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Die Vitali-Reaktion zum Nachweis von Tropanalkaloiden Illumina-Chemie.de - Artikel Analytik Die Vitali-Reaktion zum Nachweis von Tropanalkaloiden Die Reaktion nach Vitali wurde erstmals vor 130 Jahren veröffentlicht. Sie ist eine der wenigen Farbreaktionen zur Identifikation von Alkaloiden, die noch heute verwendet werden. In der Modifikation von Morin ist sie gut reproduzierbar, empfindlich und recht spezifisch und wird nach wie vor in den Arzneibüchern zur Identitätsprüfung von Tropanalkaloiden (Hyoscyamin, Atropin, Homatropin, Skopolamin) geführt. Geräte: Kleine Abdampfschalen, Spiritusbrenner, Dreifuß, Drahtnetz, Reagenzglashalter, Meßzylinder 10 mL, Kolbenhubpipetten (500 μL, 20-200 μL, 10 μL), Tropfpipette, Glasstab, Reagenzgläser Chemikalien: eine Ampulle „Atropinum sulfuricum 0,5 mg“ rauchende Salpetersäure (C, O) Aceton (F, Xi) ethanolische Kalilauge, ca. 1N (C, F) (3 g Kaliumhydroxid in 50 ml unvergälltem Ethanol 96% lösen) Hinweis: Atropin ist stark giftig (wenngleich der Inhalt der hier angewandten Ampulle nicht zu relevanten Vergiftungserscheinungen führen kann) Durchführung: Ausgangsmaterial ist eine Ampulle Atropinsulfat, wie sie in der Notfallmedizin gängig ist. Ein Milliliter enthält 0,5 mg der Substanz in physiologischer Kochsalzlösung. Die Ampulle wird geöffnet, mit den Kolbenhubpipetten folgende Mengen entnommen und jeweils in eine kleine Abdampfschale gegeben: 600 μl = 0,3 mg Atropinsulfat 200 μl = 0,1 mg Atropinsulfat 100 μl = 50 μg Atropinsulfat 50 μl = 25 μg Atropinsulfat 20 μl = 10 μg Atropinsulfat 10 μl = 5 μg Atropinsulfat Artikel im Web: http://illumina-chemie.de/die-vitali-reaktion-zum-nachweis-von-tropanalkaloiden-t3349.html Copyright illumina-chemie.de, Autor: lemmi, Geschrieben am 03.10.2012 1 von 7

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Die Vitali-Reaktion zum Nachweis von Tropanalkaloiden

Illumina-Chemie.de - Artikel Analytik

Die Vitali-Reaktion zum Nachweis von Tropanalkaloiden

Die Reaktion nach Vitali wurde erstmals vor 130 Jahren veröffentlicht. Sie ist eine der wenigenFarbreaktionen zur Identifikation von Alkaloiden, die noch heute verwendet werden. In der Modifikation vonMorin ist sie gut reproduzierbar, empfindlich und recht spezifisch und wird nach wie vor in den Arzneibüchernzur Identitätsprüfung von Tropanalkaloiden (Hyoscyamin, Atropin, Homatropin, Skopolamin) geführt.

Geräte:

Kleine Abdampfschalen, Spiritusbrenner, Dreifuß, Drahtnetz, Reagenzglashalter, Meßzylinder 10 mL,Kolbenhubpipetten (500 µL, 20-200 µL, 10 µL), Tropfpipette, Glasstab, Reagenzgläser

Chemikalien:

eine Ampulle „Atropinum sulfuricum 0,5 mg“

rauchende Salpetersäure (C, O)

Aceton (F, Xi)

ethanolische Kalilauge, ca. 1N (C, F)

(3 g Kaliumhydroxid in 50 ml unvergälltem Ethanol 96% lösen)

Hinweis:

Atropin ist stark giftig (wenngleich der Inhalt der hier angewandten Ampulle nicht zu relevantenVergiftungserscheinungen führen kann)

Durchführung:

Ausgangsmaterial ist eine Ampulle Atropinsulfat, wie sie in der Notfallmedizin gängig ist. Ein Milliliter enthält0,5 mg der Substanz in physiologischer Kochsalzlösung. Die Ampulle wird geöffnet, mit denKolbenhubpipetten folgende Mengen entnommen und jeweils in eine kleine Abdampfschale gegeben:

600 µl = 0,3 mg Atropinsulfat200 µl = 0,1 mg Atropinsulfat100 µl = 50 µg Atropinsulfat50 µl = 25 µg Atropinsulfat20 µl = 10 µg Atropinsulfat10 µl = 5 µg Atropinsulfat

Die Flüssigkeiten lässt man dann bei Zimmertemperatur eintrocknen. Dabei bedeckt man dieAbdampfschalen mit Filtrierpapier, damit kein Staub hineingelangt. Dann gibt man in jede Schale 10 Tropfen(ca. 0,5 mL) rauchende Salpetersäure und dampft über dem Spiritusbrenner vorsichtig ein, bis ein geringer,blassgelb gefärbter Rückstand zurückbleibt. Wegen der dabei verdampfenden Salpetersäure muss dies unterdem Abzug oder vor dem offenen Fenster geschehen. Die Prozedur verlangt etwas Fingerspitzengefühl. Manmuss erhitzen, bis der Rückstand ganz trocken ist und sich gelblich verfärbt hat. Andererseits darf man nichtzu hoch erhitzen, da sich das Reaktionsprodukt sonst zersetzt.

