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e-Journal of Practical Business Research
Marktsegmentierung zur Positionierung von
Implementierungsleistungen für
Standard- und Individualsoftware
- Eine Untersuchung am Beispiel von IBM Global Business Services
im Geschäftsfeld Core Banking
Robert Wasenmüller
Erschienen im e-Journal of Practical Business Research
unter: http://www.e-journal-of-pbr.info
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der allgemeinen Marktsegmentierung sowie ihren spezifischen
Eigenschaften im B2B Dienstleistungssektor, der hierbei durch Softwareimplementierungs-
leistungen repräsentiert wird. Das Ziel ist die Herausarbeitung von Handlungsempfehlungen für
eine effektivere und effizientere Marktsegmentierung – sowohl in der Theorie als auch in der
Praxis. Dies wird zum einen durch den Theorie-Praxis-Vergleich und zum anderen durch die
Durchführung einer Marktsegmentierung am Beispiel von IBM Global Business Services realisiert.
Die Betrachtung des Forschungsstandes zum Thema Marktsegmentierung offenbart zunächst
den tendenziellen Fokus der theoretischen Erkenntnisse auf die Bereiche B2C und das Marketing
physischer Produkte. In einem nächsten Schritt wird mithilfe von Experten-Interviews die
Situation in der Praxis beleuchtet, die vorwiegend branchenspezifische Züge aufweist. Der
darauf aufbauende Theorie-Praxis-Vergleich ermittelt eine hohe Überschneidung beider
Bereiche, deckt jedoch auch Potenziale auf, die durch ein intensiveres Zusammenspiel
ausgeschöpft werden können.
Im Vorfeld der Marktsegmentierung im Geschäftsfeld Core Banking der IBM Beratungssparte
Global Business Services werden durch eine schriftliche Umfrage unter IBM Mitarbeitern
geeignete Segmentierungskriterien ermittelt. Darauf basierend wird eine dreistufige
Segmentierung durchgeführt, die in einer Marktleistungs-Marktsegment-Matrix als
Handlungsempfehlung an die Praxis resultiert.
2
Abschließend kann resümiert werden, dass die Effektivität sowie die Effizienz der
Marktsegmentierung – insbesondere im B2B Dienstleistungssektor sowie spezifischen Branchen
– durch das Zusammenwirken von Theorie und Praxis stark verbessert werden können.
Zitation: Wasenmüller, Robert (2010): Marktsegmentierung zur Positionierung von
Implementierungsleistungen für Standard- und Individualsoftware In: e-Journal of Practical
Business Research, Sonderausgabe Best of WI07, DOI: 10.3206/0000000032
3
1. Einleitung
„Bei uns ist jeder Kunde König!“ - Dieses Motto wird heute von zahlreichen Betrieben diverser
Größen, Branchen und Regionen vertreten und in der Öffentlichkeit präsentiert. Jeder Kunde
wird gleich behandelt und bestens bedient. Es fällt jedoch zunehmend auf, dass das nicht die
optimale Marktstrategie ist. Das Erreichen von Effizienz durch zielorientierteres Vorgehen des
Vertriebs erfordert einen Überblick über die Strukturen des Marktes sowie die Wichtigkeit der
Kunden – Daten, die auf Grund der Komplexität vieler Branchen oft schwer zu ermitteln sind.
Mit dieser Problematik beschäftigt sich die vorliegende Arbeit.
Hierbei soll insbesondere die Marktsegmentierung zur Positionierung von Software-
Implementierungsleistungen, stellvertretend für das allgemeine Business-to-Business-Geschäft
im Dienstleistungssektor, untersucht werden. Dabei ist vordergründig die folgende These zu
verifizieren bzw. zu falsifizieren: Die Marktsegmentierung in der Praxis orientiert sich in einem
sehr geringen Maß an theoretischen Erkenntnissen und Modellen. In dieser Analyse wird die
allgemeine Praxis durch IBM Global Business Services im Geschäftsfeld Core Banking vertreten.
Nach der Darstellung der theoretischen Erkenntnisse und der Überprüfung der soeben
benannten These soll in einem zweiten Schritt eine Marktsegmentierung im benannten
Geschäftsfeld durchgeführt und damit die Basis für Handlungsempfehlungen an die Praxis
geschaffen werden.
Eine zweitrangige Rolle lässt sich in diesem Bericht der Zielmarktauswahl und der
Marktpositionierung zuordnen, die in der Theorie oft in enger Kombination mit der
Marktsegmentierung betrachtet werden. Sie werden nur im empirischen Teil der Arbeit
hinzugezogen, um die Ergebnisse der durchgeführten Segmentierung greifbar zu machen.
Außerdem bietet die Theorie kaum Informationen über Eigenarten der Marktpositionierung von
Software-Implementierungsleistungen, weswegen dieser im Titel enthaltene Begriff im
theoretischen Teil ebenfalls abgegrenzt werden muss. Im Folgenden werden zunächst die
Ergebnisse des Literaturstudiums zum Thema „Marktsegmentierung“ zusammenfassend
aufgezeigt.
2. Marktsegmentierung in der Theorie
2.1 Wesen der Marktsegmentierung
2.1.1 Definition und Einordnung
Die Quelle des in der Einleitung benannten Mangels an Zielorientierung liegt darin, dass sich die
Kunden eines Unternehmens in ihren Bedürfnissen stark unterscheiden. Folglich kann ein
Unternehmen nicht für alle Kunden in gleichem Maße attraktiv sein, wenn es jeden gleich
4
behandelt.1 Aus Gründen erhöhter Kosten und langer Zeiten für Forschung und Entwicklung
kann eine Firma ihre Produkte und Marketing-Programme auch nicht dem Geschmack einzelner
Kunden anpassen.2 Die Marktsegmentierung ist der Ansatz eines Kompromisses zwischen diesen
Extremfällen, bei dem
große heterogene Märkte
in kleinere, in sich
homogene Segmente
aufgeteilt werden.3 Die
Kunden innerhalb dieser
Segmente reagieren
jeweils gleichförmiger auf den Einsatz des Marketing als der Gesamtmarkt. Die Segmentierung
dient somit als Grundlage für die Auswahl von Teilmärkten und deren differenzierte Bearbeitung
(Einordnung in Abbildung 1)4. Die identifizierten Segmente können dabei durch eigene Produkte
und Marketing-Programme bei Knappheit der Ressourcen effizienter bearbeitet werden.5
Demnach ist die Marktsegmentierung ebenfalls eine Teildisziplin der Festlegung strategischer
Geschäftseinheiten entlang der Dimensionen „Funktion“ (Produkt),
„Abnehmergruppe“ (Kundensegment) und „Technologie der Leistungserstellung“ (Marketing-
Mix).6 Die Grundlage für die Marktsegmentierung bildet in der Regel die Marktforschung.7 Wie
im Folgenden aufgezeigt wird, orientiert sich die Marktsegmentierung zu einem hohen Grad an
Eigenschaften bestimmter Markt- oder Branchentypen.
2.1.2 Spezifitäten des Dienstleistungs- und Business-to-Business-Marketing
Was den tertiären Sektor angeht, ist auf Grund des hohen Individualisierungsgrades von in der
Regel in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden erstellten Dienstleistungen im Vergleich zum
Konsumgütergeschäft die Marktsegmentierung bisher vernachlässigt worden.8 Von einer
anderen Seite betrachtet, kann auf die Individualbedürfnisse des Kunden noch im Verlauf des
Dienstleistungserstellungsprozesses eingegangen werden. Damit betrifft die
Marktsegmentierung hier neben der Markterfassungsseite auch die Marktbearbeitungsseite.9 Die
aus der Immaterialität folgende Individualität der Dienstleistung erschwert jedoch wiederum die
kostengünstige Leistungserstellung.10
Betrachtet man das Business-to-Business- im Vergleich zum Business-to-Consumer-Geschäft, so
erfordern der allgemein höhere Transaktionswert der Angebote sowie die komplexeren
1 Vgl. Kotler, Philip u.a. (2007), S. 456. 2 Vgl. Pepels, Werner (Hrsg.) (2007), S. 9. 3 Vgl. Kotler, Philip u.a. (2007), S. 457. 4 Vgl. Pepels, Werner (Hrsg.) (2007), S. 10. 5 Vgl. Simon, Hermann / von der Gathen, Andreas (2002), S. 273f. 6 Vgl. ebenda, S. 271f. 7 Vgl. Zingel, Harry (2003), S. 2 (siehe Internet- / Intranetverzeichnis). 8 Vgl. Bieberstein, Ingo (2006), S. 167. 9 Vgl. Meffert, Heribert / Bruhn, Manfred (2006), S. 153. 10 Vgl. Kesting, Tobias / Rennhak, Carsten (2008), S. 62.
Abbildung 1: Marktsegmentierung, Zielmarktfestlegung und Marktpositionierung; Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an: Kotler, Philip u.a. (2007), S. 457.
5
Leistungen und Kaufentscheidungen11 spezifische Marksegmentierungsmethoden und die
Vernachlässigung von weichen Nutzenfaktoren.12 Unter den zehn häufigsten Fehlern im
deutschen Business-to-Business-Marketing belegt laut einer Studie die mangelnde Systematik in
der Kundenselektion und -fokussierung den ersten Platz.13 Vor allem diese gilt es zu gewährleis-
ten, denn: „The identification and selection of market segments is the most important strategic
decision facing the industrial and high-tech firm“14. Nach dieser allgemeinen Betrachtung des
Begriffs Marktsegmentierung lässt sich die Beschreibung des in der Theorie dargestellten
Segmentierungsprozesses im Folgenden überblicken.
