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Eigentumsvorbehalt - we.riseup.netinnendieserwelt.pdf · Giogio Agamben, erschienen in fiLiberacion

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Hallo liebe_r Leser_in

Du hälst hier eine Zusammenstellung von Texten in denHänden in denen es um die aktuellen Terrorismusverfah-ren in Frankreich geht.

Zum einen Handelt es sich dabei um das Konstrukt dersog. "MAAF" der "mouvance anarcho autonome franci-lien" der insgesamt sechs Menschen angehören sollen.Bei dieser vermeintlich terroristischen Vereinigung handeltes sich um mehrere erst voneinander getrennteErmittlungsverfahren, die im Januar '08 begonnen habenund im April zu einem Verfahren zusammengelegt wur-den.

Einmal geht es dabei um zwei Personen bei denen wäh-rend einer Fahrzeugkontrolle im Vorfeld einerDemonstration Rauchpulver und Krähenfüße gefundenwurden. Hieraus konstruierte die Staatsmacht kurzerHand eine Nagelbombe und knastete eine weitere Persondie zur Fahrzeugkontrolle dazustieß gleich mit ein.

Wieder bei einer Fahrzeugkontrolle wurden zwei weiterePersonen festgenommen, die Rauchpulver, Sabotage-anleitungen und einen Plan von einemJugendgefängnisbei sich hatten. Desweiteren sollen DNA-Spuren, die aufeinem nicht gezündeten Brandsatz, der unter einemPolizeiabschleppwagen lag, mit denen einiger festgenom-mener übereinstimmen. (Nachzulesen in derChronologie). Aufgrund dieser angeblichen Übereinstim-mungen kam dann später eine weitere Person in denKnast. Zwei von ihnen sitzen immer noch ein, die anderensind unter strengen Auflagen draußen, einer derBeschuldigten ist untergetaucht.

Bei dem zweiten wohl bekannteren Fall geht es um neunPersonen, die einer "kriminellen Vereinigung mit terroristi-scher Zielsetzung" angehören sollen. Fünf von ihnen wer-den zusätzlich die Hakenkrallen-Anschläge auf dasHochgeschwindigkeitszugnetz im November '08 imRahmen des Castors angelastet. Außer einem von ihnen,der von den Ermittlungbehörden zum Anführer der sog."unsichtbaren Zelle" gekührt wurde sind alle unter stren-gen Auflagen "in Freheit".

Uns scheint das gesamte Thema, trotz kontinuierlicherArbeit einiger Leute, die fleissig am Übersetzen undVerfassen von Texten sind etwas wenig in unserenZusammenhängen vertreten -wie das mit derAuseinandersetzung um Antirepressionsarbeit so oft derFall ist.

Vor allem die ersten Fälle erfuhren nur wenig öffentlicheSolidarität aus dem Ausland. Zum einen mag es vielleichtdaran liegen, dass es schwierig gewesen ist an detailier-tere Informationen zu gelangen - vor allem wenn menschkein Französisch spricht...doch scheint Antirepressionauch einfach kein Bestandteil der andauernden Kämpfezu sein und wird hier entweder einem kleinen Kreis “spe-zialisierter Gruppen” (Soligruppen, Antiknastgruppen)überlassen oder noch schlimmer gleich ganz verdrängt...

Nicht nur wir arbeiten über Grenzen hinweg miteinanderan einer besseren Welt, auch die Verfolgungsbehörden

arbeiten international zusammen und versuchen nun eini-gen Genoss_innen einen Strick daraus zu drehen.

Der Fall ist auch gerade deshalb spannend weil zu sehenist, wohin die ganzen technischen Neuerungen bezüglichDatensammeln, Austauschen und Überwachen sowieAbsprachen, Konferenzen, gemeinsame Polizeieinheitenund gemeinsame Gesetzgebung innerhalb der EU-Staaten führen können.

Auch meldeten sich in der Tarnac-Affäre massenweisenamhafte, gutsituierte Intelektuell, Politiker_innen undsonstige Menschen des öffentlichen Lebens zu Wort.

Für die im Januar letzten Jahres inhaftierten, die teilweiseüber ein Jahr einsaßen und einige immernoch sitzen, gabund gibt es kein “so großes Interesse”.

Erst langsam treten auch diese Fälle ins Bewusstseineiner breiteren Öffentlichkeit. Jenen ist es wichtig, sichnicht als “besondere Opfer” von Repression zu sehen,sondern das Thema in einen größeren politischen Kontextvon Überwachung, Kontrolle und Repression gegen allezu stellen, die nicht in das saubere Bild der herrschendenGesellschaft passen.

Welche Arten von Solidarität finden wir wichtig und richtig,welche weniger bis verwerflich? Unschuldskampagne vs.Verteidigung politischer Positionen und Praktiken?

Diese Broschüre ist ein Versuch Informationen bereitzu-stellen um einen möglichst guten Einblick in dieInnenleben der beiden “Fälle” zu geben.

Zudem versucht der erste Text auch noch einen kleinenEinblick in die politische Landschaft Frankreichs zugeben, die wahrscheinlich auch nicht bei uns allen einfachmal schnell abrufbar ist.

Uns ist es wichtig eine solidarische Auseinandersetzungum die Möglichkeiten und Wichtigkeit von Solidaritäts-arbeit und deren Wege zu haben sowie die Frage zu stel-len, wie wir die Praktiken wie auch unsere Politik imAllgmeinen offensiv vertreten können

Bildet Banden Bildet euch

E i g e n t u m s v o r b e h a l t :

Dieses Heft bleibt bis zur Aushändigung an dieAdressatin/den Adressaten Eigentum der Absenderin/desAbsenders. “Zur-Habe-Nahme” ist keine Aushändigungim Sinne dieses Vorbehalts. Nicht Ausgehändigte Heftesind unter Angabe des Grundes der Nichtaushändigungan die Absenderin/den Absender zurückzusenden.

// Frankreich wird zum Polizeistaat“indymedia linksunten”

// Staatsterrorismus“cette semaine”

//Terrorismus weltweiterschienen in der “Rote Hilfe Zeitung” und der “Entfesselt”

// Chronologie der Ereignisse// Den Zug der Routine zum Entgleisen bringen!

“18. März Sonderausgabe der “Roten Hilfe Zeitung””// Chronologie der Ereignisse// Antiterrorismus-Ermittlungen gegen die sog. mouvance

anarcho-autonome in Frankreich// Glossar zu frz. Verfolgungsbehörden// Frankreich macht sich auf die “Wiedergeburt der gewaltätigen Linken” gefasst

übersetzt aus “The Guardian”// Auszug aus dem Aufruf zur Soliwoche vom 9.-16.06.2008// Aufruf des Solikomitees aus Tarnac// Antiterrorismus in France

Eric Hazan// Terrorismus oder Tragikkomödie?

Giogio Agamben, erschienen in “Liberacion”// Brief von Ivan und Bruno

erschienen auf “indymedia Paris”, 21.April 208// Brief von Isa aus dem Gefängnis// Brief von Isa und Farid// Warum ich abgehauen bin

offener Brief von Bruno// Damien wieder draußen// Briefe von Farid aus dem Knast// Offener Brief an alle, die die Angeklagten vom 11. November unterstützen// Offener Brief der Eltern// Schlaglichter eines Video-Interviews

mit Benjamin und Matthieu// Soliaktionen// Interview mit Benjamin über die Durchsuchungen und Verhaftungen// Interview mit ein Mitglied der SOligruppe aus Tarnac

von “Knast und Justiz” auf “FSK-Hamburg”// Frankreich - kein Waffenstillstand für den 11. November

erschienen in der Winterausgabe der “cette semaine”// Solidarität mit von Repression betroffenen// Über Sabotage als eine der schönsten Künste// Demonstration in Paris// An unsere Richter...

INFO

S Julien CoupatN° d’ecrou 290173F-75014 ParisFrance

Comite de soutien19170 Le Bourg TarnacFrance

Rote Hilfe e.V.Konto: 7189590600BLZ: 10020000Berliner BankVerwendungszweck: Tarnac9

http://tarnac9.noblogs.orgmit Links zu weiteren Soliseiten

Radiosendungen zum Thema (unvollständig):http://www.frei-radios.net/portal/content.php?id=25219http://www.frei-radios.net/portal/content.php?id=26414http://www.frei-radios.net/portal/content.php?id=23773

Tod von Sebastien während des Castortransportes 2004http://www.frei-radios.net/portal/content.php?id=8184

Impressum

Frühjahr 2009 Ja Watt dennDruck im Einbahnstraße 129 a/b/cSelbstverlag 76133 Karlsruhe

// Frankreich wird zum Polizeistaat

In Frankreich nimmt die Repression gegen Linke undMigrantInnen immer weiter zu. Gegen die zunehmendeÜberwachung, gegen die repressiven „Anti-Terror-Gesetze“, für die Freilassung der Gefangenen und für dieZerstörung der Abschiebeknäste gab es am 31. Januar2009 einen Aktionstag in Paris.

Demonstration gegen Repression

Am Samstag, den 31. Januar 2009, demonstrierten über3.000 Menschen gegen Anti-Terrorgesetze und für dieFreilassung der in den letzten Monaten unterTerrorverdacht verhafteten Linken, die sich gegen diePolitik Sarkozys richten. Die Demo startete kurz vor 16Uhr im Zentrum von Paris am Jardin de Luxembourg undendete am Denfert Rochereau (Rue Gay Lussac, Rue duFaubourg St. Jacques, Boulevard Arago). Die Route warrelativ kurz und führte auf den Knast „Prison de la Santé“zu. Auf dem Weg dorthin wurde die Demo von einer gro-ßen Straßensperre der Polizei mit Gitterwägen undWasserwerfer aufgehalten. Die angespannte Stimmungund die Wut auf das für französische Verhältnisse großePolizeiaufgebot entlud sich an dieser Stelle in einemFeuerwerkhagel. Zum Teil selbstgebaute Raketen, Böllerund Bengalische Feuer flogen in Richtung Polizei, dieaber weiterhin den Weg zum Knast versperrte und andersals zu erwarten kaum auf den Angriff reagierte.

Am Denfert-Rochereau, dem Endpunkt der Demo, wurdedie Löwenstatue zur Erinnerung an die Verteidigung derNation mit einem Graffiti „Die Demokratie muss dort beer-digt werden, wo sie geboren wurde“ und einemTransparent „11. November. Das Ende desWaffenstillstands“ versehen. Das Denkmal erinnert an dendeutsch-französischen Krieg, der mit der Niederlage derfranzösischen gegen die preußischen Truppen endete.Bismarck gestattete dem französischen Armeechef Thiersim Anschluss an die Niederlage im Frühling 1871 diePariser Kommune zu zerschlagen. Die Bevölkerung vonParis hatte versucht die politische Revolution von 1789durch eine soziale Revolution fortzusetzen.

Die Polizei hielt sich mit ihren hunderten zivilen und uni-formierten BeamtInnen weitgehend zurück, riegelten aberden gesamten Platz ab und nahmen drei Personen fest.Die Stimmung auf der Demo war sehr selbstbewusst undkämpferisch, es gab viel Feuerwerk, viele Sprechchöregegen Knäste und für die Freiheit. Sowohl die Polizei alsauch ein Parteibüro der Parti Socialiste (PS) wurden attak-kiert. Beim PS-Büro wurde ein Loch in die Glastürgeschlagen und ein Flyer zum Thema der Demo hindurch-gesteckt. Viele neue Graffitis entstanden auf dem Wegund einige Werbeflächen wurden in Mitleidenschaft gezo-gen. Es waren keine Parteifahnen zu sehen, dafür einigeSymbole autonomer Gruppen. Die TeilnehmerInnenwaren unterschiedlichen Alters und schienen zufrieden mitdem Verlauf der Demo.

Am Abend gab es in einem erst zwei Tage zuvor besetz-tes Haus in Montreuil eine Volxküche. Das Haus wird von

Autonomen instandbesetzt und gegen eine möglicheRäumung gesichert. In der ehemaligen Klinik fürRadiologie gibt es Strom und fließend Wasser. Es wurdenhaufenweise zurückgelassene Patientenakten gefunden.Die Verantwortungslosigkeit der ehemaligen Verwaltungwurde kritisiert und ein verantwortungsvoller Umgang mitdiesen sensiblen Daten diskutiert.

Kundgebung gegen Abschiebeknast

Nach der Demonstration am Nachmittag zogen über 400Demonstrierende in Richtung des Abschiebeknasts (CRA- Centre de Rétention Administratif) in Vincennes im Ostenvon Paris. Ein großes Polizeiaufgebot stoppte dieMenschenmenge wenige hundert Meter vor demGefängnis. Es wurde die Freilassung derjenigen gefor-dert, die für den Brand des Abschiebeknastes verantwort-lich gemacht wurden. 2008 waren nach einerGefangenenrevolte Teile der Anlage ausgebrannt.

Die Kundgebung beschränkte sich nicht nur auf dieFreilassung bestimmter Personen, sondern forderte dieAbschaffung aller Knäste. Nach einigenAuseinandersetzungen mit der Polizei, bei denen drei bisvier Menschen festgenommen wurden, zog sich dieMenge zurück. Die Polizei verhinderte mit ihrem unver-hältnismäßigen Einsatz, dass die Insassen inAbschiebehaft von den Solidaritätsbekundungen erreichtwerden konnten. Trotz vorheriger Genehmigung wurdeder Lautsprecherwagen nicht zur Kundgebung gelassen.

Zeitgleich zogen einige Menschen aus Wut über dieFestnahmen am Nachmittag vor das Polizeihauptquartierdes 12. Arrondissement. Bei dieser Aktion soll es siebenbis neun Festnahmen gegeben haben. Laut AFP (franzö-sische Presseagentur) gab es insgesamt 15 Festnahmenund acht verletzte PolizistInnen, von denen zwei imKrankenhaus behandelt werden mussten.

Un président en fer

Nach rund drei Jahren als Innenminister und einerStippvisite in der Welt der Finanzen, begab sich der am28. Januar 1955 im 17. Arrondissement von Paris gebore-ne Stephane Sarközy de Nagy-Bocsa am 6. Mai 2007 aufden Stuhl des Président de la République française. Derautoritäre Egomane, der im Vorfeld der Wahlen durchRepression gegen die Vorstadt-Aufstände und dieGroßmobilisierung gegen den CPE glänzte, verfolgt eineoffen rassistische Politik, die er mit der Methode desRechtspopulismus und ständigen Ausfällen in der Öffent-lichkeit zu verteidigen versucht.

