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Direkte Motivationsfördermaßnahmen © Katja Fischer, Rita Borchert, Kathrin Rossmann Da Bemühen und Anstrengung, Fähigkeit und Vorkenntnisse seitens der Lerner wichtige Einflussfaktoren des Lernerfolgs sind, beschäftigte sich die Pädagogische Psychologie schon frühzeitig mit Lernmotivation (extrinsischer und intrinsischer Motivation) und ihren Bedingungen und Beeinflussbarkeit. Versuche, um (Lern-) Motivation über eine besondere Gestaltung der (Lern-) Situation anzuregen, sind um so erfolgreicher, je besser die situativ gebotenen Anreize zur Motivationsstruktur des jeweiligen Lerners passen. Zum Beispiel bietet sich die Unterrichtsform der Gruppenarbeit bei Lernern mit einem stark ausgeprägten Anschlussmotiv an. Des Weiteren sind sie erfolgreicher, je eher sich diese Anreize als Folge oder im Vollzug der Lernaktivität erreichen lassen. Aus dem Grund der Individualität der Lerner (intraindividuell unterschiedliche Motive) lassen sich auch keine allgemeingültigen Empfehlungen zur motivierenden Gestaltung von (Lern-) Situationen geben. Daher sind Interventionsmaßnahmen entwickelt worden, welche nicht die Situation, sondern die Person (den Lerner) verändern wollen. Was kann man also tun, wenn man will, dass jemand in Lern- und Leistungssituationen erfolgszuversichtliche Strategien verwendet. Hierbei handelt es sich um Versuche, motivationale Personenmerkmale (in denen sich Menschen stark unterscheiden) zu beeinflussen. Diese Trainings zielten fast ausschließlich auf das Leistungsmotiv. Ziel der folgenden Seiten ist es, drei der Trainings vorzustellen: Ein Motivtraining auf der Basis des Selbstbewertungsmodells (Krug & Hanel, 1976) Das Origin-Training von DeCharms (1979) Das Münchner Reattributions-Training (1998) Dazu werden die Ziele, der Aufbau der Maßnahmen und Ergebnisse der Durchführung beschrieben. Prinzipien der direkten Förderung Förderansätze in direkter Form zeichnen sich durch die explizite Vermittlung von Prinzipien selbstgesteuerten Lernens aus, d.h. dem Individuum werden Strategien zum selbständigen Lernen vermittelt. Im Folgenden werden diese Prinzipien und die Effekte der Strategien näher erläutert. Die direkten Strategietrainings zeichnen sich durch explizite Zielstrategien aus. Da motivationale und kognitive Komponenten selbstgesteuerten Lernens meist nicht offen beobachtbar sind, müssen sie explizit gemacht werden. Dies hilft den

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Direkte Motivationsfördermaßnahmen

© Katja Fischer, Rita Borchert, Kathrin Rossmann

Da Bemühen und Anstrengung, Fähigkeit und Vorkenntnisse seitens der Lerner wichtige Einflussfaktoren des Lernerfolgs sind, beschäftigte sich die Pädagogische Psychologie schon frühzeitig mit Lernmotivation (extrinsischer und intrinsischer Motivation) und ihren Bedingungen und Beeinflussbarkeit. Versuche, um (Lern-) Motivation über eine besondere Gestaltung der (Lern-) Situation anzuregen, sind um so erfolgreicher, je besser die situativ gebotenen Anreize zur Motivationsstruktur des jeweiligen Lerners passen. Zum Beispiel bietet sich die Unterrichtsform der Gruppenarbeit bei Lernern mit einem stark ausgeprägten Anschlussmotiv an. Des Weiteren sind sie erfolgreicher, je eher sich diese Anreize als Folge oder im Vollzug der Lernaktivität erreichen lassen. Aus dem Grund der Individualität der Lerner (intraindividuell unterschiedliche Motive) lassen sich auch keine allgemeingültigen Empfehlungen zur motivierenden Gestaltung von (Lern-) Situationen geben. Daher sind Interventionsmaßnahmen entwickelt worden, welche nicht die Situation, sondern die Person (den Lerner) verändern wollen. Was kann man also tun, wenn man will, dass jemand in Lern- und Leistungssituationen erfolgszuversichtliche Strategien verwendet. Hierbei handelt es sich um Versuche, motivationale Personenmerkmale (in denen sich Menschen stark unterscheiden) zu beeinflussen. Diese Trainings zielten fast ausschließlich auf das Leistungsmotiv. Ziel der folgenden Seiten ist es, drei der Trainings vorzustellen: • Ein Motivtraining auf der Basis des Selbstbewertungsmodells

(Krug & Hanel, 1976) • Das Origin-Training von DeCharms (1979) • Das Münchner Reattributions-Training (1998) Dazu werden die Ziele, der Aufbau der Maßnahmen und Ergebnisse der Durchführung beschrieben.

Prinzipien der direkten Förderung

Förderansätze in direkter Form zeichnen sich durch die explizite Vermittlung von Prinzipien selbstgesteuerten Lernens aus, d.h. dem Individuum werden Strategien zum selbständigen Lernen vermittelt. Im Folgenden werden diese Prinzipien und die Effekte der Strategien näher erläutert. Die direkten Strategietrainings zeichnen sich durch explizite Zielstrategien aus. Da motivationale und kognitive Komponenten selbstgesteuerten Lernens meist nicht offen beobachtbar sind, müssen sie explizit gemacht werden. Dies hilft den

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Lernern, sich eine kognitive Repräsentation der jeweiligen Zielstrategie aufbauen zu können. Die folgenden Kernprinzipien tragen dazu bei:

Prinzipien Bedeutung

Kognitives Modellieren Das Explizitmachen geschieht meist durch ein Modell. Dieses verbalisiert handlungsbegleitend das Denken und Handeln des Lerners. Es ist eine Soll-Vorgabe für die Überwachung der Durchführung einer Handlung und soll das Verstehen von Feedback erleichtern.

Informiertes Training

Da es nicht sinnvoll ist die Strategien nur zu üben (blindes Training), müssen die Lernenden über Wirkungen, Vorteile, Nachteile, Anwendungsbedingungen etc. informiert werden. Es wird erforderliches Aufgaben- und Strategiewissen vermittelt.

Vermittlung von Kontroll- und Selbstreflexionsstrategien

Dem Lernenden werden Planungsstrategien, Strategien für die Planungsüberwachung oder Techniken für die prozessbegleitende Verbalisierung vermittelt. (Selbstkontrolltechniken)

Tab. 1: Kernprinzipien

Die nachfolgenden Trainingsprinzipien dienen zwar in erster Linie nicht dazu, die Zielstrategien explizit zu machen, aber sie erwiesen sich bei kognitiven Trainingsmaßnahmen als effektiv:

Prinzipien Bedeutung

Abstimmung der Strategien auf einen bestimmten Nutzungs- bzw. Anwendungskontext

Problemlösewerte erlernter Strategien werden dem Lerner deutlich gemacht und fördern den Transfer in reale Anwendungskontexte.

Üben unter variierten Aufgabenbedingungen

Das Modell soll in eine flexible Prozedur verwandelt werden, die auch unter veränderten Aufgabenbedingungen (erst einfache, später zunehmend schwierige Aufgaben) zum Erfolg führen und den Transfer unterstützen.

