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Osnabrîcker Beitr�ge zur Parteienforschung

Band 4

herausgegeben von

Jçrn Ipsen

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Theresia Anna Gelberg

Das Parteiverbotsverfahren nachArt. 21 Abs. 2 GG am Beispiel desNPD-Verbotsverfahrens

V&R unipress

Universit�tsverlag Osnabr�ck

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet �ber

http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89971-742-6

Verçffentlichungen des Universit�tsverlags Osnabr�ck

erscheinen im Verlag V&R unipress GmbH.

� 2009, V&R unipress in Gçttingen /www.vr-unipress.de

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich gesch�tzt. Jede

Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen F�llen bedarf der vorherigen

schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine

Teile d�rfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages çffentlich zug�nglich gemacht

werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung f�r Lehr-und Unterrichtszwecke.

Printed in Germany.

Gedruckt auf alterungsbest�ndigem Papier.

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Meinen Eltern

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Vorwort

Diese Arbeit lag dem Fachbereich Rechtswissenschaften der Universit�t Osna-brîck im Sommersemester 2009 als Dissertation vor.

Mein Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Jçrn Ipsen fîr die hilf-reiche und zielfîhrende Betreuung und die zîgige Erstellung des Erstgutach-tens.

Ebenso danke ich Frau PD Dr. Katrin Stein fîr die ebenfalls zîgige Erstellungdes Zweitgutachtens sowie fîr ihre wertvollen Anregungen und Hinweise.

DemTeamdes Instituts fîr Kommunalrecht derUniversit�t Osnabrîck dankeich fîr die kollegiale und fçrderliche Interaktion bei der Erstellung der Arbeit.Insbesondere danke ich Frau Dr. Stefanie Klaes fîr ihre kritische Durchsicht.

Nicht zuletzt gilt mein Dank dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsge-richts fîr die mir ermçglichte Einsicht in die Akten des NPD-Verbotsverfahrens.

Soest im August 2009

Theresia Gelberg

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Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Abkîrzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Kapitel 1: Der Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27A. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

I. Antragsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 271. Antragssteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282. »Antragspflicht?« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31II. Antragsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35III. Antragsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361. Begrîndung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362. Wiederholter Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

B. Die Anwendung der rechtlichen Grundlagen in derPraxis: am Beispiel des NPD-Verbotsverfahrens . . . . . 37

C. Wîrdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

Kapitel 2: Das Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47A. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

I. Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47II. Voruntersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49III. Durchsuchung, Beschlagnahme . . . . . . . . . . . 51

B. Die Anwendung der rechtlichen Grundlagen in derPraxis: am Beispiel des NPD-Verbotsverfahrens . . . . . 54I. Die V-Mann-Problematik . . . . . . . . . . . . . . . 571. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . 57a) V-Leute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57b) Der Zweck ihres Einsatzes . . . . . . . . . . . . . . 59

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c) Eingriffsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . 602. Die Anwendung der rechtlichen Grundlagen des

V-Mann-Einsatzes in der Praxis: am Beispiel desNPD-Verbotsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . 62

3. Wîrdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64a) Einfache Informationsbeschaffung vor Stellung

eines Verbotsantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . 65b) Mitgliedschaft in der beobachteten Partei vor

Stellung eines Verbotsantrags . . . . . . . . . . . . 68aa) Zurechnungsproblematik . . . . . . . . . . . . . . . 68bb) Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70cc) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73c) Vorstandsarbeit von V-Leuten vor Stellung eines

Verbotsantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77d) Mitgliedschaft in der beobachteten Partei nach

Stellung eines Verbotsantrags . . . . . . . . . . . . 82e) Vorstandsarbeit von V-Leuten nach Stellung eines

Verbotsantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85II. Verfahrenshindernis . . . . . . . . . . . . . . . . . 871. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . 88a) Verfahrenshindernis aus der Verfassung im

Rahmen eines Strafprozesses . . . . . . . . . . . . . 88aa) Verfahrenshindernis . . . . . . . . . . . . . . . . . 88bb) Kein Verfahrenshindernis . . . . . . . . . . . . . . 91b) �bertragung der Argumente zum Strafverfahren

auf das Parteiverbotsverfahren . . . . . . . . . . . . 94c) Abw�gung im Rahmen der Feststellung eines

Verfahrenshindernisses in einemParteiverbotsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 97

aa) Besonderheiten des Parteiverbotsverfahrens . . . . 97(1) Doppelte Schutzwirkung . . . . . . . . . . . . . . . 97(aa) Die verfassungsschîtzende Seite des Art. 21 Abs. 2

GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97(bb) Die parteienschîtzende Seite des Art. 21 Abs. 2 GG. 99(2) Verh�ltnis beider Schutzrichtungen . . . . . . . . . 100(aa) Die Stellung der Parteien in der Demokratie . . . . 100(bb) Widersprîchlichkeit der wehrhaften Demokratie . . 103(cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107bb) Abw�gung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

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2. Die Anwendung der rechtlichen Grundlagen in derPraxis: am Beispiel des NPD-Verbotsverfahrens . . 112

a) Verfahrenshindernis . . . . . . . . . . . . . . . . . 112b) Kein Verfahrenshindernis . . . . . . . . . . . . . . 1133. Wîrdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115a) Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip

beziehungsweise gegen den Grundsatz des fairenVerfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

aa) Ausforschung von Prozessinformationen imRahmen der Vorstandsarbeit . . . . . . . . . . . . . 116

bb) Beeinflussung der Prozesstaktik im Rahmen derVorstandsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

cc) Beeinflussung der parteiinternen Willensbildungim Rahmen der Vorstandsarbeit . . . . . . . . . . . 119

(1) Beobachtung vor Antragsstellung . . . . . . . . . . 119(2) Beobachtung nach Antragsstellung . . . . . . . . . 120dd) Anknîpfen der Antragsbegrîndungen an das

Verhalten von V-Leuten . . . . . . . . . . . . . . . . 121b) Anwendung des Ergebnisses der Abw�gung . . . . . 123III. Die Anwendung des § 15 Abs. 4 S. 1 BVerfGG . . . . 1251. Die Regelung des § 15 Abs. 4 S. 1 BVerfGG . . . . . 1262. Die Anwendung der rechtlichen Grundlagen in der

Praxis: am Beispiel des NPD-Verbotsverfahrens . . 1273. Wîrdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128a) Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 S. 1 BVerfGG –

Problem der relevanten Verfahrenshandlung seitensder NPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

b) Vorliegen einer nachteiligen Entscheidung . . . . . 130aa) Chance auf Feststellung der Verfassungsm�ßigkeit . 130bb) Keine Ver�nderung zum status quo ante . . . . . . 131c) Reversibilit�t des Beschlusses nach § 45 BVerfGG . 132d) Problem der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . 135

C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

Kapitel 3: Das Hauptverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139A. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

I. Mîndliche Verhandlung, § 25 Abs. 1 BVerfGG . . . 139II. Untersuchungsgrundsatz, § 26 Abs. 1 S. 1 BverfGG . 1411. Akten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1432. Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

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3. Beweisverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148a) Beweisverwertungsverbote . . . . . . . . . . . . . . 148b) Abw�gung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

B. Die Anwendung der rechtlichen Grundlagen in derPraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155I. Frîhere Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1561. SRP-Verbotsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 1562. KPD-Verbotsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 1573. Wîrdigung der Beweisaufnahmen in den frîheren

Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160II. Das NPD-Verbotsverfahren . . . . . . . . . . . . . . 1611. Akten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1642. Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166a) Vernehmung der V-Leute unter Ausschluss der

