14
MISCELLANEA BAVARICA MONACENSIA Dissertationen zur Bayerischen Landes- und Münchner Stadtgeschichte herausgegeben von Karl Bosl und Michael Schattenhofer -- 11;g19tc": -Heft 83 -:'i",~l1C ~.. " "', BRITTA-R. SCHWAHN Die Glyptothek in München -Baugeschichte und Ikonologie - lt KommisSionsverlag UNI-Druck. München -- Neue Schriftenreihe des Stadtarchivs München 1983 -

Die Glyptothek in München - utzverlag.de · Die Ikonologie des Nischenzyklus 114 Ludwig als Erbe mäzenatischer Tradition 116 Der Innenhof und seine Vorbilder 121 Die Nebengelasse

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

MISCELLANEA BAVARICA MONACENSIA

Dissertationen zur Bayerischen Landes- und Münchner Stadtgeschichte

herausgegeben von Karl Bosl und Michael Schattenhofer

--

11;g19tc":

-Heft 83 -:'i",~l1C

~.. " "',BRITTA-R. SCHWAHN

Die Glyptothek in München

-Baugeschichte und Ikonologie -

ltKommisSionsverlag UNI-Druck. München

--

Neue Schriftenreihe des Stadtarchivs München

1983

-

.. '* .,.' ,,~,:" '",. f'

,,;..'

:,: -:!:"S,I:)I..,; ",JrF1AVA8 i ':,: .',~)j- .'i;jjCL;..~A :'!lJ -esbnsJ ..;;:r:j -,j :\) 1'." !

," ,

'tU lao8 :,q)! riO'.: .'9' j,,I

-.-, ~~

Tag der mündlichen Prüfung: 19. Juli 1976

Referent: Professor Dr. Wolfgang Braunfels

Korreferent: Professor Dr. Jörg Traeger

Schriftleitung:Dr. W. Grasser, Stauffenbergstraße 5/pt., 8000 München 40

Alle Rechte vorbehalten

-auch die des Nachdrucks von Auszügen,der photomechanischen Wiedergabe und der Obersetzung -

@ Copyright 1983 Stadtarchiv München

ISBN 3-87821-195-3

Druck und Auslieferung:

UNI-Druck, Amalienstraße 83, 8000 München 40

Bild gegenüber Titelseite: Glyptothek Hauptfassade (Vorkriegszustand)

ABKORZUNG: Für Zitate wird die Abkürzung MBM empfohlen,

z. B. MBM Heft 2 Seite 66

""~"""",",'"""",,,", -~ ~---

t,f

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommer 1976 von der Philosophischen

Fakultät der Ludwig Maximilians-Universität zu München als Dissertation

angenommen.

Für Hilfe und Unterstützung danke ich meinem Doktorvater, Herrn

Professor Dr. Wolfgang Braunfels, weiter Herrn Direktor Dr. Klaus

Vierneisel, Herrn Archivdirektor Dr. Richard Bauer, der Fritz Thyssen

Stiftung und nicht zuletzt dem Verein der Freunde und Förderer der

Glyptothek und der Antikensammlungen München.

t -I -

INHALT

SeiteTHEMENBEGRONDUNG IGiebJ M. '"

Forschungsstand ;;r; 1

Problemstellung der Arbeit 3

ZUR ENTSTEHUNG DER GLYPTOTHEK 7

t Die Münchner Antikensammlung 7

Abgußsammlungen und Antikensäle 8Die Antikensammlung des Kronprinzen Ludwig 12

Ankaufskategorien und Restaurierungsprinzipien 14r!,l

DIE BAUPLANUNG 16,.

Quarenghis Entwurf 16Die Formulierung der Bauaufgabe in der KorrespondenzLudwigs mit Haller v. Hallerstein 18Der Wettbewerb der Münchner Akademie 19

DER ARCHITEKT HALLER v. HALLERSTEIN 23

i Projekt I 24c Projekt 11 und 111 26

DAS KONIGSPLATZKONZEPT 27

Die Platz gestaltung 27I,. Die Interpretation des Königsplatzes 31

; LEO v. KLENZE. ARCHITEKT 33

: Klenzes künstlerische Herkunft und die Begegnung, mit Kronprinz Ludwig 33

Klenzes Pariser Vorentwurf 35

Die Wettbewerbsprojekte Klenzes 37

Entwurf I 38

Entwurf 11 41

Entwurf 111 43

Beurteilung 44!

