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- 1995 DIE ORTHODOXE HEILSDIMENSION HYMNOS GEDEUTET AUS DEN SCHRIFTENl EVANGELOSD.THEODOROU Emer. Professor der Athen Senator der «Academiae Scientiarum et Artium Europaeae» Mein Referat wird phanomenologischer Weise die bibIische Grundlage eines kostbaren der orthodoxen SpirituaIitat heben, um erwahnen, daB Gott nicht nur im sakramentalen HeiIsmysterium seines uns herabsteigt, sondern auch im Offenbarungsmysterium seines erlosenden Wortes. Die Bibel beseelt die Liturgie und lenkt ihre Entwicklung. Das biblische Ele- ment ist der HauptbestandteiI der Iiturgischen Formen. Deshalb sind die Gebete und Hymnen ein erlebnisreicher Ausdruck des doxen, dogmatischen Glaubens. Mein Professor an der Marburg an der LahnFriedrich Heiler hat betont, daB «die Liturgie die ostliche J(jrche in .noch hDherem Masse a./s die lateinische das 'gebetete Dogma' da,rstellt»2. Und mein Professor an derselben Ernst Benz, gleichfaHs gesch- rieben, daB «das Dogma in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem liturgischen Leben der J(jrche steht... Das Dogma findet 1. Referat gehalten am 22. Januar 1993 Neuwaldegg-Wien bei der Okumeni- schen Fachtagung der Diozesankommission Qkumenische Fragen der Erzdiozese Wien zum Thema: «Stimme des Geistes in den Schriften». Diese Tagung wurde unter der Leitung Frau Oberin C h r st e G 1 e e r (22-23 Januar 1993): Okumenisches Forum - memoriam Leopold Achberger, Grazer Hefte konkrete Okumene, Nr. 16, Graz 1993, S. 49-100. 2. F. e er, Urkirche und Ostkirche, S. 190.

DIE ORTHODOXE HEILSDIMENSION HYMNOS GEDEUTET AUS …

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- 1995

DIE ORTHODOXE HEILSDIMENSION HYMNOS

GEDEUTET AUS DEN SCHRIFTENl

EVANGELOSD.THEODOROU Emer. Professor der Athen

Senator der «Academiae Scientiarum et Artium Europaeae»

Mein Referat wird phanomenologischer Weise die bibIische Grundlage eines kostbaren der orthodoxen SpirituaIitat heben, um erwahnen, daB Gott nicht nur im sakramentalen HeiIsmysterium seines uns herabsteigt, sondern auch im Offenbarungsmysterium seines erlosenden Wortes. Die Bibel beseelt die Liturgie und lenkt ihre Entwicklung. Das biblische Ele-ment ist der HauptbestandteiI der Iiturgischen Formen. Deshalb sind die Gebete und Hymnen ein erlebnisreicher Ausdruck des doxen, dogmatischen Glaubens. Mein Professor an der

Marburg an der LahnFriedrich Heiler hat betont, daB «die Liturgie die ostliche J(jrche in .noch hDherem Masse a./s die lateinische das 'gebetete Dogma' da,rstellt»2. Und mein Professor an derselben Ernst Benz, gleichfaHs gesch-rieben, daB «das Dogma in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem liturgischen Leben der J(jrche steht. .. Das Dogma findet

1. Referat gehalten am 22. Januar 1993 Neuwaldegg-Wien bei der Okumeni-schen Fachtagung der Diozesankommission Qkumenische Fragen der Erzdiozese Wien zum Thema: «Stimme des Geistes in den Schriften». Diese Tagung wurde unter der Leitung Frau Oberin C h r s t e G 1e e r (22-23 Januar 1993): Okumenisches Forum - memoriam Leopold Achberger, Grazer Hefte konkrete Okumene, Nr. 16, Graz 1993, S. 49-100.

2. F. e e r , Urkirche und Ostkirche, S. 190.

8 Evangelos D. Theodorou

seinen eigentlichen Ausdruck... nicht in theologischen Summen und sondern in der Liturgie selbst... Liturgie und Dogma,

Anbetung und Bekenntnis, Gebet und theologische Meditation und Spekulation sind also nicht trennen. Das Dogma ist ein Bestandteil der lebendigen Anbetung selbst...»3. Die Quintessenz des Kultes ist nichts anderes als die das Mysterium Christi, das sterium der Aber die Liturgie erfindet dieses Mysterium nicht, sondern sie findet es vor der Schrift und ihrer 1nter-pretation im Rahmen der Tradition.

