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Predrag Jureković Die Lage auf dem Westbalkan 2011/12 und ihre Auswirkungen auf die Sicherheitspolitik der EU 1. Zusammenfassung Auch wenn die EU zusehends vor internen Herausforderungen steht, bleibt die Stabilisierung des Westbalkans eine ihrer außenpolitischen Prioritäten. Kroatiens bevorstehender Beitritt zur Union ist ein wichtiges Signal für die Glaubwürdigkeit der Erweiterungsperspektive. Ungelöste ethnische und terri- toriale Konflikte sowie komplizierte Staatsbildungsprozesse erschweren aller- dings in den anderen Westbalkanländern ein rasches Fortkommen in den Re- form- und Integrationsprozessen. Insbesondere in Bosnien und Herzegowina (BiH) und im Kosovo stellen nationalistisches Gedankengut und die geringe Kompromissbereitschaft weiterhin ein Hindernis für die Konsolidierung der interethnischen Beziehungen dar. Der noch mit Risiken behaftete Stabilisierungsprozess rechtfertigt das umfangreiche zivile und militärische Engagement der EU und von EU-Mit- gliedsländern in BiH und im Kosovo. Der überwiegend technische Zugang der EU zur Unterstützung der Reformen in BiH reicht in politischen Krisen- situationen aber nicht aus, um ein Gegenwicht zur Obstruktionspolitik bosni- sch-herzegowinischer Entscheidungsträger zu bilden. Die Sicherheitslage im Nordkosovo ist zum Schlüsselfaktor für die Beziehungen zwischen Belgrad und Priština geworden und erschwert den EU-Assoziierungsprozess Serbiens. 2. Der Westbalkan zwischen EU-Integration und ungelösten Konflikten Die zum Jahreswechsel 2011/12 noch fortbestandenen Finanzprobleme inner- halb der EU und das eingeleitete Krisenmanagement in der Eurozone ha- ben nichts daran geändert, dass Brüssel an der Integrationspolitik gegenüber den Westbalkanländern als wichtigstem Befriedungsinstrument grundsätzlich festhält. Beim Dezember-Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Union war nicht nur auf Seite der eingeladenen kroatischen Politiker, sondern auch bei den EU-Politikern große Freude über die Unterzeichnung des kroatischen

Die Lage auf dem Westbalkan 2011/12 und ihre Auswirkungen auf die Sicherheitspolitik der EU

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Predrag Jureković

Die Lage auf dem Westbalkan 2011/12 und ihre

Auswirkungen auf die Sicherheitspolitik der EU

1. Zusammenfassung

Auch wenn die EU zusehends vor internen Herausforderungen steht, bleibt die Stabilisierung des Westbalkans eine ihrer außenpolitischen Prioritäten. Kroatiens bevorstehender Beitritt zur Union ist ein wichtiges Signal für die Glaubwürdigkeit der Erweiterungsperspektive. Ungelöste ethnische und terri-toriale Konflikte sowie komplizierte Staatsbildungsprozesse erschweren aller-dings in den anderen Westbalkanländern ein rasches Fortkommen in den Re-form- und Integrationsprozessen. Insbesondere in Bosnien und Herzegowina (BiH) und im Kosovo stellen nationalistisches Gedankengut und die geringe Kompromissbereitschaft weiterhin ein Hindernis für die Konsolidierung der interethnischen Beziehungen dar.

Der noch mit Risiken behaftete Stabilisierungsprozess rechtfertigt das umfangreiche zivile und militärische Engagement der EU und von EU-Mit-gliedsländern in BiH und im Kosovo. Der überwiegend technische Zugang der EU zur Unterstützung der Reformen in BiH reicht in politischen Krisen-situationen aber nicht aus, um ein Gegenwicht zur Obstruktionspolitik bosni-sch-herzegowinischer Entscheidungsträger zu bilden. Die Sicherheitslage im Nordkosovo ist zum Schlüsselfaktor für die Beziehungen zwischen Belgrad und Priština geworden und erschwert den EU-Assoziierungsprozess Serbiens.

2. Der Westbalkan zwischen EU-Integration und ungelösten Konflikten

Die zum Jahreswechsel 2011/12 noch fortbestandenen Finanzprobleme inner-halb der EU und das eingeleitete Krisenmanagement in der Eurozone ha-ben nichts daran geändert, dass Brüssel an der Integrationspolitik gegenüber den Westbalkanländern als wichtigstem Befriedungsinstrument grundsätzlich festhält. Beim Dezember-Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Union war nicht nur auf Seite der eingeladenen kroatischen Politiker, sondern auch bei den EU-Politikern große Freude über die Unterzeichnung des kroatischen