Antragsgegnerin ohne nachtr�gliche Informationîber die Aussage (»Geheimverfahren«) . . . . . . . 169

b) Ausschluss der Antragsgegnerin, § 247 StPO analog 171c) Videovernehmung, § 247 a StPO analog . . . . . . . 175d) Vernehmung im Richterzimmer, § 223 StPO analog. 177e) Zeugen vom Hçrensagen . . . . . . . . . . . . . . . 180f) Protokollverlesung schriftlicher øußerungen der

V-Leute nach § 251 Abs. 1 StPO analog . . . . . . . 1833. Beweisverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

Kapitel 4: Die Entscheidung und ihre Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . 189A. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

I. Voraussetzungen fîr eine Verbotsentscheidung . . . 1891. Der Parteibegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189a) Die einzelnen Elemente der Definition des § 2

Abs. 1 S. 1 ParteiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191b) Ersatz-, Teil- und Nebenorganisationen . . . . . . . 193aa) Ersatzorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . 193bb) Teilorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195cc) Nebenorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1962. »Darauf ausgehen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197a) Ziele der Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199b) Verhalten der Parteianh�nger . . . . . . . . . . . . 2003. Beeintr�chtigung oder Beseitigung der freiheitlich

demokratischen Grundordnung . . . . . . . . . . . 202

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a) Beeintr�chtigung oder Beseitigung . . . . . . . . . . 202b) Freiheitliche demokratische Grundordnung . . . . 2044. Gef�hrdung des Bestands der Bundesrepublik

Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207a) Gef�hrdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207b) Bestand der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . 2085. Die Anwendung des

Verh�ltnism�ßigkeitsgrundsatzes – insbesondereunter Berîcksichtigung der Rechtsprechung desEGMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

a) Die Rechtsprechung des EGMR . . . . . . . . . . . 210b) Die Berîcksichtigung der EGMR-Rechtsprechung

auf nationaler Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . 212c) Die Auswirkungen der EGMR-Rechtsprechung auf

die Voraussetzungen eines Parteiverbots nachArt. 21 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

aa) Unmittelbares Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . 213bb) Verh�ltnism�ßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218II. Rechtsfolgen einer Verbotsentscheidung . . . . . . 2191. Statusverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2192. Verbot von Ersatzorganisationen . . . . . . . . . . . 221a) Verbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221b) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2223. Mandatsverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2254. Einziehung des Parteivermçgens . . . . . . . . . . . 2295. Vollzug der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . 235a) Die Zust�ndigkeitsregelung des § 32 Abs. 1 ParteiG . 236b) Die abweichende Regelung des § 32 Abs. 2 ParteiG . 238c) Die Ausnahmeregelung des § 32 Abs. 3 ParteiG . . . 240d) Tats�chliche Bedeutung des Vollzugs . . . . . . . . 244e) Rechtsschutz gegen die Vollzugsmaßnahmen . . . . 244

B. Die Anwendung der rechtlichen Grundlagen in derPraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246I. SRP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247II. KPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250III. NPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2531. Erfîllung des Verbotstatbestands . . . . . . . . . . 253a) Parteibegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253b) Beeintr�chtigung oder Beseitigung der

freiheitlichen demokratischen Grundordnung . . . 254

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aa) Wesensverwandtschaft der NPD mit demNationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254

(1) Programmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256(2) Strategie und Taktik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259(3) Sprache und Rhetorik . . . . . . . . . . . . . . . . . 259(4) Bekenntnisse zum Nationalsozialismus . . . . . . . 260bb) Weitere Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261(1) Menschenrechte und Gleichheit . . . . . . . . . . . 261(2) Abschaffung der Demokratie . . . . . . . . . . . . . 262(3) Errichtung einer antidemokratischen Ordnung . . . 263(4) Revisionismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264(5) »Darauf ausgehen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265c) Zurechnungsproblematik . . . . . . . . . . . . . . . 267aa) Zurechnung des Verhaltens der Parteianh�nger . . . 267bb) V-Leute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271d) Anforderungen an die vçlkerrechtskonforme

Auslegung des Art. 21 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . 2762. Folgen fîr die NPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278

C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282

Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

Untersuchungsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311

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Abkïrzungsverzeichnis

A. Auflagea.A. anderer Ansichta.a.O. am angegebenen OrtAbs. AbsatzAfP Zeitschrift fîr Medien- und KommunikationsrechtAG AmtsgerichtAlt. AlternativeAK-GG Alternativkommentar zum GrundgesetzAK-StPO Alternativkommentar zur StrafprozessordnungAnm. AnmerkungAnwK AnwaltskommentarAçR Archiv des çffentlichen RechtsArt. ArtikelAsylVfG AsylverfahrensgesetzAufenthG Gesetz îber den Aufenthalt, die Erwerbst�tigkeit und die Integration von Aus-

l�ndern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz)Az. AktenzeichenBAG BundesarbeitsgerichtBayVBl. Bayerische Verwaltungsbl�tterBBG BundesbeamtengesetzBd. BandBfV Bundesamt fîr VerfassungsschutzBGB Bîrgerliches GesetzbuchBGBl. BundesgesetzblattBGH BundesgerichtshofBGHSt Entscheidungen des BGH in StrafsachenBGHZ Entscheidungen des BGH in ZivilsachenBK Bonner Kommentar zum GrundgesetzBl. BlattBR BundesratBRRG Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des BeamtenrechtsBT BundestagBVerfG Bundesverfassungsgericht

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BVerfGE Entscheidungen des BundesverfassungsgerichtsBVerfGG Gesetz îber das BundesverfassungsgerichtBVerfSchG Gesetz îber die Zusammenarbeit des Bundes und der L�nder in Angelegenheiten

des Verfassungsschutzes und îber das Bundesamt fîr Verfassungsschutz (Bun-desverfassungsschutzgesetz)

BVerwGE Entscheidungen des BundesverwaltungsgerichtsBWahlG Bundeswahlgesetzbzw. beziehungsweiseCDU Christlich Demokratische Union DeutschlandsDA Dienstanweisungders. derselbed.h. das heißtdies. dieselbe, dieselbenDKP Deutsche Kommunistische ParteiD§V Die §ffentliche VerwaltungDRiZ Deutsche RichterzeitungDrs. DrucksacheDV Die VerwaltungDVBl. Deutsches VerwaltungsblattDVFP Deutschvçlkische FreiheitsparteiDVU Deutsche VolksunionEG Vertrag zur Grîndung der Europ�ischen GemeinschaftEGMR Europ�ischer Gerichtshof fîr MenschenrechteEMRK Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheitenetc. et ceteraEuGH Europ�ischer GerichtshofEuGRZ Europ�ische Grundrechte ZeitschriftEuR EuroparechtEuWG Gesetz îber die Wahl der Abgeordneten des Europ�ischen Parlaments aus der

Bundesrepublik Deutschlandf. folgendFAP Freiheitliche Deutsche ArbeiterparteiFAZ Frankfurter Allgemeine Zeitungff. folgendeFGG Gesetz îber die Angelegenheiten der freiwilligen GerichtsbarkeitFS FestschriftGA Goltdammer’s Archiv fîr StrafrechtGDFV Gesetz zur Durchfîhrung der Art. 177, 178 des Friedensvertrages von VersaillesGG GrundgesetzGMBl. Gemeinsames MinisterialblattGO BReg Gesch�ftsordnung der BundesregierungGO BVerfG Gesch�ftsordnung des BundesverfassungsgerichtsGVBl. Gesetz- und VerordnungsblattGVG GerichtsverfassungsgesetzGWG Gemeinde- und LandkreiswahlgesetzHessVGH Hessischer Verwaltungsgerichtshof

