3
Rohstoffe und Rohstoffpolitik Gold, Diamanten, Erdöl, Kupfer, seltene Erden – viele afrikanische Länder sind reich an Rohstoffen. Und dennoch gehören sie zu den ärmsten Ländern der Welt. Doch warum ist das so? Eine Ursache dafür ist die Steuerflucht von meist internationalen Unterneh- men – mit illegalen und legalen, aber moralisch frag- würdigen Praktiken. Häufig sind diese Unternehmen im Rohstoffsektor tätig. Durch die Steuerflucht von internationalen Öl-, Gas- und Bergbauunternehmen gehen den rohstoffreichen Ländern jährlich Milliarden-Summen an potenziellen Steuereinnahmen verloren. Genau lassen sich diese Summen nicht beziffern, da die Steuerflucht oft im Verborgenen stattfindet. Schätzungen der Vereinten Nationen (UN) und der Weltbank besagen jedoch, dass rohstoffreiche Län- der jährlich einen mittleren zwei- oder gar niedrigen dreistelligen Milliardenbetrag an Steuereinnahmen verlieren 1 . Entwicklungshindernis Steuerflucht Die Steuerflucht im Rohstoffsektor hat gravierende soziale, wirtschaftliche und politische Auswirkungen. 1 http://www.uneca.org/sites/default/files/PublicationFiles/ iff_main_report_26feb_en.pdf, https://openknowledge. worldbank.org/bitstream/handle/10986/2242/668150PUB0EPI0 067848B09780821388693.pdf (Stand: 05.05.2017) Denn viele Staaten finanzieren sich zu einem Groß- teil aus Einnahmen aus dem Rohstoffsektor. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnten mit jährlichen Gesundheitsinvestitionen in Höhe von 8,7 Milliarden US-Dollar vier Millionen Kindern pro Jahr in 46 afrikanischen Staaten das Leben gerettet werden. Und mit 5,2 Milliarden US-Dollar pro Jahr könnten die fehlenden Lehrkräfte bezahlt werden, damit jedes Kind in Afrika zur Schule gehen kann 2 . Es fließt also mehr Geld ab, als für diese grundlegenden Sozialleistungen benötigt wird. Vergegenwärtigt man sich, dass die kompletten Staatsausgaben von rohstoffreichen und von Steu- erflucht betroffenen Staaten wie Sambia, der DR Kongo, Tschad, Niger oder Liberia jeweils jährlich nicht über 6 Milliarden US-Dollar liegen 3 , wird deut- lich, was der Abfluss von geschätzt 30 bis 100 Mil- liarden US-Dollar bedeutet. Der Einwand, dass auch einige afrikanische Präsidenten korrupt seien und einen Teil der Einnahmen ihres Staates veruntreuen, ist sicher zutreffend. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Korruption von Politikern und Beamten nur etwa 1/10 der Summe ausmacht, die afrikanischen Staaten durch die Steuerflucht von Unternehmen verloren geht 4 . Der Verlust an Steuereinnahmen erschwert es den Ländern des globalen Südens auch, sich nachhaltig zu entwickeln und eine stabile Wirtschaft aufzubauen. Um Unternehmertum zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen, bedarf es einer Vielzahl von „Zutaten“: Straßen und Elektrizität, Bildung und Ausbildung, Forschung und Entwicklung sowie Kredite, um In- vestitionen und Unternehmertum zu fördern. Feh- len Steuereinnahmen, kann der Staat diese „Zuta- ten“ nicht bereitstellen. Der Abfluss an potenziellen 2 http://www.who.int/pmnch/media/news/2014/ aif_report.pdf?ua=1, http://unesdoc.unesco.org/ images/0022/002299/229913E.pdf (Stand: 05.05.2017) 3 https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/ fields/2056.html (Stand: 05.05.2017) 4 http://www.gfintegrity.org/storage/gfip/documents/reports/ gfi_africareport_web.pdf und http://www.uneca.org/sites/ default/files/PublicationFiles/iff_main_report_26feb_en.pdf (Stand: 05.05.2017) Die verlorenen Milliarden Steuerflucht im Bergbausektor Hintergrundpapier

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Rohstoffe und Rohstoffpolitik

Gold, Diamanten, Erdöl, Kupfer, seltene Erden – viele afrikanische Länder sind reich an Rohstoffen. Und dennoch gehören sie zu den ärmsten Ländern der Welt. Doch warum ist das so? Eine Ursache dafür ist die Steuerflucht von meist internationalen Unterneh-men – mit illegalen und legalen, aber moralisch frag-würdigen Praktiken. Häufig sind diese Unternehmen im Rohstoffsektor tätig.

