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Internet der EnergieIKT für Energiemärkte der Zukunft

Die Energiewirtschaft auf dem Weg ins Internetzeitalter

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1BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Inhaltsverzeichnis

Executive Summary 21 Einleitung 42 Umbruch in der Energieversorgung

Zwangsläufigkeit und historische Chance 62.1 Klimawandel, Energieverbrauch und Rohstoffsituation 62.2 Aktuelles regulatorisches Umfeld 82.3 Wirtschaftlicher und technischer Änderungsdruck 102.4 Investitionsstau 112.5 Historische Chance 12

3 Vernetzte Komponenten und integrierte IKT Die Bausteine für das „Internet der Energie“ 133.1 Gebäudeautomation und Smart Homes 143.2 Zentrales und dezentrales Energie- und Netzmanagement 163.3 Smart Metering 183.4 Integrationstechnologie 203.5 Betriebswirtschaftliche Anwendungen und neue Geschäftsmodelle 223.6 Übergangsprozess zum Internet der Energie 24

4 Szenarien zum „Internet der Energie“ Entwicklungen und Möglichkeiten in einer vernetzten Energiewirtschaft 264.1 Szenario I – Elektromobilität 264.2 Szenario II – Dezentrale Energieerzeugung 264.3 Szenario III – Energiehandel und neue Dienstleistungen 27

5 Den Übergangsprozess gestalten Konkrete Handlungsempfehlungen 285.1 Standardisierung 285.2 Anreize, Regulierung und rechtlicher Rahmen 295.3 Forschungsförderung 315.4 Fördermethodik und Reorganisation 325.5 Aus- und Weiterbildung 335.6 Öffentlichkeitsarbeit 33

Anhang 34Abkürzungen 34Abbildungen 35Literaturquellen 36Forderungskatalog 39Impressum 40

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2 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Drei maßgebliche Einflussfaktoren wirken derzeit auf dieEnergiewirtschaft ein und erfordern den Umbau in einintelligentes und effizientes Versorgungssystem, das deut-lich stärker als bisher durch Informations- und Kommuni-kationstechnologien (IKT) vernetzt sein muss.

Der erste Faktor ist die verschärfte Knappheitssituation:Die Vorräte fossiler Energierohstoffe sind endlich underleben deswegen schon heute starke Preissteigerungen;auch die Kapazität, bis zu der die Atmosphäre CO2 auf-nehmen kann, ohne dass ein Klimadesaster droht, ist aus-gereizt und begründet erhebliche Anstrengungen in einenaktiven Klimaschutz. Um diesen drohenden Grenzen desEnergiesystems einerseits sowie dem gleichzeitig weltweitsteigenden Energiebedarf andererseits zu begegnen, isteine erheblich verbesserte Effizienz bei der Energie-nutzung dringend erforderlich.

Zweitens stellt das veränderte regulatorische Umfelderhöhte Anforderungen an die datentechnische Ver-netzung des Energiesystems. Durch die Entkopplung vonStromerzeugung, -übertragung und -verteilung müssenunterschiedliche Akteure entlang der Wertschöpfungsketteüber gemeinsame Schnittstellen miteinander kommuni-zieren und interagieren. Neue Vorschriften zur Standardi-sierung, zum Messwesen und zur Verbrauchstransparenzerzeugen zudem große Datenmengen, die in intelligentenautomatisierten Prozessen verarbeitet werden müssen.

Als dritter Faktor schließlich bewirken technische Ent-wicklungen und steigende Energiepreise, dass in Zukunftvermehrt Strom aus erneuerbaren Energiequellen sowohlauf Basis einer verstärkt dezentralen als auch aus einerweiterhin vorhandenen zentralen Versorgungsstruktur indas Stromnetz integriert werden müssen. Dies erfordert einwesentlich höheres Maß an Flexibilität im Bereich derSpannungshaltung und der effizienten Lastflusssteuerungals im derzeitigen System vorgesehen ist.

Diese drei treibenden Faktoren wirken zu einer Zeit, inder ein erheblicher Investitionsbedarf in das deutsche undeuropäische Stromversorgungssystem besteht. Nahezu dieHälfte der installierten Kraftwerkskapazität in Deutschlandmuss in den kommenden Jahren ersetzt oder modernisiertwerden, der massive Ausbau der Stromnetze wird imgleichen Zeitraum ebenfalls erfolgen müssen. Parallel wirdein erheblicher Teil der privaten Haushalte renovierungs-bedürftig. Aufgrund steigender Energiepreise werden beiden hier anstehenden Instandsetzungsarbeiten zunehmendneue Energiespartechnologien und kommunikativeEndgeräte eingesetzt.

Executive Summary

Angesichts dieses Investitionspotenzials besteht die ein-malige Chance, einen Übergang des derzeitigen Energie-systems hin zu einem Internet der Energie zu fördern, indem durch die intelligente Koordination zwischenErzeugung und Verbrauch höchstmögliche Effizienzge-winne bei der Nutzung knapper Energieressourcenerreicht werden können. Die notwendigen Technologienfür die intelligente und effiziente Erneuerung desEnergiesystems sind heute weitestgehend vorhanden. Die Kombination und Integration der verfügbaren Systemeist jedoch noch weit hinter den Möglichkeiten zurückge-blieben. Es bedarf demnach vor allem einer Weichen-stellung bei den beteiligten Industrien und der Politik, diesich auf Handlungsmaßnahmen und auch auf technischeStandards einigen müssen, um den anstehendenVeränderungsprozess aktiv und zielgerichtet zu gestalten.

Der Informations- und Kommunikationstechnologiekommt bei der Entwicklung einer zukunftsfähigenEnergieversorgung eine Schlüsselrolle zu. Sie ist die Basisfür die Realisierung eines zukünftigen Internets derEnergie, das heißt der intelligenten elektronischenVernetzung aller Komponenten des Energiesystems. Durchdiese verstärkte Vernetzung können Erzeugungsanlagen,Netzkomponenten, Verbrauchsgeräte und Nutzer desEnergiesystems untereinander Informationen austauschenund selbstständig ihre Prozesse aufeinander abstimmenund optimieren. So entwickelt sich das bisherige Energie-netz mit passiven, informationsarmen Komponenten undeiner überwiegenden Einweg-Kommunikation hin zueinem marktorientierten, dienstebasierten und dezentralorganisierten System, in dem interaktive Optimierungs-möglichkeiten und neue Energiedienstleistungengeschaffen werden können. Durch einen verstärktenEinsatz von energetisch optimierender Hausautomationund von Smart Metering haben Privatkunden, öffentlicheEinrichtungen und auch kleine und mittlere Unternehmendie Möglichkeit, ihren Energieverbrauch zu reduzierenoder zeitlich so zu verschieben, dass Lastspitzen undEngpasssituationen vermieden werden. VerbesserteEnergiemanagementsysteme auf der Übertragungs- undVerteilnetzebene ermöglichen, dass dezentrale Erzeugungund erneuerbare Energiequellen im großen Maßstaboptimal eingesetzt werden können, ohne dabei dieSystemstabilität und -qualität zu beeinträchtigen. Diegrößte Herausforderung besteht indes darin, eineIntegrationsebene zwischen betriebswirtschaftlichenAnwendungen und dem physikalischen Netz zu schaffen,welche eine Kommunikation komplexer, über heterogeneNetze und Firmengrenzen hinweg verteilter IT-Kompo-nenten ermöglicht.

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3BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Der Übergang des derzeitigen Energiesystems hin zueinem Internet der Energie lässt eine Vielzahl möglicherneuer Geschäftsmodelle entstehen. Stromnetzbetreiberkönnen sich zukünftig vermehrt zu Informationsdienst-leistern entwickeln; neue Dienstleistungen, wie beispiels-weise das Energiemanagement beim Kunden, werden ent-stehen. Neue Akteure werden in den Markt eintreten, zumBeispiel Betreiber von virtuellen Regelenergiekraftwerken.Durch eine an das Energieangebot angepasste Einbindungvon (hybriden) Elektroautos bietet sich zukünftig auch fürden Transportsektor eine neue Möglichkeit, aktiv an derOptimierung der Energienetze mitzuwirken.

Als konkrete Handlungsempfehlungen zur Erschließungdieser neuen Geschäftsfelder und zur Verwirklichung eineszukunftsfähigen intelligenten Energiesystems werden imRahmen dieses Papiers Maßnahmen auf mehreren Ebenenvorgeschlagen. Auf der technischen Ebene muss ein star-ker Fokus auf der Koordination der Standardisierung inder Informations-, Kommunikations- und Energietechnikliegen, die insbesondere eine durchgängige bidirektionaleKommunikation zwischen Stromerzeugung und End-verbrauchern unterstützt. Neben der Förderung derGrundlagenforschung und Ausbildung in den relevantentechnik- und wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen istinsbesondere auch die Förderung von Initiativen zur ange-wandten Forschung und zur Pilotierung des Internets derEnergie erforderlich, um Konzepte zu erproben undErkenntnisse aus der Forschung in den laufenden Trans-formationsprozess der Energiewirtschaft einzubringen. Um sicherzustellen, dass die innovativen Konzepte einerintelligenten und effizienten Energieversorgung auch tat-sächlich zum Einsatz kommen, müssen nachhaltigeInnovationsanreize insbesondere für Netzbetreibergeschaffen werden. In diesem Bereich muss die Regulie-rung entsprechend gestalterisch eingreifen. Schließlich isteine geeignete Öffentlichkeitsarbeit erforderlich, um allerelevanten Akteure darüber zu informieren, wie sie zurUmsetzung der Vision des Internets der Energie beitragenkönnen.

Die identifizierten Handlungsempfehlungen könnenwesentlich dazu beitragen, das heutige Energiesystem zueiner noch effizienteren, zukunftsfähigen Energie-versorgungsinfrastruktur zu entwickeln und damit dieinternationale Spitzenposition deutscher Unternehmenund Forschungseinrichtungen im Bereich intelligenter undintegrierter Energietechnologien zu stärken und auszu-bauen.

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4 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Die langfristige Sicherung unserer Energieversorgung unddie Verminderung von Treibhausgasemissionen sind zuSchlüsselfragen unserer Zeit geworden. Zeugnisse dafürsind die seit der Veröffentlichung des letzten UNOWeltklimareports über alle gesellschaftlichen Schichtenhinweg geführten Diskussionen um Energieeffizienz,Nachhaltigkeit und Klimawandel sowie die daraufhinbeschlossenen Maßnahmenpakete.

Handlungsdruck besteht, neben der Klimaproblematik,vor allem durch die stark volatilen Rohstoffpreise sowiedie begrenzten fossilen Brennstoffe. Mit Blick auf Deutsch-land sind insbesondere die unter deutscher Führung imApril 2007 verabschiedeten 20/20/20-Energiezielvorgabender EU (Hope and Stevenson 2008) sowie das imDezember 2007 beschlossene 14-Punkte-Energie- undKlimaprogramm der Bundesregierung von Bedeutung.

Doch die von Politik und Wirtschaft bislang ergriffenenMaßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs sind beiweitem nicht ausreichend. Ein Rückgang der Nachfragenach fossilen Energieträgern ist nicht absehbar, währenddie Knappheit dieser Ressourcen zunimmt. Zur Veran-schaulichung: 2005 wurden weltweit ca.18.235 TWhStrom verbraucht. Bis 2050 wird sich dieser Bedarf nachunterschiedlichen Schätzungen verdoppeln (The Econo-mist 2008) bis vervierfachen (EU 2007). Legt man dieheute übliche Leistung eines Kraftwerksblocks vonca. 850 MW zugrunde, so würde dies in einer einfachenÜberschlagsrechnung bis zum Jahr 2050 weltweit denZubau von ca. 3.500 weiteren Kraftwerksblöcken dergleichen Größenklasse bedeuten. Zusätzlich wird nochneue Kraftwerksleistung benötigt, um die Blöcke zuersetzen, die während der gleichen Zeitspanne das Endeihrer technischen Lebensdauer erreichen.

1 Einleitung

Diese Zahlen verdeutlichen, dass effizientere Erzeugungs-technologien benötigt werden und neue, alternativeFormen der Strom- und Wärmeerzeugung schnell zurMarktreife gelangen müssen. Dazu ist künftig aber auchnoch wesentlich sparsamer und intelligenter mit der zurVerfügung stehenden Energie umzugehen, denn letztend-lich ist Energieeinsparung die größte verfügbare Energie-quelle.

In Deutschland ergibt sich aktuell eine historisch einma-lige Chance, auf diese großen Herausforderungen schnellund umfassend zu reagieren. Große Teile der heutigenEnergieinfrastruktur müssen bald durch neue Erzeugungs-,Transport- und Verbraucherkomponenten ersetzt werden.Innerhalb der nächsten zehn Jahre werden Kraftwerke inder Größenordnung von knapp 50 Prozent der inDeutschland installierten Leistung das Ende ihrer techni-schen Lebensdauer erreichen. Im gleichen Zeitraumstehen in knapp einem Drittel der deutschen Haushalteumfassende Renovierungen an (StatBA 2006).

Eine wesentliche Herausforderung an die Energietrans-portnetze der Zukunft stellt die Einbindung der volatilenerneuerbaren Energieerzeugung dar. Hinzu kommt, dassebenfalls in den nächsten Jahren die bisherige Infrastrukturfür Strom-, Gas- und Wasserzähler fast vollständig durcheine neue Zählergeneration ersetzt werden muss. Um denzukünftigen gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungeneiner monatlichen Energieabrechnung für Privathaushaltemit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nachkommen zukönnen, müssen die mechanischen Zähler durch fernaus-lesbare Systeme ersetzt werden.

Dieses Investitionspotenzial gilt es möglichst optimal zunutzen und hierfür ein einheitliches, sowohl politisch alsauch technisch und wirtschaftlich abgestimmtes Gesamt-konzept zu entwickeln und umzusetzen. Ein zukunfts-fähiges Energiesystem ist zum einen Bedingung für einenflorierenden Wirtschaftsstandort Deutschland, zum ande-ren gilt es, die Spitzenposition deutscher Unternehmenund Forschungseinrichtungen im Bereich intelligenterEnergietechnologien zu sichern und auszubauen.

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BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie 5

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für ein zukunftsfähigesEnergiesystem wird die einheitliche Informations- undKommunikationsinfrastruktur nach Vorbild und auf Basisdes Internets sein. Es erlaubt einen einfachen, standardi-sierten, kostengünstigen und zeitnahen Zugang zuEnergieinformationen. Denn sowohl zentrale als auchdezentrale Energieerzeuger benötigen jederzeit aktuelleund präzise Informationen über die zu erwartendenEnergieverbräuche, um eine optimale Betriebsführunggewährleisten können. Aber auch Verbraucher profitierenvon einer solchen Infrastruktur. Denn diese ist Voraus-setzung für die Entwicklung intelligenter Endgeräte-technologien, die es Kunden ermöglicht, ihre tatsächlichenEnergieverbräuche in Echtzeit zu beobachten und ihreGeräte verbrauchs- beziehungsweise kostenminimierendzu betreiben. Erst die Kombination von intelligentenVerbrauchern, Erzeugern und Intermediären in einemInternet der Energie wird einen maximalen Effizienz-gewinn im zukünftigen Umgang mit Energie bei gleich-zeitiger Beachtung der Klimaziele ermöglichen.

Der Arbeitskreis BDI initiativ IKT für Energiemärkte derZukunft hat es sich zum Ziel gesetzt, in enger Koopera-tion zwischen Wirtschaft und Wissenschaft Szenarien fürDeutschland zu entwickeln, die den Übergang von unsererheutigen Energielandschaft hin zu einem Internet derEnergie beschreiben. Ferner werden konkrete Handlungs-empfehlungen sowohl für die politische als auch die wirt-schaftliche Führung Deutschlands abgeleitet, die einenschnellen gesellschaftlich, ökonomisch und ökologischsinnvollen sowie technologisch machbaren Wandel herbei-führen können.

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6 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

2 Umbruch in der Energieversorgung Zwangsläufigkeit und historische Chance

Klimawandel, Rohstoffverfügbarkeit, Importabhängigkeit, Änderungen desregulatorischen Umfelds, wirtschaftlicher und technischer Änderungsdruckund Investitionsstau sind Faktoren, die unsere Energielandschaft maßgeb-lich beeinflussen und verändern werden. Die Kombination dieser Faktorenbietet jedoch auch eine historisch einmalige Chance zur schnellenUmsetzung weitreichender Maßnahmenpakete.

2.1 Klimawandel, Energieverbrauch und RohstoffsituationDie Probleme und Herausforderungen der langfristigenEnergieversorgung gehören zu den dringlichsten und ammeisten diskutierten unserer Zeit. Der IEA World EnergyOutlook (IEA 2008) und der aktuelle Klimareport desIPCC (IPCC 2007) machen die gewaltigen Heraus-forderungen für die zukünftige weltweite Energie- undKlimapolitik deutlich. Die Weltbevölkerung wird absehbarbis zum Jahr 2030 um 30 Prozent auf über acht MilliardenMenschen anwachsen. Geht man von plausiblenAnnahmen über die Entwicklung und die Struktur derglobalen Ökonomie aus, so wird der Primärenergie-verbrauch weltweit bis zum Jahr 2030 um über 50 Prozentzunehmen, während sich der weltweite Stromverbrauchnach Schätzungen der EU bis zum Jahr 2050 sogar vervier-fachen könnte (EU 2007). Der CO2-Gehalt in derAtmosphäre ist seit dem Beginn der industriellen Revolu-tion um fast 40 Prozent angestiegen, eine Temperaturer-höhung von 3-6° C bis zum Jahr 2100 gilt als wahrschein-lich (Cox, Betts et al. 2000). Sollen noch stärkereKlimaveränderungen verhindert werden, so ist der durchden Menschen verursachte CO2-Ausstoß möglichst schnellund umfassend einzuschränken.