Das Wettberwerbsergebnis 45, Die Benennung "Glyptothek" 46

-11 -

DER ARCHITEKT KARL v. FISCHER 47

Entwurf I 47

Entwurf II 49

Die überarbeitung aller Entwürfe durch Klenze 51

Die Verteidigung der lonika 52

DIE ZWISCHENENTWüRFEKLENZES 53

Zwischenentwurf I 53

Der Grundrißtyp 56

Die Grundsteinlegung 56

Die Münchner Baubehörde 57

Klenzes Anfangsschwierigkeiten in München 58

Die Zwischenentwürfe II bis IV 59

Die Einführung der Serliana 61

Zwischenentwurf V 62

Zwischenentwurf VI 63

Zwischenentwurf VII 64

Versuch einer typologisch-chronologischen Reihe derZwischenentwürfe Klenzes zur Glyptothek 65

BAULENKUNG 66

Die Entscheidung des Bauherrn 66

Die Formvorstellungen J .M. Wagners zum Antikenmuseum 67

Wagners verlorener Grundrißplan 69

Die Oberlicht-Theorie 71

Wagners Farbpurismus 72

Ableitungen und Parallelen der Theorie Wagners 73

Die Kritik Wagners an Klenzes Raumdisposition 76

Die Windpotenz 80

DIE ANALYSE DES AUSGEFUHRTEN GEB~UDES 81

Der Bauplatz 81

Bautermine 82

Der Außenbau 83

Die rückwiirtige Fassade 86Der Hauptportikus als Propyläen-Adaption 86Die Rechtfertigung der unkannelierten. entasislosen Säule 89Die Erzportale 91Die Bauzier 92

-III-

Der Frontgiebel 93

Planung und Ausführung 93Der Anteil L.M. Schwanthalers am Giebelbild 96Verzeichnis der Handzeichnungen J.M. v. Wagners zumGiebelbild 97Das Giebelbild nach Wagners Entwurf 98Ikonologie und Stil des Giebelbildes 101

Die Statuennischen 102

Die Statuennischen und ihre historische Rechtfertigungdurch Klenze 102Die Beurteilung der Statuennischen in den Traktatender Architekturtheoretiker 105Programm und Ausführung nach historischen Gesichtspunkten 106Grands hommes (Exkurs) 110Die Ikonologie des Nischenzyklus 114

Ludwig als Erbe mäzenatischer Tradition 116

Der Innenhof und seine Vorbilder 121

Die Nebengelasse 124

Heizung 125

Das Baumaterial 125

Das Dach 127

DIE STRUKTUR DES GEBÄUDEINNERN 129

Die architektonische Form der Säle 129

Die Wölbungen 129

Die Saal trennung 130

Die Raumgruppierung 131

Der chronologische Rundgang 132

Die Beleuchtung 133

Das System der Innendekoration 136

Die Wände 139Die Pavimente 141Die Piedestale 143

Das Aufstellen von Antike unter Berücksichtigung vonWinckelmanns Kontrastbegriff 144