Die dynamische der Theologie im ortho-doxen k6nnen wir beispieIsweise bei dem s. g. «Hymnos Aka-thistos» und erleben. Dieser Name kommt daraus, daB die Glaubigen den Hymnus stehend singen. Das geschieht am Samstag der Fastenwoche der vierzigtagigen Fastenzeit. Der Hymnus ist ein Jubel-und Loblied auf Maria die Gottesmutter. Der Verfasser kann bis jetzt noch nicht ganz sicher festgestellt wer-den. «Neuerdings wird ziemlich einhellig Romanos als Verfasser aner-kannt»4, wenn auch diese immer noch umstritten ist5•

Der «Akathistos» ist einer der vollendetsten «Kontakien», die wir kennen6• Er hat und organische Verbindung mit dem Gan-zen der orthodoxen Fr6mmigkeit und die aIs Gegenstand der Verehrung auch jenes Geschopf hat, «von welchem der ewige Logos in der des hJ. Geistes Fleisch annahm, die Jungfrau Ma-ria, in deren Schoss sich das Mysterium der hypostatischen Union des ewigen Logos mit der Menschennatur vollzog»7. besonderen hat der Akathistos Hymnus Verbindung mit dem Fest Maria

das die am 25. Marz begeht. diesem Fest versenkt die sich mit inniger Liebe das Geheimnis der 1nkarnation, das mit der Empfangnis Christi seinen irdischen nahm. diesem Tage singen wir: «Heute nimmt unsere Erlosung ihren Anfang, und es wird offenbar das Geheimnis von Ewigkeit her; Gottes Sohn ist Sohn einer Jungfrau geworden, und Gabriel tut ihr die Gnade kund. Mit ihm rufen auch

3. e n Geist und Leben der Ostkirche, S. 39-40. 4. t a n e r, Patrologie, S. 495. 5. G . e c k, und Theologische Literatur im byzantinischen Reich, S.

427. 6. A, a.o. Vgl. S. 363. 7. F . e e r, Urkirche und Ostldrche, S. 385.

9 Hymnos Akathistos

wir dir, Gottesgebarerin, seist (= freue dich) du, vol1 der Gnade, der Herr ist mit dir»8.

Das (= freue dich) des Erzengels horen wir unaufhor-lich den 24 Strophen des Akathistos Hymnus, der , gemaB der gelten-den liturgischen Praxis, der breiteren s. g. «Akoluthie des Aka-thistos Hymnus» eingegliedert ist. derselben «Akoluthie» ist auch der «Kanon»9 des Akathistos Joseph dem Hymnendich-ter worden (mit dem Akrostichon [=

Dieser Kanon erganzt «ma-riologischem» Standpunkt aus den Akathistos Hymnus, weil er auch die die Maria Verklarung der Perspektive der Heils-dimension

Die literarische, asthetische und Betrachtung und die Erwahnung des oder zeremoniellen Gebrauchs des Akathistos und seiner ganzen liturgischen «Akoluthie» ist auBerhalb des konkreten Rahmens des Titels meines Referats.

Obwohl jede scholastische und systematische dogmatische Refle- und Lehre der panegyrischen und lobredenden Verherrlichung

der Gottesmutter im Akathistos abwesend ist und obwohl das Mysteri-um, das im MutterschoBe Marias und vor und nach der Empfangnis Jesu ihrer Existenz sich vollzogen hat, nicht der logischen Spekulation, sondern der betenden Frommigkeit

wird, trotzdem gibt es im Hymnus eine erlebnisreiche und monumen-tal poetische, plastische, und Formulierung der

und patristischen Lehre das «Heilsmysterium der Menschwerdung des gottlichen Logos, den Maria empfing und gebar».

allen Strophen des Akathistos konnen wir die Heilige Schrift lesen «im Licht des hochsten Prinzips der Einheit des Mysteriums Christi, der beiden Testamente und der ganzen Heilsgeschichte, einer organi-sch fortschreitenden Einheit, worin das A1te Testament auf das Neue und die gegenwartige Heilsordnung auf die eschatologische Wirklich-keit hinausliiuft»lO. Mit der Hilfe der beiden Testamente heben die

