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SCHWERPUNKT SCHWERPUNKT Auch das zunehmende Bewusstsein für die Gesund- heit der Brust bei der erwachsenen Frau (Einfluss von Mutter, Schwester, Tante und anderen Kontaktperso- nen) führt zu erhöhter Sensibilität, das heisst Auf- merksamkeit wie auch Ängsten der Mädchen ge- genüber ihren Brüsten. Brustveränderungen (bzw. anormale Entwicklungen) im Jugendalter haben eine grosse Bedeutung für das Mädchen, denn sie kom- men in einer Entwicklungsphase vor, wo das weibli- che Selbstverständnis entscheidend geprägt wird. Von Seiten des beratenden Arztes/der Ärztin müssen immer die natürliche Variationsbreite und Konturie- rung der weiblichen Brust beachtet und in die Bera- tung und das weitere Vorgehen einbezogen werden. Sofern ein grösseres Problem besteht, sollte die psy- chologische Betreuung gewährleistet sein; Hilfsmit- tel sollen grosszügig verordnet werden. Im Folgenden werden die Hauptmerkmale der Brust- entwicklung, Grundsätzliches zum diagnostischen und therapeutischen Vorgehen, zu Mammaerkran- kungen und zu Fehlbildungen im jugendlichen Alter beschrieben. Die Entwicklung der Mamma Bereits im ersten Embryonalmonat wird die so ge- nannte Milchleiste angelegt. Sie erstreckt sich zunächst als streifenförmige Verdickung über die ge- samte vordere Rumpfwand des Embryos. Dieser Pro- zess geschieht hormonunabhängig und wird deshalb bei männlichen und weiblichen Feten beobachtet. Die Milchleiste bildet sich anschliessend bis zur sieb- ten Schwangerschaftswoche in den so genannten Milchhügel zurück, aus dem bis zum fünften Schwan- gerschaftsmonat die eigentliche Brustdrüsenanlage Die Brust in der Adoleszenz Entwicklung, Auffälligkeiten,Therapieindikationen In einer kinder- und jugendgynäkologischen Sprechstunde stellen sich zirka 10 bis 15 Prozent der Mädchen mit Auffälligkeiten der Brust vor. Jedes Mädchen ist mit seinem Problem ernst zu nehmen und für eine indizierte und gewünschte Diagnostik und Therapie altersgemäss zu beraten. Denn: Die Entwick- lung der Persönlichkeit und die Festigung des Selbstwertgefühls werden stark durch das äussere Erschei- nungsbild der Brust als Geschlechtsmerkmal beeinflusst. Psychische Konfliktsituationen, ausgelöst durch Hänseleien infolge von Fehlbildungen beispielsweise, können zu sozialer Isolation der Mädchen führen. IRÈNE DINGELDEIN 10 GYNÄKOLOGIE 6/2005 Abbildung 1: Anatomie der Brustdrüse Die Brustdrüse liegt verschieblich auf der Faszie des M. pecto- ralis major auf Höhe der 3. bis 5. Rippe zwischen Linea para- sternalis und Linea axillaris, die Mamille projiziert sich zirka auf Höhe der 4. Rippe. Die Glandula mammaria besteht aus Drü- sen-, Fett- und Bindegewebe. Abbildung 2: Entstehung der Milchleiste im Embryonalstadium Rippen Fettkörper Drüsen- läppchen 4 mm 7 mm 9 mm 10–12 mm 13–15 mm Fotos 1–3: Dingeldein

Die Brust in Der Adoles

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können in einzelnen Fällen

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  • S C HWERPUNK TS C HWERPUNK T

    Auch das zunehmende Bewusstsein fr die Gesund-heit der Brust bei der erwachsenen Frau (Einfluss vonMutter, Schwester, Tante und anderen Kontaktperso-nen) fhrt zu erhhter Sensibilitt, das heisst Auf-merksamkeit wie auch ngsten der Mdchen ge-genber ihren Brsten. Brustvernderungen (bzw.anormale Entwicklungen) im Jugendalter haben einegrosse Bedeutung fr das Mdchen, denn sie kom-men in einer Entwicklungsphase vor, wo das weibli-che Selbstverstndnis entscheidend geprgt wird.Von Seiten des beratenden Arztes/der rztin mssenimmer die natrliche Variationsbreite und Konturie-rung der weiblichen Brust beachtet und in die Bera-tung und das weitere Vorgehen einbezogen werden.Sofern ein grsseres Problem besteht, sollte die psy-chologische Betreuung gewhrleistet sein; Hilfsmit-tel sollen grosszgig verordnet werden.