Die Antikenaufstellung in der Glyptothek 146

FUHRUNG DURCH DIE SÄLE 148

Hauptvestibül 148

Ägyptischer Saal 151

Die Ägyptenmode im Museum 153

Inkunabel saal 156

Äginetensaal .159

l

-IV-

Die Aufstellung der Agineten 164IExkurs zum Streit über antike Polychromie 167

Apollosaal 170"'~ Bacchussaal 172

Niobidensaal 175

Heroensaal 178

Römersaal 179

Das Karyatidenmotiv 189

Saal der Bronzen und farbigen Steine 192

Saal der Neueren 194

Der Umfang der Sammlung 198

Assyrischer Saal 200

DAS FESTAPPARTEMENT 202

Planung 202

Der formale Gedanke 204

Die Fackelbeleuchtung 205

Die architektonischen Determinanten der Freskosäle 209

Die Rolle des Stuckes in der Dekoration der Freskosäle 211

Die Programmfindung und -deutung 212

Kleine Vorhalle 215

Göttersaal 216

Trojanersaal 226

Die vorbereitenden Arbeiten zu den Fresken 233

Cornelius' Mitarbeiter 235

Cornelius' künstlerische Herkunft 237

Die Beurteilung der Fresken 239

DIE INSTITUTION 241

Einige Urteile über die Glyptothek 241

Wagners Schlußkritik 242

Die Eröffnung 243

Die Voraussetzungen zur Offentlichkeit der Glyptothek 244

Publizität 247

Die Kosten 251

Das Testament König Ludwigs 252

Die Entlohnung Klenzes 253

~

-v-

Die Wiederherstellung- der Glyptothek 255

Resumee 256

f Anmerkungen 259

Beilag-en 290

Mitarbeiter bei der Glyptothek 303

Maße der Glyptothek 304

Abkürzungsverzeichnis 305

Literaturverzeichnis 307

Abbildungsnachweis 319

,

't c

"

,.

~!':?"

-1 -

and

Die Glyptothek, bisher noch nicht als Baumonografie abgehandelt, ist dennoch

seit ihrem Entstehen der Gegenstand rezensorischer Bemühungen. die oft ten-

denziös die eine oder andere Richtung der stark divergierenden Meinungen

über diese Institution wiedergeben,

Gleichzeitig mit dem Briefwechsel aller Beteiligten erscheinen die vom Bauherrn

selbst angeregten laufenden Pressebesprechungen, die Quellenkenntnisse ver-

mitteln ,1) Ihnen gliedern sich die frühen Kataloge an, die die Antikensammlung

zum Gegenstand haben und in diesem Rahmen kurz Architektur und Ausstat-tung des Gebäudes referieren, 2) Von bedeutendem Informationswert ist das

