es ab, Weine von einem einzigen

Händler vorzustellen. Frank Ebinger wird es uns nicht übel nehmen. Sein Programm beeindruckt auch so

durch die Vielfalt hervorragender Weine aus den verschiedensten Anbaugebieten, es ist uns aber ein mass-

gebendes Anliegen, unsere Leser effizient und unabhängig vom Markt zu informieren.

Vielleicht sollten wir es vorweg zugeben. Die Verfassung des vorliegenden Berichtes hat uns vor eine weite-

re Herausforderung gestellt: Sollen wir Weingebiete ausklammern, deren Weingüter im Wettbewerb mit den

spanischen Marktdominatoren nicht mithalten können? Wir möchten uns trotzdem auf zwei Gebiete konzent-

rieren: Ribera del Duero und Valdeorras.

Im spanischen Weinmarketing hat 2011 eine wichtige Änderung gegenüber dem vorherigen Jahr stattgefun-

den: Nachdem die Winzer verschiedener Anbaugebiete ihre Weine vorgestellt hatten, konnte glücklicherwei-

se festgestellt werden, dass das allgemeine Niveau deutlich höher war als noch ein Jahr zuvor.

2010 hatten uns die Weine von Mallorca nicht wirklich begeistert. 2011 haben wir diese Veranstaltung aus-

gelassen. 2010 stellten die Winzer der D.O. Jumilla und der D.O. Navarra ihre Weine einem quasi abwesen-

den Publikum vor (nicht ein Mal 30 Personen besuchten die jeweiligen Veranstaltungen).

2011 begab sich eine verkannte D.O. nach Zürich und der Anlass wurde zum richtigen und erfreulichen Er-

folg: Valdeorras. Wir könnten nur empfehlen, ein Auge auf einzelne der 12 anwesenden Weingüter zu wer-

fen: Bodega Roandi (für den tollen, schmackhaften Bancales Moral Mencia Barrica 2009 – 17/20), Bode-

gas Ruchel (für den strukturierten, extraktreichen, frischen und sehr jungen Mencia 2010 – 17/20), Bodegas

Valdesil (Valdesil Lias 2010 sowie Pezas da Portela 2008 haben wir 17/20 bewertet) oder noch Joaquin

Rebolledo (wenn der Winzer Trauben an der Grenze der Überreife offenbar bevorzugt, erweisen sich der

Godello 2010 und der komplexe Tinto Barrica 2009 als besonders gelungen – beide 17/20). Hingegen hof-

©Vinifera-Mundi 2/16

fen wir, dass die Verantwortlichen von Virxen de Galir in den nächsten Jahren entscheidende Fortschritte

machen werden, was Marketing (Verfügbarkeit) und Weinbau (Rosa Rivero Crianza 2007 bewerteten wir

mit 15/20) anbelangt.

Ribera del Duero, 28. November 2011

2011 begaben sich 17 Winzer der D.O. Ribera del

Duero nach Zürich. Eine prestigeträchtige Appel-

lation gab somit die Möglichkeit, die Richtigkeit

des gnadenlosen Berichtes von Decanter (2. No-

vember 2011) zu überprüfen: Kurz gesagt, zahl-

reiche Winzer des Anbaugebietes verstecken ihre

vermeintlichen Fehler bzw. ihren Dilettantismus

hinter einer masslosen Verwendung von Holz

(Roble). Der bekannte Pierre Mansour, Einkaufs-

chef für Spanien bei der Wine Society, behauptete

am Ende der Decanter Verkostung, er habe nie

damit gerechnet, dass so viele Weine schlecht

seien. Es stimmt aber auch, dass Ribera del Duero

am Firmament des spanischen Weins weiter glän-

zen möchte. Anders gesagt, soll eine beträchtliche

Anzahl Weine mit den Höchstbewertungen her-

vorstechen, wenn eine Verkostung stattfindet.

Weine mit 17/20 kennzeichnen einen Erfolg in

unbekannten Anbaugebieten. Von einem Gebiet

wie Ribera del Duero erwartet jeder selbstver-

ständlich mehr. In diesem Sinne erwies sich der

Anlass in Zürich als geistlos und betrüblich. Zu-

nächst hielten sich die Vertreter gewisser Weingü-

ter als die grossen Herren (nicht einmal die presti-

geträchtigsten Bordeaux-Winzer benehmen sich

heute so!). Protos, Valduero und Pago de los Ca-

pellanes besuchten Zürich mit einer äusserst spar-

samen Anzahl Flaschen von jedem Wein oder

schenkten ihn so sparsam aus (ca. 1cl), dass es

nicht möglich war, sich eine seriöse Meinung zu

bilden. Die Hälfte der Winzer hatte sich das Mot-

to, einen Wein mit Holz ausbauen auf die Fah-

ne(n) geschrieben. Ob ein Wein besser schmeckt,

weil eine Selbstverständlichkeit als Marketingin-

strument verwendet wird, stimmt mich ziemlich

nachdenklich. Ein Wein schmeckt zunächst, weil

der ganze Prozess, vom Weinberg bis zur Abfül-

lung, tadellos eingehalten wurde, Holz bleibt da-

bei stets eine Ergänzung.

Besonders interessant waren folgende Weine:

Von den Bodegas Cuevas Jimenez lohnt ich defi-

nitiv, einzelne Flaschen vom Ferratus 2006 so-

wie vom Ferratus Sensaciones 2005 einzulagern.

Der erste wurde aus 30 bis 80jährigen Rebstöcken

gewonnen und bietet eine schöne Frucht, Würze,

aber auch Mineralität im delikaten und interessan-

ten Bouquet. Runder, strukturierter Gaumen mit

viel zu jungen, heftigen Tanninen. Warten ist also

angesagt. 17/20. Der Sensaciones 2005 bestätigt

das Bild, welches der Ferratus 2006 übermittelt,

besitzt allerdings eine zusätzliche Komplexität.

Ebenfalls 17/20. José Peñin bewertet den Ferratus

2006 mit 94/100.

©Vinifera-Mundi 3/16

Die Bodegas Imperiales boten zwei erfreuliche Weine, den ausgewogenen und süffigen Abadia de San

Quirce Gran Reserva 2001 (17/20) und den eleganten, finessenreichen, langlebigen Abadia de San Quirce

Finca Helena 2006 (ebenfalls 17/20). Beim Gran Reserva 2001 gefällt das Zusammenspiel zwischen dem

leicht würzigen, relativ komplexen Bouquet und dem überzeugend eingebundenen Holz.

Während die riesige Bodegas Pinord drei Weine vorstellte, bleibt uns der Vaquos Crianza 2007 mit seinem

klassischen, spanischen Charakter, seinen Früchten in Hülle und Fülle, seiner runde und ausgewogene Würze

sowie seiner stützenden Säure wegen, in guter Erinnerung. Parker bewertet diesen Wein mit 88/100, wir sind

bei 17/20.

Unter den drei Weingütern, welche wir am Anfang des vorliegenden Abschnitts aufs Korn genommen haben,

empfehlen sich die Erzeugnisse der Bodegas y Viñedos Valduero, ohne zu zögern. Sei es der Valduero Re-

serva 2005, der Valduero 6 Años 2004, der Valduero Gran Reserva 2001 oder, nicht zuletzt, der Valdue-

ro Crianza 2007, hierbei handelt es sich stets um grossartige Werte, welche eigentlich in keinem Keller

fehlen dürften. Muss ein köstlicher, spanischer Wein zwangsläufig ein Alion, ein Pintia oder ein Clio sein?

Valduero beweist uns das Gegenteil. Leider konnten diese Weine aber nicht verkostet werden… Hingegen

können wir die Bewertung von Decanter was den Pagos de los Capellanes Reserva anbelangt, nicht wirklich

nachvollziehen. Decanter bewertet den Jahrgang 2007 mit 19/20, während wir dem 2006er blosse 16/20 er-

teilen.

