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Studie
Eine bayme vbm Studie, erstellt von Kienbaum
Stand: Mai 2017
www.baymevbm.de
Die richtige Organisation zur digitalen Transformation
Studie – Die richtige Organisation zur digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Vorwort
Vorwort
Organisationsformen für die digitale Transformation im Unternehmen
Die digitale Transformation zwingt Unternehmen aller Branchen, ihre Geschäftsfelder
zu hinterfragen und ihre Geschäftsmodelle an die neuen Herausforderungen anzupas-
sen. In diesem Zusammenhang gewinnt die Frage nach der geeigneten Organisations-
form zunehmend an Bedeutung, denn sie beeinflusst maßgeblich den Unternehmens-
erfolg.
Die meisten Unternehmen betreten bei der Ausrichtung auf digitale Geschäftsmodelle
sowie bei der Entwicklung und Umsetzung geeigneter Organisationsstrukturen Neu-
land. Die Bandbreite des Digitalisierungsgrades ist groß und wirft vielfältige Fragen auf.
Dazu haben wir bayme vbm Mitgliedsunternehmen befragt und ihre Erfahrungen in der
vorliegenden Studie zusammengefasst.
Sie gibt unter anderem Antworten zum digitalen Reifegrad der Unternehmen in der
bayerischen M+E Industrie sowie zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Or-
ganisationsform und deren Verortung. Zudem beschreibt unsere Studie, wer die digita-
le Transformation im Unternehmen verantwortet und welche konkreten Schritte einge-
schlagen werden können, um den nächsten digitalen Reifegrad zu erreichen.
Bertram Brossardt
15. Mai 2017
Studie – Die richtige Organisation zur digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Inhalt
Inhalt
Vorwort ...........................................................................................................................
1 Management Summary ............................................................................... 1
2 Studienergebnisse im Einzelnen ............................................................... 3
2.1 Der digitale Reifegrad ................................................................................... 3
2.1.1 Definition der Reifegradstufen ....................................................................... 3
2.1.2 Ausprägungen des Reifegrades nach Branche und Unternehmensgröße ..... 6
2.2 Organisationsformen und Leitungsspanne sowie -tiefe ................................. 9
2.2.1 Aktuelle und perspektivische Organisationsform ......................................... 10
2.2.2 Digitaler Reifegrad von Organisationen ....................................................... 12
2.2.3 Leitungsspanne und Leitungstiefe ............................................................... 16
2.3 Verortung der Digitalisierung ....................................................................... 18
2.3.1 Verortung der digitalen Transformation ....................................................... 18
2.3.2 Verantwortung der digitalen Transformation................................................ 22
2.4 Investitionen und Mitarbeiter ....................................................................... 27
2.4.1 Investitionsvolumina .................................................................................... 27
2.4.2 Mitarbeitereinsatz........................................................................................ 31
2.5 Agilität und digitaler Reifegrad .................................................................... 33
2.5.1 Agilitätsgrad ................................................................................................ 33
2.5.2 Agilität und digitaler Reifegrad .................................................................... 35
2.5.3 Agilität und Organisationform ...................................................................... 37
3 Handlungsempfehlungen ......................................................................... 39
3.1 Dimensionen der digitalen Transformation .................................................. 39
3.2 Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung der Organisation .............. 41
3.2.1 Reifegradprofilbeschreibung ....................................................................... 41
3.2.2 Entwicklung von der Klassischen zur Hybriden Organisation ...................... 45
3.2.3 Entwicklung von der Hybriden zur Digitalen Organisation ........................... 47
3.2.4 Entwicklung von der Digitalen zur Agilen Organisation ............................... 49
4 Studiendesign ........................................................................................... 51
Abbildungsverzeichnis ................................................................................................ 55
Tabellenverzeichnis .................................................................................................... 57
Autoren ....................................................................................................................... 59
Ansprechpartner bayme vbm ...................................................................................... 61
Inhalt
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Hinweis
Zitate aus dieser Publikation sind unter Angabe der Quelle zulässig.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Management Summary 1
1 Management Summary
Die 9 wichtigsten Erkenntnisse (Key Findings) im Überblick
1 Die Digitalisierung ist angekommen und steht am Anfang der Um-
setzung.
Zwei Drittel der Unternehmen befinden sich erst am An-
fang der Digitalen Transformationen und haben einen
Digitalen Reifegrad von 1 oder 2 erreicht.
(siehe Kapitel 1.1)
2 Digitale Reife führt zu einer Anpassung der Strukturen in Richtung
mehrdimensionaler Organisationsformen.
Unternehmen mit einem hohen digitalen Reifegrad stellen
ihre Organisationsform mehrdimensional auf.
(siehe Kapitel 1.2)
3 Die Weiterentwicklung der Organisation vollzieht sich evolutionär,
nicht revolutionär.
Organisationsformen werden nicht sprunghaft verändert
sondern kontinuierlich weiterentwickelt.
(siehe Kapitel 1.2)
4 Die digitale Transformation gelingt nur, wenn sie intern verortet und
getrieben wird.
Die digitale Transformation ist im eigenen Unternehmen
anzugehen.
(siehe Kapitel 1.3)
5 Die digitale Transformation braucht eine eigene Digitaleinheit im
Unternehmen.
Unternehmen mit einer hohen digitalen Reife bauen einen
eigenen Geschäftsbereich auf oder etablieren eine Digi-
taleinheit, die sich übergreifend auf die digitale Transfor-
mation fokussiert.
(siehe Kapitel 1.3)
2 Management Summary
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
6 Digitale Transformation ist Chefsache.
Der CEO bzw. Geschäftsführer muss Verantwortung
tragen und die digitale Transformation treiben.
(siehe Kapitel 1.3)
7 Kleinere Unternehmen haben, gemessen am Umsatz, mehr in die
digitale Transformation zu investieren.
Kleinere Unternehmen müssen einen höheren Um-
satzanteil für die Digitalisierung aufbringen. Somit ste-
hen sie vor einer großen Herausforderung, die digitale
Transformation zu finanzieren.
(siehe Kapitel 1.4)
8 Digitalisierung ist ein Vollzeitjob.
Unternehmen, die ihre Mitarbeiter in Vollzeit auf Digita-
lisierungsthemen setzen, erreichen einen höheren digi-
talen Reifegrad.
(siehe Kapitel 1.4)
9 Digitale Reife und Agilität sind interdependent.
Unternehmen mit einem hohen digitalen Reifegrad be-
sitzen die Fähigkeit, schnell auf Veränderungen am
Markt – insbesondere hinsichtlich Kundenbedürfnissen
und Nachfragschwankungen – zu reagieren.
(siehe Kapitel 1.5)
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 3
2 Studienergebnisse im Einzelnen
Organisation der digitalen Transformation
2.1 Der digitale Reifegrad
„Der digitale Reifegrad zeigt das Entwicklungsstadium eines Unternehmens im Kontext
der digitalen Transformation an. Er zeigt, wie ganzheitlich ein Unternehmen seine Stra-
tegie, sein Geschäftsmodell sowie seine Produkte und Services an die Herausforde-
rungen des digitalen Wandels anpasst und entsprechende Maßnahmen implementiert.“
Im Kontext der Studie wird dem digitalen Reifegrad eine besondere Bedeutung zuteil.
Dazu wurde dieser Studie ein Reifegradmodell zugrunde gelegt, welches die Zusam-
menhänge organisationaler Gestaltungsaspekte im Zuge des Fortschritts der digitalen
Transformation (Transformationsdimensionen) im Unternehmen misst. Es wird geprüft,
ob bedeutsame Zusammenhänge zwischen dem digitalen Reifegrad eines Unterneh-
mens und den organisationalen Gestaltungsdimensionen bestehen. Um die richtigen
Handlungsempfehlungen abzuleiten, ist Voraussetzung, den digitalen Status quo eines
Unternehmens einzuschätzen.
2.1.1 Definition der Reifegradstufen
? Zentrale Fragestellungen dieses Kapitels:
Wie digital fortgeschritten sind Unternehmen und lassen sich Branchenunter-
schiede auffinden?
Das digitale Reifegradmodell differenziert vier aufeinander aufbauende Reifegradstufen
voneinander. Entlang der vier Ausprägungsgrade misst das Modell das Ausmaß, zu
dem das Unternehmen in der Lage ist, den Herausforderungen des digitalen Wandels
gerecht zu werden. Mit einem zunehmenden digitalen Reifegrad wird bspw. die Fähig-
keit des Unternehmens, digitale Technologien verstärkt in die Geschäftstätigkeiten zu
integrieren und adaptiv auf Marktanforderungen zu reagieren, deutlich erhöht. Für die
jeweiligen Reifegradstufen sind stereotypische Reifegradprofile unter Berücksichtigung
der Transformationsdimensionen definiert worden:
4 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Tabelle 1
Stufen des digitalen Reifegrads
Reifegrad Bezeichnung Erläuterung
1 Klassische
Organisation
Die Organisation ist vorwiegend klassisch aufgebaut.
Digitale Initiativen wurden noch nicht gestartet und
digitale Technologien haben weder das Produkt- und
Serviceportfolio noch die Produktions- und Leis-
tungserbringungsprozesse beeinflusst. Auch die
Kundenschnittstelle wurde noch nicht durch digitale
Lösungen erweitert.
2 Hybride
Organisation
Die Organisationsstrukturen sind nach wie vor klas-
sisch ausgerichtet. Es gibt aber bereits erste Digital-
projekte und -erfahrungen, vereinzelt in speziellen
Organisationseinheiten (z.B. IT, F&E). Eine übergrei-
fende Digitalstrategie existiert jedoch nicht, ggf. le-
diglich in einzelnen Geschäftsbereichen. Eine klare
Verortung von Digital-Verantwortlichen gibt es nicht.
3 Digitale
Organisation
Es existieren eine Digitalstrategie sowie Digital-
Verantwortliche (z.B. CDO oder Leiter Digital). Digi-
tale Geschäftsmodelle werden mit Hilfe von agilen
Entwicklungsmethoden und intelligente Technolo-
gien entwickelt. Insbesondere die Kundenschnittstel-
le sowie Geschäftsprozesse sind digitalisiert. Das
Unternehmen befindet sich aktiv auf dem Weg der
digitalen Transformation.
4 Agile
Organisation
Die Organisation agiert flexibel, proaktiv, antizipativ
und initiativ auf die Veränderungen im Markt. Eben-
falls werden die eigenen Prozesse situativ digitali-
siert und an die neuen Gegebenheiten angepasst.
Digitale Geschäftsmodelle sind umgesetzt. Zudem
existiert ein breites Netzwerk aus Kooperationspart-
nern, worüber die digitale Wertschöpfung erzeugt
wird (Ökosystem). Eine innovative und agile Unter-
nehmenskultur wird gelebt.
Quelle: Kienbaum
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 5
Abbildung 1
Digitaler Reifegrad der teilnehmenden Unternehmen
Einfache Antwortmöglichkeit. Angaben in Prozent. n=127.
Die Studienergebnisse zeigen, dass sich zwei Drittel der Unternehmen (59,05 Prozent)
noch in den ersten beiden Reifegradprofilen (Klassische und Hybride Organisationen)
befinden. 14,17 Prozent davon haben weder digitale Projekte aufgesetzt noch digitale
Lösungen lanciert (Klassische Organisationen). Das Gros der Unternehmen (44,88
Prozent) steckt in den Anfängen der Digitalisierung und weist punktuelle Erfahrungen
auf (Hybride Organisationen). Weitere 29,92 Prozent beschäftigen sich bereits intensiv
mit der Digitalisierung und integrieren diese in ihr Service- und Leistungsportfolio (Digi-
tale Organisationen). Komplett digitalisiert sind nur 11,02 Prozent der Unternehmen
(Agile Organisationen). Sie nutzen digitale Technologien fortlaufend und entwickeln
neue Geschäftsmodelle.
Die Digitalisierung hat die Unternehmen erfasst.
Bereits 85,83 Prozent der Unternehmen beschäftigen sich mit Digitalisierungsinitiati-
ven. Nahezu zwei Drittel befinden sich jedoch noch am Anfang der Digitalisierung.
6 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
2.1.2 Ausprägungen des Reifegrades nach Branche und Unternehmensgröße
? Zentrale Fragestellungen dieses Kapitels:
Wie verhält sich der digitale Reifegrad in den unterschiedlichen Branchen?
Welche Branchen sind digital reifer; welche hängen hinten an?
Abbildung 2
Durchschnittlicher digitaler Reifegrad nach Branche
Einfache Antwortmöglichkeit. Skala von 1 (Reifegradstufe 1 = Klassische Organisation) bis 4 (Reifegrad-
stufe 4= Agile Organisation). n=129.