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HRLJ Human Rights Law JournalHrsg. HerausgeberHS Halbsatzi.S.d. im Sinne desi.S.v. im Sinne voni.V.m. in Verbindung mitJA Juristische Arbeitsbl�tterJIR Jahrbuch fîr Internationales RechtJ§R Jahrbuch des §ffentlichen Rechts der GegenwartJR Juristische RundschauJuS Juristische SchulungJZ JuristenzeitungKap. KapitelKJ Kritische JustizKK Karlsruher Kommentar zur StrafprozessordnungKPD Kommunistische Partei DeutschlandsKritV Kritische Vierteljahresschrift fîr Gesetzgebung und RechtswissenschaftKWahlG KommunalwahlgesetzLG LandgerichtLR Lçwe-Rosenberg, Die StrafprozeßordnungLWahlG LandeswahlgesetzMD Maunz, Theodor / Dîrig, Gînter (Hrsg.), Grundgesetz KommentarMDR Monatsschrift fîr Deutsches RechtMKS von Mangoldt, Hermann / Klein, Friedrich / Starck, Christian (Hrsg.), Das Bonner

GrundgesetzMRK Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheitenm.w.N. mit weiteren NachweisenN. F. Neue FolgeNJ Neue JustizNJW Neue Juristische WochenschriftNL Nationale ListeNPD Nationaldemokratische Partei DeutschlandsNr. NummerNRW Nordrhein-WestfalenNSDAP Nationalsozialistische Deutsche ArbeiterparteiNStZ Neue Zeitschrift fîr StrafrechtNStZ-RR NStZ-Rechtsprechungs-ReportNVwZ Neue Zeitschrift fîr VerwaltungsrechtOLG OberlandesgerichtOVG OberverwaltungsgerichtParteiG Gesetz îber die politischen Parteien (Parteiengesetz)PDS Partei des Demokratischen SozialismusPkt. PunktPl.Prot. PlenarprotokollRepSchG RepubliksschutzgesetzRGBl. Reichsgesetzblatt

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Rn. RandnummerRVereinsG ReichsvereinsgesetzS. SeiteSK-stopp Rudolphi, Hans-Joachim / Wolter, Jîrgen (Hrsg.), Systematischer Kommentar zur

StrafprozessordnungSoldG Gesetz îber die Rechtsstellung der SoldatenSPD Sozialdemokratische Partei DeutschlandsSRP Sozialistische ReichsparteiStA StaatsanwaltschaftSten.Ber. Stenographische BerichteStGB StrafgesetzbuchStPO StrafprozessordnungStraFo Strafverteidiger ForumStV StrafverteidigerThîrVBl Thîringer Verwaltungsbl�tteru. a. und andereUZwG Gesetz îber den unmittelbaren Zwang bei Ausîbung çffentlicher Gewalt durch

Vollzugsbeamte des BundesVBlBW Verwaltungsbl�tter fîr Baden-WîrttembergVereinsG Gesetz zur Regelung des çffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz)VersG Gesetz îber Versammlungen und Aufzîge (Versammlungsgesetz)VerwArch Verwaltungsarchivvgl. vergleicheV-Leute VertrauensleuteVM VertrauensmannVO I, II, III Verordnungen aufgrund des Art. 48 Abs. 2 WRVVR VerwaltungsrundschauVVDStRL Verçffentlichungen der Vereinigung der Deutschen StaatsrechtslehrerVwGO VerwaltungsgerichtsordnungVwVfG Verwaltungsverfahrensgesetzwistra Zeitschrift fîr Wirtschaft Steuer StrafrechtWRV Weimarer ReichsverfassungZaçRV Zeitschrift fîr ausl�ndisches çffentliches Recht und Vçlkerrechtz.B. zum BeispielZG Zeitschrift fîr Gesetzgebungzit. zitiertZParl Zeitschrift fîr ParlamentsfragenZRP Zeitschrift fîr RechtspolitikZStW Zeitschrift fîr die gesamte StrafrechtswissenschaftZvRV Zeitschrift fîr Rechtsvergleichung

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Einleitung

Mit Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. M�rz20031 scheiterten die Verbotsantr�ge gegen die NPD, nachdem der Einsatz vonV-Leuten bekannt geworden war. Aus dieser Besonderheit des Parteiverbots-verfahrens haben sich verschiedene Fragen ergeben, deren Beantwortung auchfîr mçgliche zukînftige Parteiverbotsverfahren von Bedeutung ist.

Der aktuellen Pr�senz dieses Themas2 in der politischen Diskussion l�sst sichentnehmen, welch hohes Gewicht der Kl�rung der entstandenen Problemebeizumessen ist.

Denn die Frage, ob ein erneuter Antrag auf Feststellung der Verfassungs-widrigkeit der NPD gestellt werden soll, wird mittlerweile wieder stark disku-tiert. Dabei beruft man sich darauf, dass die Anzeichen fîr die Verfassungs-widrigkeit der NPD deutlicher zu erkennen sind als noch im Jahr 2003.3 Ins-besondere sei zu berîcksichtigen, dass sich die NPD zunehmend mit neona-zistischen Kameradschaften zusammengeschlossen habe, und auch ausl�nder-feindliche �bergriffe in Sachsenwerden in diesem Zusammenhang gesehen undals Argument fîr einen erneuten Antrag vorgebracht.4

Die gestiegene Bereitschaft der Politik, gegen rechtsextremistische Vereini-gungenvorzugehen, zeigt sich auch an denVerboten, die der Bundesminister des

1 Az.: 2 BvB 1, 2, 3/01; BVerfGE 107, 339.2 In diesem Zusammenhang ist auch die Untersuchung der Mçglichkeit einer Neustrukturie-rung der Verfahren nach Art. 21 GG und Art. 18 GG im Hinblick auf gesetzgeberischenHandlungsbedarf (ausgenommen einer Grundgesetz�nderung) durch das Bundesministeri-um der Justiz zu sehen – vgl. die Verfahrensakten, Bd. IX zum Az.: 2 BvB 1/01, Bl. 3164. DerVersuch, Einsicht in die entsprechenden Unterlagen des Bundesministeriums der Justiz zunehmen, scheiterte.

3 FAZ vom 28.08.2007, S. 4 und FAZ vom 26.10. 2007, S. 4.4 Vgl. dazu: FAZ vom25.10. 2007, S. 1; FAZ vom26.10.2007, S. 4 und FAZ vom31.12. 2007, S. 4;vgl auch den Beitrag auf der Internetseite der ZEIT vom 24.08. 2007; G. Hardtmann, 16,m�nnlich, rechtsradikal (2007), S. 18 ff. ;M.Henkel/O. Lembcke, KJ 2001, S. 14 (22 f.);A. Pfahl-Traughber, Rechtsextremismus in der Bundesrepublik (2000), S. 37 ff. ; T. Staud, ModerneNazis (2005).