2.2 Prozess der Marktsegmentierung
Die Umsetzung der Marktsegmentierung wird je nach Komplexität des Marktes in einen zwei-
oder mehrstufigen Prozess unterteilt. Der Segmentierung erster Ordnung nach einem
elementaren Kriterium (1) folgt die Segmentierung höherer Ordnungen nach beispielsweise
kaufverhaltensrelevanten Kriterien (2). Dieser folgt wiederum das „Segment-Profiling“ (3) als
Beschreibung des Mediennutzungs- und Kommunikationsverhaltens der Zielgruppenmitglieder.15
An dieser Stelle ist die Marktsegmentierung im engeren Sinne abgeschlossen. Es folgen die
Marktauswahl (Attraktivitätsbewertung (4), Selektion (5)), die Marktpositionierung
(segmentspezifische Positionierungsstrategie (6)) und schließlich die Umsetzung (taktisch-
operative Umsetzung (7), Lebenszyklus-Management (8)).16 Diesem Prozess wird in der Regel
die Festlegung von Segmentierungskriterien (0) vorgeschaltet.17
Nicht zu vernachlässigen ist die Marktforschung als Grundlage der Marktsegmentierung, deren
Aufgabe in der Erhebung qualitativer und quantitativer als segmentierungsrelevant
erscheinender Faktoren des Marktes liegt.18
Bezieht man sich hierbei auf das Dienstleistungsgeschäft, kann der Leistungserbringer auf
Grund des direkten Kundenkontakts in der Regel mit einfachen Mitteln Daten erheben. Zu
diesem Zweck wurde im Versandhandel das RFMR-Modell entwickelt. Dazu werden lediglich
Kundennummer, Kaufdatum und Umsatzhöhe benötigt. Ermittelt werden die entscheidenden
Faktoren „Recency of last purchase“ (Zeitraum seit dem letzten Kauf), „Frequency of
purchase“ (Häufigkeit der Käufe) und „Monetary Ratio“ (der entsprechende Umsatz).19
Betrachtet man wiederum den Prozess der Segmentierung speziell im Business-to-Business-
Geschäft, so ähnelt dieser stark dem oben beschriebenen Vorgehen. Für die
Segmentierungsstufe I („Makrosegmentierung“, oben: (1)) besteht hier aus Sicht der Theorie
11 Vgl. ebenda, S. 47. 12 Vgl. Pepels, Werner (Hrsg.) (1999), S. 115. 13 Vgl. Pepels, Werner (Hrsg.) (1999), S. 130. 14 Pepels, Werner (Hrsg.) (2007), S. 375. 15 Vgl. Simon, Hermann / von der Gathen, Andreas (2002), S. 275. 16 Vgl. ebenda, S. 275f. 17 Vgl. Kotler, Philip u.a. (2007), S. 457. 18 Vgl. ebenda, S. 484. 19 Vgl. Pepels, Werner (Hrsg.) (2007), S. 360.
6
der Ansatz der Segmentierung sowohl vorhandener Zielmärkte als auch möglicher Zukunfts-
und Potenzialmärkte als zweite und zusätzliche Marktbasis. Die Segmentierungsstufe II
(„Mikrosegmentierung“, oben: (2)) besteht in einer Feinausrichtung bezüglich der heutigen und
zukünftigen Markt- und Kundenrendite. Schließlich wird hier eine Segmentierungsstufe III
(„Zielpersonensegmentierung“) hinzugezogen, die sich auf die relevante Zielgruppe im
Unternehmen bezieht und auf eine hohe Kundenloyalität und -bindung abzielt.20 Als nächstes
stellt sich die Frage, welche Marktsegmentierungskriterien aus der theoretischen Sicht zur
Anwendung kommen können.
2.3 Marktsegmentierungskriterien
Die klassischen Segmentierungskriterien stammen aus dem Privatkundenmarketing. Diese
gliedern sich in demographische, entscheidungsbezogene, psychographische, soziographische
und typographische Faktoren.21 Außerdem spielen Zeitkriterien wie die aktuelle Markt- und
Kundensituation eine Rolle.22 Zusätzlich können die Kriterien nach ihrem Kundenbezug in
generell und produktspezifisch sowie nach ihrer Messbarkeit in direkt und indirekt erfassbar
unterteilt werden (Klassifizierung beispielhafter Kriterien in Abbildung 2).23
Betrachtet man die Marktsegmentierung im Dienstleistungssektor, so können die oben
genannten, sich überwiegend auf Konsumgütermärkte beziehenden Typen von Kriterien
durchaus übernommen werden.24 Auf dieser Ebene wird der geographischen Segmentierung
allerdings eine höhere Bedeutung zugesprochen.25 Zieht man konsumtive Dienstleistungen in
Betracht, so werden außerdem Zeit und Dauer des Konsums hervorgehoben.26 Im Business-to-
Business Umfeld können zusätzlich operative Kriterien der Nutzung27, wie die aktuell
20 Vgl. Pepels, Werner (Hrsg.) (1999), S. 131f. 21 Vgl. ebenda, S. 16ff. 22 Vgl. Freter, Hermann (2008), S. 93. 23 Vgl. Simon, Hermann / von der Gathen, Andreas (2002), S. 277.
Abbildung 2: Klassifizierung der Marktsegmentierungskriterien nach Merkmaltypen und ihrer Messbarkeit; Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Simon, Hermann / von der Gathen, Andreas (2002), S. 277.
7
angewandte Technologie und der Anwenderstatus, herangezogen werden.28 Nach dieser
Darstellung von Segmentierungskriterien werden im nächsten Schritt definierte Ansätze der
Marktsegmentierung betrachtet.
2.4 Marktsegmentierungsansätze
2.4.1 Segmentierungstypen
Als einfachste Einteilung der Segmentierungsansätze kann die Betrachtung der
Segmentierungsdimensionen bzw. der Anzahl der Segmentierungskriterien dienen. Während bei
der eindimensionalen Segmentierung der Markt mit Hilfe eines einzigen Kriteriums aufgeteilt
wird, kombiniert man bei der mehrdimensionalen Segmentierung mehrere Merkmale und schafft
somit eine feinere Einteilung.29 Dieser Ansatz wird ebenfalls als „multivariat“ bezeichnet und
verspricht ein vergleichsweise umfassendes Bild des Marktes.30
Als konkrete Beispiele für eindimensionale Segmentierungsstrategien können die ABC-Analyse31
und die Anwendung der Lorenz-Kurve bzw. des Lorenz-Konzentrationsmaßes32 (diese Verfahren
sind beispielhaft unter 5.1.1 im Anhang erläutert) genannt werden.
Zur Durchführung einer multivariaten Segmentierung liegen zahlreiche mathematische
Prozeduren vor.33 Dazu gehören Methoden zur Analyse von Abhängigkeiten wie die
„Diskriminanzanalyse“ und die „Conjoint-Analyse“. Außerdem zählt in diesen Bereich die
Identifikation gegenseitiger Beziehungen mithilfe der „Faktorenanalyse“ oder der
„Clusteranalyse“ (dieses Verfahren ist beispielhaft unter 5.1.2 im Anhang erläutert).34 Die
erstgenannten Verfahren werden ebenfalls als „Strukturen-prüfend“, die zweitgenannten als
„Strukturen-entdeckend“ betrachtet.35
Weiterhin kann eine Differenzierung in „A-Priori-Segmentierung“ und „A-Posteriori-
Segmentierung“ vorgenommen werden. Bei der „A-Priori-Segmentierung“ werden die Kunden
vorweg auf der Grundlage eines Kriteriums (eindimensional) in Gruppen eingeteilt. Die „A-
Posteriori-Segmentierung“ identifiziert die Segmente mehrdimensional auf der Grundlage der
Ergebnisse einer Datenanalyse (z.B. mittels der Clusteranalyse).36 Im Folgenden werden die
grafische Darstellung sowie die Marktauswahl und -positionierung als Verwendung identifizierter
Segmente angesprochen.
24 Vgl. Meffert, Heribert / Bruhn, Manfred (2006), S. 155. 25 Vgl. Kesting, Tobias / Rennhak, Carsten (2008), S. 64. 26 Vgl. ebenda, S. 65. 27 Vgl. Kotler, Philip u.a. (2007), S. 478. 28 Vgl. business-wissen.de (2008), Abschnitt „Segmentierung von industriellen Märkten“ im Hauptframe (siehe Internet- / Intranetverzeichnis). 29 Vgl. Zingel, Harry (2003), S. 3 (siehe Internet- / Intranetverzeichnis). 30 Vgl. Kotler, Philip u.a. (2007), S. 482. 31 Vgl. Pepels, Werner (Hrsg.) (1999), S. 115f. 32 Vgl. Zingel, Harry (2003), S. 4f. (siehe Internet- / Intranetverzeichnis). 33 Diese mathematischen Prozeduren können im Anbetracht des beschränkten Umfangs dieser Arbeit nicht explizit betrachtet werden. 34 Vgl. ebenda, S. 200ff. 35 Vgl. Kesting, Tobias / Rennhak, Carsten (2008), S. 28. 36 Vgl. Freter, Hermann (2008), S. 197f.