Als Nicolas Sarkozy die Präsidentschaftswahlen inFrankreich am 6. Mai 2007 mit über 53% der abgegebe-nen Stimmen gewann, gab es Spontandemos in vielenStädten Frankreichs. In Strasbourg versuchten laut SWR300 Wütende die Präfektur zu stürmen. Aufstände gab esunter anderem in Caen, Bordeaux, Dijon, Grenoble, Lyon,Paris, Rouen und Toulouse. Nach der Niederschlagungder Unruhen wurde klar, das von der Presse kaum kriti-sche Öffentlichkeit zu erwarten sei, denn auch in den

Medien wurde mitgezockt: Schon vor der Wahl beeinfluss-te Sarkozy die Meinungsmache durch das Feuern rele-vanter RedakteurInnen mittels persönlicher Beziehungenund Geld.

In Mafiamanier werden auch Razzien und Räumungendurchgeführt, die oftmals keine juristische Deckung genie-ßen würden. Zum Beispiel bei der im August 2006 erfolg-ten „Räumung von Cachan“, einem Squat mit bis zu 1.000meist afrikanischen EinwohnerInnen. Dort gab esVorgänge die auch Menschenrechtskomissionen undmanche PressevertreterInnen kritisierten. Aber auch inden Innenstädten fallen die Sicherheitskräfte zunehmenddurch die Jagd („Raffles“) auf „Sans-Papiers“ auf. EinBeispiel ist die Jagd von Belleville, von der im Kapitel überdie antirassistische Bewegung berichtet wird.

Gegen die Aufständigen aus den Banlieues, paradigmati-sches Feindbild aus Sarkozys Vorwahlkampf, wird selbst-redend weiter gehetzt. Neben den bekannten Aufständenim Herbst 2005 gibt es einen Alltag der gewalttätigenAuseinandersetzungen mit der Staatsgewalt. DutzendeJugendliche randalierten zum Beispiel am 25. November2007 in der Pariser Banlieue Villiers-le-Bel, nachdem diebeiden Jugendlichen Moushin und Larami bei einem„Verkehrsunfall“ starben. Sie waren mit ihrem Mini-Motorrad mit einer Bullenstreife zusammengestoßen. Fast30 Autos, ein Polizeiposten und weitere Gebäude gingendamals in Flammen auf. Am 18. Februar 2008 folgte danneine Großrazzia gegen dieselbe Vorstadt-Siedlung mitzahlreichen Festnahmen und Übergriffen.

Eine rassistische Ordnungs- und Sicherheitspolitik ohnejegliche soziale Gewichtung kann für die Chancenlosenaus den Plattenstädten nur wie Apartheid wahrgenommenwerden. Statt Integration droht immer öfter Verfolgung,Abschiebung und Mord. Um die Abschiebeagenda einzu-halten, erhält die rassistische Politik und der rassistischeSicherheitswahn des 23. Präsidenten eine erschrecken-de, effizienzorientierte Systematik. Doch auch in derAußenpolitik weiß Sarkozy die Tradition der NationalenEigenwilligkeit Frankreichs zu kultivieren und zu genie-ßen.

Die Selbstverständlichkeit weltweiter Auslandseinsätzewird weiterhin kaum in Frage gestellt, auch wenn einigefranzösische Generäle wegen der Mitorganisierung desruandischen Genozides zumindest juristisch schikaniertwerden. Die Selbstverliebtheit und Selbstsicherheit desPräsidenten findet auf allen Ebenen mit geradezu unver-schämten Eingriffen Ausdruck. Um Kritik zu unterbindenspielt er oftmals die persönliche Karte und droht grund-sätzlich mit harten Konsequenzen, sollte Kritik sichtbarwerden. Als AktivistInnen der korsischenUnabhängigkeitsbewegung im August 2008 die Villa desmit Sarkozy befreundeten Schauspielers Christian Clavierbesetzten, ließ Sarko den verantwortlichenSicherheitschef feuern. Anfang 2009 traf es die für dieSicherheit Verantwortlichen eines bretonischen Dorfes, inder die Demo einiger hundert Sarkozy-GegnerInnen nichtsofort zerschlagen wurde.

Wie die Elsässischen Behörden sich vor dem kommendenNATO-Gipfel fühlen, ist leicht vorstellbar. Aber Strasbourg

wird gewappnet sein: Exemplarisch werden hier die seitAnfang der 90er Jahre geltendenAntiterrorplanmaßnahmen umgesetzt. Das Militär hat diewichtigen Infrastrukturpunkte fest im Griff. Auch dieVideoüberwachung sucht für französische Verhältnisseseinesgleichen. Die Neuen Reformen derSicherheitsdienste stehen eng verknüpft mit dem ThemaAntirassismus und im Mittelpunkt des Alltags. DieDiskussion dreht sich wie in den meisten Staaten der EUum die zunehmende Einschränkung von Freiheitsrechten.Die Politik der Nulltoleranz stößt, wie im Beispiel desNetzwerk Bildung ohne Grenzen (RESF) weiter untenerläutert wird, nicht nur in linksradikalen Kreisen auf Kritik.

Doch die Einschüchterung ist groß: Harte Strafen für leich-te Delikte, Aufrüstung der Polizei, ständige militärischePräsenz in den Städten und der Ausbau derGeheimdienste, sowie Spaltung durch hartes Zocken imMedien-Monopoly schrecken viele ab.Gewerkschaftsdemos und überregionaleGroßmobillisierungen zur Bildungspolitik, Streiks oderauch die Selbstverständlichkeit zivilen Ungehorsams vonTransport-Gewerkschaften zeugen von einer kontinuierli-chen politischen Dynamik in Frankreich. Doch dieBasisferne, zentralistische und hierarchischeOrganisierung der meisten sozialdemokratischen „Orgas“der Opposition genügen scheinbar kaum, um derAusdehnung der staatlichen Macht und der MachtSarkozys, sowie dem ordnungspolitischen und rassisti-schen Trend Einhalt zu gebieten.

Antirassistische Bewegung

Wohl auch als zwangsläufige Reaktion auf die zunehmen-de Not der Illegalisierten und den „sicherheitspolitischen“Trends gab es in den letzten Jahren immer mehrVernetzung und Aktionen zum Thema Antirassismus.Sowohl auf institutionalisierter Ebene als auch von linksra-dikaler Seite werden die Maßnahmen der Regierungangegriffen. Das Netzwerk RESF bildet ein Beispiel fürbreit angelegte Antirapolitik. Seit dem 26. Juni 2004besteht das RESF, welches Nachbarschaftshilfe undAntiraaktionen organisiert. So werden zum TeilAbschiebungen durch den Aufbau von Hilfsstrukturen unddirekten Interventionen verhindert.

Am Freitag, den 23. März 2007, begann die Polizei, Teileder Metrostation Belleville im Pariser Norden zu sperren„um auf Jagd zu gehen“. Zufällig am Spätnachmittag,zufällig in der Nähe von vier Schulen. Durch eineTelefonkette werden schnell Leute mobilisiert. Diebedrängten BeamtInnen verließen die U-Bahn, unterlie-ßen jedoch nicht ihre Jagd auf Sans-Papiers. In einemCafe kam es zur Festnahme eines alten Herren; durch diewachsende kritische Menge, die die Tür undPolizeifahrzeuge blockierte, wurde jedoch ein Abzug derPolizei erheblich erschwert. Die Uhr tickte: In Kürze warSchulschluss. Besessen von der durchzuführendenFestnahme setzte die Polizei Tränengas ein; zeitgleichverließen hunderte SchülerInnen die anliegendenSchulen. Letztlich wird der ganze Platz eingegast. Derverhaftete Mann wird jedoch am Folgetag freigelassen,was ohne eine solche Öffentlichkeit nicht passiert wäre.

Auch auf Flughäfen wird interveniert: Durch umfangreicheInformation an Reisende auf Abschiebeflügen wird immerwieder versucht Abschiebungen zu verhindern...

In der Hauptstadt haben sich linke AktivistInnen auf denöstlich der Pariser Innenstadt gelegenen Abschiebeknastin Vincennes eingeschossen. Dort machten dieInsassInnen in den vergangenen Jahren immer wiederdurch Hungerstreiks und Demos auf ihre Situation auf-merksam. Nachdem ein tunesischer Insasse am 21. Juni2008 aus bisher ungeklärten Gründen umkam, entwickel-te sich eine Gefangenenrevolte, die am 22. Juni in derZerstörung des Abschiebeknastes endete. Das Feuer zer-störte den Großteil des Gefängnisses; Slaheddine, Moise,Ali, Ekma, Mahamadou und Hassan, die zu der Zeit inVincennes in Abschiebehaft saßen, sollen nun für dieGeschehnisse verantwortlich gemacht werden.

Der Knast von Vincennes wurde sofort wieder aufgebautund kurz nach dem „Europäischen Integrationsgipfel“ am3. und 4. November 2008 in Vichy wiedereröffnet. EinSchlag ins Gesicht derjenigen, die sich in der geschicht-strächtigen Kurstadt gegen Sarkozys Schärgen verteidi-gen mussten, als diese eine antirassistische Demo von3.000 Linken angriffen, um die TeilnehmerInnen anschlie-ßend durch die Straßen zu jagen und zu verprügeln. Kritikgegen die EU-weite rassistische Politik konnte zwar sicht-bar werden, aber der Preis war hoch.

Mit Staatsterror gegen Linke

Allgemein scheint es Sarkozy um die Durchsetzung einesautoritären Staates zu gehen, in dem langfristig keineOpposition, außer staatlich getragener Groß-Protest-Events, geduldet werden wird. An die Stelle von „Freiheit,Gleicheit und Brüderlichkeit“ in einem vermeintlichenPluralismus tritt die soziale Kälte eines ausgrenzendenSystems. Neben der rassistischen Propaganda finden inder andauernden Konstruktion sozialer und politischerFeindbilder auch die Linksradikalen und Intelektuellenihren Platz. So wird seit mehreren Jahren, verstärkt seitJanuar 2008, gegen die „aufstrebende anarcho-autonomeBewegung“ gehetzt. Gemeint sind meist „junge Leute, stu-diert oder nicht, in die sozialen Kämpfe irgendwie invol-viert und extrem gefährlich“.

Bei einer Zollkontrolle bei Virzan wurden im Januar 2008Farid und Isa verhaftet, weil sie die Pläne einesJugendgefängnisses, ein „Sabotage-Handbuch“ undZutaten für Rauchbomben mit sich geführt haben sollen.Isa befindet sich seither im Knast, da in Folge derErmittlungen ihre DNA-Spuren auf einem nicht-explodier-ten Sprengsatz gefunden worden sein sollen. DerSprengsatz soll unter einem Abschleppwagen der Polizeiwährend der Proteste gegen die Sarkozy-Wahl deponiertgewesen sein.

Auch Juan und Damien sollen an der Aktion gegen dieWahl beteiligt gewesen sein; zusammen stellen sie fürSarkozy den Kern der „Mouvance anarcho-autonomefrancilienne“ (anarcho-autonome Bewegung der Ile-de-France Region) dar. Auch Paco, der nur kurzzeitig beiDamien wohnte, musste länger ins Gefängniss, da er die-

ser „terroristischen Vereinigung“ zugerechnet wurde.Dann, am 22. Juni 2008, wurden zwei Aktivisten auf demWeg zu einer antirassistischen Kundgebung gegen denam selben Tag zerstörten Abschiebeknast verhaftet: Ivanund Bruno. Sie hatten angeblich Materialien zum Bau vonRauchbomben dabei und mussten über Wochen in denKnast.

Im November 2008 gab es auf dem Plateau dem Mille-Vaches Razzien gegen die „Unsichtbare Zelle“, das„Comité invisible“. Unter diesem Pseudonym wurden inden letzten Jahren diverse linksradikale Schriften wie„Tiqqn“ oder „L'Insurrection qui vient“ veröffentlicht, diezum Teil zum Aufstand aufrufen. Nachdem in den Nächtendes Castor-Transportes am 7. und 8. November 2008Oberleitungen durch Hakenkrallen beschädigt wurdenund sich zahlreiche Züge in Nordfrankreich verspäteten,durchsuchten bis zu 200 PolizistInnen diverser Antiterror-und Spezialeinheiten das Dorf Tarnac in Zentralfrankreich.Auch im Rest des Landes wurden Objekte durchsucht.

Insgesamt gab es neun Festnahmen gegen die vermeint-lich militanten UmweltaktivistInnen, die darüber hinaus„Beziehungen zu ausländischen AnarchistInnen“ haben.So meldeten sich kurz danach die Geheimdienste, umSpuren einiger AktivistInnen in den USA, Belgien,Deutschland, der Schweiz und Kanada aufzuführen. Unddann war sie da, die „internationale kriminelle Vereinigungmit terroristischer Zielsetzung“. Die „Taïga“ genannteOperation auf dem Plateau läutete für viele eine neue Zeitein. Nun wurden Leute, die Sarkozys Politik öffentlich kri-tisierten, ein linkes Projekt in der Provinz und AktivistInnendie „zuvor auf linken Demos gesichtet“ wurden, mitAntiterrorgesetzen angegriffen.

Bis auf zwei AktivistInnen wurden die meisten, es sollte jaoffensichtlich nach deutschem Vorbild massiv geschnüffeltwerden, in den kommenden Wochen entlassen. Ylduneverließ am 16. Januar nach fast drei Monaten als Vorletzteden Knast. Julien, der von den Medien als „Anführer derAnarcho-Autonomen Ultralinken“ ausgemacht wurde, sitztimmer noch im Knast. Ihm drohen bis zu 20 JahreGefängnis.

// StaatsterrorismusIch habe mich nicht erschreckt

-erschienen in der Winterausgabe cette semaine-

# Region Paris: Sechs Leute sind angeklagt einer krimi-nellen Vereinigung mit terroistischer Zielsetzung anzuge-hören (ein Konstrukt, das der Staat "MAAF" nennt).