Eine Möglichkeit zur Verringerung der CO2-Emissionen istdie Einführung geeigneter Sequestrierungsverfahren(Carbon Capture and Storage – CCS). Bei fossil befeuertenKraftwerken und in Industrieprozessen wird unter Einsatzdieser Technologie das CO2 aus dem Volumenstrom abge-schieden und in geeigneten Lagerstätten langfristig gespei-chert. Derzeit wird die CCS-Technologie mit erforderlicherInfrastruktur noch erprobt, einzelne Pilotanlagen undgeologische Testfelder für CO2-Speicher liegen vor. DieEU-Technologie-Plattform für CCS bereitet mit ca. 10-12Groß-Demonstrationsanlagen den Weg zur Kommerziali-sierung ab ca. 2020 vor. Die derzeit laufenden Forschungs-vorhaben zielen vor allem darauf ab, den durch dieAbscheidung und Verpressung entstehenden Effizienz-verlust zu minimieren. Gleichzeitig sind Fragen hinsicht-lich einer dauerhaften Verbringung von CO2 im großenMaßstab sowie des Transports noch nicht abschließend

geklärt (Martinsen, Linssen et al. 2006; Schlissel, Johnstonet al. 2008). Angesichts des bis 2021 abgeschlossenenAtomausstiegs in Deutschland ergibt sich eine Versor-gungslücke bei grundlastfähigen Kraftwerkskapazitäten,die demnach durch die CCS-Technologie noch nicht zuschließen sein wird.

Um dennoch die deutschen und europäischen Klimazieleeinhalten zu können, sollte das Hauptaugenmerk daherauf die Verringerung des Energieverbrauchs und dieErhöhung der Energieeffizienz gerichtet werden. Fürprivate Haushalte ergibt sich laut BMWi (2006) allein ausder zeitnahen Anzeige des Stromverbrauchs ein Einspar-potenzial von ca. 9,5 TWh pro Jahr. Im Energieeffizienz-Aktionsplan schätzt die Europäische Kommission dieeuropaweiten Energieeinsparpotenziale in Industrie,Handel und Gewerbe auf 20 Prozent, in privatenHaushalten und im Verkehr sogar noch deutlich höherein. Abbildung 1 zeigt eine Potenzialabschätzung derGlobal-e-Sustainability-Initiative, nach der allein durchden Einsatz von IKT im Bereich von Smart Grids undSmart Buildings bis zum Jahr 2020 weltweit jährlich bis zu3,71 Mrd. t CO2 oder knapp 15 Prozent der Gesamt-emissionen eingespart werden können.1

Aber nicht nur die Emission von CO2 aus der Verbren-nung fossiler Rohstoffe, sondern auch die künftige Roh-stoffverfügbarkeit und die Entwicklung der Rohstoffpreisesind Treiber der Veränderung. In den letzten Jahren warein starker Anstieg der Rohölpreise zu beobachten. Dieserist einerseits auf den hohen Verbrauch und weiterhin stei-genden Bedarf (insbesondere in Asien), andererseits aberauch auf fehlende Kapazitätsreserven, den schwachen US-Dollar, knappe Fördermengen (z. B. Lieferunterbrechungin Nigeria, Venezuela, Norwegen, Irak und Texas) sowieSpekulationen auf den Rohstoffmärkten zurückzuführen(IEA 2008).

1 Dem gegenüber stehen 830 Mio. Tonnen CO2, die durch den Betrieb vonIKT im Jahr 2007 emittiert wurden. Dies entspricht ca. 2 Prozent der 2007emittierten CO2-Gesamtmenge.

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7BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Smart Buildings: 1,68

Quelle: The Climate Group (2008)

Smart Logistics: 1,52

Smart Motors &Industrieprozesse: 0,97

Smart Grid: 2,03

Andere: 0,66

Videokonferenzen: 0,14Teleworking: 0,22Transportoptimierung: 0,6

Gesamt:7,8 Mrd. t

Abbildung 1: Jährliches weltweites CO2-Einsparpotenzial durch Einsatz von IKT (in Mrd. Tonnen)

Aktuelle sowie in den nächsten Jahren geplante Projektezur Erschließung zusätzlicher Ölvorkommen und zurAusweitung der Förderkapazität sind auf Grund politi-scher Rahmenbedingungen und mangelnder Investitionenvoraussichtlich nicht ausreichend, um den erwartetenNachfragezuwachs von ca. 1 Prozent pro Jahr zu decken(Jesse and van der Linde 2008; Stevens 2008). EinErreichen der maximalen Erdölförderung (Peak Oil) inden nächsten Jahren ist daher unausweichlich. Zudembirgt „die Konzentration der konventionellen Erdöl-reserven und auch der Erdgasreserven innerhalb dersogenannten ,Strategischen Ellipse’, die sich vom NahenOsten über den Kaspischen Raum bis in den HohenNorden Russlands erstreckt, […] politischesKonfliktpotenzial“ (BGR 2008).

Insgesamt ist davon auszugehen, dass auch in den kom-menden Jahrzehnten fossile Rohstoffe in ausreichendemMaße zur Verfügung stehen werden, um die weltweitweiter steigende Nachfrage zu decken. Allerdings werdendie Kosten für Erschließung, Transport und Umwandlungdieser Reserven und Ressourcen und damit letztlich auchdie Endenergiepreise steigen. Dieser Trend wird dieErforschung und Entwicklung alternativer Methoden zurStrom- und Wärmeerzeugung sowie zur effizientenKoordination von Erzeugern und Verbrauchern nochwichtiger und auch wirtschaftlich lukrativer werden lassenals bisher. Abbildung 2 stellt diese Entwicklungen im zeit-lichen Verlauf dar.

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

20150,5 Mio. Electric

Vehicles (EV)

22.09.2008Historisch höchster

Preissprung:25 USD/Barrelan einem Tag

2012Photovoltaik

wird wirtschaftlich(Grid-Parität)

2015KWK im

Gebäudeee2.500 MWinstallierteLeistung

2015Windenergie:25.000 MW

installierte Leistung

201450% Abdeckungmit Smart Meter

2015DeutscheSteinkohlewird wieder

wettbewerbsfähig

September 2008CO2-Ausstoßsteigt vier Mal

schneller als vor 2000

20150,5 Mio. plug-inHybrid Electric

Vehicles (PHEV)

Juli 2008HistorischerErdölpreis

Höchststand:148 USD/Barrel 2020

1 Mio. PHEV/PEV

2020Biogas, Biomasse im Gebäude:6.000 MWel installierte Leistung

Photovoltaik im Gebäude:17.000 MWp installierte Leistung

2020mehr als 25%

dezentralerzeugteEnergie

2050Verdopplung bis

Vervierfachung desWelt-Strombedarfs

2030Verdopplung der Nachfrage nach

Erdgas

Legende: erwarteter Eintritt sicherer Zeitpunkt

Abbildung 2: Prognosen und Trends – Verfügbarkeit fossiler und erneuerbarer Energieträger

Quelle: BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft (2008)

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8 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Zähl- und Messwesens im Strom- und Gaswesen für denWettbewerb. Mit dem Inkrafttreten der Änderung zum9. September 2008 ist nun neben dem Messstellenbetriebauch die Messung selbst liberalisiert worden. Darüberhinaus sind alle Messstellenbetreiber verpflichtet, ab dem1. Januar 2010 Messeinrichtungen in Neubauten undgrundrenovierten Altbauten zu installieren, die dentatsächlichen Energieverbrauch und die tatsächlicheNutzungszeit widerspiegeln (Bundestag 2008). Zusätzlichmüssen auf Kundenwunsch auch bestehende Messein-richtungen entsprechend umgerüstet werden.

Weiterhin wird Endkunden das Recht eingeräumt, aufeigenen Wunsch von seinem Lieferanten eine monatliche,vierteljährliche oder halbjährliche Stromabrechnung zuerhalten (§ 40 EnWG). Durch die höhere Verbrauchs-transparenz soll ein gesteigertes Energiebewusstsein undletztlich ein sparsamerer Energieverbrauch bei Endkundenerzielt werden. Parallel dazu werden Energieversorgungs-unternehmen verpflichtet, bis spätestens zum30. Dezember 2010 Elektrizitätstarife anzubieten, dieeinen Anreiz zum Energiesparen oder zur Steuerung desEnergieverbrauchs setzen (EU 2006; Bundesrat 2007).

Mit der Liberalisierung des Zähl- und Messwesenserhalten Kunden die Möglichkeit, neben dem Energie-

Abbildung 3: Regulatorisches und politisches Umfeld – Regulierungsmaßnahmen im Energiesektor

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2009 2010 2011

2010Einbau von

Smart Meters aufVerbraucherwunsch

2020Kohle-Ausstieg

2008UnterjährigeVerbrauchs-abrechnung

muß angebotenwerden (EnWG §40)

2008Direktvermarktungvon Windenergie

2021Atom-Ausstieg

2007Beschluß

Kohle-Ausstiegbis 2020

April 200720/20/20-

Energieziel-vorgaben der EU

2005Liberalisierungim Zählwesen(EnWG, §21b)

2007Energiebetriebene

ProdukteGesetz (EBPG)

2008Öko-Design-

Richtlinie

2007Anreizregulierungs-verordnung (ARegV)

2000Beschluß zumAtom-Ausstieg

2021

2000Gesetz für

den Vorrangerneuerbarer

Energien (EEG)

2002Energie-Einspar-

Verordnung(EnEV)

2004Treibhausgas-

Emissions-zertifikate-Handels-

gesetz (TEHG)

2006Regeln und Standards

zur Abwicklung derMarktkommunikations-

prozesse (BNetzA)

20041. Novelle

ErneuerbareEnergien

Gesetz (EEG)

2003Treibhausgas-

Emissionszertifikate-Handel (2003/87/EG)

2002KWK-Gesetz

September 2008Liberalisierung

Messwesen(MessZV, GeLi Gas,

GaBi Gas)

1. Jan. 2010Einsatz von

Smart Metersin Neubauten verpflichtend

(Richtlinie2002/91/EG)

30. Dez. 2010Einführung last-und zeitvariablerTarife (Anreiz zur

Energieeinsparung)

2008NovellierungKWK Gesetz

Legende: erwartetes Ende sicherer Zeitpunkt

Quelle: BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft (2008)

2.2 Aktuelles regulatorisches UmfeldDie weitere Ausgestaltung der europäischen und nationa-len Energieversorgung wird maßgeblich durch das regula-torische Umfeld bestimmt. Beispielsweise beruht dieLiberalisierung der Strom- und Gaswirtschaft auf EU-Richtlinien zum Elektrizitäts- und Gasbinnenmarkt.Ihre Umsetzung war und ist mit tiefgreifenden strukturel-len, organisatorischen und vertraglichen Veränderungenverbunden und erfordert die Entflechtung der Geschäfts-bereiche entlang der Wertschöpfungskette. Infolgedessenwurden und werden neue Marktregeln in Form vonGesetzen, Richtlinien und Verordnungen erlassen, um einZusammenspiel von neuen und etablierten Marktakteurenzu gewährleisten. Abbildung 3 stellt den zeitlichen Verlaufdieser Regulierungsmaßnahmen dar. Diese Grafik zeigtauch, dass der Liberalisierungsprozess keineswegs abge-schlossen ist, sondern stetig weiter vorangetrieben wird.

Zur Etablierung neuer Zählertechnologien verabschiedetedie Bundesregierung bereits im Juli 2005 eine Änderungdes Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). § 21b beschreibtdie Liberalisierung des Zählwesens mit Einbau, Betriebund Wartung von Messeinrichtungen für die leitungs-gebundene Elektrizitäts- und Gasversorgung. Ergänzenddazu beschloss der Bundesrat im Juli 2008 mit einerNovellierung des EnWG die vollständige Öffnung des

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9BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

lieferanten auch den Messstellenbetreiber und Messdienst-leister frei zu wählen. Durch diese Entflechtung entstehtallerdings ein sehr komplexes Marktgefüge, das inAbbildung 4 dargestellt wird. Um ein reibungsloses Zu-sammenspiel von neuen und etablierten Marktakteuren ineinem solchen liberalisierten Energie-, Zähl- und Mess-markt zu ermöglichen, muss eine automatisierte Bearbei-tung der zu unterstützenden Geschäfts- und IKT-Prozessegewährleistet sein. Hierzu sind eindeutige Definitionen dertechnischen Mindeststandards, Kommunikationsprozesseund Datenformate notwendig, die bisher nur in Teil-bereichen existieren.

Beispielsweise stellten in der Vergangenheit der manuelleBearbeitungsaufwand von Kundenwechselprozessen unddas Fehlen verbindlicher Vorgaben für die Prozessab-wicklung eine erhebliche Eintrittsbarriere für neue Markt-teilnehmer dar. Diesem Problem versuchte die Bundes-netzagentur durch die Vorgabe einheitlicher Regeln undStandards zur Abwicklung der Marktkommunikations-prozesse (BNetzA 2006) zu begegnen. Auf dieser Basiswird heute die Kommunikation zwischen den an einem

Kundenwechselprozess beteiligten Lieferanten undNetzbetreibern geregelt.

Das Ziel einer vollautomatisierten Kommunikationzwischen den Marktpartnern im Rahmen der Kunden-wechsel- und Netznutzungsmanagementprozesse sowie imZähl- und Messwesen ist jedoch noch nicht erreicht.Definitionslücken und eine unvollständige Standardisie-rung der Prozessketten verursachen weiterhin hoheKosten bei allen Marktteilnehmern, die hauptsächlichdurch manuellen Nachbearbeitungsaufwand und zusätz-liche Abstimmungskommunikation entstehen. EineSenkung dieser Kosten kann nur erfolgen, wenn neben derautomatisierten Marktkommunikation mittelfristig aucheine automatisierte Abwicklung der Prozesse in den Kern-applikationen erfolgt. Dazu zählt insbesondere der Prozessder elektronischen Rechnungslegung.

Abbildung 4: Vielfalt der Akteure und vertraglichen Beziehungen im liberalisierten Strom-, Zähl- und Messmarkt

Quelle: BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft (2008)

ÜNB (Regelzone) Bilanzkreiskoordinator

Erzeugung Handel (BKV)

VertriebVerteilnetzbetreiber

Anschlußnehmer(Eigentümer, Vermieter)

Anschlußnutzer(Endkunde, Mieter)

Messstellenbetreiber

Messdienstleister

Bezugsvertrag

LieferantenRahmenvertrag(Netznutzung)

Netznutzungs-vertrag

Bilanzkreis-vertrag

Zuordnungs-ermächtigung

Rahmenvertrag

Netzanschluß-vertrag

Mietvertrag

Stromliefervertrag

b) Anschhlußnutzungsvertrag

MSB-MDL Vertrag

Messdienstleistungsvertrag

Messstellen-Rahmenvertrag

Messrahmenvertrag

Mes

sste

llenv

ertr

ag

a) A

nsch

hluß

-nu

tzun

gs-

vert

rag

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10 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Umstrukturierungsmaßnahmen und neue Betriebs-führungskonzepte unerlässlich sein werden (dena 2005).Bedenkt man zudem, dass durchschnittlich zwölf Jahrevergehen, bevor eine neue Hochspannungstrasse geplant,genehmigt und realisiert ist, so wird akuter Handlungs-bedarf offensichtlich.

Auch in den untergelagerten Spannungsebenen verändernsich die Anforderungen. Mittel- und Niederspannungs-netze, in denen bisher weitgehend auf Netzautomatisierungverzichtet wurde, sind den Anforderungen einer verstärk-ten Integration dezentraler Erzeugungsanlagen nichtgewachsen. Die weiter steigende Stromnachfrage wirddarüber hinaus auch die gut ausgebauten Verteilnetze andie Grenze der Belastbarkeit bringen. Zwar sind die Netzeheute im zeitlichen Mittel noch aufnahmefähig, aber dietageszeitabhängigen Spitzenlasten bereiten nicht nur denStromerzeugungsunternehmen zunehmend Probleme. EineGlättung des Tageslastgangs kann dazu beitragen, teureund nur für wenige Stunden am Tag benötigte Investi-tionen zu vermeiden. Daher sind künftig verstärkt Maß-nahmen umzusetzen, die eine Verschiebung der Nachfragenach Kriterien des wirtschaftlichen Netzbetriebs ermög-lichen. Ein effizientes Lastmanagement des Stromnetzesmuss daher künftig auch die Anforderungen der Verteil-netze berücksichtigen und alle Teilnehmer bis hin zuPrivatkunden mit einbeziehen.

Gleiches gilt für die dezentrale Erzeugung. Heute sind die Verteilnetze im Mittel- und Niederspannungsbereichmeist noch in der Lage, dezentral erzeugten Strom ohneQualitätsprobleme aufzunehmen. Der bisherige starkeAnstieg dezentraler Energieeinspeisung wurde dabeimassiv durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG)gefördert. Bei weiterem Wachstum müssen die Netzbe-treiber künftig aber hohe Investitionen zur Sicherstellungder Versorgungszuverlässigkeit und der Stromqualitättätigen. Verteilnetze werden in einigen Jahren nicht mehrzu jeder beliebigen Zeit jeden produzierten Strom aus denfluktuierenden Energiequellen Sonne und Wind aufneh-men können.