8
2.4.2 Verwendung identifizierter Segmente
Die Darstellung identifizierter Segmente kann bei Anwendung von einem bis drei
Segmentierungskriterien in einem Graphendiagramm37 oder einem Marktsegment-Mapping38
erfolgen (beispielhaftes Marktsegment-Mapping in Abbildung 3). Zusätzlich kann in einer
solchen Abbildung die Idealposition für jedes Segment dargestellt werden, um die jeweilige
Kundenposition daran zu messen.39
Die Behandlung definierter
Marktsegmente kann
ebenfalls auf unterschiedliche
Arten erfolgen. Dazu gehört
einerseits die „differenzierte
Marketingstrategie“, bei der
mehrere oder alle Segmente
mit jeweils einem spezifischen
Marketing-Mix adressiert
werden. Andererseits zählt
hierzu die „konzentrierte
Marketingstrategie“, bei der
ein Segment oder einige
wenige bearbeitet werden.40
Die grafische Grundlage der Marktpositionierung kann eine Marktleistungs-Marktsegment-Matrix
bilden, bei der zweidimensional die eigenen Produkte und Dienstleistungen den identifizierten
Kundensegmenten gegenübergestellt werden (beispielhafte Marktleistungs-Marktsegment-
Matrix in Abbildung 4).41
Weiterhin kann eine solche Matrix unter
Einbeziehung aktueller und potenzieller
Umsätze auch zur Zielsegmentauswahl
verwendet werden.42
Zur abschließenden Betrachtung des
Standes der Theorie können für einen
Überblick über den Markt für
Kernbankensysteme, der im empirischen
37 Vgl. Pepels, Werner (Hrsg.) (2007), S. 112. 38 Vgl. business-wissen.de (2008), Abschnitt „Verfahren zur Identifikation von Marktsegmenten“ im Hauptframe (siehe Internet- / Intranetverzeichnis). 39 Vgl. Simon, Hermann / von der Gathen, Andreas (2002), S. 282. 40 Vgl. Simon, Hermann / von der Gathen, Andreas (2002), S. 169. 41 Vgl. innovations-wissen.de (2008), S. 1ff. 42 Vgl. Freter, Hermann (2008), 127ff.
Abbildung 3: Marktsegment-Mapping; Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: business-wissen.de (2008), Abschnitt „Verfahren zur Identifikation von Marktsegmenten“ im Hauptframe (siehe Internet- / Intranetverzeichnis).
Abbildung 4: Bsp. Marktleistungs-Marktsegment-Matrix; Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: innovations-wissen.de (2008), S. 3.
9
Teil dieses Berichts eine zentrale Rolle spielt, die Abschnitte 5.2 (Stand aktueller Installationen)
und 5.3 (Implementierungsleistungen) im Anhang optional eingesehen werden.
2.5 Zusammenfassung und literarische Synopse
Zusammenfassend ist anzuführen, dass die BWL bezüglich des behandelten Themengebietes
sehr weit fortgeschritten ist. Es sind sowohl zahlreiche Segmentierungskriterien als auch
Segmentierungsmethoden bekannt und in der untersuchten Literatur offen gelegt. Allerdings
konzentriert sich dieser Fortschritt überwiegend auf den Konsumgütermarkt. Der
Investitionsgütermarkt wird im Vergleich dazu weniger intensiv behandelt. Ähnlich
untergeordnet ist der Dienstleistungsmarkt gegenüber dem Produktmarkt dargestellt. Dies lässt
sich durch die erst in den vergangenen Jahren zunehmende Stärke des tertiären Sektors
begründen.
Daher ist bei dem im Folgenden durchgeführten Theorie-Praxis-Vergleich eine geringe Deckung
der Theorie mit der in den Investitionsgütermarkt des tertiären Sektors einzuordnenden Praxis
zu erwarten. Die darauf aufbauende Marktsegmentierung ist jedoch seitens der Theorie
zumindest grundlegend mit den angeführten Kriterien und Methoden versorgt. Die praktische
Umsetzung dieser Modelle soll im nächsten Abschnitt untersucht werden.
3. Marktsegmentierung am Beispiel von IBM GBS Core Banking
3.1 Methodik der Untersuchung
3.1.1 Untersuchungsziele
Im Folgenden soll zunächst die These überprüft werden, dass sich die Marktsegmentierung in
der Praxis in einem sehr geringen Maß an theoretischen Erkenntnissen und Modellen orientiert.
Auf dem Ergebnis dieser Untersuchung können ggf. Handlungsempfehlungen basieren. Die
Praxis wird dabei von IBM Global Business Services im Geschäftsfeld Core Banking vertreten.
Auf Grund der Größe und Marktrelevanz dieser Organisation wird eine hohe Repräsentanz des
Gesamtmarktes angenommen. Weiterhin soll auf der Basis der bis dahin festgehaltenen
Ergebnisse eine Marktsegmentierung im benannten Umfeld durchgeführt werden, um als
Grundlage für die Erarbeitung einer Marketingstrategie in der betrieblichen Praxis zu dienen.
Den Anlass zur Untersuchung bietet das identifizierte Verbesserungspotenzial der
Marktsegmentierungsmethoden in der Praxis. Das Ziel besteht demnach darin, dieses Potenzial
zu einem höheren Grad auszuschöpfen. Theorie und Praxis sollen sich dabei gegenseitig
voranbringen. Das Zielsystem der Arbeit ist in Abbildung 5 unter 3.1.2 aufgezeigt, auf das die
im Folgenden aufgeführten eingeklammerten Zahlen verweisen. Als endgültiges Ergebnis sind
darin die Handlungsempfehlungen an Praxis und Theorie festgelegt (8). Der folgende Abschnitt
beschreibt die zur Erreichung der definierten Ziele gewählte Methodik.
10
3.1.2 Untersuchungsdesign
Im Theorie-Praxis-Vergleich soll die theoretische Seite (2) von den Ausführungen im ersten Teil
dieses Berichts dargestellt werden, die auf einem Literaturstudium (1) basieren. In einer ersten
Untersuchung sollen primär die in der Praxis angewandten Methoden und Kriterien der
Marktsegmentierung
allgemein sowie
spezifisch für den
Bankensektor erfasst
werden (4). Als
effiziente
Erhebungsmethode
erscheint hierbei das
Experteninterview
(3). Es erlaubt
Diskussionen und
eventuelle
Nachfragen im
Hinblick auf die
Theoriemodelle und
gewährleistet somit eine hohe Validität der Ergebnisse. Zum Expertenkreis gehören dabei
Mitarbeiter von IBM Global Business Services, die mit dem Geschäftsfeld Core Banking direkt in
Berührung stehen. Sie sollen jedoch möglichst unterschiedliche Rollen innerhalb der
Organisation belegen, was der Objektivität der Ergebnisse dient. Diese kann jedoch bei einer
solchen Untersuchung nicht vollständig gewährleistet werden, da die individuellen Meinungen
der wenigen Experten wesentlich das Endergebnis bestimmen. Eine zufrieden stellende
Reliabilität der Ergebnisse lässt sich leider ebenfalls nicht erreichen, da sie weder hohe Präzision
noch Vergleichbarkeit untereinander aufweisen.
Für die Durchführung der Marktsegmentierung (7) sollen in einer zweiten Untersuchung primär
Empfehlungen an eine effiziente Segmentierung im Geschäftsfeld Core Banking bezüglich
Segmentierungskriterien und weiterer Faktoren wie Segmentierungstiefe erfasst werden (6). Als
Erhebungsmethode wird dabei die E-Mail-Umfrage gewählt (5). Dabei können den Probanden
bestimmte Kriterien als Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, für die bereits
Daten erhoben wurden. Außerdem soll diese Untersuchungsmethode die Antworten
vergleichbar sowie systematisch erfassbar machen. Sie gewährleistet somit zugleich eine hohe
Validität und Reliabilität der Ergebnisse. Als Experten werden hier Mitarbeiter von IBM Global
Business Services gewählt, die mit dem Geschäftsfeld Core Banking direkt in Berührung stehen.
Abbildung 5: Zielsystem; Quelle: eigene Darstellung.
11
Zudem sollen ihre Rollen eine möglichst enge Verbindung zum Vertrieb bzw. Business
Development aufweisen. Damit sind diese Mitarbeiter aktuell und zukünftig an der
Marktsegmentierung beteiligt. Die geringe Anzahl der Mitarbeiter, die somit für die
Untersuchung in Frage kommen, beeinflusst jedoch wiederum negativ die Objektivität der
Ergebnisse. Die Auswertung der ersten hier beschriebenen Untersuchung erfolgt im nächsten
Schritt.
3.2 Auswertung des Theorie-Praxis-Vergleichs
Im Rahmen der Datenerhebung in der Praxis wurden vier Experteninterviews durchgeführt,
deren Ergebnisse unter 5.4 im Anhang zusammenfassend aufbereitet sind. Auf der Grundlage
der erfassten Angaben kann im Folgenden ein Theorie-Praxis-Vergleich stattfinden.
Im Hinblick auf das Anstreben eines zielorientierten Marketing hat die Praxis ein gleiches Bild
von der Marktsegmentierung wie die Theorie. Dass sich die Organisationsstruktur eines
Unternehmens jedoch nach den relevanten Kundensegmenten aufbaut, wird in der Theorie
nicht direkt angesprochen. Auch die Wichtigkeit des Umsatzes als Segmentierungskriterium geht
aus den theoretischen Ausführungen nicht hervor. Die weiteren in der Praxis gebrauchten
branchenspezifischen Segmentierungskriterien werden in der Literatur ebenfalls nicht behandelt.
Dies basiert jedoch darauf, dass sich die Theorie noch in einem sehr geringen Maß mit
Marktsegmentierung in speziellen Branchen beschäftigt.