Klenze-Stichwerk mit einem komprimierten Text über die Absicht der Glypto-

thek und Umrißstichen zu Baudetails.3) Die Entwurfs- und Dokumentations-

zeichnungen in der Maillinger-Sammlung des Stadtmuseums München (MS I 17011

1-63, teilweise mit Maßangabe auf der Basis des bayerischen Fuß), liegen als

geschlossene Mappe "Glyptothek" vor, deren Einzelblätter, zum Teil kolorierte

Federzeichnungen, von Klenze oder Ohlmüller nach Klenze Sind,4) Es folgt

eine umfangreiche und stets in gleicherweise ungenaue Guidenliteratur über

das ludovizianische München, das unter die sehenswertesten Städte Europas

aufgerückt war,

Was sich anschließt, ist als Sekundärliteratur zu bezeichnen. Sie setzt ein mit

Urlichs noch von König Ludwig autorisierten Schriften über die Entstehung der

Sammlung,5) Ihm folgt 1888 H, Reidelbach, der nun schon nahe an den Quellen

arbeitet, aber durch den Verzicht auf Referenzangaben schwer zu verwerten

ist, Bei seinem Gang entlang der Führungslinie durch die Säle b~schränkt er

sich ganz auf die Würdigung der Antiken. Reidelbach, wie J.N. Sepp, 1869,

der einstmals wegen unloyaler Haltung zum König aus der Hochschullaufbahn

entlassene Professor, den Ludwig noch kurz vor seinem Tode als persönlichen

Biografen bestellte, berichten detailliert und deskriptiv, Sepp gibt sich dabei

als Panegyrikus Ludwigs, dessen bewundernswerte Einzelangaben der Prüfung

nicht standhalten. Die Sekundärliteratur der ersten Phase bleibt durchweg un-

kritische Berichterstattung; die kunstgeschichtliche Fragestellung wurde noch

nicht erkannt. Zwischen Quelle und Sekundärliteratur steht H, Riegels aufge-

zeichnetes Gespräch mit Cornelius, 1868, der als persönlicher Freund des Ma-

lers noch etwas von der alten Rivalität zwischen dem Architekten und Freskan-

-ten einfließen läßt,

-2 -

Als erste und zuverlässigste, wenn auch unvollendet gebliebene Monografie

über Klenze entsteht 1921 die Dissertation von H. Kiener, in deren Rahmen

der Glyptothek ein umfangreiches Kapitel gewidmet ist. Kiener verwertet zum

erstenmal die Nachrichten der Archive, zum Teil ohne Herkunftsnachweis, um

Klenzes stilistische Einordnung vorzunehmen, die er in Reminiszenzen und

Klenze unbewußt gebliebener barocker Stilempfindung, abseits des gültigen

klassischen Maßstabes ansiedelt oder gerade dagegen abzusetzen sucht. Man

spürt die Schule Wölfflins. Ober Kieners formalästhetische Betrachtung gehen

keine Arbeiten, die sich mit Klenze befassen, hinaus, weder die einseitig den

Standpunkt J.M. Wagners bestärkenden des W. Frhr. v. Pölnitz, 1929 und

1936, noch O. Hederers großangelegte Klenze-Monografie in der Art eines

Oeuvre-Verzeichnisses, 1964, der, den Wert der Kienerschen Vorarbeiten er-

kennend, daher zitiert -ein Verfahren, das legitim erscheint, angesichts der

gültigen Aussagen und Schlüsse Kieners. Hederer bleibt das Verdienst, im

Anhang ein Verzeichnis der in München lagernden Archivalien, mit jeweils

stich wortartiger Inhaltsangabe zusammengestellt zu haben.

1954 entsteht H. Selings Dissertation über Kunstmuseen als neue AufgIlbe der

Architektur des 19. Jh. Die Prävalenzen der Glyptothek werden herausgearbei-

tet, wobei sich der Autor auf Zitate der Klenze- Literatur stützt und einige er-

erbte Ungenauigkeiten weiterschleppt. Seling leitet den Bau von den französi-

schen Idealentwürfen der Akademie her, eine Tatsache, die auch Kiener be-

kannt war, ohne daß er diese Richtung konsequent weiterverfolgt hätte und

versucht dabei vollständig zu sein. Das Thema war von europäischem Interesse

und wurde von N. Pevsner 1967 gekürzt ins Englische übertragen.

1967 behandelt V. Plagemann die museologische Stellung der Glyptothek im Rah-

men der Museumsbauten jener Zeit, legt wieder auf die Baugeschichte größeren

Wert, wobei er eigene Detailforschung investiert und vermag aufgrund dessen

die Entwürfe Klenzes in einer Reihenfolge zu sehen. Er kann aufzeigen, wie

die Bildprogramme, vor allem die des Außenbaues, durch Schlüssigkeit und

Konsequenz für die folgenden Generationen von Museumsbauten vorbildhaft

werden konnten. P. Böttgers Monografie über die Alte Pinakothek, 1972, nutzt

die Stellung der Glyptothek als erstes Werk in der Reihe von König Ludwigs

Bildungsbauten, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in. der Grundhaltung

dieser beiden vom gleichen Architekten konzipierten Museen aufzuzeigen. Es

wird deutlich, daß der Initialgedanke für die folgenden Museen Münchens von

der Glyptothek ausgeht. Daß sich die Dissertation K. Fräßles über Haller v.

Hallerstein, 1971, intensiv mit dem Planungs- und Baugeschehen der Glyptothek

!J'

-3 -

befaßt -eigene Recherchen und Archivarbeit hat die zuverlässigsten Aussagen

möglich werden lassen -liegt im Werk des Architekten begründet, als dessen

chef-d'oeuvre die Entwürfe zum Wettbewerb für Antikenmuseum und Walhalla

des Kronprinzen von Bayern erläutert werden.

Problemstellung der Arbeit

Diese Arbeit, angeregt durch museumskundliche Interessen, will weniger die

im anderen Kontext angeschnittene Vorbildlichkeitsfrage der Glyptothek und

ihren Anspruch als frühe, öffentlich zugängliche Antikensammlung in den Vor-

dergrund stellen, als vielmehr eine rekonstruierende Dokumentation des Innern

sein, die den alten, endgültig aufgegebenen Original zustand deskriptiv vor

Augen führt. Auch soll weder die Glyptothek in stilistischer Hinsicht behandelt

(das kann bei Kiener nachgelesen werden), noch ihre formale Herleitung von

traditionellen europäischen Sammlungsräumen oder den französischen Grands

Prix erläutert werden (das ist bei Seling zu finden). Es soll vielmehr vollstän-

dig das innere Bild wiederhergestellt werden, d.i. rahmende Innendekoration,

Ausstattung, Farbigkeit, Beleuchtung, Aufstellung, ergänzt von dem umfassen-

den Bildprogramm des Außeren und Innern, worüber sich in der Literatur kei-

ne Bemerkung findet, die über das von Klenze und Schom Gesagte hinaus-

ginge.