Die unverzichtbare Empfehlung der beschriebenen Veranstaltung stammt aus

einem Weingut, welches uns bis vor kurzem nicht bekannt war: Vega Clara. Die

junge und sympathische Clara Consejo Mir (Foto links) stellte zwei Jahrgänge

von ihrem Mario VC Roble, den 2008er und den 2009er vor. Während die

grosse Mehrheit der Weine der Ribera del Duero ausschliesslich aus Tempranil-

lo bestehen, ist der Mario jeweils eine Assemblage von Tempranillo (2008:

77%, 2009: 75%) und von Cabernet Sauvignon (2008: 23%, 2009: 25%). Auf

ihrer gelungenen Website erwähnt Clara Consejo Mir den Physiker und Univer-

salgenie Albert Einstein: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das

Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Der Ausbau der Weine

erfolgt zu 1/3 in einjährigen, zu 1/3 in zweijährigen und zu 1/3 in dreijährigen

Fässern. Die Fässer stammen zu 1/3 aus Frankreich, zu 1/3 aus Amerika und zu

1/3 aus Ungarn. Diese fast wissenschaftliche Kombinatorik erbringt die erwarte-

ten Ergebnisse: Beide Jahrgänge fallen durch eine grossartige Komplexität mit

Kaffeenoten, Leder, einem perfekt eingebundenen Holz, Rotbeeren, einer tolle

Würze (im 2008er), einem Hauch Speck (im 2008er), rote

Paprika, Schokolade (im 2009) auf. Nicht nur komplex ist das Ganze, sondern auch tiefsinnig (der 2008er),

relativ verschlossen (der 2009er), harmonisch und griffig, besonders ausgewogen und rassig. Wenn der

2008er eine zusätzliche Rasse aufweist, drückt sich der 2009er währenddessen in einem köstlichen, französi-

schen Stil aus. Wir bewerten den 2008er mit 18/20 und den 2009er mit 17.75/20. Unbedingt kaufen, sobald

diese Weine in der Schweiz verfügbar sind.

Im Rahmen der grossartigen Veranstaltung von Mémoire

& Friends, welche Ende August 2011 stattfand und,

welche wir anderweitig bereits vorgestellt haben, stellten

die Bodegas Abadia Retuerta ihre fünf Weine vor, darun-

ter vier im jüngsten verfügbaren Jahrgang, 2009. Diese

Erzeugnisse waren eindeutig die Entdeckung der Veran-

staltung „Die fünfte Weinschweiz“. In diesem spezifi-

schen Rahmen hatten die Organisatoren der Mémoire and

Friends 18 Schweizer Produzenten aus Europa sowie aus

der Neuen Welt beauftragt, ihre Weine vorzustellen. Die

in der D.O. Sardo de Duero angesiedelten Bodegas Aba-

dia Retuerta gehören Novartis. Die Bodegas wurden im

XII. Jahrhundert gegründet. Abadia de Santa Maria de

©Vinifera-Mundi 4/16

Retuerta bedeutet „Mariä-Abtei am geschlängelten Ufer“. Auf der Website des Weinguts erfährt man, dass

Abadía Retuerta 1988 Vicente Sotés, Professor an der Technischen Hochschule von Madrid, und Pascal Del-

beck, den önologischen Berater vom Chateau Ausone beauftragte, die Neubepflanzung des Weinbergs und

den Bau einer modernen Weinkellerei zu leiten. Abadía Retuerta gilt heute aus vorbildliches Weingut: Die

Rebanlagen und die modernsten technischen Anlagen mit ausgefeilter Temperaturregelung, aber auch die

klassischen Eichenholzfässer, gehören zu den besten Spaniens. Die Weine der Bodegas verdienen die Auf-

merksamkeit der Weinliebhaber.

Der Abadia Retuerta Seleccion Especial 2008,

eine Assemblage aus 75% Tempranillo, 20% Ca-

bernet Sauvignon und 5% Merlot, erweist sich als

moderner, fruchtbetonter Wein mit einem richti-

gen, klassischen spanischen Charakter. Insbeson-

dere sein erfreuliches Preis/Leistung Verhältnis

dürfte ihm helfen, ein breites Publikum zu über-

zeugen. 17/20. Parker bewertet diese „very good

value“ mit 90/100.

Mit dem Pago Negralada 2009 verabschieden wir

uns vom Bereich der gelungenen und bekömmli-

chen Weine, um denjenigen der grossartigen Er-

zeugnisse zu erreichen. Dieser reinsortiger

Tempranillo beginnt mit einem gewaltsamen, viel-

schichtigen Bouquet nach süssen, aber auch leicht

©Abadia Retuerta

bitteren Kirschen (Amarena), Schwarzbeeren, köstlicher Lakritze sowie etwas Kaffee. Dieses Bouquet ver-

führt und machte uns richtig scharf darauf, mehr über das Weingut zu erfahren. Was auch erfolgte, da wir

uns 10 Minuten lang mit Hr. Álvaro Pérez Navazo, dem Marketingmanager der Bodegas unterhalten konn-

ten. Im Gaumen bestätigt der Negralada 2009 die ersten genialen Eindrücke. Die Frage, ob dieser Wein als

Machowein zu beschreiben sei, angemessen wäre, stellt sich nicht. Seine Tannine zeigen keine Strenge, kei-

ne Hyperkonzentration, keine geschmackliche Gewalt, keine Einseitigkeit… Und genau das gefällt. Er ist

und bleibt ein spanischer Wein mit allem, was man auf einem sehr hohen Niveau erwartet, mit allem was ihn

unwiderstehlich macht. Die Frage, wieso dieser Wein nicht gerade günstig sei, wurde gestellt. Obwohl bisher

nicht mit stratosphärischen Noten durch Parker bewertet wurde (92/100 für den Jahrgänge 2004 und 2006,

93/100 für den 2003er). Die Antwort war besonders ehrlich, genauso wie dieser Wein, welchen wir mit

18.5/20 bewerten. Dieser Wein konnte im Rahmen der geführten Verkostung über die Grande Pagos de

España, welche exklusiv für die Fachleute organisiert wurde, wieder verkostet werden. Die Bewertung von

18.5/20 wurde bestätigt.

Der Pago Valdebellón 2009, ein reinsortiger Cabernet Sauvignon, zeigt ein komplexes und tiefsinniges

Bouquet mit enorm viel Schwarzbeeren, Veilchen im Hintergrund, Kräuter und perfekt eingebundenem

Holz, Graphit und mineralischen Noten, welche die Rolle der Grundschicht spielen. Der ausgewogene, struk-

turierte und schmackhafte Gaumen liefert das Fundament zu allen Gefühlen, welche während der Verkos-

tung entstanden sind. Es steckt sehr viel Arbeit in diesem Wein, wobei er überhaupt nicht als „gemacht“

wirkt. Eine tolle Leistung und eine potentielle Einkaufspriorität. 18/20

Der Pago Garduña 2009 besitzt alle Argumente, um sich in einer Blindverkostung grandioser Syrah Weine

hervorragend zu klassieren. Am liebsten Hermitage, Ermitage & Co. Enormes Bouquet mit Rot- und Blau-

beerenkompott, Veilchen, feinem Speck, geröstetem Fleisch, Pfeffer und perfekt eingebundenem Holz. Er-

neut ein geniales Versprechen, ja sogar ein sinnliches, unwiderstehliches Angebot für die zwanzig nächsten

Jahre. Der Gaumen zeigt sich samtig, fruchtig, strukturiert, explosiv und unwiderstehlich. Er gibt eine un-

wahrscheinliche Rasse in diesem Wein, die Tannine sind extrem delikat und dicht, die Gerbstoffe liefern ein

tolles Gegengewicht, all dies bringt diesen Wein zu seiner Perfektion, bei der sein Preis plötzlich nebensäch-

lich wird. Das ist Kultur pur, das ist der Beweis schlechthin, dass Syrah auch in Spanien genial werden kann.

Unbedingt kaufen. 18.5/20. Álvaro Pérez Navazo machte mich darauf aufmerksam, dass der Jahrgang in die

Annalen eingehen dürfte. Dieses Argument reicht aber nicht aus, um so eine Klasse zu begründen.

Nicht zuletzt konnte der reinsortige Petit Verdot 2009 verkostet werden. Ein zauberhafter Moment und der

eklatante Beweis der Grösse der modernen Rioja Weine. 999 Flaschen wurden von diesem Wein abgefüllt.

Extrem klassisch, extrem kräftig, extrem subtil und sanft im Gaumen, ein Wein für die Extremisten, welche

zugleich eingefleischte Hedonisten sind. 19/20.

©Vinifera-Mundi 5/16

Zwei Überraschungen?

Bei Boucherville freut sich jeder Weinliebhaber

über die laufend grossartige Auswahl an tollen

deutschen Weinen. Joh. Jos. Prüm, Karthäuserhof,

Van Volxem, Von Othegraven, Emrich Schönle-

ber und eine Vielfalt weiterer Weingüter sind bei

Boucherville zu Hause. Von diesem Händler wür-

de man vermutlich weniger erwarten, dass er auch

ganz grossartige spanische Weine vermarktet.