    Im Folgenden werden die Hauptmerkmale der Brust-entwicklung, Grundstzliches zum diagnostischenund therapeutischen Vorgehen, zu Mammaerkran-kungen und zu Fehlbildungen im jugendlichen Alterbeschrieben.

    Die Entwicklung der MammaBereits im ersten Embryonalmonat wird die so ge-nannte Milchleiste angelegt. Sie erstreckt sichzunchst als streifenfrmige Verdickung ber die ge-samte vordere Rumpfwand des Embryos. Dieser Pro-zess geschieht hormonunabhngig und wird deshalbbei mnnlichen und weiblichen Feten beobachtet.Die Milchleiste bildet sich anschliessend bis zur sieb-ten Schwangerschaftswoche in den so genanntenMilchhgel zurck, aus dem bis zum fnften Schwan-gerschaftsmonat die eigentliche Brustdrsenanlage

    Die Brust in der AdoleszenzEntwicklung, Aufflligkeiten,Therapieindikationen

    In einer kinder- und jugendgynkologischen Sprechstunde stellen sich zirka 10 bis 15 Prozent derMdchen mit Aufflligkeiten der Brust vor. Jedes Mdchen ist mit seinem Problem ernst zu nehmen undfr eine indizierte und gewnschte Diagnostik und Therapie altersgemss zu beraten. Denn: Die Entwick-lung der Persnlichkeit und die Festigung des Selbstwertgefhls werden stark durch das ussere Erschei-nungsbild der Brust als Geschlechtsmerkmal beeinflusst. Psychische Konfliktsituationen, ausgelst durchHnseleien infolge von Fehlbildungen beispielsweise, knnen zu sozialer Isolation der Mdchen fhren.

    IRNE DINGELDEIN

    10 GYNKOLOGIE 6/2005

    Abbildung 1: Anatomie der BrustdrseDie Brustdrse liegt verschieblich auf der Faszie des M. pecto-ralis major auf Hhe der 3. bis 5. Rippe zwischen Linea para-sternalis und Linea axillaris, die Mamille projiziert sich zirka aufHhe der 4. Rippe. Die Glandula mammaria besteht aus Dr-sen-, Fett- und Bindegewebe.

    Abbildung 2: Entstehung der Milchleiste im Embryonalstadium

    Rippen

    Fettkrper

    Drsen-lppchen

    4 mm

    7 mm

    9 mm

    1012 mm

    1315 mm

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  • entsteht. Dieser Vorgang wird durch dieverstrkte Sekretion von Prolaktin (auchInsulin) aufgrund eines positiven Feed-backs der strogene auf hypophysrerEbene angekurbelt (vgl. Abbildung 1und 2).Der Beginn der Pubertt wird durch dieKnospung der Brust, die so genannteThelarche, zwischen dem 9. und 13. Le-bensjahr sichtbar. Sie ist Ausdruck dereinsetzenden endokrinen Ovarialfunk-tion und findet durchschnittlich 11/2 Jahrevor der Menarche statt. Die weitere Ent-wicklung der Brust findet nach Tannerber fnf Stadien statt (Tanner-Sta-dien, vgl. Abbildung 3).Die ausgereifte Form der Brust wird biszum 17. Lebensjahr erreicht, Formvern-derungen wie beispielsweise eine Ptoseknnen aber noch bis zum 21. Lebens-jahr stattfinden. Die endgltige Differen-zierung des Brustdrsenkrpers findetwhrend der Laktationsphase statt. Anla-gestrungen der Brust sind zumeist vor-geburtlich determiniert. Sie sind entwe-der schon beim Neugeborenen sichtbaroder werden erst mit Einsetzen desWachstums auffllig.

    Adquate diagnostischeVerfahren

    Im jugendlichen Alter sollte mglichstkeine invasive Diagnostik durchgefhrtwerden. Auch ist zu beachten, dass essich bei Vernderungen der Brust im Ju-gendalter praktisch immer um benigneFormen handelt und diese selten einerchirurgischen Therapie bedrfen.Die Erhebung einer grndlichen Ana-mnese, die klinische Untersuchung undallenfalls die Mammasonografie als bild-gebendes Verfahren sind die wichtigendiagnostischen Instrumente.Nur sehr selten wird bei einem unklarenBefund ein MRI notwendig. Der Labor-diagnostik kommt eine untergeordneteBedeutung zu. Sie dient lediglich der Be-sttigung von Brustentwicklungsstrun-gen, welche durch eine zeitliche oder

    quantitative Hormonproduktionsstrungbedingt sind. Solche Brustentwicklungs-strungen bestehen beispielsweise beiprmaturer Thelarche, Gonadendysge-nesie, Kallmann-Syndrom (u.a.).Indikationen fr die Mammasonografiesind Palpationsbefunde, Schmerzen,Entzndungszeichen, Mamillensekretionund Karzinophobie bei familirer Belas-tung.