Weiterhin werden Differenzen im digitalen Reifegrad nach Branche und Unterneh-
mensgröße sichtbar. Eine genauere Betrachtung offenbart, dass sich allein acht von
zehn Unternehmen der Metallerzeugung und -verarbeitung in den ersten beiden Reife-
gradstufen befinden und lediglich einen durchschnittlichen digitalen Reifegrad von 1,93
erreichen. Die Integration digitaler Technologien sowie die digitale Ausrichtung auf
neue Marktbedürfnisse scheinen die Branche nur bedingt zu tangieren. Zudem ist zu
vermuten, dass die digitalen Technologien nur zu einem geringen Maße das Leistungs
portfolio der Metallerzeuger und -verarbeiter ergänzen.
Dennoch gibt es Vorreiter, welche die digitale Transformation bereits verstärkt voran-
getrieben haben. Im Zuge einer Branchenbetrachtung kristallisieren sich der IT-Sektor
sowie die Elektro- und Elektronik-Industrie als die digitalen Vorreiter heraus. Der IT-
Sektor erreicht den höchsten durchschnittlichen digitalen Reifegrad mit 3,56. Entspre-
chende Unternehmen finden sich ausschließlich in den beiden oberen Reifegraden
(Digitale und Agile Organisationen). Die Branchen Fahrzeugbau (2,38) sowie Maschi-
nenbau (2,29) liegen nahe am Durchschnitt.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 7
Branchen mit kurzen Produktlebenszyklen sind digital reifer und müssen schnell
handeln.
Die Schnelllebigkeit der Produkte in der IT und Elektro- und Elektronik-Industrie fördern
digitale Innovationen, um nach wie vor marktfähig zu bleiben. Erstaunlich ist dabei der
lediglich durchschnittliche digitale Reifegrad der digitalen Vorzeigebranchen wie Fahr-
zeug- und Maschinenbau – nicht zuletzt, weil die Branchen prinzipiell für die Nutzung
digitaler Technologien rund um das Internet der Dinge sowie für die Anwendung und
den Aufbau von Mobilitätsplattformen stehen.
Abbildung 3
Durchschnittlicher digitaler Reifegrad nach Unternehmensgröße
Einfache Antwortmöglichkeit. Skala von 1 (Reifegradstufe 1 = Klassische Organisation) bis 4 (Reifegrad-
stufe 4= Agile Organisation). n=127.
Es stellte sich heraus, dass jene Firmen zwischen 50 und 100 Mitarbeitern den höchs-
ten digitalen Reifegrad mit 2,73 aufweisen. Mit einem durchschnittlichen digitalen Rei-
fegrad von 2,43 liegen Firmen mit einer Mitarbeiteranzahl zwischen 101 und 500 Mitar-
beitern ebenfalls knapp über dem Durchschnitt von 2,40 und bewegen sich in Richtung
Reifegrad 3. Ebenfalls weisen Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern einen hö-
heren digitalen Reifegrad von 2,64 auf.
Ähnlich gestaltet sich das Bild bei Betrachtung des durchschnittlichen digitalen Reife-
grads unter Berücksichtigung des Jahresumsatzes. Die Ergebnisse zeigen, dass Un-
ternehmen mit einem Umsatz von mehr als 500 Mio. EUR einen Reifegrad von 2,56
8 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
aufweisen und damit über dem Durchschnitt von 2,38 liegen. Ebenso liegen Unter-
nehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 10 und 100 Mio. EUR über dem Mittelwert.
Unternehmensgröße ist kein Indikator für digitale Reife.
Es lässt sich kein direkter Bezug zwischen der digitalen Reife und Unternehmensgröße
nachweisen. Dies ist insbesondere positiv für klein- und mittelständische Unternehmen,
denn die Unternehmensgröße scheint kein Hindernis für die eigene digitale Transfor-
mation zu sein.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 9
2.2 Organisationsformen und Leitungsspanne sowie -tiefe
Die Organisationsform eines Unternehmens ist ein zentrales Gestaltungselement im
Rahmen seiner digitalen Transformation. Organisationale Strukturen (inklusive der da-
mit verbundenen hierarchischen Gefälle) dienen einerseits dem Management von
komplexen Aufgaben und Vorgängen und können andererseits Treiber für die Anpas-
sungsfähigkeit und Flexibilität eines Unternehmens sein.
In dieser Studie haben wir zwischen eindimensionalen, zweidimensionalen und mehr-
dimensionalen Organisationsformen unterschieden. Unternehmen mit eindimensiona-
len Organisationsformen operieren in der Regel auf Basis von Linien, wonach be-
stimmte Positionen (z.B. einzelne Stellen) eindeutigen Funktionen (z.B. Human Re-
sources) oder Objekten (z.B. einer Region) zugeordnet sind. In Unternehmen mit zwei-
dimensionalen Organisationsformen umfassen Aufgabenstellungen typischerweise
sowohl eine Funktion als auch eine weitere Dimension (z.B. Human Resources für die
Region Oberbayern). Unternehmen mit mehrdimensionalen Organisationsformen ope-
rieren in Reinform unabhängig von Linien bzw. Funktionen oder Objekten, sondern
formieren sich in Abhängigkeit von Anforderungen aus ihrer Umwelt kontinuierlich neu.
Typische Ausprägungen eindimensionaler, zweidimensionaler und mehrdimensionaler
Organisationsformen werden im Folgenden kurz vorgestellt. Anschließend werden die
aktuellen sowie perspektivischen Verteilungen dieser Organisationsformen in den Un-
ternehmen dargelegt und diskutiert.
Eindimensionale Organisationsformen
- Funktionale Organisation
Das Unternehmen arbeitet mit Strukturen, die nach Funktionen aufgeteilt
sind, wie etwa Vertrieb, Human Resources, Produktion, Forschung und Ent-
wicklung.
- Divisionale Organisation
Das Unternehmen arbeitet mit Strukturen, die objektorientiert unterteilt sind,
wie etwa Produkte, Projekte, Marken, Länder oder Zielgruppen.
Zweidimensionale Organisationsformen
- Matrixorganisation
Das Unternehmen arbeitet sowohl mit Strukturen, die sich an Funktionen, als
auch mit solchen, die sich nach Objekten ausrichten.
Mehrdimensionale Organisationsformen
- Flexible und virtuelle Organisation
Das Unternehmen arbeitet in einer projektorientierten und temporären Orga-
nisation. Unternehmerischer Erfolg basiert auf strategischen Allianzen. Die in-
terne und externe Zusammenarbeit erfolgt vorrangig virtuell.
- Holokratie
Das Unternehmen arbeitet in einer agilen Struktur – Prozesse der Entschei-
dungsfindung verlaufen dezentral; einzelne Entscheidungen werden auto-
10 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
nom/teilautonom von solchen Personenkreisen getroffen, die über die jeweils
größte Kompetenz in einer bestimmten Frage verfügen.
- Netzwerkorganisation
Das Unternehmen arbeitet nur mit solchen Strukturen und Funktionen, die
nicht effizienter von externen Anbietern realisiert werden können, wobei das
Management des Unternehmens einen Großteil seiner Arbeitszeit auf die Ko-
ordination dieses Netzwerks verwendet.
2.2.1 Aktuelle und perspektivische Organisationsform
? Zentrale Fragestellungen dieses Kapitels:
Wie entwickeln sich aktuelle Organisationen in der digitalen Transformation
weiter?
In wie weit kommt der Organisationsform vor dem Hintergrund einer fort-
schreitenden Digitalisierung Bedeutung zu?
Abbildung 4
Aktuelle und perspektivische Organisationsformen
Angegeben sind die Häufigkeiten der Nennungen in Prozent sowie die Veränderungen (Zuwachs oder
Abnahme) in Prozent. n=129.
Der Großteil der befragten Unternehmen ist klassisch organisiert. So geben 49,56 Pro-
zent der befragten Unternehmen an, in einer funktionalen Organisation zu arbeiten.
Daneben ist die Matrixorganisation (40,71 Prozent) am meisten verbreitet. Mehrdimen-
sionale Organisationsformen wie Holokratie (3,54 Prozent) sowie flexible und virtuelle
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 11
Organisation (2,65 Prozent) finden aktuell nur wenig Anwendung. Bisher wird die
Netzwerkorganisation von den befragten Unternehmen nicht eingesetzt.
Perspektivisch gewinnen insbesondere mehrdimensionalen Organisationsformen an
Bedeutung. Dieser Trend manifestiert sich insbesondere bei der Netzwerkorganisation,
die einen potentiellen Zuwachs von rund 7 Prozentpunkten verzeichnet – demnach
können sich 6,93 Prozent der befragten Unternehmen perspektivisch eine Netzwerkor-
ganisation für sich am besten vorstellen. Auch Holokratie (+ 12 Prozentpunkte) sowie
flexible und virtuelle Organisationsformen (+ 6 Prozentpunkte) werden perspektivisch
bedeutsamer. Funktionale Organisationsformen (- 27 Prozentpunkte) und auch Mat-
rixorganisationen (- 2 Prozentpunkte) hingegen werden ihren Stellenwert zukünftig ver-
lieren (wenngleich in unterschiedlichen Ausmaßen); dennoch bleiben diese beiden
Organisationsformen absolut gesehen weiterhin am stärksten ausgeprägt. Der Großteil
(38,61 Prozent) der Befragten gibt an, dass die Matrixorganisation perspektivisch am
bedeutsamsten sein wird.
Eindimensionale Organisation heute. Mehrdimensionale morgen.
Der Wandel von aktuell eindimensionalen hin zu perspektivisch mehrdimensionalen
Organisationsformen lässt sich potenziell durch das Aufkommen digitaler Technologien
und neuer Medien erklären – diese ermöglichen beispielsweise eine Flexibilisierung
der Arbeit sowohl für einzelne Arbeitnehmer als auch innerhalb ganzer Teams. Um
diese Flexibilisierung zu gewährleisten, bedarf es weniger zentraler und stabiler, son-
dern flach organisierter und adaptiver organisationaler Strukturen. Diesen werden
mehrdimensionale Organisationsformen eher gerecht. Nichtsdestotrotz bleibt die Aus-
wahl einer probaten Organisationsform für das eigene Unternehmen immer auch eine
Frage, die in Abhängigkeit vom Unternehmensumfeld (z.B. stabil oder volatil) sowie der
strategischen Ausrichtung (z.B. effizienzorientiert oder wachstumsorientiert) beantwor-
tet werden muss. Gleichwohl im Zusammenhang mit digitaler Transformation mehrdi-
mensionale Organisationsformen tendenziell an Relevanz gewinnen werden, behalten
klassische Organisationsformen weiterhin ihre Gültigkeit.
12 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
2.2.2 Digitaler Reifegrad von Organisationen
? Zentrale Fragestellungen dieses Kapitels:
In wie fern unterscheiden sich ein-, zwei- und mehrdimensionale Organisati-
onsformen hinsichtlich ihres digitalen Reifegrads?
Abbildung 5
Digitaler Reifegrad nach Organisationsform
Angegeben sind die Häufigkeiten der Nennungen in Prozent. n=115.
Eindimensional organisierte Unternehmen (d.h. funktionale oder divisionale) finden sich
gemäß ihrer Selbstauskunft mehrheitlich (41,67 Prozent) in der Hybriden Organisation
wieder. 30,00 Prozent der eindimensional organisierten Unternehmen sind Digitale und
21,67 Prozent Klassische Organisationen. Nur 6,67 Prozent der Unternehmen mit ein-
dimensionaler Organisationsform erfüllen die Charakteristika der Agilen Organisation.
Unternehmen mit zweidimensionalen Organisationsformen (d.h. Matrixorganisation)
zeigen eine ähnliche Verteilung der jeweiligen Profile auf. Allerdings befinden sich nur
8,70 Prozent der Unternehmen mit zweidimensionaler Organisationsform in einer Klas-
sischen Organisation. Der Großteil dieser Gruppe sieht sich in der Hybriden (52,17
Prozent) oder in der Digitalen Organisation (30,43 Prozent). Ebenfalls 8,70 Prozent der
Unternehmen mit zweidimensionaler Organisationsform schätzen ihren digitalen Reife-
grad sehr hoch ein (Agile Organisationen).
Im Gegensatz zu den bereits beschriebenen Organisationsformen wird der mehrdi-
mensionalen Organisationsform (d.h. flexible und virtuelle Organisationsform, Holokra-
tie oder Netzwerk) ein weitaus höherer digitaler Reifegrad zugeschrieben. So sind
57,14 Prozent der Unternehmen mit mehrdimensionaler Organisationsform der Über-
zeugung, dass sie die Kriterien einer Agilen Organisation erfüllen. 28,57 Prozent ord-
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 13
nen ihr Unternehmen der dritten Reifegradstufe (Digitale Organisationen) zu. Dennoch
tendieren 14,29 Prozent der Befragten zum ersten Reifegradprofil (Klassische Organi-
sationen).