Nach dem Erkalten gibt man in die Schale 5 mL Aceton und rührt mit einem Glasstab, bis sich der Rückstandgelöst hat. In die farblose oder allenfalls blassgelbliche Flüssigkeit gibt man dann tropfenweise etwa 0,5 mLethanolische Kalilauge. Es bildet sich eine schöne, intensiv violette Färbung aus. Bei sehr kleinen MengenAtropin kann die Violettfärbung noch erkannt werden, wenn man die Flüssigkeit in den Reagenzgläsern vonoben betrachtet und so eine größere Schichtdicke vor sich hat. Vitali berichtet, mit seiner Reaktion noch 1 µgAtropinsulfat nachgewiesen zu haben (siehe unten).

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Die Vitali-Reaktion zum Nachweis von Tropanalkaloiden

Entsorgung:

Die Flüssigkeiten können über das Abwassernetz entsorgt werden.

Erklärung:

Atropin ist ein racemisches Gemisch aus D- und L-Hyoscyamin. Hyoscyamin stellt einen Ester dar,bestehend aus dem bizyklischen Aminoalkohol Tropin und der Tropasäure, die ein optisch aktives C-Atomenthält:

Beim Abdampfen mit rauchender Salpetersäure (die übliche konzentrierte Säure von 65% Gehalt ist nichtausreichend!) werden aus dem Atropin zwei nitrierte Produkte gebildet - der4-Nitroatropin-Salpetersäureester und das 4-Nitro-Apoatropin - die in sich in Aceton lösen. MitKaliumhydroxid wird unter Abspaltung des benzylischen H-Atoms ein Anion gebildet, das mehrere MesomereGrenzstrukturen aufweist und tief violett gefärbt ist:

Die rechts oben abgebildete Grenzstruktur mit dem chinoiden Ringsystem und dem Nitro-anion entsprichteinem sog. Meisenheimer-Salz. Diese Verbindungen wurden zuerst 1902 von Jakob Meisenheimer ausNitroaromaten und Kaliummethylat erhalten und sind oft intensiv gefärbt.

Der ansonsten historisch nicht weiter in Erscheinung getretene, italienische Apotheker D. Vitali (1832–1917)hat diese Reaktion zuerst 1880 veröffentlicht. Die Originalpublikation in "Orosi" habe ich leider nicht findenkönnen. Aber bereits im folgenden Jahr wurde in zwei deutschen Zeitschriften über die Reaktion referiert(siehe unten).

Da viele andere Substanzen, die aromatische Ringe enthalten, ähnliche Färbungen geben, wurde in derFolge nach Modifikationen gesucht, welche die Reaktion spezifischer machen sollten. Die Bildung desfarbigen Anions in acetonischer Lösung geht auf Morin (1936) zurück, weshalb die Reaktion auch als

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Die Vitali-Reaktion zum Nachweis von Tropanalkaloiden

Vitali-Morin-Reaktion bezeichnet wird. Zwar bilden sich auch unter den oben beschriebenen Bedingungen mitvielen Verbindungen gefärbte Produkte. Unter den Alkaloiden geben aber nur die Tropasäurederivate diecharakteristische Violettfärbung. Mit dem in der ersten Veröffentlichung genannten Strychnin erhält manzunächst eine grünliche, dann eine braungelbe Farbe, die nicht mit Atropin verwechselt werden kann.

Literatur:

Deutsches Arzneibuch, 10 Ausgabe 1991Europäisches Arzneibuch, 7. Ausgabe 2011Stahl E, Schild W: Pharmazeutische Biologie (Bd.4.) Drogenanalyse II: Inhaltsstoffe und Isolierungen; 1981Gustav Fischer Verlag; ISBN 3-437-20209-XSteinegger E, Hänsel R: Lehrbuch der Pharmakognosie und Phytopharmazie, 4. Auflage 1988; Springer Verlag; ISBN 3-540-17830-9Anonym: Reaction auf Atropin und Daturin; Archiv der Pharmazie 1881: 306-307Schwenker G: Zur Kenntnis der Vitali´schen Farbreaktion; Archiv der Pharmazie 1965: 826-838

Bilder:

Ampullen "Atropinum sulfuricum 0,5 mg"

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Die Vitali-Reaktion zum Nachweis von Tropanalkaloiden

Schälchen mit fallenden Mengen des Ampulleninhaltes beschickt

Abrauchen mit Salpetersäure

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Verdampfungsrückstand mit 300 µg Atropinsulfat

Zugabe ethanolischer KOH

Farbintensität mit fallenden Mengen Atropinsulfat

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Reaktionslösungen mit 25-10-5 µg Atropinsulfat, von oben betrachtet

Reaktionsausfall mit Strychninnitrat

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Die Vitali-Reaktion zum Nachweis von Tropanalkaloiden

Erste Veröffentlichung der Vitali-Reaktion in deutscher Sprache (Archiv der Pharmazie 1881)

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