Zusätzlich erhöht sich die Komplexität noch, wenn ingroßem Umfang heutige Heizungen durch Geräte ersetztwerden, die neben Wärme auch Strom erzeugen. Es sindbereits kleine Blockheizkraftwerke (BHKW, µ-KWK) amMarkt verfügbar, die mit unterschiedlichen Techniken wieGasdieselmotor, Stirlingmotor oder Brennstoffzelle arbei-ten. Die gleichzeitige Nutzung der Primärenergie für Heiz-zwecke und Stromerzeugung macht solche BHKWs unterdem Gesichtspunkt der Energieeinsparung besondersinteressant, weshalb ihr Einsatz weiter ausgebaut werden

2.3 Wirtschaftlicher und technischer ÄnderungsdruckDie „traditionelle“ integrierte Planung von Stromerzeugungund -übertragung ist durch die Liberalisierung und diedadurch festgeschriebene Entflechtung von Stromer-zeugungs- und Stromverteilungsstruktur obsolet. Es wer-den zunehmend neue Anbieter mit eigenen Erzeugungs-kapazitäten im Markt tätig, so dass die Konkurrenzzunimmt. Da neue Kraftwerke aber – soweit absehbar –nicht alle an denselben Standorten gebaut werden, andenen bisher bereits Kraftwerke standen, ändert sich dieTopologie des Stromnetzes. Zusätzlich schätzt der BDEW,dass bis zum Jahr 2020 kleinere dezentrale Anlagen undKraftwerke auf Basis erneuerbarer Energien (unterhalb20 MW) mit einer Gesamtleistung von 12.000 MW inBetrieb gehen werden. Rund die Hälfte der großenKraftwerksprojekte – also Erzeugungskapazitäten vonetwa 15.000 MW – werden dabei von Marktteilnehmerngeplant, die derzeit nicht oder nur geringfügig in derStromproduktion tätig sind (z. B. Allianz 2006).

Unter grundsätzlich veränderten Rahmenbedingungen giltes also, die Funktionalität der Stromnetze aufrechtzuer-halten. Das erfordert zum Beispiel bei den Übertragungs-netzen ein weitaus höheres Maß an Flexibilität im Bereichder Spannungshaltung und der effizienten Lastfluss-steuerung als bisher üblich. Die erheblich gestiegene undweiter steigende Komplexität der teilweise gegensätzlichenAnforderungen erfordert eine vernetzte, systemweiteInnovationsbetrachtung des Stromversorgungssystems. Die notwendige Berücksichtigung der Wechselwirkungenim Systemzusammenhang macht eine abgestimmteSystemforschung und Entwicklungsarbeit erforderlich.Einzelne Komponenten allein hinsichtlich ihrer jeweiligensingulären wirtschaftlich-technischen Innovationspoten-ziale zu optimieren, ist dabei nicht mehr zielführend. Diederzeitige Marktregulierung (Anreizregulierung) imEnergiesektor in Deutschland schafft heute jedoch nochkeine ausreichenden Anreize für Innovationen, weshalbhier noch Weiterentwicklungen notwendig sind.

Einem gut ausgebauten Stromnetz kommt in einer liberali-sierten Energiewirtschaft eine Schlüsselrolle zu. Durchzunehmenden Stromhandel und den Einsatz erneuerbarerEnergien haben sich bereits heute die Anforderungen ins-besondere an die Höchstspannungsnetze erheblich verän-dert. Wurden diese früher im Wesentlichen zur Erhöhungder Systemstabilität weiträumig vermascht betrieben,dienen sie heute zunehmend für weiträumigen Leistungs-transport. Bei einem verstärkten Ausbau der Windenergieim Norden Deutschlands sowie der Errichtung konventio-neller Kraftwerke an neuen, verbrauchsfernen Standortenwird sich dieser Trend weiter verstärken, so dass erhebliche

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zum Austausch älterer Heizkessel oder die Einführung desGebäudeenergieausweises zu nennen, die entsprechendeInvestitionen in eine erhöhte Energieeffizienz auslösenwerden. Zudem werden in den nächsten Jahren ca. einDrittel aller deutschen Haushalte renovierungsbedürftig(StatBA 2006). Angesichts stark gestiegener Energiepreiseist davon auszugehen, dass bei diesen turnusmäßig anste-henden Instandsetzungsarbeiten neue Energieeinspartech-nologien sowohl auf Erzeuger- als auch auf Verbraucher-seite verwendet werden.

Im Bereich der elektrischen Energie werden zunehmendenergieintelligente Endgeräte eingesetzt werden, die bei-spielsweise automatisch auf Preissignale reagieren können.Die Einführung einer Kennzeichnungspflicht nachEnergieeffizienzklassen für langlebige Geräte allein führtenoch nicht zum kosten- und verbrauchsoptimiertenUmgang mit den Geräten. Eine deutliche Verbesserung imbewussten Umgang mit Energie ist erst dann zu erwarten,wenn alle wesentlichen elektrischen Verbrauchsstellenihre Verbrauchskurven über standardisierte Schnittstellenkommunizieren können, die dann in einer technischenZentrale beim Verbraucher aggregiert, aufbereitet undpräsentiert werden. Erst auf Basis dieser zeitnahen, geräte-genauen Verbrauchsinformationen werden für Energie-erzeuger und Verbraucher neue Steuerungsoptionengeschaffen, die letztendlich zu einer Lastgangglättung undzu einer Verbrauchs- beziehungsweise Kostenminimierungführen.

11BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

2.4 InvestitionsstauDie Energiewirtschaft Deutschlands unterlag in den letz-ten Jahren einem starken Wandel. In dieser Zeit wurde dieInvestitionstätigkeit aus verschiedenen Gründen starkreduziert. In den Unternehmen dieser Branche standen dieKonsolidierung der Finanzen sowie eine hohe Rendite fürdie Aktionäre im Vordergrund, was dazu geführt hat, dassbestehende Anlagen möglichst intensiv und lange genutztwurden. Hinzu kam, dass auch die Politik durch veränder-liche oder völlig fehlende Rahmenbedingungen kein Klimageschaffen hat, das eine Investitionstätigkeit in derEnergiewirtschaft in der erforderlichen Größenordnungunterstützt hätte. Aus diesen Gründen wurden die vorhan-denen Anlagen teilweise bis an den Rand ihrer Lebens-dauer betrieben. Daher ist in den nächsten Jahren miteinem Investitionsschub in die Versorgungsinfrastrukturenzu rechnen.

Allein in Deutschland geht man davon aus, dass bis 2020insgesamt ca. 50 GW Kraftwerksleistung – also nahezu dieHälfte des Gesamtbestandes – ersetzt werden muss.Wesentliche Treiber hierfür sind das Alter der Anlagen, dieZiele des Klimaschutzes und die Erwartungen über dieEntwicklung des Emissionshandels bei gleichzeitigemAusstieg aus der Kernenergie. Der Einsatz CO2-ärmererEnergieträger und Erzeugungstechnologien ist vor diesemHintergrund ein entscheidender Wettbewerbsfaktor(Brinker 2007).

Eine ähnliche Entwicklung ist für den Bereich der priva-ten Haushalte zu erwarten. Auch hier wurden durch einestärkere Berücksichtigung des Themas Energieeffizienz inletzter Zeit Rahmenbedingungen geschaffen, die zukünftigeine größere Investitionstätigkeit erwarten lassen. In die-sem Zusammenhang sind zum Beispiel die Verordnungen

soll (BMU 2008). Für die Verteilnetzbetreiber ergibt sichdaraus aber ein Paradigmenwechsel von der reinenStromverteilung zu einem aktiv gesteuerten Energienetz.Den damit einhergehenden Veränderungen in den elektri-schen Netzen und auch den Gasnetzen kann nur mit aktivgesteuerten, so genannten „Smart Grids“ begegnet werden.

Intelligentes Lastmanagement auf Basis preisvariablerTarife wird damit zu einer wichtigen Option, umErzeugung und Verbrauch aneinander anzupassen und sowirtschaftlicher zu gestalten. Zukünftig sollen elektrischeVerbraucher mit Hilfe von Preissignalen so gesteuertwerden, dass Lastspitzen verringert oder vermieden undverfügbare Ressourcen effizienter eingesetzt werden.

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12 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

2.5 Historische ChanceIn diesem Kapitel wurde eine Vielzahl von Faktorenbetrachtet, die eine Modernisierung der heutigen Energie-infrastruktur erfordern und beschleunigen. Klimaschutz,Luftreinhaltung und Ressourcenschonung sind dabei diewesentlichen ökologischen Treiber der Veränderung derEnergiemärkte. Die Schaffung eines europäischen Energie-binnenmarktes, die rechtliche Trennung von Stromerzeu-gung und -verteilung, steigende Rohstoff- und Energie-preise sowie neue regulatorische Anforderungen erhöhenden wirtschaftlichen Druck auf die Energieversorger.Zusammen mit einer steigenden Zahl von Mitbewerbern,zunehmend auch aus anderen Branchen, sind dies diewesentlichen wirtschaftlichen Treiber der Veränderung derEnergiemärkte. Eine wachsende Zahl dezentraler Strom-erzeuger mit volatilen Erzeugungsprofilen, großvolumigeEnergietransporte über Kuppelstellen hinweg, länderüber-greifende Verbundnetze und bidirektionale Energieflüssein Verteilnetzen sind große Herausforderungen, die austechnischer Sicht die Modernisierung der Energienetzeerforderlich machen.

In Deutschland wirken diese treibenden Faktoren zu einerZeit, in der fast 50 Prozent der Kraftwerkskapazitäten inden nächsten Jahren erneuert oder modernisiert werdenmüssen und in der rund ein Drittel der bundesdeutschenHaushalte renovierungsbedürftig ist. Dieses Zusammen-treffen eröffnet eine historische Chance zur bewusstenGestaltung dieses Veränderungsprozesses. In einem gutgeplanten Gesamtkonzept kommt der Informations- undKommunikationstechnologie dabei eine Schlüsselrolle fürdie intelligentere und energieeffizientere Energieversor-gung zu. Nur wenn alle wirtschaftlichen, regulatorischenund (IT-)technischen Neuerungen gut aufeinander abge-stimmt sind, ergeben sich maximale Synergieeffekte. Dieseeinmalige Chance sollte strategisch genutzt werden!

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13BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Viele der Bausteine für ein zukünftiges Internet der Energie sind heutebereits entwickelt und verfügbar. Doch bisher sind diese Komponentenund Technologien kaum miteinander vernetzt. Erst die intelligenteIntegration von Informations- und Kommunikationstechnologie und denenergietechnischen Systemen ermöglicht maximale Effizienzgewinne.

Das technische Energienetz der Zukunft wird sich auf den ersten Blick nicht stark von der heute vorhandenenInfrastruktur unterscheiden. Abbildung 5 zeigt dies sche-matisch auf – so wird es wie bisher Großkraftwerke (1)geben, die Energie mittels Übertragungsnetzen (6) undVerteilnetzen (7) zu Verbrauchern (3) transportieren. Umin zunehmendem Maße regenerative Energiequellen zunutzen, werden noch viel zahlreicher als derzeit dezentraleErzeuger (2) installiert, die – ebenso wie Großkraftwerke –dazu beitragen, den Energiebedarf zu decken. Durch ver-mehrt dezentrale Energieeinspeisung und zunehmend fle-xibel und intelligent reagierende Verbraucher (4), wird esimmer häufiger zu Situationen kommen, in denen sichLastflüsse (8) in Teilnetzen umkehren. Um diese dynami-sche Infrastruktur effizient betreiben und koordinieren zukönnen, bedarf es daher der Integration (10) aller Einzel-komponenten in eine einheitliche Kommunikationsinfra-struktur – dem Internet der Energie (9). Dieses dient dazu,alle Erzeuger und Verbraucher des Energienetzes auf einervirtuellen Ebene abzubilden. Nur so wird die zeitnaheKommunikation und damit eine effiziente Koordination

3 Vernetzte Komponenten und integrierte IKT Die Bausteine für das „Internet der Energie“

Abbildung 5: Internet der Energie

Quelle: BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft (2008)

(1) Großkraftwerke

(3) Verbraucher (klassisch)

(4) Verbraucher (intelligent)

(5) Leittechnische Anbindung

(6) Übertragungsnetz

(7) Verteilnetz

(8) Lastflüsse

(9) Internet der Energie

(10) Integrationstechnologie

(2) Erneuerbare Energie (fluktuierend)

des Netzes trotz einer weiter steigenden Zahl dynamischerVerbraucher und dezentraler, fluktuierender Erzeugermöglich.

Teile der Infrastruktur für ein Internet der Energie existie-ren bereits, andere Technologien sind zwar prinzipiell ver-fügbar, aber noch nicht flächendeckend im Einsatz:

Technologien zu Hausautomatisierung und zurdezentralen EnergieerzeugungIntelligente Netzmanagementsysteme auf Über-tragungs- und VerteilnetzebeneInstallierte Smart Metering-TechnologieIKT als Bindeglied zwischen dem Internet der Energieund der technischen InfrastrukturAnwendungen und Services, die die Koordination desEnergienetzes auf der betriebswirtschaftlichen Ebeneumsetzen

5

4

3

2

1

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Diese werden in den folgenden Abschnitten näherbeschrieben und jeweils der aktuelle Stand der Technikbeleuchtet. Darüber hinaus wird aufgezeigt, wo in denjeweiligen Bereichen weiterer Handlungsbedarf auf demWeg zum Internet der Energie besteht.

14 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

3.1 Gebäudeautomation und Smart HomesIm Gegensatz zu kommerziellen Gebäuden steht dieAutomatisierung von Wohngebäuden heute noch weitge-hend am Anfang. Der Wohnungsbestand ist in aller Regelweder mit vernetzten Geräten noch mit Steuerungsanlagenausgestattet. Neben Energieverbrauchern wie Kühl-schränken, Waschmaschinen, Trocknern, Unterhaltungs-elektronik und Beleuchtung verfügen die Gebäude meistnur über eine Heizung zur Erzeugung der benötigtenRaumwärme und zur Warmwasserbereitung. Der über-wiegende Teil der verfügbaren Geräte wird manuell oderhalbautomatisch geschaltet. Einige besitzen zwar eine ein-gebaute automatische Steuerung (z. B. Waschmaschine,Heizung), diese ermöglicht aber lediglich eine Eigen-optimierung anhand herstellerspezifischer Soll-Parameter.

Prinzipiell ist die Ausstattung von Wohngebäuden mit ver-netzter Haustechnik und Gebäudeautomation heute schonmöglich. Sie konzentriert sich allerdings vorwiegend aufNeubauten, bei denen vor allem Prestige und Komfort,nicht aber Kosten- oder Energieoptimierung im Vorder-grund stehen. Etabliert sind Anwendungen zur Steuerungvon Einzelkomponenten wie Heizungs-, Lüftungs- undKlimaanlagen, Elektrizitätsverteilanlagen, Beleuchtung,Beschattung oder Fernmelde- und Sicherheitsanlagen.Eine übergreifende Steuerung dieser Bereiche, insbeson-dere mit Blick auf Energieoptimierung, gibt es indes nicht.

Die Vision eines intelligenten Wohngebäudes, das lediglichauf die Maximierung des Komforts abzielt, wird in denHintergrund treten. Stattdessen wird sich Intelligenz inWohngebäuden zunehmend in dezentralen Energie-managementsystemen (DEMS) wiederfinden. Diese werden

Abbildung 6: Smart Home – Einsatz von IKT zur Energieoptimierung in Haushalten

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

2012LEDs bei 10%Marktanteil bei

allgemeinerBeleuchtung

(Philips)

2016OLEDs

marktreif fürallgemeine

Beleuchtungs-technik

2012Roll-out vonbezahlbarerintegrierterHausauto-

matisierungund DSM

2012Piloten für integrierteHausautomatisierung

und DSM, cross-energy-management-fähig

2007Pilotprojekte zu

Smart Metering inPrivathaushalten

2011Vernetzbare

„Weiße Ware“

2016DSM breiteingeführt

2011Piloten mit

nachgewiesenerEnergie-Effizienz-Steigerung durch

„IT for Green“von 10%

2008Forschungspiloten fürintegriertes AAL undHausautomatisierung

mit Vorbereitung für DSM

Legende: erwarteter Eintritt sicherer Zeitpunkt

Quelle: BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft (2008)

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15BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

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mit dem Ziel installiert, den Energieverbrauch zu reduzie-ren. Sie könnten jedoch zugleich auch andere Dienste, wiezum Beispiel „Ambient Assisted Living“ (AAL) mit über-nehmen. Treiber für die Einführung dieser Technologienwird also nicht nur ein zu erwartender Komfort- oderFreizeitwertzuwachs, sondern auch die Reduktion desEnergieverbrauchs angesichts steigender Energiepreisesein. Denn insbesondere der Wärmeverbrauch in Haus-halten macht fast 22 Prozent des gesamten Endenergiever-brauchs in Deutschland aus. Abbildung 6 stellt die prog-nostizierte Verfügbarkeit der für die Einführung von DEMSnotwendigen Smart Home-Technologien grafisch dar.