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Beitrittsvertrags feststellbar. Der Adria-Staat wird – sofern die Volksabstim-mung in Kroatien und der Ratifikationsprozess in den Parlamenten der EU-Staaten positiv verläuft – am 1. Juli 2013 als 28. Mitglied in die EU aufge-nommen werden. Für die EU stellt der bevorstehende Beitritt Kroatiens eine Bestätigung der Richtigkeit ihrer seit 2000 gegenüber der Post-Kriegs-Region implementierten Assoziierungsstrategie dar. Zwar ist die Erblast verschiede-ner Korruptionsaffären in Kroatien enorm, trotzdem sind die durch den jah-relangen Integrationsdialog mit der EU erzielten positiven Effekte in seiner Innen- und Außenpolitik unübersehbar. Der zwischen 1991 und 1995 durch den Krieg mit Serbien und serbischen Rebellen in seiner Lebensfähigkeit exis-tenziell gefährdete und während des Krieges teilweise mit autoritären Mitteln regierte junge Staat, hat sich zu einer funktionierenden und die Menschen- und Bürgerrechte respektierenden Demokratie weiterentwickelt.

Neben Kroatien konnte sich auch Montenegro mit den Ergebnissen des EU-Gipfels zufrieden zeigen. Vorbehaltlich der weiteren Bekämpfung der or-ganisierten Kriminalität und Korruption beschloss die EU, im Juni 2012 mit der montenegrinischen Regierung in Beitrittsverhandlungen einzutreten.1 Im Kontext des Integrationsprozesses vergrößerte sich so der Abstand Kroatiens und Montenegros zu den übrigen Westbalkanländern. Ihre innerstaatlichen und/oder regionalen Probleme erlauben aus Brüsseler Sicht vorläufig kein schnelleres Fortkommen im Integrationsprozess.

Serbien wurde in Aussicht gestellt, eventuell nach einer neuerlichen, im Fe-bruar 2012 durchzuführenden Beurteilung durch den Europäischen Rat in den Kreis der Kandidatenländer aufgenommen zu werden. Die EU lobte Serbien für seine Fortschritte bei der Erfüllung der Kopenhagener politischen Krite-rien. Sie erwartet von Belgrad aber auch die tatsächliche Implementierung jener Vereinbarungen, auf die sich die serbische Regierung im Zuge ihres seit März 2011 stattfindenden „technischen Dialogs“ mit Priština einigen konnte. Die EU selbst tritt in diesem Dialog durch Robert Cooper in einer Vermittler-rolle auf. Negativ für Belgrad im Hinblick auf seine Beitrittsambitionen wirkte sich die signifikante Verschlechterung der Sicherheitslage im Norden des Kosovo zwischen Sommer und Winter 2011 aus. Der von der kosovarischen Regierung im Juli 2011 unternommene Versuch, im mehrheitlich serbisch be-siedelten Nord-Kosovo albanisch-kosovarische Zollbeamte an zwei Grenz-

1 Vgl. Beat Amman : Kroatien tritt der EU bei. In : Neue Zürcher Zeitung, 10.12.2011, S. 5. Erich Rathfelder : EU-Beitritt unterzeichnet – nun müssen Kroaten abstimmen. In : Die Presse, 10.12.2011, S. 4.

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übergängen ihren Dienst versehen zu lassen, führte in der Folge zu serbischen Straßenbarrikaden und zu gewaltsamen Auseinandersetzungen serbischer Demonstranten mit der unter NATO-Kommando stehenden Friedenstruppe KFOR.2 Der Nordkosovo meldete sich auf diese Weise als sicherheitspoliti-sches Problem und als Haupthindernis für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Belgrad und Priština zurück, nachdem 2004 bis 2010 die Lage in diesem „kosovarischen Transnistrien“ eingefroren erschien.

Das an den Kosovo angrenzende Mazedonien kann wiederum mit Stolz auf einen erfolgreichen Prozess der Konfliktprävention verweisen. Wegen der Implementierung des Großteils der inhaltlichen Punkte des „Ohrid Frame-work Agreement“ (OFA) verringert sich das Risiko eines Rückfalls in einen gewaltsamen Konflikt zwischen Mazedoniern und Albanern (25 Prozent), wie er 2001 in Mazedonien stattfand. Das noch rechtzeitig vor dem Ausbruch eines Bürgerkriegs im August 2001 unter Vermittlung der EU und der USA von mazedonischen und albanischen Politikern unterzeichnete OFA brachte den Albanern mehr sprachliche Rechte und stärkere Repräsentation in staat-lichen Institutionen. Dezentralisierungsreformen auf dem Niveau der lokalen Selbstverwaltung verhinderten eine ethnische Territorialisierung wie in BiH.3 Trotzdem bleibt das interethnische Verhältnis zwischen Mazedoniern und Al-banern fragil.