Versuchte Brandstiftung an einem Bullenwagen am 2.Maiim 18.Arrondissement. Sie sind angeklagt aufgrundangeblicher DNA Übereinstimmung, die auf einem nicht-gezündeten Brandsatz gefunden wurde. Isa, seit Januar'09 unter strengen Auflagen draußen, war seit 27.01.08inFleury, Lille, Rouen und Versailles im Gefängnis. Juan,jetzt in Boisd'Arcy, nachdem er in Fresnes und Rouen seitdem 20.06.08 einsaß. Damien in Villepinte seit dem14.08.08. Zwei von ihnen, Isa und Farid, sind auch ange-klagt Chlorat mit sich geführt und im Besitz einesBauplans eines Jugendgefängnisses sowie Sabotage-anleitungen gewesen zu sein, gefunden während einernormalen Fahrzeugkontrolle in Vierzon am 23.01.08.Farid ist meldepflichtig nachdem er vier Monate in U-Haftin Fleury und Meaux einsaß. Damien Ivan und Bruno sindwegen einer anderen Sacheangeklagt: Für den Transportvon Chlorat (Rauchpulver) und Krähenfüßen, gefundenwährend einer Bullenkontrolle in Fontenay/Bois am19.01.08. Sie saßen vier Monate in U-Haft in Fresnes undVillepinte (Januar bis Mai). Ivan ist immernoch melde-pflichtig, Bruno ist untergetaucht.

# Marseille 25.08.08: Eine Person, die wegen derVerweigerung einer DNA-Abnahme angeklagt war wurdezu 30 Tagessätzen á 10 Euro verurteilt. Sie wurde wäh-rend einer Räumung eines besetzten Hauses am10.07.08 festgenommen und war deshalb meldepflichtiggewesen.

# Toulouse-Rennes, 09.10.08: Randall, Grégoire undDaphnée werden am 25.11.07 in Toulouse festgenommenund u.a. dafür angeklagt, eine Zollstation angegrifen zuhaben sowie auf einem Feld mit explosivem Materialexperimentiert zu haben. Sie wurden zu sechs Monatenbis drei Jahre Knast verurteilt.

# Fresnes, 14.10.08: Drei von vier festgenommenen wäh-rend einer Spotandemonstration vor dem Gefängnis inFresnes am 02.07.08 werden zu 3000 Euro Geldstrafe aufBewährung wegen der Nichtanmeldung der Demonstra-tion und einem Transparent mit der Aufschrift: Wie inVincennes- Feuer allen Gefängnissen. (Vincennes ist einAbschiebeknast der vonInsass_innen im vorigen Monatabgefackelt wurde) verurteilt. Für dievierte Person wurdedie Strafe nicht auf Bewährung ausgesetzt weil siezusätz-lich Rauchpulver transportiert hatte. Alle vier wurdenderVerweigerung einer DNA-Abnahme freigesprochen.Auf Grund dieser Vorfälle kam es zu mehreren Haus-durchsuchungen.

# Paris, 05.11.08: Zehn Personen, deren Personaliennach einer Besetzungeines Gebäudes in der Rue desPannoyaux (20 Arrondissement) am 13.10.08 festgestellt

wurden und die der Sachbeschädigung beschuldigt wur-den (die Bullen hatten ein Loch in die Tür gebrochen umreinzukommen) wurden alle freigesprochen.

# Caténaires (Hakenkralle), 11.11.08: Zehn Personen wer-den in Tarnac, Rouen, Paris und der Nähe von Nancy fest-genommen. Neun werden der Mitgliedschaft in einer kri-minellen Vereinigung mit terroristischer Zielsetzung ange-klagt ("unsichtbare Zelle", wie sie von der Staatsmachtgenannt werden). Fünf von ihnen werden am 15.11.08 inFresnes, Fleuryund La Santé einsgesperrt. Drei von die-sen fünf werden der "gemeinschaftlichen Sachbeschä-digung" während der Sabotage vom 11.11.08 gegen dasHochgeschwindigkeitszugnetz der SNCF beschuldigt.Julien wird als "Chef" dieser "Zelle" bezeichnet. Am02.12.08 kommen drei von fünf, die im Gefängnis sind(Gabrielle, Manon, Benjamin) raus. Sie sind meldepflichtigin Paris, Normandie und Limoges. Sie haben dieselbenAuflagen wie auch Mathieu, Aria, Bertrand undElsa. Yildune ist seit dem 16.01.09 frei und auch melde-pflichtig, Julien ist immernoch im Knast.

# Avignon, 26.11.08: Grégory und Damien, festgenom-men am 31.03.07während der Präsidentschaftswahlen,angeklagt, das Büro einer sozialistischen Partei angezün-det zu haben, werden zu einem Jahr Gefängnis und zweiJahren auf Bewährung verurteilt. Zusätzlich müssen sieder sozialistischen Partei eine Entschädigung zahlen.Auch die Versicherung der Partei fordert 17 000 Euro vonden beiden. Sie warenvon März bis Juni 2007 in U-Haft.

# Paris, 10.12.08: Damien und Paco werden der versuch-ten Brandstiftung an einem Fahrzeug vor Fouquet'sRestaurant angeklagt, wo Sarkozy seinen Wahlsieg inder Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2007 gefeiert hat. Pacowird der Mittäterschaft beschuldigt. Am 10.12.08 stehensie deshalb vorGericht. Der Prozess wird auf Januar 2009verschoben. Damien saß sechs, Paco sieben Wochen inU-Haft.

In der Juli-Ausgabe der Entfesselt (Antiknast Zeitung vonABC-Berlin und ABC-Orkan) heißt es dazu:

[...]Nach diesen verschiedenen Ereignissen und zum erstenMal nach längerer Zeit kann mensch in Frankreich eineMedienhysterie beobachten, welche sich gegen die„Anarcho-Autonomen” richtet, sie in eine Reihe mit „AlQaida und ETA” stellt und sie als „eine der drei größtenterroristischen Gefahren für unsere Nation” definiert.Zurückzuführen ist dies auf verschiedene Zeitungsartikelund Interviews mit der Innenministerin. Während wir aufweitere Infos von Seiten der betroffenen GenossInnenwarten, können wir nichts weiter hinzufügen, als dassdurch die Verschaffung dieser künstlichen und nicht exi-stierenden „Stärke“ der „Anarcho-Autonomen” und desGespenstes des „Terrorismus” dies sich in dieser Art undWeise auf alle Kämpfe und kommenden Ereignisse aus-wirken wird, dass diese gelähmt und behindert werden.Solidarität mit allen Gefangenen!

// Terrorismus weltweit?Belgien, Dänemark, Deutschland, Griechenland, Italien,Neuseeland, Österreich, Spanien, USA...... undFrankreich

Seit Janunar 2008 werden in Frankreich sechsAktivist_innen mit Terrorismusvorwurf strafrechtlich ver-folgt. Ivan, Bruno und Damien wurden am 19. Januar fest-genommen als sie auf dem Weg zu einer Demonstrationzum mittlerweile vollständig abgebrannten Abschiebe-knast von Vincennes waren. In diesem war es in den let-zen Monaten immer wieder zu Streiks und Revolten derdort inhaftierten Sans-Papiers gekommen, die mitDemonstrationen vor dem Gefängnis solidarisch unter-stützt wurden.

Im Januar sind darüber hinaus Isa und Farid bei einerZollkontrolle festgenommen worden. Am 20. Juni wurdedann Juan, Isas Bruder, festgenommen und zugleich insGefängnis von Fresnes gebracht. Schon im April warendie Fälle in einer gemeinsamen Untersuchung zusam-mengefasst worden und die Antiterrorismusabteilungübernahm die gesamten Ermittlungen. Alle sechs sind derBildung einer terroristischen Vereinigung verdächtigt undgehören laut Polizei zu einer angeblichen „anarcho-auto-nomen Gruppe des Großraumes Paris“.

Der Kontext, in dem diese Festnahmen und Ermittlungenstehen

Im Januar diesen Jahres gab es um und vor demAbschiebeknast von Vincennes, der in der Nähe von Parisliegt, großangelegte Mobilisierungen mit wöchentlichenKundgebungen und Demonstrationen um die dort inhaf-tierten Sans-Papiers solidarisch in ihren Kämpfen gegenüberfüllte Knäste, die dort vorherrschenden Haftbedin-gungen und Abschiebungen zu unterstützen.

Frankreichs Präsident Sarkozy sieht eine massiveErhöhung der Abschiebungen jährlich auf 250 000 vor. DieUmsetzung dieser Forderung bringt überfüllteAbschiebeknäste, noch menschenunwürdigere Haftbedin-gungen, belagerungsartige Zustände von städtischenVierteln mit verstärktem Auftreten von Migrant_ innen bishin zu Razzien derselbigen mit sich. Metrostationen wer-den intensivst überwacht und immer wieder kommt es zurassistisch motivierten Personenkontrollen und Verhaf-tungen.

In Anbetracht dieser sich immer unerträglicher gestalten-den Lebensbedingungen für Migrant_innen kam es zuzuvor genannten Mobilisierungen um die Sans-Papiers inihren Organisierungen gegen Abschiebungen, Kontrollenund Streiks zu unterstützen - nicht nur in Vincennes son-dern vielerorts in Frankreich.

Viele Sans-Papiers arbeiten zu noch ungünstigerenBedingungen als Menschen mit legalem Status und ver-suchten auch hierauf durch Streiks aufmerksam zumachen und Druck auszuüben um Papiere erhalten zukönnen.

Innerhalb der Knäste kam es zu Hungerstreiks, dieGefangenen verweigerten ihre Zählung und den Wegzurück in „ihre“ Zellen. Im Juni diesen Jahres branntenInhaftierte des Abschiebeknastes von Vincennes - desgrößten in Frankreichs - diesen komplett nieder, in demsie ihre Matratzen anzündeten, nachdem einemGefangenen am 22.06.08 medizinische Hilfe verweigertwurde, woraufhin dieser verstarb. Draußen versammeltensich Menschen zu Demonstrationen oder Kundgebungenvor den Gefängnissen.

In diesem Kontext muss nun auch das Konstrukt und dasanstehende Verfahren gesehen werden, das den sechsBeschuldigten droht und beinhaltet Mitglieder in einer ter-roristischen Vereinigung zu sein, die die Ermittlungs-behörden „anarcho-autonome Gruppen des GroßraumesParis“ nennen - obwohl sich niemals jemand selbst sobezeichnet hat.

Die Festnahmen

Am 19. Januar wurden schon im Vorfeld einerDemonstration bei Vincennes Bruno und Ivan festgenom-men, als bei einer Polizeikontrolle Natriumchlorat(Bestandteil von Rauchpulver) und Nägel (Krähenfüße) inihrem Auto gefunden wurden. Der Vorwurf lautet die bei-den hätten geplant ein explosives Erzeugnis, das Nägelbeinhalten würde, herzustellen. Sprich eine Nagelbombe.In Anbetracht der Demonstrationen, die von einer breite-ren sozialen Bewegung getragen wurden, in der militanteAktionsformen wie Rauchpulver oder Krähenfüße sozusa-gen zur politischen Praxis gehören wirkt das Konstrukt„eine Nagelbombe bauen zu wollen“ doch sehr weit hergeholt. Viel mehr scheint den ermittelnden Behörden vieldaran gelegen diese soziale Bewegung zu kriminalisierenund in gute und böse Demonstrant_ innen zu spalten,sodass sie ihre menschenverachtende Politik weitge-hendst ungestört durchführen können.

Die dritte Person, die an diesem Tag festgenommenwurde, Damien, war sozusagen zur falschen Zeit am fal-schen Ort. Er kam lediglich dazu, als die Autodurch-suchung mit anschließender Festnahme von statten gingund wurde aus Bekanntschaft zu den beiden festgenom-menen auch inhaftiert und gleich mitangeklagt.Unglaublich aber wahr.

Eine Woche später wurden dann Isa und Farid bei einerZollkontrolle festgenommen als in ihrem AutoNatriumchlorat, Pläne des Jugendknastest vonPorcheville und Sabotageanleitungen gefunden wurden.

Die Ermittlungen wurden sofort mit dem Vorwurf derBildung einer terroristischen Vereinigung aufgenommen.Isas DNA, die während der Ingewahrsamnahme festge-stellt wurde, soll mit Spuren, die auf einem Brandsatz, derim Mai 2007 unter einem Polizeifahrzeug gefunden wor-den war, übereinstimmen. Sie befindet sich seitdem inUntersuchungshaft und hat den Status einer besondersüberwachten Gefangenen.

Obwohl beide Fälle erst einmal nichts miteinander zu tunhaben wurden sie im April von der Antiterrorismusabtei-lung zusammengelegt und von nun an gegen insgesamtsechs betroffene ermittelt. Der genaue Ermittlungsgegen-stand lautet Mitgliedschaft in einer „anarcho-autonomenGruppe des Großraumes Paris“. Am 20. Juni wurde Juan,Isas Bruder, auf offener Straße festgenommen undzugleich ins Gefängnis von Fresnes gebracht, weil seineDNA-Probe ebenfalls mit den Spuren vom Mai 2007 über-einstimmen sollen. Auch er soll Mitglied dieserVereinigung sein. Es sollen angeblich vier weitere DNA-Spuren auf dem Brandsatz gefunden worden sein, wes-wegen im August 2008 auch Damien festgenommenwurde. Er befindet sich seitdem wieder in Untersuchungs-haft.

Ivan, Bruno und Farid sind im Juni nach über vier MonatenUntersuchungshaft aus dem Knast entlassen worden. Alledrei wurden unter strenge richterliche Aufsicht gestellt. Inzwei Fällen zwingen die Auflagen die Betroffenen weit vonihrem eigentlichen Wohnort zu leben, eine Arbeitsstelle zufinden und regelmäßig beim SPIP (Reintegrationsdienstdes Strafvollzug) zu erscheinen. Die Auflagen zielen dar-auf ab, die aus der Haft entlassenen Personen weiterhinaus der Nähe zu überwachen.

Sie stellen eine Art des Freiheitsentzuges dar bei demjede Nichtbeachtung der Auflagen sofort wieder Knastbedeutet. Die Pflicht regelmäßig bei der Polizei zuerscheinen soll den Druck auf die Personen aufrechterhalten und sie der Justiz verfügbar machen. DieUntersuchungen gelten als immer noch nicht abgeschlos-sen und es steht noch kein Datum für einen Prozess fest.

Bruno ist mittlerweile untergetaucht und hat einen offenenBrief verfasst, in dem er seine Beweggründe hierfür dar-legt und dazu aufruft den Kampf gegen Staat,Abschiebungen und Repression weiterhin aufrecht zuerhalten. Die richterlichen Auflagen unter denen dieBeschuldigten draußen sind wurden im Oktober nun ver-schärft, da Ivan und Farid, die von Zivilpolizisten beschat-tet wurden, gegen ihre Auflagen verstießen als sie sichmiteinander getroffen haben. Weitere Informationen hier-zu liegen zur Zeit nicht vor werden aber schnellst möglichauf indymedia und co. veröffentlicht werden.