Anfängliche externe Unterstützung nach und nach abbauen

Externe Hilfen (Rückmeldung, Korrektur, etc.) sollen kognitive Belastungen anfangs mindern. Nach und nach sollen diese dann abgebaut und die Verantwortung für den Lernprozess in die Hand des Lernenden gegeben werden. Die Lerner sollen lernen, die jeweilige Strategie von sich aus anzuwenden.

Veränderung motivationaler Lernvoraussetzungen

Häufig muss zunächst eine geeignete motivationale Voraussetzung geschaffen werden, um den Lerner vom Nutzen der Strategie zu überzeugen. (veränderte Attribuierungsmuster, Selbstwirksamkeitsüberzeugungen etc.)

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Lernen im sozialen Kontext Gruppensituationen wirken sich positiv auf die Motivation und den Strategietransfer aus. Kleingruppentrainings erwiesen sich dabei als weniger effektiv.

Tab. 2: Trainingsprinzipien

Motivtraining von Krug und Hanel 1976

Eine sehr wichtige Aufgabe eines Lehrers ist es, seine Schüler zu Handlungen zu bewegen, die diese (vermutlich) tun könnten, aber (anscheinend) nicht tun wollen, oder die sie (angeblich) gern tun würden, jedoch (offensichtlich) nicht tun können. Für den Lehrer eine schwierige Aufgabe, die mit viel Mühe und Aufwand verbunden ist und letztendlich doch fehlschlagen kann. Weitaus günstiger wäre es also, wenn die Schüler nicht erst motiviert werden müssten, sondern von vornherein eine hohe „Eigenmotivation“ mitbrächten. Die Idee der Motivtrainingsprogramme war damit geboren. Seit Beginn der sechziger Jahre wird versucht, mit Hilfe von Motivänderungsprogrammen das Lern- und Leistungsverhalten verschiedener Personengruppen zu verbessern. Die ersten Motivtrainings im pädagogischen-psychologischen Bereich hatten sich eng an die Konzeption angelehnt, mit der McClelland (1965) das Leistungsmotiv von Managern erhöht hatte. Diese schulischen Umsetzungsversuche waren trotz hohen Aufwandes weit aus weniger erfolgreich, als die Trainingsprogramme für Geschäftsleute.

Theoretischer Ausgangspunkt: Das Selbstbewertungsmodell

Heckhausen stellte 1972 eine Theorie vor, in der das hypothetische Konstrukt Leistungsmotiv als Selbstbekräftigungssystem konzipiert wird, welches aus den Bestimmungsstücken Zielsetzung, Attributionsmuster und Selbstbewertung besteht. Nun gibt es zwei verschiedene Verhaltenstypen (Misserfolgs- und Erfolgsorientierte), die sich mit diesen Bestimmungsstücken erklären lassen: Misserfolgsmotivierte setzen sich im Vergleich zu Erfolgsorientierten entweder zu hohe oder zu niedrige Ziele. Die Handlungsergebnisse, die aus diesen unrealistischen Zielen resultieren, führen sie bei Erfolgen auf Glück und Aufgabenleichtigkeit und bei Misserfolge auf schlechte Fähigkeiten, Pech und zu große Aufgabenschwierigkeit zurück. Diese negative Selbstbewertung der eigenen Tüchtigkeit verursacht eine schlechte Selbstbewertung und sie versuchen diesen Situationen aus dem Weg zu gehen. Durch dieses Verhalten verhindern sie aber auch eine Revision der unangemessenen Erklärungsweisen für Erfolg und Misserfolg und ebenso das Erleben von Freude und Stolz über die eigene Tüchtigkeit. Auf diese Weise entsteht ein Teufelskreis. Um diesen aufzubrechen, bedarf es einer Motivänderung bedarf und der Korrektur der drei Bestimmungsstücke: (a) die unrealistische Zielsetzung wird im Anspruch an die eigene Leistung realistischer gemacht,

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(b) durch günstigere Ursachenzuschreibungen für Erfolg und Misserfolg wird das Begabungskonzept aufgehellt und (c) durch Erhöhung der positiven Selbstbekräftigung wird der Anreiz leistungsorientierten Verhaltens vergrößert. Sollte dies erreicht werden, so stellt sich ein autonomes realistisches Leistungsverhalten ein, das durch positive Erfolgserwartungen gesteuert wird.

Die Trainingsziele

Ziel des Programms war, solche, auch unter pädagogischer Perspektive, wenig wünschenswerten Erlebens- und Verhaltensweisen zu verändern. Hoch misserfolgsorientierte Schüler sollten lernen: • Sich realistische Ziele setzen, bei denen • der Zusammenhang zwischen eigener Anstrengung/Arbeitsweise und Resultat

leichter erkennbar wird, so dass • Freude und Stolz nach Erfolg größer sind als die negativen Affekte nach

Misserfolg

Die Teilnehmer

An dem Trainingsprogramm nahmen insgesamt 16 Mädchen und 14 Jungen aus der vierten Jahrgangsstufe teil, die die Kriterien von misserfolgsorientierten, leistungs- aber nicht intelligenzschwachen Schülern entsprachen. Sie wurden hinsichtlich ihrer Motivation, Intelligenz, Schulleistung, Geschlecht und Klassenzugehörigkeit in drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe durchlief das eigentliche Trainingsprogramm. Die zweite Gruppe wurde Eltern, Lehrern und Schülern als weitere Trainingsgruppe vorgestellt. Die Schüler dieser Gruppe bearbeiteten dieselben Aufgaben wie die Experimentalgruppe, erhielten im Gegensatz zu dieser aber kein motivspezifisches Training. Den Wünschen der Schüler entsprechend fanden die Aufgaben als Wettkampfspiele statt. Die Gruppe diente allein dem Zweck, die zu erwartenden Trainingseffekte abzusichern. Die Schüler der dritten Gruppe nahmen an keinem Training teil. Durch sie sollten die einfachen Retest- und Reifeeffekte getestet werden. Insgesamt wurden 16 Sitzungen abgehalten, von denen die ersten 11 eine und die letzten 5 zwei Unterrichtsstunden dauerten.

Das Trainingsprogramm

Am Anfang bearbeiteten die Schüler schulferne Aufgaben. Dies geschah, um das Interesse der Schüler am Programm zu wecken und die ersten Lernschritte an einem Material zu vollziehen, das nicht durch seinen schulischen Leistungscharakter vorbelastet war. Die zunehmend relevanten Tätigkeiten wurden schrittweise eingeführt, um eine Übertragung auf die Schulsituation gewährleisten zu können. Alle Aufgaben waren so gestaltet, dass Erfolg oder

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Misserfolg allein von der eigenen Tüchtigkeit abhing, dass sich die Schüler vor jedem Durchgang konkrete Ziele setzen konnten und dass sie sofortige Rückmeldung über ihre erzielten Handlungsresultate erhielten. Das Programm wurde außerhalb des regulären Unterrichts als Förderunterricht über mehrere Monate durchgeführt.

Die Sitzungsinhalte

1. Sitzung Kontaktaufnahme und Einführung 2.–4. Sitzung Wurfspiele

z.B. Pfeile auf eine Zielscheibe von frei gewählter Entfernung werfen, wobei vorweg die angestrebte Trefferzahl genannt wird

5.-6. Sitzung Labyrinthspiel

vorgedruckte Labyrinthe sind in fester Zeit mit dem Bleistift zu durchlaufen. Vorher wird markiert, wie weit man kommen will.