Wenn wir auch die Weine von La Rioja Alta,

welche durch Parker sehr gut bewertet werden,

nicht verkosten konnten (dafür haben wir sie 2012

verkosten dürfen), so freuten wir uns, die Weine

der Bodegas Naia, aus dem Anbaugebiet Rueda

(wir haben bereits 2010 über diese D.O. berichtet)

wieder geniessen zu dürfen. Die Bodegas Naia

gehören zur Weingruppe Avanteselecta, welche

nicht nur eine ganze Reihe bekannter Bodegas,

sondern auch die weltweit bekannte und berühmte

Dominio de Atauta besitzt. Der Dominio de Atau-

ta 2006 der gleichnamigen Bodega gehört zu den

besten spanischen Weinen, welche wir 2011 ver-

kosten durften. Dementsprechend wird er in ei-

nem späteren Absatz des vorliegenden Berichts

vorgestellt.

Im hochgelegenen Rueda-Tal keltern die Bodegas

Naia drei Weine, welche den ganz grossen Verde-

jos der Region angehören. Der Naiades ist unser

klarer Favorit, obwohl auch die anderen einem

aufgeschlossenen Publikum gefallen dürften.

Zugleich liess uns ein weiteres Weingut nicht

gleichgültig, die Bodega Pujanza.

Der reinsortige Rueda Naiades 2008 der Bodegas

Naia (97/100 Guia Proensa) bietet ein intensives,

aber auch elegantes Bouquet mit sehr viel Zitrus

und exotischen Früchten, wobei sich die Komple-

xität erst nach zwei Stunden entfaltet. Wir haben

den Wein ein paar Tage lang behalten, um seine

Entwicklung zu beobachten. Nach fünf Tagen

erwies sich das Bouquet immer noch als wunder-

schön ausgewogen, subtil und fein, wobei sich die

Holzwürze deutlich gemildert hatte. Der Gaumen

ist nicht unmittelbar zugänglich und bestätigt,

dass dieser Wein dekantiert werden soll. Kräftig,

frisch, üppig und vollmundig, so zeigt sich dieser

Gaumen. Mineralisch und mit einem gut einge-

bundenem Holz ausgestattet. Voluminös und mit

einem prägnanten Säure, dieser Wein besitzt viele

Eigenschaften, welche beweisen, dass Spanien im

Bereich der Weissweine mit Italien nicht ver-

wechselt werden kann. Ein langer Abgang und

eine verdiente Note von 18/20.

Der Rioja Pujanza Norte 2007 der Bodegas y

Vinedos Pujanza (100/100 Guia Proensa) ist ein

sehr junger Wein und wir waren uns lange nicht

einig, ob dieser Wein von bis zu 80 Jahre alten

Rebstöcken, mit strengster Selektion von der Ein-

zellage Valdepoleo (La Vina Grande) gross ist

oder nicht. Doch erteilen wir ihm 18/20, während

Parker ihn mit nicht weniger als 94/100 bewertet.

Ein dichtes, komplexes, subtiles und tiefsinniges

Bouquet mit schwarzen Beeren, Espresso, Würze,

schön eingebundenem Holz, balsamischen und

leicht süssen Noten offenbaren sich und wachsen

mit der Zeit, wenn sich der Wein unter Einwir-

kung von Sauerstoff im Glas entwickeln kann.

Dieses Bouquet bietet eine unglaubliche Klasse,

wobei deren Vielschichtigkeit zunächst verwirren

kann. Im konzentrierten Gaumen fällt insbesonde-

re die geniale Säure auf, welche überhaupt nicht

stört. Stattdessen scheint sie der Harmonie des

Weins ein Gerüst zu liefern. Die Tannine sind

feingliedrig, der Körper opulent und saftig, es gibt

sehr viel Geschmack darin und man möchte in

zehn Jahren den Pujanza Norte 2007 wieder ver-

kosten. Eine klare Einkaufsempfehlung.

©Vinifera-Mundi 6/16

Wein-Events

Seit langen Jahren organisiert Wein-Events spannende Verkos-

tungen. Seit Januar 2009 erfolgt ein jährlicher Zyklus über die

besten spanischen Weine. Wir haben bereits darüber berichtet.

Am 4. März 2011 wurden 16 grossartige Weine in der Anwe-

senheit begeisterter Teilnehmerinnen und Teilnehmer entkorkt.

Wenn gewisse Ergebnisse am Ende der Verkostung nicht wirk-

lich erstaunten, wie z.B. mit dem Terra Incognita 2004 von

Valtostao (Durchschnittsbewertung: 17.42/20, Vinifera-Mundi:

17/20, 12. Rang) oder dem Libranza 2004 von Matarredonda

(Durchschnittsbewertung: 16.42/20, Vinifera-Mundi: 16/20, 16.

Rang), überraschten andere Weine. Der grossartige Cirsion

1999 gelangte zu einem erstaunlich schlechten Ergebnis (vor-

letzter Rang mit einer Durchschnittsbewertung von 17.42/20).

Wir möchten uns auf die Weine der Viva España II vom 4. März 2011 konzentrieren, welche uns besonders

angesprochen und zugleich sehr gute Bewertungen erhalten haben. Der Aalto PS 2001, ein Kultwein aus der D.O. Ribera del Due-

ro, sollte aufgrund seines Preises keinen Weinliebhaber beun-

ruhigen. Gemessen an seiner Qualität erweist sich dieses Mo-

nument als besonders preiswert. Da ich ihn bereits in mehreren

Jahrgängen verkostet habe, gehört der 2001er eindeutig zu den

Einkaufsprioritäten, welche bei ganz grossen Momenten des

Lebens entkorkt werden sollen. Zunächst gilt 2001 als ein aus-

serordentlicher Jahrgang in Spanien. Priorat, Ribera del Duero

und andere Anbaugebiete profitierten von besonders günstigen

Bedingungen von der Blüte der Rebstöcke bis zur Ernte. Dann

ist die Persönlichkeit des Winzers nicht zu unterschätzen. Mari-

ano Garcia war 30 Jahre lang der Weinmacher von Vega Sicilia

und der Mann, welcher es ermöglicht hat, dass Ribera del Duero

nicht nur eine D.O. wurde (zu einer Zeit, zu welcher nicht irgendwas eine eigene D.O. werden konnte), son-

dern auch zu einer D.O., welche weltweit beneidet wird. Victor de la Serna, einer der wichtigsten Redaktoren

der renommierten Zeitung El Mundo und zugleich eine der spanischen Weinauthoritäten, behauptete einmal,

dass Mariano Garcia viel mächtiger als Ribera del Duero sei.. Der Aalto PS 2001 besitzt eine umwerfende

Nase mit Tonnen von Blaubeeren, Veilchen, Rauchnoten, Schwarzbeerenlikör, Röstaromen, Tabak, Schoko-

lade und eine Menge weiterer delikaten Düfte, welche diesem Wein einen seltenen Status verleihen. Gigan-

tisch und unwiderstehlich ist das. Im Gaumen fallen die fast provokative Extrahierung der sehr reifen Beeren

(wären sie zwei Tage später geerntet worden, wäre dieser Wein bestimmt eine Karikatur geworden) auf, aber

auch die Struktur und die Kraft. Das Holz ist perfekt eingebunden, die Tannine in Hülle und Fülle zeigen

sich ausgefeilt, es gibt Fruchtkonfitüre darin, aber auch eine unwahrscheinliche Eleganz. Gewisse Weinlieb-

haber stellen sich aber die Frage, ob der Aalto PS überhaupt längerfristig gelagert werden kann. Wen interes-

siert es wirklich? Dieser Wein bereitet heute enorm viel Spass und vervollständigt sogar seine Eroberung mit

einem langen, saftigen Abgang. 19/20

Aalto, der kleine Bruder vom PS, ist im Jahrgang 2006 wieder eine kleine Sensation. Im Rahmen der Ver-

kostung wurde er in der gleichen Serie wie die zwei weniger glücklichen Weine, welche wir ein paar Zeilen

früher erwähnt haben, und der Pintia 2004 (17/20 an diesem Abend, seitdem 18/20) ausgeschenkt. Dennoch

konnte dieser Wein imponieren und drückte die restlichen Weine der Serie an die Wand. Dieser Wein besitzt

eine gewaltige Kraft und setzt sich schliesslich durch seinen fabelhaft unendlichen Abgang durch. Im Bou-

quet lassen sich Espresso, Minze, Holzvanille, Schwarzbeeren, Johannisbeerenlikör, Leder und weitere

Aromen erkennen. Das Bouquet ist konzentriert, komplex, vielleicht eindimensional (unbedingt lange im

Voraus öffnen!!), tief, modern, nicht unbedingt subtil (man verzeiht ihm das gerne), harmonisch,… Im Gau-

men bestätigen sich alle diese Eindrücke, der ist breit, alle Elemente sind perfekt eingebunden, die Tannine

zeigen sich kräftig, die Säure ist präsent, aber bringt dem Ganzen eine seltene Balance. Ein ganz grosser

Wein aus den Händen eines Künstlers. 18/20.