Die Praxis stimmt der Theorie in den Aussagen zu, dass die Marktsegmentierung im
Dienstleistungssektor nicht nur die Markterfassungs-, sondern auch die Marktbearbeitungsseite
betrifft und dass das Business-to-Business-Marketing neben dem Business-to-Consumer-
Marketing spezifische Segmentierungskriterien verwenden muss. Betrachtet man den unter 2.2
beschriebenen Segmentierungsprozess, so folgt die Praxis diesem weitestgehend. Es gibt
jedoch keine fest definierten Schritte, die systematisch durchlaufen werden. Vielmehr handelt
es sich um ein intuitives Vorgehen der jeweiligen verantwortlichen Mitarbeiter. Hierbei könnte
dem Schritt der Attraktivitätsbewertung von Segmenten in der Praxis eine größere
Aufmerksamkeit geschenkt werden, der in der Theorie weit über eine reine Bewertung nach
dem aktuellen und potenziellen Umsatz hinausgeht. Außerdem wird im Vergleich zur Theorie
der Segmentierungsstufe III als „Zielpersonensegmentierung“ zu wenig Beachtung gezeigt.
Was die konkreten Segmentierungsmethoden angeht, so folgt die Praxis den in der Theorie
ausgearbeiteten Verfahren der eindimensionalen und multivariaten Segmentierung. Dabei
werden die multidimensionalen Ansätze ebenfalls als effizienter herausgestellt. Die Bestimmung
der Segmentierungstiefe auf der Grundlage der Größe zuständiger Organisationseinheiten wird
in der Theorie nicht bearbeitet. Die Praxis weist an dieser Stelle eine Schwäche in der
mangelnden Verwendung von komplexeren Segmentierungsmethoden der unter 2.4.1
beschriebenen A-Posteriori-Segmentierung auf. Hier könnten mathematische Verfahren
12
eingesetzt werden, um Ähnlichkeiten der einzelnen Kunden oder Kundensegmente
untereinander effektiver zu identifizieren und somit eine schärfere Abgrenzung zu erreichen.
Die Marktauswahl und -positionierung, die der Fokus dieser Untersuchung nicht trifft, laufen im
Grundlegenden so ab, wie sie in der Theorie beschrieben werden. Dabei stößt man jedoch auf
branchenspezifische Hindernisse wie die Fragmentierung des Marktes und die starke
Individualität von Kundenbedürfnissen, die in der Theorie nicht direkt bearbeitet werden.
Zusammenfassend betrachtet kann die These, dass sich die Marktsegmentierung in der Praxis in
einem sehr geringen Maß an den Erkenntnissen und Modellen der Theorie orientiert, nicht
verifiziert werden. Dafür ist eine zu hohe Deckung innerhalb der untersuchten Felder festgestellt
worden. Die benannte These kann jedoch auch nicht gänzlich falsifiziert werden, da sowohl in
der Theorie als auch in der Praxis Teilbereiche identifiziert worden sind, in denen sich die
beiden Disziplinen voranbringen können.
3.3 Marktsegmentierung im Geschäftsfeld Core Banking
3.3.1 Vorbereitung der Segmentierung
Zur Erfassung von Empfehlungen der Praxis bezüglich effizienter Segmentierungs- und
Positionierungskriterien wird auf elektronischem Weg ein Fragebogen (Entwurf unter 5.5 im
Anhang) an zehn ausgesuchte Probanden versendet. Die Beantwortung erfolgt aus weder
erkenn- noch beeinflussbaren Gründen leider nur durch fünf Experten. Im Anhang kann unter
5.6 die zusammenfassende Aufbereitung der Antworten eingesehen werden.
Für die im Folgenden beschriebene Marktsegmentierung im Geschäftsfeld Core Banking wird der
Markt deutscher Banken durch 185 Banken repräsentiert, die von der IBM als aktuelle Kunden
benannt oder als potenzielle Kunden identifiziert wurden. Dabei ist zu beachten, dass diese
Banken den deutschen Bankensektor nicht in seinen Eigenschaften widerspiegeln, sondern
lediglich eine Datenbasis der effizienten Segmentierung darstellen. Zur Schaffung dieser
Datenbasis wird die Marktforschung als in der Theorie benannte Vorstufe der
Marktsegmentierung angewendet. Dabei wird in einer Internet- und Literaturrecherche die
Ausprägungen potenzieller Segmentierungskriterien für jede der 185 Banken erfasst und
schriftlich festgehalten. Zu diesen Kriterien zählen Bankensäule, Bankengruppe, Tätigkeitsfeld,
Bilanzsumme, Mitarbeiterzahl und Geschäftsstellenzahl (nähere Erläuterungen der hier
verwendeten qualitativen Kriterien unter 5.7 im Anhang). In den Abbildungen 6 und 7 werden
die zu untersuchenden 185 Banken nach Bankengruppen und Tätigkeitsfeldern sowie den
„Bankensäulen“ (nach Definition der Deutschen Bundesbank) klassifiziert.
13
Abbildung 6: Verteilung der untersuchten Banken nach Bankengruppen und Bankensäulen; Quelle: Eigene Darstellung; Datenquelle: Marktforschung im Rahmen der Segmentierung.
Abbildung 7: Verteilung der untersuchten Banken nach Tätigkeitsfeldern und Bankensäulen; Quelle: Eigene Darstellung; Datenquelle: Marktforschung im Rahmen der Segmentierung.
Im Zuge einer statistischen Auswertung der betrachteten Banken lässt sich mit dem unter 5.1.1
im Anhang vorgestellten Verfahren die Lorenz-Kurve bzw. der Gini-Koeffizient im Bezug auf
bestimmte quantitative Variablen ermitteln. Das Ergebnis stellt eine hohe Konzentration der
untersuchten Banken dar, die somit als nur bedingt repräsentativ für den hoch fragmentierten
Gesamtmarkt Deutschlands herausgestellt werden.
Der nächste Abschnitt beschreibt die Durchführung der Marktsegmentierung sowie die
Verarbeitung der Ergebnisse. Weiterhin können an dieser Stelle die Durchführungsschritte und
Ergebnisse von zwei theoriebasierten Anwendungen der Marktsegmentierung auf der im
folgenden Abschnitt beschriebenen Datenbasis unter 5.8 im Anhang eingesehen werden. Dabei
handelt es sich nicht um Untersuchungen, die darauf abzielen, Handlungsempfehlungen an die
Praxis zu geben, sondern um die Erprobung von rein theoretischen Modellen auf einer der
realen Praxis entnommenen Basis.
14
Abbildung 8: Segmentierung nach Bankengruppen; Quelle: eigene Darstellung.
3.3.2 Durchführung der Segmentierung
Im ersten Schritt der Marktsegmentierung wurde der Markt der untersuchten 185 Banken nach
dem Kriterium der Bankengruppen (nähere Erläuterungen unter 5.7 im Anhang) unterteilt.
Unter diesen wurden die Autobanken, Großbanken, Privatbanken und Übrige Banken als in der
Umfrage benannte Zielmärkte untersucht. Dabei ist aufgefallen, dass die Segmente der
Privatbanken und der Übrigen Banken die angestrebte Segmentgröße von maximal 20 Banken
überschreiten und deshalb eine weitere Zerlegung erfordern. Diese geschah auf der Grundlage
der Angabe, dass sich die IBM im Geschäftsfeld Core Banking primär auf Banken mit einer
Bilanzsumme von über 2 Mrd. € konzentrieren will. Demnach wurden alle Privatbanken und
Übrige Banken mit einer Bilanzsumme von über 2 Mrd. € weiterhin derart nach ihrer
Bilanzsumme zerlegt, dass sie jeweils drei Segmente von weitestgehend gleicher Segmentgröße
hervorbrachten. Insgesamt ließen sich mit dieser Analyse acht Segmente identifizieren, die von
der IBM primär angegangen werden sollen (Zielsegmente als orange Felder mit der Anzahl der
Banken in Abbildung 8).
Im nächsten Schritt wurde analog die Segmentierung nach Tätigkeitsfeldern (nähere
Erläuterungen unter 5.7 im Anhang) durchgeführt. Dabei beschränkte sich die nähere
Untersuchung auf die in der Umfrage benannten Geschäftsfelder Universal Banking, Private
Banking und Retail Banking. Die großen Segmente des Private Banking und des Retail Banking
erforderten wiederum eine gleichmäßige Zerlegung nach der Bilanzsumme. Diese führte zu
jeweils zwei Untersegmenten, beim Retail Banking jedoch nicht zur angestrebten Segmentgröße
von maximal 20 Banken. Dies erforderte das Heranziehen der Mitarbeiterzahl in einer dritten
Dimension, die die Unterteilung der beiden Segmente des Retail Bankings in je zwei weitere
Segmente ermöglichte. Schließlich entstanden bei dieser Zerlegung sieben für die IBM
15
bedeutsamen Segmente (Zielsegmente als orange Felder mit der Anzahl der Banken in
Abbildung 9).
In einem dritten und letzten Segmentierungsansatz wurden ohne Einbeziehung quantitativer
Faktoren (bis auf die Einschränkung auf Banken mit einer Bilanzsumme von über 2 Mrd. €) die
Banken der in der Umfrage als relevant identifizierten Bankengruppen sowie Tätigkeitsfelder
einander gegenübergestellt. Dies führte zu der in Abbildung 10 dargestellten zweidimensionalen
Segmentierung in Kombination mit der Zielmarktauswahl (Zielsegmente als orange Felder mit
Anzahl der Banken). Zur darauf aufbauenden Marktpositionierung wurden nun die
Standardlösungen unter den Kernbankensystemen (grüne Balken) grafisch den Segmenten
zugeteilt, die sie primär bedienen sollen. Die Angaben stammen aus der in der Auswertung der
Umfrage enthaltenen Tabelle unter 5.6.