Durch die Steuerflucht von internationalen Öl-, Gas- und Bergbauunternehmen gehen den rohstoffreichen Ländern jährlich Milliarden-Summen an potenziellen Steuereinnahmen verloren. Genau lassen sich diese Summen nicht beziffern, da die Steuerflucht oft im Verborgenen stattfindet.

Schätzungen der Vereinten Nationen (UN) und der Weltbank besagen jedoch, dass rohstoffreiche Län-der jährlich einen mittleren zwei- oder gar niedrigen dreistelligen Milliardenbetrag an Steuereinnahmen verlieren1.

Entwicklungshindernis Steuerflucht

Die Steuerflucht im Rohstoffsektor hat gravierende soziale, wirtschaftliche und politische Auswirkungen.

1 http://www.uneca.org/sites/default/files/PublicationFiles/iff_main_report_26feb_en.pdf, https://openknowledge. worldbank.org/bitstream/handle/10986/2242/668150PUB0EPI0067848B09780821388693.pdf (Stand: 05.05.2017)

Denn viele Staaten finanzieren sich zu einem Groß-teil aus Einnahmen aus dem Rohstoffsektor. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnten mit jährlichen Gesundheitsinvestitionen in Höhe von 8,7 Milliarden US-Dollar vier Millionen Kindern pro Jahr in 46 afrikanischen Staaten das Leben gerettet werden. Und mit 5,2 Milliarden US-Dollar pro Jahr könnten die fehlenden Lehrkräfte bezahlt werden, damit jedes Kind in Afrika zur Schule gehen kann2. Es fließt also mehr Geld ab, als für diese grundlegenden Sozialleistungen benötigt wird.

Vergegenwärtigt man sich, dass die kompletten Staatsausgaben von rohstoffreichen und von Steu-erflucht betroffenen Staaten wie Sambia, der DR Kongo, Tschad, Niger oder Liberia jeweils jährlich nicht über 6 Milliarden US-Dollar liegen3, wird deut-lich, was der Abfluss von geschätzt 30 bis 100 Mil-liarden US-Dollar bedeutet. Der Einwand, dass auch einige afrikanische Präsidenten korrupt seien und einen Teil der Einnahmen ihres Staates veruntreuen, ist sicher zutreffend. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Korruption von Politikern und Beamten nur etwa 1/10 der Summe ausmacht, die afrikanischen Staaten durch die Steuerflucht von Unternehmen verloren geht4.

Der Verlust an Steuereinnahmen erschwert es den Ländern des globalen Südens auch, sich nachhaltig zu entwickeln und eine stabile Wirtschaft aufzubauen. Um Unternehmertum zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen, bedarf es einer Vielzahl von „Zutaten“: Straßen und Elektrizität, Bildung und Ausbildung, Forschung und Entwicklung sowie Kredite, um In-vestitionen und Unternehmertum zu fördern. Feh-len Steuereinnahmen, kann der Staat diese „Zuta-ten“ nicht bereitstellen. Der Abfluss an potenziellen

2 http://www.who.int/pmnch/media/news/2014/aif_report.pdf?ua=1, http://unesdoc.unesco.org/images/0022/002299/229913E.pdf (Stand: 05.05.2017)

3 https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/fields/2056.html (Stand: 05.05.2017)

4 http://www.gfintegrity.org/storage/gfip/documents/reports/gfi_africareport_web.pdf und http://www.uneca.org/sites/ default/files/PublicationFiles/iff_main_report_26feb_en.pdf (Stand: 05.05.2017)

Die verlorenen Milliarden Steuerflucht im Bergbau sektor

Hintergrundpapier

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Rohstoffe und Rohstoffpolitik Rohstoffe und Rohstoffpolitik

Steuereinnahmen bewegt sich in einem ähnlichen Maßstab wie die öffentliche Entwicklungshilfe, die nach Afrika fließt (s. Abbildung).

Generell ist festzuhalten, dass die Anfang 2016 in Kraft getretenen Ziele für eine nachhaltige Entwick-lung (SDGs) kaum zu erreichen sind, wenn die Steu-erflucht nicht bekämpft wird. Schätzungen zufolge bedarf es zur Erreichung der SDGs jährlich zwischen 750 Milliarden und 1,3 Billionen US-Dollar an öffent-lichen Ausgaben5. Das ist durch Entwicklungshilfe-gelder alleine nicht zu stemmen. Deswegen und aus Gründen der globalen Gerechtigkeit braucht es grö-ßere Anstrengungen, um das Problem der Steuer-flucht anzugehen. Wer über Entwicklung spricht, darf über die Steuerproblematik nicht schweigen.