©Vinifera-Mundi 7/16

Aus dem gleichen Anbaugebiet wussten der geniale Pingus

1998 (18/20) und sein kleiner Bruder, der Flor de Pingus

2004 (18/20) zu überzeugen. Die Persönlichkeit des unnach-

ahmlichen, dänischen Peter Sisseck muss nicht mehr vorge-

stellt werden. Jeder Weinliebhaber weiss, dass er zur Elite

der spanischen Winzer gehört. Genauso wie Dirk Nieeport

im Portugal. Diese Winzer haben ein seltenes Flair, die rich-

tigen Böden auszuwählen und anschliessend kompromisslo-

se Weinbaumethoden anzuwenden. Sei es im Weinberg oder

im Keller. 1995 wurde der erste Jahrgang vom Dominico de

Pingus vinifiziert (in Slang bedeutet Pingus Peter). Unmit-

telbar reagierten die Weinexperten mit ungeteilter Begeiste-

rung. Sei es in Amerika oder in Europa, überall fand der

Wein Beifall. Trotzdem gelten 1998 und 1989 als die sog.

schlechten Jahrgänge dieses Weins. Parker bewertet den 1998er zum Beispiel mit 90/100. Also ein Wein,

welcher ein Vermögen kostet, um „bloss“ ein „08/15“ Vergnügen zu bieten. Theoretisch! Denn der Wein,

welcher am 4. März 2011 entkorkt wurde, gelangte schliesslich auf den dritten Rang der gesamten Verkos-

tung und erhielt eine Durchschnittsbewertung von 18.31/20. Achim Becker (WineTerminator), welcher sich

auf gereifte Weine spezialisiert hat, beschreibt den Pingus 1998 als Crowd-Pleaser. Also ein teurer Spass?

An diesem Abend gefiel die Flasche dank ihren Schokoladennoten und ihrer grossartigen Geschmeidigkeit.

Trotzdem auszutrinken.

Der Flor de Pingus 2004 wurde in einem grandiosen Jahrgang „geboren“. Dicht und undurchdringlich! So

präsentiert sich dieser Wein, welchen wir schon wiederholt verkostet haben (auch viel zu jung). Ich muss es

zugeben, der Flor de Pingus hat mich nicht immer besonders angesprochen. Die Jahrgänge 2000 und 2001,

welche immer wieder als tolle Leistungen beschrieben wurden (und in vielen Schweizer Restaurants zu fin-

den waren) hatten mich fast dazu gebracht, auf die Weine von Peter Sisseck zu verzichten. Der aufgrund der

gnadenlosen Hitze des Jahres schwierige 2003er hatte mich buchstäblich erobert. Der 2004er wirkt als

Kriegsmaschine, sein Aufbau lässt an die Leopard Panzer denken, man darf und kann denken, was man

möchte, sie sind unzerstörbar. Sie fahren durch eine hügelige Landschaft und begegnen potentiellen Mitbe-

werbern, fahren aber weiter, es kann ihnen nichts passieren. Eine enorme Frucht verströmt aus dem Glas und

verführt durch ihre Noten eingekochter Rot- und Schwarzbeeren, von gebrannten Fässern und Likör, Kaffee

und Holzvanille. Diese Nase wirkt extrem kräftig, harmonisch, tiefsinnig und vielschichtig. Der Gaumen fällt

durch seine verführerische Süsse auf, wobei seine Komplexität und seine ausserordentliche Klasse das Bild

sehr vorteilhaft aufrunden. 18/20. Parker bewertet den Flor de Pingus 2004 mit 98/100.

Aus dem gleichen Jahrgang wie der vorherigen Wein und

nicht weniger grandios, dennoch aus einem relativ verkann-

ten Anbaugebiet (Jumilla), ist der Clio 2004 der Bodegas El

Nido. Die Bodega ist das Projekt von Jorge Ordonez, einem

der führenden amerikanischen Importeure von spanischen

Weinen, Chris Ringland, australischer Produzent (aus dem

Barossa Valley) höchstbewerteter Weine (der Shiraz wird mit

Noten zwischen 97 bis 100/100 durch Parker bewertet) und

Miguel Gil von den Bodegas Juan Gil, einem weiteren füh-

renden Weingut der D.O. Jumilla. Das Projekt heisst ORO

Wines und umfasst nicht nur El Nido, sondern auch sechs

weitere Bodegas.

Clio, welcher als kleinen Bruder des gigantischen El Nido

wahrgenommen werden darf (beide gehören unbestritten zum

Besten, was in Spanien vinifiziert wird), erhielt eine Durchschnittsbewertung von 18.69/20 (Vinifera-Mundi:

18.5/20) durch die Teilnehmer der Verkostung von Wein-Events. Wie in jedem Jahrgang ist der Clio 2004

eine Assemblage von 70% Monastrell und 30% Cabernet Sauvignon. Das Bouquet zeigt eine beeindrucken-

de Exuberanz und entwickelt sich in einem kräftigen, tiefsinnigen und leicht alkoholischen Format. Es ver-

strömen Aromen von Veilchen, Eukalyptus (obwohl ein Teil des Holzes, in welchem der Wein ausgebaut

wurde, aus Frankreich stammt), Waldpilze, Humus, Blau- und Schwarzbeeren sowie Mokka. Eine tolle, ja

sogar umwerfende Komplexität, welche sich im Gaumen fortsetzt. Dieser bombastische Wein verführt durch

seine extreme Geschliffenheit und seine Länge. Jeder Liebhaber der Lebensfreude dürfte damit Mühe haben,

©Vinifera-Mundi 8/16

sich vorzustellen, dass der Clio nicht der beste Wein der Bodega ist. Unbedingt kaufen! Nicht zuletzt kostet

der Clio jeweils ein Bruchteil davon, was er an Qualität und Spass bietet. In einem ähnlichen Stil wird der Cirsion 1999 aus der Bodegas Roda den Teilnehmern der Verkostung an-

scheinend missfallen haben. Dieser Wein wurde mit 17.42/20 bewertet (Parker: 95/100). Glücklicherweise

wurde er dennoch in der letzten Serie ausgeschenkt, was gewisse (unqualifizierte) Kommentare verhindern

dürfte. Wie oft werden die Weine der ersten Serie weniger gut bewertet als in der letzten! Der Cirsion ver-

körpert allgemein das Schönste, aber vermutlich auch das Modernste, was heute in der D.O. Rioja vinifiziert

werden kann. Zunächst erfolgt die Auswahl der Reben akribisch. Auch wenn sich die gesamte Rebfläche des

Weinguts auf über 40ha erstreckt, werden Erträge von 14 bis 18hl/ha erreicht und höchstens 9‘000 Flaschen

abgefüllt. Es genügt, einen Vergleich zwischen dem klassischen Roda und dem Cirsion durchzuführen, um

den unwahrscheinlichen Quantensprung in der Qualität festzustellen. Die Tempranillo-Rebstöcke sind 70

Jahre alt und befinden sich in den besten Lagen der D.O. Rioja. Der Ausbau erfolgt in neuem französischem

Holz… Auf seiner Website gibt Jan Martel an, dass die Bodega Roda eindeutig zu den zehn besten ganz

Spaniens gehöre. Der Cirsion 1999 ist der dritte Jahrgang, welcher produziert wurde, wobei der 1997er nicht

auf den Markt gekommen ist.

Das Bouquet übermittelt einen gemischten Eindruck. Zwar lassen sich die Typizität der

Rebsorte und das Format eines unklassifizierbaren Weines erkennen. Dennoch ist der Cirsion 1999 bereits

über seinen Zenit. Pflaumen und allerlei Beeren sind vorhanden und erinnern mich an einen Christmas Cake,

wie sie bei Walker’s im schottischen Speyside gekauft werden können. Es fehlt aber der Auslöser, welcher

es ermöglichen würde, dass man sich in diesen Jahrgang verliebt. Ein Teilnehmer der Verkostung machte

mich darauf aufmerksam, dass ich vielleicht verwöhnt gewesen sei und bereits mehrere Jahrgänge des Cirsi-

on verkostet hätte. Cirsion ist und bleibt ein Wein, welcher eigentlich viel mehr Respekt als das verdient,

was eine arithmetische Note auszudrücken vermag.