Abbildung 9: Segmentierung nach Tätigkeitsfeldern; Quelle: eigene Darstellung.
Abbildung 10: Zweidimensionale Segmentierung und Zielmarktauswahl; Quelle: eigene Darstellung.
16
Auf der Grundlage dieser Zuordnung lässt sich schließlich eine im theoretischen Teil dieser
Arbeit unter 2.4.2 vorgestellte Marktleistungs-Marktsegment-Matrix erstellen, die für jedes der
identifizierten Segmente (in Abbildung 11 dargestellt als blaue Säulen mit der Angabe der
Segmentgröße auf orange gefärbten Feldern) angibt, durch welche Standardlösungen
(dargestellt durch grüne Balken als Abdeckung der Segmente) dieses bedient werden kann.
Diese Matrix stellt die grundlegenden Handlungsempfehlungen an die Praxis dar und bildet
somit das Ziel des vorliegenden Berichts. Die Möglichkeiten der spezifischen Bearbeitung des
Marktes in den identifizierten Segmenten sind insbesondere auf Grund der hoch differenten
Segmentgrößen in Frage zu stellen. Trotzdem stellt die ausgearbeitete Marktleistungs-
Marktsegment-Matrix zumindest eine Diskussionsbasis für die Praxis dar und erfüllt somit den
verfolgten Zweck. Im Folgenden werden abschließend die Ergebnisse der durchgeführten
Untersuchungen zusammengefasst und bewertet.
4. Schlussbetrachtung und Ausblick
Die vorliegende Arbeit befasste sich grundlegend mit dem betriebswirtschaftlichen Instrument
der Marktsegmentierung. Als Aufgabenstellung wurde dabei die Überprüfung der These definiert,
dass sich die Praxis im Bezug auf Marktsegmentierung in einem sehr geringen Maß an den
Erkenntnissen und Modellen der Theorie orientiert. Für einen entsprechenden Vergleich wurden
Informationen aus der Theorie mithilfe des Literaturstudiums und aus der Praxis mithilfe von
Expertenbefragungen erhoben. Auf dieser Basis konnten Überdeckungen und Defizite in beiden
Bereichen gefunden werden, die in Handlungsempfehlungen resultierten. Die direkte
Anwendbarkeit theoretischer Kriterien und Methoden in der Praxis ist jedoch stark in Frage zu
Abbildung 11: Marktleistungs-Marktsegment-Matrix; Quelle: eigene Darstellung.
17
stellen. Die Ergebnisse der Analyse zielen daher nicht auf eine Angleichung von Theorie und
Praxis ab, sondern geben beiden Bereichen lediglich Gedankenanstöße.
Zusätzlich wurde beispielhaft eine Marktsegmentierung für das Geschäftsfeld Core Banking der
Beratungsorganisation IBM Global Business Services durchgeführt, in der aktuelle und
potenzielle Kunden betrachtet wurden. Die dazu erforderlichen Daten, wie Empfehlungen
effizienter Segmentierungskriterien und -methoden, wurden mittels einer Umfrage erhoben.
Letztendlich konnte eine grobe Zielmarktauswahl und Marktpositionierung in einer
Marktleistungs-Marktsegment-Matrix abgebildet werden, aus der die Praxis weitere
Handlungsempfehlungen ableiten kann. Leider gelang es hierbei auf Grund des kurzen
Zeitraums, der für die Untersuchung zur Verfügung stand nicht, die erzeugten Segmente mit
fach- und branchenkundigen Experten aus der Praxis zu evaluieren und die verwendeten
Kriterien und Methoden ggf. zu überarbeiten. Daher stellt der vorliegende Ansatz einen
Vorschlag dar, der zur Gewährleistung der Anwendbarkeit mit einer hohen Wahrscheinlichkeit
modifiziert werden muss.
Außerdem ist zu bedenken, dass ein großer Teil der erarbeiteten Aspekte die allgemeine Praxis
der Marktsegmentierung nur dort voranbringen soll und kann, wo die Bankenbranche die Rolle
des Kunden einnimmt oder im besten Fall die Positionierung von Kernbankenlösungen
angestrebt wird.
Der Fokus dieses Berichts lag weniger auf dem Themengebiet Marktpositionierung. Trotzdem
lassen die durchgeführten Untersuchungen die Einschätzung zu, dass sich diesbezüglich der
Theorie vor allem in der Betrachtung branchenspezifischer Modelle weite Forschungsgebiete
und der Praxis besonders im Abgleich von Marktleistungen mit Marktsegmenten große
Verbesserungspotenziale bieten. Hier werden wohl, wie auch im Bezug auf Marktsegmentierung,
Theorie und Praxis niemals gegenseitig angeglichen werden können, aber sie werden einander
immer Schritt für Schritt voranbringen.
18
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23
5. Anhang
5.1 Beispielhafte Marktsegmentierungsmethoden........................................................ 24
5.1.1 Lorenz-Kurve und Lorenz-Konzentrationsmaß ................................................ 24
5.1.2 Clusteranalyse............................................................................................. 24
5.2 Stand der Kernbankensystem-Installationen in Deutschland ................................... 24
5.3 Implementierung von Kernbankensystemen .......................................................... 25
5.4 Ergebnisse der Expertenbefragung zum Thema „Marktsegmentierung in der IBM“ ... 25
5.4.1 Marktsegmentierung im Allgemeinen ............................................................. 25
5.4.2 Segmentierung von Bankenkunden ............................................................... 26
5.4.3 Marktauswahl und -positionierung ................................................................ 27
5.5 Fragebogen zum Thema „Marktsegmentierung im Geschäftsfeld Core Banking“ ....... 27
5.6 Ergebnisse der Umfrage zum Thema „Effiziente Segmentierungskriterien“ ............... 33
5.7 Erläuterungen branchenspezifischer qualitativer Marktsegmentierungskriterien ........ 35
5.8 Theoriebasierte Marktsegmentierung ................................................................... 36
5.8.1 Grafische Segmentidentifikation .................................................................... 36
5.8.2 Dreidimensionale Clusteranalyse ................................................................... 37
5.9 Experteninterviews ............................................................................................. 39
24
5.1 Beispielhafte Marktsegmentierungsmethoden
5.1.1 Lorenz-Kurve und Lorenz-Konzentrationsmaß
Mit der Nutzung der Lorenz-Kurve zur Marktsegmentierung stellt man in einem
zweidimensionalen Graphendiagramm die kumulierten Wertanteile der einzelnen nach Umsatz
oder anderen Größen
geordneten Kunden dar.
Somit geht diese einher mit
der ABC-Analyse und
ermittelt den Grad der
Konzentration des Umsatzes,
der Niederlassungen, der
Kunden usw. auf die
entsprechend stärksten Firmen.43
Abbildung 12: Lorenz-Kurve; Quelle: Eigene Abbildung, in Anlehnung an: www.kubiss.de (2009), Abschnitt „Grafische Darstellung einer ABC-Analyse“ im Hauptframe (siehe Internet- / Intranetverzeichnis).
Das Lorenz-Konzentrationsmaß (auch Gini-Koeffizient) gibt den Anteil der Fläche zwischen der
Lorenz-Kurve und der 45°-Diagonale an der halben Gesamtfläche des Diagrammraumes an und
stellt somit ein quantitatives Maß für die Konzentration dar.44
5.1.2 Clusteranalyse
Das Ziel dieses Verfahrens ist im Sinne der Marktsegmentierung die Gruppierung ausgewählter
Kunden bezüglich ihrer Merkmalsausprägungen. Zu Beginn des Algorithmus’ stellt jeder Kunde
ein eigenes Cluster dar. In mehreren Iterationen werden Kunden zu Gruppen (bzw. neuen
Clustern) zusammengefasst. Dazu werden in jedem Schritt die Distanzen zwischen allen
Clustern ermittelt und daraufhin die Cluster mit der geringsten gegenseitigen Distanz gruppiert.
Der beschriebene Algorithmus endet, wenn eine bestimmte Minimalanzahl von Clustern
unterschritten oder eine Maximalanzahl von gruppierten Kunden überschritten wird.45
5.2 Stand der Kernbankensystem-Installationen in Deutschland
Als Basis der im empirischen Teil dieser Arbeit beschriebenen Marktsegmentierung soll im
Folgenden die aktuelle Situation des deutschen Marktes für Kernbankensysteme dargestellt
werden.
Bei einem Kernbankensystem (engl.: Core Banking System) handelt es sich um ein
Computersystem, welches die Kernprozesse einer Bank abbildet. Unter typischen Prozessen
werden hierbei Sparen, Darlehen oder Girokontenverwaltung verstanden.46
43 Vgl. Zingel, Harry (2003), S. 4f (siehe Internet- / Intranetverzeichnis). 44 Vgl. ebenda, S. 5 (siehe Internet- / Intranetquellen). 45 Vgl. Kesting, Tobias / Rennhak, Carsten (2008), S. 31. 46 Vgl. Die Bankauskunft (2008), Hauptframe (siehe Internet- / Intranetverzeichnis).
25
Die heute in deutschen Banken installierten Core Banking Systeme stellen die Anwender vielen
Problemen gegenüber. Sie sind vielfach monolithisch und nach Geschäftssparten gegliedert.
Somit weisen sie eher eine Orientierung nach den Produkten als nach den Kunden auf.