Eine optimierte, energieeffiziente und kostenminimaleBetriebsführung der zukünftigen Gebäudetechnik stellt für den Privathaushalt genauso eine Herausforderung darwie für den Energieversorger. Neben der hausinternenSteuerung kann das DEMS auch als Integrationspunkt zur zentralen Netzsteuerung des Energieversorgers dienen(vgl. hierzu auch Abschnitt 3.2 und 3.3). Insgesamt mussdie bisher überwiegend hierarchisch organisierte Kommu-nikationsinfrastruktur des Energiesektors durch einSystem ersetzt werden, das mit einer Vielzahl dezentralerErzeuger, Speichereinheiten und Lasten kommunizierenkann. Ein integratives Konzept, das einen bidirektionalenDatenaustausch mit der Netzsteuerung und ein Netz-management aus den Basisdaten der Erzeuger- undSpeichereinheiten sowie Lasten ermöglicht, ist dazu erfor-derlich. Bisher erschweren allerdings eine Vielzahl unter-schiedlicher Standards und Protokolle den Aufbau einessolchen Systems. Alleine auf der Netzseite existieren mehrals 360 verschiedene technische Standards. Gebäudeseitigkommen weitere Systeme und Kommunikationsprotokollewie ZigBee, LON, EIB/KNX oder BACnet hinzu underhöhen die Komplexität. Für ein optimales Energie-management innerhalb eines Hauses wird aber die Inte-gration aller verfügbaren Sensoren und Aktoren in eineeinheitliche Gebäudeinformationskette unumgänglichsein: Klima- und Belüftungssteuerung, Beleuchtungs- und Beschattungsanlagen, Gebäudesicherheitssysteme,Energiemesseinrichtungen sowie Energieerzeugungs- und -verbrauchsgeräte. Erste Pilotprojekte mit derart integrier-ten Systemen werden bis ca. 2012 realisiert sein. Mit derbreiten Markteinführung dieser Technologien ist in dennächsten zehn Jahren zu rechnen (vgl. Abbildung 6).

Aktuell entwickelte Plug & Play-Lösungen zur Hausauto-matisierung können diese Anforderungen nicht erfüllen,da sie jeweils auf proprietären Protokollen basieren unddaher in heterogenen Umgebungen mit Geräten undKomponenten unterschiedlicher Hersteller nicht oder nurmit hohem Aufwand einsetzbar sind. Abschnitt 3.4

beschreibt eine technische Integrationsplattform, die dieseKommunikationshürden in einem ganzheitlichen Ansatzvom einzelnen Endgerät bis hin zum Erzeuger überbrük-ken soll.

Der Nutzen einer solchen Hausautomatisierung sowieeiner nahtlosen Integration dezentraler Energieerzeugerliegt auf der Hand. Endverbraucher werden erstmalig inder Lage sein, zeitnah (z. B. über Wohnungsdisplays odervon beliebigen Orten via Internet) zu beobachten, wiewelche Geräte und welche Konsumgewohnheiten denEnergieverbrauch und damit die Energiekosten beeinflus-sen. Wie zuvor erwähnt, schätzt das BMWi das darausresultierende Energieeinsparpotenzial auf mehr als9,5 TWh pro Jahr. Durch eine zeitnahe Anzeige desEnergieverbrauchs und der damit verbundenen Kostenwird die zeitliche Divergenz zwischen erhöhten Anschaf-fungsausgaben für energieeffiziente Technologie und denkorrespondierenden monetären Einsparungen in derEnergieabrechnung am Jahresende aufgelöst. Lassen sichMehrausgaben zum Beispiel für den Kauf von LED- oderOLED-Technik unmittelbar mit der daraus resultierendentäglichen Energieeinsparung verbinden, fällt Verbrauchernaufgrund der transparenten Kosten-Nutzen-Relation dieInvestition leichter (Darby 2006).

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16 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

3.2 Zentrales und dezentrales Energie- undNetzmanagementDie Intelligenz der zukünftigen Stromversorgungs-infrastruktur wird in stark steigendem Maße durch denEinsatz von elektronischen sowie kommunikations- undleittechnischen Komponenten und Systemen geprägt sein.Abbildung 7 stellt den grundsätzlichen Paradigmen-wechsel dar, der bei der Entwicklung eines Smart Gridansteht. Aus der heutigen statischen Konzeption derInfrastruktur und einer Nutzung „wie gebaut“ wirdzukünftig eine sich dynamisch anpassende, „lebendige“Infrastruktur mit einer proaktiven Betriebsführung.

3.2.1 Energiemanagementsysteme auf der Übertragungsebene(Hoch- und Höchstspannung)Durch die Zunahme des grenzüberschreitenden Strom-handels und der Einspeisung aus Windenergieanlagen(WEA) – insbesondere in Regionen mit geringem Ver-brauch – wächst die Zahl der Engpässe im deutschen undeuropäischen Übertragungsnetz signifikant. Zusätzlichsteigt die Gefahr möglicher Schwingungs- und Spannungs-probleme aufgrund konzentrierter Windstrom-Einspeisungin den Randzonen der Netze. In Kombination mit einerhohen Grundauslastung der Kuppelleitungen entwickeltsich der Bedarf an schnell regelbaren Elementen zurSteuerung des Wirk- und Blindleistungsflusses rapide.

Diese besonderen Netzbelastungen durch unkalkulierbareVerschiebungen der Lastflüsse, wie sie zum Beispiel durchWEA-Einspeisung oder Stromhandel hervorgerufen werdenkönnen, werden durch flexible Wechselstromübertragungs-

Systeme oder auch die Hochspannungs-Gleichstrom-Über-tragung (HGÜ) beherrschbar. Der kombinierte Einsatzintelligenter Wechselrichter (IGBT-Technik) mit Technolo-gien wie HGÜ und FACTS (Flexible Alternating CurrentTransmission System), die auf leistungselektronischen Bau-elementen basieren, bietet große systemtechnische Vorteileim Vergleich zur konventionellen Drehstromtechnik.

In vielen Fällen ist es vorteilhaft, wenn sich Gleichstrom-übertragung und flexible Wechselstromübertragungs-Systeme (FACTS) ergänzen. Während HGÜ-Verbindungendem Stromtransport über größere Entfernungen oder derKopplung asynchroner Netze per HGÜ-Kurzkupplungdienen, regeln FACTS die Netzspannung und denLastfluss im Netz.

Moderne Netzleittechnik muss zukünftig eine größereAnzahl an Informationen erfassen und für das Bedien-personal zur schnellen Verarbeitung aufbereiten als in den„top down“ geplanten Systemen der Vergangenheit. DasZiel ist die Echtzeitverfügbarkeit relevanter Betriebsdaten,um kritische Betriebszustände zu vermeiden. DieseInformationen müssen auch in einem Versorgungssystemmit mehreren Systembetreibern systemweit zugänglichsein. Die sogenannte Weitbereichsüberwachung (Schutz-und Leittechnik) ist somit für die sichere sowie effizienteNetz- und Betriebsführung großer Verbundnetze von starkzunehmender Bedeutung (national bzw. europaweit). Die Weitbereichsüberwachung dient dazu, ein Frühwarn-system gegen Netzinstabilitäten durch die dynamischeÜberwachung auf der Basis von Online-Informationen

Abbildung 7: Großtechnische Energieerzeugung, -verteilung und -speicherung – Paradigmenwechsel in der Netztechnik

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

2014FACTS breiteingeführt

2019UCTE-Kupplungs-punkte verstärkt

2015Gezielte Nutzung

fluktuierender Erzeuger zumdynamischen Ausgleich desStrombedarfs

2013Temporäres

Auftreten vonLastflussumkehr

2013Erweiterte

Schutzfunkionenzur Vermeidung

weiträumigerNetzausfälle

etabliert

2015Problemmanagementfür Netze weitgehend

automatisiert

2008Stromerzeugung

folgt Bedarf

2008Feste Schutzfunktionen

zum Schutz von Personenund Betriebsmitteln

2020Kohle-Ausstieg

2014Lastflusssteuerungüberwiegend durch Leistungselektronik

2008Lastfluss ohne

effektive Kontrolle

2021Atom-Ausstieg

2008Manuelle

Netzschaltvorgängeund manuelle

Problemlösung

2008Überwiegend

zentrale Erzeugung

und verteilte Last

2020CO2-Abscheidungs-

technik undSequestrierung (CCS)kommerziell verfügbar

Legende: erwarteter Eintritt erwartetes Ende sicherer Zeitpunkt

Quelle: BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft (2008)

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17BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

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aufzubauen. Dadurch, dass diese im Fehlerfall schnellereund genauere Information als bisher liefern kann, wird einstabiler Systembetrieb auch bei Störungen oder in Engpass-situationen ermöglicht. Die Früherkennung eventuellerInstabilitäten wegen Spannungs- oder Frequenzab-weichungen beziehungsweise thermischer Überlast kannhelfen, weitreichende Folgeschäden aufgrund großflächigerStromausfälle zu vermeiden.

Die regionale Verantwortungsstruktur für den Betrieb derNetze und die volkswirtschaftliche Zuordnung der Folge-kosten großflächiger Netzstörungen sind heute nochHemmnisse für Investitionen in derartige innovativeLösungen. Der Nachweis über die zu erwartende Funktio-nalität ist am besten in einem komplexen deutschen odereuropäischen Leitprojekt zu erbringen.

3.2.2 Dezentrales Energiemanagement in Verteilnetzen (Mittel- und Niederspannung)Die Zuverlässigkeit der Stromversorgung und dieEinhaltung der relevanten Spannungsqualitätskriterien(Spannungsband, Flicker, Oberschwingungen) stellenhohe Anforderungen an die Verteilnetzbetreiber. Die ver-änderten Randbedingungen erfordern die Automatisierungder Verteilnetzprozesse. Ist diese verfügbar, können soauch defekte Betriebsmittel schnell und automatisch abge-schaltet und Mittelspannungsringe ferngesteuert rekonfigu-riert werden. So lässt sich beispielsweise nach Ausfalleines Kabels oder einer Freileitung innerhalb von wenigenMinuten die Versorgung wiederherstellen, während dieReparatur erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.

Abbildung 8: Dezentrale Energieerzeugung und Speicherung

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

2019Dezentrale Strom- und

Wärmespeicher flächendeckendverfügbar

2012Einsatz erster

elektrischer undhybrid-elektrischer Fahrzeuge

als Speicher

2010Piloten zu Klein-

und Micro-BHKW(stromerzeugende

Heizung)

2015DEMS breiteingeführt

August 2008Continental AG beginnt

Produktion vonLithium-Ionen-

Batterien für KFZ

2017Piloten für

Virtuelle Kraftwerkeaus Micro-Grid-Verbünden

2015Klein- oder

Micro-BHKWmit cross-energy-

management(Roll-out)

2011„Weiße Ware“als steuerbare

Lasten und Speicher(power shedding)

2020Roll-out für

VirtuelleKraftwerke

2007 2007Google Inc. Weitere Piloten

VirtuellerKraftwerke

beginnt Forschungan erneuerbaren

Energien

2006Pilot: VirtuellesKraftwerk Unna

2013Erste

Micro-Grid-Piloten

Legende: erwarteter Eintritt sicherer Zeitpunkt

Quelle: BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft (2008)

Die EU-Kommission hat im „Aktionsplan für Energie-effizienz“ die jährlichen Kosten für die Nichtausschöpfungvon Energieeinsparungspotenzialen in Europa auf 100Milliarden Euro beziffert (EU-Kommission 2006). Um die-ses Potenzial zu heben, sieht der EU-Aktionsplan unteranderem die Förderung des Ausbaus von dezentralenKapazitäten zur Erzeugung von Strom, Wärme und Kälteunterhalb der 20-MW-Schwelle als einen zentralen Punktvor. Ausgehend von der Tatsache, dass heute nur13 Prozent des verbrauchten Stroms in einem kombinier-ten Kraft-Wärme-Prozess erzeugt werden, soll insbesonderedie Förderung einer verbrauchsnahen Erzeugung auf Basisdieser Technologie dazu beitragen, die Gesamtenergie-effizienz zu steigern und die Übertragungsverluste imStromnetz zu senken.

Dezentrales Energiemanagement bezieht im Rahmen eines„virtuellen Bilanzkreises“ neben typischen dezentralenErzeugungsanlagen wie Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen(auf Basis erneuerbarer und konventioneller Rohstoffe)auch fluktuierende Erzeugungstechnologien (Wind,Photovoltaik) in den Grundlastbetrieb ein. Es realisiertden Bezug und die Lieferung von Strom über die Grenzendes Bilanzkreises hinweg. Die Auswertung aller Parametereinschließlich der beeinflussbaren und nicht beeinflussba-ren Lasten führt zur Erstellung eines Transfer-Profils zumumgebenden Netz. Die „Intelligenz“ des dezentralenEnergiemanagementsystems steckt in der leittechnischenBeherrschung der Komplexität aus unterschiedlich beein-flussbaren Erzeugungsanlagen und dem optimiertenStromverbrauch.

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18 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Das Ziel ist die Vermeidung ineffizienter Last- und Erzeu-gungsspitzen und die dadurch erforderliche Vorhaltungentsprechender Reserveleistungen im Versorgungssystemmittels internen Ausgleichs innerhalb der virtuellenBilanzkreise. Erste Feldversuche wie zum Beispiel dasVirtuelle Kraftwerk Unna (Henning 2006) beziehen sichprimär auf die „Glättung“ der Bedarfslinien durch zusätzli-che Einspeisung in Zeiten des Spitzenbedarfs (Peak Load).Erfahrungen mit der Glättung der Bedarfskurve durchVerbraucher, zum Beispiel mittels dynamischer Preis-anreize im Tagesverlauf, sind kaum vorhanden.

Einzelne Pilotprojekte in diese Richtung werden in einemvier Jahre laufenden Praxistest bis Ende 2012 in sechsFörderprojekten im E-Energy-Vorhaben des Bundes-ministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi 2006)unter verschiedenen Rahmenbedingungen umgesetzt, umErfahrung aus dem Alltagsbetrieb zu gewinnen. Dieschnelle Umsetzung weiterer großer Pilotprojekte, die dasPotenzial und die Zuverlässigkeit virtueller Bilanzkreisebelegen, ist jedoch erforderlich, um diese Technologie bis2021 – also bis zum geplanten Atomausstieg – flächendek-kend einzuführen. Wie in den Handlungsempfehlungen inAbschnitt 5 skizziert, ist hierzu eine gezielte förderpoliti-sche Unterstützung Voraussetzung. Die Forschung indiesem Bereich muss konsequent weitergeführt und überdie initiierten Projekte hinaus ausgebaut werden.

Abbildung 9: IKT-Infrastruktur mit Smart Metering

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

2010Beginn: Roll-out

von Smart Metering

2014Erste Service

Mashups

2008Multi-Utility-

SmartMetering-

Piloten

2009Praxis-Evaluation vonHausautomation mit integriertem DSM

2014Echtzeit-

Verbrauchsablesungund -Abrechnung

etabliert

Dezember 2012Abschluss der sechs

E-Energy-Projektedes BMWi

2010Erste

DSM-fähigeEndgeräte

2009NationalerStandard-

Smart Meterkommerziellverfügbar

2009Europäischer Standard fürSmart Metering-Protokoll

(CEN TC 294, WG2)

2007Boom Themen:„Green IT“ und„IT for Green“

2007Google Inc. startetEnergie-Initiativen

RE<C undRecharge IT Legende: erwarteter Eintritt sicherer Zeitpunkt

Quelle: BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft (2008)

3.3 Smart MeteringDie heutzutage in Deutschland zum Einsatz kommendeZählertechnologie lässt sich in zwei Klassen unterteilen.Bei Haushaltskunden erfolgt die Messung hauptsächlichmittels mechanischer beziehungsweise elektro-mechani-scher Zählertechnologie. Bei Großkunden oberhalb derLastganggrenze2 sind elektronische Zähler mit Kommuni-kationsbauteil im Einsatz. Nachfolgend werden beideErfassungssysteme genauer beschrieben.

3.3.1 Verbrauchsmessung bei HaushaltskundenZur Erfassung der Energie- und Wasserabgabemengen inden rund 36 Mio. deutschen Haushalten werden ca.44 Mio. Elektrizitätszähler, 13 Mio. Gaszähler, 18 Mio.Wasserzähler und 0,3 Mio. Wärmezähler eingesetzt. Beider Messung wird nicht der individuelle zeitliche Verlaufder Nachfrage, sondern lediglich der Gesamtverbrauch imAbrechnungszeitraum erfasst. Da die vorhandenen Zählernicht kommunikationsfähig sind, erfolgt die Ablesung ein-mal jährlich durch den Messstellenbetreiber beziehungs-weise den Messdienstleister (Elektrizität und Gas) sowiedurch das Versorgungsunternehmen (Wasser und Wärme)oder auch durch den Kunden.

3.3.2 Verbrauchsmessung bei GroßkundenGroßen Gewerbe- und Industriekunden mit einem jährli-chen Energiebezug oberhalb der Lastganggrenze steht einezeitbezogene Messung der Energieverbräuche zu. In die-sem Kundensegment muss gemäß StromNZV undGasNZV die Erfassung der Energieverbräuche über eine

2 Die Lastganggrenze liegt bei 100.000 kWh/a (StromNZV) bzw. 1.500.000kWh/a (GasNZV).

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BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie 19

„registrierende Lastgangmessung“ erfolgen. Dies bedeuteteine viertelstündliche Aufzeichnung der Elektrizitäts-bezugsmengen respektive eine stündliche Aufzeichnungdes Gasverbrauchs. Die Ablesung der Zählerdaten erfolgtüber Zählerfernablesesysteme und muss dem Lieferantentäglich zur Verfügung gestellt werden. In den SpartenWasser und Wärme werden in der Regel Messgeräte ohneKommunikationselemente eingesetzt. Hier erfolgt dieAblesung der Verbrauchsdaten monatlich ohne Bezug zum Zeitpunkt.

