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Die individuelle Entwicklung der Familienmitglieder Sonja Urban Kristina Franke

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Die individuelle Entwicklung der Familienmitglieder

Sonja Urban

Kristina Franke

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Die Entwicklung der Ehepartner in Stieffamilien

Wie entwickelt sich der seelische Zustand der Ehepartner in der neuen Beziehung und in der neuen Familie?

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Dazu hat es verschiedene Untersuchungen gegeben:

Einige Studien belegen, dass eine Wiederheirat zumindest langfristig das psychische und physische Wohlbefinden von Geschiedenen und Verwitweten leicht steigert

Andere Studien brachten entweder keine Unterschiede im Befinden oder sprechen für eine höhere Depressivität bei Wiederverheirateten

Daraus lässt sich folgern, dass andere Faktoren als der Ehestatus für die Befindlichkeit Erwachsener bedeutsam sind

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Fazit:

Abschließend lässt sich also sagen, dass es keine Belege dafür gibt, dass sich die Unterschiede im Befinden auf den Familienstatus zurückführen lassen

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Die Entwicklung von Kindern in Stieffamilien Zahlreiche Forschungsarbeiten über die

psychosoziale Entwicklung von Stiefkindern Indikatoren für die psychische und physische

Gesundheit der Kinder: Ausmaß an Verhaltensauffälligkeiten, der Grad der

sozialen Anpassung und Integration sowie schulische Probleme,

zusätzlich erfasst werden Persönlichkeitsmerkmale wie Kontrollüberzeugungen, Selbstkonzept, emotionale Stabilität und Aggressivität, Einstellungen gegenüber Ehe und Familie

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Befunde belegen, dass Stiefkinder im Vergleich zu Kinder im Vergleich zu Kindern aus „biologisch intakten“ Kernfamilien eine Reihe von Nachteilen hinnehmen müssen, jedoch im Vergleich zu Kindern aus Ein-Eltern-Familien besser stehen

Nachteile zeigen sich besonders im schulischen Bereich, also im schulischen Erfolg, insbesondere beim erreichten Schulabschluss

(Befunde aus der USA bezüglich Stiefkinder: Mehr Fehlzeiten, schlechtere Schulnoten, häufiger ohne Abschluss)

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Stärkere emotionale Belastung:

Stiefkinder neigen vermehrt zu internalisierendem Problemverhalten wie Depressivität und zu mehr emotionalen Problemen, zudem zeigt sich eine erhöhte Delinquenzrate und vermehrter Alkohol- und Drogengebrauch, sowie frühzeitige sexuelle Aktivität

Der Vergleich der Entwicklung von Stiefkindern mit alleinerzogenen Gleichaltrigen zeigt, dass Kinder aus Stieffamilien bis zum Jugendalter gegenüber negativen Einflüssen devianter Gleichaltriger eher immunisiert sind als Kinder aus Ein-Eltern-Familien

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Unterschiede beim Risiko der Entwicklung von Stieftöchter im Vergleich zu Stiefsöhnen können angesichts widersprüchlicher Befunde nicht aufgezeigt werden

Zudem ist fraglich, ob und wieweit amerikanische Befunde auf deutsche Verhältnisse generalisiert werden können

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Umfangreiche deutsche Studien erbrachten keinen Unterschied zwischen Kern- und Stieffamilien hinsichtlich Selbstwertgefühl, Aggressivität, Peer-Integration und Ablehnung durch Gleichaltrige

Generell nimmt die Mehrzahl der Stiefkinder eine positive Entwicklung und weist keine Verhaltens- oder emotionale Probleme auf

Studien über langfristige Folgen ergeben ein positives Bild:

in ihren Einstellungen zu Ehe und Familie, ihrem Familienstatus und ihrer Zufriedenheit mit der eigenen Partnerschaft unterscheiden sich junge Erwachsene aus Stieffamilien nicht durchgängig von Gleichaltrigen aus Kernfamilien

eine elterliche Wiederheirat während der Kindheit scheit keine nachteiligen Konsequenzen für die spätere psychische Entwicklung im Erwachsenenalter zu haben

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Eine wichtige moderierende Variable ist das Alter der Kinder zum Zeitpunkt der Stieffamiliengründung

In Familien mit Kindern in der Prä- und Frühadoleszenz zeigt sich ein höheres Ausmaß an kindlichen Ausfälligkeiten, ablehnender Haltung gegenüber ihrem Stiefelternteil, sowie ein höheres Ausmaß an familialen Konflikten