----Hymnendichter den der Gottesmutter am Erlosungswerk her-vor und die Machtigkeit ihrer konstitutiven oder integrierenden Rolle sowohl der als auch an der Aneignung des

8. J. S c h u Liturgie, Tagzeiten und S. 385. 9. den Begriff und die Struktur des «Kanons» s. G. e c k, a.a.o., S. 265.

10. C. a g a g g n The%gie der Liturgie; S. 267.

10 Evangelos D. Theodorou

Christusheils durch die Menschen11. Alles Wirken Mariens wird ausschlieBlich der Perspektive des Mysteriums Christi gesehen. So hat die s. g. «Mariologie» als ihre Grundlagen die mit der Anthropo-logie verbundene Christologie, die Soteriologie (= Heilslehre), die Gnadenlehre, die Ekklesiologie und die Eschatologie. Der Akathistos, wie jeder den Marienhymnen, ist ein Kommentar, daB jede Ma-rienverehrung auf die Bezeichnung (Theotokos) geht und als eine auf Christus weisende Verehrung verstanden wird12•

Gestatten Sie mir, die folgenden Punkte beispielsweise erwiih-nen, damit wir die tragfiihige biblische theologische Grundlage des Akathistos unterstreichen:

1) Der Akathistos ist inhaltlich beeinfluBt worden den Berich-ten der Evangelien nach Matthiius und Lukas Mariii gung und die VerheiBung der Geburt Jesu (Lk 1,26-38); den Besuch Marias bei Elisabeth (Lk 1,39-56); Einzelheiten der Ge-burt des Herrn (Mt 1,18-25 und Lk 2,1-20); die Huldigung der Weisen Sterndeuter aus dem Osten 2,1-12); die Flucht nach Agypten (Mt 2,13-15) und die aus Agypten (Mt 2,19-23). Mit diesen Berichten, die alttestamentlichen Zitaten durchwoben und als der alttestamentlichen VerheiBung komponiert sind, ist der Inhalt der Verse des Akathistos verbunden.

2) die ganze Struktur des Hymnus ist es charakteristisch, daB wir seinen Strophen das Wort unaufhorlich wiederholen. Die bessere des Wortes ist nicht «sei (nach der

oder seist du» (nach der Luthers), sondern «freue dich». 210mal hallt dieses Wort

(= freue dich) aus dem Hymnus und seiner «Akoluthie» wider. Deshalb bezeichnet das griechische Volk die Verse des Hymnus und den ganzen Hymnus als (= frohe Ma-ria wird bei der der Geburt Jesu und im Akathistos Hymnos mit gleichen angeredet, wie die Tochter im Alten Testament angeredet wird: (= freue dich hohem MaBe du, Tochter «frohlocke ganzem Herzen, du Tochter Jerusalems» (Zef 3,14; vgI. iihnliche Verse Joel 2,21-23 und Sach 9,9). Maria wird betrachtet als die Tochter

als die Repriisentantin Israels der Stunde der seiner messianischen Hoffnung. Diese wird auch aus dem

11. Vgl. S c h m a u s, Maria, S. 334-349. 12. a 11 s , Maria (Orth. ·Sicht), S. 781.

11 Hymnos Akathistos

Mund Marias hymnischer Form dem «Magnificat»

(Lk 1,46-55). 3) Der Akathistos wiederholt poetischer Weise die Aussage

des Apostels Paulus: «Als die der Zeit kam, sandte Gott seinen Sohn, geboren aus einer Frau» (Gal 4,4). Das - dem Gnostizismus und allen spiritualistischen oder doketi-schen Tendenzen und vielen mythologischen Vorstellungen der heidni-schen Umgebung - die wahre menschliche Natur und die Geschich-tlichkeit des gekreuzigten und auferstandenen Herrn. Wenn der heidnischen Mythologie «von jungfrauJichen Empfiingnissen durch VerschJucken TannennadeJn, PreiseJbeeren, durch Mitwirkung EJefanten, SchJangen, BJitzschJagen und (geschJechtJich gereizten) Gottern die Rede ist, empfinden wir aJJ dies aJs Verzerrungen, aJs Perversitaten, die im Zusammenhang mit dem so wundersam keuschen Lukasbericht eine BJasphemie bedeutet»13. Der Akathistos hat klare Andeutungen und Hinweise gegen die heidnische Philosophie und Mythologie. 50 betont der Dichter: «Freue dich du, Toren wurden die grossen Sophisten»; «freue dich du, es schwanden hin die Schopfer Mythen».