Was bedeuten Ermittlungen nach dem französischenTerrorparagraphen?

Gefangene, gegen die auf Grund dieses Paragraphenermittelt wird, stehen unter besonderer Aufsicht als beson-ders gefährliche Inhaftierte. Verschärfte Knastbedingun-gen und Isolationshaft gehören genau so zum Programmwie besondere Sicherheitsauflagen. Isa zum Beispiel

wurde in der Zeit ihrer Inhaftierung schon drei mal in ande-re Knäste verlegt was eine kontinuierliche Solidaritäts-arbeit oder den Kontakt mit ihrem Anwalt immenserschwert. Rund um die Uhr Intensivst-Überwachung derBeschuldigten, die sich draußen unter richterlicherAufsicht befinden, Meldeauflagen und Hausarrest gehö-ren auch dazu.

Weiterhin, wie auch in Deutschland, gehört zu den Zielender Ermittlungsbehörden ein möglichst detailiertes Bilddes Umfelds der Beschuldigten zu erstellen. DemSchnüffelparagraphen alle Ehre machend wird nun ver-sucht eine ganze Szene zu durchleuchten und zu krimina-lisieren. Schon alleine das Halten eines Banners mitSolidaritätsbekundung vor dem Knast führte zu einemgewalttätigen Bulleneinsatz mit Verhaftungen undHausdurchsuchungen. Den Beschuldigten wird nunwegen der Aufschrift „Comme à Vincennes... feu aux pri-son“ („Wie in Vincennes...Feuer und Flamme allenGefängnissen“) ein Aufruf zu Straftaten vorgeworfen(Prozesstermin 14.Oktober). Es geht also auch darum jeg-lichen Widerstand zu kriminalisieren und im Keim zuersticken.

Wie reagiert die Öffentlichkeit?

In Presseerklärungen beziehen sich verschiedeneMinister_innen immer wieder auf das Konstrukt der „anar-cho- autonomen Gruppe“ und greifen hierbei den „neuenFeind“, von dem eine terroristische Gefahr für Frankreichausgeht, an. Dies ist ein Angriff auf bestimmteOrganisationsformen und beinhaltet alle und alles wasvon einer sich autonom und/oder sich selbstorganisieren-den Szene ausgeht. Hausbesetzer_innen und derSympatisant_ innenkreis sozusagen. Hiermit ist demTerrorparagraphen als Aushorchinstrument Tür und Torgeöffnet. Unter dem Vorwand Terrorist_ innen zu verfol-gen und die Demokratie sichern zu wollen werdenMenschen willkürlich festgenommen, wird ihnen DNA ent-nommen und Strukturen und Beziehungen durchleuchtet.Auch die Presse unterstützt die ermittelnden Behörden -sind doch einige Zeitungen in den Händen Sarkozys undseiner Verbündeter. Keiner der Fälle ist jedoch mehr als(versuchte) Sachbeschädigung und in diesem Kontextmuss der Vorwurf „Terrorismus“ und die neue „linksextre-mistische Gefahr“ dann auch gesehen werden. Selbst grö-ßere Gruppen, die an den Protesten rund umAbschiebeknäste und Antirassismus beteiligt sind haltensich eher bedeckt und eine gemeinsame Solidaritätsarbeitist gerade erst im Aufbau.

International kam es jedoch schon zu zahlreichenSolidaritätsbekundungen gerade aus dem radikal linkenUmfeld. So zum Beispiel innerhalb der internationalenWoche der Solidarität Ende Juni als es in verschiedenenStädten in Frankreich Solikundgebungen, Demos mitmassivem Rauchpulvereinsatz oder auch Aktionen gegenGefängnisse, Gefängnisneubauten und daran Beteiligten- wie zum Beispiel deren Bauleitungen - kam.

Dieser Artikel möchte Möglichkeiten aufzeigen, uns gren-zenüberwinded gemeinsam gegen Repression, Abschie-bungen und die kapitalistische Weltordnung zu solidarisie-

ren. Es braucht eine gemeinsame Reflektion darüber, wasRepression auch in größerem Rahmen für uns als radika-le Linke bedeutet, was verschiedene Organisationsformenan Repression „mit sich bringen“ und welche Aktionsfor-men wir wie - auch zur Solidaritätsbekundung - durchfüh-ren können und wollen.

Um mit Brunos Worten zu enden:

Feuer und Flamme allen Gefängnissen.Feuer und Flamme dem Kapitalismus.

// Chronologie der Ereignisse

19.01.Bruno und Ivan werden in Fontenay-sous-Bois (Gross-raum Paris) im Besitz von Böllern , Krähenfüßen undselbstgemachtem Rauchpulver festgenommen. Diesesbesteht aus Natriumchlorat, Mehl und Zucker; ein brenn-bares Gemisch, das aber nicht explosiv ist, wenn es sichnicht in einem geschlossenen Behälter befindet.Als Ivan und Bruno bereits mehrere Minuten kontrolliertwerden kam zufällig Damien vorbei. Also nehmen ihn dieBullen ebenso fest.In Folge dessen kommen alle drei für 48 Stunden inGewahrsam, wo sie keine Aussagen machen, sich wei-gern sich photogrqphieren zu lassen, Fingerabdrücke undihre DNA abzugeben.Die Bullen nehmen ihnen unter Zwang einige ihrerKleidungsstücke (wie Pullover) ab, um sie auf angeblicheSpuren von explosiven Stoffen hin zu untersuchen (ver-geblich), dann werden sie unter amtlicher Versiegelungverwahrt.Das Rauchpulver wird analysiert und untersucht, einerster Bericht des Gutachtens wird ausgestellt.In diesem Bericht wird jedoch « vergessen » zu erwähnen,dass das Gemisch Mehl enthält. Stattdessen spricht dasGutachten nur von Natriumchlorat und Zucker – einGemisch das in Verbindung mit Nägeln zur Herstellungeiner Nagelbombe dienen könnte.Diese tendenziöse Interpretation führt in der Konsequenzzu einem Hin und Her zwischen verschiedenenBezeichnungen der Sachlage als kriminell oder als Delikt(was wiederum verschiedene Zuständigkeiten verschie-dener Gerichtshöfe bedeutet).

Bei Damien und Ivan findet eine Hausdurchsuchung statt.Mitgenommen werden Computer, Photoapparate, Flyer,Plakate, Broschüren...Die Antiterror-Einheit erscheint zu derHausdurchsuchung, entscheidet aber, dass es sich hiernicht um ihre Angelegenheit handelt.

21.01.Bruno, Ivan und Damien werden für « den Transport undBesitz brennbarer und/ oder explosiver Substanzen mitdem Ziel, Sach- und/ oder Personenschaden zu verüben,einer kriminellen Vereinigung anzugehören und sich zuweigernn sich photographieren zu lassen sowieFingerabdrücke und DNA abzugeben »..

Sie werden von Ludovic André, Ermittlungsrichter inCréteil, verhört. Für Bruno, Damien und Ivan gibt es keinSchnellverfahren.Es wird ein Ermittlungsrichter ernannt, um die Ermittlun-gen fortzusetzen.Vor dem Richter sagen Bruno und Ivanaus, dass sie auf dem Weg zur Demonstration vor demAbschiebegefäng-nis in Vincennes waren und dass sieRauchpulver dabei hatten, um sich für die inhaftiertenSans-Papiers sichtbar zu machen, mit den Krähenfüssenwollten sie Reaifen von Fahrzeugen beschädigen.

Damien sagt aus, dass er von gar nichts weiss, dass ernur zufällig nicht weit von Ivan und Bruno war, als sie fest-genommen wurden. Damien wird unter Meldepflicht ge-stellt.

Bruno und Ivan werden in eine vier Monate lang dauern-de U-Haft genommen, die jedoch erneuert werden kann.Sie werden in Fresnes und Villepinte (beides GrossraumParis) inhaftiert; jeweils mit einem anderen Gefangenen ineiner Zelle.

23.01Isa und Farid (geänderte Namen) werden vonZollbeamt_innen an der Péage (Autobahnzahlstelle) vonVierzon (Zentralfrankreich) festgenommen. DieBeamt_innen kontrollieren ihre Ausweise und stellen fest,dass Farid in einer polizeilichen Kartei registriert ist. Alsodurchsuchen sie das Auto und finden darin eine Taschemit etwas weniger als 2 kg Natriumchlorat, den Original-gebäudeplan des Jugendgefängnisses in Porcheville undeine CD mit einer Datei, die diesen Gebäudeplan enthält.Auf der CD befindet sich folgende Bemerkung: « Wirermutigen zur Verteilung dieser Pläne um jede Kritik anund alle Kämpfe gegen das Knastsystem zu unterstützen». Ausserdem werden in dem Auto Kaliumchlorat und zweiBücher gefunden. Eines davon italienisch mit dem Titel «Jedem das Seine, 1000 Wege, um diese Welt zu sabotie-ren »; dieses Buch beschreibt verschiedene Sabotage-techniken. Das andere Buch ist englisch und heisst « Anleitung für improvisierte Munition ».

Für Isa und Farid sind von Anfang an Anti-Terror-Einheitenzuständig. Sie werden für vier Tage in der NationalenAntiterror Abteilung (Division nationale antiterroriste =DNAT) in Levallois-Perret in Gewahrsam genommen. Siekönnen ihre Anwält_innen erst nach 72 Stunden sehen.

Drei Hausdurchsuchungen finden statt. Eine davon bei Isain ihrer Pariser Wohnung; unter Versiegelung mitgenom-men werden: Bettwäsche und ein behördlichesDokument. Die zweite Durchsuchung findet in FaridsWohnung (ebenso in Paris) statt; die Bullen nehmen einenComputer, Böller, Flyer (gegen Jugendknäste und gegendie Abschiebung von Sans-Papiers), anarchistischePlakate aus Griechenland, Bücher und Broschüren überden Antiknast-Kampf in Europa und einen Stempel derKindergeldstelle in Seine-Saint-Denis mit.Die dritte Hausdurchsuchung, die zwei Tage lang dauert,findet einige hundert Kilometer von Paris statt in einem Haus, dessen Miteigentümerin Isa ist. Die Bullen nehmenein Exemplar der « L'Envolée » (eine Antiknast-Zeitung),Böller, Feuerwerkskörper, Bettwäsche, Gläser,

Zahnbürsten und Gegenstände des täglichen Lebens, umvon diesen Fingerabdrücke und DNA zu nehmen, mit. DasHaus wird versiegelt und ist es bis heute.

Während ihrer Gewahrsamnahme und nach mehrerenWeigerungen lassen Isa und Farid die DNA-Entnahmeschliesslich zu. Den Bullen zufolge entspricht Isas DNAderjenigen eines Haares, das auf einem Brandsatz, dersich nicht entzündet hat, gefunden wurde. Der Brandsatzbestand aus mehreren Benzinflaschen und Anzünder, erwurde am 2. 05. 2007 unter einem Polizei-Abschlepp-Fahrzeug (dépanneuse), das vor einer Bullenstation inParis geparkt war, gefunden. Zusätzlich zu dieser weibli-chen DNA-Spur seien vier andere männliche auf demBrandsatz gefunden worden.

27.01.Isa und Farid werden von der Antiterror-Ermittlungsrichterin Marie-Antoinette Houyvet verhört.Bald arbeitet Edmond Brunaud, ein andererErmittlungsrichter, mit ihr an diesem Fall. Die beiden ver-hören die Angeklagten und werden späterRechtshilfeersuchen verschicken, die den Bullen ermögli-chen, Hausdurchsuchungen, Vorladungen, Festnahmenund verschiedene Arten von Überwachung durchzufüh-ren.

Isa und Farid sind angeklagt für « den Transport undBesitz brennbarer und/ oder explosiver Substanzen mitdem Ziel, Sach- und/ oder Personenschaden zu verübenund für die angebliche Mitgliedschaft in einer kriminellenVereinigung mit dem Ziel terroristische Akte vorzuberei-ten, in diesem Fall, an Aktivitäten der « mouvance anar-cho-autonome francilienne » (=MAAF; dt.: « anarcho-autonome Bewegung des Großraums Paris »,Anmerkung: eine staatliche politische Konstruktion, kreiertvon der Innenministerin Alliot-Marie , die viel Verbreitungin den französischen Medien findet) teilgenommen zuhaben, Taten die sich einschreiben in einen Kontextgeplanter und gewaltätiger Aktionen mit dem Ziel dieStrukturen des französischen Staates zu destabilisieren ».Aufgrund der dépanneuse-Geschichte ist Isa auch ange-klagt für « versuchte Sachbeschädigung durch brennbareund/ oder explosive Substanzen, einen Brand oder durchirgendetwas anderes, was eine Gefahr fürMenschen dar-stellen könnte ».

Farid sagt aus, dass er nicht wusste, was in der Taschewar. Isa sagt aus, dass es sich um ihre Tasche handeltund bestätigt, dass Farid nicht wusste, was in der Taschewar. Das Natriumchlorat gehöre ihr und sie benutze es umRauchpulver herzustellen. Sie sagt aus, dass dieGebäudepläne des Knasts und die Bücher nicht ihr gehö-ren, dass sie diese in ihrer Wohnung gefunden hat, einOrt, wo viele Leute vorbeikommen. Sie sagt aus, dass sieden Plan und die Bücher wegschmeissen wollte.Hinsichtlich der dépanneuse-Falls verneint Isa jeglicheTeilnahme an der versuchten Brandstiftung.

Isa und Farid kommen beide in Fleury-Mérogis(Grossraum Paris) in U-Haft. Farids U-Haft dauert vierMonate und kann dann erneuert werden, Isas U-Haftmuss erst nach einem Jahr erneuert werden.

Isa und Farid haben jeweils Einzelzellen und können dieanderen Gefangenen während des Hofgangs oderAktivitäten (wenn es welche gibt) treffen. Sie werden als «besonders zu überwachende Gefangene » klassifiziert,was heisst, dass für sie für alle Orts-wechsel besondereSicher-heitsvorkehrungen gelten. Angehörige und alle, dieIsa und Farid besuchen wollen werden bei den Bullen derAnti-Terror-Einheit (Section Antiterroriste (SAT)) in Quaides Orfèvres in Paris vorgeladen. Die Gruppe, die sich umdie Verhöre kümmert wird von Ménara geleitet.