©Bodegas Roda

Eine Verkostung ohne Wein aus dem Priorat wirkt genauso verwaist wie die Sprache eines Schriftstellers,

welcher ohne Vokale arbeiten möchte. In der grossen französischen Tradition des Boulevardtheaters ver-

gnügte sich Georges Feydeau damit, ein Stück zu schreiben, in welchem eine Figur nur die Vokale aus-

spricht. Das Vaudeville „La puce à l’oreille“ (Ein Floh im Ohr) ist absolut köstlich. Ob die Verkostung aber

ohne solche Weine es auch wäre, ist ein anderes Thema. Dementsprechend

verschuf sich Wein-Events zwei grosse Brocken, einerseits den Clos Moga-

dor 2000 vom René Barbier (18/20), andererseits den Ermita 1994 von

Alvaro Palacios (ebenfalls 18/20). Zwei Winzer, welche nicht nur innerhalb

Spaniens Weinlandschaft eine ausserordentliche Rolle spielen, sondern auch

weltweit. Es geht um solche Menschen genauso wie um Wissenschaftler und

um diese Philanthropen, welche eine gewisse noble Idee der Menschheit, des

Fortschrittes und des Wissens hoch nach vorne tragen. Ein beneidenswertes

Ziel, für welche sich die Elite der Herzen (nicht diejenige des Scheins und

der Illusion, welche täglich in einer gewissen, autoproklamierten Presse be-

jubelt wird), des Teilens (was uns zu einer Diplomarbeit führt, welche ich mal über das

Thema „Gabe ohne Gegengabe“ schreiben musste) und der Kommunikation (nicht

derjenigen der Agenturen, welche ziemlich viel hinter Werbeslogans und

plakativen Lügen verschleiern) täglich engagiert. In diesem Sinne gehören

René Barbier und Alvaro Palacios dieser Elite an. Diese Authentizität,

©Vinifera-Mundi 9/16

diese Klasse, aber auch diese Eleganz sind in ihren Weinen sofort erkenn-

bar. Die Erzeugnisse solcher Winzer lassen sich in einem Register einord-

nen, in welchem die arithmetischen Bewertungen keine reale Bedeutung

mehr haben. Anders gesagt, erachten wir es als ein Privileg, an einem Mo-

ment des Lebens einen Ermita, einen Finca Dofi, einen Clos Mogador oder

einen El 8 (auch, wenn René Barbier mit sieben weiteren Winzern für die-

sen Wein zeichnet) verkostet haben zu dürfen.

El 8 2001, der Wein von La Vinya del Vuit

Der Ermita 1994, welchen wir anfangs 2010 bereits mit 18/20 bewerteten,

ist der zweite Jahrgang dieses Kulterzeugnisses. Der in diesem Jahrgang

verschnittene Wein aus 75% Garnacha (bis 110 Jahre alte Rebstöcke) und

25% Cabernet Sauvignon, bietet ein schönes, ausgewogenes und relativ

tiefsinniges Bouquet mit viel kompottierten Wildbeeren auf einer floralen

Grundlage. Was allerdings besonders animiert, ist diese Nase eines Grena-

che-Weins, welcher sich im Verlauf der Jahre besänftigt hat. Statt immer

noch eine grandiose und anregende Furie zu sein, welche Parker mit 97/100

und Stephen Tanzer mit 96/100 bewerteten, hat sich der Ermita 1994 in

einen sinnlichen Wein für Liebhaber exquisiter und raffinierter Momente

entwickelt. Im Gaumen fallen die immer noch vorhandene Säure, aber auch

die Kraft sofort auf. Diese Assemblage bereitet enorm viel Spass mit den

typischen Aromen eines besonders gelungenen Grenache. Die Teilnehmer

der Verkostung bewerteten diesen Wein mit 17.63/20.

Der Clos Mogador 2000 wurde im Durchschnitt mit 17.73/20 bewertet, wobei die Abweichung zwischen

der besten und der schlechtesten Note 1.25 Punkte betrug. Also ein sehr einvernehmlicher Wein. An diesem

Abend erreichten nur drei andere Weine so eine kleine Abweichung: Der Aalto 2006 sowie der Ermita 1994

mit je einem Punkt und der Cirsion 1999 mit 1.25 Punkten (was aufgrund seines vorletzten Rangs mit einer

Durchschnittsbewertung von 17.42/20 ein etwas hartes Urteil zu sein scheint). Drei Weine erregten die Ge-

müter mit einer Abweichung von 2.5/20 und verhinderten somit, dass ein Konsens entstand: Clos Erasmus

2000 (Vinifera-Mundi: 18/20, Durchschnitt: 17.63/20, 9. Rang der Verkostung, zwei Mal mit 16 bzw.

16.5/20 bewertet), Heid Marques Reserva 2006 (Vinifera-Mundi: 17.5/20, Durchschnitt: 17.48/20, 11.

Rang der Verkostung, zwei Mal mit 16 bzw. 16.5/20 bewertet) und Pintia 2004 (Vinifera-Mundi: 17/20,

Durchschnitt: 17.42/20, 12. Rang der Verkostung, zwei Mal mit 16 bzw. 16.25/20 bewertet). Dabei empfeh-

len wir diese drei Weine, welche wir wiederholt verkosten durften (oder sogar in unseren eigenen Kellern

besitzen) ganz eindeutig zum Kauf. Wir haben sie auch bereits anderweitig bewertet, wie z.B. im Bericht

Klein und Fein: Heid & Marqués! Eine Vertikale.

Eine beeindruckende Komplexität in der Nase sowie im Gaumen bietet der Clos Mogador 2000 (welcher

durch Parker mit 95/100 bewertet wurde), was sich auch in der genial gemeisterte Assemblage von 40%

Grenache, 35% Cabernet Sauvignon, 20% Syrah und 5% Merlot, Mourvedre sowie Petit Verdot begründen

lässt. Im tiefen, ausgewogenen und klassischen Bouquet verströmen enorm viel Aromen von Schwarzbeeren,

Schokolade, rauchige Noten (Weihrauch), etwas Likör und nicht zuletzt mineralische Noten. Dennoch lange

im Voraus entkorken, damit alle Zutaten ihren Ausgleich finden. Der Gaumen bewegt sich auf dem gleichen

Niveau. Ein Wein für jeden Keller, ein Wein, mit welchem man gerne sehr viel Zeit verbringt. Ein Wein

dennoch, der in den nächsten Jahren ausgetrunken werden sollte.

©Vinifera-Mundi 10/16

Spanien und seine Weine

Autoren: David Schwarzwälder,

Wolfgang Hubert und Jürgen Mathäss

Hallwag Verlag München

288 Seiten mit ca. 200 Fotos und ca.

10 Karten.

ISBN 978-3-8338-1619-2

Das Werk

Spanien ist nicht nur eine uralte Weinbaunation, das Land zählt heute zu

den drei grössten Produzenten auf dem Weltmarkt. Doch neben den be-

kannten, kommerziell erfolgreichen Rotweinen wie vor allem den Wei-

nen aus den D.O. Priorat, Rioja und Ribeira del Duero, welche bereits

vor 10 bis 20 Jahren einen beneidenswerten Ruf genossen, findet man

auf der Iberischen Halbinsel immer mehr elegante, fein strukturierte

Weine von originellen, sehr individuell arbeitenden Erzeugern, deren

Namen und Bezeichnungen es u.a. in der Schweiz noch zu entdecken

gilt.

Mit dem 2009 veröffentlichten Weinführer Spanien und seine Weine

bieten David Schwarzwälder, Wolfgang Hubert und Jürgen Mathäss eine

ausführliche Darstellung der spannenden spanischen Weinlandschaft

(740 Weine von 600 Erzeugern). Das opulent bebilderte Kompendium

verschafft Weinfreunden eine fachkundige Übersicht über sämtliche

Weinregionen Spaniens. Angefangen in Katalonien, im Nordosten, über

die zwei Hochebenen von Kastilien-Léon und La Mancha bis hinunter in

die Extremadura im äussersten Süden, stellen die Autoren die einzelnen

Gegenden ausführlich und mit farbigem Kartenmaterial veranschaulicht

vor. Vorgestellt und beschrieben werden die geologischen, klimatischen

sowie geschichtlichen Besonderheiten, typische Weinstile sowie stilprä-

gende Produzenten. Der Leser erhält auch einen interessanten Einblick in

die Kultur und Atmosphäre des Landes. Zahlreiche Insidertipps sowie

ein umfangreicher Serviceteil mit Bezugsquellen runden das Buch ab.