Die Analyse der Dekoration und deren ikonologische Interpretation ist durch

das Fehlen von farbigem Abbildungsmaterial des verlorenen Zustandes beson-

ders erschwert. Des Dekors inhaltsbeladene BiIderwelt, die als bewußte Inter-

pretation der Architektur fast gleichwertig z.ur Seite tritt, gilt es zu klären

und den Weg aufzuzeigen, der zum ersten zusammenhängenden BiIdprogramm

eines Museums führt, woraus für die folgende Zeit eine ikonografische Tradi-

tion erwächst. Im Zusammenhang mit der Besprechung der inneren Dekoration

ergaben sich Anmerkungen zu dem Kapitel der Wiederentdeckung antiker Po-

lychromie, deren bedeutendster Vertreter, der Architekt Hittorff in der Folge

weit weniger exponiert scheint.

Als zweiter Schritt sollen die Form- und Dekorationsprobleme nach ihrer Ab-

leitungsmöglichkeit hin untersucht werden. Für diesen Aspekt war die allge-

meine Dekorationstheorie grundlegend. Die Renaissanceüberlieferung eines

~

-4 -

Quatremere, auf dessen Linie Klenze fortschreitet, setzt sich gegen die Theo-

rie der Rigoristen wie Lodoli, Milizia und Laugier durch und das nicht nur im

Falle der Glyptothek, sondern aller anknüpfenden Museumsbauten des 19. Jh.

Wodurch diese Möglichkeit Unterstützung ~rfuhr, verraten die Romreisen Kron-

prinz Ludwigs ab 1804 und die Klenzes, vor 1807 beginnend. Dort wirkten das

Museo Pio-Clementino, das für Skulpturenaufstellung konzipierte Erdgeschoß

der Villa Borghese und die eigens für Antiken errichtete Villa Albani auch für

die Glyptothek, en detail, richtungsweisend.

Neben der museologischen Frage war die Realisation der neuartigen Gedanken

des Auftraggebers durch den von ihm favorisierten Klenze zu erforschen. wo-

mit die Frage nach der Ausbildung des Architekten wegen der Anregungen für

die Innenausstattung relevant wird. Sie liegt leider weitgehend im Dunkeln,

doch gibt es Vermutungen, die sein Studium in Berlin, England und Paris be-

treffen. In seiner geistigen und künstlerischen Selbstinterpretation geht Klenze

fehl, wenn er vorgibt, eine Wiederherstellung der historischen Antike zu lei-

sten und aus dem Grunde seine Herkunft von den Rezeptionsschritten der fran-

zösischen Klassizisten über die römische Renaissance, denen er stilistisch eng

verbunden ist, verleugnet. Die von Klenze genannten Antikenvorlagen zur

Rechtfertigung seines Entwurfes halten nur bei Einzellösungen der Nachprü-

fung stand. Aus dieser Sicht sin~ alle Hinweise auf die Gestaltung des Gebäu-

des anhand der französischen Stich publikationen zu untersuchen.

Durch das Arbeiten an Primärquellen, wozu der im 19. Jh. überaus rege Brief-

wechsel zählt, konnte einmal die Planungs- und Baugeschichte und zum ande-

ren die Analyse des ausgeführten Gebäudes vorgelegt werden. Bei der Planungs-

und Baugeschichte war von der nie endgültigen Projektierung, die das gesamte

Werk bis in die Schlußphase der Ausstattung mit den Fresken des Peter Cor-

nelius und dem noch späteren Skulpturenzyklus am Außeren gleichsam in statu

nascendi hielt, Kenntnis zu nehmen. Das Zweck-Form-Problem, die Absichten zur

Konstruktion und Ausformung nach ästhetischen, vom Bauherrn bevorzugten

Gesichtspunkten und nach formal-praktischen, vom Berater Wagner angelegten

Maßstäben, wurde viel diskutiert. Wichtig sind in diesem Zusammenhang die

Kontroversen um den puristisch-frühklassizistischen Aspekt farbloser Antike

und die sich endgültig durchsetzende illustrativ-farbige Bindung. Beschrei-

bung, Kritik und Lob der Zeitgenossen, worin eine Antizipation des Restau-

rierungsproblems erkannt werden muß, war hauptsächlich aus Briefen, Presse-

nachrichten deutscher und europäischer Zeitungen und der Guidenliteratur zu

ersehen.

.