15.02.Isa und Farid gehen vors Ermittlungsgericht um ihre In-U-Haftnahme anzufechten. Ihre Freilassungsgesuche wer-den abgelehnt.

24.02.Farid wird von anderen Gefangenen zusammengeschla-gen, die von den Schließern glauben gemacht wurden,dass Farid zur extremen Rechten gehört. Nach einemKrankenhausaufenthalt wird er in ein anderes Gebäudedes Gafängnisses Fleury-Mérogis verlegt.

MärzBruno weigert sich in seine Zelle zurückzugehen, da erschon eine Zeit lang eine Einzelzelle fordert. Er mussmehrmals für denselben Grund in den Bunker, insgesamtverbringt er dort fast einen Monat.Er wird es nie schaffen, eine Einzelzelle in Fresnes zubekommen: er wird letztendlich im Isolationstrakt vonFresnes landen. Isolationstrakte sind Trakte, in denen dieangeblich « gefährlichsten » Gefangenen landen. Diesesind völlig isoliert: immer alleine in der Zelle und beimHofgang.

Anfang AprilDie Antiterrorismus-Ermittlungsrichterin Marie-AntoinetteHouyvet fragt den Richter Ludovic André (Ermittlungs-richter in Créteil), ob er den Fall von Ivan, Bruno undDamien an sie abgibt.Anders gesagt fordert sie, dass dieFälle von Isa und Farid, und Ivan, Bruno und Damien, zueinem einzigen Fall zusammengefasst werden. Siebehauptet, dass es eine Verbindung zwischen den beidenFällen gibt: alle Angeklagten gehören angeblich zur sel-ben « mouvance anarcho-autonome francilienne » undmanche von ihnen würden sich persönlich kennen.

Ivan und Bruno stellen eine Forderung auf Freilassung.Der Ermittlungs-, Haft- und Entlassungsrichter lehnt dieseForderung ab. Ivan und Bruno gehen in Berufung.

03.04.Isa wird nach Lille-Séquedin verlegt – in eines der neustenGefängnisse, sehr hoch gesichert und oft fürStrafverlegungen benutzt. Die Erklärung, die für IsasVerlegung gegeben wird ist, dass sie Zeichnungen vomGefängnis abgeschickt hat, die als Fluchtplan interpretiertwerden. Monate lang wird es Isa nicht aufgeben, ihreRückverlegung in den Großraum Paris zu fordern...

17.04.Farid wird ins Gefängnis von Meaux-Chauconin verlegt.Angeblich aus « Sicherheitsmaßnahmen », aber das tat-sächliche Motiv der Justiz ist die Nähe mit den baskischenpolitischen Gefangenen.

17.04.Der Richter André erklärt sich zugunsten der RichterinHouyvet als nicht zuständig für den Fall. Beide Fälle wer-den in Folge dessen in den Bereich des Antiterrorismuserhoben und werden also nach Paris verlegt.Die Anklagegründe werden für Damien, Ivan und Brunoneu formuliert: die Richterin fügt ihnen hinzu « Verbindungmit einem terroristischen Unternehmen, in diesem Falleder Mouvance Anarcho-Autonome des GroßraumsParis».Konkret heißt das, dass von diesem Zeitpunkt an jedeneue Person, die einen Besuchstermin bei Ivan oderBruno erhalten möchte, vorab zum Quai des Orfèvres vor-geladen wird. Sicherlich wurden auch die Eltern von Ivan,Bruno und Damien dort mehrere Stunden lang verhört.

21.04.Erscheinen der « Brief von Ivan und Bruno » (siehe ersteAusgabe der Mauvaises Intentions) aus denGefängnissen von Fresnes und Villepinte.

Bruno geht in Berufung vor dem Ermittlungsgericht. SeineForderung nach Freilassung wird abgelehnt.

28.04.Ivan geht vor das Ermittlungsgericht. Seine Forderungnach Freilassung wird ebenso abgelehnt.

MaiErscheinen des Briefes von Isa und Farid seit denGefängnissen von Lille-Sequedin und Meaux Chauconin.

21.05.Juan (Name geändert) wird auf offener Straße vonAntiterrorismus-Bullen festgenommen. (Er hatte, einigeMonate zuvor, einen Besuchstermin gefordert um seineSchwester Isa zu sehen. Er wurde dann vorgeladen,erschien aber nicht.) Die Bullen nehmen ihn sofort inGewahrsam im Quai des Ofevres und teilen ihm mit, dasssie seine DNA wollen, um zu überprüfen, ob sie einer vondenen entspricht, die auf dem Brandsatz vom 05. 2007gefunden wurden. Juan sagt nichts aus, weigert sich, sichphotographieren zu lassen sowie Fingerabdrücke undDNA nehmen zu lassen. Im wird aber unter Zwang seineUnterhose abgenommen, um daraus DNA zu entnehmen.Die Bullen durchsuchen seine Wohnung und nehmen eini-ge persönliche Dokumente mit, zusätzlich zu denGegenständen, die sie schon direkt von ihm beschlag-nahmt haben (USB-Stick, Telefonlisten, Flugblätter...).Nach 48 Stunden wird Juan schließlich entlassen, seineDNA stimmt nicht mit den gefundenen überein.

Ende MaiEntgegen der Meinung der Ermittlungsrichterin entschei-det der JLD, die U-Haft für Farid nicht zu verlängern. DieStaatsanwaltschaft (oder der Staatsanwalt, Repräsentantdes Staates) legen Berufung gegen diese Entscheidungein, Farid erscheint vor dem Ermittlungsgericht, welchesebenso entscheidet, ihn vorläufig freizulassen. Farid wirdalso unter richterlicher Aufsicht entlassen. Er muss arbei-ten, in seiner Pariser Wohnung wohnen, die Richterin ver-ständigen, wenn er die Ile-de-France verlassen will, sicheinmal wöchentlich bei den Bullen melden und alleMonate bei einem Verein für Ex-Häftlinge melden.Er darf die anderen, die in der selben Sache wie er ange-klagt sind, weder sehen noch mit ihnen in Kommunikationtreten. Er ficht diese letzte Bestimmung an und wirdschließlich das Recht bekommen, Isa zu schreiben.

Ende MaiBruno wird in das Gefängnis in Mulhouse verlegt.

06.06.Bruno und Ivan gehen vor das Ermittlungsgericht weil siedie Erneuerung für vier weitere Monate U-Haftdie einige Tage zuvor durch die Richterin und den JLDentschieden wurde, anfechten. Das Ermittlungsgerichtentscheidet, sie vorläufig freizulassen.Alle beide werden unter richterliche Aufsicht gestellt:Ivan in der Normandie, Bruno nahe bei Belfort. Sie habendie Verpflichtung zu arbeiten, sie dürfen sich nur zumArbeiten oder um Arbeit zu suchen in einem oder zweiDepartments bewegen, es ist ihnen verboten, die ande-ren, die in der gleichen Sache angeklagt sind, zu sehen,sie müssen sich einmal die Woche bei den Bullen meldenund sich zwei Mal im Monat mit einem Bewährungshelfertreffen.

17.06.Erscheinen von Farids Brief, Blicke auf das antiterroristi-sche Delirium.

20.06.Juan wird in der Wohnung seiner Eltern erneut festgenom-men. Er wird direkt vor den antiterroristischen RichterBrunaud gefahren, der seine Inhaftierung fordert und dieAnklage für eine „kriminelle Vereinigung mit dem Zieleines terroristischen Unternehmens und der versuchtenSachbeschädigung mittels einer brennbaren oder explosi-ven Substanz, einen Brand oder durch irgendetwas ande-res, was eine Gefahr für Menschen darstellen könnte“. Beiseiner letzten Ingewahrsamnahme hätten die Bullen auchDNA von einem Becher genommen. Nun scheint es aber,dass dieses Mal Juans DNA einer der DNA-Spuren, dievon dem Brandsatz des Bullenautos genommen wurden,entspricht. Juan sagt aus nicht beteiligt gewesen zu sein.

03.07.Isa und Juan werden ins Gefängnis von Rouen verlegt.Rouen ist näher an Paris als Lille. Man verspricht ihr nun,dass diese Verlegung zeitlich beschränkt sei in Erwartung

eines Platzes im Großraum Paris, wohin sie imSeptember verlegt werden könne.Für Juan aber ist das hernagezogene Motiv die familiäreAnnäherung! Während diese Verlegung nichts machtaußer ihn weiter von seinen Eltern und denjenigen, dieihm nahe stehen und in Paris wohnen, zu entfernen.

06.07.Erscheinen von Brunos Brief „Warum ich abhauen bin“.Bruno entzieht sich der Meldepflicht.

Mitte JuliAufgrund des Verprügelns eines Gefangenen in Rouendurch die Schließer beginnt sich eine kollektive Bewegungzu organisieren. Insbesondere weigern sich dieGefangenen einige Minuten lang, in ihre Zellen zurückzu-kehren. 15 werden von der Knastinternen Gerichtsbarkeitbestraft. Vier Mädchen trifft es hart: Diejenige, diegekämpft hat wird nach Lille-Sequedin verlegt, einMädchen wird anderswohin verlegt, eine andere kommtsechs Tage in den Bunker, Isa zehn Tage (sie wirdbeschuldigt, die Anführerin dieser Bewegung zu sein).

22.07.Die Ermittlungsrichterin entscheidet, die Meldepflicht fürFarid zu verändern, ihr ein Besuchsverbot für alleGefangenen hinzuzufügen (vor seiner Inhaftierungbesuchte Farid regelmäßig Pascal Brozzoni, einGefangener, der für Raubüberfall und Brandstiftung ineiner Werkstatt während der Meuterei im Werk vonClairvaux 2003 angeklagt ist). Farid legt Einspruch ein,um diese Entscheidung anzufechten

29.07.G. wird auf offener Straße von den Antiterror-Bullen fest-genommen. Er wird sofort in Gewahrsam genommen unddie Bullen erklären ihm, dass sie seine DNA wollen, umfestzustellen, ob sie mit einer des Polizeiabschleppfahr-zeuges übereinstimmt (weil G. Zuvor schon zwei mal mitJuan in Gewahrsam war). G. sagt nicht aus, weigert sich,photographiert zu werden und gegen die Abnahme digita-ler Fingerabdrücke sowie DNA. Die Bullen öffnen ihm mitGewalt den Mund, um ihm etwas Speichel zu entnehmen.Sie durchsuchen seine Wohnung, nehmen Flyer,Broschüren (zum Beispiel Verweigerung der Registraturvon DNA, Warum wir die Polizei hassen...,). Sie drohen G.nicht freizulassen; die Bullen laden die drei Personen, diewährend der Durchsuchung anwesend waren vor; siebegeben sich dorthin.G. wird schließlich nach 48 Stunden entlassen, seine DNAenstpricht nicht derjenigen, die an demPolizeiabschleppfahrzeug festgestellt wurden.

31.07.Juan, der eine Einzelzelle fordert, weigert sich, in seineZelle zurückzukehren. Er kommt für 7 Tage in den Bunker,während derer man ihn daran hindern wird zu schlafen.Nach diesen 7 Tagen schlägt man ihm vor, imIsolationstrakt zu sein, in einer Zelle, in der sie nicht, wiezuvor zu dritt sondern zu zweit sein würden. Letzteres

nimmt er an.

09.08.Erscheinen des Briefes Isas aus der Zeit im Gefängnisvon Lille-Sequedin (05. 2008).

14.08.Isa stellt einen Antrag auf Freilassung.

Damien begibt sich zu einer Vorladung vor der RichterinHouyvet. Diese hat im 05. verlangt, dass die Abnahmevon DNA von seinen Kleidern, die bei seinerIngewahrsamnahme im 01. beschlagnahmt wurden,durchgeführt wird. Eine entnommene DNA-Spur würdedenen der an dem Abschleppwagen festgestellten ent-sprechen.

Die Richterin fügt ihm einen Anklagepunkt hinzu: „ver-suchte Sachbeschädigung mittels einer brennbaren oderexplosiven Substanz, einen Brand oder durch irgendet-was anderes, was eine Gefahr für Menschen darstellenkönnte“.Nebenbei versucht die Richterin erneut, Damiens DNAabzunehmen, was er mit der Erklärung der Registraturvon DNA verweigert. Die Richterin fordert seineInhaftierung. Damien bestreitet alles, für was er angeklagtwird. Er wird in Villepinte inhaftiert. U-Haft, die erst nacheinem Jahr geprüft und verlängert werden kann.

15.08.Erscheinen des Briefes von Damien aus dem Gefängnisvon Villepinte.

27.08.Damien fechtet seine Inhaftierung an, seine Gerichtsaktekommt vor das Ermittlungsgericht, das seine Freilassungablehnt.

SeptemberDamien muss vor einer Art Tribunal im Gefängnis erschei-nen. Er wird zu 100 Euro Geldstrafe und zu dreißig TagenBunker auf Bewährung verurteilt, dafür, dass er währendeines Fussballspiels etwas weiter als ihm erlaubt einemBall hinterhergelaufen ist.

05.09.Erneute Ablehnung der Freilassung Isas durch dasErmittlungsgericht.Farid legt Einspruch vor dem Ermittlungsgericht ein, umzu versuchen, das Recht auf Besuch zu erhalten. Das

Ermittlungsgericht verbietet Farid nur, entgegen derEntscheidung der Ermittlungsrichterin, Pascal Brozzoni zubesuchen.

22.09.Ivan und Farid werden bei der Richterin Houyvet vorgela-den, die nun beabsichtigt, sie zu inhaftieren. Sie beschul-digt die beiden der schweren Verletzung der richterlichenAuflage, sich nicht zu treffen. Sie entscheidet schließlich,die richterliche Kontrolle zu verschärfen: zusätzlich zudem, was sie schon durchmachen, bekommen sie eineResidenzpflicht für Paris von 21 bis 6 Uhr auferlegt und eswird ihnen verboten, den Großraum Paris zu verlassen.Farid wird zusätzlich verboten, per Brief und Telefon mitPascal Brozzoni zu kommunizieren (die Besuche sind ihmbereits verboten worden).Auf die Forderung nach einer familiären Annäherung nachParis von Isa und Juan antwortend, schlägt dieErmittlungsrichterin verschiedene Verlegungen vor. FürIsa handelt es sich um Rennes! Und für Juan um Quimper,Avignon, andere Städte, die mehrere hundert Kilometervon Paris entfernt liegen und...Saint-Pierre-et-Miquelon(eine Insel in der Nähe der Kanadischen Küste)!!!Natürlich lehnen Isa und Juan diese Vorschläge ab undfordern erneut ihre Verlegung in den Großraum Paris.