Abbildung 6
Durchschnittlicher digitaler Reifegrad nach Organisationsform
Einfache Antwortmöglichkeit. Skala von 1 (Reifegradstufe 1 = Klassische Organisation) bis 4 (Reifegrad-
stufe 4= Agile Organisation). n=115.
Die gruppierte Betrachtung der Organisationsformen zeigt einen deutlichen Vorsprung
der mehrdimensionalen Organisation hinsichtlich ihres durchschnittlichen digitalen Rei-
fegrads (3,29). Zweidimensionale Organisationsformen mit einem durchschnittlichen
Reifegrad von 2,39 liegen nur knapp vor der eindimensionalen Organisation (2,22).
Digital reife Unternehmen haben vor allem mehrdimensionale Organisationsfor-
men.
Die Auswertung der Befragung lässt einen bedeutsamen Zusammenhang zwischen
der Organisationsform eines Unternehmens und seinem digitalen Reifegrad erkennen.
Daher steht bei der Wahl der zukünftigen Organisationsform auch die Frage nach dem
gewünschten digitalen Reifegrad im Vordergrund. Ausdrücklich kann und will nicht je-
des Unternehmen den höchsten digitalen Reifegrad anstreben, der u.a. eine vollstän-
dige Digitalisierung des eigenen Geschäftsmodells impliziert. In Abhängigkeit vom Um-
feld und den strategischen Zielen eines Unternehmens sind verschiedene Organisati-
onsformen probat. Die Ergebnisse dieser Studien liefern eine Entscheidungshilfe für
die Gestaltung der Aufbauorganisation eines Unternehmens im Kontext seiner eigenen
digitalen Transformation.
14 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Abbildung 7
Aktuelle und perspektivische Organisationsformen nach Reifegradprofil
Klassische Organisation (n=18) Hybride Organisation (n=49)
Digitale Organisation (n=34) . Agile Organisation (n=12)
Angegeben sind die Häufigkeiten der Nennungen in Prozent sowie die Veränderungen (Zuwachs oder
Abnahme) in gerundeten Prozent.
72,22 Prozent der Unternehmen im ersten Reifegradprofil (Klassische Organisationen)
sind eindimensional organisiert. Perspektivisch tendieren diese Unternehmen vor allem
zu einer Matrixorganisation. Außerdem gewinnen grundsätzlich mehrdimensionale Or-
ganisationsformen an Bedeutung.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 15
Unternehmen des zweiten Reifegradprofils (Hybride Organisationen) sind mehrheitlich
eindimensional (51,02 Prozent) oder der Matrixorganisation (48,98 Prozent) zugeord-
net. Ähnlich wie Unternehmen im ersten Reifegrad wird sich in Richtung der mehrdi-
mensionalen Organisationsformen ausgerichtet: Die Holokratie erfährt mit +17 Pro-
zentpunkten einen besonders starken Zuwachs.
Digitale und Agile Organisationen haben derzeit überwiegend eindimensionale oder
Matrixorganisationen. Perspektivisch entfernen sich die Unternehmen des dritten Pro-
fils von der eindimensionalen Organisationsform und tendieren verstärkt zu einer Mat-
rixorganisation (+ 9 Prozentpunkte) sowie zu mehrdimensionalen Organisationsformen.
Besonders bedeutsam ist der perspektivische Zuwachs von 10 Prozentpunkten bei der
Netzwerkorganisation. Bei Unternehmen im höchsten Reifegradprofil (Agile Organisati-
on) erfahren ausschließlich die mehrdimensionalen Organisationsformen – Holokratie
(+17 Prozentpunkte), Netzwerkorganisationen (+11 Prozentpunkte) sowie flexible und
virtuelle Organisationsformen (+6 Prozentpunkte) – einen perspektivischen Zuwachs.
Ein- und zweidimensionale Organisationsformen nehmen perspektivisch zugunsten
mehrdimensionaler Organisationsformen ab.
Die Transformation der Organisation kann als ein eher evolutionärer und weniger
disruptiver Prozess verstanden werden.
Bei Betrachtung der einzelnen Organisationsformen in Zusammenhang mit den Ent-
wicklungstendenzen der Unternehmen wird deutlich, dass sich die Unternehmen
schrittweise und nicht sprunghaft weiterentwickeln: Unternehmen entwickeln sich suk-
zessive sowohl entlang des digitalen Reifegrads als auch entlang der Dimensionalität
ihrer Organisationsform weiter.
16 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
2.2.3 Leitungsspanne und Leitungstiefe
? Zentrale Fragestellungen dieses Kapitels:
Wie ist das Leitungssystem von Unternehmen aktuell ausgeprägt? Welche
Leitungsspanne, welche Leitungstiefe dominiert?
Abbildung 8
Leitungsspanne und Leitungstiefe
Angegeben ist die Verteilung der Anzahl der Mitarbeiter, die von einer Führungskraft direkt geleitet werden
in Prozent. n=126.
Leitungsspanne und -tiefe eines Unternehmens sind Beschreibungsmerkmale seines
Führungssystems – wobei die Leitungsspanne sich auf die Anzahl der Mitarbeiter be-
zieht, die von einer Führungskraft direkt geführt werden, und Leitungstiefe die Anzahl
der hierarchischen Ebenen innerhalb einer Organisation beschreibt.
Hinsichtlich der Leitungstiefe gibt die Mehrheit der Befragten an, dass ihr Unternehmen
über drei (34,92 Prozent) bis vier (33,33 Prozent) Organisationebenen verfügt. 11,11
Prozent geben lediglich zwei Organisationseben in ihrem Unternehmen an. 15,08 Pro-
zent bestätigen, dass ihr Unternehmen fünf Organisationsebenen aufweist und in 5,56
Prozent der Fälle liegt die Zahl der Organisationsebenen bei mehr als fünf.
Mit Blick auf die Leitungsspanne berichten überwiegend (35,71 Prozent) fünf bis acht
Mitarbeiter an einen Vorgesetzten. Bei 29,37 Prozent der befragten Unternehmen um-
fasst die Leitungsspanne neun bis zwölf Mitarbeiter. In 14,29 Prozent der Fälle berich-
ten 13 bis 16 Mitarbeiter an einen Vorgesetzten und bei 12,70 Prozent der Befragten
sind es sogar über 16 Mitarbeiter. 7,94 Prozent der Unternehmen weisen eine Lei-
tungsspanne von nur einem bis vier Mitarbeitern auf, die an einen Vorgesetzten berich-
ten.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 17
Ausgewogenes Verhältnis von Führungskraft zu Mitarbeitern.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich der Großteil der befragten Unternehmen im Hinblick
auf die Leitungsspanne an dem Optimum von fünf Mitarbeitern pro Führungskraft ori-
entiert (gleichwohl es selbstverständlich nicht den einen, allgemeingültigen Richtwert
geben kann).
18 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
2.3 Verortung der Digitalisierung
2.3.1 Verortung der digitalen Transformation
? Zentrale Fragestellungen dieses Kapitels:
Wo ist die digitale Transformation verankert? Gibt es Fachbereiche, in denen
die Digitalisierung getrieben werden sollte oder gibt es andere vielverspre-
chende Ansätze der Verortung?
Abbildung 9
Verortung der digitalen Transformation
Verortung, wenn innerhalb eines Fachbereichs:
Einfache Antwortmöglichkeit. Angaben in Prozent. Verortung: n=120. Aufhängung: n=52.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 19
Es stellte sich heraus, dass neun von zehn Unternehmen die digitale Transformation
aktuell von innen heraus treiben. Am häufigsten, mit 44,17 Prozent, findet sich diese
innerhalb eines Fachbereiches wieder. Schlüsselt man auf, in welchen Fachbereichen
die digitale Transformation maßgeblich vorangetrieben wird, ist zu erkennen, dass in
mehr als der Hälfte aller Fälle (61,54 Prozent) die IT jene Digitalisierungsprojekte koor-
diniert. Weitere 17,31 Prozent der Unternehmen treiben die digitale Transformation im
Bereich Forschung und Entwicklung voran. Seltener hingegen ist die digitale Transfor-
mation in der Unternehmensentwicklung (5,77 Prozent) oder in der Produktion, Logistik
sowie im Finanz- und Rechnungswesen (alle unter 4 Prozent) angesiedelt.
Demgegenüber stellen 25,83 Prozent der befragten Unternehmen für das Thema Digi-
talisierung abteilungsübergreifende Projektteams bereit. Zusätzliche 10,83 Prozent
gründen neue Kompetenzteams, um die Digitalaktivitäten dort zu bündeln. Hierbei wird
deutlich, dass die IT-Branche mit dem höchsten durchschnittlichen digitalen Reifegrad
die Digitalisierungsinitiativen vorrangig in eigens dafür gegründeten Kompetenzteams
ansiedelt.
Die Unternehmen, die ihre Digitalinitiativen außerhalb des eigenen Unternehmens ver-
orten, treiben diese über externe Beratungen voran (7,5 Prozent).
In den seltensten Fällen setzen Unternehmen die Digitalisierung in einem Joint Venture
(0,83 Prozent) oder in einer Tochtergesellschaft (0,83 Prozent) um.
Die digitale Transformation wird innerhalb des Unternehmens getrieben.
Die meisten Unternehmen sehen das Thema Digitalisierung nicht in der IT verortet.
Joint Venture und Tochtergesellschaften werden äußerst selten mit der Digitalen
Transformation beauftragt.
20 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Abbildung 10
Durchschnittlicher digitaler Reifegrad nach Verortung
Einfache Antwortmöglichkeit. Skala von 1 (Reifegradstufe 1 = Klassische Organisation) bis 4 (Reifegrad-
stufe 4= Agile Organisation). n=120.
Mit zunehmender digitaler Reife nimmt der Anteil jener Unternehmen zu, die ein eige-
nes internes Kompetenzteam zur Verantwortung der Digitalisierungsaktivitäten grün-
den. Ebenfalls zeigt sich ein erhöhter durchschnittlicher digitaler Reifegrad einherge-
hend mit der Verortung der Digitalisierung innerhalb eines eigenen Fachbereichs oder
einer Stabsstelle (beide 2,67).
Unternehmen, welche die Digitalisierung in eine Tochtergesellschaft ausgelagert ha-
ben, weisen eine unterdurchschnittliche digitale Reife (2,00) auf. Diese Beobachtung
mag dadurch zu erklären sein, dass Tochtergesellschaften eigenständige, von der Mut-
tergesellschaften getrennte Einheiten darstellen, deren Tätigkeiten nicht unmittelbar mit
denen anderer Konzerngesellschaften verbunden sind. Gleichermaßen bleibt die Ver-
ortung in einem Projektteam hinter dem Durchschnitt zurück. Mit Blick auf das jeweilige
Reifegradprofil wird deutlich, dass mit zunehmender Reife der Anteil an Unternehmen
mit einer Verankerung der Digitalisierung in einem Projektteam rückläufig ist.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 21
Abbildung 11
Verortung nach digitalem Reifegrad (gruppiert)
Einfache Antwortmöglichkeit. Angaben in Prozent. Klassische und Hybride Organisationen werden zur
digitalen Reifegrad Gruppe 1 gezählt, n=68. Digitale und Agile Organisationen sind zur digitalen
Reifegrad Gruppe 2 zusammengefasst. n=50.
Korrespondierend zu den Ergebnissen aus den vorangegangenen Analysen zeigt sich,
dass digital reifere Unternehmen (Digitale und Agile Organisationen) verstärkt auf neu-
gegründete Kompetenzteams (14,00 Prozent) setzen oder die Digitalisierung vermehrt
innerhalb eines eigenen Fachbereichs (8,00 Prozent) vorantreiben. Dabei wird be-
wusst, dass mit zunehmender digitaler Reife der Anteil der abteilungsübergreifenden
Projektteams von 30,88 Prozent auf 20,00 Prozent sinkt. Ein ebenfalls leichter Rück-
gang der digitalen Reife ist mit Blick auf die Verankerung der Thematik innerhalb eines
Fachbereichs zu registrieren. Nach wie vor zeigt sich dennoch, dass die Digitalisierung
mit mehr Reife vorrangig innerhalb eines Fachbereiches anzutreffen ist.
Mit einer eigenen digitalen Einheit, die sich dem Thema Digitalisierung aus-
schließlich verschrieben hat, gelingt es einem Unternehmen die digitale Reife zu
steigern.
Obwohl die Mehrheit der Unternehmen die digitale Transformation innerhalb eines
Fachbereichs verortet, zeigt sich ein klarer Trend hin zu eigens mit diesem Thema be-
trauten Einheiten. Diese können sein: Neugegründete Kompetenzteams, eigene Fach-
bereiche, abteilungsübergreifende Projektteams und Stabsstellen. Aufgrund der Kom-
plexität des Themas sowie der erforderlichen Verzahnung mit grundsätzlich allen Un-
ternehmensfunktionen ist die digitale Einheit aus dem Fachbereich herauszulösen.