Weiterhin erfordert die Entwicklung neuer Systeme oft monatelange Programmierung und die
IT-Kosten für Wartung und Pflege fallen auf Grund der oft starken Individualisierung ebenfalls
hoch aus.47 Die aktuell verwendeten Systeme sind oft Jahrzehnte zuvor eingeführt und in den
letzten Jahren teilweise modernisiert worden, was ihre Komplexität in der Regel nicht
verringert.48
5.3 Implementierung von Kernbankensystemen
Bei der Einführung eines neuen Core Banking Systems hat eine Bank wie bei den meisten
betrieblichen Anwendungssystemen die Wahl zwischen einer eigenentwickelten Individuallösung
und einem Standardprodukt. Die Eigenentwicklung zeichnet sich durch die Unterstützung
komplexer individueller Organisationsstrukturen aus und lässt sich bei einigen Banken nicht
vermeiden. Die Standardsoftware weist dagegen geringere Kosten und eine höhere Flexibilität
auf.49
Als weltweit größte Beratungsorganisation bietet IBM Global Business Services seinen Kunden
sowohl Entwicklung von Individuallösungen als auch Evaluierung und Einführung von
Standardlösungen an. Bei den Standardlösungen handelt es sich um Produkte von Business-
Partnern der IBM wie KORDOBA, i-flex und COR Alldata.
Auf der Grundlage dieser Ausführungen wird im empirischen Teil dieser Arbeit eine
Marktsegmentierung der Bankenkunden des Core Banking Geschäftsfelds von IBM Global
Business Services durchgeführt.
5.4 Ergebnisse der Expertenbefragung zum Thema
„Marktsegmentierung in der IBM“
5.4.1 Marktsegmentierung im Allgemeinen
Die IBM sieht die Marktsegmentierung vorrangig als Methode, Vertriebsressourcen effizient im
Markt einzusetzen. Grob wird zunächst der gesamte Markt in Kundengruppen eingeteilt, die für
ein bestimmtes Produkt der IBM als potenzielle Käufer in Frage kommen. Im Wesentlichen liegt
der Zweck der Segmentierung also darin, die Produkte gezielt Marktsegmenten zuzuordnen.
Außerdem ist sie für die Wahl des richtigen Vertriebskanals entscheidend. Die Zuordnung
geschieht im Wesentlichen nach dem Umsatz, den der jeweilige Kunde für die IBM in der
Vergangenheit generiert hat. Kunden, die jährlich Verträge über ein großes Volumen mit der
IBM abschließen, werden direkt betreut, während Kunden, die tendenziell für weniger Umsatz
47 Vgl. IBM Deutschland GmbH (2007), S. 1. 48 Vgl. SAP AG / Accenture (2005), S. II. 49 Vgl. IBM Deutschland GmbH (2007), S. 1.
26
verantwortlich sind, indirekt über Business Partner adressiert werden.50 Die IBM geht also den
Zielmarkt im Hinblick auf das Produkt und den Vertriebskanal segmentspezifisch an.
Außerdem widerspiegeln die Segmentierungskriterien stark die Organisation der IBM. Dazu
zählen zunächst die Branchen, die durch geteilte Organisationseinheiten bearbeitet werden.51
Die Größe des Kunden ist kein Indikator, der auf das Umsatzpotenzial schließen lässt, aber sie
eignet sich in Kombination mit den Umsatzzahlen zu einer weiteren Einteilung der
Organisation.52 Die größten und umsatzwichtigsten Kunden werden weltweit durch eigene
Organisationseinheiten, die Integrated Accounts bedient. Die nächstkleinere Stufe bilden
Kunden, die regional einzeln durch Client Executives betreut werden. Auf der folgenden Stufe
befinden sich Kunden, die ebenfalls regional, aber in branchenorientierten Clustern als
Kundengruppen bedient werden. Schließlich gibt es klassische Mittelstandskunden, die wenig
Umsatz generieren und von der Organisationseinheit General Business oder indirekt durch
Business Partner betreut werden.53
5.4.2 Segmentierung von Bankenkunden
Bei der Segmentierung von deutschen Banken als aktuelle bzw. potenzielle Kunden eignet sich
als Kriterium neben der bereits angeführten Größe und des in der Vergangenheit generierten
Umsatzes54 zunächst die Zugehörigkeit zu einer der drei Bankensäulen (Sparkassensektor,
Genossenschaftssektor und Kreditbanken; nähere Erläuterungen unter 5.7), da diese jeweils ein
eigenes Kaufverhalten aufweisen. Dabei sind der Sparkassen- und der Genossenschaftssektor in
sich bereits homogen während der Sektor der Kreditbanken eine heterogene Landschaft
darstellt und weiter unterteilt werden kann. Wenn man mit der Segmentierung den
zielorientierten Vertrieb von Kernbankensystemen anstrebt, kann die Unternehmensgröße ein
valides Kriterium sein.55 Diese lässt sich allerdings weder durch die Bilanzsumme, noch durch
die Anzahl der Mitarbeiter oder der Geschäftsstellen erschließen. Als vorstellbar wird hier eine
Kombination aller drei quantitativen Faktoren angesehen.56 Nach einer solchen
Größensegmentierung werden aber immer noch in sich heterogene Kundengruppen bestehen
bleiben. Dabei kann das Kriterium Größe durch das Tätigkeitsfeld der Kunden (Private Banking,
Corporate Banking, Retail Banking, Universal Banking, Mortgage Banking oder Other) bzw. die
Bankengruppe (Großbanken, Privatbanken, Autobanken, Landesbanken, Hypothekenbanken,
Sparkassen-Verbund, Genossenschafts-Verbund, Sparda-Banken, Spezial- /Förderbanken,
Bausparkassen oder Übrige Banken) (nähere Erläuterungen unter 5.7) ersetzt oder damit
kombiniert werden. Zusätzlich können Töchter ausländischer Banken als ein separates Segment
50 Vgl. Befragter 1 (08.12.08), 1.-3. Antwort. 51 Vgl. Befragter 3 (10.12.08), 1. Antwort. 52 Vgl. Befragter 1 (08.12.08), 4. Antwort. 53 Vgl. Befragter 3 (10.12.08), 1. Antwort. 54 Vgl. Befragter 3 (10.12.08), 2. Antwort. 55 Vgl. Befragter 1 (08.12.08), 5. Antwort. 56 Vgl. Befragter 2 (09.12.08), 5. Antwort.
27
betreut werden, weil sie die gleiche Aufgabenstellung verfolgen.57 Eine eindimensionale rein
funktionale Segmentierung in die benannten Gruppen wird aber vermieden, weil diese in sich zu
heterogen ausfallen.
Die Kriterien Bilanzsumme oder Profitabilität haben sich nicht als effektive
Segmentierungsmerkmale erwiesen, weil sie sich nicht direkt auf den Umsatz beziehen lassen,
den die IBM mit den jeweiligen Kunden macht. Eine wichtige Erkenntnis besteht darin, dass es
kein universelles Modell der Marktsegmentierung gibt, sondern die IBM immer mehr
Annäherungen an einen solchen Idealfall ausarbeitet.58
Die Segmentierungstiefe hängt dabei im Wesentlichen von der Größe der Vertriebsorganisation
ab. Dabei wird eine Kundenanzahl pro Segment angestrebt, die intensiv und effektiv von der
zuständigen Organisationseinheit betreut werden kann.59
5.4.3 Marktauswahl und -positionierung
Zur Zielmarktauswahl können sowohl der bereits angesprochene Umsatz60 als auch
entsprechende Markttrends verwendet werden.61
Bei der Positionierung wird der Idealfall angestrebt, jedem Segment ein konkretes Produkt
zuordnen zu können. Dies ist heute jedoch auf Grund der weiten Fragmentierung des deutschen
Bankensektors nicht realisierbar.62 Hier muss immer noch jeder einzelne Fall untersucht werden,
um die Entscheidung für ein Kernbankensystem zu treffen.63
Pauschal kann angeführt werden, dass die Banken im Sparkassen- und Genossenschaftssektor,
die von ihren Rechenzentren Software beziehen, aus ihrer eigenen Sichtweise Standardsysteme
anwenden und deshalb für den Kauf solcher in Frage kommen.64 Die großen Kreditbanken
weisen eine komplexe IT-Landschaft auf, die Individuallösungen erfordert, während die
kleineren Banken dieser Säule zunehmend zu Standardlösungen wechseln.65 Was die einzelnen
Systeme angeht, decken einige davon das komplette Core Banking Spektrum ab während
andere nur Teilfunktionalitäten bereitstellen – hier müssen für eine grobe Zuordnung die
Bedürfnisse des jeweiligen Kundensegments untersucht werden.66
5.5 Fragebogen zum Thema „Marktsegmentierung im Geschäftsfeld Core
Banking“
Bitte beantworten Sie die folgenden Fragen durch Ankreuzen oder Ausfüllen der grau
markierten Felder. Ihre Angaben werden anonym ausgewertet.
57 Vgl. Befragter 1 (08.12.08), 6. Antwort. 58 Vgl. Befragter 3 (10.12.08), 2.-3. Antwort. 59 Vgl. Befragter 3 (10.12.08), 5. Antwort. 60 Vgl. Befragter 3 (10.12.08), 6. Antwort. 61 Vgl. Befragter 4 (11.12.08), 5. Antwort. 62 Vgl. Befragter 1 (08.12.08), 9.-11. Antwort. 63 Vgl. Befragter 4 (11.12.08), 7. Antwort. 64 Vgl. Befragter 1 (08.12.08), 12. bis 14. Antwort. 65 Vgl. Befragter 4 (11.12.08), 7. Antwort. 66 Vgl. Befragter 2 (09.12.08), 11. Antwort.