OktoberErscheinen des Briefes von Juan aus dem GefängnisRouen (Oktober 2008).

NovemberEin Schließer weigert sich, Juan zum Hofgang rauszulas-sen unter dem Vorwand, er sei nicht pünktlich „fertig“gewesen. Juan fechtet dies an und wird für Über die ver-schiedenen Festnahmen und Verfahren

13.11.Isa wird nach Versailles verlegt.

11.11. und die folgenden TageFestnahmen in Tarnac, Rouen, Nancy und Paris. ZehnIngewahrsamnahmen (96 Stunden wegen Antiterroris-musermittlungen möglich). Fünf werden in Haft genom-men. Einer von ihnen befindet sich nach wie vor in Haft:Julien (Februar 2009).

Anfang DezemberJuan wird bei drei Besuchen mit Trennung durchGlasscheibe bestraft weil bei ihm am Ende einesBesuches einige kleine beschriebene Zettel gefundenwerden.

18.12.Einen Monat nach seiner Schwester wird Juan in denGroßraum Paris verlegt, nach Bois d'Arcy.

23.12.Das Ermittlungsgericht lehnt erneut die Freilassung Isasab.

23.12.Nach einer Woche in der Abteilung für Ankommende wirdJuan in eine Zelle gesperrt, in der schon zwei andereGefangene sind. Er weigert sich dagegen und wird sofortin den Bunker gebracht. Dort verbringt er sechs Tage.

15.01. 2009Der Der Ermittlungs-, Haft- und Entlassungsrichter hatentschieden, den Haftbefehl nach einem Jahr U-Haftgegen Isa zu erneuern und sie folglich im Gefängnis fest-zuhalten.

09. 02. 2009Isa kommt frei. Ihre Auflagen sind wöchentlicheMeldepflicht, das Verbot Frankreich zu verlassen und eini-ge Regionen Frankreichs aufzusuchen. Darüber hinausdas Verbot mit den anderen Beschuldigten Kontakt aufzu-nehmen.

Zwei der männlichen DNAs sind bis heute noch nicht iden-tifiziert.es gibt noch keinen Prozesstermin für all dieseGeschichten.Die verschiedenen Ermittlungen sind immernoch am Laufen. Juan befindet sich seit acht Monaten,Damien seit sechs Monaten im Gefängnis.

April ‘09Damien kommt nach siebeneinhalb Monaten in Haft unterstrengen Meldeauflagen aus dem Knast “frei”.Farid wird auf Grund von “Nicht-Erfüllung” seiner Melde-auflagen wieder in den Knast.

// Den Zug der Routine zum Entgleisen bringen!Für anarch@-autonome Solidarität - offensiv und weltweit!

Am Morgen des 11. November 2008 machte die Operation "Taiga"der Ruhe im französischenDorf Tarnac ein jähes Ende. 150 Beamte der Kriminalpolizei riegeln den kleinen Ort imDépartement Corráze im Zentralmassiv ab und durchsuchten einen Bauernhof. Gleichzeitig fan-den in Paris, Rouen, Limoges und Metz Razzien statt. Insgesamt wurden zehn Personen inGewahrsam genommen. Eine Inhaftierte wurde nach drei Tagen ohne Anzeige entlassen, vierweitere kamen nach öffentlichem Druck unter Auflagen frei. Den vier Männern und fünf Frauenwirft die Staatsanwaltschaft vor, eine "kriminelle Vereinigung mit terroristischen Zielen"gegrün-det zu haben. Fünf Beschuldigten wird zusätzlich unterstellt, in der Nacht des Castor-Transportsvom 7. auf den 8. November Hakenkrallen in die Oberleitungen der französischen SNCFgehängt zu haben. Tausende Reisende saßen auf Bahnhöfen der prestigeträchtigen TGV- undThalys-Linien fest, 170 Züge hatten Verspätung.

Am 2. Dezember wurden nach einer Verhandlung vor dem Appelationsgericht in Paris drei wei-tere Personen unter strengen Auflagen entlassen. In Haft bleiben Yildune L. und Julien C., demvorgeworfen wird, Anführer und "intellektueller Kopf"einer seit 2002 bestehenden "unsichtbarenZelle"zu sein. Die Verteidigung stellte mehrere Anträge auf Freilassung, die jedoch vom zustän-digen Ermittlungsrichter abgelehnt wurden.

Am 15. Januar wurden zwei Menschen in Paris von der französischen Polizei festgenommen.Sie sollen Autos angezündet haben. Bei den Festgenommenen handelt es sich um eine Frau,die in einer Solidaritätsgruppe mitarbeitet und einen Anwalt. Beide sollen Verbindungen zu den"Tarnac9"gehabt haben und wurden, laut Aussage der zuständigen Ermittler, seit längerer Zeitobserviert.

Einen Tag später, am 16. Januar, hatte das beharrliche Arbeiten der Anwälte endlich Erfolg:Yldune wurde entlassen, im Knast bleibt als letzter der ursprünglichen "Tarnac9" Julien.

Die wieder errungene Freiheit der Entlassenen hat allerdings einen bitteren Beigeschmack:strenge Auflagen. Diese unterscheiden sich von Person zu Person. Allgemein gilt jedoch: keinKontakt zwischen den Beschuldigten, willkürliche Zuweisung eines Wohnorts (zum Beispiel inder Nähe der Eltern), Polizei jederzeit vor der Haustür, wöchentliche Meldung bei einerPolizeibehörde.

Seit Anfang vergangenen Jahres werden außerdem sechs weitere AktivistInnen verfolgt, vorge-worfen wird ihnen der Besitz von "Chemikalien", die sich zum Bau von "Bomben" eignen sollen.Konkret handelt es sich jedoch um Rauchpulver und Krähenfüße. Beides wird auf Demos inFrankreich regelmäßig verwendet. Drei von ihnen sitzen im Knast, drei weitere sind unter stren-gen Auflagen entlassen worden, einer von ihnen ist untergetaucht.

Im Unterschied zu Deutschland wird in Frankreich viel in der Öffentlichkeit bzw. in den Medienverhandelt: Kurz nach den Verhaftungen im November entstand eine große Debatte, obSabotage an Oberleitungen überhaupt als Terrorismus zu bewerten sei. Für einige Bahn-Gewerkschaften stellt diese Aktionsform ein legitimes Mittel im Arbeitskampf dar. DieAuseinandersetzungen auf juristischer Ebene, also zwischen Verteidigung, Staatsanwälten undRichtern nehmen daher im öffentlichen Diskurs nur einen nachrangigen Stellenwert ein.

Solidarität

Eine Dorfversammlung in Tarnac mit 200 Beteiligten führte zur Gründung einesSolidaritätskomitees, das für die Freilassung der Beschuldigten ein "rauschendesDorffest"ankündigte. Ein Großteil der EinwohnerInnen stellt sich an die Seite der Beschuldigten.Diese übernahmen, bald nachdem sie gemeinsam das Landgut "Goutallioux" bezogen hatten,den Lebensmittelladen im Dorf und sorgten dafür, dass Restaurant, Bar und die Belieferung derumliegenden Ortschaften mit einem Lebensmittelauto erhalten bleiben. Des weiteren unterhal-ten sie eine informelle Bibliothek im Obergeschoss des Rathauses. Der Ort für die Kommune istgut gewählt: Die Dörfer im französischen Zentralmassiv gelten seit jeher als Hochburg desWiderstands, während der deutschen Besatzung versetzte die Résistance in dieser Region denFaschisten immer wieder entscheidende Schläge. Das "Soutien aux inculpés du 11 Novembre"

Chronologie derChronologie derEreignisseEreignisse

08.11.4 Hakenkrallenanschläge aufdas Hochgeschwindig-keits-zugnetz in Frankreich, Brand-anschläge auf Bahnanlagenin Deutschland als Wider-standsaktionen gegen denCastor. Es kommt zu immen-sen Zugver-spätungen, 160Züge fallen aus.

11.11.150 Bullen überfallen das klei-ne Dorf Tarnac. Des weiterenwerden Wohnungen in Paris,Rouen, Limoges und Metzdurchsucht. 10 Menschenwerden festgenommen.

14.11.In Tarnac gründet sich daserste Unterstützungsko-miteemit 120 Mitgliedern “soutienaux inculpés du 11Novembre”das seine erste Pressekonfe-renz abhält.Forderung:Freilassung allerIn-haftierten und die Abschaf-fung des Anti-Terror-paragra-phen.

14.11.Eine der festgnommenenkommt ohne Anschuldigungwieder frei, da es sich „nur umdie Mutter“ einer der Beschul-digten handelt.

15.11.Die restlichen neun Personenwerden dem Anti-Terror-Haft-richter vorgeführt. Gegen allewird auf Grund des Anti-terror-paragraphen ermittelt. “Mit-gliedschaft in einer kriminellenVereinigung mit terroristischerZielsetzung” lautet die An-schuldigung für vier der fest-genommenen. Beweise je-doch liegen nicht vor. Siekommen unter strengen Auf-lagen frei. Gegen den von derStaatsmacht ausgemachtenharten Kern –die übrigen fünfBeschuldigten - wird wegen“der Mitgliedschaft in einer kri-minellen Vereinigung mit ter-roristischer Zielsetzung undgemeinschaftlicher Sachbe-schädigung an Eisenbahn-linien mit terroristischer Ziel-setzung“ ermittelt. Julien wirdzusätzlich der Rädelsführer-schaft beschuldigt worauf biszu 20 Jahre Gefängnis dro-hen.

(Solidaritätskomitee) gibt außerdem die Zeitung "Echos der Taiga" mit Neuigkeiten über dasVerfahren heraus.Die Eltern einiger Betroffener kritisierten kurz nach den Verhaftungen ineinem Offenen Brief die Polizei, Angehörige organisieren seit Dezember vergangenen Jahreswöchentliche Soli-Kundgebungen in Paris. AkademikerInnen forderten die Freilassung derInhaftierten. In vielen französischen Städten sowie in Barcelona, Moskau, Genf, Brüssel, NewYork, Berlin, Hamburg und Portugal haben sich Unterstützungsgruppen gebildet. Mit Farbegefüllte Christbaumkugeln trafen das französische Konsulat in Hamburg, in Zürich brannten"Luxuskarossen" in Solidarität, auf die französische Nachrichtenagentur AFP in Athen wurdeein Brandanschlag verübt. In Berlin griffen AktivistInnen mit Steinen und Farbe einePolizeiwache an und in Luzern wurde das Löwendenkmal mit roter Farbe verziert.

Polizei und Justiz

Alle werden nach dem französischen Terrorismus-Paragraphen verfolgt. Dieser ermöglicht,ähnlich wie der deutsche §129a, ein präventives Vorgehen gegen "Personen, die in terroristi-sche Aktivitäten verstrickt sind, ohne eine Verbindung zwischen dieser Aktivität und einem prä-zisen terroristischen Projekt beweisen zu müssen". Bereits der Besitz von "anarchistischerLiteratur"oder Rechtshilferatgebern ("Wie verhalten bei Festnahmen?") wird zum Indiz.Verdächtig gelten den Behörden auch Beziehungen der AktivistInnen zu Linksradikalen in denUSA, Belgien, Italien, Griechenland, Deutschland und der Schweiz. Polizei und Geheimdienstarbeiten bei den Ermittlungen eng zusammen, beteiligt sind unter anderem die "Anti-Terror-Abteilung"SDAT und das zentrale Büro des inneren Nachrichtendienstes DCRI. [1]

Wie auch in Deutschland werden die Verfolgungsbehörden in Frankreich reorganisiert. Es ent-stehen neue Kompetenzen, Polizei und Geheimdienste arbeiten noch enger zusammen. Seit2007 nimmt der französische Apparat verstärkt linksradikale und anarchistische Gruppen aufsKorn: Es kam zu mehreren Verhaftungen und im Sommer erging eine schriftliche Anweisung analle Dienststellen, künftig alles, was der linksradikale und anarchistische Gruppen aufs "anar-cho-autonomen Bewegung" zuzurechnen sei, von Anschlägen bis hin zu Sprühereien, an diezentrale Terrorismusabteilung in Paris zu melden.

Laut einem an die Öffentlichkeit gelangten Polizeibericht sollen in Tarnac mehrere internationa-le Treffen stattgefunden haben. Weiter wird behauptet, Yldune und Julien hätten im Januar2008 die "grüne Grenze"zwischen Kanada und den USA überquert und einen Rucksackzurückgelassen. Dort habe das FBI "anarchistische Literatur"und Photos einesRekrutierungsbüros der US-Army in New York gefunden, das zwei Monate später Ziel einesBombenanschlags wurde. Beide sollen außerdem an einem Treffen der "Anarchisten vonNordamerika"teilgenommen haben. Obwohl das FBI selbst feststellt, dass die beiden sich in derZeit des Anschlags nicht in den USA aufhielten, wird ein Zusammenhang unterstellt. Ein Monatspäter räumt die Polizei ein, keine Beweise zu haben und präsentiert "starke Indizien". Es gibtkeine ZeugInnen, keine übereinstimmenden DNA-Analysen, keine "verdächtigen"Telefongespräche (bedauert wird indes, dass die Beschuldigten ungern Mobiltelefone benutzenwürden). Die Festnahmen beruhten auf einer Observation von Yldune und Julien, die angeb-lich in der fraglichen Nacht an Bahngleisen der SNCF beobachtet wurden und Zugfahrpläne ineinem Mülleimer entsorgt haben. Außerdem soll ihr Auto mit einem Peilsender überwacht wor-den sein.