22 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
2.3.2 Verantwortung der digitalen Transformation
?
Zentrale Fragestellungen dieses Kapitels:
Inwiefern wird die Digitalisierung als Chefsache angesehen?
Welche Alternativszenarien gibt es angesichts der hohen Aufgabenbelastung
von CEOs bzw. Geschäftsführern, das Thema Digitalisierung dennoch erfolg-
reich im Unternehmen zu verantworten?
Wer trägt in digital reifen Unternehmen die Verantwortung für die Digitalisie-
rung?
Abbildung 12
Verantwortung der digitalen Transformation in Unternehmen
Einfache Antwortmöglichkeit. Angaben in Prozent. n=125.
Bei 76,80 Prozent der befragten Unternehmen wird die digitale Transformation vom
CEO bzw. Geschäftsführer verantwortet. Im Hinblick auf den strategischen Weitblick
sowie die Durchsetzungs- und Entscheidungskompetenz ist die Geschäftsführung prä-
destiniert, den Wandel aktiv und ganzheitlich im Unternehmen voranzutreiben. Insbe-
sondere die am weitesten vorangeschrittenen Branchen wie der IT-Sektor und die
Elektro- und Elektrotechnikindustrie haben in mehr als 90 Prozent der Fälle die Ver-
antwortung über die Digitalisierung beim CEO bzw. Geschäftsführer gebündelt.
Bei 7,2 Prozent der Unternehmen verantwortet der IT-Leiter und bei 4,0 Prozent der
CIO Planung, Steuerung und Umsetzung der Digitalisierung. Trotz der oftmals vorge-
fundenen Aufhängung innerhalb der IT wird die Verantwortung nicht zwingend der IT-
Leitung bzw. dem CIO übertragen.
Ferner geben die Daten wieder, dass lediglich bei 6,4 Prozent der Unternehmen eine
eigene Funktion für die Digitalisierung geschaffen worden ist. Neben dem CDO oder
dem CTO finden sich neue Funktionen wie Leiter Digitalisierung oder Manager Digital
Business wieder.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 23
Abbildung 13
Verantwortung und durchschnittlicher digitaler Reifegrad
Einfache Antwortmöglichkeit. Skala von 1 (Reifegradstufe 1 = Klassische Organisation) bis 4 (Reifegrad-
stufe 4= Agile Organisation). n=125.
Unternehmen mit einer eigens geschaffenen Funktion für die Digitalisierung (z.B. CDO)
weisen einen höheren durchschnittlichen digitalen Reifegrad (2,71) auf. Ebenfalls geht
ein hoher digitaler Reifegrad mit der Übergabe der Verantwortung an die Leiter For-
schung und Entwicklung einher.
Ebenso ist zu erkennen, dass nicht alle Fachbereichsleiter oder Funktionen mit einem
hohen durchschnittlichen digitalen Reifegrad in Verbindung zu bringen sind. Ist die Di-
gitalisierung dem Leiter IT oder Produktion zugeordnet, so beträgt der durchschnittliche
Reifegrad 2,00 und liegt damit 0,38 Punkte unter dem Mittelmaß. Deutlich schlechter
stellt sich der durchschnittliche digitale Reifegrad dar, wenn die digitale Transformation
beim CIO verantwortet wird.
Die digitale Transformation ist erfolgreich, wenn Funktionen mit fachbereichs-
übergreifendem Horizont das Thema verantworten.
Zu den Funktionen, die für diese Aufgabenstellung in Frage kommen und den digitalen
Reifegrad potenziell steigern, zählen: Eine eigens geschaffene Funktion (z.B. CDO),
Leiter Forschung und Entwicklung (auch im Sinne eines Innovationsmanager) sowie
der CEO. Die Verantwortung der digitalen Transformation durch eine dem Top-
Management zugehörige Funktion hat den Vorteil, dass die notwendige Entschei-
dungskompetenz sowie Autorität in ihr gebündelt ist.
24 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Abbildung 14
Verantwortung der Digitalisierung und digitale Reifegradprofile
Einfache Antwortmöglichkeit. Angaben in Prozent. n=123.
Ergänzend zu den vorangestellten Ergebnissen wird deutlich, dass mit zunehmendem
digitalen Reifegrad der Anteil, zu dem CEOs bzw. Geschäftsführer die Digitalisierung
im Unternehmen verantworten, steigt.
Während bei 72,22 Prozent der Klassischen Organisationen (Reifegrad 1) die Digitali-
sierung vom CEO koordiniert und getrieben wird, sind es bei den Agilen Organisatio-
nen (Reifegrad 4) bereits 84,62 Prozent – ein Zuwachs um 13 Prozentpunkte. Erneut
bestätigt sich, dass die digitale Transformation Chefsache ist und vom CEO bzw. Ge-
schäftsführer zu gestalten ist.
Bestätigung findet auch, dass die Relevanz des CIO bzw. Leiter IT für die Digitalisie-
rung mit zunehmendem digitalem Reifegrad sinkt. Bei der Gruppe der Klassischen Or-
ganisationen verantwortet der CIO bzw. Leiter IT noch in zirka 30 Prozent der Unter-
nehmen die digitale Transformation. Demgegenüber steuern Leiter Forschung und
Entwicklung bei Agilen Organisationen (Reifegrad 4) nahezu noch in 7,69 Prozent der
Fälle die Digitalisierungsaktivitäten.
Digitale Transformation ist Chefsache.
In digital reifen Unternehmen leitet der CEO überwiegend die Digitalisierung. Eine Ver-
antwortung durch den CEO ist wichtige Erfolgsdeterminante. Ebenso zeigt sich einmal
mehr, dass die digitale Transformation in den Unternehmen als nicht rein technologi-
sches Thema, sondern viel mehr als strategisches Thema verstanden wird.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 25
Abbildung 15
Verantwortung der Digitalisierung nach Unternehmensgröße
Einfache Antwortmöglichkeit. Unternehmensgröße gemessen an Umsatz und Mitarbeiterzahl. Angaben in
Prozent. Z.T. Dimensionen verkürzt dargestellt. n=123.
Prinzipiell bestätigt sich, dass ungeachtet der Unternehmensgröße die Mehrzahl der
Unternehmen die digitale Transformation beim CEO bzw. der Geschäftsführung veror-
tet haben. Bei 9 von 10 Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern verantwortet der
CEO durchgehend die Digitalisierung der Unternehmung. Interessanterweise stellt sich
heraus, dass mit zunehmender Unternehmensgröße tendenziell eine neue Funktion für
die Digitalisierung geschaffen wird und die Verantwortung für die Digitalisierung über-
tragen bekommt. Ab 100 Mitarbeitern beginnen Unternehmen mit dieser Überlegung.
26 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Ergänzend wird deutlich, dass der CIO bzw. Leiter IT bei mittelständischen Unterneh-
men (zwischen 100 und 1.000 Mitarbeitern) neben dem CEO die Digitalisierung ver-
antwortet (25,00 Prozent bei Unternehmen zwischen 501 und 1.000 Mitarbeitern). Bei
den Unternehmen über 1.000 Mitarbeitern wird erkennbar, dass diese zur Etablierung
einer neuen digitalen Verantwortlichkeit im Sinne eines CDO oder Leiter Digitalisierung
tendieren. Insbesondere bei 29,41 Prozent der Firmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern
ist bereits die neu aufgebaute Funktion der verantwortliche Treiber für den digitalen
Wandel. Korrespondierend sinkt der Anteil der CIOs und Leiter IT zunehmend stark bei
eben jenen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern.
Diese Erkenntnis spiegelt sich auch unter Berücksichtigung der Umsatzgröße wider.
Je größer der Jahresumsatz, desto eher wird die Verantwortung für die Digitalisierung
einer Fachbereichsleitung übertragen bzw. bei großen Unternehmen an eine neu ge-
schaffene Stelle übertragen. Knapp 30 Prozent aller Unternehmen mit einem Umsatz
von über 500 Mio. Euro etablierten eine neu geschaffene Position. Ebenso wuchs der
Anteil der für die Digitalisierung verantwortlichen CIOs und Leiter IT bei Unternehmen
bis 100 Mio. Euro Umsatz an, bevor der Anteil zugunsten der neu geschaffenen Funk-
tionen wie CDO und Leiter Digitalisierung zunimmt.
Mit zunehmender Unternehmensgröße kommt die Etablierung einer eigens für
die digitale Transformation geschaffenen Funktion in Frage.
Für größere Unternehmen kann eine CEO-nahe Funktion, welche die Digitalisierung
verantwortet und umsetzt, eine Überlegung wert sein. Diese Funktion kann speziell
erforderliches Wissen sowie notwendige Kompetenzen ganzheitlich bündeln, muss
jedoch auch mit Autorität ausgestattet sein.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 27
2.4 Investitionen und Mitarbeiter
2.4.1 Investitionsvolumina
? Zentrale Fragestellungen dieses Kapitels:
Wie viel investieren Unternehmen in die Digitalisierung?
Wie verhält es sich mit den Investitionsanteilen nach Digitalprofilen? Investie-
ren digital erfolgreiche Unternehmen mehr als andere?
Abbildung 16
Investitionen in Digitalisierung
Einfache Antwortmöglichkeit. Investition in Prozent vom Umsatz. n=113.
Der Großteil der befragten Unternehmen (62,83 Prozent) gab an, bis zu zwei Prozent
des Umsatzes für die Digitalisierung ihrer Produkte, Dienstleistungen und Geschäfts-
modelle aufzubringen. Rund ein Zehntel der Unternehmen investiert zwischen zwei
und vier Prozent. 26,54 Prozent der Befragten wenden sogar über vier Prozent ihres
Umsatzes für die digitale Transformation auf.
Der durchschnittliche Investitionsanteil (ermittelt anhand der individuellen Investitions-
anteile aller Studienteilnehmer) beträgt 3,49 Prozent.
28 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Abbildung 17
Investitionen in Digitalisierung
Einfache Antwortmöglichkeit. Investition in Prozent vom Umsatz. n=113
Die Ergebnisse zeigen ferner, dass mit zunehmender Unternehmensgröße der Investi-
tionsanteil, gemessen am Gesamtumsatz, annähernd linear sinkt. Kleine und mittel-
ständische Unternehmen mit einem Umsatz unterhalb der 10-Millionen-Euro-Grenze
wenden im Mittel 4,8 Prozent ihres Umsatzes für die digitale Transformation auf. Grö-
ßere mittelständische Unternehmen, deren Jahresumsatz sich zwischen 10 und 100
Mio. Euro bewegt, investieren durchschnittlich 3,4 Prozent und Unternehmen der Um-
satzklasse 101 bis 500 Mio. Euro 2,6 Prozent. Der durchschnittliche Investitionsanteil
der Unternehmen, deren Jahresumsatz über 500 Millionen Euro liegt, beträgt 1,1 Pro-
zent.
Die digitale Transformation setzt kleine Unternehmen in besonderem Maße unter
Druck.
Insbesondere KMUs sind mit einem hohen Investitionsanteil gefordert. Ein Scheitern
der Digitalbemühungen – und eine dementsprechende Verschwendung von Kapital –
kann für Unternehmen mit geringerem Umsatz weitreichende Konsequenzen mit sich
bringen. Vor diesem Hintergrund sind eine an den strategischen Zielen des Unterneh-
mens ausgerichtete Digitalstrategie und deren konsequente Umsetzung unumgänglich.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 29
Abbildung 18
Durchschnittlicher Investitionsanteil nach Branche
Einfache Antwortmöglichkeit. Investition in Prozent vom Umsatz. n=113.
Bei der Betrachtung der durchschnittlichen Investitionsanteile nach Branche führt der
IT-Sektor mit 7 Prozent, gefolgt von der Elektro- und Elektronik-Industrie mit 4,46 Pro-
zent. Die Branchen Maschinenbau (3,46 Prozent) sowie Metallerzeugung und -
verarbeitung (3,04 Prozent) bewegen sich nah am Gesamtdurchschnitt (3,49 Prozent).
Die Unternehmen des Fahrzeugbaus (1,15 Prozent) investieren im Branchenvergleich
unterdurchschnittlich in die digitale Transformation.
Das Abschneiden des Fahrzeugbaus erscheint verwunderlich. Zunächst liegt hier die
Vermutung nahe, dass Größenunterschiede zu einer Verzerrung des Branchendurch-
schnitts führen. Diese These lässt sich jedoch nach Eliminierung des Größeneinflusses
durch Standardisierung der Investitionsanteile nicht bestätigen. Vielmehr bestätigt sich,
dass die Teilnehmer der Studie in ihrer Größe über die Branchen hinweg annähernd
homogen verteilt sind und die Sektoren Fahrzeugbau sowie Metallerzeugung und -
verarbeitung unterdurchschnittliche Investitionen aufweisen
IT- und technologienahe Branchen zeigen eine hohe Investitionsbereitschaft für
die Digitalisierung.