4) Der Hymnus erwahnt den Text Lukas: «Der heiJige Geist wird dich kommen, und die des Hochsten wird dich schatten» (Lk 1,35). Die jungfrauliche Empfangnis so ein liches Ereignis, ein Wunder und ein Zeichen, das die sch6pferische Heilsmacht, «die des Hochsten» und die rettende und Tatigkeit der Heiligen zum Ausdruck bringt. Dieses Wunder

nach den des Akathistos, «schwer ersteigbar dem 5inne der Menschen», «schwer erschaubar seJbst den Augen der EngeJ», «die nicht erkennende Kenntnis», «das VorspieJ der Wun-der des Christus», «des GJaubens machtiges BoJJwerk», «das heiJige Mysterium», usw. «Dieser GJaube... Jasst keine Diskussion aufk.om-men, die das Mysterium (der Inkarnation) nicht theoJogisch, sondern bioJogisch

---- 5) Der Hymnus erwahnt den neutestamentlichen Bericht, daB Ma-ria durch ihren Glaubensgehorsam das Heilsgeschehen eingegangen ist. der Mutter des Herrn faBt sich potentiell das Ja der Menschen zu Gott und zu Christus als dem Heilbringer zusammen. Durch ihr Ja,

13. R e d m a n n, Die Wahrheit des Christentums, Bd. 2: Die Wahrheit

Christus. religionsgeschichtlicher Vergleich, Freiburg 21951, S. 144. 14. Kallis, a.a.o.

12 Evangelos D. Theodorou

das Maria stellvertretend und alle spricht, wird sie zur Gottes der Welt. Maria als Mutter des Herrn ist eine

Gestalt der Deshalb hat das Ja ihres Glaubensgehor-sams universal-soteriologische FinaliHit. Maria sagte dieses Ja nicht individualistischer Isolierung nur sich, sondern offener Bereits-chaft alle. Ihre personale Aneignung der hat so ekklesiale Bedeutung. Maria ist das erste und zugleich das vorziiglich-ste Glied der des mystischen Leibes Christi»15.

6) Das biblische Element ist auch sichtbar der Tatsache, daB der Hymnus den Besuch Mariens bei ihrer Base Elisabeth erwahnt. Sowohl Elisabeth als auch Maria selbst und auch im Tempel benutzen - aus alttestamentlichen Elementen gewobene - poetische Dank-und

7) Der Akathistos erwiihnt immer wieder, daB Maria Jesus unver-sehrt geboren hat. Sie ist immer jungfraulich geblieben, Sie ist der alttestamentliche immerdar brennende und zugleich unver-brennbare Dornbusch.

8) Der Akathistos Hymnus legt keine Lehre vor, daB Ma-ria eine Immaculata Conceptio hatte. Es ist genug, um - ohne Dog-matisierung - betonen, daB sie, wie der Erzengel sagte, bei Gott Gnade gefunden hat (Lk 1,28 und 30), daB sie die die «Ganzheilige» ist, die alle Geschopfe Hochgepriesene, deren Herrlichkeit selbst die Engel weit der «Akoluthie des Akathistos» holen wir wieder den Hymnus der Chrysostomusliturgie: «Wahrhaftig ist es, dich preisen, die Gottesgebiirerin, die immerseligste, ganz tadellose und Mutter unseres Gottes, die ehr-wiirdiger ist als die Cherubim und unvergleichlich glorreicher als die Seraphim, die unversehrt Gott Logos geboren hat. Du wahre Gottes-gebiirerin, dich lobpreisen wir» hervor. Nach den des Akathistos ist Maria «Heilige, iiber die Heiligen mehr heilig», «All-reine», der Reinheit», «siiss duftende Lilie», «wohlduftender Weihrauch».