3.3.3 Erforderliche Veränderungen im MesswesenWährend im Großkundenbereich bereits heute alleVoraussetzungen für eine individuelle, zeitbezogeneMessung erfüllt sind, besteht im HaushaltskundensegmentHandlungsbedarf. Die dort verwendeten mechanischenZähler haben keine Zukunftsperspektive. Hier muss inden nächsten zwei Jahren ein Austausch der gesamtenZählerinfrastruktur beginnen. Eine direkte Übernahme derIndustriemesstechnologie in das Haushaltskundensegmentist aufgrund hoher Investitionskosten nicht möglich, viel-mehr müssen hierfür spezielle Haushaltskundenzähler ent-wickelt werden. Erste flächendeckende Versuche mit der-artigen Geräten werden derzeit im europäischen Auslanddurchgeführt. Neben der Möglichkeit zur Zählerfern-ablesung werden dabei auch weitere Funktionen wie zumBeispiel Fernab- und -aufschaltung von Verbrauchern,Leistungsbegrenzung, Tarifregister und Fehlerüber-wachung getestet.

Insbesondere der bidirektionalen Kommunikation zwi-schen Messstellenbetreibern und verbundenen elektroni-schen Haushaltszählern kommt zukünftig eine besondereBedeutung zu. Mit Smart Metering lassen sich wertvolleInformation über den Zustand des Verteilnetzes gewinnenund die Einhaltung der zulässigen Spannungspegel über-wachen. Darüber hinaus kann über das Smart Meteringals Gateway auch direkt auf dezentrale Stromerzeugeroder Lasten eingewirkt werden. Diese Kommunikationbildet somit die Grundlage für ein aktives Managementvon Erzeugung und Verbrauch in den Verteilnetzen.

Für die Datenübertragung können unterschiedlicheKommunikationskanäle zum Einsatz kommen. Denkbarist der Einsatz von Funkmodulen, die Nutzung vonMobilfunknetzen oder auch die Informationsübertragungüber die Stromleitung selbst. Kritisch und derzeit unge-klärt ist in diesem Zusammenhang die datenschutzrecht-liche Ausgestaltung des Smart Metering, ebenso wie eineklare Regelung der Lese- und Steuerungsrechte auf SmartMetern durch Netzbetreiber, Messstellenbetreiber,Stromlieferanten und andere potenzielle Dienstleister.

Weiterhin sind die aktuell erhältlichen Ablesesysteme ent-weder sparten- oder herstellerbezogen und verzeichneneine kurze Lebensdauer auf dem Markt. Dabei hat SmartMetering nur dann einen wirtschaftlichen Nutzen – insbe-sondere für Querverbundunternehmen – wenn eine spar-ten- und herstellerübergreifend standardisierte Geräte-technik zum Einsatz kommt. Die Technologie für eineFernablesung und -steuerung sowohl von Großkunden alsauch von Haushaltszählern ist also prinzipiell verfügbar.Die grundlegenden Standards, die eine Interoperabilitätder Geräte untereinander sicherstellen, existieren aller-dings noch nicht.

Die Entwicklung eines deutschen Smart Metering-Standards wird momentan durch die zwei ArbeitsgruppenFigawa3 und ZVEI4 gemeinsam vorangetrieben, in denendie deutschen Zähler- und Gerätehersteller zusammenge-schlossen sind. Die Fertigstellung dieses Standards ist fürAnfang 2009 geplant. Anschließend sind allerdings weitereAktivitäten erforderlich, um zu einem europäischenStandard für die Smart Metering-Systeme zu gelangen. So bemühen sich derzeit auf europäischer Ebene parallelauch die KEMA5 im Auftrag des niederländischenRegulierers sowie die ESMIG6 als Verband der europäi-schen Zählerhersteller um die Entwicklung eines gesamt-europäischen Metering-Standards. Diese parallelen undunkoordinierten Aktivitäten sind nicht zielführend. Dahersollten die Aktivitäten – wie auch in Abschnitt 5.1 näherbeschrieben – möglichst rasch gebündelt werden, um so zueinem einheitlichen europäischen Standard zu gelangen.Die EU Kommission plant die Vergabe eines entsprechen-den Mandates an eine Arbeitsgruppe bestehend ausCenelec7, WELMEC8 und ETSI9 zu vergeben. UnterFührung von Cenelec soll ein europäischer Standard fürSmart Metering definiert werden. Dieser Standardisierungs-ansatz ist durch die Bundesregierung zu unterstützen.

3 http://www.figawa.de/4 http://www.zvei.de/5 http://www.kema.com/6 http://www.esmig.eu/7 http://www.cenelec.eu/8 http://www.welmec.org/9 http://www.etsi.org/

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20 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

3.4 IntegrationstechnologieNeben der energietechnischen Ebene für Erzeugung,Transport, Verteilung und Nutzung von Energie gibt es imInternet der Energie zukünftig auch eine Kommunikations-ebene, die den Informationsfluss entlang der Wert-schöpfungskette ermöglicht und die zugehörigenGeschäftsprozesse abbildet. Zur weiteren Steigerung derGesamtenergieeffizienz wird eine Verbesserung diesesInformationsflusses vom Erzeuger bis hin zum Endver-braucher essenziell notwendig.

Umgesetzt in IKT-Lösungen mit IT-Komponenten bedeutetdies, dass eine Integrationsebene zwischen betriebswirt-schaftlichen Anwendungen und physikalischem Netzgeschaffen werden muss. Eine solche IKT-Plattform musseine „Ende-zu-Ende“-Integration aller Komponenten, überheterogene Netze und Firmengrenzen hinweg, ermögli-chen: vom datenliefernden Endgerät und vom SmartMeter über verschiedene Kommunikationskanäle bis hinzur Datenbereitstellung für eine Vielzahl unterschiedlicherNutzer und vom Endkunden über den Netzbetreiber bishin zum Energieversorger.

Die größte Herausforderung bei der Realisierung einersolchen Integrationsplattform wird dabei im Bereich derIntegrationsinfrastruktur und der Kommunikations-

strecken liegen. Konzeptionell ist eine präzise, aber gleich-zeitig anwendungsneutrale technische Definition derKernfunktionalität einer solchen Plattform notwendig.Diese bildet die Grundlage, auf der sowohl neue als auchexistierende Komponenten unabhängig von der jeweiligenImplementierung nach einem einheitlichen Schema einge-bunden werden können.

Technologisch sind vor allem Konzepte aus dem Bereichserviceorientierter Architekturen (SOA) zur flexiblenKopplung und Entkopplung einzelner Komponentengeeignet. Abbildung 10 zeigt eine Übersicht von Domänen,die in einer Internet der Energie-Plattform integriert wer-den müssen. Die Kernfunktionalität jeder dieser Domänenmuss über offene Standardschnittstellen unabhängig voneiner konkreten Implementierung verfügbar gemacht undin einem gemeinsamen, Domänen übergreifendenEnterprise Service Bus (ESB) eingebunden werden kön-nen. Sehr wichtig sind in diesem Zusammenhang robusteNachrichtenaustauschprotokolle, standardisierte Daten-formate und eine vertrauenswürdige Datenhaltung, -verwendung und -weitergabe.

Ein wichtiger Vorteil einer konsequenten SOA-Architekturist die Vermeidung von Punkt-zu-Punkt-Schnittstellenzwischen einzelnen Applikationen. Stattdessen braucht

Abbildung10: Anforderungsdomänen Internet der Energie

Quelle: BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft, nach IBM-Vorlage (2008)

EchtzeitfähigeIntegration von IGDs,

Bridges und Gateways

Geschäfts-Applikationen

undPortale

IntelligentGateways

Zentrale Einheitim Haushalt

oder Konzentratorim Netz

MobileGeräte

IntelligentGrid Devices

(IGD) Applikations- undProzessintegration

Systemmanagement

Mehrwertdienste für Intelligent Grid Devices Installation

IGDBridges

Umsetzer vonProtokollen

Beispiele:Intelligente Zähler,

DezentraleErzeugungseinheiten,

Weiße Ware etc.

LokaleNetzwerke

Sicherheit und Datenschutz

Weit-verkehrs-Netzwerke

Entwicklungswerkzeuge

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21BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

jede Anwendung nur eine einzige Schnittstelle zur Integra-tionsplattform zu implementieren, über die anschließendalle anderen Anwendungen adressiert und dynamischgenutzt werden können.

Das Besondere an dem hier beschriebenen Ansatz ist dieAusdehnung der serviceorientierten Integration vonEinzelkomponenten bis zu den intelligenten Endgeräten(Intelligent Grid Devices – IGD), wodurch eine hoheFlexibilität und Skalierbarkeit des Gesamtsystems erreichtwerden kann. Dieser Ansatz wird häufig auch als„Extended SOA“ bezeichnet (Keen, Chin et al. 2006).

Zwei Bereiche der Schnittstellenarchitektur einer solchenPlattform sind besonders kritisch: (i) der Integrationspunktfür lokale Netzwerke in der IGD Bridge oder in SmartMeters und (ii) die intelligenten Gateways in der Wohnung,im Gebäude oder in Umspannstationen. Erst eine Echt-zeitintegration an diesen Punkten macht die Informatio-nen der IGD, der eigenständigen Fernauslesesysteme undder intelligenten Gateways unmittelbar in der Gesamt-plattform verfügbar. Eine so schnelle Datenverfügbarkeitist zwar aufwendig zu realisieren, aber dennoch notwen-dig, und zwar insbesondere dann, wenn eine Vielzahlheterogener Systeme einzubinden ist und gleichzeitig dieSteuerbarkeit der Gesamtplattform erhalten bleiben soll.

Wichtiges Element einer solchen Integrationsplattform istder Aufbau zentraler Verzeichnis- und Suchdienste, welchedie jeweils verfügbaren Funktionen (Applikationen undGeräte) auflisten und zugänglich machen und so derenflexible Nutzung erst ermöglichen. Die notwendige techni-sche Basis für den Aufbau solcher Dienste ist heute bereitsvorhanden. Darüber hinaus haben viele Anbieter betriebs-wirtschaftlicher Software SOA-Schnittstellen in eigeneAnwendungen integriert, so dass prinzipiell schon heutezahlreiche Anwendungen auf einer derartigen Plattformverfügbar wären.

Ähnlich steht es um die Anbindung elektronischer Zähler.Auch hier hat es in den letzten Jahren eine intensiveWeiterentwicklung gegeben (vgl. Abschnitt 3.3), die eineSOA-basierte Einbindung dieser Geräte auch im großenMaßstab im Rahmen sogenannter Advanced MeteringInfrastructures (AMI) technisch möglich macht (Heimann2008). Neue Geschäftsmodelle und Dienstleistungen, wiezum Beispiel in Abschnitt 3.5 beschrieben, erfordernneben schneller Verfügbarkeit von Verbrauchsinforma-tionen aus Smart Metering-Geräten zunehmend auchaktive Eingriffs- und Steuerungsmöglichkeiten. So wirdalso über ein reines Smart Metering hinaus die Einbindungkomplexer Energiemanagementlösungen einen wesentli-

chen Teil der Integrationsarbeiten ausmachen. Es werdennicht nur Verbrauchsinformationen der intelligentenEndgeräte (i. Allg. durch Smart Meter aggregiert), sondernauch Preissignale, Tarifinformationen und dergleichen andie im Netz befindlichen Komponenten (wie z. B. Haus-haltszähler, dezentrale Erzeugungsanlagen, Verbrauchs-geräte, Kühlaggregate) übergeben. Diese Daten gehen auchden Service-Anbietern zur dynamischen Nutzung zu.

Ein ungelöstes Problem betrifft die Semantik des Daten-austausches. Die SOA-Schnittstellen von Zählerinfrastruk-turen und Informationssystemen geben üblicherweise nureine syntaktische Struktur vor, der Inhalt der Nachrichten,die über diese Schnittstellen ausgetauscht werden, mussaber noch weiter spezifiziert werden. Ein Internet derEnergie kann erst dann entstehen, wenn neben offenenSchnittstellendefinitionen auch die semantischen Struk-turen der auszutauschenden Nachrichten standardisiertsind. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, die Bemühungender deutschen Industrie zur Einführung entsprechenderStandards zu begleiten und insbesondere auch auf euro-päischer Ebene zu unterstützen und zu fördern.

Durch die bereits in Abschnitt 2.2 erwähnten Regulierungs-maßnahmen haben sich in Deutschland in den letzten 12 Monaten tiefgreifende Änderungen der IKT-Landschaftder deutschen Energiebranche ergeben. Beispielsweisewurden durch die Vorgabe der gesellschaftsrechtlichenTrennung von Netzbetrieb und Vertrieb die Prozessegrundlegend geändert. So war etwa die Übertragung vonZähldaten eines Versorgers zu dessen Netzeinheitenursprünglich als innerbetrieblicher Prozess abgebildet.Ähnliches galt für den Neuanschluss oder die Abmeldungvon Kunden. In Zukunft müssen diese Prozesse dagegenunternehmensübergreifend abgebildet werden, was zueinem komplexeren Marktgefüge führt (vgl. hierzuAbbildung 4).

Mit zunehmender Liberalisierung der Energiemärktewerden die Anforderungen an eine hohe Flexibilität vonIKT-Infrastrukturen weiter wachsen. Insgesamt müssendaher die bestehenden (Einzel-)Anwendungen weiterent-wickelt werden, um sie – analog zum Internet – zu einergroßen gemeinsamen Plattform zusammenfügen zukönnen. Auf dieser Aggregationsstufe und mit definiertenoffenen Schnittstellen und Datenaustauschformaten wirdes interessant, die angebotenen Funktionalitäten aufErzeuger-, Übertragungs- und Verbraucherseite neu mit-einander zu kombinieren, innovative Geschäftsmodelle zuentwickeln und so weitere Effizienzpotenziale in einemliberalisierten Energiemarkt zu heben.

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22 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

3.5 Betriebswirtschaftliche Anwendungen und neueGeschäftsmodelleNeben den energietechnischen Infrastrukturen fürProduktion, Verteilung und Nutzung der Energieströmegibt es die Ebene der betriebswirtschaftlichen Programmeund Anwendungen. Eine Vielzahl von Applikationen wirdeingesetzt, um Stammdaten (z. B. die Daten von Geschäfts-partnern und deren Anlagen) zu verwalten, die Beziehun-gen zu Kunden zu organisieren (z. B. Verträge, Abrech-nungen und Reklamationen), Sachanlagen zu bewirtschaf-ten, eine Einsatzplanung für Mitarbeiter zu organisierenoder betriebswirtschaftlich relevante Energiedaten zubearbeiten. Neben diesen branchen-spezifischen Funktio-nen spielen natürlich auch Standardapplikationen, zumBeispiel zur Finanzbuchhaltung, Personalverwaltung oderzum Einkauf von Betriebsmitteln eine wichtige Rolle.

Die heute gängigen IKT-Lösungen sind primär darauf aus-gelegt, „traditionelle“ Geschäftsmodelle der Energiewirt-schaft zu unterstützen. Ein Geschäftsmodell beschreibtdabei den jeweiligen Wertschöpfungsbeitrag, die dazu not-wendige Leistungsarchitektur und das Ertragsmodell(Stähler 2001). Im traditionellen Modell beliefert einvertikal integriertes Versorgungsunternehmen eine großeZahl von Kunden mit Energie und stellt diese periodisch –für private Endverbraucher typischerweise jährlich – inRechnung. Es erzielt seine Umsatzerlöse überwiegend ausdem Verkauf von Energie an Kunden. Wie in Kapitel 2ausführlich dargelegt, wird dieses traditionelle Geschäfts-modell zukünftig mehr und mehr in Frage gestellt. DieUmsetzung von Energiesparmaßnahmen sowie ein gestei-gerter Wettbewerb lassen die Erlöse aus dem Stromverkaufsinken. Entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit einesUnternehmens in dem sich abzeichnenden Wandel wirdalso die Erschließung neuer Geschäftsmodelle sein, dieden sich ändernden Rahmenbedingungen Rechnungtragen. Neue Technologien wie Smart Metering undbidirektional kommunizierende Endgeräte schaffen einegänzlich neue Art von Markttransparenz und Möglich-keiten, die zur Entwicklung solcher innovativer Geschäfts-modelle maßgeblich beitragen werden. Diese können dannsowohl von etablierten Unternehmen der Branche, alsauch von neuen Akteuren realisiert werden.

Mit Blick auf die Bestandteile des Internets der Energiemüssen auch die entsprechenden betriebswirtschaftlichenAnwendungen bereitgestellt und weiterentwickelt werden,die in der Lage sind, neue Geschäftsmodelle schnell undflexibel abzubilden. Hierbei werden definierte offeneSchnittstellen notwendig sein, die diese Anwendungen imInternet der Energie interoperabel machen und so einebetriebswirtschaftlich sinnvolle und effiziente Umsetzung

der neuen Möglichkeiten gewährleisten. Abbildung 11zeigt einen ungefähren zeitlichen Rahmen für die verschie-denen, nachfolgend skizzierten Geschäftsmodelle auf.