Branchen mit tendenziell kurzen Produktlebenszyklen sind einem erhöhten Marktge-
fährdungspotential ausgesetzt und verspüren einen verstärkten Handlungsdruck in die
Digitalisierung ihrer Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zu investieren.
30 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Abbildung 19
Durchschnittlicher Investitionsanteil nach digitalem Reifegrad
Einfache Antwortmöglichkeit. Investition in Prozent vom Umsatz. Skala von 1 (Reifegradstufe 1 = Klassi-
sche Organisation) bis 4 (Digitale Reifegradstufe 4= Agile Organisation). n=113.
Insgesamt ist der durchschnittliche Investitionsanteil von 3,49 Prozent über alle Teil-
nehmer hinweg sehr hoch einzuschätzen. Hier bestätigt sich die gewonnene Erkennt-
nis, dass die Teilnehmer der Studie dem Thema Digitalisierung bereits einen sehr ho-
hen Stellenwert beimessen.
Digitale und Agile Organisationen (Reifegrad 3 und 4) investieren im Mittel über vier
Prozent ihres Jahresumsatzes in die Digitalisierung. Während Klassische Organisatio-
nen überdurchschnittliches Investitions-Engagement zu zeigen scheinen, liegt der In-
vestitionsanteil der Hybriden Organisationen unterhalb des Durchschnitts. Erklären
lässt sich der im Verhältnis gering ausfallende Investitionsanteil durch die Branchenzu-
gehörigkeit. Insgesamt entstammen 57 Prozent der Hybriden Organisationen den
Branchen mit den geringsten Investitionsvolumina.
Digitaler Erfolg wird nicht allein durch die Investitionshöhe bemessen.
Zwar lässt sich ein tendenzieller Anstieg der Investitionen mit einhergehender Reife-
gradsteigerung erahnen, jedoch sind die gemessenen Unterscheide nicht hinreichend
signifikant. Auch nach Standardisierung der Investitionsanteile und damit einhergehen-
der Egalisierung des Umsatzeinflusses scheinen Digitale und Agile Organisationen nur
minimal mehr zu investieren. Die Hypothese steigender Investitionsvolumina bei höhe-
rem digitalem Reifegrad lässt sich anhand der Studienresultate somit nicht stichhaltig
belegen.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 31
2.4.2 Mitarbeitereinsatz
? Zentrale Fragestellungen dieses Kapitels:
Welchen Einfluss hat der Mitarbeitervollzeiteinsatz auf den digitalen Reife-
grad?
Wie viele Mitarbeiter beschäftigen sich in Vollzeit mit der Digitalisierung?
Was zeichnet digital reife Unternehmen in diesem Hinblick aus?
Abbildung 20
Mitarbeiterzeitanteil für Digitalisierungsthemen
Einfache Antwortmöglichkeit. Z.T. Dimensionen verkürzt dargestellt. Anteil in Prozent. n=115.
Klassische Organisationen setzen zum Großteil (81,25 Prozent) auf Teilzeitlösungen
und setzen maximal bis zu 25 Prozent ihrer mit der Digitalisierung betrauten Mitarbeiter
in Vollzeit auf diese Thema an. Über die verschiedenen Reifegradstadien nimmt dieser
Anteil kontinuierlich zu Gunsten der Vollzeitbeschäftigung ab und pendelt sich bei Agi-
len Organisationen schließlich bei 50,00 Prozent ein. Auffällig ist vor diesem Hinter-
grund auch der über die digitalen Reifegradstufen 1 bis 4 annähernd lineare Anstieg
der Unternehmen, die mindestens 50 Prozent ihrer Mitarbeiter in Vollzeit mit Digitalisie-
rungsthemen betrauen.
Aus den Studienergebnissen geht hervor, dass insgesamt 59 Prozent der Unterneh-
men – sei es aufgrund der hohen Kosten des Mitarbeitereinsatzes oder auch aufgrund
potentiellen Fachkräftemangels – ihre Digitalisierungsbemühungen primär in Teilzeitak-
tivitäten voranbringen. Zusätzlich wird ersichtlich, dass Unternehmen mit zunehmen-
dem digitalem Reifegrad dazu tendieren, ihre Mitarbeiter verstärkt in Vollzeit für diese
Aufgabe zu engagieren.
32 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Agile Organisationen fokussieren sich auf die digitalen Aufgaben und setzen ihre
Mitarbeiter möglichst in Vollzeit dafür ein.
Der Vollzeiteinsatz erlaubt eine vollständige Fokussierung auf die relevanten digitalen
Themen, die Schnelligkeit und Effektivität unterstützt. Das Kernteam sollte möglichst in
Vollzeit mit Digitalisierungsthemen betraut werden. Dem erweiterten Digitalteam sind
angemessene Zeitanteile einzuräumen, die eine Mitarbeit auch neben den originär
operativen Aufgaben erlaubt werden.
Abbildung 21
Mitarbeiterzeitanteil und durchschnittlicher digitaler Reifegrad
Einfache Antwortmöglichkeit. Skala von 1 (Reifegradstufe 1 = Klassische Organisation) bis 4 (Reifegrad-
stufe 4= Agile Organisation 4).. n=113.
Die Auswirkung der jeweiligen Beschäftigungsstrategien auf den digitalen Reifegrad ist
anhand der erhobenen Daten eindeutig. Unternehmen, die ihre Digitalisierung in Teil-
zeit vorantreiben, weisen einen bedeutsam niedrigeren Reifegrad auf als jene, die ihre
Mitarbeiter verstärkt in Vollzeit mit digitalen Themen beauftragen.
Digitale Transformation erfordert Kapazitäten.
Je weniger Zeit Unternehmen ihren Mitarbeitern zur Umsetzung der digitalen Trans-
formation zur Verfügung stellen, desto eher befinden sie sich gemäß Studienerhebung
in einer Klassischen oder Hybriden Organisation. Die erfolgreiche Digitalisierung erfor-
dert Zeit, welche sich oftmals nur bedingt neben dem Tages- und Projektgeschäft ein-
räumen lässt. Im Umgang mit dem Thema Digitalisierung sollten Verantwortliche daher
möglichst gezielt Stellen schaffen, die die Transformation in Vollzeit vorantreiben.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 33
2.5 Agilität und digitaler Reifegrad
2.5.1 Agilitätsgrad
? Zentrale Fragestellungen dieses Kapitels:
Was bedeutet digitale Reife?
Wie sieht der Agilitätsgrad von Unternehmen konkret aus?
„Agilität bedeutet für Unternehmen, sich mit Veränderungen in einer dynamischen
Umwelt auseinanderzusetzen (Sensibilität) und angemessen sowie flexibel auf die ge-
änderten Bedingungen zu reagieren (Reagibilität)“
Cegarra-Navarro, J.-G., Soto-Acosta, P., & Wensley, A. K. P. (2016)
Mit der Studie wurde auch der Agilitätsgrad eines Unternehmens gemessen, der sich
an sechs Kriterien orientiert:
Tabelle 2
Kriterien des Agilitätsgrades von Unternehmen und deren nähere Beschreibung
Kriterium Beschreibung
Reaktion auf
Kundenbedürfnisse
Unternehmen reagiert schnell auf die Bedürfnisse
seiner Kunden
Anpassung an
Nachfrageschwankungen
Unternehmen kann seine Produktion schnell an
Schwankungen in der Nachfrage anpassen
Problembewältigung im
Zuliefererprozess
Unternehmen kann schnell Probleme im Zulieferer-
prozess bewältigen
Effiziente
Entscheidungsfindung
Unternehmen kann schnell Veränderungen am Markt
mit einer effizienten Entscheidungsfindung begegnen
Kontinuierliche
Verbesserung
Unternehmen sucht kontinuierlich nach Möglichkei-
ten, seine Organisation zu verbessern
Verständnis von
Veränderungen als Chance
Unternehmen betrachtet Veränderungen am Markt
als Chance (und nicht als Risiko)
Quelle: Cegarra-Navarro, J.-G., Soto-Acosta, P., & Wensley, A. K. P. (2016)
Digitale Technologien können als Treiber für Agilität im Unternehmen fungieren; bei-
spielsweise können Veränderungen am Markt oder in der Nachfrage mithilfe von Data
Analytics modelliert und demzufolge (ein-) geplant werden. Andererseits versetzen
flexible Prozesse und Strukturen innerhalb des Unternehmens Mitarbeiter und Teams
in die Lage, die digitale Transformation aktiv mit eigenen Ideen und innovativen Lösun-
34 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
gen zu gestalten. Der Zusammenhang zwischen Agilitätsgrad und digitalem Reifegrad
eines Unternehmens erfährt daher im Folgenden eine besondere Betrachtung.
Abbildung 22
Durchschnittlicher Agilitätsgrad von Unternehmen
Abgetragen sind die Mittelwerte auf einer Skala von 1 (trifft nicht zu) bis 5 (trifft zu). n=127.
Der Agilitätsgrad aller befragten Unternehmen liegt im Durchschnitt bei 3,87. Die Be-
fragten weisen einen hohen durchschnittlichen Agilitätsgrad in den Dimensionen Identi-
fikation von Kundenbedürfnissen (4,11), Verbesserung der eigenen Organisation (4,07)
sowie dem Verständnis von Marktveränderungen als Chance (4,02).
Die Fähigkeit der befragten Unternehmen schnell auf Probleme im Zuliefererprozess
zu reagieren ist am geringsten ausgeprägt (3,44). Auch in den Dimensionen Entschei-
dungsfindung (3,92) und Nachfrage (3,66) liegen die befragten Unternehmen unter
dem Gesamtmittelwert.
Befragte Unternehmen sind mehrheitlich agil.
Die Ergebnisse zeigen, dass die befragten Unternehmen sich mehrheitlich als agil ein-
schätzen insbesondere hinsichtlich der Fähigkeit, flexibel auf Veränderungen der Be-
dürfnisse des Marktes zu reagieren. Eine durchgängige Flexibilisierung der Lieferpro-
zesse und eine Reaktion auf Komplikationen im Waren- und Leistungsfluss haben
noch Optimierungspotential. Auch sollte nach Möglichkeiten geforscht werden, Prozes-
se der Entscheidungsfindung effizienter zu gestalten und Nachfrageschwankungen zu
antizipieren (insbesondere für Letzteres stellen digitale Technologien wie z.B. Big Data
Analytics probate Instrumente dar).
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 35
2.5.2 Agilität und digitaler Reifegrad
? Zentrale Fragestellungen dieses Kapitels:
Wie hängen Agilität und digitale Reife zusammen?
Welche Agilitätsdimensionen sind besonders relevant?
Abbildung 23
Agilität und digitaler Reifegrad
Abgetragen sind die Mittelwerte auf einer Skala von 1 (trifft nicht zu) bis 5 (trifft zu). n =127.
Blickt man auf Agilität in Zusammenhang mit dem digitalen Reifegrad wird ersichtlich,
dass mit einer zunehmenden digitalen Reife eine höhere Agilität einhergeht. Klassische
und Hybride Organisationen weisen einen unterdurchschnittlichen Agilitätsgrad auf
(3,68 und 3,80). Digitale und Agile Organisationen zeigen eine deutliche höhere Agilität
auf (3,97 und 4,15).
36 Studienergebnisse im Einzelnen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Abbildung 24
Agilitätsdimensionen und digitaler Reifegrad
Abgetragen sind die Mittelwerte auf einer Skala von 1 (trifft nicht zu) bis 5 (trifft zu). n=127.
Die Betrachtung der einzelnen Kriterien von Agilität und des digitalen Reifegrads unter
Berücksichtigung der unterschiedlichen Profile verdeutlicht, dass Unternehmen mit
einem hohen digitalen Reifegrad höhere Ausprägungen in den einzelnen Agilitätskrite-
rien aufweisen. Die Unterschiede in den Kriterien Entscheidungsfindung und Wahr-
nehmung von Veränderung am Markt als Chance sind statistisch besonders bedeut-
sam:
- Agile Organisationen haben in beiden Agilitätskriterien die höchste Ausprä-
gung (4,46 und 4,38); auch scheinen sie über die Fähigkeit zu verfügen,
schnell auf schwankende Bedürfnisse am Markt zu reagieren (4,38).
- Im Kontrast dazu weisen Klassische Organisationen weitaus niedrigere Aus-
prägungen in diesen Kriterien auf. Sie erreichen bei dem Kriterium Wahrneh-
mung von Veränderungen am Markt als Chance lediglich einen Mittelwert von
3,44.