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Innern gem�ß § 3 VereinsG gegen zwei rechtsextremistische Organisationenverfîgt hat: das »Collegium Humanum« aus Vlotho und den »Verein zur Re-habilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten (VRBHV)«. DieseVereine wurden als Sammelbecken organisierter Holocaustleugner angesehen,die sich der antisemitischen Propaganda und Verherrlichung nationalsozialis-tischer Gewaltherrschaft verschrieben h�tten.5

Insbesondere die Bundesl�nder zeigen aktuell Engagement in der politischenAuseinandersetzung mit der NPD. Auf der Innenministerkonferenz im De-zember 2007 wurde ein erneuter Verbotsantrag gegen die NPDdiskutiert.6Dabeiwaren sich alle Innenminister einig, dass die NPD als verfassungsfeindlicheinzuordnen sei.7 Doch aufgrund der Befîrchtung, dass ein Antrag erneutscheitern kçnnte,8 blieb es bei dem Vorhaben, einen erneuten Antrag prîfen zulassen und eine Abschaffung der finanziellen Unterstîtzung fîr verfassungs-feindliche Parteien in Erw�gung zu ziehen. Letzteres solle zumindest auf derEbene von Vereinen mçglich sein, indem diesen ihre Gemeinnîtzigkeit ab-erkannt werde.9

Die Innenministerkonferenz im April 2008 zeigte hinsichtlich eines erneutenVerbotsantrags gegen die NPD deutlich, dass sich unterschiedliche Lager ge-genîber stehen. Die SPD spricht sich fîr einen erneuten Antrag aus, indem sieschon frîhzeitig eine offizielle Arbeitsgruppe zur Vorbereitung eines erneutenVerfahrens gebildet hat.10 Sie geht davon aus, dass ein erneuter Antrag allein aufInformationen gestîtzt werden kçnnte, an deren Beschaffung keine V-Leutebeteiligt sind. Schon aus diesem Grund sei ein weiteres NPD-Verbotsverfahrenin Betracht zu ziehen.11 Die von der CDU gefîhrten L�nder sprechen sich al-lerdings –mit Ausnahme des mecklenburgischen Innenministers Lorenz Caffier– gegen ein erneutes Parteiverbotsverfahren aus, da sie aufgrund des durchge-fîhrten Verfahrens und des weiteren V-Mann-Einsatzes in der NPD keineChance fîr den Erfolg eines erneuten Verfahrens sehen.12

Hervorzuheben ist, dass sich speziell die Innenminister der L�nder Meck-

5 Beitrag auf der Internetseite der Welt vom 07.05.2008.6 FAZ vom 07.12. 2007, S. 4.7 FAZ vom 08.12.2007, S. 1 (2) und FAZ vom 31.12.2007, S. 4. E. C. Rautenberg, DRiZ 2008,S. 172.

8 FAZ vom 07.12. 2007, S. 4.9 FAZ vom 07.12. 2007, S. 4 und FAZ vom 08.12.2007, S. 1.10 FAZ vom 01.11. 2007, S. 4; S. Kusicke, in: FAZ vom 01.04. 2008, S. 4.11 Beitrag auf der Internetseite der Sîddeutschen vom17.04.2008; Beitrag auf der Internetseite

der Tagesschau vom 17.04.2008.12 Vgl. den Beitrag auf der Internetseite der Sîddeutschen vom17.04.2008; den Beitrag auf der

Internetseite der Tagesschau vom17.04. 2008; den Beitrag auf der Internetseite derWelt vom18.04.2008.

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lenburg-Vorpommern13 und Sachsen-Anhalt fîr einen erneuten Verbotsantrageinsetzen.14 Sie wollten Informationen îber die NPD verçffentlichen, um aufdiese Weise zu zeigen, dass allein das çffentlich zug�ngliche Material fîr einenerneuten Verbotsantrag ausreicht.15 Diese Verçffentlichung fand bislang jedochnicht statt, weil das Bundesministerium des Innern drohte, fîr den Fall derVerçffentlichung das eigene Prîfverfahren fîr einen erneuten Verbotsantraggegen die NPD einzustellen.16 Stattdessen verçffentlichte der mecklenburgischeInnenminister Lorenz Caffier eine Zusammenstellung îber die Arbeitsweise derNPD im Schweriner Landtag, die die Antr�ge und Anfragen der NPD-Abge-ordneten zum Inhalt hat.17

Neben demEngagement der L�nder istmittlerweile auch auf Bundesebene einT�tigwerden der Politiker im Hinblick auf einen Verbotsantrag gegen die NPDzu erkennen. Auch wenn sich die Bundesregierung zun�chst wegen des Risikoseines abermaligen Misserfolgs vor dem Bundesverfassungsgericht gegen einenerneuten Antrag ausgesprochen hat,18 wollte sie fîr die Beurteilung eines neuenVerbotsantrags gegen die NPD bis zum 31. M�rz 2008 Material von den Ver-fassungsschutz�mtern der L�nder zusammenstellen. Doch nicht alle L�ndergaben ihre Informationen an das Bundesministerium des Innern weiter. DieMitarbeit wurde von den acht Innenministern von CDU, CSU und FDP ausjuristischen und nachrichtendienstlichen Grînden abgelehnt .19

Betrachtet man nun die Meinung der Bîrger, ist ein deutliches Bild zu er-kennen. Aus der Verçffentlichung des Politbarometers des ZDFs geht hervor,dass sich 74% der deutschen Bevçlkerung fîr ein NPD-Verbotsverfahren undlediglich 22% dagegen aussprechen.20

Doch die endgîltige Entscheidung fîr einen solchen Antrag f�llt den Ver-antwortlichen in der Politik schwer, da das gescheiterte Verfahren stets wie einDamoklesschwert îber der aktuellen Diskussion schwebt. Die Gefahr eines er-neuten Misserfolgs aus den Grînden des Beschlusses des Bundesverfassungs-gerichts vom 18. M�rz 2003 erscheint zu groß.21

Wie sich gezeigt hat, orientiert sich die Einsch�tzung der Erfolgsaussichteneines erneuten NPD-Verbotsantrags haupts�chlich an den Problemen, die sich

13 Vgl. FAZ vom 02.04. 2008, S. 4.14 F. Pergande, in: FAZ vom 07.04. 2008, S. 4.15 Vgl. FAZ vom 02.04. 2008, S. 4 und FAZ vom 07.04.2008, S. 4.16 FAZ vom 08.04. 2008, S. 4.17 Beitrag auf der Internetseite der Welt vom 20.04.2008.18 FAZ vom 28.08. 2007, S. 4.19 Beitrag auf der Internetseite der Tagesschau vom 30.03.2008.20 Beitrag auf der Internetseite der Welt vom 18.04.2008.21 Beispielsweise: zur Sicht vieler Innenminister, FAZ vom 07.12. 2007, S. 4 und L. Caffier, in:

FAZ vom 31.12. 2007, S. 4. Zu fehlenden Erfolgsaussichten eines erneuten NPD-Verbots-verfahrens: J. Herrmann, DRiZ 2008, S. 173.