Eine klare Einkaufsempfehlung für die Liebhaber der spanischen Weine,

welche mehr über jede einzelne D.O. erfahren möchten.

Die Autoren

David Schwarzwälder ist seit Ende der achtziger Jahre als Korrespondent der Meininger Gruppe tätig. Zu-

dem schreibt er Beiträge für den FEINSCHMECKER, GOURMET und essen & trinken. Er hat eine wöchent-

liche Kolumne in der spanischen Tageszeitung El Mundo (Castilla y Léon). 1998 veröffentlichte er den ersten

deutschsprachigen Spanien-Weinführer und gewann als erster Ausländer die „Nariz de Oro“. David Schwarz-

wälder ist als Dozent für iberische Weine an der Fachhochschule Geisenheim, Deutschland, und in Wädens-

wil, Schweiz, tätig. Im „Brockhaus Wein“ hat er die Verantwortung für die Weine Portugals und Spaniens.

Nicht zuletzt moderiert er jedes Jahr mit Talent, seinem hervorragenden Kommunikationsstil und, einem riesi-

gen Wissen, die Verkostungen, welche im Rahmen des jährich stattfindenden Dia del Vino für die Fachleute

organisiert werden.

Wolfgang Hubert wechselte nach seiner kaufmännischen Karriere in den redaktionellen Bereich, war beim

Deutschen Supplement Verlag und arbeitet seit über 15 Jahren als Weinkritiker, Autor und freier Wine &

Food Journalist. Er ist für wichtige Wein- und Getränkezeitschriften tätig und schreibt Weinbeiträge für diver-

se Magazine, unter anderem Abenteuer & Reisen, Stern, WEIN GOURMET, essen & trinken, Weinwelt, Se-

lection und Sommelier Magazin. Wolfgang Hubert hat diverse Bücher zu Wein und Genuss verfasst, u.a.

„Spanische und portugiesische Weine“, „Das grosse Buch der Bio-Weine“, „Wein kennen lernen und genies-

sen“. Er erhielt dafür internationale und nationale Preise.

Jürgen Mathäss war seit 1985 Chefredakteur aller Wein- und Getränkezeitschriften der Meininger-Gruppe.

Seit 1993 arbeitet er als selbstständiger Journalist für das Gault-Millau-Magazin, Wein und Markt, Weinwirt-

schaft, Vinum u.a. Dabei hat er sich auf Wein aus Spanien, Südamerika und Deutschland spezialisiert. Aus-

serdem hält er Seminare, Schulungen und Vorträge.

©Vinifera-Mundi 11/16

Festival Español 2011

Am 2. Mai 2011 feierte das renommierte Handelshaus

Casa del Vino seinen 20. Gründungstag. Was für ein sen-

sationeller Anlass wurde da durchgeführt! In der Anwe-

senheit eines zahlreichen und absolut begeisterten Publi-

kums, welches den grossen Saal von Kaufleuten zum Flie-

genschrank verwandelte (es war effektiv nicht immer ein-

fach, sich von einem Stand zum nächsten zu bewegen)

waren sie alle da (oder fast alle). Telmo Rodriguez, Carlos

Martinez Bujanda (Finca Antigua), Luis Alberto Martinez

(Remirez de Ganuza), Carlos Lopez de Lacalle (Bodegas

Artadi), Javier Zaccagnini (Aalto), Chrystelle Moran (an

der Stelle von Peter Sisseck für Hacienda Monasterio und

Dominio de Pingus), Ricardo Palacios (Descendientes de

J. Palacios), Alvaro Palacios, usw. waren da, um die

grossartige Arbeit von Frank Ebinger, dem Gründer des

©Casa del Vino. Der Katalog mit den 42 anwesenden Bodegas

©Casa del Vino. Vor dem Sturm

©Casa del Vino. Frank Ebinger

Handelshauses zu würdigen. An dieser Stelle möchten wir uns

gegenüber unseren Leserinnen und Lesern entschuldigen: Aus-

nahmsweise fügen wir den Pressetext eines Händlers in unserem

Bericht ein, anstatt einen eigenen zu schreiben. Die offizielle Prä-

sentation der Casa del Vino („über uns“) kommt uns in der Tat

derart richtig und angemessen vor, dass wir uns gerne dafür ent-

schieden haben, einen Ausschnitt dieses Textes einfügen:

„1989 konnte Frank Ebinger, der heutige Inhaber der Firma und

damaliger Schwiegersohn von Arthur Steiert, [dessen] Firma

übernehmen. Frank Ebinger hatte stets eine grosse Vorliebe für

spanische Weine. Es ging so weit, dass er sich 1991 entschloss,

nur noch grosse Weine aus Spanien zu führen. Das Firmenlogo

mit dem markanten Stierhörnern gekrönt von der spanischen

Sonne ist mittlerweile wohl jedem Liebhaber spanischer Weine

ein Begriff. 1994 wurde sogar der Zusatzname „Casa del Vino“,

was zwar lediglich eine Übersetzung von Haus des Weins ist,

hinzugefügt“.

Wir empfehlen wärmstens die 20jährige Geschichte des äusserst

talentierten Händlers und dessen Casa del Vino zu lesen. Nicht

zuletzt möchten wir hervorheben, dass Frank Ebinger bestimmt

der erste in der Schweiz gewesen ist, welcher von Anfang an an

den heutigen riesigen Erfolg der spanischen Winzer geglaubt hat.

Erst mit dem Ende der Diktatur des General Franco und, dement-

sprechend, „der Liberalisierung der gescheiterten franquistischen

Planwirtschaft“ (siehe Spanien und seine Weine – Von Klassik

bis Avantgarde, Hallwag2011) konnte eine neue Wende in der

Geschichte des spanischen Weins eingeleitet werden. Francisco

Fernandez (Bodegas Pesquera), Miguel Torres und Carlos Falcó

(aktueller Besitzer von Marques de Griñon) sind die wichtigsten

Handwerker des Wandels gewesen. 1986, also 11 Jahre später

und vier Jahre nach seinem Sieg in der spanischen Präsidenten-

wahl schafft es Felipe Gonzalez, der Hoffnungsträger der jungen

spanischen Demokratie (wie er in der Presse genannt wurde), dass Spanien der Europäischen Gemeinschaft

beitritt. Somit öffnen sich die Märkte der gesamten E.G. für den spanischen Wein. 1989 und in den frühen

1990ern lassen sich junge, dynamische Winzer feiern. Peter Sisseck, die jungen und sympathischen Revolu-

tionären des Priorats (Alvaro Palacios, René Barbier, Dafne Glorian -Clos Erasmus-, Carles Pastrana -Clos

de l'Obac- und Josep Lluis Pérez -Clos Martinet-) und andere noch, bringen Spanien einen seitdem

unaufhörlichen Aufschwung im Weinbreich. Frank Ebinger hat sehr früh –vor 20 Jahren- diese Wende

gespürt.

©Vinifera-Mundi 12/16

Im Rahmen des Festival Español 2011 konnten über 130 spanische Weine sowie weitere aus Portugal

verkostet werden. Vinifera-Mundi hat über 100 spanischen Erzeugnisse verkostet. In den folgenden Seiten

möchten wir die Weine vorstellen, welche uns am besten gefallen haben. Dementsprechend haben wir eine

erste Vorwahl von 20 Weinen getroffen, welche wir mit mindestens 18/20 bewertet haben. Die ursprüngliche

Idee war aber, nur elf Erzeugnisse vorzustellen. Elf Weine für elf sensationelle Fussballspieler. Diejenigen,

welche im Sommer 2010 Weltmeister geworden sind. Wir sind aber gescheitert. Die spanischen Weine der

heutigen Welt sind derart grossartig, dass wir unsere definitive Auswahl mit vier weiteren Produkten ergänzt

haben welche wir zwischen 17 und 17,5/20 bewertet haben. Anders gesagt, werden viele Weine in den

nächsten Seiten nicht bewertet. Wir bedauern es, behalten uns allerdings das Recht vor, diese zu einem

späteren Zeitpunkt zu bewerten.