Positiver Zusammenhang zwischen Agilität und digitalem Reifegrad eines Unter-
nehmens.
Die Ergebnisse zeigen, dass der digitale Reifegrad eines Unternehmens mit seinem
Agilitätsgrad steigt. Im Detail verfügen digital reife Unternehmen insbesondere über
eine positive Einstellung gegenüber Veränderungen am Markt sowie Schnelligkeit in
punkto Entscheidungsfindung.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studienergebnisse im Einzelnen 37
2.5.3 Agilität und Organisationform
? Zentrale Fragestellungen dieses Kapitels:
Wie wirkt sich die Agilität auf die Organisationsform aus?
Gibt es Organisationsformen die agiler sind als andere?
Abbildung 25
Agilität und Organisationsformen
Abgetragen sind die Mittelwerte auf einer Skala von 1 (trifft nicht zu) bis 5 (trifft zu).n=127.
Mehrdimensionale Organisationsformen verfügen über einen tendenziell höhe-
ren Agilitätsgrad.
Unter Berücksichtigung der Wahl der Organisationsform wird ersichtlich, dass zweidi-
mensionale Organisationsformen den geringsten Agilitätsgrad aufweisen (3,85). Auch
eindimensionale Organisationen liegen mit einem Wert von 3,90 nur knapp über dem
Durchschnitt von 3,87. Die mehrdimensionalen Organisationsformen (Flexible und vir-
tuelle Organisation, Holokratie, Netzwerkorganisation) liegen mit einem Agilitätsgrad
von 4,02 über dem Durchschnitt und weisen somit tendenziell die höchste Agilität auf.
Da die Unterschiede jedoch statistisch nicht bedeutsam sind, handelt es sich bei die-
sen Erkenntnissen lediglich um Tendenzen. Es scheint, dass mehrdimensionale Orga-
nisationsformen eine schnellere Anpassung an Herausforderungen aus ihrem Umfeld
zulassen.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Handlungsempfehlungen 39
3 Handlungsempfehlungen
Stellschrauben für die digitale Transformation
Die Digitalisierung wird die Unternehmen auch im Jahr 2017 intensiv beschäftigen. Das
Bewusstsein für die Relevanz des Themas ist gegeben und die Unternehmen machen
sich auf den Weg der digitalen Transformation. Um auch in Zukunft als Unternehmen
eine Rolle im Markt zu spielen und marktfähig zu sein, ist entscheidend, wie sich die
Unternehmen die offensichtlichen digitalen Potenziale für ihre Organisation umsetzen
und nutzen. Folgende Fragestellungen sind dahingehend zu beantworten: Welche
Stellschrauben muss ich bewegen, um die digitale Transformation meines Unterneh-
mens zu meistern? Was muss ich bei der Gestaltung meiner Organisation berücksich-
tigen? Was muss ich tun, um den nächsten Reifegrad zu erreichen?
3.1 Dimensionen der digitalen Transformation
In zahlreichen Studien wird deutlich, dass die digitale Unternehmenstransformation
nicht allein durch technologische Elemente beeinflusst wird. Die großen Herausforde-
rungen für Organisationen liegen in der Mensch- und Organisationsebene hinsichtlich
Talent & Kompetenzen, Kultur und Führung, Prozessen und Systemen sowie Steue-
rung.
Abbildung 26
Dimensionen der digitalen Transformation
Quelle: Kienbaum.
40 Handlungsempfehlungen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Für eine erfolgreiche Umsetzung der digitalen Transformation gilt es, die notwendigen
Maßnahmen und Veränderungen entlang der jeweiligen Dimensionen vorzunehmen.
Der Aufbau digitaler Kompetenzen gehört zu den wichtigsten Themen, die von Beginn
an aufzusetzen sind, um die digitale Transformation in der eigenen Organisation um-
setzen zu können. Unternehmen sollten daher den digitalen Reifegrad ihrer Mitarbeiter
vor dem Hintergrund der digitalen Kompetenzen erheben. Basierend auf dem Status
quo lassen sich notwendige Qualifizierungs- und Entwicklungsmaßnahmen identifizie-
ren, um erfolgskritische Schlüsselprofile adäquat zu besetzen. Ergänzend wird empfoh-
len, eine Talentpipeline für Digital-Talente aufzubauen, um auch mittel- und langfristig
wettbewerbsfähig zu sein.
Mit dem Einzug in die digitale Welt ist ferner ein Führungs- und Kulturwandel erforder-
lich. Erfolg, Leistung und Motivation der digitalen Generation folgen nicht mehr dem
klassischen Führungsmodell, sondern sind stärker mit Identität, Team, Community,
Transparenz und Verantwortung verknüpft. Hierarchie und Status verlieren an Bedeu-
tung. Führungskräfte müssen sich zunehmend zu Coaches und Koordinatoren entwi-
ckeln und auch in Sachen Digital Leadership bewandert sein. Ebenso verändert die
Digitalisierung die Kommunikation und Vernetzung im Unternehmen. Kommunikations-
und Wissensplattformen sowie Social Media sind nicht nur abteilungsübergreifend,
sondern auch über die Organisationsgrenzen hinaus zur Kommunikation mit externen
Partnern erforderlich. Damit verbunden ändern sich Arbeitszeit- und Ortsmodelle, die
unter dem Stichwort „New Work“ zusammengefasst sind.
Neben dem Einsatz intelligenter Technologien wie Mobile, Analytics, Cloud oder Social
Business spielt die Prozessdigitalisierung eine entscheidende Rolle im Wettbewerb –
insbesondere in der Kundeninteraktion sowie bei Prozesseffizienz. Schnelligkeit, Quali-
tät und die Generierung positiver Netzwerkeffekte sind erfolgsentscheidend bei der
Entwicklung digitaler Geschäfts- und Plattformmodelle.
Nicht zuletzt sind Organisations- und Steuerungsmodelle an die neue Flexibilität und
Agilität anzupassen. Im Rahmen der legalen Rahmenbedingungen sind die Steue-
rungs- und Performancemodelle auf die neuen Gegebenheiten anzupassen. Eine for-
mulierte Digitalstrategie mit einer Innen- und Außenperspektive ist in die Unterneh-
mensstrategie einzubetten und in deutlich kürzeren Zyklen fortzuschreiben. Welche
Maßnahmen auf organisationaler Ebene zu treffen sind, kann den nachfolgenden Emp-
fehlungen entnommen werden.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Handlungsempfehlungen 41
3.2 Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung der Organisation
3.2.1 Reifegradprofilbeschreibung
Basierend auf den zugrunde gelegten Reifegraden (vgl. Key Finding 1) und den Er-
kenntnissen der Studie wurden stereotypische digitale Reifegradprofile abgeleitet.
Hierbei wurden in Anlehnung an die Gestaltungsdimensionen Organisationsform
(vgl. Key Finding 2), Verortung (vgl. Key Finding 4), Digitaleinheit (vgl. Key Finding 5),
Verantwortung (vgl. Key Finding 6) sowie Mitarbeiterzeitanteil (vgl. Key Finding 8) be-
rücksichtigt; schließlich unterscheiden sich die digitalen Reifegradprofile auch in der
Ausprägung ihrer Agilitätsdimensionen (vgl. Key Finding 9).
Aus der Studie ging hervor, dass die Gestaltung der Organisation nicht disruptiv erfolgt,
sondern einem evolutionären Entwicklungsprozess folgt (Key Finding 3). Basierend auf
den spezifizierten Reifegradprofilen werden konkrete Handlungsempfehlungen skiz-
ziert, die Unternehmen auf dem Weg zum nächst höheren digitalen Reifegrad helfen
sollen.
Die Höhe der Investitionen (vgl. Key Finding 7) als Gestaltungsdimension wurde im
Folgenden ausgeklammert, da das Investitionsausmaß weniger von den jeweiligen
Reifegradstufen als von strategischen Entscheidungen, Branchenzugehörigkeit und
Unternehmensgröße bestimmt wird (vgl. hierzu Kapitel 2.4.1).
An dieser Stelle gilt es anzumerken, dass nicht jedes Unternehmen zu einem digital
Unternehmen gemäß Reifegrad 4 werden muss. Insofern sollte jede Organisation den
für sich optimalen digitalen Zielreifegrad bestimmen.
3.2.1.1 Reifegradprofil 1: Klassische Organisation
Die klassische Organisation charakterisiert sich dadurch, dass digitale Technologien
bisher weder das Produkt- und Serviceportfolio noch die entsprechenden Produktions-
und Leistungserbringungsprozesse wesentlich beeinflusst haben. Auch die Anpassung
der Strategie oder des Geschäftsmodelles wurden vor dem Hintergrund der Digitalisie-
rung nicht verändert. Im Aufbau und in der Pflege der Kundenbeziehung hat die Digita-
lisierung keinen Wandel bewirkt.
Tabelle 3
Charakteristiken Klassische Organisation (Reifegradprofil 1)
Dimension Beschreibung
Organisationsform Unternehmen weisen i.d.R. eine eindimensionale Organisati-
onsform auf, gelegentlich auch eine zweidimensionale Organi-
sationsform.
42 Handlungsempfehlungen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Verortung / Digitalein-
heit
Die digitale Transformation ist intern verortet. Die Digitalisie-
rung wird typischerweise in einem Fachbereich (z.B. IT & F&E)
vorangetrieben. Es gibt keine übergreifende Digitaleinheit.
Verantwortung
Die digitale Transformation wird durch den CEO bzw. Ge-
schäftsführer verantwortet.
Mitarbeiterzeitanteil
Die Mehrheit der Unternehmen beschäftigt ihre mit der Digita-
lisierung betrauten Mitarbeiter nicht in Vollzeit.
Agilität
Klassische Organisationen weisen die geringste Ausprägung
in dem „Verständnis von Veränderungen als Chance“ sowie in
der „Anpassung an Nachfrageschwankungen“ auf. In punkto
„Kontinuierliche Verbesserung“ und „Reaktion auf Kundenbe-
dürfnisse“ sind sie verhältnismäßig hoch ausgeprägt.
3.2.1.2 Reifegradprofil 2: Hybride Organisation
Hybride Organisationen zeichnen sich dadurch aus, dass bereits punktuell Projekte mit
digitalem Charakter initiiert und Erfahrungen, die sich mit der Entwicklung digitaler Pro-
dukte und Services beschäftigen, gesammelt worden sind. Es lassen sich erste Züge
digitaler Initiativen in der Strategie wiederfinden. Im Rahmen der ersten Digitalisie-
rungsinitiativen prüfen Unternehmen, wie insbesondere die Kundenschnittstelle digitali-
siert werden kann.
Tabelle 4
Charakteristiken Hybride Organisation (Reifegradprofil 2)
Dimension Beschreibung
Organisationsform Das Unternehmen weist eine eindimensionale oder zweidi-
mensionale Organisationsform auf. Es ist geplant, in ein
mehrdimensionales Organisationsmodell zu wechseln.
Verortung / Digitalein-
heit
Die digitale Transformation ist in einer explizit dafür geschaf-
fenen Organisationseinheit (z.B. eigener Geschäftsbereich,
Digitaleinheit, Stabstelle, Kompetenzteam) verortet.
Verantwortung
Die digitale Transformation wird vom CEO verantwortet. Ver-
einzelt wird das Thema auch durch den Leiter IT oder Leiter
der Forschung und Entwicklungsabteilung getrieben.
Mitarbeiterzeitanteil
Das Gros der Unternehmen beschäftigt weniger als 25 Pro-
zent ihrer Mitarbeiter in Vollzeit mit Digitalisierungsthemen.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Handlungsempfehlungen 43
Rund 37 Prozent der Unternehmen widmen der digitalen
Transformation einen höheren Vollzeitanteil.
Agilität
Die Dimensionen „Problembewältigung im Zulieferprozess“
und „Anpassung an Nachfrageschwankungen“ sind bei Hybri-
den Organisationen am geringsten ausgeprägt. Sie reagieren
hingegen eher schnell auf die Bedürfnisse ihrer Kunden und
betrachten Veränderungen auf dem Markt tendenziell als
Chance; auch suchen sie suchen sie regelmäßig nach Mög-
lichkeiten, sich zu verbessern.
3.2.1.3 Reifegradprofil 3: Digitale Organisation
Es werden bereits digitale Produkte und Services in das bestehende Portfolio und Sys-
tem integriert und am Markt angeboten. Die digitale Transformation hat die Fachberei-
che erreicht und wird übergreifend durch eine eigene Einheit gesteuert. Ein digitales
Mindset wie vernetze Zusammenarbeit, neue Arbeitsformen und unternehmerisches
Verhalten unterhalb der Geschäftsführung werden teilweise umgesetzt.