28
1. Nach welchen der folgenden Kriterien ist der deutsche Bankensektor zu segmentieren, um diesen im Geschäftsfeld „Core Banking“ möglichst gezielt anzusprechen? (bitte ankreuzen oder nach Priorität nummerieren)
Bankentyp: Großbank, Sparkassen-Verbund, Geno-Verbund, Landesbank,
Hypothekenbank, Spezialbank/Förderbank, Privatbanken, Bausparkasse, Autobank,
Sparda-Banken, übrige Banken
Institutsgruppe: privat, öffentlich-rechtlich, freie Sparkasse, genossenschaftlich,
genossenschaftliches RZ
Tätigkeitsfeld: Private Banking, Private Banking+, Retail Banking, Corporate Banking,
Universal Banking, Mortgage Banking, Other
Provider der aktuellen Core Banking Lösung (z.B. G&H Bankensoftware AG, i-flex,
KORDOBA)
Aktuelle Core Banking Lösung (z.B. Bancos, FlexCube, KORDOBA)
Anzahl Geschäftsstellen (z.B. unter 10 Geschäftsstellen, 10-100 Geschäftsstellen, ab 100
Geschäftsstellen)
Anzahl Mitarbeiter (z.B. unter 100 Mitarbeiter, 100-1.000 Mitarbeiter, ab 1.000
Mitarbeiter)
Bilanzsumme (z.B. unter 50 Mrd. €, 50-500 Mrd. €, ab 500 Mrd. €)
Weitere Kriterien. Wenn ja, welche?
2. Welche Segmentierungstiefe ist anzustreben? Begründen Sie, wenn möglich.
Angestrebte Anzahl der Segmente (z.B. 5)
Angestrebte Größe der Segmente (in
29
Anzahl Banken, z.B. 30)
3. Was sind die Eigenschaften des Segments / der Segmente bezüglich der aufgeführten Kriterien, auf die sich die IBM im Core Banking Geschäft konzentrieren will?
Kriterium
Ausprägungen der zu adressierenden Segmente
(z.B. „alle“ oder „Großbank, Landesbank,
Autobank“ oder „Private Banking, Universal
Banking“ oder „Banken, die zur Zeit RYO-Lösungen im
Einsatz haben“ oder „Banken, die mehr als 1.000
Mitarbeiter haben“ usw.)
Bankentyp: Großbank, Sparkassen-
Verbund, Geno-Verbund,
Landesbank, Hypothekenbank,
Spezialbank/Förderbank,
Privatbanken, Bausparkasse,
Autobank, Sparda-Banken, übrige
Banken
Institutsgruppe: privat, öffentlich-
rechtlich, genossenschaftlich
Tätigkeitsfeld: Private Banking, Pri-
vate Banking+, Retail Banking,
Corporate Banking, Universal Bank-
ing, Mortgage Banking, Other
Provider der aktuellen Core Banking
Lösung
Aktuelle Core Banking Lösung
Anzahl Geschäftsstellen
Anzahl Mitarbeiter
30
Bilanzsumme
Weitere Kriterien
4. Wer sind die Core Banking Provider, auf deren Lösungen sich die IBM konzentrieren will? Welche Segmente bezüglich der in 1.) aufgeführten Kriterien sollen mit diesen Lösungen adressiert werden?
Core Banking
Provider
Geschäft in der
Zukunft (z.B. „Ja,
weil…“ oder „Nein,
weil…“)
Eigenschaften des Segments, in dem die
Lösung eingesetzt werden soll (z.B. „alle
Banken“ oder „Großbank“ oder „Private
Banking“ oder „Banken, die zur Zeit RYO-
Lösungen im Einsatz haben“ oder „Banken, die
mehr als 1.000 Mitarbeiter haben“ usw.)
Avaloq Evolution AG
Bavaria Banken
Software
B+S Banksysteme
CSC
COR ALLDATA
Die Software Peter
Fitzon
EFDIS
ERI
Fernbach
FIDUCIA IT AG
31
Finnova AG
GAD eg
G+H Bankensoftware
AG
i-flex
Infosys
Kordoba
MISYS
Multibank
PASS Consulting
Group
SAP
Temenos
ACTIS.BSP
TietoEnator
5. Was sind spezifische Eigenschaften des deutschen Bankenwesens (sowohl aus Sicht des gesamten Marktes als auch der einzelnen Banken), die das Core Banking Geschäft beeinflussen und wie konkret wirken sie sich darauf aus?
32
6. Inwiefern wirkt sich die Konsolidierung der Banken in Deutschland auf das Core Banking Geschäft aus?
7. Inwiefern wirkt sich die Finanzkrise auf das Core Banking Geschäft aus?
8. Was sind andere aktuelle Markttrends in Deutschland, die das Core Banking Geschäft beeinflussen und wie wirken sie sich konkret darauf aus?
9. Wie lässt sich der aktuelle Stand der Core Banking Installationen innerhalb der Banken folgender Typen beschreiben?
Großbank
Sparkassen-Verbund
Geno-Verbund
Landesbank
Hypothekenbank
Spezialbank/Förderbank
Privatbank
Bausparkasse
Auto-Bank
33
Sparda-Bank
10. Wer sind die bedeutendsten Konkurrenten der IBM bei der Implementierung von Core Banking Lösungen? (geordnet nach geschätztem Marktvolumen)
11. Was sind die zukünftigen Entwicklungen des Marktes für Core Banking Lösungen?
12. Wie lässt sich grob die Strategie beschreiben, die die IBM in Deutschland zukünftig im Core Banking Geschäft verfolgt?
5.6 Ergebnisse der Umfrage zum Thema
„Effiziente Segmentierungskriterien“
Die als Segmentierungskriterium hervorgehobene Umsatzkennziffer kann im Folgenden auf
Grund unternehmensinterner Gründe nicht verwendet werden. Aus den zur Auswahl gestellten
Segmentierungskriterien wurden von den befragten Experten die folgenden drei Faktoren
ausgesucht. Die Reihenfolge spiegelt dabei die eingeschätzte Relevanz wider.
- Bankengruppe (Großbank, Sparkassen-Verbund, Genossenschafts-Verbund, Landesbank,
Hypothekenbank, Spezialbank/Förderbank, Privatbanken, Bausparkasse, Autobank,
Sparda-Banken, übrige Banken)
- Aktuelle Core Banking Lösung (konkrete Provider / Lösungen und entsprechende
Eigenschaften in der folgenden Tabelle)
- Tätigkeitsfeld (Private Banking, Private Banking+, Retail Banking, Corporate Banking,
Universal Banking, Mortgage Banking, Other)
(nähere Erläuterungen der hier verwendeten qualitativen Kriterien unter 5.7)
Dem zweiten Kriterium wurde zusätzlich die Funktion der Grundlage für gezielte Kampagnen
zugeschrieben. Daher wird es in der folgenden allgemeinen Segmentierung nicht verwendet.
34
Was die Segmentierungstiefe angeht, gaben die Probanden im Durchschnitt eine angestrebte
Segmentanzahl von höchstens fünf Segmenten mit jeweils bis zu 20 Kunden pro Segment an.
Da eine Anzahl von maximal 100 Kunden jedoch im Hinblick auf die festgelegte Datenbasis zu
gering erscheint, konzentrieren sich die folgenden Ausführungen primär auf die Einhaltung der
Segmentgröße.
Bezüglich der Marktauswahl werden als primär zu bearbeitende Bankengruppen die Großbanken,
Privatbanken, Autobanken und Übrige Banken angeführt. Die Tätigkeitsfelder Private Banking
und Retail Banking werden hier ebenfalls überwiegend herausgestellt. Außerdem erfolgt die
Angabe einer minimalen Bilanzsumme von 2 Mrd. € als Zielkriterium.
Die Marktpositionierung bezieht sich schließlich auf die einzelnen Standardlösungen der
Business Partner, da sich sowohl der Markttrend als auch der Schwerpunkt der IBM von
Eigenentwicklungen weg hin zu Standardsystemen verlagern. Die Eigenschaften der Segmente,
in denen die einzelnen Lösungen jeweils eingesetzt werden sollen, wurden durch die Umfrage
ebenfalls erhoben und sind in der nachfolgenden Tabelle enthalten.