Zwischen den beiden ethnischen Gruppen besteht – abgesehen von ihrem mehrheitlichen Bekenntnis zum OFA – kein Konsens über die Elemente einer gemeinsamen staatlichen Identität. Der seit der Unabhängigkeit Mazedoni-ens im Jahr 1991 bestehende Disput mit Griechenland um den Staatsnamen blockiert nicht nur Mazedonien wegen Athens Vetopolitik im Prozess der EU- und NATO-Integration, sondern erschwert auch die Verringerung der ethnischen Distanz in Mazedonien selbst. Mazedonien besitzt seit 2005 den Status eines EU-Beitrittskandidaten, hat allerdings bis Ende 2011 kein einzi-ges Verhandlungskapitel mit der EU geöffnet.4 Politiker aus beiden ethnischen Gemeinschaften in Mazedonien erwarten eine leichtere Lösung des Konflikts

2 Vgl. Jutta Sommerbauer : Gewalt gefährdet Serbiens EU-Kurs. In : Die Presse, 30.11.2011, S. 8.3 Framework Agreement, 13.8.2001. Homepage der Europäischen Union unter <http ://

ec.europa.eu/enlargement/archives/seerecon/macedonia/documents/framework_agreeme nt.pdf>, abgerufen am 10.12.2011.

4 Zu den innen- und außenpolitischen Herausforderungen für Mazedonien siehe International Crisis Group : Macedonia : Ten Years After the Conflict. Europe Report N°212, 11.8.2011. Abruf-bar über die Homepage der International Crisis Group unter <http ://www.crisisgroup.org>.

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mit Griechenland, da der International Court of Justice im Dezember 2011 Skopje in einem Rechtsstreit mit Athen Recht gegeben hat.5

Im direkten Vergleich mit Mazedonien verfügt BiH mit dem Dayton-Ab-kommen – wegen der vielen darin enthaltenen ethnisch-territorialen Ele-mente – über schlechtere Bedingungen für einen stabilen interethnischen Ausgleich. Da BiH und der Kosovo die wichtigsten Zielgebiete für EU-Frie-densmaßnahmen auf dem Westbalkan darstellen, werden die dortigen Ent-wicklungen in Folge etwas genauer analysiert.

3. Schwierige Überwindung der Stagnation in Bosnien und Herzegowina

In BiH waren die nationalen Politiker und die Repräsentanten der Internati-onalen Gemeinschaft zur Jahreswende weiterhin damit beschäftigt, Auswege aus der seit 2006 andauernden politischen Krise zu finden. Hoffnung auf Been-digung der politischen Dauerkrise gab die Ende Dezember von den wichtigs-ten bosnisch-herzegowinischen Parteien erzielte Einigung über die Bildung einer gesamtstaatlichen Regierung.6 Seit der Abhaltung der letzten landes-weiten Wahlen im Oktober 2010 waren 14 Monate vergangen, in denen BiH keine voll funktionsfähige Regierung besaß. Nach einer fünfjährigen Phase der politischen Radikalisierung – als Folge der im April 2006 gescheiterten Verfas-sungsreform – besteht dringender Bedarf nach staatlicher Konsolidierung und der Heranführung dieses Westbalkanstaates an die EU und die NATO. Natio-nalistische Bestrebungen in den beiden Landesteilen, der serbisch geprägten Republika Srpska und der hauptsächlich von (muslimischen) Bosniaken und Kroaten regierten Föderation BiH, erschweren allerdings die Stabilisierung des Gesamtstaates auf einem befriedigenden Niveau. Das EU-Krisenmanage-ment weist zudem erkennbare Schwächen auf.

Neben der nur schwach in der politischen Klasse von BiH ausgeprägten Kompromissbereitschaft liegt das Hauptproblem der Dysfunktionalität von „Dayton-Bosnien“ in seiner asymmetrischen föderativen Struktur. Ungeach-tet der formal gleichen Rechte für alle Angehörigen der konstitutiven Völker (Bosniaken, Serben und Kroaten) sowie die anderen Staatsbürger hat die Re-publika Srpska ihren Charakter als ethnisch homogener serbischer Quasistaat

5 Mazedonien erringt Teilsieg im Namensstreit. In : Neue Zürcher Zeitung, 6.12.2011, S. 3.6 Andreas Ernst : Bosnien hat wieder eine Zentralregierung. In : Neue Zürcher Zeitung,

31.12.2011, S. 3.

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sogar noch ausgebaut. Im Unterschied zur zentralistisch von Banja Luka aus regierten Republika Srpska handelt es sich bei der Föderation um eine multi-ethnische Entität mit sehr komplizierten politischen Entscheidungsabläufen. In zehn Kantonen mit teils mehrheitlich bosniakischer, teils kroatischer Mehr-heit und in einigen Gebieten stark durchmischter Bevölkerung wird mit mäßi-gem Erfolg versucht, einen politischen Interessensabgleich zwischen Bosnia-ken und Kroaten zu erreichen.