Tabelle 5
Charakteristiken Digitale Organisation (Reifegradprofil 3)
Dimension Beschreibung
Organisationsform Das Unternehmen ist ein- oder zweidimensional aufgestellt.
Einige Unternehmen bewegen sich bereits in mehrdimensio-
nalen Organisationsformen.
Verortung / Digitalein-
heit
Die digitale Transformation wird intern durch eine eigene Or-
ganisationeinheit getrieben (Projekt- oder Kompetenzteam,
Stabstelle oder eigener Fachbereich für Digitalisierung F&E
oder Unternehmensentwicklung).
Verantwortung Die digitale Transformation wird durch den CEO verantwortet.
Einige Unternehmen haben auch eine eigens geschaffene
Funktion (z.B. CDO) etabliert.
Mitarbeiterzeitanteil Die Mehrheit der Unternehmen weist einen Vollzeitanteil von
über 25 Prozent auf. Der Anteil der Unternehmen, die mindes-
tens 50 Prozent ihrer Mitarbeiter in Vollzeit auf die digitale
Transformation ansetzen, beträgt bereits 41 Prozent.
Agilität Bei Digitalen Organisationen sind die Dimensionen „Problem-
bewältigung im Zuliefererprozess“ und "Anpassung an Nach-
frageschwankungen“ am geringsten ausgeprägt. Dem gegen-
44 Handlungsempfehlungen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
über betrachten sie Veränderungen am Markt als Chance und
suchen kontinuierlich nach Möglichkeiten, sich zu verbessern;
auch können sie relativ schnell auf die Bedürfnisse ihrer Kun-
den reagieren.
3.2.1.4 Reifegradprofil 4: Agile Organisation
Die höchste Entwicklungsstufe im Rahmen der digitalen Transformation ist durch Profil
4 beschrieben. Bei jenen Unternehmen haben sich digitale Technologien auf die Stra-
tegie und das Geschäftsmodell ausgewirkt. Das digitale Portfolio sowie digitale Ge-
schäftsmodelle werden kontinuierlich fortentwickelt. Die Unternehmen haben ein digita-
les Ökosystem mit einem breiten Netzwerk von Kooperationspartnern aufgebaut und
treiben gemeinschaftliche Entwicklungen voran. Der digitale Mindset wird im Gesamt-
unternehmen gelebt.
Tabelle 6
Charakteristiken Agile Organisation (Reifegradprofil 4)
Dimension Beschreibung
Organisationsform Das Unternehmen weist eine mehrdimensionale Organisati-
onsform (Flexible und virtuelle Organisation, Holokratie, Netz-
werkorganisation) auf.
Verortung / Digitalein-
heit
Die digitale Transformation ist in einem eigenen Geschäftsbe-
reich verankert und wird durch eine eigens dafür geschaffene
Digitaleinheit vorangetrieben.
Verantwortung
Der CEO verantwortet die digitale Transformation. Große Un-
ternehmen leisten sich eine eigene Funktion für die Digitalisie-
rung, z.B. in der Rolle eines CDOs oder Leiter Digitalisierung.
Mitarbeiterzeitanteil
Ein Drittel der Unternehmen beschäftigt seine Mitarbeiter an-
nähernd in Vollzeit (Vollzeitanteil zwischen 75 und 100 Pro-
zent). Insgesamt setzen 50 Prozent der Unternehmen zumin-
dest die Hälfte ihrer Mitarbeiter in Vollzeit für die Digitalisie-
rung ein.
Agilität
Bei Agilen Organisationen sind alle Dimensionen – bis auf
„Problembewältigung im Zuliefererprozess“ – am höchsten.
ausgeprägt; insbesondere begreifen haben sie ein „Verständ-
nis von Veränderungen als Chance“ und eine schnelle „Reak-
tion auf Kundenbedürfnisse“; auch zeichnen sie sich durch
eine „effiziente Entscheidungsfindung“ aus.
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Handlungsempfehlungen 45
3.2.2 Entwicklung von der Klassischen zur Hybriden Organisation
Nachfolgend werden konkrete Handlungsempfehlungen aufgezeigt, die Klassische
Organisationen umsetzen können, um das nächste Reifegradprofil (Hybride Organisa-
tion) zu erreichen. Dabei wird nur auf die Unterschiede eingegangen.
Aktuelles
digitales Reifegradprofil Gestaltungsdimensionen
Angestrebtes
digitales Reifegradprofil
Reifegradstufe 1:
Klassische Organisation
Digitale
Reifegradstufe
Reifegradstufe 2:
Hybride Organisation
vermehrt eindimensional Organisationsform ein- und zweidimensional
innerhalb eines Fachbereichs Verortung / Digitaleinheit
innerhalb
einer eigenen Organisationsein-
heit
vorwiegend CEO und
Leiter IT Verantwortung CEO
primär in Teilzeit Mitarbeiterzeitanteil vereinzelt in Vollzeit
3,68 Agilitätsgrad 3,80
Tabelle 7
Handlungsempfehlungen Klassische nach Hybride Organisation
Gestaltungsdimension Handlungsempfehlungen
Organisationsform Unternehmen sollten prüfen, ob eine mehrdimensionale
Organisationsform in Form agiler, virtueller Teams, ho-
lokratischer oder Netzwerkstrukturen die digitalen Aktivi-
täten effektiver unterstützt, sofern perspektivisch Reife-
grad 3 oder 4 angestrebt wird. Ein guter Start kann die
Etablierung virtueller Teams nach agilen Strukturen für
initiale Digitalaufgaben sein, um in der Organisation Er-
fahrungen zu sammeln und zu lernen. Mit dem Aufbau
von Digitalkompetenzen ist ganzheitlich zu starten.
Verortung / Digitaleinheit
Unternehmen sollten eine cross-funktionale Digitalein-
heit aufbauen (als Kompetenzteam, Stabsstelle oder in
einem innovativen Fachbereich). Die Digitaleinheit sollte
als abteilungsübergreifendes agiles Projektteam organi-
siert werden. Nur durch die Integration der Skills und
Kompetenzen aus verschiedenen Fachbereichen kön-
nen schnell innovative Ideen generiert werden. Dabei ist
darauf zu achten, dass die digitalen Schlüsselkompe-
tenzen im Team vorhanden sind. Diese können auch
temporär durch externe Ressourcen beigesteuert wer-
46 Handlungsempfehlungen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
den wie z.B. Designer, Developer oder Startupler. Die
Kooperation mit Start-Ups und Digital-Partnern hilft, die
notwendige Expertise aufzubauen und die eigene Digi-
talstrategie zu formulieren. Das Feedback ist erfolgskri-
tischer Faktor.
Verantwortung Die Verantwortung für die digitale Transformation ist
beim CEO bzw. Geschäftsführer zu verankern. In seiner
Funktion hat der CEO bzw. der Geschäftsführer die un-
ternehmerische Verantwortung das Unternehmen in die
Digitale Welt zu leiten. Die teilweise noch in der IT veror-
tete Verantwortung für die digitale Transformation ist auf
die höchste Managementebene zu übertragen.
Mitarbeitereinsatz Desto mehr Mitarbeiter sich vollzeitlich auf die Digitali-
sierung fokussieren, desto effektiver ist die Umsetzung
der digitalen Initiativen. Insofern wird empfohlen, zumin-
dest die digitalen Schlüsselfunktionen (Head + Kern-
team) vollzeitlich einzusetzen und ein erweitertes Team
aus den jeweiligen Fachbereichen zu etablieren, wel-
ches mit begrenzter Zeit zur Verfügung steht.
Agilität Hybride Organisationen unterscheiden sich von Klassi-
schen Organisationen vor allem dahingehend, dass sie
Veränderungen am Markt eher als Chance denn als
Risiko begreifen. Unternehmen mit dem aktuellen digita-
len Reifegradprofil 1 sollten im Sinne ihrer Weiterent-
wicklung daher der Analyse ihres Umfelds solche Be-
wertungskriterien zugrunde legen, die eine positive Be-
wertung der beobachteten Veränderung grundsätzlich
zulassen (z.B. welche Stärken hat das eigene Unter-
nehmen, mithilfe derer die Veränderungen am Markt
nutzbar gemacht werden können?).
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Handlungsempfehlungen 47
3.2.3 Entwicklung von der Hybriden zur Digitalen Organisation
Erste Digitalisierungsprojekte wurden erfolgreich umgesetzt und eine Digitaleinheit
etabliert. Die Digitalisierung von Produkten und Dienstleistungen wird professionalisiert
und im Gesamtportfolio integriert sowie eine CDO-Funktion auf Senior-
Managementebene geschaffen. Das Unternehmen entwickelt sich hin zu einem Digita-
len Unternehmen, in dem auch kulturelle Veränderungen vorgenommen werden.
Aktuelles
digitales Reifegradprofil Gestaltungsdimensionen
Angestrebtes
digitales Reifegradprofil
Reifegradstufe 2:
Hybride Organisation
Digitale
Reifegradstufe
Reifegradstufe 3:
Digitale Organisation
zwei- und mehrdimensional Organisationsform zwei- und mehrdimensional
intern, eigene Digitaleinheit Verortung / Digitaleinheit intern,
übergreifende Digitaleinheit
CEO Verantwortung CEO + CDO
vereinzelt in Vollzeit Mitarbeiterzeitanteil Kernteam zur Hälfte Vollzeit
3,80 Agilitätsgrad 3,96
Tabelle 8
Handlungsempfehlungen Hybride nach Digitale Organisation
Gestaltungsdimension Handlungsempfehlungen
Organisationsform Um sich zu einer Digitalen Organisation zu entwickeln,
sollte sich die Organisationsform hin zu einer mehrdi-
mensionalen Organisationsform verändern.
Silostrukturen sollten überwunden und es sollte verstärkt
in Beziehungen mit externen Digitalpartnern investiert
werden, in der die Wertschöpfung erfolgt. Nur so können
notwendige Innovationen unter Nutzung intelligenter
Technologien mit hoher Geschwindigkeit in den Markt
gebracht werden. Prozessdigitalisierungen über die
Kundenschnittstelle hinaus, digitale Plattformen und
digitale Geschäftsmodelle sollten aufgebaut werden.
Damit verbunden sollte intensiv in digitale Kompetenzen
der Belegschaft investiert und Digitaltalente entwickelt
und gebunden werden. Ergänzend sollten Unterneh-
mens- und Führungskultur im Sinne von Digital Lea-
dership ausgerichtet werden.
Verortung / Digitaleinheit Vor dem Hintergrund der Professionalisierung der Digi-
talisierungsaktivitäten sollten die Aufgaben der Digital-
48 Handlungsempfehlungen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
einheit in die Bestandsorganisation integriert werden.
Jeder Fachbereich sollte digitale Umsetzungsziele erhal-
ten. Hierfür sind agile Steuerungs- und Performance
Management-Systeme sowie eine strategische Steue-
rung auf oberster Führungsebene aufzubauen.
Verantwortung Die Rolle eines CDOs bzw. Leiter Digital auf Top-
Management-Ebene ist unerlässlich, um die notwendi-
gen finanziellen und personellen Ressourcen auf strate-
gischer Ebene bereitzustellen und wichtige Unterneh-
mensentscheidungen auch in Richtung Venture Capital,
Beteiligungen und Joint Ventures zu treffen.
Mitarbeitereinsatz Die Implementierung auf unternehmensweiter Ebene
setzt die adäquate Einbindung der Fachbereiche in die
Planung und Umsetzung voraus. Aus diesem Grund
muss sichergestellt werden, dass Mitarbeiter in allen
Bereichen an der Digitalisierung teilhaben und ihr Ein-
satz im Leistungsbeurteilungssystem adäquat berück-
sichtigt wird. Nur so wird die Motivation auch bei Rück-
schlägen aufrechterhalten. Eine gelebte Fehlerkultur ist
erforderlich, um zu lernen und sich stetig zu verbessern.
Nur wenn Tages- und Projektgeschäft nicht mit den Digi-
talisierungsinitiativen kollidieren, können Fortschritte
erzielt werden. Das Unternehmen sollte mindestens die
Hälfte des digitalen Kernteams Vollzeit für die Digital-
themen einsetzen. Ergänzend können digitale Talente
an externe Kooperationen ausgeliehen oder für Joint
Ventures eingesetzt werden. Damit werden notwendige
externe Impulse wieder in die Organisation eingebracht.