(* Die Summe von 42 Mrd. bezieht sich auf Subsahara- Afrika)

Wie Unternehmen Steuer-zahlungen vermeiden

Der Rohstoffsektor ist in vielen Ländern des globalen Südens der größte Wirtschaftszweig. Die Taktiken zur Steuerflucht von internationalen Rohstofffirmen fan-gen schon bei der Verhandlung der Abbauverträge an. Dabei nutzen die Unternehmen ihre Verhandlungs-macht, ihr Wissen über technische Vertragsklauseln oder zahlen Schmiergelder, um von der Zahlung be-stimmter Steuern entweder komplett oder für eine lange Zeit (teilweise bis zu 50 Jahre) befreit zu wer-den6.

5 http://unsdsn.org/wp-content/uploads/2014/11/Full-FSD-draft-for-public-consultation_clean.pdf S. 8 (Stand: 05.05.2017)

6 www.cmi.no/publications/file/4248-extractive-sectors-and-illicit-financial-flows.pdf S. 6, Fußnote 8 (Stand: 05.05.2017)

Ein weiteres Mittel von Unternehmen, die Steuerzah-lungen an die Regierung eines rohstoffreichen Landes so gering wie möglich zu halten, ist es, die Ausgaben und Einnahmen des Unternehmens klein zu rechnen („falsche Verrechnungspreise“). Das funktioniert zum Beispiel wie folgt: Das Unternehmen im roh-stoffreichen Land verkauft die Rohstoffe (oder ande-re Güter) an eine Tochterfirma in einer Steueroase zu Preisen, die weit unter dem Marktpreis liegen. Da das Unternehmen dadurch im rohstoffreichen Land we-nig Gewinn macht, muss es auch kaum Gewinnsteu-ern zahlen. Und der in die Steueroase verschobene Gewinn wird dort gering besteuert, da die Steuersät-ze hier häufig bei nahezu null liegen7. Da auf ähnliche Weise auch bei anderen Steuertypen, beispielsweise der Mehrwert- oder Verbrauchssteuer, aber auch bei den an das rohstoffreiche Land zu zahlenden Lizenz-gebühren und Dividenden getäuscht wird, entgehen dem rohstoffreichen Land immense Steuereinnah-men. Diese Steuerflucht wird durch Steueroasen ermöglicht. Gäbe es diese Steueroasen nicht, hätten die Unternehmen weniger Möglichkeiten, Steuer-zahlungen in rohstoffreichen Ländern zu umgehen.

Während Deutschland nicht als Steueroase bekannt ist, liegt es bei einer anderen Möglichkeit, wie inter-nationale Firmen Steuerzahlungen umgehen, ganz weit vorne: den sogenannten Doppelbesteuerungs-abkommen8. Diese Abkommen bestimmen, welcher der beiden unterzeichnenden Staaten ein internatio-nales Unternehmen besteuern darf, um eine doppelte Besteuerung sowohl im Herkunfts- als auch im Gast-land zu vermeiden. Viele dieser Abkommen werden als unfair bezeichnet, da sie häufig zum Nachteil von ärmeren Ländern gestaltet sind. Die Länder des glo-balen Südens müssen in vielen Fällen größere Teile ih-rer Steuerhoheit abgeben als die reicheren Vertrags-partner aus den Ländern des globalen Nordens9 .

Die Nutzung von Steuerabkommen zur Steuerflucht ist dabei nicht illegal. Wie die NGO ActionAid am Bei-spiel eines australischen Bergbauunternehmens in Malawi zeigt, ist diese Praxis jedoch moralisch höchst

7 https://www.bmz.de/de/mediathek/publikationen/archiv/ reihen/strategiepapiere/Strategiepapier299_04_2010.pdf (Stand: 05.05.2017)

8 Zwar ist nicht bekannt wie viele Rohstoffunternehmen deut-sche Doppelbesteuerungsabkommen nutzen, indem Deutschland aber so eine hohe Zahl restriktiver Abkommen abgeschlossen hat, legitimiert es solche Abkommen. Dementsprechend wird auch der Missbrauch dieser Abkommen innerhalb anderer Länder legitimiert.

9 http://www.actionaid.org/2016/02/mistreated-how-shady-tax-treaties-are-fuelling-inequality-and-poverty (Stand: 05.05.2017)

die Umsetzung dieser Regeln von der Industrie be-kämpft. Anfang des Jahres 2017 hat der US-Kongress beschlossen, die Transparenz-Regeln komplett zu stoppen12. Die EU-Regelung (EU Accounting Directive) wird dafür kritisiert, dass mit ihr nur die illegale Kor-ruption vermieden werden könne. Subtilere Fälle der legalen13, aber moralisch höchst fragwürdigen Steu-erflucht hingegen könnten durch diese Transparenz-Regeln kaum unterbunden werden, da wichtige Daten noch immer im Verborgenen bleiben. Es bräuchte weiteren öffentlichen Druck, um faires Steuerzah-lungsverhalten oder eine strengere Prüfung von Un-ternehmen durchzusetzen.