Politische Spannungen in der Föderation nahmen im Frühjahr 2011 im Zuge der Regierungsbildung in dieser Entität erheblich zu. Die überwiegend von Bosniaken gewählte Sozialdemokratische Partei BiH (SDP BiH) und die bosniakische Partei der Demokratischen Aktion (SDA) bildeten Mitte März mit kleineren kroatischen Parteien eine Koalitionsregierung. Von Sei-ten der in dieser Regierung nicht vertretenen Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft BiH (HDZ BiH) und Kroatischen Demokratischen Gemein-schaft 1990 (HDZ 1990) wurde eine Regierungsbildung unter Ausschluss die-ser beiden größten kroatischen Parteien als nicht legitim angesehen.

Eine von den beiden HDZ-Parteien zusammengerufene außerparlamenta-rische „Kroatische Nationalversammlung“ verurteilte die Regierungsbildung in der Föderation, die ihrer Meinung nach gegen den Willen der Mehrheit der Kroaten in BiH stattfand. Außerdem forderten sie auf gesamtstaatlicher Ebene Verfassungsänderungen, die zur rechtlichen „Gleichstellung“ der kroatischen Bevölkerung mit den beiden anderen Staatsvölkern in BiH, Bosniaken und Serben, führen sollen. Im Zentrum dieser Forderung steht die Gründung einer neuen Verwaltungseinheit mit einer kroatischen Bevölkerungsmehrheit.7

Politiker aus der Republika Srpska, allen voran der Entitätspräsident Milo-rad Dodik, benutzen die politischen Konflikte zwischen den bosniakisch ge-prägten Parteien und den beiden kroatischen HDZ-Parteien in der Föderation als Alibi für eine tendenziell separatistische Politik. Die politische „Dominanz“ der Bosniaken in der Föderation zeige, was auch dem Gesamtstaat drohen könnte, wenn nicht mehr dem Prinzip der strikten paritätischen Repräsen-tanz nach ethnischen Gesichtspunkten gefolgt würde – so die serbische Ar-gumentation. Dodiks politische Leitlinie von einer starken Republika Srpska und einem mit nur geringen Kompetenzen ausgestatteten Gesamtstaat, der

7 Vgl. Formiran Hrvatski narodni sabor, Hrvati traže entitet u BiH (Die kroatische National-versammlung wurde gebildet, die Kroaten fordern eine Entität in BiH). In : Blic, 19.4.2011. Homepage der Tageszeitung Blic unter <http ://www.blic.rs/Vesti/Svet/249134/Formiran-Hrvatski-narodni-sabor-Hrvati-traze-entitet-u-BiH>, abgerufen am 10.5.2011.

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am besten einvernehmlich aufgelöst werden sollte, erschwert die Findung des notwendigen politischen Minimalkonsenses in BiH.8 In einer Atmosphäre des gegenseitigen Misstrauens und der permanenten politischen Manipula-tion erscheinen selbst die seit 2006 sukzessive stark hinunter geschraubten Reformbedingungen der EU als ein schwer überwindbares Hindernis für die bosnisch-herzegowinischen Politiker. Bis zum Brüsseler EU-Gipfel vom 8./9. Dezember 2011 schafften sie es nicht, sich auf die Modalitäten für eine Volkszählung zu einigen, ein Gesetz über die staatlichen Fördermaßnahmen für Unternehmen zu beschließen und die Diskriminierung der nicht zu den konstitutiven Nationen gehörenden Bürger beim passiven Wahlrecht durch eine Verfassungsänderung abzuschaffen. Die Erfüllung dieser drei Bedingun-gen hätte der EU schon gereicht, um BiH formal in den Kreis der Beitrittskan-didaten aufzunehmen.9

Im Kontext der regionalen Friedensbestrebungen, aber vor allem im Hin-blick auf das Ziel der Aussöhnung der südslawischen Völker in BiH ist keine sinnvolle Alternative zu einem föderativen Staat, der eine Balance zwischen dem staatsbürgerlichen und dem ethnischen Prinzip herstellt, erkennbar. So-wohl ein zentralistischer Staat als auch der Zerfall von BiH in neue Staaten würde die Nationalismen verstärken, mit möglicherweise schwerwiegenden Konsequenzen für die regionale Sicherheit. So ist u.a. die Bewahrung eines to-leranten Islam in BiH eng mit der multiethnischen und multireligiösen Struk-tur dieses Landes verbunden. In einem Worst-case-Szenario des Staatszerfalls würde eine vom Westen vollends enttäuschte muslimische Bevölkerung „Rest-bosnien“ bilden. Radikale Islamisten hätten dann zweifellos leichteres Spiel als es bisher der Fall war.10

Unter den in BiH vorfindbaren schwierigen innenpolitischen Rahmenbe-dingungen tun sich die dort präsenten internationalen Akteure zunehmend schwer, dem Friedens- und Staatsbildungsprozess neue Impulse zu geben.