    Mammavernderungenund -erkrankungen

    Die hufigsten benignen Vernderungender Brust im Adoleszentenalter sind inTabelle 1 aufgefhrt.

    MastodynieDiese ussert sich durch einen mssigenSpannungsschmerz im Bereich des Dr-senkrpers. Er tritt intermittierend aufund dauert selten lange an. Die Mastody-nie muss als physiologisches Durchgangs-syndrom und als Folge des Brustwachs-tums angesehen werden. Gelegentlichknnen auch Zyklusstrungen und andereendokrin bedingte Regulationsstrungenbegleitend vorhanden sein, wie zum Bei-spiel eine Hypothyreose. Klagt das Mdchen ber Beschwerden,muss grundstzlich auch an eine Kan-zerophobie oder an psychosomatischeStrungen gedacht werden. Mammaso-nografisch finden sich teilweise periphererweiterte Milchgnge. Therapeutischempfiehlt sich das Tragen von gut sitzen-den Bstenhaltern und eventuell dieKhlung der Brust.

    GalaktorrhDas Symptom beschreibt den Austrittvon milchigem Sekret aus einem odermehreren Milchgngen. Im jugendlichenAlter kommt Galaktorrh selten vor, beiFrauen zwischen 20 und 48 Jahren inetwa 2 Prozent.Die Galaktorrh tritt als Folge eines er-hhten Prolaktinspiegels entweder beieinem Prolaktinom oder infolge einer er-

    hhten Stimulierbarkeit der Prolaktin-sekretion bei sonst normalem Prolaktin-spiegel auf. Bei den Betroffenen ist zuerfragen, ob Medikamente wie Dopamin-antagonisten, Antihistaminika, Antieme-tika oder Psychopharmaka eingenom-men werden. Ferner muss die Zyklus-anamnese erhoben und eine Hypo-thyreose ausgeschlossen werden. EineTherapie ist nur bei erwiesener Ursacheindiziert; Dopaminagonisten sind dieMedikamente der Wahl.

    Infektise MammaerkrankungenIn dieser Kategorie ist die benigne Lym-phogranulomatose als Folge einesZeckenbisses zu erwhnen, welche imBereich der Mamille und Areola beob-achtet wurde; therapeutisch werdenErythromycin oder Ampicillin eingesetzt.Die Entzndung der Montgomery-Dr-sen kommt selten vor (v.a. wenn diese hy-perplastisch sind). Die Exzision im Inter-vall wird selten notwendig. Eine nonpuerperale Mastitis wird bei ju-gendlichen Mdchen, welche rauchen,viel Kaffee trinken oder Psychopharmakaeinnehmen, beobachtet. Clindamycinund Prolaktinhemmer werden bei schwe-ren Symptomen eingesetzt.

    In letzter Zeit wurden gehuft Infektio-nen nach Ttowierungen und Piercingsin der Praxis gesehen. Zu beachten:Hautvernderungen bleiben auch nachEntfernung von Ttowierungen und Pier-cings immer vorhanden. Dies sollte denPatientinnen auch mitgeteilt werden.

    Benigne MammatumorenDas Fibroadenom, welches ein Drittelder Mammatumoren im Kindesalter aus-macht, kann zum Riesenfibroadenomheranwachsen. Mittels Mammasonogra-fie ist es leicht zu erkennen. Zysten impo-nieren im Ultraschall als hypoechogene,

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    GYNKOLOGIE 6/2005 11

    Abbildung 3: Die Tanner-Stadien

    Tabelle 1:Erkrankungen der Brust imAdoleszentenalter Infektise Mammaerkrankungen Mastodynie Galaktorrh Benigne Mammatumoren Traumatische Vernderungen

  • scharf begrenzte Zonen. Nur aus psycho-logischen Grnden ist eine Verlaufskon-trolle angezeigt.Zu den Vernderungen, welche einer Ex-zision bedrfen, gehrt das Cystosar-coma phylloides. Denn: Es kann sehrgross werden und maligne entarten.Auch das intramammre Hmangiom,welches nur schwer vom malignen H-mangioperizytom zu unterscheiden ist,muss entfernt werden.Posttraumatisch knnen Hmatome nachStrzen mit dem Snowboard oder denInlineskates entstehen. Diese werdenkonservativ behandelt. Den Mdchenwird auch das Tragen eines schtzendenBstenhalters empfohlen.Eine histologische Abklrung ist nurntig, wenn durch nicht zu invasive Mass-nahmen keine Klrung der Brustauffllig-keit mglich ist.