7. Sitzung Individuelle Beratung

Korrektur und Optimierung von Strategien in Anforderungssituationen

8.-11. Sitzung Rechen- und Satzspiel

Aus Serien anschaulich schwierigkeitsgestaffelter Aufgaben ist jeweils diejenige auszuwählen, die man in einer bestimmten Zeit schaffen will.

12.-16. Sitzung Unterrichtsbezogene Übungsarbeiten

Für die Fächer Rechtschreibung, Mathematik und Sachkunde werden zusammen mit dem Lehrer jeweils 12 Aufgaben aus dem laufenden Unterricht formuliert und als Übungsarbeit gegeben. Vor der Arbeit legte sich der Schüler fest, wie viele er richtig schaffen will.

Sitzungsabläufe/Methoden

Die einzelnen Sitzungen liefen wie folgt ab: (1) Der Trainingsleiter nimmt die Übung der vorangegangenen Sitzung auf

oder führt eine neue Aufgabe ein. (2) Die Teilnehmer diskutieren mit dem Leiter, worauf bei der Lösung dieser

Aufgabe zu achten ist, wovon eine gute Leistung abhängt, wie schwierig derartige Aufgaben sind etc.

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(3) Der Trainingsleiter führt die Aufgabe unter Betrachtung aller Diskussionsgesichtspunkte noch mal vor, wobei er vor, während und nach der Aufgabenbearbeitung alle motivrelevanten Kognitionen verbalisiert: was habe ich bisher erreicht – was will ich beim nächsten Mal erreichen – wie stark muss ich mich dafür anstrengen – woran lag mein Ergebnis – wie sehr freue ich mich über meine Leistung – wie sehr werde ich mich über meinen Erfolg freuen Der Trainingsleiter stellt sich dabei nicht als unfehlbar dar, sondern plant bewusst Misserfolge ein. Auf diese Weise sollen sowohl bei Erfolg als auch bei Misserfolg günstige Zielsetzungs-, Attribuierungs- und Selbstbekräftigungsstrategien aufgezeigt werden.

(4) Jeder Teilnehmer versucht anschließend, die Aufgaben selbständig zu lösen. Die anderen Kinder sehen dabei zu. Der Leiter achtet darauf, dass bei der Ausführung keine Fehler unterlaufen und dass jedes Kind angemessen verbalisiert. Neben dem Trainingsleiter wird dadurch das Kind für die anderen zum Vorbild, an dem sie ihr Verhalten ausrichten können.

(5) Kurze Diskussion über die vor allen gezeigten Verhaltensweisen. Der Trainingsleiter weist noch einmal darauf hin, worauf es bei dieser Aufgabe ankommt und führt eventuell die Übung ein letztes Mal vor.

(6) Die Teilnehmer arbeiten jeder für sich die Aufgaben mehrmals durch. Entsprechend der Aufgabenstellung verbalisieren sie leise oder „stumm“ relevante Kognitionen. Vor und nach der Aufgabenbearbeitung werden Zielsetzung, erwarteter Affekt, wahrgenommene Ursachenzuschreibung und die tatsächliche Leistung protokolliert.

Verbalisierung und Protokollierung sollen dem Trainingsleiter den individuellen Leistungsstand der Schüler aufzeigen und die Selbstkontrolle und Selbstbeobachtung des Schülers verbessern. Für angemessenes Verhalten werden die Schüler gelobt, Korrekturen werden durch individuelle Beratung vorbenommen (am Ende jeder Sitzung, sowie während der gesamten 7. Sitzung). In diesen Beratungen werden detailliert die Zusammenhänge zwischen Anspruchsniveau-Setzung, Ursachenzuschreibung und Selbstbekräftigung erklärt.

Effektivitätskontrolle

Bevor das Training begann, wurden bei den Schülern der drei Versuchsgruppen das Zielsetzungsverhalten (anhand eines Additionstests von Heckhausen, 1963), die Attribuierungsvoreingenommenheiten (anhand eines Fragebogens von Meyer, 1972) und die Ausprägung der Selbstbekräftigung (anhand einer Fünf-Punkte-Skala) erhoben. Nach Ende des Trainings wiederholten alle die Tests. Ebenso wiederholten sie die schon vor Trainingsbeginn ausgeführten Intelligenz-, Leistungsmotiv- und Schulleistungstests. Da zwischen den zwei Kontrollgruppen keine Unterschiede zu erkennen waren, wurden sie zu einer Kontrollgruppe zusammengefasst und gegen die Experimentalgruppe gestellt. Im nächsten Schritt wurde analysiert, inwiefern die

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angestrebten Änderungen im Zielsetzungsverhalten, der Kausalattribution und der Selbstbekräftigung erreicht wurden.

Zielsetzungsverhalten

Das Zielsetzungsverhalten änderte sich deutlich in der gewünschten Richtung. Im Nachtest sind Zieldifferenzierung und Zieldiskrepanzen kleiner und leicht positiv geworden. Da in den Kontrollgruppen das Zielsetzungsverhalten wesentlich unrealistischer wurde, lassen sich die Veränderungen signifikant absichern.

Selbstbekräftigung

Auch die Befunde zur Selbstbekräftigung entsprechen den Erwartungen. Der Zuwachs an Freude über Erfolg ist zwar innerhalb der Experimentalgruppe statistisch nicht so bedeutsam, liegt aber deutlich über den Veränderungen in den Kontrollgruppen. Keine Veränderungen gibt es allerdings in Bezug auf Ärger bei Misserfolg, aber es gab im Training auch keine Hinweise auf angemessene Reaktionen auf Misserfolg.

Kausalattribution

Hier ergeben sich ebenfalls hypothesenkonforme Zusammenhänge. Die Trainingsteilnehmer führen ihre Erfolge stärker auf ihre gute Begabung und Anstrengung zurück und erklären Misserfolge weniger mit mangelnder Begabung, sondern mehr mit mangelnder Anstrengung. Die Veränderungen lassen sich aber nicht eindeutig als Trainingseffekte interpretieren, denn in den Kontrollgruppen treten ähnliche, wenn auch geringere Veränderungen auf, so dass sie nicht statistisch abgesichert werden können.

Tab. 3: Übersicht über die Änderungen in den 3 Bereichen Zielsetzungsverhalten, Selbstbekräftigung und Kausalattribution

Weiterführende Veränderungen

Als Folge des Trainings konnten zwar Auswirkungen im motivationalen und intellektuellen, nicht aber im schulischen Leistungsbereich festgestellt werden. Beim Hauptpunkt, dem Leistungsmotiv ergeben sich aber eindeutige Veränderungen im Sinne der Erwartungen. Im Intelligenz- und Schulleistungstest machen die Schüler aller Gruppen erwartungsgemäß große Fortschritte. Die Veränderungen sind jedoch nicht in allen Gruppen gleich. Während im Intelligenztest der Zuwachs bei den Kontrollschülern unter dem Klassendurchschnitt liegt, geht der Zuwachs in der Experimentalgruppe weit darüber hinaus. Die Abweichungen zwischen den Gruppen sind bedeutsam. Im Schulleistungstest sind die Zusammenhänge zwischen Gruppenzugehörigkeit und Leistungsveränderung ähnlich, aber schwächer ausgeprägt. Die Unterschiede hier lassen sich nicht statistisch absichern. Gemessen an dem Notendurchschnitt treten im Schulhalbjahr in keiner Gruppe Veränderungen auf.