Es gibt zwei Gründe für die größeren Anpassungsschwierigkeiten:

1) In der Pubertät steigt das Interesse am nichtsorgeberechtigten Elternteil

Wiederversöhnungsphantasien werden durch die Wiederheirat endgültig zerstört

2) Wunsch der „Stieffamilien“ nach einem gemeinsamen Kind

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Bei älteren Jugendlichen gibt es eine geringere Problemanfälligkeit, aufgrund der Loslösung vom Elternhaus; bei Kleinkindern zeigt sich eine geringe Entwicklungsbelastung, da für sie die Qualität der Beziehung zur Mutter entscheidet ist und sie sich schneller auf die veränderten Bedingungen einstellen können

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Fazit:

Zusammengenommen kann gesagt werden, dass eine Beeinträchtigung auftreten kann, aber nicht zwangsläufig auftreten muss.

Insgesamt lässt sich sagen, dass nur eine Minderheit der Stiefkinder gefährdet ist.

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Anpassungs- und Konfliktbewältigungsstrategien von Stieffamilien

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Überengagement des Stiefelternteils

Der Stiefelternteil versucht, der „bessere Vater“ bzw die „bessere Mutter“ zu sein. Für das Überengagement der Stiefeltern gibt es verschiedene Gründe:

Sie wollen in der neuen Lebensgemeinschaft sofort einen neuen Platz finden

Sie wollen den Entlastungswünschen des Partners entsprechen Sie wollen den leiblichen außerhalb lebenden oder

verstorbenen Elternteil vergessen machen Sie versuchen sich am Familienideal einer Kernfamilie zu

orientieren

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Vor allem Stiefmütter sind oft überengagiert

Sie wollen die Kinder mehr als die leibliche Mutter lieben um die Probleme aus der Vergangenheit wieder gutzumachen

Zugleich wollen sie dadurch das negative Stiefmutter-Image vergessen machen

Sie verstehen die übertriebene Zuwendung zu den Kindern als Liebesbeweis für den Partner

Stiefväter versuchen durch Überengagement oft ihre Rollenunsicherheit zu überwinden

Sie wollen sich einen Platz im Familiensystem sichern, indem sie durch Autoritäres Verhalten für Ordnung sorgen und Richtlinien geben wollen

Einige Stiefelternteile versuchen auch, eigene defizitäre Sozialisationserfahrungen an ihren Stiefkindern wieder gutzumachen

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Das Überengagement ist aus folgenden Gründen eine ungeeignete Strategie:

Es wird keine Zeit gelassen für gegenseitige Anpassung und gemeinsame Entwicklung

Das Verhalten entspricht nicht den wirklichen Gefühlen des Stiefelternteils, es ist lediglich zweckgerichtet, funktional.

Die Situation ist nicht stimmig und kann deshalb nicht durchgehalten werden

Die wahren Gefühle brechen durch

Die Kinder, die diese Unstimmigkeit gespürt

haben, sehen das als Argument dafür, den

Stiefelternteil abzuwerten

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Die Stiefelternteile, die keine eigenen Kinder haben, sind häufig in Erziehungsangelegenheiten unerfahren und können oft gar nicht angemessen mit Kindern umgehen. Das führt dazu, dass sie mit ihrem Verhalten scheitern

Stiefkinder erleben das Überengagement oft als Aggression:

Der für sie Fremde scheint sich einzudrängen und Vater bzw. Mutter endgültig verdrängen zu wollen.

Die Kinder empfinden das als Konkurrenz zum verstorbenen bzw. außerhalb lebenden Elternteil

Der Stiefelternteil erhält für sein Bemühen keinen

Dank

Das führt bei ihm zu großer Enttäuschung

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Die Beziehung zum Partner wird gefährdet, wenn der leibliche Elternteil sieht, wie der Stiefelternteil mit den Kindern umgeht

Er solidarisiert sich mit den Kindern und kritisiert den Stiefelternteil.

Für diesen kommt die Distanzierung unerwartet.

Er denkt, der Partner fällt ihm in besonders schwierigen Situationen in den Rücken

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Typischer Verlauf des Überengagements

Der Stiefelternteil fühlt sich angesichts der Gesamtsituation dazu eingeladen, oder wird darum gebeten, die Rolle des Vaters oder der Mutter zu übernehmen

Der Stiefelternteil nimmt die Rolle an und versucht

durch übertriebene Verhaltensweisen Einfluss auf die Kinder zu nehmen

Die Stiefkinder lehnen dieses ab, weil die emotionale

Basis fehlt und der bisher leere Platz aus ihrer Sicht noch vom außerhalb lebenden Elternteil besetzt ist

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Der Stiefelternteil steigert sein Bemühen Die

Kinder verstärken ihren Widerstand. Dies weckt im leiblichen Elternteil Schuldgefühle und Mitleid gegenüber den Kindern.