3.5.1 Neue Geschäftsmodelle für ErzeugerLewiner (2002) beschreibt ein Szenario, in dem sichEnergieerzeuger, getrieben durch massive politischeBemühungen zur Auflösung vertikal integrierter Versor-gungsunternehmen, zunehmend auf ihr ursprünglichesKerngeschäft, das heißt die Erzeugung von Energie, rück-besinnen. Parallel dazu stehen allerdings auch neueTechnologien und somit neue Geschäftsfelder wie Biogas-einspeisung oder Elektromobilität kurz vor der breitenMarkteinführung und bergen ein großes Potenzial. Auchdurch die steigende Dezentralisierung der Energieer-zeugung entstehen neue Geschäftsfelder. So könnte dasContracting für Energieerzeuger zukünftig noch attraktiverwerden. Bei diesem Geschäftsmodell installiert undbetreibt ein Energieversorgungsunternehmen zum BeispielKraft-Wärme-Kopplungsanlagen, Mikrogasturbinen oderBrennstoffzellenheizungen bei einem Kunden vor Ort.Seitens des Anbieters sind solche Modelle attraktiv, weil(i) der Betrieb zahlreicher kleiner Anlagen jeweils kleinereInvestitionsrisiken birgt als der Betrieb einer großenAnlage, (ii) durch kontrollierte dezentrale Erzeugung dieNetzlast in Übertragungs- und Verteilnetzen bessergesteuert werden kann, (iii) bei breitem Einsatz dieserTechnologien unter Umständen eine neue Form derRegelenergiebereitstellung möglich wird und (iv) durchden Betrieb der Anlagen vor Ort eine langfristige vertrag-liche Kundenbindung möglich ist. Aus Sicht des Kundenund der Gesamtwirtschaft sprechen für ein solchesGeschäftsmodell (i) der Wegfall von Anfangsinvestitionen,(ii) die bessere energetische Nutzung der eingesetztenRohstoffe und (iii) die daraus resultierende Reduktion derEnergiekosten. Bereits heute gibt es Anbieter, die Wärme-und KWK-Großcontracting für mittelständische Unter-nehmen anbieten. Mit der inzwischen beschlossenen stär-keren Förderung von kleinen KWK-Anlagen wird diesesGeschäftsmodell zukünftig auch für das Haushaltssegmentattraktiv.

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Internet der Energie

3.5.2 Neue Geschäftsmodelle für Netzeigentümer undNetzbetreiberIm Bereich der Netzinfrastruktur sind die Auswirkungender Liberalisierung derzeit am deutlichsten erkennbar.Übertragungs- und Verteilnetze werden auch zukünftigweitgehend durch natürliche Monopolisten betrieben, dieihre Umsatzerlöse weiterhin primär aus der Abrechnungder tatsächlichen Energieinanspruchnahme erzielen wer-den. Intensiv wird momentan die Eigentumsfrage diesernatürlichen Monopolisten diskutiert. Dabei scheint sichinnerhalb Europas ein Konsens abzuzeichnen, nach demEVUs ihre Netzbetriebsgesellschaften ausgliedern unddiese als wirtschaftlich selbstständige Unternehmen führenmüssen. Diese stellen sowohl der Muttergesellschaft alsauch anderen Energieversorgern entgeltlichen aber diskri-minierungsfreien Zugang zu ihrem Teilnetz zur Verfügung.Durch diese Trennung sowie die neuen Kommunikations-anforderungen im Internet der Energie werden Netzbe-treiber in Zukunft vermehrt zu Informationsdienstleistern,die den Markt nicht nur mit Energieübertragungsdienst-leistungen, sondern auch mit Erzeugungs- und Absatz-daten versorgen können. Vorstellbar ist, dass ein Netzbe-treiber kundenindividuelle Informationspakete anbietetund diese je nach Aufwand und Komplexität bepreist.

3.5.3 Geschäftsmodelle durch Energiehandel und MarktplätzeBereits vorhandene Marktplatzbetreiber, wie beispielswei-se die European Energy Exchange (EEX) in Leipzig, dieAmsterdam Power Exchange (APX) oder die Powernext inParis, werden mit den heutigen Geschäftsmodellen sicherauch zukünftig weiter am Markt vertreten sein. Es istanzunehmen, dass sich der Trend der letzten Jahre fort-

setzt und die Handelsvolumina und Umsätze derartigerMarktplätze weiter steigen. Ein heute noch auf wenigeMarktakteure beschränkter institutionalisierter Energie-handel wird zukünftig wohl sukzessive bis hin zu Endver-brauchern geöffnet werden. Betreiber der dazu notwen-digen Handelsplattformen könnten zwar durchausdomänenfremde Unternehmen sein (z. B. Börsen), aberdie etablierten Energieversorger haben die Erfahrung mitdem Energiehandel in seiner heutigen Form und kennendie dabei zu beachtenden domänenspezifischen Besonder-heiten am besten. Mit diesen Grundlagen wären sie alsoebenfalls als Marktplatzbetreiber geeignet.

Auf der Nachfrageseite könnte es künftig für Großhändlerattraktiv werden, die neu entstehenden Märkte als (Multi-Utility-)Distributoren zu nutzen, um unterschiedlicheEnergieressourcen anzukaufen und im Anschluss daranmaßgeschneiderte Produkte an Retailer oder große End-kunden (z. B. Stadtwerke) weiter zu verkaufen. Kundenkönnen so auf sehr einfache Art genau den Energiemixbeziehen, den sie benötigen, ohne sich mit der Komplexitätdes dazu notwendigen marktbasierten Einkaufs auseinan-dersetzen zu müssen. Weiterhin ist die Entstehung einesMarktes für Sekundärprodukte, wie zum Beispiel zurAbsicherung von Ausfallrisiken, Preisschwankungen,Prognoseunsicherheiten oder Wettereinflüssen zu erwar-ten, in dem auch bereits einschlägig spezialisierte Anbieteraus anderen Branchen aktiv werden könnten.

Abbildung 11: Handel und Dienstleistungen – Entwicklungen im liberalisierten Energiemarkt

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

2008Monatliche

Abrechnungwird angeboten

2010PrototypischeAnwendung:

Grid-Maturity-Model

2006Regeln und Standards für Kundenwechselprozesse

(BNetzA)

2018Öffnung des

Echtzeit-Energiehandelsfür Endkunden

2005Treibhausgas-

Emissionshandel

2015Erste

Energiebroker

2013Emissionshandel

für dieEnergiewirtschaft

2014Grid-Maturity-

Modelwird zumStandard

2017Intermediäre

handeln aggregierteNachfrage von

Endverbrauchern

2006Allianz AG steigtins Windenergie-

Geschäft ein

2015Ansätze zur

Bildungdezentraler

Energiemärkte

2000EEX

Leipzig

2020Globaler

Emissions-handel

2020Dynamisch

konfigurierbareService Mashups(z. B. DSM + AAL)am Markt etabliert

2012MonatlicheAbrechnung

flächendeckendeingeführt

2015Export von E-Energy-

Dienstleistungenund -Technologien

(>10 Mrd. EUR)

2011Pönale bei

Stromausfall

Legende: erwarteter Eintritt sicherer Zeitpunkt

Quelle: BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft (2008)

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24 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

3.5.4 Neue Geschäftsmodelle für Service-Anbieter und RetailerIn diesem Segment sind zukünftig die größten Änderungenzu erwarten. Vorreiter sind hier Spin-offs bestehenderUnternehmen (z. B. der Strom- und Gasanbieter YelloStrom GmbH als Tochter der EnBW AG, E wie Einfachvon E.ON AG), demnächst auch branchenfremde Dienst-leister (z. B. TelDaFax AG, Allianz AG, Google Inc.) sowieStart-ups. Neben klassischen Energielieferungen werdenauch individuell auf bestimmte Kundengruppen zuge-schnittene Produkte auf den Markt kommen (z. B. Strom,Gas und Wasser aus einer Hand) und gegebenenfalls run-det ein Portfolio von Fremdprodukten (z. B. Kreditkarten,branchenübergreifende Bonusprogramme) das Angebot ab.

Zusätzlich können mit neuen Services, wie beispielsweiseder Energieverbrauchsoptimierung eines Kunden, völligneue Marktsegmente erschlossen werden. Auch wäre esdenkbar, dass Kunden Rahmenverträge mit spezialisiertenDienstleistern abschließen, die es letzteren ermöglicht,dezentrale Erzeugungskapazitäten (z. B. KWK-Anlagen,abgestellte Elektrofahrzeuge) kurzfristig abzurufen und zusteuern. Der Dienstleister kann so ein virtuelles Regel-energiekraftwerk aufbauen, dessen Leistung er wiederumim Energiegroßhandel anbieten kann. Ein solchesGeschäftsmodell ließe sich auch mit dem Contracting-Modell kombinieren.

Ebenfalls von großer Bedeutung ist die Dynamisierung desHandels selbst. Werden im Endkundenbereich momentannoch statische Tarifverträge abgeschlossen, so kann sichdies durch Projekte wie das „Preissignal an der Steckdose“(Frey 2007) sowie durch die vom Bundesrat im Juli 2008beschlossene Einführung preisvariabler Tarife grundlegendändern. Im vorgenannten Projekt erhalten Kunden Echt-zeitinformationen über die Energiepreisentwicklung dernächsten Stunden und können dann – zunächst manuell,später durch Hausautomatisierungstechnik unterstützt –ihr Energieverbrauchsprofil unter Preisgesichtspunktenoptimieren. Mehrere Studien haben gezeigt, dass dadurcheine Reduktion der Spitzenlasten von ca. 6-20 Prozentmöglich ist (Lieberman and Tholin 2004; Valocchi, Schurret al. 2007).

Alle hier skizzierten neuen Geschäftsmodelle lassen sichnur durch den Einsatz moderner IKT und konsequenterStandardisierung der Kommunikationsprotokolle um-setzen. Neben den heute verfügbaren Applikationen wirdsomit die Entwicklung neuartiger Anwendungen notwen-dig sein, welche bestehende Softwarelösungen ergänzenoder auch ablösen und sich – wie in Abschnitt 3.4beschrieben – in eine Gesamtplattform integrieren lassen.

3.6 Übergangsprozess zum Internet der EnergieAbbildung 12 stellt schematisch den Übergang vom her-kömmlichen Energienetz zum Internet der Energie dar. Im Wesentlichen werden immer mehr Verbraucher auchdie Rolle eines Energieerzeugers übernehmen. Die Verteil-netze und zentralen Erzeuger müssen auf die darauserwachsenden Anforderungen umgestellt werden, um dieNetzstabilität und die Stromqualität weiterhin zu gewähr-leisten. Dies wird (effizient) nur gelingen, wenn paralleleine echtzeitfähige IKT-Vernetzung aufgebaut wird, diealle Beteiligte mit Angebots- und Verbrauchsdaten versorgtsowie Steuer- und Preissignale überträgt.

Es wird deutlich, dass die Vielzahl der Teilnehmer (vomHaushalt bis zum Großerzeuger) an diesem Netzwerk nurbei Vorhandensein von standardisierten Schnittstellen,und Datenaustauschformaten sowie stark automatisiertenGeschäftsprozessen effektiv und effizient interagieren kön-nen. Im Hinblick auf die entstehende Transparenz undneue Angriffsmöglichkeiten auf diese Infrastruktur müssenSicherheit und die Privatsphäre der Nutzer ganz oben aufder Liste der zu realisierenden Anforderungen stehen.Zugriffsberechtigungen und Datenschutzbestimmungenzählen daher ebenso wie Schnittstellen und Datenformatezu den Kernbestandteilen des Internets der Energie.

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25BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Abbildung 12: Übergangsprozess zum Internet der Energie

Quelle: BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft (2008)

(1) Großkraftwerke

Heute: Wenige Großerzeuger bedienen viele Verbraucher

2015: Verbraucher werden Produzenten

2020: Koordination aller Akteure durch das Internet der Energie

(3) Verbraucher (klassisch)

(4) Verbraucher (intelligent)

(5) Leittechnische Anbindung

(6) Übertragungsnetz

(7) Verteilnetz

(8) Lastflüsse

(9) Internet der Energie

(10) Integrationstechnologie

(2) Erneuerbare Energie (fluktuierend)

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26 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Das Szenario hin zu einem Internet der Energie beinhaltet komplexe Zu-sammenhänge und sich wechselseitig bedingende Ereignisschritte. Anhandder drei Szenarien „Elektromobilität“, „Dezentrale Erzeugung“ und„Energiehandel und neue Dienstleistungen“ können die Zusammenhängemöglicher Entwicklungen mit ihren gegenseitigen Abhängigkeiten, vorstell-baren Zeiträumen sowie sich abzeichnender Hindernisse erfasst werden.

4 Szenarien zum „Internet der Energie“ Entwicklungen und Möglichkeiten in einer vernetzten Energiewirtschaft

4.1 Szenario I ElektromobilitätNicht zuletzt durch die Klimadiskussion hat das ThemaElektromobilität, also der Einsatz von hybrid oder reinelektrisch betriebenen Fahrzeugen, an Publizität gewon-nen. Die Bundesregierung erstellt derzeit einen„Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität“, derDeutschland in den kommenden zehn Jahren zum Leit-markt in diesem Bereich werden lassen soll. Laut Plansollen bis zum Jahr 2020 mindestens 1 Mio. am Stromnetzaufladbare, also „Plug-in“ Elektro- und Hybrid-Fahrzeugein Deutschland im Einsatz sein. Sobald in der zukünftigenFlotte signifikante Anteile an Plug-in (hybrid) elektrischenFahrzeugen (PHEVs) vorhanden sind, können derenSpeicher gezielt als Puffer zum Auffangen von Überange-boten und zur Lastgangglättung genutzt werden. Einewesentlich höhere Leistungsdichte von Batterien undSuperkapazitoren als heute verfügbar würde dieseEntwicklung drastisch fördern. Aus technischer Sicht isthier frühestens ab 2013 mit einem Pilotbetrieb zu rechnen,da hierzu erst noch Energiemanagementsysteme im Fahr-zeug mit Anbindung an eine Kommunikationsinfrastrukturzwischen Fahrzeug und Versorger zu entwickeln sind.Weitere Voraussetzung sind konkrete Angebote von Ver-sorgungsunternehmen, welche ausreichende Anreize dafürsetzen, dass Halter von Plug-in Elektrofahrzeugen denVersorgern die Pufferleistung zur Verfügung stellen undAbnahmen garantieren. Die Verbilligung von photovolta-isch erzeugtem Strom bis zur Grid-Parität würde denTrend zusätzlich unterstützen, da dann dezentrale privateErzeuger stärker in Photovoltaik investieren würden, umanschließend ein Überangebot an Energie wahlweise insNetz einzuspeisen oder im eigenen Fahrzeug zu speichern.

Vergleiche zu diesem Szenario: Abbildung 2: Prognosen und Trends – Verfügbarkeitfossiler und erneuerbarer Energieträger; Abbildung 8: Dezentrale Energieerzeugung undSpeicherung.

4.2 Szenario II Dezentrale EnergieerzeugungDezentrale Energieerzeugung ist ein wesentlicher Schlüsselzur Reduzierung der CO2-Emissionen. Die lastnaheErzeugung von Wärme und Strom reduziert den eingesetz-ten Primärenergiebedarf um 60 Prozent gegenüber einerderzeitigen zentralen Erzeugungsstruktur. Darüber hinauskönnen dezentrale Energieerzeuger im Verbund dazubeitragen, Regelenergie bereitzustellen und den Ausbauder zentralen Versorgung zu reduzieren. Insgesamt stehtdie Einführung der kleinskaligen Kraft-Wärme-Kopplungheute trotz KWKG (2002, 2008 novelliert) noch weit-gehend am Anfang. Auf der Verteilnetz- und Mittel-spannungsebene gibt es bereits einige Pilotvorhaben vor-wiegend kleinerer Energieversorger (Stadtwerke Unna,Stadtwerke Karlsruhe) und auch erste kommerzielleEinzelvorhaben, die versuchen, durch den Zusammen-schluss verschiedener dezentraler BHKWs Regelenergiebereitzustellen (z. B. Evonik 400 MW). Alle laufendenProjekte und Anwendungen sind Einzellösungen, die nichtohne wesentlichen technischen und personellen Aufwanderweitert werden können. Mit ersten skalierbaren Lösun-gen, die den Auf- und Ausbau eines Mirco-Grids zulassen,wird erst ab 2013 zu rechnen sein. Dazu sind nicht nurdurchgängige IKT-Lösungen notwendig, mit denen dieverschiedenen Erzeugungsanlagen in einem Gebiet zusam-mengebunden und gesteuert werden können, sondernauch der Umbau der Nahwärmenetze, die die Wärme-mengen dieser Anlagen zu den Endkunden transportieren.

Ebenso ist es erforderlich, die Kleinsterzeugungsanlagen in den Wohngebäuden mit einzubinden. StromerzeugendeHeizungsanlagen werden dort zunächst im Vordergrundstehen und sich unabhängig von den Entwicklungen aufder Verteilnetzebene etablieren. Wesentliche Pilotvorhabenwerden ab 2010 zu sehen sein. Langfristig wird der Heiz-bedarf im Wohnungsbereich aufgrund verbesserter Wärme-dämmung in den Hintergrund treten, dafür wird derBedarf an elektrischer Leistung steigen. Mit dieserEntwicklung einhergehend werden stromgeführte Mikro-

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Internet der Energie

KWK-Anlagen, Brennstoffzellen und kleine Blockheiz-kraftwerke in den Vordergrund treten.

Die Vernetzung der Erzeugung im Gebäude mit denLasten und mit dem netzseitigen Energieangebot wirdmaßgeblich durch variable Tarife ab 2010 für Energiebezugund Einspeisung getrieben. Die Einführung intelligenterZähler ist eine Grundvoraussetzung hierfür, da nur so eineverbrauchs- und tarifabhängige Rechnungsstellung erfol-gen kann. Ein komplexes Energiemanagement erfordertdas Zusammenbinden aller wesentlichen Erzeuger undVerbraucher mittels Lasten- und Erzeugungskontrolle. DieEinführung vernetzbarer weißer Ware (ab 2011) sowieeines verbraucherseitigen Lastmanagementsystems(Demand Side Management – DSM, ab 2012) sind wesent-liche Schritte dafür. Die Kopplung der Lasten mit dendezentralen – möglichst eigenen – Erzeugern wird erst ab2015 durch ein Dezentrales Energiemanagementsystem(DEMS) möglich, das aufgrund gesetzter Parameter wieCO2-Ausstoß oder Preis eine automatische Optimierungdes Energieverbrauchs erlaubt. Stationäre und mobileSpeicher (Elektromobililtät ab 2015 und im größerenMaßstab ab 2020) können dazu einen wesentlichenBeitrag leisten.