Zusammenfassung und Diskussion

Das Motivtrainings-Programm erbrachte im Grund- und Sonderschulbereich nur zum Teil die angestrebten Veränderungen, machten dafür aber unmittelbar auf

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die Grenzen derartiger motivfördernder Maßnahmen aufmerksam. In der Sonderschule stellten sich die gewünschten Ergebnisse der besseren Motivausprägung, des Selbstkonzeptes der Begabung, der Prüfungsangst, der manifesten Angst und der Schulunlust ein. Diese Effekte waren noch fünf Monate nach dem Trainingsprogramm nachweisbar. In der Untersuchung in der 4.Grundschulklasse stellten sich zwar auch die entsprechenden Persönlichkeitsveränderungen ein, die erhofften Leistungssteigerungen im schulischen Bereich blieben jedoch aus. Derartige Misserfolge sind im Nachhinein betrachtet nicht sehr überraschend. Für sie dürften alle Kurse anfällig sein, die außerhalb kritischer Lebensbereich (Schule und Beruf) in einer abgeschlossenen, behüteten Atmosphäre durchgeführt werden. Sämtliche Programme verzeichneten auf diese Weise unmittelbar sehr positive Trainingserfolge. Die Teilnehmer fühlten sich tüchtiger, erfolgszuversichtlicher etc. Langfristige positive Effekte als Folge dieser neuen motivspezifischen Einstellungen und Sichtweisen ergaben sich aber nur, wenn die schulische Lebenssituation ähnliche motivanregende Bedingungen wie die Kurssituation bot. Bei den Grundschülern waren diese Voraussetzungen dagegen nicht gegeben. Für die konkrete Schulsituation hatte das Wissen, was sie in den Motivförderprogramm erlernt hatten, bestenfalls keine jedoch eher negative Auswirkungen. Durch das Training wurde den inzwischen weniger misserfolgsängstlichen aber immer noch leistungsschwachen Schülern deutlicher als bisher, wie niedrig ihre schulischen Fertigkeiten und wie gering ihre Handlungs-Ergebnis-Erwartungen in der konkreten Lernsituation eigentlich sind. Da Zielsetzungen unter dem Aspekt der Affektmaximierung im Unterricht nicht möglich waren, konnten keine positiven Selbstbewertungsfolgen antizipiert werden und damit kein leistungsmotiviertes Verhalten in Gang kommen. Ob auf Grund von Motivförderprogrammen überhaupt Motivänderungen zu Stande kommen bleibt ebenso offen. Die Befunde aus den Förderprogrammen bieten dazu ebenfalls keinerlei Hinweise. Aufschlussreicher sind aber die Re-Analysen von Heckhausen. Seine Ergebnisse deckten sich weitgehend mit den Befunden der Förderprogramme. Deutlich wird anhand dieser Studien, dass es aufgrund von Motivförderprogrammen nicht zu einer allgemeinen Erhöhung der Motivstärke kommt, sondern vielmehr zu einem deutlichen Abbau der Meiden-Komponente im Leistungsmotiv. Origin-Training

Das Origin-Training ist ein Interventionsprojekt von Richard DeCharms (1979). Er greift dabei auf das Motivtrainingsprogramm von McClelland zurück und benutzt sogar Teile des Trainingsmaterials von McClelland. Allerdings setzt DeCharms einen anderen Schwerpunkt. Sein Training basiert auf dem Origin-Pawn-Konzept, dass er selbst entwickelt hat. Dabei sollen Lehrer und Schüler dazu gebracht werden, dass sie kausale Autonomie im Sinne des „Origins“ (Meister) erlangen.

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Die Teilnehmer eines Origin-Trainings lernen Handlungsstrategien, die es ihnen bei gegebener Situation ermöglichen, den Grad an Autonomie zu erhöhen. Im Folgenden soll beschrieben werden, welche Ziele das Origin-Training hat, wie ein Motivationstraining für Lehrer und für Schüler aussehen kann und welche Auswirkungen das Origin-Training auf die Lehrer und Schüler hat. Dies wird anhand eines Feldexperiments gezeigt, dass DeCharms in seinem Buch „Motivation in der Klasse“ beschrieben und ausgewertet hat.

Ziele des Origin-Trainings

Annahme des Feldexperiments: Wenn man einer Person dazu verhelfen will, Origin zu sein, dann muss man ihr bei folgendem helfen: • sich selbst realistische, aber anspruchsvolle Ziele zu setzen • die eigenen Stärken und Schwächen zu kennen • Vertrauen in die Wirksamkeit des eigenen Handelns zu gewinnen • konkrete Verhaltensweisen, mit denen sie ihre Ziele erreichen will, im

Vornherein zu bestimmen • sich präzise Rückmeldungen einzuholen, ob sie ihr Ziel erreicht hat • Verantwortung für die eigenen Handlungen und deren Folgen zu übernehmen Ziel ist, dass die Schüler nicht mehr wie Marionetten behandelt werden. Typische Reaktionen der Schüler auf eine Behandlung durch die Lehrer als Marionette können sein: • passives Sich-Fügen • konformistisches Anpassungsverhalten • Auflehnung. Franziska Plimpton arbeitete auf Grundlage von Beobachtungen in der 6. Klasse 6 Hauptfaktoren heraus, die einen Meister charakterisieren: • Selbststeuerung • Internale Zielsetzung • Internale Bestimmung der instrumentellen Aktivität • Realitätseinschätzung • Selbstverantwortung • Selbstbewusstsein.

Motivationstraining für Lehrer

Das Origin-Training der Lehrer fand in Form eines einwöchigen Motivations-Seminars statt. Dabei wurden die Seminarteilnehmer als „Origins“ im Sinne von DeCharms behandelt. Die Lehrziele des Seminars waren:

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• durch Selbsterfahrung zu einem besseren Verständnis der eigenen und damit auch der Motive anderer zu gelangen

• sich für den Umgang mit Schülern realistische Ziele zu setzten • konkrete Pläne für die Umsetzung dieser Ziele in die Unterrichtspraxis zu

entwickeln • sich Gedanken darüber machen, welche Kriterien ihnen eine diesbezügliche

Erfolgskontrolle ermöglichten Dabei lagen die Schwerpunkte des Seminars auf der Entwicklung von Selbstverantwortung und auf der Planung konkreter Unterrichtsmethoden. Das primäre Ziel des Seminars bestand darin, das Meister-Modell für die praktischen Belange des Schulunterrichts nutzbar zu machen. Dafür wurden im Laufe der Seminarwoche unter folgenden Grundkategorien Seminarübungen abgehalten: • Selbstwahrnehmung • Einschätzung der eigenen Grundmotive • Einführung in das Meister-Marionetten-Modell • Entwicklung von Gruppensolidarität bei der Diskussion von: • schulischen Problemen und • Zielsetzungsverhalten für die Lösung dieser Probleme Einige der durchgeführten Übungen können unter „Experimente“ nachvollzogen werden: • das Bauklötzchen-Spiel • das Blindenführer-Spiel • das Meister-und-Marionetten-Spiel • das Führungs-Spiel Diese Übungen verfolgten u.a. den Zweck, den Lehrern das Erlebnis der mit Freiheit bzw. Zwang verbundenen positiven bzw. negativen Affekte zu vermitteln. Die Lehrer empfanden Unbehagen, wenn man sie als Marionetten behandelte. Gleichzeitig begriffen sie, dass sie selbst im Unterricht oft Schüler so behandelten. Die Lehrer erkannten, dass die Frage, wie man Schülern dabei helfen kann, Selbstverantwortung zu entwickeln, für den Lehrer von großer Bedeutung ist. Denn der Lehrer kann das Kind dazu bringen, selbstverantwortlich, d.h. als Meister zu handeln, wenn er es nicht zur Marionette macht. Die Lehrer mussten sich im Verlauf des Trainings des Weiteren mit ihrer Rolle als motivationsfördernder oder motivationshemmender Helfer und mit ihrem eigenen Zielsetzungsverhalten auseinandersetzen und lernten dabei Unterrichtsprobleme und Handlungsmöglichkeiten kennen. Die Lehrer versuchten ihre gewonnenen Erkenntnisse auf den Unterricht mit den Schülern zu übertragen.