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aus dem Einsatz von V-Leuten innerhalb dieser Partei ergeben. Als Konsequenzmîsse auf den Einsatz von V-Leuten komplett verzichtet werden, damit einerneuter Antrag Erfolg versprechen kçnne. Doch dies habe zur Folge, dass diePartei fîr den Zeitraum des Verfahrens nicht unter nachrichtendienstlicherBeobachtung stehe.22Dabei h�lt das Innenministerium nachwie vor den Einsatzvon V-Leuten aus Sicherheitsgrînden fîr sinnvoll und notwendig.23

Demgegenîber erkl�rte der frîhere Bundesverfassungsrichter Hans-JoachimJentsch, der Berichterstatter des Zweiten Senats im eingestellten Verbotsver-fahren war, dass die Beobachtung mit Hilfe von V-Leuten nicht komplett ein-gestellt werden mîsse, um ein Verbot zu ermçglichen.24

Aber nicht nur das Problem des V-Mann-Einsatzes durch die ømter fîrVerfassungsschutz steht im Raum, auch die aktuelle Senatsbesetzung im Bun-desverfassungsgericht l�sst von einem erneuten Verbotsantrag gegen die NPDAbstand nehmen.25 Denn trotz des Ausscheidens einiger Richter, die am frî-heren NPD-Verbotsverfahren mitgewirkt haben – wie die Richter WinfriedHassemer, Hans-Joachim Jentsch und Bertold Sommer –, ist zu berîcksichtigen,dass zwei der frîheren Vertreter der fîr die Verfahrenseinstellung ausschlag-gebenden Auffassung – n�mlich die Richter Siegfried Broß und Lerke Osterloh –dem Zweiten Senat noch angehçren. Schließlich besteht die Mçglichkeit dererneuten Anwendung des 2/3-Erfordernisses aus § 15 Abs. 4 S. 1 BVerfGG fîrden Fall eines abermaligen Antrags auf Verfahrenseinstellung. In diesem Zu-sammenhang haben SPD-Vertreter eine �berprîfung des Quorums fîr Partei-verbote angeregt. Diese �berlegung hat eine ønderung des Bundesverfas-sungsgerichtsgesetzes dahin im Blick, zur Fortfîhrung des Verfahrens die ein-fache Mehrheit genîgen zu lassen.26

Hinsichtlich der Risiken eines erneuten Verfahrens gegen die NPD wird auchdiskutiert, ob ein Verbot îberhaupt sinnvoll ist oder ob nicht eine gut »durch-drungene« verfassungsfeindliche Organisation in der Legalit�t27 gegenîberAktivit�ten im Untergrund besser beobachtet und in Schach gehalten werdenkann. Der Innenminister Nordrhein-Westfalens, Ingo Wolf, sprach sich gegeneinen erneuten Antrag aus, da ein Verbot kein wirksames Mittel gegen Rechts-

22 FAZ vom 31.08.2006, S. 4; S. Kusicke, in: FAZ vom 01.04. 2008, S. 4; P. Carstens, in: FAZ vom17.04.2008, S. 4. Fîr eine Abschaltung aller V-Leute in den Fîhrungsgremien der NPD: E. C.Rautenberg, DRiZ 2008, S. 172.

23 FAZ vom 28.08.2007, S. 4. Aus der Sicht des Bayerischen Staatsministers des Innern sei einVerzicht auf V-Leute – insbesondere vor dem Hintergrund eines 2003 geplanten Terroran-schlags auf die jîdische Synagoge in Mînchen – nicht zu verantworten: J. Herrmann, DRiZ2008, S. 173.

24 FAZ vom 28.08. 2007, S. 4.25 S. Kusicke, in: FAZ vom 01.04. 2008, S. 4.26 Beitrag auf der Internetseite der Sîddeutschen vom 13.11.2006.27 FAZ vom 28.08. 2007, S. 4.

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extremismus darstelle. Dagegen spricht sich der Generalsekret�r der SPD, Hu-bertus Heil, fîr einen Verbotsantrag aus, da die Verfassung eine derartigeMçglichkeit bei einer – wie angenommen – verfassungswidrigen Partei aus-drîcklich geschaffen habe.28

Doch auch die aktuelle Lage der NPDmuss berîcksichtigt werden. Innerhalbder Partei sind einige Probleme aufgetaucht. Zum einen hat die Bundestags-verwaltung Gelder inHçhe von 900 000E einbehalten, die NPD erreichte bei denLandtagswahlen in Hessen und Niedersachsen jeweils nur 0,9% und 1,5% undder Schatzmeister der NPD, Erwin Kemna, befindet sich in Untersuchungshaftwegen Veruntreuung von Parteigeldern in Hçhe von 500 000 E.29

ImRahmen der Innenministerkonferenz imApril 2008wurden von Seiten derCDU anstelle eines erneuten Verbotsantrags auch Alternativen der politischenBek�mpfung der NPD vorgeschlagen, wie versammlungsrechtlicheMaßnahmenund Sanktionen auf der Ebene der Parteienfinanzierung. Zur Parteienfinan-zierung ließ der Innenminister Niedersachsens, Uwe Schînemann, prîfen, in-wieweit diesbezîglich eine Grundgesetz�nderung mçglich ist.30 Auf der In-nenministerkonferenz im November 2008 wurde dieser Aspekt dann erneutthematisiert, doch zu einem Ergebnis ist man noch nicht gekommen.31 DieProbleme, die sich insoweit hinsichtlich einer etwaigen ønderung der Verfas-sung stellen werden,32 îbersteigen allerdings den Rahmen dieser Arbeit.

Die Antragsberechtigten befinden sich nach dem gescheiterten NPD-Ver-botsverfahren jedenfalls in einem Zwiespalt: Einerseits mîssen sie sich mitst�rker verbreitetem Rechtsextremismus33 auseinandersetzen, doch anderer-seits mçchte niemand das Risiko einer erneuten Verfahrenseinstellung einge-hen. Also ist zu kl�ren, inwiefern sich das frîhere – eingestellte – Verfahren aufein mçgliches zukînftiges Verfahren auswirken kçnnte, um dann die Erfolgs-aussichten fîr einen erneuten Antrag besonders gemessen an den Grînden, diezur Verfahrenseinstellung gefîhrt haben, zu beurteilen. Das bedeutet insbe-

28 FAZ vom 28.08. 2007, S. 4.29 T. Staud in einem Beitrag auf der Internetseite der ZEIT vom 26.05.2008.30 Vgl. S. Kusicke, in: FAZ vom 01.04. 2008, S. 4; P. Carstens, in: FAZ vom 17.4.2008, S. 4;

Beitrag auf der Internetseite der Sîddeutschen vom17.04.2008; Beitrag auf der Internetseiteder Tagesschau vom 17.04.2008.

31 Vgl. FAZ vom 22. November 2008, S. 4.32 Vgl. zur staatlichen Parteienfinanzierung: F. Boyken, Die neue Parteienfinanzierung (1998);

D. Grimm, in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, Bd. 1, § 14Rn. 48 ff. ; J. Ipsen, in: Sachs, GG, Art. 21 Rn. 96 ff. ; H. H. Klein, in: MD, GG, Art. 21Rn. 405 ff. ; T. Koch, in: Ipsen, ParteiG, Vorbemerkungen zu §§ 18 ff. , §§ 18 ff. ; R. Streinz, in:MKS, GG, Art. 21 Rn. 179 ff.

33 Vgl. zum Rechtsextremismus: K. Boehnke/D. Fuß/J. Hagan, Jugendgewalt und Rechtsex-tremismus (2002); S. Fischer, Rechtsextremismus bei Jugendlichen (2006); G. Hardtmann,16, m�nnlich, rechtsradikal (2007); A. Pfahl-Traughber, Rechtsextremismus in der Bun-desrepublik (2000); M. Schmidt, Heute gehçrt uns die Straße…(1993).

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sondere, dass gekl�rt werden muss, inwiefern sich zul�ssige und auch unzu-l�ssige V-Mann-Eins�tze auf das Verfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG auswirkenkçnnen. Daraus ergibt sich dann, ob ein kompletter Abzug von V-Leuten mitBlick auf einen erneuten Verbotsantrag erforderlich wird.

Fîr die Beurteilung der Erfolgsaussichten eines erneuten Verbotsantragsgegen die NPD sind sowohl die rechtlichen Grundlagen eines Parteiverbots undeines Parteiverbotsverfahrens als auch die Verfahrensgeschichte des eingestell-ten NPD-Verfahrens34 zu berîcksichtigen.