Es folgt ein Frontwechsel. Der leibliche Elternteil

ergreift Partei für die Kinder und weist den Stiefelternteil zurück

Der Stiefelternteil fühlt sich in seinem Bemühen

verkannt und allein gelassen. Er wird sowohl in seiner Stiefelternrolle als auch in seiner Partnerschaft in Frage gestellt. Oft versucht er diese Verunsicherung zu überwinden, indem er seine Bemühungen verstärkt.

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Der leibliche Elternteil verbündet sich immer mehr

mit den Kindern

Der Anschluss des Stiefelternteils wird verhindert

Es kann zum Ausschluss aus der Familie und zur Trennung der Partner führen

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Tabuisierung des Stieffamilie-Seins

Die Stieffamilie versucht ihre Andersartigkeit zu ignorieren und zu tabuisieren

Man gibt sich sowohl nach außen als auch nach innen als normale Kernfamilie

Der Stiefelternteil wird als „Vater“ bzw. „Mutter“ bezeichnet, und die Stiefkinder als deren „Söhne“ und „Töchter“.

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Motive für das Tabuisieren:

In der Vorstellung der Familienmitglieder wird die Vollständigkeit der Familie wiederhergestellt

Die Entbehrungen der letzten Zeit sollen wieder gutgemacht werden

An der Tabuisierung können auch die Kinder mitwirken, wenn der Stiefelternteil die Möglichkeit bietet, den Schmerz der Trennung und den Makel einer unvollständigen Familie zu vergessen.

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Funktionalisierung eines Mitglieds der Stieffamilie

Funktionalisierung:

Ein Familienmitglied wird für die Anliegen anderer benutzt

Es besteht die Gefahr, dass ein gemeinsames Kind funktionalisiert wird

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Dadurch sollen folgende Probleme gelöst werden

Der Stiefelternteil hofft, mit einem gemeinsamen Kind das Gefühl überwinden zu können, ein außenstehender oder ungleichwertiger Partner zu sein

Durch ein gemeinsames Kind soll die Frustration über die Situation mit schwierigen Kinder aus erster Ehe kompensiert werden

Mit dem gemeinsamen Kind soll alles anders werden Manche Partner erhoffen sich durch ein

gemeinsames Kind eine stärkere Verbindung miteinander. Das Kind soll vor dem Scheitern der Ehe bewahren.

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In diesen Fällen wird das Kind für die Interessen der Partnerschaft eingespannt und nicht in seiner Eigenständigkeit und seinem Eigenwert gesehen.

Folgen: Funktionalisierte Kinder lernen zwar, sich perfekt

anzupassen und zeigen im Kindesalter keine auffälligen Symptome.

Im Erwachsenenalter zeigt sich jedoch, dass sie selbst wenig Autonomie und Identitätsgefühl entwickelt haben

Von Funktionalität kann auch gesprochen werden, wenn im Stiefelternteil lediglich die väterliche oder mütterliche Funktion für die neue Familie gesucht wird.

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Einige Voraussetzungen für das Gelingen von Stieffamilien sind... ...eine stabile und gute Paarbeziehung der neuen

Partner, in der Konflikte offen angegangen und Unterschiede in den Persönlichkeiten und Vorstellungen toleriert werden können

...eine starke Familienorientierung der Partner, d.h., dass beide viel Toleranz und Engagement für den Aufbau der Familienbeziehungen aufbringen und die als Familie gemeinsam verbrachte Zeit einen hohen Stellenwert hat.

...das Interesse des Stiefelternteils an seinem Stiefkind und seine Bereitschaft, sich auf das Kind einzulassen

...ein außerhalb lebender leiblicher Elternteil, der entweder kooperativ ist oder zumindest nicht störend in den Familienprozess eingreift

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Besonders wichtig für Kinder ist... ...eine kontinuierliche Beziehung zum

sorgeberechtigten Elternteil, die durch eine zweite Partnerschaft nicht in Frage gestellt wird

...die Möglichkeit des Kindes, eine eigenständige Beziehung zu seinem Stiefelternteil aufzubauen

...eine uneingeschränkte und gute Beziehung zwischen dem Kind und seinem außerhalb lebenden leiblichen Elternteil