9) Der Akathistos erwiihnt auch Maria Entschlafung die wir am 15. August feiern . Die ostliche Theologie hat die «As-sumptio» als Dogma abgelehnt, aber die orthodoxe Spiritualitiit, ohne logische Analysen, konnte - im Rahmen der liturgischen Zeit - den

15. Vgl. Katholischer Erwachsenen-Katechismus, S. 169-170. S c h ma us, «Ma-ria», S. 344-345.

16. Schmaus, a.a.o., S. 341.

13 Hymnos Akathistos

symbolischen Sinn dieser Lehre bejahen. Die ganze verkHirte Ma-rienexistenz hat vor Gott lobpreisenden, dankenden und Charakter. So singen wir zur MarHi Entschlafung am 15. August: «Ge-biirend hast du die JungfriiuJichkeit bewahrt, bei deinem Heimgang hast du die Welt nicht verlassen. Du bist zum Leben gelangt, Mutter des Lebens. Bewahre durch deine auch uns vor dem Tode der Seele»17. dieser Mariens liegt die al1zeitige Aktuali-sierung ihrer grundlegenden ErlOsungsmitwirkung18• Ma-ria ist, nach dem Akathistos, die Konigin des Himmels und der Erde, die «Konigin-Mutter», die «A11bewunderte», die «A11gepriesene», «hDher als die Himmel», «der Thronsitz des KOnigs». 1m Himmel thront Maria als zur Rechten ihres Sohnes.

10) Die Bezeichnung Mariens nicht als sondern als bloBe (Vermittlerin), ist ein Beweis, daB es keine Gefahr gibt, eine Mariolatrie verfal1en, oder die Alleinmittlerschaft Christi verdunkeln. Es handelt sich hier nur um den «Ausdruck einer gelebten Gemeinschaft mit den HeiJigen, unter denen Maria einen besonderen Platz einnimmt»19. Die Mittlerschaft Mariens ist der Hohepunkt des Ausdrucks eines biblischen Grundgedankens, namlich der Solidaritat al1er Menschen untereinander. Unsere existentiel1e Pflicht ist das «Weinen mit den Weinenden» (Rom 12,12); «alje Glieder soJJen eintriichtig sorgen; wenn ein Glied leidet, leiden aJle Glieder mit» (1 Kor 12,25-26). AuBerdem wir «beten Viel vermag das instiindige Gebet eines Gerech-ten» (Jak 5,16). lnfolgedessen, was jeden gilt, die Mater dolorosa einer besonders intensiven undin einer umfassenden Weise. Nach den Formulierungen des Akathistos, «sie befreiet uns aus jeder Gefahr»; sie ist «der VermittJung wohlgefiiJJiger Weih-rauch», «aJJer Welt sie befreiet uns «von den Briinden der Leidenschaften», sie ist zum Reiche Christus», Hafen derer, die das Meer des _Lebens durchfahren; sie ist und BoJJwerk der Menschen», Helfer-in derer, die glaubig zuihr flehen; sie

des· Geistes neue· Schopfung uns ein; sie ist gottli-cher sie vereint die Glaubigen mit dem Herm; sie ist rerin heiliger Seelen ; sie lost al1e al1em U _Charakteristisch ist die Strophe: «Wir, deine flehen und neigen das

17. J . Schulz, a.a.o., S. 381. 18. Vgl. _ e r, «Maria», Lexjkon Theologje und 7(1962)31. 19. VgI. Kallis, a.a.o.

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unseres Herzens. Neige, Reine, dein Ohr und rette stets die, weJche in der Tiefe versenkt sind».

11) Zentrale Idee des Akathistos ist, daB Maria als die neue Natur ist. gilt die VerheiBung, Mutter aller Leben-

den sein Gen 3,20). Aber Ungehorsam brachte das Unheil. Marias Glaube und Gehorsam brachten das Heil20• Deshalb singen wirz.

im Akathistos: «Freue dich du, die den gefaJJenen Adam Freue dich du, die von ihren Triinen Eva erJOst».