Die Rechtsgrundlagen fîr ein Parteiverbot beziehungsweise ein Parteiver-botsverfahren ergeben sich aus Art. 21 Abs. 2 GG, §§ 43 ff. BVerfGG und demParteiG.35 Dabei ergeben sich aus Art. 21 Abs. 2 GG die Mçglichkeit und dieVoraussetzungen fîr ein Parteiverbot, in den Bestimmungen des Bundesver-fassungsgerichtsgesetzes sind die n�heren Verfahrensregelungen zu finden undin §§ 32, 33 ParteiG wird der Vollzug einer Verbotsentscheidung geregelt. DieseVerbotsentscheidung lautet auf die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einerPartei und setzt voraus, dass die Partei nach ihren Zielen oder nach dem Ver-halten ihrer Anh�nger darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grund-ordnung36 zu beeintr�chtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bun-desrepublik Deutschland zu gef�hrden. Als einzelne Verfahrensschritte sindzun�chst die Antragsstellung (§ 43 BVerfGG) und die Durchfîhrung eines

34 Vgl. L. Flemming, Das NPD-Verbotsverfahren (2005); vgl. zumNPD-Verbotsverfahren auch:K. Groh, ZRP 2000, S. 500 ff. ; M. Henkel/O. Lembcke, KJ 2001, S. 14 ff. ; J. Ipsen, NJW 2002,S. 866 ff. ; L. O. Michaelis, NVwZ 2003, S. 943 ff. ;M. Morlok, NJW 2001, S. 2931 ff. ; B. Redler,Der V-Mann im verfassungsprozessualen Beweisverfahren (2006); U. Volkmann,DVBl. 2003, S. 605 ff. ; R. Wassermann, NJW 2000, S. 3760 ff.

35 Vgl. H. Frauenfeld, Freiheit oder Gebundenheit bei Einleitung von Parteiverbots- und Ver-einsverbotsverfahren? (1977); W. Henke, Das Recht der politischen Parteien (1972), S. 256;M. Henkel/O. Lembcke, ZParl 2001, S. 572 ff. ; J. Ipsen, FS-Maurer (2001), S. 163 ff. ; ders. , in:Sachs, GG, Art. 21; J. Kersten, NJ 2001, S. 1 ff. ; H. H. Klein, in: MD, GG, Art. 21; T. Koch,DVBl. 2002, S. 1388 ff. ; P. Kunig, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. III,§ 40 Rn. 46 ff. ;H.Meier, Parteiverbote und demokratische Republik (1993);M.Morlok, NJW2001, S. 2931 ff. ; T. Pforr, ThîrVBl. 2002, S. 149 ff. ; K. H. Seifert, Die politischen Parteien(1975), S. 449 ff. ; M. Sichert, D§V 2001, S. 671 ff.; K. Stern, Staatsrecht der BundesrepublikDeutschland, Bd. I, S. 206 ff. ; F. Stollberg, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Par-teiverbots (1976);R. Streinz, in:MKS, GG, Art. 21 Abs. 2;U. Volkmann, D§V 2007, S. 577 ff. ;A. Zirn, Das Parteienverbot nach Art. 21 Abs. 2 GG (1988).

36 Vgl. zur freiheitlich demokratischen Grundordnung: Art. 10 Abs. 2 S. 2, 11 Abs. 2, 18 S. 1, 21Abs. 2, 87a Abs. 4 S. 1, 91 Abs. 1 GG; G. Dîrig/H. H. Klein, in: MD, GG, Art. 18 Rn. 55 ff. ;W.Henke, in: BK, GG, Art. 21 Rn. 351 f. ; E. Lankenau, Die freiheitliche demokratischeGrundordnung im Sinne des Grundgesetzes und ihre rechtliche Wirksamkeit (1974); G.Lautner, Die freiheitliche demokratische Grundordnung (1982); H. Maurer, Staatsrecht I,§ 23 Rn. 5 ff. ; T. Schmidt, Die Freiheit verfassungswidriger Parteien und Vereinigungen(1983), S. 139; K. H. Seifert, Die politischen Parteien (1975), S. 456; R. Streinz, in: MKS, GG,Art. 21 Abs. 2 Rn. 224 ff. ; M. Thiel, Wehrhafte Demokratie – Beitr�ge îber die Regelungenzum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (2003).

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Vorverfahrens (§ 45 BVerfGG) vorgesehen. Auf die Betrachtung des Hauptver-fahrens mit einer mîndlichen Verhandlung folgt letztlich die Untersuchung derEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Einleitend ist noch ein Blick auf das vergangene Verfahren zu werfen: DieVerbotsantr�ge, gestellt von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, sindbereits an verfahrensrechtlichenHindernissen gescheitert, so dass es nicht mehrzur Prîfung der Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 GG in Bezug auf die NPDgekommen ist. Stattdessen ist das Verfahren wegen fehlender 2/3-Mehrheit derSenatsmitglieder gem. § 15 Abs. 4 Satz 1 BVerfGG eingestellt worden. DieMehrheit kam nicht zustande, da die relevante Senatsminderheit von dreiRichtern ein unîberwindbares Verfahrenshindernis darin sah, dass die NPDunmittelbar vor und w�hrend des Verfahrens von V-Leuten des Verfassungs-schutzes beobachtet wurde. Dieser Einsatz fand vielfach auf der Fîhrungsebeneder Partei statt; als besonders schwerwiegend wurde es gewertet, dass er nochnach Einreichung der Verbotsantr�ge andauerte. Darîber hinaus ergaben sichProbleme daraus, dass V-Mann-øußerungen und V-Mann-Publikationen alsBeweismittel herangezogen wurden.

Das Außergewçhnliche an diesem Beschluss ist, dass durch die Anwendungdes § 15 Abs. 4 Satz 1 BVerfGG die Senatsminderheit der Senatsmehrheit vonfînf Richtern ihre Auffassung »aufzwingen« konnte. Insgesamt ging der Senatvon dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 4 Satz 1 BVerfGG aus, sodass fîr die Fortfîhrung des Parteiverbotsverfahrens eine Mehrheit von 2/3 derSenatsmitglieder (mindestens sechs Richter) gefordert wurde.37 Daraufhinkonnte die Minderheit, die vom Vorliegen eines unîberwindbaren Verfahrens-hindernisses ausging, die Einstellung des Verfahrens erzwingen.

Bei der Betrachtung der sich aus dem Scheitern des Verbotsantrags erge-benden Fragen wird das Ausmaß dieser Problematik deutlich: Es ist bislangnicht hinreichend gekl�rt, inwiefern sich zul�ssige und gegebenenfalls unzu-l�ssige V-Mann-Eins�tze auf das Verfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG auswirkenkçnnen.

Diese Frage ist fîr ein mçgliches erneutes Verfahren gegen die NPD aberrelevant. Schließlich ist noch ein zweites Verbotsverfahren gegen die NPDdenkbar, da das Bundesverfassungsgericht kein Sachurteil f�llte. Das hat zurFolge, dass die Entscheidung keine Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGGentfalten kann.38 Außerdem ist damit zu rechnen, dass auch im Rahmen dernachrichtendienstlichen Beobachtung von bestimmten als verfassungswidrigangesehenen Parteien weiterhin V-Leute zum Einsatz kommen werden.

Das Ziel dieser Arbeit ist es, zun�chst anhand der Rechtsgrundlagen den

37 BVerfGE 107, 339 (356 f.).38 BVerfGE 107, 339 (360).

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Verlauf eines Parteiverbotsverfahrens im Einzelnen zu kl�ren. Auf diese Weisesollen die Grundzîge und Besonderheiten des Verfahrens nach Art. 21 Abs. 2GG herausgearbeitet werden.