    Maligne MammatumorenDiese Tumoren sind bei Brustbefundenim Jugendalter die Ausnahme. Erwhntwird das maligne Cystosarcoma phylloi-des sowie myeloische und leukmischeInfiltrate. Zu beachten ist, dass ein Mammakarzi-nom bei erblicher Belastung (Mutter undVerwandte ersten Grades betroffen) infrhem Alter auftreten kann. Durch diebeobachtete Verschiebung des Erkran-kungsalters bei Brustkrebs um etwa zehnJahre nach vorn von Generation zu Ge-neration wird das Karzinom auch bei jun-gen Frauen immer hufiger beobachtet.

    Dies ist von hchster Wichtigkeit undmuss bei der Beratung, Prvention undKrebsfrherkennung beachtet werden.Sarkome sind selten bei adoleszentenMdchen; das Hmangioperizytom istaber auch schon bei 14-Jhrigen beob-achtet worden.

    Fehlbildungen der BrustAmastie/AthelieEs handelt sich dabei um das Fehlen vonBrustdrsengewebe und/oder der Brust-warze. Wegen der familiren Hufungdieses klinischen Bildes wird die Verer-bung eines autosomal dominanten odergeschlechtsgebundenen Gens vermutet. Zum Ausschluss eines so genanntenmammorenalen Syndroms bei dieser kli-nischen Aufflligkeit ist die Suche einerNierenfehlbildung obligat. Eine Unter-funktion der Schweissdrsen, Zahnanla-gedefekte und Handskelettmissbildun-gen knnen assoziiert sein. Das Poland-Syndrom ist als Sonderform

    zu erwhnen und zeigt sich als unilateraleDysgenesie der Brustanlage und Aplasiedes sternalen M.-pectoralis-Kopfes; diesals Folge einer Hypoplasie der A. subcla-via und ihrer ste.

    Polymastie/PolythelieBei diesem Syndrom (vgl. Abbildung 4)sind berzhlige Brustwarzen und -dr-sen bereits bei der Geburt sichtbar, dieMilchdrsen erscheinen erst whrendder Schwangerschaft oder Stillzeit. Eshandelt sich um eine Folge der inkom-pletten Rckbildung der Milchleiste.berzhlige Brustwarzen sind in der Re-gel nicht mit Nierenfehlbildungen verge-sellschaftet, die Suche danach ist jedochobligat. Operative Korrekturen solltenerst nach Abschluss der Krperentwick-lung erfolgen.

    MammahypoplasieBei der Mikromastie handelt es sich umeine subjektiv unzureichend empfun-dene Brustgrsse, welche meist konstitu-tionell bedingt ist. Das Mdchen orien-tiert sich an Idealvolumina und -formen.Von einer echten Mammahypoplasiekann nur die Rede sein, wenn eine funk-tionelle Insuffizienz, also eine Hypolaktiewhrend der Stillzeit, vorliegt.tiologisch kommt eine verminderte An-sprechbarkeit des Brustdrsengewebesauf strogen oder Prolaktin in Frage. Beiregelmssigen Menses ist eine endo-krine Diagnostik nicht primr indiziert.Andernfalls ist eine primre oder sekun-dre Ovarialinsuffizienz auszuschliessen,und es ist nach einer Bestrahlung imThoraxbereich im Kindesalter zu fragen.Leidet die Patientin stark unter ihremkrperlichen Erscheinungsbild, ist eineintensive psychologische Betreuung not-wendig. Externe Prothesen sind in Erw-

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    Tabelle 2:Benigne und (sehr seltene) maligne Mammatumoren imAdoleszentenalterBenigne Mammatumoren Maligne Mammatumoren juveniles Fibroadenom malignes Cystosarcoma phylloides Zysten leukmisches Infiltrat Cystosarcoma phylloides myeloisches Infiltrat intramammres Hmangiom Mammakarzinom traumatische Vernderungen Sarkome fibrozystische Mastopathie

    Abbildung 4: Polymastie

    Fotos: Navratil

  • gung zu ziehen. Bis zum Abschluss derpsychischen und krperlichen Entwick-lung soll keine operative Korrektur vor-genommen werden. Die Entscheidunghierfr muss unabhngig von Drittperso-nen gefllt werden knnen.