Tarnac kann als aktueller Höhepunkt dieser Entwicklung in Frankreich, aber auch als Testlaborder Behörden gesehen werden, antagonistische Bewegungen und internationale Organisierungzu kriminalisieren. Dabei stehen die Französischen Behörden in Europa nicht allein: Bereitsnach den Auseinandersetzungen in Genua 2001 hatte es den Versuch gegeben, gegen denBlack Bloc als kriminelle Vereinigung vorzugehen; bei den Prozessen 2008 wurdenAnarchistInnen zu annähernd doppelt so langen Haftstrafen verurteilt wie andere mit vergleich-barem Vorwürfen, da sie bereits mit "Bösen Absichten"nach Genua gereist seien. "BöseAbsichten", "mouvaises intentions", spielen auch in den Vorwürfen gegen die "anarcho-autono-me Bewegung" eine tragende Rolle. [2] Angesichts der steigenden sozialen Spannungen inFrankreich ist mit der zunehmenden Kriminalisierung sozialer Bewegungen aller Coleur zurechnen.

block the fluxes

Das Innenministerium hat allen Grund zur Angst vor gewaltsamen Protesten in den nächstenMonaten. Eine kraftvolle und wachsende SchülerInnenbewegung zwang die Regierung zum tak

27.11.Das Haus in Tarnac wirderneut durchsucht. Die "Anti-Terror-Polizei" SDAT ist an-geblich auf der Suche nacheinem schwarzen Notizbuch.Sie müssen erfolglos abzie-hen, konfeszieren jedoch einHandy.

29.11.Durchsuchung mehrererWohnungen eines Solidari-tätskomitees in Brüssel.

01.12.Eine Gruppe von Akti-vist_innen wird während einerSolidaritätskundgebung fürdie "Tarnac9" vor dem Gerichtin Paris festgenommen. DerVorwurf lautet auf "Stiften vonUnruhe" oder ähnlich. EinAktivist sitzt weiterhin imKnast.

02.12.Drei weitere Beschuldigtekommen auf Bewährung undunter strenger richterlichenKontrolle frei. Im Knast befin-den sich weiterhin Yilduneund Julien.

03.12.Der Verhaftete vom 01.12.08kommt frei, ihm droht einVerfahren wegen „Rebellion“. In Brüssel findet eineKundgebung statt. Die Akti-vist_innen erklärten sich soli-darisch mit den "Tarnac9" undder von Hausdurchsuchun-gen am Wochenende betrof-fenen belgischen Soligruppe.

12.12.Bei einer Solikundgebung,die hochfrequentiert überall inFrankreich stattfinden werdenin Paris fünf Leute verhaftet,die unter hohen Auflagen wie-der entlassen werden. Siedürfen bis zu ihrem Prozeßam 19. Januar das 8. Arron-dissement von Paris aufunbestimmte Zeit nicht betre-ten. Jene, die in den Banlieusleben, haben Platzverweisefür ganz Paris bekommen.Weiterhin dürfen sie sich biszum Prozess weder treffennoch irgendeinen Kontaktuntereinander halten.

13.12.Antirepressionsdemonstration in Limoges

tischen Rückzug ihrer weitreichenden Reformpläne, nachdem Demonstrationen in Lyon zuZusammenstößen mit der Polizei, Massenfestnahmen und brennenden Autos geführt hatten.GewerkschafterInnen haben für die kommenden Monate massenhafte Arbeitsniederlegungenangekündigt. In einer Bevölkerung, die ohnehin verbittert ist über stagnierende Löhne, steigen-de Preise und das hohe Niveau von Erwerbslosigkeit, werden die möglicherweise durch dieWirtschaftskrise hervorgerufenen Entlassungen und Lohnkürzungen die Wut anheizen.

Die soziale Situation in Frankreich bildet den Ausgangspunkt für ein Buch, das in dem Verfahrenimmer wieder erwähnt wird und den GenossInnen zugeschrieben wird: "Der kommendeAufstand"[3], verfasst von einem "unsichtbaren Komittee". "Der kommende Aufstand" ist alsOrganisierungsvorschlag zu verstehen, analysiert aktuelle Herrschaftstechniken und benenntauf der Suche nach einer Strategie dagegen konkrete Angriffsziele; zum Beispiel wichtigeInfrastrukturen, Hochgeschwindigkeitslinien, wie TGV- und Thalys-Strecken, Autobahnen,Telekommunikationsleitungen. Diese zu unterbrechen, zu sabotieren bzw. zu (zer)stören sei loh-nenswert, um die Herrschenden anzugreifen. Selbstverständlich beteiligen sich AnarchistInnenund Autonome auch in Frankreich seit langem an landesweiten Kampagnen, sowie internationa-len Protesten, darunter G8-Gipfel der letzten Jahre und dem Widerstand gegenAbschiebeknäste. Kämpfe, die eine internationale Organisierung erfordern, und die in derVergangenheit ihrerseits auf lokale Bewegungen enorm inspirierend wirkten, sind den Behördenein Dorn im Auge.

BekennerInnenschreiben stören

Wie in Frankreich verübten auch hierzulande militante AKW-Gegner mehrere Anschläge aufEinrichtungen der Deutschen Bahn. Dabei wurden Signalanlagen in Brand gesetzt, erheblicheZugverspätungen waren die Folge. Die Anschlagserklärung, eingegangen bei der Berliner "taz",schmiss die zuständige Redakteurin in den Papierkorb. Das Kommuniqué wurde ebenfalls andie "Berliner Zeitung"verschickt, die daraufhin die deutschen Polizeibehörden informierte. DerText endet mit den Worten "... in Erinnerung an Sébastian". Sébastian Briat kettete sich währenddes Castor-Transports 2004 an die Schienen, und wurde vom Zug überrollt.

An dieser Stelle nur ein Hinweis auf zwei - brillant geplant und durchgeführte - Aktionen: Am 7.Oktober 1996 wurden an 12 Orten in Deutschland Hakenkrallen in Oberleitungen gehängt, am25. Februar 1997 an 8 weiteren Orten in Norddeutschland. "Autonome Gruppen"verschickten einausführliches Kommuniqué und forderten den Ausstieg der Deutschen Bahn aus den Castor-Transporten. Die Bundesanwaltschaft leitete Verfahren nach §129a ein, am 6. Juli 1999 folgtenmehrere Durchsuchungen. Sang- und klanglos wurden die Verfahren vier Jahre später einge-stellt, nicht ohne wiedereinmal beträchtliches Material über linksradikale Zusammenhängegesammelt zu haben. Deutsche Polizeibehörden leisten nun im Fall Tarnac Amtshilfe an franzö-sische Ermittler. Obwohl die Verfahren nach §129a eingestellt sind, wurden Namen der damalsVerdächtigen übermittelt und fanden Eingang in die jetzigen Ermittlungen.

Smash we can

Mehr und mehr Menschen planen, diskutieren, organisieren und vernetzen sich internationalgegen den NATO-Gipfel, der in Strasbourg, Kehl und Baden-Baden im April stattfinden soll.Ende Dezember riefen hunderte Plakate in Paris junge Leute, die "gezwungen, für eine Welt zuarbeiten, die uns vergiftet"dazu auf, dem Beispiel Griechenlands zu folgen: "Der Aufstand gehtweiter. Wenn er überall Fuß fasst, kann niemand ihn aufhalten."

Dem Wiedererstarken eines grenzüberschreitenden, antikapitalistischen Widerstands gilt dieserAngriff. Ihn zurück zuschlagen, ist Aufgabe von uns allen!

Alois Casseur, Andrea Brigante

23.12.Der Haftrichter hatte einemAntrag auf Haftentlassungvon Juliens Anwältin vom 22.12. zwar stattgegeben undseine Freilassung angeord-net, allerdings war die Staats-anwaltschaft erfolgreich mitder Forderung, die Untersu-chungskammer des Appel-lationsgerichts anzurufen.Drei Richter entscheidenheute dass Julien "Weih-nachten im Gefängnis" ver-bringt.

26.12.Juliens Antrag auf Freilas-sung wird vor dem Appellat-ionsgericht abgelehnt. FürYildune gab es bisher keinenHaftprüfungstermin.

09.01.Zwei Personen, darunter eineAnwältin, werden von der"Anti-Terror-Polizei" verhaftetworden. Gegen die 28- und30jährigen würde bereits seitgeraumer Zeit ermittelt, weilsie Beziehungen zu den"Tarnac9" hätten, so diePolizei. Einer hätte aktiv seineUnterstützung für JulienCoupat ausgedrückt, dieandere in einer Unterstüt-zer_innengruppe mitgearbei-tet. Die beiden wurden festge-nommen, behauptet die Po-lizei, als sie betrunken dabeigewesen seien Autos anzu-zünden. Beide werden wie-der freigelassen. Der Haft-richter verfügt, dass Ylduneunter Auflagen freizulassenist. Jedoch hat die Staats-anwaltschaft, wie schon beiJulien, ein Dringlichkeitsver-fahren angestrebt welches dieEntlassung zunächst aufhebt.Einen ersten Antrag aufFreilassung hatte sie bereitsam 22. Dezember gestellt.

15.-25.01. Sabotiert den AntiterrorismusSoliwoche

16.01.Yildune wird aus dem Knastunter Auflagen entlassen.

31.01.Demonstration „Sabotiert denAntiterrorismus“ als Ab-schluss der Aktionswoche.

[Plakat zur Soli-Demo am 31. Januar2009 in Paris]

"Wem gilt der Angriff?Er gilt unseren Kämpfen,

unseren Worten, unseren Lebensweisen,unseren Waffen, unseren Freundschaften und der

Möglichkeit der Ordnung der Dinge entgegenzutreten.Angesichts

des Ausnahmezustandshaben wir keine Angst;

gegen den Antiterrorismus als Form derRegierung:Organisieren wir uns!"

// Anti-Terrorismus-Ermittlungen gegen die sogenannte 'mouvance anarcho-autonome' in Frankreich

Einblicke, Ausblicke, Fragen undeinige Antworten auf die Repression

Das Konstrukt der 'mouvance anarcho-autonome'

Die Festnahmen vom 11. November in Tarnac inFrankreich und die mediale Inszenierung dieser neuenAnti-Terrorismus-Ermittlungen schreiben sich in einenpolitischen Kontext ein, in dem die französischeInnenministerin, Michelle Alliot-Marie, seit Amtsantritt imMai 2007 nicht müde wird, bei jeder Gelegenheit "dieRisiken einer gewaltsamen Wiederkehr derLinksextremen" zu thematisieren. In einem Interview mitder konservativen Tageszeitung Le Figaro im Februar2008 wird sie mit einer zu diesem Zeitpunkt für die mei-sten Menschen in Frankreich überraschenden und auchsonderlich anmutenden Erklärung deutlich: "Prävention istdas beste Mittel zur Bekämpfung von Kriminalität imAllgemeinen und Terrorismus im Speziellen. Sie ist derbeste Schutz. Seit meinem Amtsantritt wünsche ich einesolche Strategie und habe den Staatsschutz angewiesen,besonders dieses Phänomen zu beobachten. Es handeltsich um einige dutzend Personen, die in informellenKleingruppen organisiert sind und über eine recht wenigausgearbeitete Ideologie verfügen. Sie zeichnen sichdurch die Verweigerung jeglicher demokratischerMeinungsäußerung und einen von Gewalt geprägten poli-tischen Diskurs aus."

Die 'mouvance anarcho-autonome des Großraums Paris'

Im Januar 2008 nimmt eine Reihe von Festnahmen ihrenAnfang, die dem Staatsschutz dazu dienen, dieser angeb-lichen Gefährdung ein Gesicht zu geben : 'die anarcho-autonome Bewegung'. Ivan und Bruno werden auf demWeg zu einer Demonstration gegen dasAbschiebegefängnis in Vincennes kontrolliert und in poli-zeilichen Gewahrsam genommen, weil bei ihnen selbstge-mischtes Rauchpulver und verbogene Nägel gefundenwerden. Wenig später werden Isa und Farid bei einerStraßenkontrolle angehalten, in ihrem Auto werdenChlorat und Pläne eines Jugendgefängnisses gefunden.Auch sie kommen in Untersuchungshaft.

In den folgenden Monaten werden Damien und Juan fest-genommen. Sie und auch Isa werden verdächtigt, in derpolitisch recht aufgewühlten Zeit der letztenPräsidentschaftswahlen im Juni 2007 einen Brandsatzunter einem Polizeiabschleppfahrzeug (frz. la dépanneu-se) vor dem Präsidium des 18ten Arrondissment in Parisdeponiert zu haben. Dem Untersuchungsrichter zufolgesollen Spuren ihrer DNA, gegen ihren Willen entnommen,auf dem Brandsatz festgestellt worden sein.

Im April 2008 werden die verschiedenen Fälle zu einerAnti-Terrorismus-Ermittlung zusammengefasst, die sichsodann gegen eine angebliche 'anarcho-autonomeBewegung des Großraums Paris (kurz MAAF)' richtet.

Glossar zu französischenVerfolgungsbehörden

Wie auch in Deutschland werden die Verfolgungsbehörden inFrankreich gegenwärtig reorganisiert. Es entstehen neueKompetenzen, Polizei und Geheimdienste arbeiten noch engerzusammen. Der Apparat nimmt dabei auch linksradikale undanarchistische Gruppen aufs Korn (die als "anarcho-autonome"bezeichnet werden), kriminalisiert ihren Protest und betreibtSpaltungen. Tarnac kann als aktueller Höhepunkt gesehen wer-den, betroffen sind jedoch weit mehr Bewegungen: die freepar-ty-Szene, Proteste gegen Sarkozy, Unterstützung der Kämpfein den Abschiebeknästen CPE, Widerstand gegen das Treffeneuropäischer InnenministerInnen in Vichy im November,Mobilisierung gegen die Datenbank Edvige und ihre "kleineSchwester" Cristina und selbstredend radikale Planungengegen den für 2009 geplanten NATO-Gipfel.

Um im Dickicht der Verfolgungsbehörden etwas Durchsicht zuverschaffen haben wir dieses Glossar zusammengestellt. Wirfreuen uns über Korrekturen und Feedback.

SSDDAATT:: SSoouuss--ddiirreeccttiioonn aannttii--tteerrrroorriissttee

Unterdirektion der Kriminalpolizei (Police Judicaire), verfaßteBericht zur Observation der Beschuldigten. Arbeiten unabhän-gig vom DCRI, unterstehen Innenministerium. Früher bekanntals 6e DCPJ (6e Division Centrale de Police Judiciaire) undDNAT (Division nationale anti-terroriste). Die Büros des SDATund DCRI sind im selben Gebäude. Offiziell arbeiten sie nichtzusammen, Informationsaustausch findet jedoch statt durchUCLAT, deren Büro im gleichen Gebäude angesiedelt ist.