~" ...",c"

.'c; -5 -

Für die Architektur spielten sehr stark und bisher stets nur am Rande erwähnt

die von den Architekten Haller v. Hallerstein und Karl v. Fischer für die

Glyptothek angefertigten Entwürfe in der Idee des Bauherrn eine dominierende

Rolle. Bei der Endvorlage des ausführenden Architekten Klenze wurden siemit größter Verbindlichkeit behandelt. 6) Die Herkunft Klenzes aus dem fran-

zösischen Neoklassizismus ist demnach gerade für die Glyptothek zweispurig

nachweisbar, nämlich durch seine eigene Pariser Schulung in der Lehrtradition

eines Delannoy, durch Durand direkt vermittelt, und der Filtration der glei-

chen Ideen durch die beiden oben genannten Projektanten für das Antiken-

museum. Die starke Rezeptionsfähigkeit des Baumeisters läßt in der Kombina-

tion mit dessen eigener Aussagekraft gerade am Beispiel der Glyptothek ein

Werk von normativem Charakter entstehen. Vorbildhaft wirkten die Antiken-

publikationen des späteren 18. Jh., Architekturvorlagen und natürlich die Ein-

drücke, die exemplarische Antikensäle in Rom. Florenz, Paris und England

hinterließen.

Die Analyse der Glyptothek nimmt ihren Ausgang von der Gewinnung des Bau-

platzes. seiner geplanten und dann tatsächlichen Einbindung in den Stadtorga-

nismus .allerdings nur soweit, als es sich von eigener Archivarbeit her als

aussagefähig auch für den Bau erwies. (Ausführlicher darauf einzugehen, ver-

bietet eine in Arbeit befindliche Münchner kunsthistorische Dissertation über

den Königsplatz.) Als zweites gilt es, die Behandlung des Baukörpers, dessen

Fassaden. seine einzelnen Bauglieder, deren Genese und Ikonologie im Gebäu-

dekontext, gestützt auf Klenze-Autografen und das Vorwort zum Stichwerk auf-

zuzeigen. Der dritte Punkt der Analyse, die innere Organisation, der Grund-

riß .die Raumformen und deren gemeinsame Bedingtheit durch den Zweck des

Bauwerkes, leitet dann zu einer umfangreichen Darstellung der Theorie des

späten 18. und frühen 19. Jh. über, wie Antike zu präsentieren sei, wie zu

belichten, wie zu hinterfangen. Vor allem deswegen und auch um die maßge-

bende Funktion von Ludwigs Kunstberater in Rom, Johann Martin Wagner, sei-

ne Tätigkeit im Auftrage des Kronprinzen als Antikenankäufer und seine dezi-

dierte. noch in der Vorstellungswelt des frühen Klassizismus verhaftete Auf-

fassung von der Anordnung der Exponate darzustellen, war der Briefwechsel

beider, sowie der Wagners mit Geistesgrößen seiner Zeit während der für die

Glyptothek bedeutsamen Jahre von 1806 bis 1830 im Wagner Archiv der Univer-

sität Würzburg durchzusehen. Dort auch fanden sich die Originalentwürfe, ge-

samt und detailliert, zum Glyptotheksgiebel. Bei Sichtung des in Archiven und

Sammlungen verstreuten Quellenmaterials konnte einmal die französische Original-

fassung des verlorenen Wettbewerbstextes identifiziert werden und zum anderen

-

-6 -

ließen sich die Klenzeschen Glyptotheks-Entwürfe, wohl schon von Autoren

wie Kiener, Seling und Plagemann als serielle Folge gesehen, in neuer typo-

logischer Reihe aufbauen.. Zum Anteil des jüngeren Schwanthaler an der Glypto-

thek war Otten, 1970, zu ergänzen. Das konnte nur punktuell und als Neben-

aspekt geschehen, weil eine systematische Bearbeitung der Schwanthaleriana

des Münchner Stadtmuseums noch aussteht, durch die erst endgültige Zuschrei-

bungen und sachliche Einordnungen in Werk zusammenhänge ermöglicht und

weitere Verbindlichkeiten Schwanthalers zur Glyptothek aufgezeigt werden

könnten. Dabei wäre primär der Einfluß Wagners, Cornelius' und Klenzes auf

die Entwürfe Schwanthalers abzuklären. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden

Mitarbeiter bei der Glyptothek nur genannt, sofern sie durch eine schriftliche

Quelle, die aus Platzgründen nicht zitiert wird, bestätigt sind.

'I

, c'

..