Auf EU-Ebene debattieren das EU-Parlament und die Kommission derzeit Vorschläge darüber, welche Daten Unternehmen offenlegen sollen und welche Unternehmen davon betroffen wären. Der Kommissi-ons-Entwurf bleibt dabei hinter dem des Parlaments14 zurück und würde wie die EU Accounting Directive (die nur den Rohstoffsektor umfasst) kaum zur Ver-besserung der Situation beitragen. Zudem ist u.a. Fi-nanzminister Schäuble dagegen, dass solche Berichte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden15. Die-se fehlende Transparenz erschwert es, Steuerflucht aufzudecken.

Bei den problematischen Doppelbesteuerungsab-kommen ist Deutschland schon seit einiger Zeit be-reit, sogenannte Anti-Missbrauchsregeln einzufügen. Von NGO-Seite und von EU-Parlamentariern wird kritisiert, dass diese Missbrauchsregeln am Prob-lem vorbeigehen, da es für die rohstoffreichen Län-der äußerst schwierig ist, nachzuweisen, dass sich die Unternehmen Schlupflöchern bedienen. Diesen Nachweis müssten die Länder aber erbringen, um die Missbrauchsregeln anwenden zu dürfen16. In der deutschen Politik fehlt es am richtigen Bewusstsein für die Problematik, dass Unternehmen Doppelbe-steuerungsabkommen nutzen, um ihre Steuerzahlun-gen so gering wie möglich zu halten.

12 http://www.sz.de/politik/zahlungen-us-kongress-will-transpa-renzregeln-fuer-oelfirmen-kippen-1.3360614 (Stand: 05.05.2017)

13 Viele Steuerflucht-Praktiken internationaler Firmen sind nicht illegal, da die bestehenden Gesetze und Regeln Schlupflöcher enthalten, die Steuerflucht ermöglichen. Deswegen wird bei vielen Praktiken auch von „Steuervermeidung“ gesprochen.

14 Hier die beiden Vorschläge im Vergleich (Stand 20.03.2017): http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+COMPARL+PE-597.646+02+DOC+PDF+V0//EN&language=EN

15 http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/europa-von-lautsprechern-und-demagogen-1.3284028 (Stand: 05.05.2017)

16 https://netzwerksteuergerechtigkeit.files.wordpress.com/2014/06/info-steuergerechtigkeit_stand-nach-beps3.pdf (Stand: 05.05.2017)

fragwürdig. So konnte sich das Unternehmen von der Zahlung der Quellensteuer in Malawi befreien, in-dem es ein Steuerabkommen mit den Niederlanden genutzt hat. Dort hat das Unternehmen eine Tochter-gesellschaft ohne Angestellte gegründet, um Gelder aus Malawi zu verschieben. In den Niederlanden lag die fällige Steuer jedoch bei 0%, sodass die Gelder ohne Abzüge weiter Richtung Hauptsitz des Unter-nehmens in Australien fließen konnten. So hat ein einzelnes Unternehmen den malawischen Staat über den Zeitraum von sechs Jahren um eine Steuerzah-lung von 27,5 Millionen US-Dollar geprellt10.

Dies ist zudem kein Einzelfall und die Summe im Ver-gleich sogar gering. Laut der niederländischen NGO SOMO hat beispielsweise ein Öl-Unternehmen in Uganda versucht, Steuerzahlungen von über 400 Mil-lionen US-Dollar zu umgehen. Nach langen Gerichts-verfahren konnte Uganda immerhin einen Teil dieser Summe eintreiben11.

Gegenmaßnahmen auf internationaler Ebene und Deutschlands Rolle

Über die letzten Jahre gab es auf internationaler Ebe-ne einige Initiativen, um durch größere Transparenz und neue Standards die Steuerflucht zu bekämpfen. Sowohl die USA als auch die EU haben neue Regeln beschlossen, die Rohstoffunternehmen zur Offenle-gung ihrer Steuer- und anderer Zahlungen an die je-weiligen Regierungen verpflichten. In den USA wurde

10 http://www.actionaid.org/sites/files/actionaid/malawi_tax_report_updated_table_16_june.pdf (Stand: 05.05.2017)

11 https://www.somo.nl/wp-content/uploads/2016/12/Eurodad-Tax-Dodging-report-2016.pdf (Stand: 05.05.2017)

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Rohstoffe und Rohstoffpolitik

Bemühungen gerückt. Doch derzeit sind viele Reformen noch in der Schwebe oder werden wie in den USA gar rückgängig gemacht. Deutschland gilt international eher als bremsender Akteur, auch aus Angst, dass deutsche Exporteure unter hohen Steuern im Aus-land zu leiden hätten.