Sodann sind die Eigenheiten und Probleme des eingestellten, die NPD be-treffenden, Verfahrens und deren Behandlung durch das Bundesverfassungs-gericht zu untersuchen. Die Anwendung der Rechtsgrundlagen durch dasBundesverfassungsgericht ist danach unter Berîcksichtigung des grunds�tzli-chen Ablaufs und der Besonderheiten eines Parteiverbotsverfahrens zu bewer-ten, um daraus Schlîsse fîr ein mçgliches erneutes Verbotsverfahren gegen dieNPD ziehen zu kçnnen.

In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Auswirkungen der Eins�tzevon V-Leuten auf das Verfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG zu untersuchen.

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Kapitel 1: Der Antrag

In einem Parteiverbotsverfahren gem. Art. 21 Abs. 2 GG, §§ 13 Nr. 2, 43 ff.BVerfGG liegt die Entscheidung îber die Verfassungswidrigkeit einer politi-schen Partei allein in denH�nden des Bundesverfassungsgerichts. Dabei ist gem.§ 14 Abs. 2 BVerfGG der Zweite Senat zust�ndig. Zun�chst sind die Besonder-heiten des Verbotsantrags nach §§ 43, 23 Abs. 1 BVerfGG zu untersuchen.

A. Rechtliche Grundlagen

Ein Parteiverbotsverfahren setzt die Antragsstellung von Seiten der jeweilsAntragsberechtigten voraus. Hier sind insbesondere die Antragsberechtigungund das Erfordernis einer Antragsbegrîndung zu betrachten.

I. Antragsberechtigung

Im Rahmen der Antragsberechtigung sind insbesondere die Limitierung dermçglichen Antragssteller und die Frage, ob eine Antragspflicht besteht oder dieEntscheidung îber einen Antrag im Ermessen der Berechtigten liegt, n�her inden Blick zu nehmen. Schon durch die Begrenzung der Antragssteller wird einehohe Hîrde fîr das Verbotsverfahren geschaffen. In diesen Zusammenhang istauch die Kl�rung der Frage einzuordnen, ob eine Antragspflicht besteht odernicht. Sie wirkt sich schließlich darauf aus, wieviel Gewicht dem Schutz derVerfassung im Verh�ltnis zum Parteienschutz innerhalb eines Verbotsverfah-rens zuzusprechen ist.1

1 Vgl. zum parteischîtzenden Charakter des Art. 21 Abs. 2 GG: J. Ipsen, in: Sachs, GG, Art. 21Rn. 152, der den Begriff der doppelten Schutzrichtung des Art. 21 Abs. 2 GG einfîhrte. Zu-stimmend: H. H. Klein, in: MD, GG, Art. 21 Rn. 571; R. Streinz, in: MKS, GG, Art. 21 Abs. 2Rn. 215.

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1. Antragssteller

Aus § 43 Abs. 1 BVerfGG geht hervor, dass allein der Bundestag, der Bundesratoder die Bundesregierung und nach § 43 Abs. 2 BVerfGG unter besonderenVoraussetzungen auch die Landesregierungen antragsberechtigt sind. Dabei istzu beachten, dass es sich um eine abschließende Aufz�hlung der Antragsbe-rechtigten handelt. Hinsichtlich der jeweiligen potentiellen Antragssteller geltenbestimmte Voraussetzungen: Der Bundestag bençtigt die Mehrheit der abge-gebenen Stimmen des Bundestags (Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GG). Der Bundesratmuss den Antrag mit der einfachen Mehrheit seiner Stimmen beschließen(Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GG), bevor der Pr�sident des Bundesrates den Antraganschließend dem Bundesverfassungsgericht zuleitet. Fîr einen Antrag derBundesregierung ist ein Kabinettsbeschluss erforderlich (§ 15 Abs. 1 GOBReg),wobei gem. § 24 Abs. 2 GOBReg die einfacheMehrheit der Stimmen imKabinettausreicht.

Es ist jedoch ein Blick auf die Limitierung der Antragsberechtigten zuwerfen:Nur drei der obersten Staatsorgane sind zur Stellung eines Antrags auf Fest-stellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei befugt.2 Ausgenommen vondieser Berechtigung ist insbesondere der Bundespr�sident. Dies ist im Zusam-menhang mit dessen Repr�sentativfunktion3 in Abgrenzung zum Reichspr�si-denten der Weimarer Republik zu sehen. Die Aufgaben des Bundespr�sidentenim Grundgesetz sind n�mlich im Vergleich zur WRV stark begrenzt: Er besitztnicht die umfangreichen Befugnisse des Reichspr�sidenten, die diesem bei-spielsweise aus Art. 25, 48, 53 WRV zugestanden haben. Gerade vor dem Hin-tergrund der Repr�sentativfunktion w�re ein Antragsrecht des Bundespr�si-denten inkonsequent.

Allerdings wurde bei der Schaffung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzesauch die Antragsberechtigung von politischen Parteien bedacht, gegen die keinVerbotsverfahren anh�ngig sein durfte.4 Doch diese Mçglichkeit tauchte bereits

2 Vgl. § 43 BVerfGG, vgl. dazu: K. Burkhart, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, § 43;H.Frauenfeld, Freiheit oder Gebundenheit bei Einleitung von Parteiverbots- und Vereinsver-botsverfahren? (1977); F. Klein, in:Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 43; P.Kunig, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. III, § 40 Rn 60; H. Lechner/R.Zuck, BVerfGG, § 43; K. Schlaich/S. Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 341.

3 Vgl. zur Funktion des Bundespr�sidenten: P. Badura, Staatsrecht, E Rn. 72; M. Brenner, in:MKS, GG; Art. 82 Rn. 22;O. Fink, in:MKS, GG, Art. 54 Abs. 1 Rn. 8 ff. ;R.Herzog, in:MD, GG,Art. 54 Rn. 7 f. ; M. Nierhaus, in: Sachs, GG, Art. 54 Rn. 6; R. Zippelius/T. Wîrtenberger,Deutsches Staatsrecht, § 41 I.

4 Vgl. Referentenentwurf W. Geiger vom 06.12.1949, § 33 i.V.m. § 27; zit. îber : R. Schiffers,Grundlegung der Verfassungsgerichtsbarkeit. Das Gesetz îber das Bundesverfassungsgerichtvom 12. M�rz 1951, in: Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischenParteien. 4. Reihe, Band 2 (1951), Dok. Nr. 1.

Kapitel 1: Der Antrag28

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im Entwurf der Bundesregierung vom 28.02. 1950 (§ 39 dieses Entwurfes)5 nichtmehr auf. Eine n�here Begrîndung, aus welchen Grînden ein Antragsrechtpolitischer Parteien in den Entwurf der Bundesregierung nicht mehr aufge-nommen wurde, ist nicht bekannt. Doch ein Verzicht auf das Antragsrecht po-litischer Parteien liegt bereits aus folgenden Grînden nahe: Allein das Kon-kurrenzverh�ltnis, welches zwischen Parteien îblicherweise besteht, verdeut-licht die Problematik, die mit einem Antragsrecht politischer Parteien einher-gehen wîrde. Denn Parteien kçnnten sich in diesem Fall gegenseitig mit Ver-botsantr�gen îberziehen, um sich gegenîber der Konkurrentin zu bevorteilen.Außerdem spiegelt eine einzelne Partei den Willen der Bevçlkerung auch nichtderart wider, wie es ein Antrag von Bundesregierung, Bundestag oder Bundesratkann. Anderenfalls w�re es mçglich, dass auch eine kleine Partei und damit dieVertreterin einer einzelnen politischen Richtung ein Verbot anregt. Dies kannjedoch nicht dem Stellenwert des Art. 21 Abs. 2 GG und den Konsequenzengerecht werden, die sich aus einem Parteiverbot fîr die Freiheit der Demokratieergeben. Zuletzt ist zu beachten, dass es sich bei politischen Parteien nicht umStaatsorgane handelt. Vielmehr gehçren sie dem Bereich der Gesellschaft an.6

Damit lassen sie sich nicht in die Reihe der îbrigen Antragsberechtigten ein-ordnen, bei denen es sich ausschließlich um oberste Staatsorgane handelt.