8 Vgl. Dodik : BiH ne može opstati (Dodik : Bosnien und Herzegowina kann nicht weiter beste-hen). In : Nezavisne novine, 30.9.2010. Homepage der Tageszeitung Nezavisne novine unter <http ://www.nezavisne.com/novosti/bih/Dodik-BiH-ne-moze-opstati-69236.html>, abge-rufen am 30.9.2010.

9 Vgl. Council of the European Union : Press Release, 7781/11 Presse 66 PR CO 17, Bosnia and Herzegovina, 21.3.2011.

10 Zu den Entwicklungslinien im bosnisch-herzegowinischen Islam siehe Esad Hećimović : Re-quirements for Preserving Moderate Islam in Bosnia & Herzegovina and Sandžak. In : Ernst Felberbauer, Predrag Jureković (Hg.) : From Bosnia and Herzegovina to Northern Kosovo – Coping with the Remaining Impasses in the Western Balkans. Wien 2011, S. 99–114.

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Die legislativen und exekutiven Sondervollmachten des Office of the High Representative (OHR) sind zwar formal noch in Kraft, wegen abnehmender internationaler Unterstützung für das Semi-Protektorat werden die sogenann-ten „Bonn Powers“ seit 2006 aber immer seltener eingesetzt. In der EU setzt man stattdessen auf den Integrationsdialog mit BiH und erwartet sich davon Fortschritte bei der innerstaatlichen Konsolidierung. Ein seit dem 1. Septem-ber 2011 von der Funktion des OHR getrennter EU Special Representative (EUSR) soll den europäischen Reformbestrebungen des innenpolitisch ent-lang ethnischer Trennlinien stark fragmentierten Westbalkanstaats neuen Schwung geben. Dem neuen dänischen EUSR Peter Sørensen steht diesbe-züglich sicherlich eine Sisyphusarbeit bevor, zumal es seit 1995 zwar sehr viel internationale Unterstützung für den Aufbau staatlicher Institutionen gab, der wichtige Bereich des Nation Building aber vernachlässigt wurde. Ohne ge-meinsame nationale Interessen bedeutet „Local Ownership“ im Kontext von Dayton-Bosnien die Ausstellung eines Freibriefs für korrupte Politiker, deren politische Absicherung hauptsächlich auf der permanenten Produktion ethni-scher Ängste beruht.

In den Niederungen der bosnisch-herzegowinischen Innenpolitik wird die Zielgenauigkeit von EU-Maßnahmen auf eine besonders harte Probe gestellt. Diese Feststellung wird durch die Reaktionen der EU auf die im Frühjahr 2011 aufgetretene Referendumskrise in der Republika Srpska untermauert. Pläne des Präsidenten der Republika Srpska, im Juni in seiner Entität ein Referen-dum über die weitere Akzeptanz gesamtstaatlicher Rechtsinstitutionen und vom OHR initiierter Rechtsakte abzuhalten, führten zur Zuspitzung des schon länger schwelenden Konflikts mit dem High Representative Valen-tin Inzko. Der österreichische Leiter des OHR drohte Dodik und anderen Amtsträgern aus der Republika Srpska mit politischen Sanktionen, falls sie von ihren Referendumsplänen nicht Abstand nehmen sollten.11 Die Kraftprobe zwischen Inzko und Dodik hätte eine Bereinigung der seit 2006 verfahrenen politischen Situation in BiH bewirken können. Entweder, indem die Repu-bika Srspka ernsthaft eingelenkt und Dodik seine bisherige sezessionistische Politik durch eine konstruktive ersetzt hätte. Oder, indem Dodik durch den High Representative abgesetzt worden wäre, mit der Chance eines politischen

11 Vgl. Incko poništava referendum i sankcioniše Dodika i Radojčića ? (Annulliert Inzko das Refe-rendum und bestraft er Dodik und Radojčić ?). In : Nezavisne novine, 2.5.2011. Homepage der Tageszeitung Nezavisne novine unter <http ://www.nezavisne.com/novosti/bih/Incko-poni stava-referendum-i-sankcionise-Dodika-i-Radojicica-88088.html>, abgerufen am 2.5.2011.

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Neubeginns in der Republika Srpska und in ganz BiH. Das EU External Ac-tion Service (EEAS) unter der Leitung der Hohen Repräsentantin für die Au-ßen- und Sicherheitspolitik der EU, Catherine Ashton, entschied sich für eine Beschwichtigungspolitik gegenüber Dodik und schadete damit der Position des zu dieser Zeit in einer Doppelfunktion auch als EUSR auftretenden Inzko.