    Juvenile MakromastieDie Makromastie (oder Gigantomastieim Extremfall) beschreibt die Grssenzu-nahme einer oder beider Brste ber einaltersentsprechendes oder familienbe-zogenes Mass hinaus (vgl. Abbildung 5).Sie ist Folge einer progredienten Grs-senzunahme der Brust, wobei der Durch-messer der Brust deutlich grsser wirdals der Ansatz derselben am Thorax. Es

    knnen in einzelnen Fllen trophischeStrungen der Haut auftreten. Die Ma-kromastie geht einher mit einer Ptoseund einer verstrichenen Mamille. Or-thopdische Beschwerden, Strungendes Halteapparates und Rckenschmer-zen im Bereich der BWS sind eine Folge.Die Patientinnen stehen unter einemdeutlichen Leidensdruck. In Kenntnis desanatomisch-pathologischen Bildes, wel-ches tubulre Proliferationen, Gangekta-sien und eine Zunahme des Bindegewe-bes zeigt, kann eine Dominanz derstrogen-Wirkung angenommen wer-den. Allerdings ist bei meist normalenHormonspiegeln von einer hormon-unabhngigen Wachstumsstrung derBrust auszugehen. Die Mutation von On-kogenen wird diskutiert. Vor allem beieinseitigem Auftreten muss differenzial-diagnostisch an ein Riesenfibroadenomoder ein Cystosarcoma phylloides ge-dacht werden. Therapeutisch zeigen Da-nazol, Tamoxifen oder Dopaminagonis-ten einen relevanten Effekt. Allerdingshalten sie nur das Wachstum auf undknnen die Grssenzunahme nicht rck-gngig machen, sodass die Mamma-reduktionsplastik nach individuellemVorgehen indiziert ist.

    Juvenile Ptosis mammaeEs handelt sich dabei um einen frhzeitigeinsetzenden lokalen Alterungsprozess,der ausschliesslich beidseitig auftritt.Eine operative Korrektur als einzige the-rapeutische Option sollte erst nach dem21. Lebensjahr erfolgen.

    MammaasymmetrieEine Ungleichheit der Brste in Grsseund Form ist whrend der Wachstumspe-riode hufig physiologisch, fr die Patien-tin jedoch sehr strend. AufklrendeGesprche sind sehr wichtig, und einabwartendes Verhalten ist angezeigt. Inausgeprgten Fllen kommen externeProthesen zum Einsatz. Bei drohendenpsychischen Strungen oder orthopdi-schen Problemen wird die Indikation zurOperation gestellt. Der Reduktion derausreichend gross entwickelten Brust soll-te immer der Vorrang gegeben werden.

    Juvenile StriaeStriae entstehen unter dem Einfluss derSexualsteroide durch Dehnen und Reis-

    sen der elastischen Fasern in der Dermis(vgl. Abbildung 6). Dies geschieht vor al-lem bei rasch wachsenden und/odersehr grossen Brsten oder auch bei ra-scher Gewichtszu- oder -abnahme. Auchkonstitutionelle Faktoren spielen eineRolle. Die betroffenen Mdchen sind oft ver-strt; durch die Aussage, dass die rotenStreifen mit der Zeit verblassen, knnensie etwas beruhigt werden. Therapeu-tisch scheinen Vitamin-A-Sure-Derivateeine gewisse Besserung zu erzielen.

    Tubulre BrustDie auch als Rsselbrust bezeichneteFehlbildung kommt selten vor, belastetaber die betroffene junge Frau sehr

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    GYNKOLOGIE 6/2005 13

    Tabelle 3:Entwicklungsstrungen undFehlbildungen der Brust Amastie/Athelie Polymastie/Polythelie Mammahypoplasie Juvenile Makromastie Juvenile Striae Tubulre Brust Mammaasymmetrie Trichterbrust Poland-Syndrom Hohlwarze (Koilomastie) Mamillenhyperplasie Hyperplasie der Montgomery-Drsen

    Abbildung 5: Juvenile Makromastie vor undnach Mammareduktionsplastik

    Fotos: Banic

    Abbildung 6: Juvenile Striae

    Foto: Navratil

    Abbildung 7: Tubulre Brust

    Fotos: Navratil

  • (vgl. Abbildung 7). Sie entsteht dadurch,dass die Brustentwicklung im Tanner-Stadium 4 stehen bleibt, in diesem Sta-dium aber extrem weiterwchst. Die bei-den unteren Quadranten fehlen entwe-der komplett oder sind unterentwickelt.Die Brustbasis ist in der Folge zu klein,die Brustwarze zu gross, was zum typi-schen Erscheinungsbild fhrt. Eine spon-tane Rckbildung darf nicht erwartetwerden, eine operative Korrektur ist inausgeprgten Fllen indiziert.