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Am Ende der Schulungswoche waren die Lehrer in der Lage, selbständig Unterrichtseinheiten zu erarbeiten, die zum Motivationstraining der Schüler geeignet waren.

Motivationstraining für Schüler

Das Training für die Schüler wurde von projektgeschulten Lehrern durchgeführt. Die Lehrer hatten auf der Grundlage des Schulungsseminars und mit Hilfe von Forschungsteams entsprechende Unterrichtskomplexe entwickelt, die der Förderung der nachfolgenden Grundbereiche dienten: • Selbsterfahrung • Leistungsmotivation • realistisches Zielsetzungsverhalten • das Meister-Modell Um die eben genannten Bereiche zu fördern, wurden während des Feldexperiments die eigens erarbeiteten Komplexe im Unterricht durchgeführt:

Unterrichts-einheit im

Selbsterfahrung Leistungs-motivation

realistischer Zielsetzung

Meister-Modell

6. Schuljahr

I „Wie ich wirklich

bin“

II „Geschichten zum Thema Leistung“

III „Rechtschreibe-

Spiel“

IV „Meister-Manual“

7. Schuljahr

V „Selbster-

fahrungs-Übung“

VI „Meister-Manual“

8. Schuljahr VII Persönlichkeits-

entwicklung

Tab. 4: Ablauf des Motivationstrainings

Für das Experiment wurde eine Versuchsgruppe ausgewählt und eine Kontrollgruppe, um die Ergebnisse des Origin-Trainings empirisch erfassen zu können. Die Schüler der Kontrollgruppe erhielten kein Training und wurden von untrainierten Lehrern unterrichtet. Das Feldexperiment begann in Klasse 6 und endete in Klasse 8. Allerdings diente das letzte Projektjahr (Klasse 8) nur der Nachbehandlung. Die für das Origin-Training wichtigen Unterrichtseinheiten wurden im 6. und 7. Schuljahr durchgeführt. Die Unterrichtseinheit „Wie ich wirklich bin“ diente der intensiven Selbsterfahrung der Schüler. Über einen Zeitraum von 10 Wochen mussten die Kinder wöchentlich zu einem bestimmten Thema ihre Gedanken in einem Extraheft aufschreiben. Diese Themen waren unter anderem: • Wovon ich am liebsten träume • Wenn ich 3 Wünsche frei hätte

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• Worüber ich mich ärgere In der zweiten Unterrichtseinheit „Geschichten zum Thema Erfolg“ mussten die Schüler wiederum 10 Wochen lang einmal wöchentlich einen Aufsatz über eine fiktive und nicht unmittelbar auf die Kinder bezogene Geschichte schreiben. Dazu wurde für jedes Thema ein Handlungsgerüst entworfen, das die Schüler als Vorlage verwenden konnten. Eine Besonderheit bei den Unterrichtseinheiten bildete das Meister-Manual. Dabei handelte es sich um eine 40-seitige Broschüre mit 25 Übungen, die an alle Kinder verteilt wurde. Für die Übungen war ein Zeitraum von 5 Wochen vorgesehen, so dass die Schüler an jedem Schultag eine Übung erledigen konnten. Die Kinder mussten sich unter anderem über folgende Themen Gedanken machen und diese in ihren Manuals verschriftlichen: • Lebensziele • Ziele für den heutigen Tag • Wie man Meister werden kann • Ist es gut, ein Meister zu sein? • Das Beispiel eines Meisters • Wie man sich als Meister fühlt • Was ich alles kann/ Was ich alles nicht kann • Wie man ein Ziel erreicht Diese Übungen machten den Schülern viel Spaß und sie arbeiteten mit großer Begeisterung an den Manuals und vervollständigten diese. Diese Übung wirkte sich auf das Verhalten der Kinder aus. Die Kinder der Versuchsgruppe zeigten realistischeres Zielsetzungsverhalten als die Kinder der Kontrollgruppe. • In der 7. Klasse wurde wieder eine Unterrichtseinheit zum Meister-Manual

durchgeführt, die ebenfalls der Förderung des Zielsetzungsverhaltens der Schüler dienen sollte. Dieses Mal erstreckte sich die Einheit jedoch über 7 Wochen.

Auswirkungen des Origin-Trainings

Die Auswirkungen des Motivationstrainings auf das schulische Verhalten der Schüler wurden untersucht hinsichtlich der Schulleistung, des Schulbesuchs und der Schulnoten der Kinder. Zur Überprüfung der Schulleistung wurde jedes Jahr ein Test durchgeführt, an dem der schulische Erfolg bzw. Misserfolg der Schüler und somit der Lehrer beurteilt werden konnte. Dabei mussten sich die Schüler ihr Wissen und Können auf den Gebieten Wortschatz, Textverständnis beim Lesen, Spracherziehung, Arbeitslehre und Mathematik unter Beweis stellen. Anhand des Tests konnten folgende Feststellungen getroffen werden:

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• Im 6. Schuljahr war der Trainingseffekt ausgeprägter als im 7. • Das Training wirkte sich auf die sprachlichen Leistungen sehr stark, auf die

Leseleistungen überhaupt nicht aus. • Bei den Jungen stiegen die Schulleistungs-Werte aufgrund des Trainings in

mehr Bereichen als bei den Mädchen. Hinsichtlich des Schulbesuchs der Schüler kann gesagt werden, dass die Schüler der Versuchsgruppe seltener im Unterricht fehlten als die der Kontrollgruppe. Die Schüler der Versuchsgruppe kamen auch nur sehr selten zu spät zum Unterricht im Gegensatz zu den Kindern der Kontrollgruppe. Dies lässt die Vermutung zu, dass die Versuchsgruppe stärker motiviert war, regelmäßig und pünktlich am Unterricht teilzunehmen. Es gab auch bei den Zensuren Unterschiede. So hatten die Schüler der Versuchsgruppe in Klasse 6 bessere Noten in Spracherziehung und Mathematik. In den naturwissenschaftlichen Fächern gab es keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Allerdings wirft DeCharms auf, dass die Versuchsgruppe von projektgeschulten Lehrern unterrichtet wurde und es deshalb nicht ganz auszuschließen ist, dass diese Lehrer einfach bessere Noten verteilten. Die erheblich besseren Leistungen im Bereich der Spracherziehung kann auf die ersten 3 Unterrichtseinheiten in Klasse 6 zurück geführt werden („Wie ich wirklich bin“, „Geschichten zum Thema Leistung“, „Rechtschreibe-Spiel“), in denen die Schüler unter anderem wöchentlich Aufsätze bzw. bestimmte Sprachübungen zu absolvieren hatten. Positiv ist aber, dass es in Klasse 7 diese Unterrichtseinheiten nicht gab, es aber dennoch zu einer Verbesserung der sprachlichen Leistungen kam. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Origin-Trainings sehr erfolgreich verliefen. Die Schüler waren sehr motiviert und es gab auch kaum Prüfungsangst oder Schulunlust. Die Schüler der Versuchsgruppe empfanden den Unterricht bei den projektgeschulten Lehrern auch als autonomiefördernd.