12) Mit dem EinfluB des Alten Testaments preist der Akathistos die Jungfrau Maria als den Beweis der (Weisheit) Gottes. Es hand-elt sich um eine gesunde Sophiologie oder sophianische Lehre die Theotokos (=«MarioJogie»), die die Weisheit der Spruche Salomonis ohne erwahnt und die hochsteReinheit, Unbeflecktheit und Schonheit der jungfraulichen Mutter des Herrn

13) Nach dem Akathistos die Gottesmutter Maria das biblische sittliche Ideal, das erstrebenswerte Vorbild der hochsten sittli-chen Vollkommenheit, den urbildlichen, reinen Fall der Erlosung haupt, die mit der «Wiedergeburt» und der fung) ist, den Aufstieg zur mit neuen Per-

des menschlichen Tuns und der Weltgeschichte. Dieses Vorbild zeigt die ·Verbindung der Dimension mit der horizon-talen ; der «vitae contempJativae» mit der «vitae activae». Maria wird als der Inbegriff des biblischen Feminismus lobgepriesen, als das «ewige WeibJiche», als das perfekte Vorbild der biblischen Tugenden des Glau-bens, der Reinheit, des Gehorsams, der Demut, der Geduld, der Hof-fnung, des Muts, des Selbstopfers und der dienenden Liebe, deren der tiefste Kem nicht schicksalhafter und erdfremder Quietismus und welt-fremde 1St. SO kann die «marioJogische» Frommigkeit zur Ori-entierung, Profilierung, Qualifizierung und der Caritas und des diakonischen Werkes beitragen. Der Akathistos interpretiert poe-tischer Weise die biblische Lehre, daB im Garten der diakoni-schen, sozialen und kulturellen Tatigkeit die Samenkorner aller Blumen

der Gnade des Himmels stammen Und sie konnen nur dann wenn sie der Atmosphareder «marianischen» Spiritualitat

Himmel genahrt werden22• '

20. S. 169. 21. S c h u t e, Hauptthemen der neueren russischcn The%gie,S. 311-373. 22. gl. h e d r u, Die diakonische und soziaJe Dimension des griechisch-

orthodoxen Lebens, Athen 1984, S. 22.

15 Hymnos Akathistos

-. 14) . Charakteristisch ist den Akathistos, daB er die neutes-tameiitliche der alttestamentlichen,VerheiBung zusammenfaBt. Die Dichter des Gottesdienstes (der Akoluthie) des Akathistos neh-men Gebrauch viele biblische Urteile (Daseins-und Existentialur-teile, Soseins - oder Essentialurteile und ·Werturteile) . AuBerdem benutzen siebiblische typologische Bilder, Gleichnisse, Symbole, Bei-spiele usw. Einige Beispiele: ist «die himmlische Leiter, auf der Gott·herniederstieg»; die die vonder Erde zum Himmel hi-

sie hat das Licht empfangen; sieist Reis der chen Weinranke; Flur, der die Frucht der Erbarmung hegt; Hafen der Seelen; geistiger Schafe; Strahl des mystischen Tages; sie HiBt den geistigen Pharao versinken; sie ist Fels; den nach dem Leben

reicht sie trinken; sie Feuersau1e, die jene die der Nacht wohnen; sie ist Nahrung, diedas Manna ersetzt; sie ist

«Christi Jebendiges Buch», «des AlJherrschers feuriger Thron»; sie ist strahlende die Christus, die die Wohnung

Schiff,das aufnimmt, die da. suchen ihr Heil; sie ist Wonne der Engel , Feuerwagen des Logos; sie ist Stadt des Allkonigs, lebendiges Paradies, dessen Mitte der Lebensbaum steht; sie ist der Hafen diejenigen, die das Meer durchfahren; sie ist Strahl der geistigen Sonne; U des Taufbeckens; .lebendiger Tempel; durch den Geist vergoldeteLade; sie ist die Burg der che;wahte 'Rebe; die die reife Traube den sprudelnden Wein; mystischer Zweig, der die unverwelkliche Blume laBt. DerAkathistos erwahnt auch die Rettung der schuldlosen

im Feuer uhd :die Tatsache, daB «die Aussiitzigen geheiJt werd- ·die weichen; die Scharen der bosen Geister besiegt

werden. Die Gottesmutter hat das verschlossene Eden geOffnet. Sie ist GefaB:, das die unausgieBbare Narde aufnimmt; Feuersau1e, die die Menschen himmlischem Leben usw23.