Als Folge der Brüsseler Vermittlungsbemühungen verzichtete Dodik – vor-erst – auf seine Referendumspläne, ohne dass aber das Parlament der Repub-lika Srpska die gesetzlichen Beschlüsse vollständig zurückgenommen hätte. Für das Ziel der Stärkung der Funktionalität des Staates BiH waren keine positiven Effekte der Referendums-Intervention aus Brüssel feststellbar. Der Mitte Mai stattgefundene Besuch von Ashton bei Dodik in Banja Luka wurde von Poli-tikern und Medien der Republika Srpska als Beginn eines „politischen Dialogs zwischen Brüssel und Banja Luka“ interpretiert. Die EU – so der dortige Tenor – habe die Republika Srpska als politischen Partner akzeptiert. Damit einher geht die Vorstellung auf serbischer Seite, dass auch das Streben der Republika Srpska nach Selbstständigkeit „früher oder später“ von der EU anerkannt wird.12

4. Nordkosovo als Schlüsselfaktor in den Beziehungen zwischen Belgrad,

Priština und Brüssel

Die Verschlechterung der Sicherheitslage im Nordkosovo in der zweiten Jahreshälfte 2011 brachte die KFOR und die Rechtsstaatlichkeitsmission der EU, die EULEX, in eine direkte Konfrontation mit gewaltbereiten ser-bischen Demonstranten. Weil die KFOR mit Hubschraubern die Verlegung von kosovarischen Beamten und Mitarbeitern der EULEX an die Grenz-übergänge unterstützte, wurde sie von serbischer Seite heftig kritisiert. Poli-tische Repräsentanten der Serben im Nordkosovo, aber auch Mitglieder der serbischen Regierung in Belgrad beschuldigten die KFOR und die EULEX, nicht mehr „statusneutral“ und im Einklang mit der UNO-Sicherheitsrats-

12 Vgl. Dodik : Evropa spremna za reforme u BiH (Dodik : Europa ist bereit für Reformen in BiH). In : Nezavisne novine, 20.5.2011. Homepage von Nezavisne novine unter <http ://www.nezavisne.com/novosti/bih/Dodik-Evropa-spremna-za-reforme-u-BiH-90162.html>, abgeru-fen am 20.5.2011. Vgl. auch Dodik : Dogovorom sa Eston RS se pokazala kao partner u razgo vorima (Die Vereinbarung mit Ashton hat die RS als Verhandlungspartner gezeigt). In : Neza-visne novine, 31.5.2011. Homepage von Nezavisne novine unter <http ://www.nezavisne.com/novosti/bih/Dodik-Dogovorom-sa-Eston-RS-se-pokazala-kao-partner-u-razgovorima-91693.html>, abgerufen am 31.5.2011.

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resolution 1244 zu agieren. Sie würden sogar offen die kosovarische Unab-hängigkeit unterstützen. Österreichische und deutsche KFOR-Soldaten, die zwischen Oktober und Dezember 2011 serbische Barrikaden entfernten und illegale Grenzübergange schlossen, wurden zum Ziel serbischer Attacken mit Molotow-Cocktails. Umgekehrt wurde gegen serbische Demonstranten Trä-nengas eingesetzt. Auf beiden Seiten gab es zahlreiche Verletzte.13 Pläne der KFOR-Truppensteller, ihre Anteile weiter zu verringern, blieben wegen der schlechten Sicherheitslage im Nordkosovo vorerst unrealisiert. Es mussten so-gar Reservekräfte mobilisiert werden.

Die EULEX wiederum stand zur Jahreswende vor der Herausforderung, ih-ren Aufgaben, der Unterstützung der Rechtsinstitutionen sowie des Polizei- und Zollwesens, im Norden des Kosovo wegen der feindseligen Haltung der dorti-gen serbischen Bevölkerung nicht in optimaler Weise nachkommen zu können. Kalmierungsangebote der serbischen Seite beinhalteten Bewegungsfreiheit für die KFOR im Norden, jedoch nur sehr eingeschränkt für die EULEX.

Für die serbische Regierung unter Mirko Cvetković und den serbischen Staatspräsidenten Boris Tadić bedeutete die Eskalation des Konflikts im Nord-kosovo einen schweren Rückschlag für ihre EU-Ambitionen. Die seit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo im Februar 2008 von der serbischen Regierung praktizierte Strategie, sowohl die Integrationsverhandlungen mit der EU weiter voranzutreiben als auch mit diplomatischen Mitteln am Ko-sovo festzuhalten, schien zum Scheitern verurteilt. Mitte Oktober 2011 emp-fahl die EU-Kommission noch, Serbien als Kandidatenland einzustufen. Dafür erwartete man in Brüssel eindeutige Maßnahmen Belgrads zur Deeskalierung der Lage im Nordkosovo und seine Bereitschaft, den politischen Dialog mit Priština fortzusetzen. Bereits mit Priština unterzeichnete technische Abkom-men über Reiseerleichterungen, den Austausch von Dokumenten, die Einfüh-rung eines Zollregimes und die Anerkennung von Universitätsdiplomen soll-ten – so die Forderung aus Brüssel – tatsächlich implementiert werden.14 Der Belgrader Zickzackkurs in der Kosovofrage verhinderte im Dezember eine positive Stellungnahme des Europäischen Rats bezüglich des Kandidatensta-tus für Serbien. Insbesondere die deutsche Kanzlerin Angela Merkel fährt ge-genüber Belgrad einen harten Kurs in der Kosovofrage ; sie verlangt nicht nur