Reattributionstraining

Selbstregulatorische Prozesse der Lernenden sind Voraussetzung für erfolgreiches Lernen. Diese Prozesse wiederum setzen Kenntnisse von Handlungs-Ergebnis-Erwartungen voraus. Zum Beispiel wird der Lernaufwand den ein Schüler für eine Klassenarbeit betreibt, von seiner Einschätzung abhängen, ob sein Wissen für die Erreichung des selbst gesteckten Ziels ausreicht. Eine unrealistische Einschätzung von Handlungs-Ergebnis-Erwartungen kann also Lernprozesse ernsthaft beeinträchtigen, ja sogar völlig unterbinden, wenn ein Schüler den Grund für seinen Misserfolg in stabilen, unkontrollierbaren Merkmalen seiner Person (internal) oder der Lernumgebung (external) sieht. So könnte er dies z.B. mit mangelnder Begabung oder zu hoher Anforderung attribuieren.

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In der psychologischen Forschung fand man heraus, dass sich viele Schüler systematisch unterschätzen. Zum Beispiel attribuieren Mädchen ihre Erfolge in mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereichen auf große Anstrengung oder auf externe Faktoren wie Glück. Misserfolge erklären sie internal-stabil durch mangelnde Begabung. Jungen hingegen attribuieren Erfolge auf eigene Fähigkeit und Misserfolge entweder external oder auf ungenügende Anstrengung (internal-variabel). Für Mädchen, die sich unterbewerten und folglich Handlungs-Ergebnis-Erwartungen falsch einschätzen, gilt es Interventionsmöglichkeiten zu bieten, um solche unrealistischen Einschätzungen zu korrigieren. Hier setzen die Reattributionstrainings an. Unter Reattributionstraining versteht man Interventionsmaßnahmen, mit denen die Attributionsprozesse von Personen (positiv) verändert werden sollen. Ihr wichtigstes Anliegen ist dabei die Vermittlung handlungsfunktionaler Attributionsstile.

Welche Attributionsstile sollten angestrebt werden?

Attributionsrückmeldungen sollten den Schülern den Aufbau eines der in ihrer Handlungswelt wirkenden Kausalmechanismen erlauben. Hier bietet sich das Kovarianzmodell (Kelly, 1971) an. Danach gibt es 3 verschiedene Kovariationsinformationen, die in der folgenden Tabelle gegenübergestellt werden:

Konsens- information

Konsistenz- information

Distinktheits-information

Generalisierung über Personen

Generalisierung über Zeit / Modalitäten /

Umstände

Generalisierung über Stimulus

Tab. 5: Kovariationsinformationen

Zum Beispiel kann ein Lehrer einem Schüler, welcher einen Misserfolg als konsistent und selbstverursacht empfindet, durch Darbietung geeigneter Kovariationsinformationen (datengeleitete Attributionen) zu einer besseren Kausalanalyse verhelfen Der Schüler könnte darauf hingewiesen werden, dass seine Mitschüler ebenfalls Schwierigkeiten bei dieser Aufgabe hatten (hoher Konsensus), dass er immerhin einige Aufgaben richtig gelöst hat (niedrige Konsistenz) und bei anderen Aufgabentypen erfolgreicher war (hohe Distinktheit).

Reattributionstechniken

Im Folgenden sollen die gebräuchlichsten Reattributionstechniken vorgestellt werden. Sie werden grob den beiden Kategorien Modellierungs- und

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Kommentierungstechniken zugeordnet. Diese beiden Kategorien können wiederum in einzelne Subkategorien unterteilt werden. Modellierungstechniken Stellvertretend für den Schüler, dessen Attributionsstil verändert werden soll, verbalisiert ein Modell erwünschte Attributionen oder klärt über erwünschte Attributionen auf. Vorteilhaft ist der Einsatz besonders auch für größere Gruppen. Kommentierungstechniken Handlungsergebnisse von Schülern werden im Sinne von erwünschten Attributionen kommentiert.

Operante Methode Schüler werden selektiv (individuell) für erwünschte Attributionen verstärkt.

Verbale Attributions-

rückmeldungen

Leistungshandlungen (z.B. erfolgreich gelöste Aufgaben, unzureichende Unterrichtsbeiträge, etc.) werden durch einen mündlichen Kommentar durch den Trainer versehen (soll motivationsfördernde Attributionen nahe legen).

Schriftliche Attributions-

rückmeldungen

Diese erfolgen in Verbindung mit der Rückgabe schriftlicher Leistungsfragen.

Tab. 6: Arten von Kommentierungstechniken

Trainingsaufbau

Die Untersuchung zum Münchner Reattributionstraining (Ziegler & Heller, 1998) soll in den folgenden Abschnitten vorgestellt werden. Als Untersuchungsdomäne wurde der Physikanfangsunterricht in der 8. Jahrgangsstufe in Gymnasien (Bayern) gewählt. Im Training wurden verbale und schriftliche Kommentierungstechniken kombiniert eingesetzt. Am Ende der 7. Jahrgangsstufe wurde ein Prätest durchgeführt. Das Lehrertraining wurde direkt nach den Sommerferien durchgeführt, nachdem die Klassenzuteilungen der Lehrkräfte feststanden. Der Beginn des Trainings fand zur 3. Unterrichtswoche statt und endete etwa nach 12 Wochen. Danach wurde ein erster Posttest, am Schuljahresende ein zweiter Posttest durchgeführt. Teilnehmer waren SchülerInnen aus 45 Gymnasien mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt. Es wurde eine klassenweise Aufteilung der 231 Schüler in 12 Treatmentklassen (110 Schüler) und 14 Kontrollklassen (121 Schüler) vorgenommen. Die Messinstrumente sind speziell auf die Physik zugeschnitten.

Messinstrument zur Erfassung

Multidimensionaler Bereichsspezifischer Attributionsfragebogen für

der Attributionsstile und der Kontrollerwartungen

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Kinder und Jugendliche (MBAF-K, 1990)

Motivation Orientation Scales (MOS, 1995) (Motivationale Orientierung)

der Lern- und Leistungsmotivation (verschiedene Formen der Aufgaben- und ICH-Orientierung sowie Anstrengungsvermeidung und Distanzierung vom Fach Physik)

Items (Einzelitems) von Physikinteressen „Physik ist sehr interessant.“ „Normalerweise mag ich Physik sehr gern.“ „Wie gerne hast du den Physikunterricht bisher besucht?“ „Kannst du dir vorstellen den Physikunterricht weiter zu belegen?“

Wissenstests von Vorerfahrungen (am Ende des Schuljahres zwei Wissenstests mit jeweils 12 Fragen im Multiple–Choice Format, die sich auf den im Unterricht behandelten Stoff bezogen)

Zensuren (Zur Teilstichprobe stellten Lehrkräfte die Physiknoten des Halbjahres- und des Endjahreszeugnisses zur Verfügung.)