Aalto (Ribera del Duero DO)

Aalto PS Tinto Cosecha 2006 19/20

Reinsortiger Tempranillo. 32 Monate langer Ausbau in 70% neuem, französi-

schem Holz. Ein Muskelpaket mit enorm viel Würze (vom Bouquet bis zum lan-

gen Abgang über den strukturierten Gaumen), reifen Schwarzbeeren und Laven-

del. Eine ausserordentliche Rasse und ein einzulagernder Wein, welcher noch

weit von der ersten Trinkreife ist. Beeindruckend!

Aalto Tinto Cosecha 2007 18/20

Komplex und kräftig. Röstaromen (Toastbrot und Kaffee), quadratische Würze,

allerlei Schwarzbeeren, Likör, Schokolade… Dichter und straffer, extrahierter

Gaumen, fantastische Ausgewogenheit, wiederum Frucht im Quadrat, Gerbstof-

fe,… Eine klare Einkaufsempfehlung für alle Weinliebhaber, welche sich den

Aalto PS nicht leisten möchten.

Bodegas y Viñedos Artadi (Rioja DOCA)

Artadi Viñas el Pison Tinto Cosecha 2007

Wie ein Kindermord!! Die Strategie des Winzers, welcher einen so jungen,

noch nicht trinkreifen Wein vorstellt, bleibt mir schwer verständlich. Denn

El Pison ist unbestritten ein genialer, komplexer und umwerfender Wein,

welcher in drei bis fünf Jahren eine noch höhere Bewertung erhalten dürfte.

Röstaromen (getoastetes Brot) und mineralische Noten, bis es nicht mehr

geht, Schwarzbeeren, etwas Schokolade. Eine ausserordentliche Rasse. Im

Gaumen fällt die Eleganz auf, welche dem extrem ausgewogenen und

strukturierten, vielschichtigen Saft ein zusätzliches Verführungspotential

verleiht. 18.5/20.

Bodegas y Viñedos Artazu (Navarra DO)

Die Bodegas Artazu gehören der gleichen Gruppe wie die Bodegas Artadi.

Santa Cruz de Artazu Tinto Cosecha 2006

Grossartiges, lebhaftes Bouquet mit einer tollen Frische. Sehr reife und

opulente Früchte, insb. schwarze Kirschen und Wildbeeren. Etwas Tabak

und balsamische Noten. Komplexer, vollmundiger, ausgewogener und

tadelloser Gaumen mit einer verführerischen Rasse, einer tollen Würze und

einem kräftigen Abgang. Irgendwie kommt mir dieser Wein aber wie ein

Blender vor. Stimmte mein erster Eindruck? Ich behalte trotzdem meine

ursprüngliche Bewertung und werde diesen Wein am 20. Februar 2012 im

Rahmen der Veranstaltung Dia del Vino 2012 wieder verkosten. 18/20.

Der Artazuri 2008 (Der zweite Wein auf dem Photo) ist ein bekömmlicher

Wein für den Alltag. 16.5/20.

©Vinifera-Mundi 13/16

Dominio de Atauta (Vino de la Tierra de Castilla)

Dominio de Atauta Tinto Cosecha 2006

Wieder ein Wein, welchen unsere amerikanischen Freunde anschei-

nend nicht richtig einschätzen können.

Ausdrucksvolles Bouquet im alten Stil mit sehr viel mineralischen

Noten, Schwarzkirschen, Heidelbeeren, Pflaumen, und Schokolade

auf einer nach Likör riechenden Grundlage. Tolles Zusammenspiel

zwischen der Frucht, der Säure, der Frische und der finessenreichen,

doch relativ gnadenlosen Struktur. Viel Geschmack, viel Fleisch, das

Ganze wirkt viel schöner, als gewisse an diesem Tag behaupteten.

Noch mindestens fünf Jahre warten vor der ersten Trinkreife. Langer,

schmackhafter Abgang. 18/20. Am 20. Februar 2012 konnte dieser

Wein im Rahmen der Veranstaltung „Dia del Vino“ 2012 wieder ver-

kostet werden. Wir erteilten ihm die Note von 18.5/20.

Finca Antigua (La Mancha DO)

Finca Antigua Tinto Reserva 2004

70% Merlot, 20% Cabernet Sauvignon und 10% Syrah.

Sehr guter Stoff, in dem die Spuren eines gelungenen Jahrgangs klar zu erkennen sind. Geschliffene, aber

auch kräftige Tannine, warmer Eindruck, ein toller Spasswein zu einem Freundschaftspreis. 17/20.

Remirez de Ganuza (Rioja DOCa)

Trasnocho Tinto Cosecha 2006

Der erste Wein, welchen ich während dieser Veranstaltung trank und, welcher

zugleich einen so relativ stolzen Preis (CHF105.-) kostet. Eine irrsinnige Rasse

im noch ungestümen Bouquet. Wie war 2006 schon wieder? Eine Tour de

Force und der Beweis des Könnens eines talentierten Winzers. Der Gaumen

vervollständigt den allgemeinen Eindruck. Es wäre, als ob man zu Hause, in

einer grossen Villa, wäre, nachdem ein paar erholsame Stunden vorher ver-

bracht worden wären. Das Ganze wirkt extrem delikat, vollmundig, harmo-

nisch, samtig. Die Tannine zeigen sich füllig und zivilisiert, der Wein leidet

definitiv nicht an Profilierungsproblemen. Schliesslich zeigt der Trasnocho ein

beeindruckendes Format. 18/20.

Remirez de Ganuza Tinto Reserva 2003

Röstaromen im verführerischen Bouquet, eindeutige Jahrgangszeichen, wobei die gefundene Balance positiv

überrascht. Eine unbestreitbare Tiefe. Sehr schöner, ausgewogener, rassiger Stoff mit einer tollen Würze.

Wenn die unvergessliche Hitze des Jahrgangs die Entfaltung gewisser Eigenschaften gebremst, ja sogar ver-

hindert hat, besitzt dieser Wein die nötige Persönlichkeit, um viele Weinliebhaber zu überzeugen. 17.5/20

Remirez de Ganuza Tinto Reserva 2005

Luis Alberto Martinez empfahl mir den 2005 nach dem 2003 zu verkosten. Nicht ganz per Zufall. Denn,

wenn beiden Weinen ziemlich die gleiche Bewertung erteilt wurde (den 2005 bewertete ich 17.5 bis 18/20),

bewegt sich jeder in einer eigenen Dimension. Wunderschöne Balance im Bouquet, welches deutlich weni-

ger warm als beim 2003er ist. Toller Antrunk mit einem gewissen Schmelz. Im Gaumen wächst der Wein auf

die Dauer, wobei er sehr harmonisch bleibt. Der Abgang wirkt typisch, die Grandezza ist eindeutig. Im

Rahmen der Veranstaltung „Dia del Vino“ 2012 konnte der Jahrgang 2005 wieder verkostet werden. Wir

erteilten ihm die Note von 19/20. Es stimmt allerdings, dass die Flasche im Voraus entkorkt wurde. David

Schwarzwälder erklärte uns ausserdem, wie die Weine des Weinguts absolut akribisch und ultraperfektionis-

tisch erzeugt werden.

©Vinifera-Mundi 14/16

Bodegas Inspiración (Rioja DOCa)

Die Bodegas Inspiración gehören den Bodegas Valdemar.

Inspiración Valdemar Edición Limitada Tinto 2004

70% Tempranillo, 20% experimentelle Variation diverser Trauben und

10% Graciano. Ein erfreulich rätselhaftes Bouquet mit Aromen nach

Schwarzbeeren, Gewürze und getoastetem Brot. Ich stellte die Frage, was

diese 20% „experimentalle Variation diverser Trauben“ seien, konnte es

aber nicht verbindlich erfahren. Möglicherweise handelt es sich um Caber-

net Sauvignon. Mittelschwerer, samtiger, bekömmlicher Gaumen mit einer

tollen Mineralität. Nicht unterschätzen. 18/20

Inspiración Valdemar Colección Varietales 2005

100% Maturana. Mehr als die Bewertung habe ich leider nicht geschrieben. 17.5/20. 93/100 Wine Spectator.

Mauro (Castilla y León)

Mauro Tinto Cosecha 2008

Ein sehr delikater Wein, über welchen der Winzer sagte, er habe vom vorteilhaften atlantischen Klima profi-

tiert. Sehr viel rote Frucht, man möchte diesen Wein knabbern. Der Gaumen bestätigt diesen Eindruck und

schnell ist man darüber glücklich, einen schmackhaften, ehrlichen und erfrischenden Wein verkosten zu dür-

fen. 17.5/20. Den Jahrgang 2009 bewerteten wir im Rahmen der Veranstaltung „Dia del Vino“ 2012 mit

19/20. Wir werden gerne wieder über alle Weine schreiben, welche in diesem Rahmen verkostet wurden.