Im besagten Entwurf der Bundesregierung war zus�tzlich zur heutigen Fas-sung auch das Antragsrecht fîr die Minderheit des Bundestags, in Form vonmindestens einem Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl, enthalten. Dies be-grîßte der Deutsche Anwaltsverein vor dem Hintergrund, dass im NS-Regimedie Mehrheit des Reichstags Grundrechte missbraucht habe.7 Als dies im Aus-schuss fîr Rechtswesen und Verfassungsrecht des Deutschen Bundestags dis-kutiert wurde, verdeutlichte Kurt Georg Kiesinger die hohe Problematik einesAntragsrechts derMinderheit. Schließlich gehe es um hochpolitische Fragen umdie Existenz eines demokratischen Staatswesens. Auch Willi Geiger hielt alsVertreter des Justizministeriums die sch�rfere Begrenzung des Antragsrechts fîrzweckm�ßig.8 Die Beschr�nkung des Antragsrechts des Bundestags auf eine

5 Vgl. R. Schiffers, Grundlegung der Verfassungsgerichtsbarkeit. Das Gesetz îber das Bun-desverfassungsgericht vom 12. M�rz 1951, in: Quellen zur Geschichte des Parlamentarismusund der politischen Parteien. 4. Reihe, Band 2 (1951), Dok. Nr. 9 a/b.

6 BVerfGE 20, 56 (98 ff.);W. Frotscher, DVBl. 1985, S. 917 (918); J. Ipsen, in: Sachs, GG, Art. 21Rn. 9; H. Maurer, JuS 1991, S. 881 (888); ders. , Staatsrecht I, § 11 Rn. 24; R. Streinz, in: MKS,GG, Art. 21Abs. 1 Rn. 8; Nichtzugehçrigkeit zum staatlichen Bereich: BVerfGE 52, 63 (85); 73,40 (85); 78, 350 (363); G. Kçnig, Die Verfassungsbindung der politischen Parteien (1993),S. 24.

7 Vgl. R. Schiffers, Grundlegung der Verfassungsgerichtsbarkeit. Das Gesetz îber das Bun-desverfassungsgericht vom 12. M�rz 1951, in: Quellen zur Geschichte des Parlamentarismusund der politischen Parteien. 4. Reihe, Band 2 (1951), Dok. Nr. 27, S. 224.

8 Vgl. R. Schiffers, Grundlegung der Verfassungsgerichtsbarkeit. Das Gesetz îber das Bun-

Rechtliche Grundlagen 29

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Mehrheitsentscheidung ist im Zusammenhang mit der Begrîndung zum An-tragsrecht zu sehen, wie sie zur ursprînglichen Fassung des Bundesverfas-sungsgerichtsgesetzes insgesamt abgegeben wurde. Demnach sei ein Antrag aufFeststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei so schwerwiegend und stelleeine derart scharfe Waffe zur Verteidigung der Demokratie dar, dass nur dieobersten Staatsorgane ein Verfahren einleiten kçnnten, denen der Schutz desStaates obliege.9 Schon daran wird deutlich, dass der Minderheit des Parlamentskein Antragsrecht zugedacht werden kann. Schließlich kann sie nicht dasStaatsorgan selbst repr�sentieren, sondern allenfalls einzelne politische Rich-tungen. Gerade hinsichtlich der schwerwiegenden Konsequenzen, die sich auseinemParteiverbot fîr die jeweilige Partei und die gesamte Demokratie ergeben,sollten jedoch lediglich oberste Staatsorgane t�tig werden dîrfen. Von daher istes im Falle des Bundestags nur konsequent, wenn fîr eine Antragsstellung eineMehrheitsentscheidung vorausgesetzt wird.

Es bleibt also festzuhalten, dass allein oberste Staatsorgane einen Antragstellen kçnnen. Eine derartige Limitierung der Antragsberechtigung erscheintauch gerade vor dem Hintergrund der Bedeutung der Parteien in unserer De-mokratie sinnvoll.10 Schließlich nehmen diese wichtige Aufgaben wahr. Diesergibt sich bereits aus § 1 Abs. 2 ParteiG. Beispielsweise sind die Beeinflussungder Gestaltung der çffentlichen Meinung und der politischen Entwicklung inParlament und Regierung oder die Teilnahme an Wahlen zu nennen. Aufgrunddieser fîr eine Demokratie konstitutiven Aufgaben muss ein breites politischesSpektrum auch in der Parteienlandschaft vertreten sein kçnnen. Schließlichfunktioniert die Demokratie des Grundgesetzes nach dem aktuellen Wahlsys-tem11 fast ausschließlich mithilfe von Parteien. Dies wird besonders deutlich,wennman das Listenprivileg der Parteien12 ins Auge fasst. Daran zeigt sich, dassihnen ein gewisser Schutz gew�hrt werden muss. Die Limitierung der An-

desverfassungsgericht vom 12. M�rz 1951, in: Quellen zur Geschichte des Parlamentarismusund der politischen Parteien. 4. Reihe, Band 2 (1951), Dok. Nr. 33, S. 243 und S. 247.

9 BT Drucksache 788/1950, S. 30.10 Vgl. zur Bedeutung der Parteien in der Demokratie: D. Grimm, in: Benda/Maihofer/Vogel,

Handbuch des Verfassungsrechts, Bd. 1, § 14 Rn. 6 ff. ;W. Henke, Das Recht der politischenParteien (1972), S. 188 ff. ; J. Ipsen, in: Sachs, GG, Art. 21 Rn. 11; H. H. Klein, in: MD, GG,Art. 21 Rn. 150 ff. ; P. Kunig, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. III, § 40Rn. 16 ff. ; T. Saalfeld, Parteien und Wahlen (2007); R. Streinz, in: MKS, GG, Art. 21 Abs. 1Rn. 8 ff.

11 Vgl. zum Wahlsystem: Art. 38 GG, BWahlG, vgl. dazu: N. Achterberg/M. Schulte, in: MKS,GG, Art. 38 Abs. 3 Rn. 158 ff. ; C. Derichs/T. Heberer, Wahlsysteme undWahltypen (2006);H.H. Klein, in: MD, GG, Art. 38 Rn. 168 ff. ; S. Magiera, in: Sachs, GG, Art. 38 Rn. 106; H.Maurer, Staatsrecht I, § 13 Rn. 27 ff. ; H. Meyer, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch desStaatsrechts Bd. III, § 45 Rn. 22 ff. ; K. Stern, Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland,Bd. I, S. 301 ff. ; R. Zippelius/T. Wîrtenberger, Deutsches Staatsrecht, § 39 II.

12 Vgl. § 27 Abs. 1 S. 1 BWahlG, vgl. dazu: K. Stern, Staatsrecht der Bundesrepublik Deutsch-land, Bd. I, S. 327.

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