Agilität Digitale Organisationen unterscheiden sich von Hybri-
den Organisationen tendenziell dahingehend, dass sie
Veränderungen am Markt als Chance begreifen, konti-
nuierlich nach Möglichkeiten der Verbesserung suchen
und effizient Entscheidungen finden. Neben der Formu-
lierung positiver Bewertungskriterien (s.o.) empfiehlt sich
für Unternehmen mit dem aktuellen digitalen Reifegrad 2
daher im Sinne ihrer Weiterentwicklung zum einen ihre
Produkt-, Service- und Prozessqualität auf Basis eines
systematischen Prozesses stetig zu erhöhen (z.B. Kon-
tinuierlicher Verbesserungsprozess, Qualitätsmanage-
ment, Betriebliches Vorschlagswesen oder Ideenma-
nagement); zum anderen kann eine effiziente Entschei-
dungsfindung durch die Verwendung unterstützender
Methoden begünstigt werden (z.B. Entscheidungs-
matrix- oder baum).
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Handlungsempfehlungen 49
3.2.4 Entwicklung von der Digitalen zur Agilen Organisation
Digitale Organisationen sind auf dem Weg zur Agilen Organisation. Sie haben eine
flexible Organisationsform implementiert und agieren in einem etablierten Ökosystem
mit einer Vielzahl an digitalen Kooperationspartnern. Die Wertschöpfung erfolgt zu-
nehmend mit externen Kooperationspartnern und Nutzern. Die digitale Transformation
hat das gesamte Unternehmen erfasst, auf der prozeduralen, organisatorischen sowie
kulturellen Ebene. Flache Hierarchien sowie eine Kultur der offenen Kollaboration und
Arbeitsumgebung werden etabliert.
Aktuelles
digitales Reifegradprofil Gestaltungsdimensionen
Angestrebtes
digitales Reifegradprofil
Reifegradstufe 3:
Digitale Organisation
Digitale
Reifegradstufe
Reifegradstufe 4:
Agile Organisation
zwei- und mehrdimensional Organisationsform mehrdimensional
intern,
übergreifende Digitaleinheit Verortung / Digitaleinheit
intern,
Digitaleinheit mit Kompetenz-
teams
CEO + CDO Verantwortung CEO + CDO
Kernteam zur Hälfte Vollzeit Mitarbeiterzeitanteil Kernteam überwiegend Vollzeit
3,96 Agilitätsgrad 4,15
Tabelle 9
Handlungsempfehlungen Digitale nach Agile Organisation
Gestaltungsdimension Handlungsempfehlungen
Organisationsform Auf dem Weg zu einer Digitalen Organisation ist es unum-
gänglich agile, netzwerkorientierte Organisationsstrukturen
sowie starke Kooperationsbeziehungen mit externen Part-
nern aufzubauen, um neue Lösungen und Geschäftsmodel-
le zu entwickeln.
Verortung / Digitaleinheit Die digitale Transformation sollte über die Digitaleinheit
strategisch gesteuert und in allen Fachbereichen konkret
umgesetzt werden. Die Digitaleinheit identifiziert und evalu-
iert potenzielle Digitalpartner und Venture Capital Targets.
Die Digital-Performance ist kontinuierlich anhand von KPIs
zu messen und zu verbessern. Trendscouting wurde als
Funktion etabliert.
Verantwortung Die digitale Transformation ist nicht nur beim CEO in der
Verantwortung, sondern dem gesamten Top-Management.
50 Handlungsempfehlungen
Studie – Die richtige Organisation zur
digitalen Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Eine eigene Managementfunktion, z.B. in Form eines
CDOs, ist dafür zu etablieren und in die Struktur einzubin-
den.
Mitarbeitereinsatz Digitale Talente werden in jedem Bereich identifiziert, ent-
wickelt und gebunden, z.B. über Rotationsprogramme in
Startups oder ähnliches. Ebenso erfolgt ein systematischer
Pipeline-Aufbau für Digitalprofile. Mindestens die Hälfte der
Digitaleinheit sollte Vollzeit für die Digitalthemen zur Verfü-
gung stehen.
Agilität Agile Organisationen unterscheiden sich von Digitalen Or-
ganisationen vor allem darin, dass sie ihre Produktion
schneller an Schwankungen in der Nachfrage anpassen
können. Unternehmen mit dem aktuellen digitalen Reife-
grad 3 sollten daher im Sinne ihrer Weiterentwicklung In-
strumente zum Monitoring von Dynamiken im Nachfrage-
verhalten ihrer Kunden im Rahmen ihrer Produktionspla-
nung nutzen.
Sowohl die Agile Organisation als auch die Digitale Organi-
sation weist eine geringe Ausprägung in der „Problembe-
wältigung im Zuliefererprozess“ auf – daher sollten bereits
Digitale Organisation diese Dimension als Handlungsfeld
für sich identifizieren, um insgesamt agiler werden zu kön-
nen. Neben dem Einsatz entsprechender Monitoring-Tools
(s.o.) empfiehlt sich hier die Integration von Stakeholdern
auf Zulieferer-Seite, um Transparenz über die eigene Pro-
duktionsplanung zu schaffen und so dem Zulieferer die
Möglichkeit zu geben, frühzeitig die Ziele dieser Produkti-
onsplanung in dem eigenen Planungsprozess zu berück-
sichtigen.
Studie – Die richtige Organisation zur digita-
len Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studiendesign 51
4 Studiendesign
Informationen zur Studie
Der Erhebungszeitraum der Daten für die Studie „Die richtige Organisation zur digitalen
Transformation“ betrug 4 Wochen (15.02.2017 bis 15.03.2017). Die anonymisierten
Daten wurden Kienbaum am 16.03.2017 zur Auswertung zu Verfügung gestellt. Insge-
samt haben an der Trendstudie 129 Unternehmen teilgenommen.
Abbildung 27
Branchenverteilung der Teilnehmer
Einfache Antwortmöglichkeit. Angaben in Prozent. n=129.
Mit 30,23 Prozent der Teilnehmer ist der Maschinenbau die am häufigsten vertretene
Branche. Gefolgt wird diese von Teilnehmern aus der Metallerzeugung und
-verarbeitung mit (24,03 Prozent) sowie gleichermaßen der Elektro- und Elektronik-
Industrie und dem Fahrzeugbau (12,40 Prozent). Zur Sicherstellung der Validität der
Ergebnisse wurden im Zuge der Auswertung branchennahe Gruppen mit wenigen Teil-
nehmern, sofern möglich, zusammengefasst. Die Branchen Sonstiger Fahrzeugbau
und Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen finden sich in der Gruppe Fahr-
zeugbau wieder. Die Branchen Metallerzeugung und -bearbeitung und Hersteller von
Metallerzeugnissen wurden zur Gruppe Metallerzeugung und -verarbeitung aggregiert.
Hersteller von sonstigen Waren und die Branche Sonstiges wurden in der Gruppe
Sonstige gebündelt.
52
Studie – Die richtige Organisation zur digita-
len Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Abbildung 28
Unternehmensgröße (in Anzahl Mitarbeiter und Jahresumsatz in Mio. Euro)
Einfache Antwortmöglichkeit. Angaben in Prozent. n=129.
Der Großteil der an der Studie partizipierenden Unternehmen ist dem Mittelstand zu-
gehörig. 65 Prozent der teilnehmenden Unternehmen erzielten im Berichtsjahr einen
Jahresumsatz von bis zu 100 Mio. Euro und 61 Prozent beschäftigte bis zu 500 Ange-
stellte. Zur Sicherstellung der Ergebnisvalidität wurden auch hier die Unternehmen,
deren Umsatz die 500 Mio.-Euro-Grenze übersteigt, in entsprechenden Auswertungen
zusammengefasst. Gleiches erfolgte bei den Unternehmen, deren Belegschaft mehr
als 5000 Mitarbeiter umfasst.
Um ein adäquates Abbild der Investitionsanteile zu erhalten, sind nicht plausibel er-
scheinende Angabe von der Berechnung der Durchschnittswerte ausgeschlossen wor-
den.
Studie – Die richtige Organisation zur digita-
len Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Studiendesign 53
Abbildung 29
Position der Teilnehmer
Einfache Antwortmöglichkeit. Angaben in Prozent. n=129.
Insgesamt sind 64 Prozent der Studienteilnehmer dem Top-Management zuzuordnen
und als CEO in der Geschäftsführung oder als Geschäftsführer tätig. 12 Prozent der
Teilnehmer gaben an, Personal- oder Organisationsbereiche zu leiten.
Studie – Die richtige Organisation zur digita-
len Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Abbildungsverzeichnis 55
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Digitaler Reifegrad der teilnehmenden Unternehmen
Abbildung 2 Durchschnittlicher digitaler Reifegrad nach Branche
Abbildung 3 Durchschnittlicher digitaler Reifegrad nach Unternehmensgröße
Abbildung 4 Aktuelle und perspektivische Organisationsformen
Abbildung 5 Digitaler Reifegrad nach Organisationsform
Abbildung 6 Durchschnittlicher digitaler Reifegrad nach Organisationsform
Abbildung 7 Aktuelle und perspektivische Organisationsformen nach Reifegradprofil
Abbildung 8 Leitungsspanne und Leitungstiefe
Abbildung 9 Verortung der digitalen Transformation
Abbildung 10 Durchschnittlicher digitaler Reifegrad nach Verortung
Abbildung 11 Verortung nach digitalem Reifegrad (gruppiert)
Abbildung 12 Verantwortung der digitalen Transformation in Unternehmen
Abbildung 13 Verantwortung und durchschnittlicher digitaler Reifegrad
Abbildung 14 Verantwortung der Digitalisierung und digitale Reifegradprofile
Abbildung 15 Verantwortung der Digitalisierung nach Unternehmensgröße
Abbildung 16 Investitionen in Digitalisierung
Abbildung 17 Investitionen in Digitalisierung
Abbildung 18 Durchschnittlicher Investitionsanteil nach Branche
Abbildung 19 Durchschnittlicher Investitionsanteil nach digitalem Reifegrad
Abbildung 20 Mitarbeiterzeitanteil für Digitalisierungsthemen
Abbildung 21 Mitarbeiterzeitanteil und durchschnittlicher digitaler Reifegrad
Abbildung 22 Durchschnittlicher Agilitätsgrad von Unternehmen
Abbildung 23 Agilität und digitaler Reifegrad
Abbildung 24 Agilitätsdimensionen und digitaler Reifegrad
Abbildung 25 Agilität und Organisationsformen
Abbildung 26 Dimensionen der digitalen Transformation
Abbildung 27 Branchenverteilung der Teilnehmer
Abbildung 28 Unternehmensgröße (in Anzahl Mitarbeiter und Jahresumsatz in Mio. Euro)
Abbildung 29 Position der Teilnehmer
Studie – Die richtige Organisation zur digita-
len Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Tabellenverzeichnis 57
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Stufen des digitalen Reifegrads
Tabelle 2 Kriterien des Agilitätsgrades von Unternehmen und deren nähere Be-
schreibung
Tabelle 3 Charakteristiken Klassische Organisation (Reifegradprofil 1)
Tabelle 4 Charakteristiken Hybride Organisation (Reifegradprofil 2)
Tabelle 5 Charakteristiken Digitale Organisation (Reifegradprofil 3)
Tabelle 6 Charakteristiken Agile Organisation (Reifegradprofil 4)
Tabelle 7 Handlungsempfehlungen Klassische nach Hybride Organisation
Tabelle 8 Handlungsempfehlungen Hybride nach Digitale Organisation
Tabelle 9 Handlungsempfehlungen Digitale nach Agile Organisation
Studie – Die richtige Organisation zur digita-
len Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Autoren 59
Autoren
Yvonne Balzer (Studienleitung)
Director, Mitglied der Geschäftsleitung
Head of Digital Division
Telefon: +49 211-300 89-0
Alexander Hochgürtel
Consultant, Organizational Development
Telefon: +49 211-300 89-0
Fabian Bechtold
Junior Consultant, Organizational Development
Telefon: +49 211-300 89-0
Frank Stein
Kienbaum Institut
Telefon: +49 231-975 139-741
[email protected] Ansprechpartner Kienbaum Christian Maria Huntgeburth Global Head of Sales Data Telefon: +49 221 80172-0 [email protected]
Studie – Die richtige Organisation zur digita-
len Transformation
bayme vbm – Mai 2017
Ansprechpartner / Impressum 61
Ansprechpartner
Stefan Zeil
Regionen und Services
Telefon: 089-551 78-290
Telefax: 089-551 78-275
Impressum
Alle Angaben dieser Publikation beziehen sich grundsätzlich sowohl
auf die weibliche als auch auf die männliche Form. Zur besseren
Lesbarkeit wurde meist auf die zusätzliche Bezeichnung in weiblicher
Form verzichtet.
Herausgeber: Weiterer Beteiligter:
bayme
Bayerischer Unternehmens-
verband Metall und Elektro e. V.
vbm
Verband der Bayerischen Metall-
und Elektro-Industrie e. V.
Max-Joseph-Straße 5
80333 München
www.baymevbm.de
Kienbaum Consultants
International GmbH
Edmund-Rumpler-Straße 5
51149 Köln
+49 221-801 72-0
www.kienbaum.de
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