..15) 1m Akathistos sehen wir auch klar die Grundlagen und der : bekannten Lehre der Palamiten) das

Verhaltnis zwischen Maria und der Eucharistie. Diese Lehre betont, daB Maria Blut Christi erlosendes Blut sei. Sie. ist, nach den biblischen

des Akathistos, «Arche .des Aus Maria ist das «Lebensbrot», das «Weizenkorn» Maria ist das

23. Die deutsche der griechischen AusdrUcke.ist nach dem Buch «Die Ostkirche betet» r ch h ff und C h r. S c h 11 m,e e r.

korrigierten wir einige der Fehler der

16 D. Theodorou

Land der aus dem Milch und Honig flieBen. Jedes Fleisch, das der Herr aus Maria angenommen hat, ist uns Medizin. Sie hat uns den eucharistischen Tisch .bereitet, die eucharistische Speise24•

16) Der Akathistos, der im Zentrum des Iiturgischen res eingegIiedert ist, hat ekk1esiologischen Charakter. Er stellt die Beziehung Maria und dar und im besonderen die Gleich-setzung der heilsgeschichtIichen Rolle Mariens mit jener der Nicht wenige der personifizierten werden auf Maria

Nach dem hl. Ambrosius: «Maria est Ecclesiae typUS»26. Die betrachtet, ergreift und proklamiert das Maria verur-sachte und Maria verwirklichte Christusheil. ganzen Akathistos wird frappante Perichorese Maria und Ecclesia umrissen. Beide haben geistIiche Mutterschaft dem ErlOsten27• Der Aka-thistos ist einer der mehr schonen und beIiebten des orthodoxen Kultes und der Selbstoffenbarung und Epiphanie der che. Jede Iiturgische Handlung ist ein Ereignis der

d u r ch die und f r die Die ist die Wirkursa-che, der Grund der Liturgie. Aristoteles Prinzip, daB das «Ganze den Teilen vorangeht», gilt auch den kleinsten Teil der Liturgie. Die ist die Entelechie, die jeden Teilaspekt des Iitur-gischen Lebens animiert; sie ist Anfang und Ende, Alpha und Omega, Urgrund und Endziel, causa efficiens und causa finalis der Liturgie. Das gilt hohem MaBe den Akathistos, der mit dem Zentrum des

d.i. mit dem Hohepunkt der Zeit der Vorbereitung . das Feiem des Pascha-Mysteriums verbunden ist. So kann man er-

klaren,warum der 1nhalt des Akathistos nicht nur das Iiturgische Ge-dachtnis, die (Anamnese) der Empfangnis und der Geburt Jesu ist, sondem auch der Ausdruck des Erlebnisses der Rekapitu-lation aller Hauptetappen des Erlosungswerkes die die Schriften berichten. Die «Eschata» selbst, die Auferstehung, die tige Verklarung erscheinen in mystischer Weise der Atmosphare der «liturgischen Zeit» und sie werden als Gegenwart erlebt. Um mit Goethe reden:

«Hier ist Vergangenheit

24. Vgl. Schultze, 8.8.0., S. 377. 25. Schmaus , 8.8.0., S. 339. 26. Ambrosius, Expositio in Lucam 11,7. 27. J. Tyciak , The%gische Denksti1e im Morgen/and und Abend/and, S.

297-302.

17 Hymnos Akathistos

Das voraus Jebendig, Der Augenblick ist Ewigkeit»28.

* * * Deshalb herrscht vom Anfang bis zum Ende der Jubel, der

Freudenausbruch die Gnade und die Er16sung. Das Wort (= freue dich) wird unaufu6rlich geh6rt, um uns auch

erwahnen: «Freut euch im Herrn jeder Zeit» (Phil 4,4). Zusammenfassend k6nnen wir zum SchluB betonen, daB die

Betrachtung des Akathistos Hymnos uns die folgenden zwei Ergeb-nisse gibt:

a) Das Alte Testament tragt zur besseren Interpretation des Neuen Testaments bei und seinem ganzheitlichen Verstandnis der Perspektive der Heilsgeschichte.

b) Die Gottesgebarerin Jungfrau Maria geh6rt ins Evangelium und folglich die ekklesiologische Heilsdimension, die allen chen bejaht wird. Die Gottesmutter muB als ein Zeichen der Einigkeit aller Christen verehrt werden. Deshalb ist es notwendig, eine 6kume-nische und echt biblische Lehre die Theotokos (= «MarioJogie»)

entwickeln.

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1 2

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