Tab. 7: Messinstrumente in der Untersuchung von Ziegler & Heller (1998)

Schülertraining – Treatment

Ziel: Verbesserung des Attributionsstils In der Trainingsphase kommentierten die Lehrkräfte die Leistungshandlungen der Schüler (Fragen des Lehrers beantworten, spontane Unterrichtsbeiträge, etc.) verbal und schriftlich. Verbales Reattributionstraining:

Attributionsrückmeldungen Beispiel

Fähigkeitszuschreibung „Das liegt dir.“

Anstrengung „Du hast gut aufgepasst.“ „Wenn du dich anstrengst, wirst du das verstehen.“

Zufall „Du hast Pech / Glück gehabt.“

Konsistenzinformation „Das hast du wieder gut gemacht.“

Konsensusinformation

„Diese Aufgaben hat für die meisten Schüler ihre Tücken.“ „Du hast eine der schwersten Aufgabe gelöst.“

Distinktheitsinformation „Mit dieser Aufgabe kommst du nicht so gut zurecht wie mit den anderen Aufgaben.“

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Tab. 8: Kategorien von Attributionsrückmeldungen (Ziegler & Heller, 1998) Lehrer sollte spontan entscheiden, welche Kategorie er benutzt. Bei Anstrengungsrückmeldung sollten Lehrer genaue Handlungsanweisungen geben, damit die Schüler genau wussten, was zu ändern bzw. was beizubehalten war. Schriftliches Reattributionstraining: Kombination mit kurzen (etwa fünfminütigen) Tests am Ende der Schulstunde (etwa alle zwei Wochen). Inhaltlich bezog sich der Test auf den gerade behandelten Unterrichtsstoff und sollte dem Schüler als Feedback zu seinem Leistungsstand dienen. Die korrigierten Tests wurden in der nächsten Physikstunde zurückgegeben und enthielten Leistungs- sowie Attributionsrückmeldungen. (Rückmeldungskategorien wie verbales Reattributionstraining)

Beispiel: „Du hast wie einige andere nicht die richtige Formel gewählt (Konsensusinformation). Schaue Dir das Übungsbeispiel und die Beispiele im Buch nochmals an! Rechne die Beispielaufgabe durch, dann wird Dir die Berechnung der Bildgröße schnell klar werden (Aufforderung zur Anstrengung, wodurch Kompetenz erreichbar ist).“ (Ziegler & Heller, 1998)

Lehrertraining

Das Training begann sofort mit dem einsetzenden Physikunterricht, beschränkte sich auf zwei (ca. zweistündige) Sitzungen und bestand inhaltlich aus 3 Teilen: 1. Attributionstheorien und paradoxe Effekte von Lob + Tadel 2. Reattributionstraining 3. praktische Übungen praktische Übungen: • Verfassen schriftlicher Rückmeldungen • üben des verbalen Reattributionstraining in Einzelsitzungen mit

wissenschaftlichen Hilfskräften (stellten Wissensfragen aus „Trivial Pursiut“ und kommentierten die Antworten im Sinne des Reattributionstrainings)

Materialvergabe: • Broschüre über die wichtigsten Prinzipien des Reattributionstrainings • Katalog einschließlich einer Sammlung geeigneter Kommentare für jede der

Rückmeldungskategorien

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Etwa fünf Wochen nach Trainingsbeginn wurden die Lehrer befragt, um eventuelle Durchführungsfehler zu erkennen und zu korrigieren und mögliche Fehlerquellen aufzudecken, um diese in künftigen Trainings zu vermeiden.

Ergebnisse

Lehrer: 14 von 15 Lehrern hatten keinerlei Schwierigkeiten mit der inhaltlichen Gestaltung der verbalen und schriftlichen Kommentierungen jedoch wurden mögliche paradoxe Effekte von Schwierigkeitsallokationen übersehen, d.h. es wurde zum Beispiel eine erfolgreich gelöste Aufgabe als leicht bezeichnet und gleichzeitig eine hohe Anstrengung unterstellt. Beim verbalen Reattributionstraining hatten die Lehrer das Problem eine hohe Rückmeldungsdichte durchzuhalten. Hier sind vermutlich auch häufiger Fehler aufgetreten, was aber nicht überprüft werden konnte. Schüler:

Treatmentgruppe Kontrollgruppe

Attribution

internal-variabel - Bedeutung der Anstrengung höher - weniger relevant

external-stabil - spielte eher geringere Rolle

extern-variabel - Zufall wird zum Schuljahresende im Vgl. zur Schuljahresmitte weniger als Ursache von Erfolgen betrachtet

- Zufall wird eher stärker als Ursache von Erfolg betrachtet

internal-variabel - Bedeutung nahm zum Schuljahresende zu

Messinstrumente

Attributions- unsicherheit

- nimmt während des Trainings deutlich ab

- steigt leicht

Kontrollerwartungen - nahmen nach Trainingsende zu - nahmen ab

Motivationale Orientierung

- verfolgten seltener ICH- Orientierungen und bekundeten geringere Arbeitsvermeidungshaltung

Interesse - Rückgang am Interesse wird leicht abgebremst

- besuchten lieber den Unterricht

Noten - waren im Durchschnitt 0.3 Notenstufen (Halbjahr) und 0.2 Notenstufen (Endjahr) besser

Tab. 9: Ergebnisse des Reattributionstrainings der Schüler

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Kriterien für Trainingsmaterial und Trainingsbedingungen

Um ein erfolgreiches Motivationstraining durchführen zu können, müssen die Anforderungen an die Schüler klar definiert werden. Die Zusammenhänge zwischen Zielsetzung, Ursachenerklärung und Selbstbewertung müssen für den Schüler klar nachvollziehbar und erlebbar sein. Die Kriterien die für die Übungen im Motivtraining gelten, werden in zwei Bereiche unterteilt, die aufgabenspezifischen Kriterien sowie die situations- und personseitigen Kriterien.

Aufgabenspezifische Kriterien

Die aufgabenspezifischen Kriterien sind die Bedingungen, denen eine Aufgabe bei Motivtrainingsprogrammen genügen muss. Sie werden in drei Bereiche untergliedert.

a) die Aufgabe muss ein eindeutig feststellbares Ergebnis bieten können. Sie muss entweder richtig oder falsch gelöst worden sein. Die Aufgabe muss außerdem eine für den Schüler klar erkennbare Schwierigkeitsstaffelung oder Ausführungsgüte bieten können.

b) das Abschneiden bei der Erfüllung der Aufgabe soll von der Anstrengung/Konzentration des Schülers abhängen. Der Schüler soll einen direkten Zusammenhang zwischen seiner Arbeitsweise und dem Erfolg im Training herstellen können.

c) die Beziehung zwischen Zielsetzung, Arbeitseinsatz und Ergebnis müssen, besonders zu Beginn des Trainings zeitlich überschaubar sein. Das heißt, dass das Bearbeiten und Auswerten der Aufgaben für den Schüler zeitlich in direktem Zusammenhang steht. Kurze Aufgaben lassen darüber hinaus häufigeres Wiederholen zu, was dem Schüler eine Variation seiner Zielsetzung ermöglicht.