Viele der betroffenen Länder fordern eine Berück-sichtigung ihrer Interessen bei der Besteuerung der Konzerne, besonders beim Rohstoffabbau. Im Som-mer 2015 noch forderte eine Gruppe von 134 Ent-wicklungs- und Schwellenländern auf einer großen Konferenz zur Finanzierung der Ziele für eine nachhal-tige Entwicklung die Einrichtung eines Regierungsaus-schusses auf UN-Ebene ein. Die betroffenen Länder erhoffen sich durch einen solchen Ausschuss mehr Mitspracherechte bei internationalen Verhandlungen zu Steuerfragen. Allerdings lehnten viele westliche Staaten die Forderung dieser großen Koalition von Ländern des globalen Südens ab18.

18 http://www.euractiv.com/sections/development-policy/addis-ababa-development-financing-conference-stumbles- tax-evasion-316431 und http://www.euractiv.com/sections/ development-policy/tax-evasion-dominate-addis-ababa- development-conference-316173 (Stand: 05.05.2017)

Beim Problem der falschen Verrechnungspreise be-müht sich Deutschland, die Steuerbehörden von roh-stoffreichen Ländern auszubilden. Das könnte helfen, da das Aufspüren falscher Verrechnungspreise eine komplizierte Angelegenheit ist. Doch solche Bemü-hungen gehen nicht weit genug. So wird die Bundes-regierung von NGO-Seite dafür kritisiert, dass sich Deutschland auf OECD-Ebene nicht für einen System-wechsel hin zur Einführung einer Gesamtkonzern-steuer einsetzt. Dieses Verfahren würde den Gewinn des gesamten Konzerns, also inklusive aller Tochter-firmen, erfassen. Auf Grundlage einer auf internati-onaler Ebene zu beschließenden Formel würde der Gewinn dann auf die Länder „verteilt“, in denen das jeweilige Unternehmen aktiv ist und dort besteuert. Eine solche Gesamtkonzernsteuer könnte dazu bei-tragen, die Besteuerung anhand der realen Werte und Gewinne der Konzerne zu gewährleisten und Steuer-flucht zu bekämpfen17.

Insgesamt haben die großen Steuerskandale der zu-rückliegenden Jahre das Problem der Steuerflucht in den Fokus der Öffentlichkeit und auch politischer

17 https://netzwerksteuergerechtigkeit.files.wordpress.com/2016/06/nwsg_2017_gesamtkonzernsteuer1.pdf (Stand: 05.05.2017)

Autor: Nico Beckert, Fachpromotor für Rohstoffe und Rohstoffpolitik, Mai 2017Kontakt: Haus Wasserburg, Pallottinische Jugendbildungs gGmbH, Pallottistraße 2, 56179 Vallendar www.haus-wasserburg.de

Gefördert von ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag des:

Gefördert von:

Für den Inhalt dieser Publikation ist allein Haus Wasserburg verantwortlich; die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt

von Engagement Global gGmbH und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wieder.

Bildnachweise:

• KarikaturGoldDiggers:http://www.polyp.org.uk/cartoons/wealth/polyp_cartoon_africa_unfair_trade_mining_minerals_gold.jpg

• Steuerflucht:Urheber:„geralt“,pixabay:https://pixabay.com/de/unternehmer-steuer-steuerflucht-1562825/

• VergleichZu-undAbflüssevonGeldernbasiertaufeinerGrafikdesGlobalPolicyForum:https://www.globalpolicy.org/

global-taxes/52662-development-aid-to-africa-negligible-in-comparison-to-illicit-outflows-.html

Weitere Informationen und Bildungsmaterialien:

• DokumentarfilmAfrika–derausgeraubteKontinent–BundeszentralefürpolitischeBildung:https://www.bpb.de/lernen/

digitale-bildung/werkstatt/211334/warum-armut-neues-bildungsmaterial-zu-aktuellem-thema

• DidaktischesMaterialzumFilm:http://www.baobab.at/images/doku/afrika.pdf

• Rohstoffquiz:AllesGoldwasglänzt?http://www.haus-wasserburg.de/aktuelles/materialien/downloads.html