Core Banking
Provider
Eigenschaften des Zielsegments für jede Lösung
Avaloq Evolution AG
Private Banking, Universal Banking mit ausreichendem Private
Banking Anteil
COR ALLDATA Retail Banking, Private Banking, Autobanken
Die Software
Peter Fitzon
Private Banking
Fernbach
Alle (Baukastensystem, Komponenten für alle grundsätzlich
einsetzbar), auch für RYO Kunden
FIDUCIA IT AG
RZ für alle genossenschaftlichen Institute in Südwest- und Ost-
Deutschland, Drittmarktkunden im Retail und Universal Banking,
stark am Standard orientiert
GAD eg
RZ für alle genossenschaftlichen Institute in Nord- und West-
Deutschland, Drittmarktkunden im Retail und Universal Banking,
stark am Standard orientiert
i-flex Retail Banking, Universal Banking
Infosys Private Banking, Universal Banking
KORDOBA Retail Banking, Private Banking, Universal Banking
SAP
Retail Banking (Banking Platform),
Universal Banking (BCA),
Private Banking (Callatay & Wouters)
35
Temenos Private Banking, Universal Banking (kleine bis mittelgroße Kunden)
5.7 Erläuterungen branchenspezifischer qualitativer
Marktsegmentierungskriterien
Bankensäulen
Ausprägung Erläuterung
Kreditbanken Universelle Banken mit privater Rechtsform (Großbanken,
Regionalbanken und sonstige Kreditbanken, Zweigstellen
ausländischer Banken)67
Sparkassensektor Öffentlich-rechtliche Unternehmen (Sparkassen,
Landesbanken/Girozentralen, DekaBank)68
Genossenschaftssektor Kreditgenossenschaften (Primärbanken) und genossenschaftliche
Zentralbanken69
Spezialbanken Durch ein engeres Leistungsangebot als die Universalbanken
(Kreditbanken, Sparkassensektor und Genossenschaftssektor)
gekennzeichnete Banken (Bausparkassen,
Kapitalanlagegesellschaften, Bürgschaftsbanken, Banken mit
Sonderaufgaben)70
Bankengruppen
Ausprägung Erläuterung
Autobank Tochtergesellschaft eines Automobilunternehmens; bietet im
Zuge des Kfz-Handels Finanzgeschäfte an71
Bausparkasse Kapitalsammelstelle, welche langfristig bestimmte
Zinskonditionen für die Anspar- und Tilgungszeit anbietet72
Genossenschafts-Verbund Verbund von Kreditgenossenschaften; privatrechtliche
Unternehmensform73
Großbank Privates Kreditinstitut eines Landes; Angebote sowohl auf
Bundesebene als auch Grenzüberschreitend74
Hypothekenbank spezialisiert sich auf die Vergabe von mittel- und langfristigen
67 Vgl. Becker, Hans Paul / Peppmeier, Arno (2008), S. 80. 68 Vgl. ebenda, S. 82. 69 Vgl. ebenda, S. 83. 70 Vgl. ebenda, S. 84ff. 71 Vgl. Finanz-lexikon.de (2009 a), Hauptframe. 72 Vgl. Finanz-lexikon.de (2009 b), Hauptframe. 73 Vgl. Finanz-lexikon.de (2009 c), Hauptframe. 74 Vgl. Finanz-lexikon.de (2009 d), Hauptframe.
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Krediten; Schwerpunkt auf Immobilienfinanzierung75
Landesbank auch als Girozentrale bezeichnet; regionale Zentralinstitute
der Sparkassen76
Privatbank Spezialisierung auf Kunden mit großem Guthaben, die ihr
Vermögen langfristig anlegen und verwalten lassen77
Sparda-Bank Anbieter von Baufinanzierungen; gehört zum
genossenschaftlichen Bankenverbund78
Sparkassen-Verbund Verbund gemeinnütziger Kreditinstitute; öffentlich-rechtliche
Einrichtungen79
Spezial- / Förderbank Sparte im deutschen Bankensystem; hat sich jeweils auf
besondere Geschäftsbereiche des Finanzwesens spezialisiert80
Übrige Banken Banken, die den aufgeführten Klassen nicht entsprechen
Tätigkeitsfeld
Ausprägung Erläuterung
Corporate Banking Geschäfte einer Bank mit Firmenkunden81
Mortgage Banking Pfandbriefgeschäft, d. h. Ausgabe von Pfandbriefen82
Other Banken, die den aufgeführten Klassen nicht entsprechen
Private Banking Anlageberatung und Vermögensverwaltung für private vermögende
Kunden83
Retail Banking Geschäfte einer Bank mit der Masse der Privathaushalte84
Universal Banking breites Angebot umfassender Bankleistungen85; hier: Kombination
von Corporate, Private und Retail Banking
5.8 Theoriebasierte Marktsegmentierung
5.8.1 Grafische Segmentidentifikation
Bei der eigentlichen Marktsegmentierung wurde eine Identifikation weiterer, in der schriftlichen
Umfrage nicht erfasster, jedoch möglicherweise valider Segmentierungskriterien angegangen.
Dazu wurden die unter 5.8 (Ergebnisse der Expertenbefragung) allgemein diskutierten
Segmentierungskriterien in einem zweidimensionalen Graphen dargestellt. Auf der x- und der y-
75 Vgl. Finanz-lexikon.de (2009 e), Hauptframe. 76 Vgl. Finanz-lexikon.de (2009 f), Hauptframe. 77 Vgl. Banken-Test.ch (2009), Hauptframe. 78 Vgl. Meyers Lexikon Online (2009 a), Hauptframe. 79 Vgl. Finanz-lexikon.de (2009 g), Hauptframe. 80 Vgl. Finanz-lexikon.de (2009 h), Hauptframe. 81 Vgl. Finanz-lexikon.de (2009 i), Hauptframe. 82 Vgl. Meyers Lexikon Online (2009 b), Hauptframe. 83 Vgl. Finanz-lexikon.de (2009 j), Hauptframe. 84 Vgl. Finanz-lexikon.de (2009 k), Hauptframe. 85 Vgl. Wirtschaftslexikon24.net (2009), Hauptframe.
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Achse wurde jeweils die Verteilung aller 185 Banken nach einem Segmentierungskriterium
abgebildet, um so möglicherweise grafisch in sich homogene Segmente von Banken zu
identifizieren. Auf diese Weise wurden alle möglichen Kombinationen von zwei
Segmentierungskriterien erprobt. Die Herausstellung von Segmenten ist dabei jedoch
misslungen, was sich durch die Heterogenität und Komplexität des deutschen Bankensektors
begründen lässt.
5.8.2 Dreidimensionale Clusteranalyse
Als nächstes auf rein theoretischen Erkenntnissen basierendes Verfahren wurde die unter 5.1.2
beschriebene Clusteranalyse durchgeführt. Dabei wurden drei in der vorliegenden Datenbasis
verfügbare quantitative Kriterien herangezogen: Bilanzsumme, Anzahl der Mitarbeiter und
Anzahl der Geschäftsstellen der jeweiligen Bank.
Zunächst wurde für jedes Kriterium einzeln eine Distanzmatrix erstellt und auf dieser basierend
der der Clusteranalyse zugrunde liegende Algorithmus angewandt. Dabei wurde als
Abbruchkriterium für den Algorithmus eine Minimalanzahl von fünf Segmenten festgelegt. In
einem zweiten Schritt wurde eine analoge Distanzmatrix für eine Einbeziehung von jeweils zwei
der drei Segmentierungskriterien (Bilanzsumme und Mitarbeiterzahl, Geschäftsstellenzahl und
Bilanzsumme oder Mitarbeiterzahl und Geschäftsstellenzahl) erstellt. Diese Matrix stellt die
virtuellen Distanzen zwischen zwei Kunden dar, die z.B. mittels der Kriterien Bilanzsumme auf
der x-Achse und Mitarbeiterzahl auf der y-Achse in einem zweidimensionalen Diagramm
abgebildet wurden. Derselbe Algorithmus wurde auch auf diese drei Distanzmatrizen angewandt.
Im dritten Schritt wurde schließlich eine Matrix der Distanzen im dreidimensionalen Raum unter
Einbeziehung aller drei Kriterien (Bilanzsumme, Mitarbeiterzahl und Geschäftsstellenzahl) erstellt
und mit dem Algorithmus der Clusteranalyse bearbeitet.
Das Ergebnis dieser Segmentierung waren in allen drei Schritten bzw. Betrachtungsweisen vier
sehr kleine Segmente (1-3 Banken) großer Banken und ein sehr großes Segment (>170
Banken) kleinerer Banken. Dies unterstreicht wiederum die hohe Konzentration von
Bilanzsummen, Mitarbeitern und Geschäftsstellen auf die größten der untersuchten Banken, die
sich in diesen Kriterien weit von den kleineren Banken abgrenzen. Einen Mehrwert für die Praxis
liefert diese Analyse jedoch kaum, weil die angestrebte Clustergröße verfehlt wird. Als die
effizienteste Segmentierung kann hier die dreidimensionale Clusteranalyse betrachtet werden,
deren Ergebnisse in Abbildung 13 dargestellt sind (orange Felder als vier kleine Zielsegmente
und graues Feld als ein großes Segment (179 Banken) im dreidimensionalen Gebilde mit
Bilanzsumme, Anzahl der Mitarbeiter und Anzahl der Geschäftsstellen auf x-, y- und z-Achse;
orange Balken mit Angabe konkreter Banken pro Zielsegment).
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Abbildung 13: Identifizierte Segmente in der dreidimensionalen Clusteranalyse; Quelle: eigene Darstellung.
Eine weitere Anwendung bzw. zweite Iteration des Verfahrens auf das fünfte und größte
Segment mit 179 Banken führte zu einem ähnlichen Ergebnis, das in Abbildung 14 aufzufinden
ist (orange Felder als vier kleine Zielsegmente und graues Feld als ein großes Segment (173
Banken) im dreidimensionalen Gebilde mit Bilanzsumme, Anzahl der Mitarbeiter und Anzahl der
Geschäftsstellen auf x-, y- und z-Achse; orange Balken mit Angabe konkreter Banken pro
Zielsegment).
Abbildung 14: Verfeinerung durch Anwendung der Clusteranalyse auf das größte Cluster; Quelle: eigene Darstellung.
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Somit erfüllt die Clusteranalyse hier zwar ihren Zweck der Unterteilung des Gesamtmarktes in
möglichst homogene Segmente, liefert aber in diesem hochkonzentrierten Umfeld keine in der
Praxis brauchbaren Ergebnisse.
5.9 Experteninterviews
Im Zuge der Untersuchung wurden vier Experteninterviews durchgeführt:
Experte (anonymisiert) Datum
Befragter 1; Associate Partner, Core Banking;
IBM Deutschland GmbH
08.12.08
Befragter 2; Senior IT Architect, Financial Services;
IBM Deutschland GmbH
09.12.08
Befragter 3; Partner, Integrated Banking Team;
IBM Deutschland GmbH
10.12.08
Befragter 4; Business Development Executive, Core Banking;
IBM Deutschland GmbH
11.12.08