Vergleiche zu diesem Szenario: Abbildung 3: Regulatorisches und politisches Umfeld –Regulierungsmaßnahmen im Energiesektor; Abbildung 8: Dezentrale Energieerzeugung undSpeicherung; Abbildung 6: Smart Home – Einsatz von IKT zurEnergieoptimierung in Haushalten.

4.3 Szenario III Energiehandel und neue DienstleistungenWie teilweise bereits durch § 40 EnWG festgelegt werdenlast- und zeitvariable Tarife für Endkunden die bisherigenStrom- und auch Gastarife mit starren Verbrauchspreisensukzessive ersetzen. Anstelle von Fixpreisen wird einzunehmend dynamischer, marktbasierter Energiehandeletabliert, dessen Preisbildungsmechanismen einen effizien-teren Umgang mit Energie fördern. Möglich wird dies aufVerbraucherseite durch die Einführung von Hausautomati-sierungstechnologien, die eine transparente, intelligenteund (teil-)automatisierte Verbrauchssteuerung und damiteine dynamische Reaktion auf variable Energiepreiseermöglichen. Auf Erzeugerseite wird die Installation fern-steuerbarer dezentraler Erzeuger- und Speichertechnolo-gien (u. a. Elektroautos) sowie deren dynamischerZusammenschluss zu Virtuellen Kraftwerken eine schnelleReaktion auf Preisänderungen im Markt ermöglichen.Diese Technologien werden es immer kleineren Erzeu-gungs- und Verbrauchseinheiten ermöglichen, auf Wunschdirekt am börslichen Handel mit Energie teilzunehmen.

Kunden, die die damit verbundene Komplexität desHandels scheuen, können auf spezialisierte Energiebrokerzurückgreifen, die diese Aufgabe übernehmen. Für der-artige Intermediäre wird eine Übernahme von Handels-aktivitäten noch interessanter, wenn Kunden ihnen (ent-geltlich) das Recht gewähren, bestimmte Teile ihrerVerbrauchs- oder Erzeugungsgeräte fernzusteuern. Das soentstehende Regelenergiepotenzial kann dann ebenfallsam Markt angeboten werden. Im Internet der Energie wirdjeder Erzeuger und Verbraucher selbst entscheiden kön-nen, ob, für wen und in welchem Umfang er seine Gerätefreigibt. Basierend auf diesem technologischen Unterbauwerden neue Services wie zum Beispiel Echtzeitver-brauchsanalysen oder auch der Zusammenschluss zuvirtuellen Verbrauchs- und Erzeugungsgemeinschaftenmöglich.

Vergleiche zu diesem Szenario: Abbildung 3: Regulatorisches und politisches Umfeld –Regulierungsmaßnahmen im Energiesektor; Abbildung 6: Smart Home – Einsatz von IKT zurEnergieoptimierung in Haushalten; Abbildung 8: Dezentrale Erzeugung und Speicherung;Abbildung 11: Handel und Dienstleistungen –Entwicklungen im liberalisierten Energiemarkt.

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28 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Die Herausforderungen für die bevorstehenden Umwälzungen im Energie-sektor sind bedeutend und betreffen neben der klassischen Energiewirt-schaft viele weitere Branchen und Akteure. Um einen zügigen Ausbau inRichtung der Vision des zukünftigen Internets der Energie zu fördern undum sicherzustellen, dass die Entwicklungen auch tatsächlich zu einer ver-besserten Effizienz der Prozesse führen, sind gezielte Maßnahmen im Bereichder Standardisierung, Forschungsförderung und Regulierung erforderlich.

5 Den Übergangsprozess gestalten Konkrete Handlungsempfehlungen

5.1 Standardisierung

5.1.1 Harmonisierung und Integration bestehender Standardsund ProtokolleIn den Bereichen der Erzeugung, des Transports und derVerteilung von Energie sind aktuelle Mess- und Zustands-werte ein wichtiger Bestandteil für den Betrieb vonEnergieanlagen und für deren Versorgungssicherheit. DieOptimierung des Energieverbrauchs beruht auf einerdurchgängigen und zeitnahen elektronischen Kommunika-tion zwischen Erzeugern und Lasten auf allen Ebenen desNetzes. Für die einzelnen Abschnitte der übergreifenden

Kommunikation bestehen bereits weltweit beziehungswei-se EU-weit genormte Kommunikationsprotokolle (sieheAbbildung 13). Diese Protokolle sind im Wesentlichen aufeinen Abschnitt beschränkt. Das bedeutet, dass eine durch-gehende Kommunikationsstrecke noch in weiter Ferneliegt. Betrachtet man nun die Einführung von Smart Gridals eine zentrale Aufgabe der nächsten Jahre auf dem Wegzum Internet der Energie, so wird deutlich, dass eine durch-gängige, bidirektionale Kommunikationsstrecke von derErzeugung bis zum Endverbraucher notwendig ist. Darüberhinaus wird die Bedeutung von Virtuellen Kraftwerkenstetig steigen, die ebenso wie das Internet der Energie auf

Abbildung 13: Vielfalt der Standards in Gebäudeautomation, Smart Metering und Energietechnik

Quelle: BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft (2008)

Dezentrale Energieerzeugung Transportnetz Energiemengenmessung Endverbrauch

Anwendungsebene

Transport- undKommunikations-medienebene

LAN W-LAN

ISO 16484-5(BacNet)

ISO/IEC 14543-3(KNX)Anwendungs- und

Transportebene

IEC 62055(El. Zähler [prepaid])

IEC 62056(DLMS/COSEM)

EN 13757(M-BUS)

IEC 61334 (PLC)

WiMax

GPRS/GSM

CDMA

3GPP

DSLEthernet

IEC 61400-25(Windkraftanlagen)

IEC 61850-7-420

(Dezentrale Energieerzeugung)

IEC 61968 (Integration der Anwendungen in Anlagen der Elektrizitätsversorgung)

IEC 60255(Schutzeinrichtungen)

IEC TS 62351 (Daten- und Kommunikationssicherheit)

IEC TR 62325(ebXML)

IEC 61850(Stationsautomatisierung)

TCP/IP

IEC 61970(API Energiemanagement-Systeme)

ISO/IEC 14543-3-1(KNX)

ISO/IEC 14543-3-5 bis 8(KNX)

BacNet/IP

EN 14908-x(LON)

IEC 62443 (Sicherheit)

ZigBee + IEEE (2,4 GHz)802.15.4

EN 13757-2(M-BUS & KNX)

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29BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

aktuelle Energiedaten angewiesen sein werden. Somitstellt eine übergreifende Kommunikationskette hier dieGrundvoraussetzung dar.

5.1.2 Ausweitung der Standardisierungsbemühungen auf Gas,Wärme und WasserFür eine verbesserte Energienutzung ist es notwendig, alleEnergiesparten, also neben der Elektrizität auch Gas,Wärme und Wasser, in das Internet der Energie zu integrie-ren. Der zuvor dargestellte Standardisierungsrahmen mussdaher – wo noch nicht geschehen – auf alle Energiespartenausgeweitet werden. Erst durch die intelligente und kom-binierte Nutzung unterschiedlicher Energiequellen lassensich maximale Effizienzgewinne realisieren.

5.1.3 Koordinierte Förderung von InteroperabilitätDerzeit arbeiten europaweit verschiedene Gruppen undOrganisationen daran, Kommunikationsstandards zu defi-nieren. Es ist jedoch nicht zielführend, wenn mehrereInstitutionen parallel versuchen, Standards zu definieren.Wenn es wirklich zu einer weltweit oder zumindest euro-paweit einheitlichen Lösung kommen soll, muss dies unterder Führung einer unabhängigen Institution erfolgen.Beispiele stellen die IEC, CEN, Cenelec, ESMIG oderERGEG dar. Zur Zeit prüft die EU Kommission die Ver-gabe eines Mandates an eine Arbeitsgruppe bestehend ausCenelec, WELMEC und ETSI, vergleiche Abschnitt 3.3.3.Diese Arbeitsgruppe soll alle bisherigen Standardisierungs-bemühungen bündeln, konzertieren und vorantreiben. Das Ergebnis der Standardisierungsbemühungen musseine EU-weit geltende Norm, zum Beispiel IEC, EN etc.sein. Die Etablierung der Arbeitsgruppe sowie derenrasche Ausarbeitung eines Standards ist durch die Bundes-regierung zu unterstützen.

5.1.4 Offene Kommunikationsstandards für neue TechnologienAufgrund einer durchgängigen Kommunikationsstreckekönnen neue Produkte und Dienstleistungen entwickeltwerden. Auch diesen neuen Produkten muss dieKommunikationsstrecke zur Verfügung stehen. Die zuschaffenden Kommunikationsstandards müssen dahergrundsätzlich offen für die Integration weiterer Anwen-dungen sein.

5.2 Anreize, Regulierung und rechtlicher Rahmen

5.2.1 Schaffung eines widerspruchsfreien RechtsrahmensDurch die Schaffung eines einheitlichen und widerspruchs-freien Rechtsrahmens wird die Entwicklung einer durch-gängigen Kommunikationsstrecke forciert. Zusammen mitder Entwicklung eines Standards schafft der neue Rechts-rahmen die für die Marktteilnehmer (Kunden, Energie-erzeuger, Technologieunternehmen etc.) notwendigeInteroperabilität sowie eine ausreichende Rechts- undInvestitionssicherheit.

5.2.2 Einhaltung des Datenschutzes von Anfang anMit der Einführung des Internets der Energie werdengroße Mengen unterschiedlicher Energiedaten auf ver-schiedenen Aggregationsstufen erzeugt und übertragen.Datenschutz muss – nicht zuletzt wegen der hohenSensibilisierung der Verbraucher und der Medien zudiesem Thema – ausdrücklich eine hohe Priorität in derKonzeption und Umsetzung des Internets der Energiehaben. Die Legislative ist gefordert, die Entwicklung desInternets der Energie aktiv zu begleiten und, soweit nötig,den Rechtsrahmen zur Regelung des Datenschutzes indiesem neuen Umfeld entsprechend anzupassen. Erst eineklare und transparente gesetzliche Regelung von Zugriffs-rechten und -beschränkungen sowohl für den lesendenZugriff aus Mess- und Verbrauchseinheiten als auch fürden steuernden Zugriff auf Erzeuger und Verbraucher wirddie notwendige Akzeptanz für diese neuen Technologienschaffen.

5.2.3 Schaffung nachhaltiger Innovationsanreize fürNetzbetreiberDie Betreiber der Übertragungs- und Verteilnetze sindzentrale Akteure bei der Realisierung einer informations-technisch vernetzten Energiewirtschaft. Da der Netz-betrieb ein natürliches Monopol darstellt, werden die öko-nomischen Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichenBetrieb der Strom- und Gasnetze weitestgehend vom Staatgesetzt. Diesen Handlungsspielraum sollte die Politik nut-zen, um den Weg zu mehr Effizienz und Klimafreundlich-keit zu ebnen. Die derzeitige Anreizregulierung inDeutschland zielt auf die Stärkung des Marktes und damitdie Erhöhung der Wettbewerbssituation ab. Damit bestehtdie Gefahr, dass eine zu starke Fokussierung auf die kurz-fristige Senkung der Kosten geschieht. Vor dem Hinter-grund der anstehenden grundlegenden Veränderungen inder Energieversorgung steht dieses Ziel im Widerspruchzur Entwicklung einer langfristig optimalen Struktur.Sowohl bei der kostenbasierten Regulierung als auch beider Anreizregulierung wird ein Netzbetreiber Ausgabenvermeiden, die sich nicht durch höhere Erlöse aus den

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30 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Netznutzungsentgelten rentieren. Der Einstieg in dasInternet der Energie erfordert jedoch finanzielle Anstren-gungen in den Bereichen Forschung und Entwicklungbeziehungsweise Pilotbetrieb neuer Systeme und Investi-tionen in die Netzinfrastruktur. Die Bundesnetzagentursollte daher sicherstellen, dass Netzbetreiber ausreichendeAnreize haben, diese Investitionen zu tätigen, zum Beispieldadurch, dass entsprechende Ausgaben bei der Regulie-rung der Netznutzungsentgelte gesondert berücksichtigtund entschädigt werden. Ebenfalls wünschenswert wärenbessere Finanzierungsmöglichkeiten für innovativeLösungen, die die Chancen und Risiken geeignet berück-sichtigen. Dies wäre durch die Einführung einer ergänzen-den Innovationskomponente in der Anreizregulierung,ähnlich der Innovation Funding Incentive (IFI) in Englandoder durch eine gezielte Förderung energieeffizienterLösungen, wie dies zum Beispiel die kalifornische Anreiz-regulierung vorsieht, möglich. Auch Dänemark macht vor,wie man über die EU-Ziele hinaus gehende Ziele, nämlich50 Prozent der Erzeugung elektrischer Energie aus Wind-kraft bis 2025, durch eine geeignete Regulierung effektivfördern kann.

5.2.4 Zielgerichtete finanzielle Anreize für energieeffizienteUnternehmenAuf Seiten der gewerblichen Energieverbraucher solltendie bisher in vielen Branchen zur Anwendung kommen-den allgemeinen Strom- und Energiesteuer-Ermäßigungendaran geknüpft werden, dass Betriebe wirksame Energie-managementsysteme einsetzen. Unternehmen, die sichaktiv an Maßnahmen beteiligen, die den Energieverbrauchsenken und die zur Verwirklichung eines intelligenten undeffizienten Energiesystems beitragen, sollten bevorzugtgefördert werden. Derartige monetäre Anreize beschleuni-gen den Einsatz entsprechender Technologien und derenVernetzung, was zu einer schnelleren Umsetzung derVision eines zukunftsfähigen Energiesystems führt. Siebelohnen energieeffiziente Unternehmen und stärken ihreWettbewerbssituation gegenüber weniger effizientenUnternehmen.

5.2.5 Förderung des Einsatzes innovativer vernetzter Geräte bei EndverbrauchernIm Bereich der privaten Endverbraucher können staatlicheProgramme erheblich dazu beitragen, den Einsatz neuerTechnologien zu beschleunigen und effizientes Energiever-brauchsverhalten zu belohnen. Verbraucher sollten dazuangeregt werden, zeitliche Lastverschiebungen beimBetrieb ihrer Elektrogeräte zuzulassen und Smart Meterszu nutzen, um ihren persönlichen Verbrauch besser zubeobachten und Einsparpotenziale zu erkennen. DurchInformationen über die neuen Möglichkeiten, den eigenen

Energieverbrauch intelligent und effizient zu steuern, wirdder Einstieg in die nötigen Technologien erleichtert (sieheauch Öffentlichkeitsarbeit, Abschnitt 5.6). GezielteSubventionen können darüber hinaus dazu beitragen, die Kosten für die privaten Haushalte zu senken.

5.2.6 Förderung von ElektromobilitätIn Zukunft wird auch der Einsatz von (hybriden) Elektro-fahrzeugen eine wichtige Rolle beim Klimaschutz spielen.Die Batterien, mit denen in diesen Autos die elektrischeEnergie gespeichert wird, könnten einen wichtigen Pufferim Stromnetz darstellen, der bei erhöhtem Energieangebot(z. B. viel Wind in Netzen mit hohem Windstromanteil)Strom aus dem Netz aufnehmen und in Engpasssituatio-nen wieder Strom in das Netz einspeisen kann. Sowohldie Forschung und Entwicklung in diesem Bereich alsauch der Praxiseinsatz dieser Konzepte sollten von derPolitik aktiv vorangetrieben werden, indem beispielsweiseElektroautos auch bei einem Masseneinsatz weiterhinsteuerlich begünstigt werden. Elektrisch betriebene Fahr-zeuge stellen eine der vielversprechendsten Optionen dar,um im Verkehrsbereich Emissionen zu reduzieren und sozum Klimaschutz beizutragen, vorausgesetzt sie werdenhauptsächlich aus regenerativen Energien gespeist.

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31BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

5.3 Forschungsförderung

5.3.1 Förderung spartenübergreifender „Multi-Utility“-Projekte„Energieforschung“ wird zu häufig noch mit „Forschungim Bereich der Elektrizitätsversorgung“ gleichgesetzt. Abererst die integrierte Betrachtung von Kraft, Wärme, Wasserund gegebenenfalls Kälte ermöglicht maximale Synergienzur Erreichung einer höheren Gesamteffizienz. ErsteAktivitäten wie zum Beispiel die E-Energy-Projekte10 unddas Projekt DEUS 2111 müssen zukünftig verstärkt wer-den. Dazu werden einerseits Förderprojekte zur Entwick-lung und Pilotierung von Multi-Utility-Smart Meteringbenötigt, die die Kommunikationsanbindung und die zuverwendenden Protokolle und die Schnittstellenformateerproben. Andererseits müssen bei der Anbindung vonSmart Generation entsprechende Standards weiterentwik-kelt und erprobt werden, um BHWK, steuerbare Erzeugerund schaltbare Verbraucher (z. B. Kühlschränke) problem-los integrieren und nutzen zu können.

5.3.2 Förderprojekte zur Realisierung Virtueller KraftwerkeIn den nächsten Jahren gilt es, unterschiedliche dezentraleErzeugungskapazitäten mit den Möglichkeiten der Last-steuerung (prozessgesteuerter Lastabwurf z. B. in derindustriellen Produktion oder durch anreizgesteuertesVerhalten privater Verbraucher) in großflächigen Leitpro-jekten zu kombinieren und dadurch eine optimierteEnergieeffizienz der betrachteten Versorgungsinfrastrukturzu erreichen. Im Rahmen der Europäischen Technologie-Plattform Smart Grids (EC 2006) sollten bereits existieren-de regionale Leitprojekte auf eine grenzüberschreitendeDimension ausgedehnt werden, so dass bis ca. 2021 – alsobis zum geplanten Ausstieg aus der Atomenergie inDeutschland – Virtuelle Kraftwerke flächendeckend reali-siert sind.