    TrichterbrustDer Vollstndigkeit halber wird die Trich-terbrust erwhnt, welche als Folge einesgestrten Rippenknorpelstoffwechselsaufgrund eines dominanten Erbgangsentsteht. In seltenen Fllen kommt es zu

    funktionellen Strungen von Herz undLunge. Fr die betroffenen Mdchen(und auch Jungen!) stellt sich vor allemein kosmetisches Problem dar.

    Weitere Vernderungen Mamillenhyperplasien, Hyperplasie derMontgomery-Drsen und Hohlwarzensind gesundheitlich harmlos. Sie sollten,sofern dies gewnscht wird, erst nachAbschluss der Familienplanung operativkorrigiert werden.

    Fazit fr die PraxisSmtliche aufgefhrten Strungen sindrelativ selten. Sie kommen aber in einerPhase der Entwicklung der jungen Frauvor, wo das weibliche Selbstverstndnisgeprgt wird. Sie haben also im konkre-

    ten Fall eine grosse Bedeutung fr dasMdchen. Psychologische Betreuungund grosszgig gestellte Indikation frHilfsmittel sind wichtig.Brustentwicklungsstrungen als Folgeendokriner Dysregulationen sind in die-sem berblicksbeitrag bewusst nichtbeschrieben, da dies den Rahmen desArtikels sprengen wrde.Die Diagnostik soll nicht invasiv sein. Derpalpable Mammatumor muss als be-nigne eingestuft werden knnen.

    Dr. med. Irne DingeldeinFMH Gynkologie und Geburtshilfe

    Oberrztin, Universitts-Frauenklinik Inselspital Bern

    Literatur bei der Verfasserin.

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    14 GYNKOLOGIE 6/2005

    P r i smaP r i sma

    AstraZeneca hat den hochbegehrten Award

    Pharmaceutical Industry Product of the

    Year fr das Medikament Anastrozol

    (Arimidex) erhalten. Durch die Verleihung

    des Preises wird der wichtige Beitrag des

    Unternehmens in der Therapie des Mamma-

    karzinoms im Frhstadium bei postmeno-

    pausalen Frauen anerkannt.

    Durch die Verleihung des Industriepreises

    2005 durch Frost & Sullivan wird der Fort-

    schritt in der Brustkrebstherapie anerkannt,

    der von AstraZeneca mit der Entwicklung von

    Anastrozol erreicht wurde. Anastrozol hat

    sich inzwischen als wirksamer als der bishe-

    rige Goldstandard Tamoxifen gegen die Aus-

    breitung und das Wiederauftreten der

    Krebserkrankung erwiesen (1). Seit seiner

    Einfhrung im Jahr 1995 hat sich Anastrozol

    zu einer Referenztherapie des frhen Mamma-

    karzinoms entwickelt, mit weniger lebens-

    bedrohlichen unerwnschten Wirkungen

    insbesondere Blutgerinnsel, Gehirnschlag

    und Gebrmutterkrebs als der bisherige

    Goldstandard Tamoxifen (1).

    Die hochangesehenen, weltweit anerkann-

    ten Awards von Frost & Sullivan sind eine be-

    gehrte Auszeichnung in einem breiten Spek-

    trum von Industriesektoren, beispielsweise in

    den Bereichen Gesundheit, pharmazeuti-

    sche Produkte und Telekommunikation. Der

    Preis fr das Produkt des Jahres wird jhrlich

    einem Unternehmen verliehen, das beson-

    ders hochwertige Leistungen bei der Ent-

    wicklung neuer Produkte und Technologien

    in seiner Branche erbracht hat.

    AstraZeneca AG

    6301 Zug

    Tel. 041-725 75 75

    Internet: www.arimidex.net

    1. ATAC Trialists Group: Results of the ATAC (Arimidex, Tamo-xifen, Alone or in Combination) trial after completion of 5 yearsadjuvant treatment for breast cancer. Lancet 2005; 365: 6062.

    Arimidex ist Pharmaceutical Industr y Product of the Year