Situations- und Personseitige Kriterien

Zu den bereits erwähnten aufgabenspezifischen Kriterien treten nun noch die situations- und personseitigen Kriterien hinzu. Die Situation muss Maßnahmen zur individuellen Zielsetzung zulassen sowie anregend auf die Selbstbewertung der Schüler wirken. Ebenfalls muss eine für den Schüler hilfreiche Ursachenerklärung möglich sein. Die Person muss bereits in der Lage sein, die Aufgaben lösen zu können. Das bedeutet dass sie bereits die nötigen theoretischen Grundlagen hat, um für sich Schwierigkeitsgrade festzulegen.

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Trainingsbeispiel

Bevor die Schüler im Unterricht mit Motivtrainings beginnen können, müssen die Prozesse der realistischen Zielsetzung und kritischen Selbstbewertung in Unterrichtsfernen Übungen erlernt werden. Dazu eignen sich eine Reihe von Spielen (Zielwurfübungen) in denen das Setzen von eigenen Zielen, die Ursachenerklärung für Erfolg und Misserfolg und die Selbstbewertung dem Schüler vertraut gemacht wird, ohne dass der übliche schulische Leistungsdruck besteht. Nachdem die Schüler die grundlegenden Fertigkeiten erlernt haben und die Ziele zunehmend realistisch gesetzt worden sind, kann dazu übergegangen werden, das Motivtraining in Unterrichtssituationen zu verwenden.

Durchführung einer Motivtrainingsübung

Als unterrichtsnahes Beispiel soll hier das „Multi-Divi-Spiel“ (Günther, 1985) erklärt werden. Die Schüler, die dieses Spiel spielen, sind mit den theoretischen, mathematischen Grundlagen sowie den erwähnten Fertigkeiten der Zielsetzung, Ursachenerklärung und Selbstbewertung bereits vertraut und können diese auf den Unterricht übertragen. Sie bekommen folgendes Aufgabenblatt und sollen die Aufgaben zeilenweise in einer vorgegebenen Zeit selbständig lösen. Vorname/Name Datum

Das Multi-Divi-Spiel Spielanleitung Bei jedem Durchgang sollst Du innerhalb der Spielzeit möglichst viele Rechenaufgaben lösen. Gib in der Spalte ‘Ziel’ im Voraus an, wie viele Aufgaben Du richtig lösen willst. Nachdem die Ergebnisse bekannt gegeben werden, trage in der Spalte ‘Ergebnis’ ein, wie viele Aufgaben Du richtig gelöst hast.

Das Spiel beginnt Ziel 1 2 3 4 5 Ergebnis 8x13= 3700:4= 8x49= 405:9= 17x11=

648:18= 25x14= 192:12= 9x45= 396:11= 25x11= 742:14= 50x16= 96:8= 42x18=

16:7= 23x28= 121:11= 18x9= 221:13= 17x7= 63:7= 33x17= 2196:9= 47x21= 714:7= 42x87= 56:7= 14x9= 35:5=

67x11= 144:12= 7x15= 49:7= 29x13= Abb. 1: Aufgabenblatt „Multi-Divi-Spiel (Günther, 1985)

Die Schüler sollen selbst abschätzen können, wie viele der Aufgaben sie richtig lösen können. Nach der Bekanntgabe der richtigen Lösungen nach jeder Zeile erkennt der Schüler, ob er sein Ziel erreicht hat. Nachdem auf diese Weise alle Aufgaben bearbeitet worden sind, erhält der Schüler das Blatt „Nach dem Spiel“.

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Nachbereitung des Motivtrainings

Im „Blatt nach dem Spiel“, welches dem Schüler bereits aus den Ringwurfspielen bekannt ist, wertet der Schüler zunächst selbständig sein Abschneiden bei der Übung aus. Das Blatt könnte wie folgt aussehen und soll eine Ergänzung zu den Einzelgesprächen mit den Schülern darstellen. Es soll eine Hilfestellung zu realistischem Zielsetzen sowie einem ehrlichen Umgang mit sich selbst sein.

Vorname und Name Datum

Nach dem Spiel Du sollst nun anhand folgender Fragen selbst einschätzen, ob Du das Lösen der Aufgaben als Erfolg oder Misserfolg wertest.

Stimmen meine Zielsetzungen mit meinen Ergebnissen immer überein? Dann überlege ich mir wieso ich Erfolg oder Misserfolg hatte.

Ziel richtig gewählt

Glück gehabt

richtig angestrengt bin eben gut

Ziele falsch gewählt

Pech gehabt

nicht genug angestrengt

die Aufgaben waren zu schwer

Zum Schluss frage ich mich, ob ich mit meinem Ergebnis zufrieden bin.

Sehr zufrieden zufrieden nicht zufrieden überhaupt nicht zufrieden Abb. 2: Aufgabenblatt „Nach dem Spiel“ (nach Günther, 1985)

Der Prozess des selbständigen Einschätzens und der daraus resultierenden Anstrengungen, die eigenen Leistungen zu steigern, stehen dabei in direktem Zusammenhang zum Lehrerverhalten. Es ist in den Motivtrainings unbedingt notwendig, mit den Schülern Einzelgespräche zu führen, Fehler aufzuzeigen und zu mutigeren Zielsetzungen zu motivieren. Sollten einzelne Schüler ihre Ziele zunehmend unrealistisch setzen, so müssen die unterrichtsfernen Übungen gegebenenfalls wiederholt werden.

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Literatur DeCharms, R. (1979). Motivation in der Klasse. München: Moderne Verlags- GmbH. Günther, A. (1985). Zur Optimierung von Motivtrainingsprogrammen. Heidelberg: Krug, S. (1983). Motivationsförderprogramme. Möglichkeiten und Grenzen. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie u. Pädagogische Psychologie, Band XV (4), S. 317 - 346. Krug, S. & Hanel, J. (1976). Motivänderung. Erprobung eines theoriegeleiteten Trainingsprogrammes. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie u. Pädagogische Psychologie VIII (4), S. 274 - 287. Rheinberg, F. & Krug, S. (1999). Motivationsförderung im Schulalltag. Göttingen: Hogrefe. Rost (Hrsg.) (2001). Handwörterbuch Pädagogische Psychologie. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Weinheim: Beltz. Rheinberg, F. & Krug, S. (1999). Motivationsförderung im Schulalltag. Göttingen: Hogrefe. Ziegler, A. & Heller, K. A. (1998). Motivationsförderung mit Hilfe eines Reattributionstrainings. In: Krapp, Perrez, Rauh & Schmidt-Denter (Hrsg.). Motivationsförderung im Unterricht. Themenheft der Zeitschrift für Psychologie in Erziehung und Unterricht. Band 3. S. 216-229. Links Aktuelle Projekte zu Motivationsförderung & Reattributionstraining von Ziegler & Heller http://www.paed.uni-muenchen.de/~psydiag/projekte/dfg/index.htm Materialien zur Motivationsförderung in der Schule http://www.ew2.uni-mannheim.de/motivationsfoerderung/ss01/materialien.html Lernmotive und Lernmotivation „Konzept der Eigenverursachung nach DeCharms“ als Unterkapitel http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/MOTIVATION/Lernmotivation.shtml