13 Vgl. Michael Neumayr : Grenzstreit : Einigung nach EU-Druck. In : Die Presse, 5.12.2011, S. 4.14 Vgl. European Commission : Commissioner Füle presents the Commissions Opinion to Serbia.

Homepage der Europäischen Union unter <http ://ec.europa.eu/enlargement/press_corner/whatsnew/news/111014_en.htm>, abgerufen am 10.11.2011.

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die Umsetzung der mit Priština erzielten Vereinbarungen sondern auch die Auflösung aller unter Belgrader Kontrolle stehenden Institutionen im Nord-kosovo.15 Letzteres ist für Belgrad, das inoffiziell noch immer hofft, zumindest den Nordkosovo behalten zu können, nicht annehmbar.

Präsident Tadić unterstützte im Sommer und Herbst 2011 politisch die Barri-kaden-Aktivitäten der Serben im Nordkosovo. Diese könnten nicht gezwungen werden, gegen ihren Willen in den kosovarischen Staat integriert zu werden, lautete zunächst das diesbezügliche Argument aus Belgrad. Sehr spät, kurz vor dem EU-Gipfel, versuchte Tadić, in Gesprächen die serbischen Politiker aus den betroffenen Gemeinden im Nordkosovo zu einer konzilianteren Haltung zu be-wegen. Gemäß seinen Vorschlägen sollten die Barrikaden für den freien Verkehr der KFOR und EULEX gelockert werden. Serbische Politiker aus dem Nordko-sovo sprachen sich bis zur Fertigstellung dieses Beitrags aber dezidiert dagegen aus, dass sich die EULEX als „Komplizin“ der kosovarischen Regierung überall im Nordkosovo frei bewegen kann.16 Eine Anfang Dezember 2011 unter Druck der EU zwischen Belgrad und Priština zustande gekommene Einigung, die Kon-trolle der strittigen Grenzen gemeinsam mit der EULEX durchzuführen, hatte deshalb nur eingeschränkte Aussichten auf Erfolg.17 Der vorerst geringe Erfolg von Tadićs Vermittlungsbemühungen untermauerte den nur eingeschränkten Einfluss prowestlicher Politiker aus Belgrad auf die Serben im Nordkosovo. Von den nordkosovarischen Gemeinden Leposavić, Zubin Potok, Zvećan und Nord-Mitrovica steht nur Leposavić unter der politischen Kontrolle der prowestlichen serbischen Regierung. Die übrigen Gemeindevorsteher sind Funktionäre natio-nal-konservativer und nationalistischer serbischer Parteien.

In Serbien machte sich wegen des Aufschubs des Kandidatenstatus eine immer größere EU-Skepsis breit. Zur Jahreswende veröffentlichte Meinungs-umfragen zeigten, dass die zuerst große EU-Zustimmung in diesem für die regionale Stabilisierung sehr wichtigem Westbalkanland auf unter 50 Prozent gesunken war. Tadićs sozialistischer Koalitionspartner, Vizepremier und In-nenminister Ivica Dačić, zweifelte sogar am Erweiterungswillen der EU. Brüs-

15 Vgl. Merkel hoće da Srbija preda KiM (Merkel will, dass Serbien Kosovo und Metohien übergibt). In : B92, 20.12.2011. Homepage des Medienportals B92 unter <http ://www.b92.net/info/vesti/index.php ?yyyy=2011&mm=12&dd=20&nav_category=640&nav_id=567409&version=print>, abgerufen am 22.12.2011.

16 Vgl. Bez dogovora, barikade ostaju (Ohne Einigung, die Barrikaden bleiben bestehen). In : B92, 23.10.2011. Homepage des Medienportals B92 unter <http ://www.b92.net/info/vesti/index.php ?yyyy=2011&mm=10&dd=23&nav_id=551671>, abgerufen am 24.10.2011.