Mauro V.S. Tinto Cosecha 2006

Vor der Veranstaltung war mir der Mauro V.S. nicht bekannt. Ich bin es mir nicht sicher, dass ich da der

einzige war. Doch ist dieser Mauro V.S. ein genialer Wein! Der Name des reinsortigen Tempranillo bedeutet

V.S. Vendimia Seleccionada, also „ausgewählte Lese“. Mariano Garcia, den wir im vorliegenden Bericht

bereits erwähnt haben, besitzt das Weingut.

Kräftige und üppige Nase mit balsamischen Noten sowie enorm viel Schwarzbeeren und Schokolade. Kon-

zentrierter, komplexer und ausserordentlich ausgewogener Gaumen. Frischer und anhaltender Finish.

18.5/20.

Hacienda Monasterio (Ribera del Duero DO)

Ein Jahr nach der Veranstaltung ist es dem Team der Hacienda Monasterio immer noch nicht aufgefallen,

dass die Website des Weinguts nicht funktioniert. Zum Glück werden die Weine genauso grossartig produ-

ziert, wie die Website desaströs verwaltet wird.

©Casa del Vino. V.r.n.l.: Chrystelle Moran und ein Mit-

arbeiter der Hacienda Monasterio

Hacienda Monasterio Tinto Cosecha 2007

75% Tinto Fino und 25% Cabernet Sauvignon, Merlot

und Malbec. Der Ausbau dauert 17 Monate lang und

erfolgt in 40% neuem französischen Holz. Verführerische

Nase nach Schwarzbeeren, insb. Johannisbeeren. Genia-

ler, hedonistischer Gaumen, in welchem alles stimmt. Die

Weinliebhaber sollen sich beeilen, ein paar Flaschen von

diesem Erzeugnis zu ergattern. 18/20. 92/100 Parker

Punkte.

Hacienda Monasterio Tinto Reserva 2005

80% Tinto Fino, 10% Cabernet Sauvignon und 10% Merlot. Eine verführerische Mischung mineralischer

und floraler Noten verströmt aus dem Glas. Das ist buchstäblich Liebe auf dem ersten Blick. Mehr Fragen

habe ich mir nicht gestellt. Am nächsten Stand schenkte Chrystelle Moran zwei weitere Weine von Peter

Sisseck aus. 19/20

©Vinifera-Mundi 15/16

Alvaro Palacios

Alvara Palacios (Priorat DOQ)

L’Ermita Tinto Cosecha 2006

Offiziell nicht in der Verkostung. Dennoch schenkte uns Alvaro Palacios

freundlicherweise ein Glas des Ermita 2006, des ersten Jahrgangs ohne

Cabernet Sauvignon, aus. Toastbrot, Weihrauch, schwarze Kirschen, das

alles im Quadrat. Eine beeindruckende Komplexität, welche sich im Gau-

men fortsetzt. Dafür eine Welt der Finessen, der Eleganz und am Ende ein

Wein, über welchen man sich fragt, wohin ihn die Zukunft führen wird.

18.5/20.

Finca Dofi Tinto Cosecha 2008

Die Falle des Weinguts. Wer sich mit dem Jahrgang 1999 bereits befasst

hat, weiss genau, was damit gemeint ist. Und doch ist der Finca Dofi wie-

der ein Mal dieser verwirrend komplexe Wein mit Tonnen von Gewürzen,

aber auch Heidelbeeren und saftigen Kirschen. Vielleicht auch ein Hauch

Leder. Komplex ist da auch nur der Vorname. Dieser Wein, den wir mit

18/20 bewerten, bietet einen Blumenstrauss im Gaumen mit mineralischen

Noten im Hintergrund. Kaufen!

Dominio de Pingus (Ribera del Duero DO)

Flor de Pingus Tinto Cosecha 2008

Ich habe es schon wiederholt erwähnt und ich muss es wieder zugeben. Der Flor de Pingus ist lange kein

Wein gewesen, mit welchem ich mich anfreunden konnte. Heute habe ich genau das gleiche Problem mit

dem PSI, welchen ich jedes Mal mit 17 bis 17.5/20 bewerte. Ganz im Stil eines gut vinifizierten Weins, wel-

chen ich dennoch nicht im Keller haben muss. Wieder dieses typische Bouquet der grandiosen Priorat-

Weine. Enorm viel Würze, Weihrauch, Schwarzkirschen, Espresso stretto, dieses Mal mit einem Zusatz von

Blaubeeren und Milchnoten. Der Gaumen scheint das Bouquet zu verzehnfachen, was mich zu einem Faux-

pas führte (ich fragte Chrystelle Moran, ob wir ein Interview über Dominio de Pingus führen könnten. Was

uns wiederum ermöglichte, dass wir einen Wein verkosten durften, welcher ausschliesslich unter dem Tisch

ausgestellt und ausgeschenkt wurde: Pingus 2006). Eine Säure (anscheinend ein allgemeines Merkmal, mit

welchem wir am 20. Februar 2012 im Rahmen der Veranstaltung „Dia del Vino“ wieder konfrontiert wur-

den), welche es verhindert, sich am Abend die Zähne zu putzen (ausser man möchte deren Schmelz beschä-

digen), welche aber den Wein sehr weit in die Zukunft tragen dürfte. Ein ganz grosser Wein, welcher in je-

dem Keller seinen Platz verdient. 18/20

Pingus Tinto Cosecha 2006

Kein Foto, leider. Dieser Wein war auch nicht offiziell in der Verkostung. Ob es noch Wein oder vielleicht

ein Komet ist? Kurz zeigte sich der Komet Halley, wobei jeder davon spricht. Zum ersten erschien er 1910,

dann 1986, dann wird er 2061 zum nächsten Mal erscheinen. Dieser Komet hat unbestritten die Geschichte

der Astronomie geprägt. Genauso dürfte es der Pingus 2006 machen. Ein Erzeugnis in einer anderen Dimen-

sion. Aktuell extrem hermetisch, morgen gigantisch und unvergesslich. Diejenigen, welche sich so einen

Wein leisten können (die Hälfte vom Preis eines 1er Cru 2009 aus Bordeaux), werden ihn erwerben, wie man

Edelsteine kauft, und zwangig Jahre vergessen. 19/20

Bodegas Vetus (Ribera del Duero DO)

Celsus Tinto Cosecha 2008

Ein noch verkanntes Weingut und ein toller Wein mit köstlichen Röstaromen, Frucht und Schokolade. Reifer

Gaumen mit präsenter Würze. Sehr gut vinifiziert und bestimmt die Überraschung der Veranstaltung. Wo

waren mein Notizblock und mein Fotoapparat? 18/20. Die Bodega Vertus gehört der gleichen Gruppe wie

die Bodega Villacreces.

©Vinifera-Mundi 16/16

Finca Villacreces (Ribera del Duero DO)

Nebro Tinto Cosecha 2006

Ein Monument in der spanischen Weinkultur. 18/20

Unwahrscheinlich tiefes Bouquet, eleganter und samtiger Gaumen. Parker

bewertet diesen Wein mit 94/20.

Finca Villacreces Tinto Cosecha 2005

So eine geniale Frische, Wow! Und als ob es nicht genügen müsste, über-

zeugt der besonders ausgewogene Saft definitiv. 17.5/20. Vielleicht keiner

der 15 besten Weine der Veranstaltung, dennoch unverzichtbar. 93/100

Parker Punkte.

Viñas del Cénit (Vino de la Tierra de Castilla)

Demora Tinto Cosecha 2006

Besonders konzentrierter Saft mit aussergewöhnlicher Rasse, komplex im

Bouquet sowie im Gaumen, schöne Würze. 18/20. Parker bewertet diesen

wein mit 88/100.

Cénit Tinto Cosecha 2005

Dito, aber noch komplexer 18.5/20

Autor: Jean François Guyard

Lektorat: Urs Senn

25. Februar 2012

Dieser Text ist zur exklusiven Publikation auf www.vinifera-mundi.ch vorgesehen. Weitere Nutzungen sind mit

den Urhebern vorgängig abzusprechen. Jeder Empfänger verfügt über das Recht, den vorliegenden Bericht an

Drittpersonen weiter zu senden.