5.3.3 Förderung von FACTS-Pilotprojekten im deutschen und europäischen UCTE-Netz Zur Regelung der Energieflüsse zwischen den Bilanz-kreisen sind netzseitig Technologien wie FACTS und HGÜin der Fläche zu etablieren. Diese kommen in Deutschlandnoch nicht zur Anwendung, können jedoch zur verbesser-ten Nutzung der Übertragungsnetzkapazitäten einen ent-scheidenden Beitrag leisten. Über die Realisierung vongroßangelegten Pilotprojekten im deutschen und europäi-schen UCTE-Netz sollte hier die Möglichkeit geschaffenwerden, die Potenziale dieser Technologien systemischund im realen Betrieb zu erforschen und zu demonstrie-ren. So können Technologierisiken minimiert, Vorbehaltegegenüber diesen Technologien abgebaut und deren prak-tischer Nutzen für die Bewirtschaftung von Hochspan-nungsleitungen demonstriert werden.

5.3.4 Grundlagenforschung zur Energiespeicherung und -übertragung In der eher technologieorientierten Grundlagenforschungsollte die Speicherung und (Fern-)Übertragung vonElektrizität ein eigener Forschungsförderschwerpunktwerden, da mit zunehmend dezentraler und räumlich weitgetrennter Stromerzeugung und mit einem zunehmendenEinsatz von Elektroautos der Bedarf für nachhaltigeLösungen wächst. Die Förderinitiative „Lithium-basierteEnergiespeicher“ des BMBF ist dazu ein guter Startpunkt,aber nicht umfassend genug. Förderwürdige Technologienin diesem Bereich sind beispielsweise auch große chemi-sche Energiespeicher in Form von Redox Flow Systemen12

für den stationären Einsatz und Doppelschichtkonden-satoren (Supercaps) als verheißungsvolle Nachfolgetech-nologie für Batteriespeicher in Elektroautos.

5.3.5 Untersuchung von Endverbraucherverhalten,Anreizmechanismen und TechnologieakzeptanzDas größte Energieoptimierungspotenzial bietet diebewusste Verhaltensänderung jedes Einzelnen. Allerdingssind die individuellen Anreize zur Änderung der eigenenLebensweise derzeit nicht ausreichend. Es weiß zwarinzwischen jeder Bürger, wie wichtig Energiesparen ist,aber nur eine kleine Minderheit passt Lebensstil undKonsumverhalten entsprechend an. Hier sollte eine ver-stärkte Förderung ökonomischer und soziologischerProjekte ansetzen, die Anreizsysteme und Gruppeneffektemit dem Ziel untersuchen, Energiebewusstsein stärker inder Bevölkerung zu verankern und nachhaltige Verhal-tensänderungen herbeizuführen. Ein weiterer Faktor fürdie verzögerte Einführung innovativer Energiespartech-nologien kann deren mangelnde Nutzerakzeptanz sein. Inentsprechenden Studien und Forschungsprojekten solltedaher eingehend überprüft werden, welche Erwartungen,Bedürfnisse und Ängste Endverbraucher im Umgang mitintelligenten Endgeräten haben, so dass die so gewonne-nen Erkenntnisse bei der Konzeption und der Umsetzungdes Internets der Energie angemessen berücksichtigtwerden können.

10 http://www.e-energie.info11 http://www.isi.fhg.de/n/Projekte/deus.htm12 vgl. http://www.vrbpower.com

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Internet der Energie

5.4 Fördermethodik und Reorganisation

5.4.1 Bessere Koordination der FörderaktivitätenDie deutsche Forschungsförderung im Bereich der Energieist immer noch sehr disparat. Allein in spezifischen for-schungs- und innovationspolitischen Initiativen der Jahre2006 bis 2009 werden sechs verschiedene Bundesministe-rien als Verantwortliche benannt – eine Koordination mitEU-Initiativen wird nicht thematisiert. An erster Stellesteht daher die Empfehlung, alle Aktivitäten zur Förde-rung der Energieforschung über ministeriale Grenzenhinweg bei einem nationalen Koordinator zu bündeln.Diese Koordinationsstelle sollte die Kompetenz und dieAufgabe haben, einzelne Aktivitäten besser aufeinanderabzustimmen, um so zu einer zielgerichteteren Förderungzu gelangen.

5.4.2 Stärkere Fokussierung auf systemische ForschungDie aktuelle Schwerpunktsetzung auf einige als besondersförderungswürdig eingestufte Technologien ist einseitigund greift zu kurz. Daher zielt die Empfehlung auf einensystemischen Ansatz, der Teilbereiche der Energie-forschung aus Ingenieurwissenschaften, Informatik sowieWirtschafts- und Sozialwissenschaften beinhaltet unddiese in einen übergreifenden Zusammenhang stellt. Eingutes Beispiel hierfür ist das neu gegründete „KIT-ZentrumEnergie“ des Karlsruhe Institute of Technology.13

5.4.3 Vorreiter bei intelligenter Energienutzung zertifizieren und auszeichnenÜber die direkte finanzielle Bezuschussung von Projektenhinaus haben sich auch solche Förderinstrumente alserfolgreich erwiesen, die Unternehmen die Möglichkeitgeben, sich als Vorreiter in einem bestimmten Bereich wiezum Beispiel dem Klimaschutz zu profilieren. Zertifizie-rungen, Preise für das energieeffizienteste Unternehmen,die Beteiligung an innovativen und öffentlichkeitswirksa-men Pilotprojekten und auch die Auslobung von Prämien(analog z. B. zum X-Price für den ersten privaten Welt-raumflug) können eine starke Motivation für Firmen dar-stellen, sich nachhaltig zu engagieren.

5.4.4 Integration der öffentlichen Verwaltung in das Internet der EnergieDie Entstehung des Internets der Energie kann durch diefrühe Integration der öffentlichen Verwaltung aktiv geför-dert werden. Öffentliche Gebäude wie Schulen, Hoch-schulen, Verwaltungen und Rathäuser können öffentlich-

keitswirksam genutzt werden, um „Best Practices“ zudemonstrieren. Gleichzeitig fördern die damit verbundenenAufträge und Investitionen unmittelbar die einschlägigenWirtschaftsbereiche und forcieren somit die Entwicklungund Installation der erforderlichen Technologien. Dieöffentliche Verwaltung leistet so ihren aktiven Beitrag zurEnergieeinsparung, den sie dann anschließend auch vonjedem Bürger konsequenter einfordern kann. Darüber hin-aus sollten auch die Prozesse der öffentlichen Verwaltungselbst kompatibel zu den Standards des Internets derEnergie werden.

13 http://www.forschung.kit.edu/147.php

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33BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

5.5 Aus- und Weiterbildung

5.5.1 Interdisziplinäre StudiengängeMit der Entstehung des Internets der Energie wird auchdie Nachfrage nach Fachkräften, insbesondere aus denBereichen der Elektrotechnik und der Informatik, aberauch der Wirtschaftswissenschaften, weiter steigen. Dabeiwerden insbesondere Akademiker/-innen mit Doppel-qualifikation benötigt. In Vorbereitung darauf sollte diedeutsche Hochschullandschaft um entsprechendeStudiengänge ergänzt werden.

5.5.2 Erweiterung der Aus- und WeiterbildungsangeboteNeben der Hochschulausbildung muss auch das staatlicheAus- und Weiterbildungsangebot angepasst werden.Elektriker, Mechatroniker und Installateure werden imInternet der Energie sehr komplexe Bauteile wie elektroni-sche Zähler oder Hausautomatisierungslösungen installie-ren und warten müssen, die neben elektrotechnischenFähigkeiten auch Kenntnisse im Bereich der IKT erfordern.Darüber hinaus wird es einen großen Bedarf an Fach-informatikern geben, die eine gute Kenntnis der Energie-domäne haben. Der Bedarf an intelligenten Bauteilen wieSmart Meters, DEMS etc. ist groß, die Zahl entsprechendqualifizierter Fachinformatiker aber gering. Um diesenneuen Anforderungen Rechnung zu tragen, müssen neueAusbildungsberufe geschaffen und die bereits bestehendenAusbildungsordnungen angepasst und erweitert werden.

5.6 Öffentlichkeitsarbeit

5.6.1 Kommunikation der Potenziale und Vorteile für eine breite ÖffentlichkeitDas Internet der Energie hat das Potenzial, viele Lebens-bereiche tiefgründig zu verändern. Dazu müssen dieKunden aber bereit sein, sich zukünftig auf gewisseVeränderungen bestehender Lebensgewohnheiten einzu-lassen, was von sich aus nicht selbstverständlich ist.Beispielsweise werden Nutzer künftig die Waschmaschinenicht direkt einschalten, wenn sie befüllt ist, sondern nurzum Betrieb freigeben. Das System optimiert dann aus derenergiewirtschaftlichen Gesamtsicht und unter Wahrungvon Nutzerpräferenzen den Zeitpunkt, zu dem die Wasch-maschine tatsächlich in Betrieb geht. Die Bevölkerungmuss dazu umfassend über das System, seine Anwendun-gen und vor allem die damit verbundenen Vorteile hin-sichtlich verbesserter Effizienz und Klimaverträglichkeitinformiert werden. Dazu müssen die entsprechendentechnischen und energiewirtschaftlichen Hintergründeund Zusammenhänge für verschiedene Zielgruppen auf-bereitet und anschaulich und verständlich dargestelltwerden.

5.6.2 Maßnahmen zur VertrauensbildungInsbesondere vertrauenswürdige Quellen sind mit Mittelnauszustatten, um für die Darstellung, Kommunikation undKlärung von Fragen rund um das Thema Internet derEnergie für den Bürger zur Verfügung zu stehen. Geeigneterscheinen Broschüren, Fachtagungen oder Anzeigen inder Tagespresse, um die Bevölkerung mit dem bevorste-henden Wandel vertraut zu machen. Diese Maßnahmenmüssen Hand in Hand gehen mit der aktiven Gestaltungdes Rechtsrahmens und der vorsorglichen Regelung desDatenschutzes. Die Maßnahmen zur Implementierung desDatenschutzes müssen frühzeitig transparent gemachtwerden.

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34 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

µ-KWK Micro-Kraft-Wärme-Kopplung (kleine KWK Anlagen)AAL Ambient Assisted LivingAPX Amsterdam Power ExchangeBACnet Building Automation and Control Networks (Kommunikationsstandard)BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und RohstoffeBHKW BlockheizkraftwerkBMBF Bundesministerium für Bildung und ForschungBMWi Bundesministeriums für Wirtschaft und TechnologieCCS Carbon Capture and StorageCenelec Comité Européen de Normalisation ElectrotechniqueDEMS Dezentrales EnergiemanagementsystemDSM Demand Side ManagementEEG Erneuerbare Energien GesetzEEX European Energy ExchangeEIB/KNX KNX AssociationEnWG EnergiewirtschaftsgesetzERGEG European Regulators’ Group for Electricity and GasESB Enterprise Service BusESMIG European Smart Metering Industry GroupETSI European Telecommunications Standards InstituteEVU EnergieversorgungsunternehmenFACTS Flexible Alternating Current Transmission SystemFigawa Bundesvereinigung der Firmen im Gas- und Wasserfach e. V.GasNZV GasnetzzugangsverordnungHGÜ Hochspannungs-Gleichstrom-ÜbertragungIFI Innovation Funding IncentiveIGBT Intelligenter WechselrichterIGD Intelligent Grid DevicesIKT Informations- und KommunikationstechnologienKEMA Beratungs- und Prüfgesellschaft für die EnergiewirtschaftKWK Kraft-Wärme-KopplungKWKG Kraft-Wärme-KopplungsgesetzLED Licht-emittierende DiodeLON Local Operating NetworkOLED Organische LEDPEV Plug-in Electrical VehiclePHEVs Plug-in Hybrid Electrical VehicleSOA Serviceorientierte ArchitekturenStromNZV StromnetzzugangsverordnungTWh TerawattstundeUCTE Union for the Coordination of Transmission of ElectricityVDE Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik e. V.WEA WindenergieanlagenWELMEC Western European Legal Metrology CooperationZigBee Low-power wireless-Standard der ZigBee AllianceZVEI Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V.

AnhangAbkürzungen

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35BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

Abbildungen

Abbildung 1: Jährliches weltweites CO2-Einsparpotenzial durch Einsatz von IKT 7Abbildung 2: Prognosen und Trends – Verfügbarkeit fossiler und erneuerbarer Energieträger 7Abbildung 3: Regulatorisches und politisches Umfeld – Regulierungsmaßnahmen im Energiesektor 8Abbildung 4: Vielfalt der Akteure und vertraglichen Beziehungen im liberalisierten Strom-, Zähl- und Messmarkt 9Abbildung 5: Internet der Energie 13Abbildung 6: Smart Home – Einsatz von IKT zur Energieoptimierung in Haushalten 14Abbildung 7: Großtechnische Energieerzeugung, -verteilung und -speicherung –

Paradigmenwechsel in der Netztechnik 16Abbildung 8: Dezentrale Energieerzeugung und Speicherung 17Abbildung 9: IKT-Infrastruktur mit Smart Metering 18Abbildung 10: Anforderungsdomänen Internet der Energie 20Abbildung 11: Handel und Dienstleistungen – Entwicklungen im liberalisierten Energiemarkt 23Abbildung 12: Übergangsprozess zum Internet der Energie 25Abbildung 13: Vielfalt der Standards in Gebäudeautomation, Smart Metering und Energietechnik 28

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36 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

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Literaturquellen

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Internet der Energie

Forderungskatalog

Standardisierung

1. Harmonisierung und Integration bestehender Standards und Protokolle2. Ausweitung der Standardisierungsbemühungen auf Gas, Wärme und Wasser3. Koordinierte Förderung von Interoperabilität4. Offene Kommunikationsstandards für neue Technologien

Anreize, Regulierung und rechtlicher Rahmen

5. Schaffung eines widerspruchsfreien Rechtsrahmens6. Einhaltung des Datenschutzes von Anfang an7. Schaffung nachhaltiger Innovationsanreize für Netzbetreiber8. Zielgerichtete finanzielle Anreize für energieeffiziente Unternehmen9. Förderung des Einsatzes innovativer vernetzter Geräte bei Endverbrauchern

10. Förderung von Elektromobilität

Forschungsförderung

11. Förderung spartenübergreifender „Multi-Utility“-Projekte12. Förderprojekte zur Realisierung Virtueller Kraftwerke13. Förderung von FACTS-Pilotprojekten im deutschen und europäischen UCTE-Netz 14. Grundlagenforschung zur Energiespeicherung und -übertragung 15. Untersuchung von Endverbraucherverhalten, Anreizmechanismen und Technologieakzeptanz

Fördermethodik und Reorganisation

16. Bessere Koordination der Förderaktivitäten17. Stärkere Fokussierung auf systemische Forschung18. Vorreiter bei intelligenter Energienutzung zertifizieren und auszeichnen19. Integration der öffentlichen Verwaltung in das „Internet der Energie“

Aus- und Weiterbildung

20. Interdisziplinäre Studiengänge21. Erweiterung der Aus- und Weiterbildungsangebote

Öffentlichkeitsarbeit

22. Kommunikation der Potenziale und Vorteile für eine breite Öffentlichkeit23. Maßnahmen zur Vertrauensbildung

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40 BDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Internet der Energie

BDI-Drucksache Nr. 418Stand/Auflage: Dezember 2008/7.000 ExemplareISSN 0407-8977

Herausgeber: Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Breite Straße 29, 10178 Berlin, www.bdi.euBDI initiativ IKT für Energiemärkte der Zukunft

Verlag: Industrie-Förderung Gesellschaft mbH, Berlin

Arbeitskreisleitung: Dr. Orestis Terzidis, SAP AG

Autoren (alphabetisch):Carsten Block Universität Karlsruhe (TH)Prof. Dr. Frank Bomarius Fraunhofer IESEDr. Peter Bretschneider Fraunhofer IITB/ASTFlorian Briegel BDI initiativDr. Norbert Burger FigawaBernhard Fey RheinEnergie AGHellmuth Frey EnBW Energie Baden-Württemberg AGDr. Jens Hartmann VISOS GmbHClaus Kern Siemens AG, Energy SectorDr. Bernhard Plail Siemens AG, Energy SectorGeorg Praehauser ABB AGir. Luc Schetters RheinEnergie AGFriedrich Schöpf Robert Bosch GmbHDetlef Schumann IBM Deutschland GmbHFrank Schwammberger IBM Deutschland GmbHDr. Orestis Terzidis SAP AGRalf Thiemann IBM Deutschland GmbHDr. Clemens van Dinther FZI – Forschungszentrum InformatikDr. Klaus von Sengbusch ABB AGDr. Anke Weidlich SAP AGProf. Dr. Christof Weinhardt Universität Karlsruhe (TH)

Gesamtredaktion:Florian Briegel, BDI initiativ

Graphik und Layout:Konzept: Factor DesignUmsetzung: Sabine Sexauer

Gesamtherstellung:Müllerdruck Mannheim

Das Werk, einschließlich aller seiner Bestandteile, ist urheberrechtlich geschützt. Schutzgebühr: 2,50 Euro.

Die Online-Version dieser Broschüre, eines Szenarien-Posters sowie eines Flyers steht unter www.bdi-online.de/BDIinitiativ/IKTderZukunft.htm zum Download bereit.

Impressum

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