17 Vgl. Michael Neumayr : a.a.O., S. 4.

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Die Lage auf dem Westbalkan 2011/12 und ihre Auswirkungen auf die Sicherheitspolitik der EU 319

sels Forderungen gegenüber Belgrad liefen auf die Anerkennung der Unab-hängigkeit des Kosovo hinaus – so der Innenminister. Zwar stellt dies keine offizielle Forderung der EU dar, die in der Anerkennungsfrage selbst gespalten ist.18 Doch für Belgrad scheint schon die von Brüssel eingeforderte Politik der gutnachbarschaftlichen Beziehungen gegenüber Priština eine kaum erfüllbare Bedingung darzustellen.19 Viel Grund zur Schadenfreude besitzt aber auch die kosovarische Regierung nicht. Mit ihrer im Sommer durchgeführten Po-lizeiaktion an den Grenzübergängen im Nordkosovo ist es ihr zwar mittel-bar gelungen, den EU-Ambitionen Belgrads zu schaden. Allerdings konnte sie dadurch die Souveränität des kosovarischen Staates nicht auf den Norden ausweiten. Auch verschlechterte diese Aktion das ohnehin angespannte Ver-hältnis zu Belgrad im Rahmen des technischen Dialogs. Im EU-Integrations-prozess stellt der Kosovo nach wie vor das Schlusslicht in der Region dar.

Auch das Jahr 2012 begann für die kosovarische Regierung ohne eine ver-tragliche Beziehung zur EU und ohne einen konkreten Fahrplan für die Visali-beralisierung. Unabhängige Beobachter der serbisch-kosovarischen Beziehun-gen betonen in ihren Empfehlungen schon seit längerem, dass Belgrad und Priština im Kontext der EU-Integration entweder gemeinsam gewinnen oder gemeinsam verlieren werden.20 Diese Logik setzt sich bei den Politikern auf beiden Seiten jedoch nur sehr langsam durch. Falls bei der für Frühjahr 2012 geplanten serbischen Parlamentswahl nationalistische Parteien die Mehrheit erringen sollten, könnte es für die EU noch schwieriger werden, eine positive Dynamik in den Dialog zwischen Belgrad und Priština hineinzubringen.

5. Konsequenzen für die EU und ihre Gemeinsame Außen-

und Sicherheitspolitik

Das Beispiel der erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen Kroatiens mit der EU untermauert grundsätzlich die Richtigkeit des von der Union seit dem Jahr 2000 in der Region implementierten Stabilisierungsansatzes.

18 Fünf EU-Staaten, nämlich Griechenland, Rumänien, die Slowakei, Spanien und Zypern, haben den Kosovo bisher nicht als Staat anerkannt.

19 Vgl. Thomas Roser : Große Skepsis nach Aufschub des Kandidatenstatus. In : Die Presse, 21.12.2011, S. 4.

20 Für Vorschläge wie eine solche Win-win-Situation erreicht werden könnte siehe Vladimir Todorić, Leon Malazogu : Belgrade – Pristhtina Dialogue. Transformation of Self-Interest Re-quired. Belgrad, Pristina 2011.

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320 Predrag Jureković

Ein Risiko für die von der EU am Westbalkan angestrebte Stabilitätsprojek-tion sind in dieser Phase weniger die EU-internen Probleme (Finanzkrise) als die feststellbaren Verhärtungen von Konfliktstrukturen in Teilgebieten des Westbalkans.Die lange dauernde politische Krise in BiH hat auch die Unzulänglichkeiten der von der EU praktizierten technisch-bürokratischen Reformunterstüt-zung aufgezeigt. Da die Obstruierung von Reformprozessen sehr stark von einzelnen Politikern aus BiH betrieben wird, sollten EU-Maßnahmen die-sen individuellen Faktor stärker berücksichtigen.Eine Entschärfung des Nordkosovo-Problems wäre nur durch ein gemein-sames Vorgehen Belgrads, Prištinas und der EU möglich. Es fehlt in der derzeitigen Phase noch ein EU-Konzept, wie im Integrationsprozess Win-win-Situationen sowohl für Belgrad als auch für Priština erreicht werden können.Angesichts der noch vorhandenen politischen Konfliktpotenziale in BiH und im Kosovo bleiben die Fortführung der EU-Militäroperation EU-FOR ALTHEA in BiH (Dezember 2011 : ca. 1300) und die Beteiligung von EU-Staaten an der KFOR (Dezember 2011 : ca. 6700) sicherheitspolitisch relevant.Die Krise im Nordkosovo hat die Akzeptanz für die EULEX unter den Kosovo-Albanern erhöht, unter den Serben jedoch vermindert. Im Rah-men eines politischen Plans für die Entschärfung des Nordkosovo-Prob-lems wäre auch die volle Bewegungsfreiheit für die EULEX im gesamten Kosovo sicherzustellen.Eine Lösung des Namensstreits zwischen Mazedonien und Griechenland ist ohne Zugeständnisse von beiden Seiten nicht möglich. Ein diesbezüg-lich stärkeres Vermittlungsengagement der EU könnte von Nutzen sein.

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