DDCCRRII:: DDiirreeccttiioonn cceennttrraallee dduu rreennsseeiiggnneemmeenntt iinnttéérriieeuurr

Nutzung von Informationen des französischenInnenministeriums in der Zentralen Verwaltung des polizeili-chen Bundesamtes. Entstand durch Zusammenlegung der„Abteilung für Überwachung des Territoriums“ (DST) und der„Direktion Zentrale Allgemeine Informationen“ (RG/ DCRG). DieFusion besteht seit dem 1. Juli 2008. Nach Mitteilung desInnenministeriums will die DCRI ein FBI „à la française“ imBereich der Nachrichtendienste sein.Die Zusammenlegungbetrieben Innenministerin Michèle Alliot-Marie und SquarcinaBernard, Direktor der „Direktion für die Überwachung desTerritoriums“ (DST) , der Leiter des DCRI wird. Wird dabei voneinem ehemaligen Beamten der RG, Maurice Bailly, und einemehemaligen Beamten der DST, Patrick Calvari unterstützt.Besteht aus mehr als 4.000 Beamten. 3.000 von ihnen sindPolizisten, so genannte „Aktive“ und berechtigt zur „geheimenVerteidigung“. Ihre 175 Kommissare sind berechtigt in jedemDepartment zu agieren.Die DCRI besteht aus acht Unter-Direktionen/ Abteilungen: Schutz der Wirtschaft (Gilles Gray),Terrorismus (Michel Guerin), Technologie desNachrichtendienstes (Michel Seiten), Subversion undGewaltbereitschaft (Bilancini Françoise), allgemeineVerwaltung (Thierry Matta), Medien (Jean-François Lelievre),Spionageabwehr (Jean Petronilla). Eine weitere Unterabteilungfür internationale Angelegenheiten (Eric Toucas). Lucile Rollandist Stabschef. DCRI ist auch für die Errichtung der DatenbankChristina (z.B. für politische Aktivität), Teil der allgemeinenDatenbank Edvige, verantwortlich.

Dieses polizeiliche Sprach-Konstrukt, im politischenDiskurs und in der Presse immer wieder aufgegriffen,ermöglicht weitreichende Überwachungs-maßnahmenund Beschuldigungen von politischen Aktivist_innen sowiesich daraus ergebende Untersuchungshaft. Diese dauertfür Damien und Juan bis heute, Isa ist seit AnfangFebruar nach einjähriger Haft draußen, Farid, Ivan undBruno blieben drei und vier Monate in Untersuchungshaft.Die vier wurden nur unter strengen Auflagen(Meldeauflagen, Kontaktverbote, Vorschreiben desWohnsitzes, nächtliche Ausgangssperren, Verbote dasLand zu verlassen oder in bestimmte Gegenden oderStädte zu reisen und ähnliches) entlassen, einerMaßnahme, der sich Bruno im Juli 2008 durchUntertauchen entzogen hat.

Die 'Hakenkrallenfälle'

Am 11. November 2008 riegeln 150 Polizist_innen ausAnti-Terror-Einheit, Staatsschutz und Kriminalpolizei daskleine Dorf Tarnac im Zentralmassiv ab und durchsucheneinen Bauernhof. Gleichzeitig finden Razzien in Paris,Rouen und dem ostfranzösischen Departement Meusestatt. Insgesamt werden zehn Personen festgenommen.Neun von ihnen werden beschuldigt, einer kriminellenVereinigung mit terroristischer Zielsetzung anzugehören.Fünf der neun Personen sind außerdem angeklagt, in derNacht des Castor-Transportes vom 7. auf 8. November2008 Hakenkrallen an den Oberleitungen von einigenHochgeschwindigkeitslinien des französischenBahnnetzes angebracht zu haben, was zu zahlreichenZugverspätungen führte. Gegen alle wird nach dem fran-zösischen Anti-Terror-Paragrafen ermittelt.

Acht von ihnen kommen unter öffentlichem Druck undunter Auflagen nach und nach frei. Weiterhin inUntersuchungshaft befindet sich Julien. Er wird beschul-digt, Anführer und intellektueller Kopf einer ultralinkenanarcho-autonomen Gruppe zu sein, in den Medien gerneauch als „unsichtbare Zelle“ bezeichnet. Auch dieserName ist frei erfunden, er kann als eine spektakulärereAnlehnung an den Namen „unsichtbares Komitee" ver-standen werden, unter dem das Buch 'L'insurrection quivient - Der kommende Aufstand'[1] erschienen ist.

Politische Reaktionen auf die Repression

„La dépaneuse raconte...“[2]

In Solidarität mit den Angeklagten aus den Ermittlungengegen die 'anarcho-autonome Bewegung des GroßraumsParis' wird im Mai 2008 die erste Ausgabe der Broschüre'mauvaises intentions' (zu übersetzen als 'schlechteVorsätze' oder auch 'falsche Gesinnung', zu finden aufinfokiosques.net/mauvaises_intensions) herausgegebenund in großer Anzahl verteilt. Ende Januar 2009 erscheintdas Nachfolgeheft. Beide Broschüren beinhalten Texte zurEinordnung der aktuellen Repression in den weiteren poli-tischen Kontext (hierzu eine Übersetzung der Einleitungder ersten Broschüre [3]), Briefe der Gefangenen[4], eine

UCLAT: Unité de Coordination de la Lutte Anti-Terroriste

Einheit zur Koordinierung des „Anti-Terror-Kampfs“.Französische Vereinigung aller aktiver Direktionen nationalerPolizei. 1984 gegründet, ist diese Struktur für die Koordinierungder gesamten Dienstleistungen für die „Bekämpfung desTerrorismus“ zuständig. Auch Auswertung undZusammenfassung der Informationen in engerZusammenarbeit mit DCRI und der „Direktion für äußereSicherheit“, der Gendarmerie National und derOberzolldirektion. Austausch von operativen Informationen vonallen relevanten Behörden und Dienststellen die sich mit dem„Anti-Terror-Kampf“ befassen, einschließlich der „Anti-Terror-Richter“ und Gefängnisverwaltung. UCLAT ist unmittelbar demAmt des Generaldirektors der Polizei unterstellt. Seit 2007 führtdie UCLAT zwischen 300 und 400 Abhörungen vonTelefongesprächen pro Woche durch.

DCRG: Direction Centrale des Renseignements generaux

Auch RG oder RGx genannt: Generaldirektion desNachrichtendienstes der Polizei. Früher die zentrale Leitungdes Geheimdienstes, Nutzung von Informationen war abhängigvon der Generaldirektion der nationalen Polizei (DGPN).Geformt im Jahr 1911 unter der Bezeichnung RG mit Hauptziel„Bewegungen die sich gegen den Staat richten“ zu bekämpfen.Zur „Rationalisierung“ wurde die RG und die „Direktion für dieÜberwachung des Territoriums“ (DST) zum 1. Juli 2008 zusam-mengelegt. Damit entstand die Zentrale desInlandnachrichtendienstes (DCRI). Bildet damit den wichtigsteAuskunftsdienst innerhalb Frankreichs. Weiterer Teil derBefugnisse ist die Übernahme der Leitung des „Service allge-meiner Information“ (SDIG), die in der zentralen Leitung deröffentlichen Sicherheit (DCSP) untergebracht ist .

DST: Direction de la surveillance du territoire

Entsprach dem deutschen Bundesnachrichtendienst zur"Gegenspionage" des Ostblocks. Nach 1989 auf „Terrorismus“und „Schutz von militärischem und wissenschaftlichenErrungenschaften Frankreichs“ spezialisiert. 2008 mit derDCRG zu DCRI fusioniert.

Zusammenstellung verschiedener (teils in anderen alter-nativen Medien erschienenen) Artikeln, die einen Über-blick über Solidaritätsaktionen geben und das polizeilicheund staatliche Werkzeug des Anti-Terrorismus analysie-ren. In der Broschüre von Mai 2008 finden sich außerdemeine Liste der in den bürgerlichen Medien erschienenArtikel, die die mediale und politische Konstruktion der'anarcho-autonomen Bewegung' als neuen 'Feind imInneren' nachzeichnet. Die Broschüre von Januar 2009legt einen Schwerpunkt auf die verschiedenen politischenKämpfe, die eng mit den Anschuldigungen verbundensind, wie die gegen DNA-Karteien als Überwachungs-werkzeug und die der sans-papiers und gegen dieAbschiebemaschinerie.

Das Kollektiv Kalimero in Paris, das sich als allgemeineSolidaritätskasse für Gefangene versteht, hat seit denVerhaftungen zu monatlichen Treffen eingeladen, beidenen auch Geld und Briefe für die Gefangenen des Anti-Terrorismus-Verfahren gesammelt und Informationen wei-tergegeben werden.

Im Vorfeld eines Aktionstages für die Rechte der Sans-Papiers im April 2008 ermunterte ein auf indymedia veröf-fentlichter Aufruf der 'Rauchpulver aller Länder undMischungen' dazu, auch weiterhin Demonstrationen mitgroßzügiger Rauchentwicklung zu begleiten. Im Rahmender Demonstration am 8. April 2008 in Paris findet dieserAufruf starkes Echo und auf Transparenten wird dieAbschaffung von Abschiebeknästen und die Freiassungvon Bruno und Ivan gefordert. Ebenfalls im April werden ingroßer Zahl Plakate gedruckt, geklebt und verteilt, die denTerrorismus-Vorwurf als politisches Konstrukt zurückwei-sen und vielmehr dem Staat täglichen Terror vorwerfen.

Anfang Mai wird eine Radiosendung über die politischenEreignisse im Mai 1968 des französischen Kultursenders'France Culture' gestört. In der allgemeinen Unordnunggelingt es den Studiobesetzer_innen, mit dem Verleseneines Kommuniquees die Aktualität politischenWiderstands in die brave Gedenksendung zu bringen unddie Freilassung von Bruno und Ivan zu fordern, bevor sievom Ordnungsdienst des Senders aus dem Studiogedrängt werden.

Zu einer Solidaritätswoche ohne Grenzen wird vom 9. biszum 16. Juni 2008 aufgerufen, einer Einladung, der vieleGruppen auf unterschiedliche Art folgen : unangemeldeteKundgebungen, rauchpulverbegleitete Demonstrationen,Steine und Farbeier gegen Einrichtungen von Staat undJustiz, eingeschlagene Scheiben oder abgebrannteFahrzeuge von an Abschiebungen beteiligtenUnternehmen, besetzte Museen, gesprühte Slogans undaufmerksamkeitswirksam platzierte Transparente gab esin Paris, Lyon, Grenoble, Brest, Le Vigan, Lille, Rennes,Brüssel, Montevideo (Uruguay), Santa Cruz (USA), Turin,Genf, Thessaloniki, Moskau, Kiev, Vancouver und inBizkaia (Baskenland).

Anfang Juli werden bei einer Kundgebung vor demGefängnis von Fresnes (in dem zu dieser Zeit Juan ein-sitzt) Feuerwerkskörper abgeschossen und ein Banner

mit der Aufschrift 'Wie in Vincennes – Feuer und Flammeallen Gefängnissen' aufgehängt. Vier Personen werdenanschließend festgenommen und wegen Aufruf zurZerstörung staatlicher Gebäude zu Geldstrafen verurteilt.

Im August 2008 wird im Rahmen des AntirassistischenCamps in Hamburg das französische Konsulat kurzzeitigbesetzt, Banner fordern die Freilassung von Ivan, Bruno,Isa, Juan und Damien und kritisieren die französischeAbschiebepolitik.

Vom 17. bis 24. Januar 2009 wird, auch anlässlich eineserneuten Antrags auf Haftentlassung von Isa, zu einerweiteren Solidaritätswoche ohne Grenzen aufgerufen.Diese beginnt mit einer Kundgebung und Feuerwerk vordem Gefängnis von Versailles und endet am 24. Januarmit einer Demonstration in Solidarität mit den Gefangenen(ausdrücklich auch jenen meist Ungenannten, die imZusammenhang der regelmäßigen Konfrontationen mitder Polizei in den Banlieues festgenommen werden). DiePolizei kesselt die unangemeldete Demonstration nachwenigen Metern ein und nimmt insgesamt 120 Menschenzur Identitätsfeststellung kurzzeitig fest. 16 Personen blei-ben bis zu zwei Tage in Gewahrsam und werden mitProzessen wegen Widerstand und angeblichem Werfenvon Gegenständen auf die Polizei bedacht. DerStaatsschutz ist während der Verhöre präsent und einePerson wird explizit zu ihrer Rolle in der 'anarcho-autono-men Bewegung' befragt.

„Die Tarnac-Solidarität“

Kurz nach den Festnahmen am 11. November 2008kommt es in dem Wohnort der Festgenommenen, Tarnac,zu einer Dorfversammlung mit über 200 Menschen. Siegründen ein erstes Soli-Komitee. Kurz darauf schreibendie Eltern einiger Betroffener einen offenen Brief, der dasVorgehen der Polizei scharf kritisiert. Auf Initiative desVerlegers des Buches 'L'insurrection qui vient', EricHarzan vom linksradikalen Verlag 'La Fabrique', beteiligensich zahlreiche namhafte linke Intellektuelle an einerPetition, die die Freilassung der Inhaftierten fordert.

Die linksliberale Tageszeitung 'Libération' entscheidet sichnach einer ersten Phase der Pressehetze gegen die'Ultralinken' der Kritik am Vorgehen derErmittlungsbehörden Raum zu geben. Sie veröffentlichtein vierseitiges Interview mit einem der inzwischen wiederFreigekommenen, Benjamin, und berichtet regelmäßigüber die Aktivitäten des Solidaritätskomitees von Tarnac.Auch in der liberalen Zeitung 'Le monde' kommen linkeIntellektuelle zu Wort und kritisieren in Feuilletons undKommentaren die Anti-Terror-Politik im Allgemeinen unddas Vorgehen von Politiker_innen, Polizei und Pressegegen die 'jungen Menschen aus Tarnac' im Besonderen.

Dem Aufruf, in allen Städten Solidaritätskomitees zu grün-den folgen viele, auch in kleinen französischenProvinzstädten und im Ausland (Deutschland, USA,Griechenland), wo zum Teil auch französische Konsulateund Presseagenturen mit Brandsätzen und Farbeiernangegriffen werden.

Vom 15. bis 25. Januar werden anlässlich einerMobilisierungswoche in vielen Städten Konzerte,Lesungen, Theater und Diskussionen organisiert. Am 31.Januar 2009 findet eine zentrale Demonstration in Parisgegen die Anti-Terror-Gesetzgebung und dieKriminalisierung von politischer Aktivität statt, die nebender (gewohnt) großen Menge von Rauchpulver undFeuerwerkskörpern auch von Musikkapellen und einemspektakulär großen Polizeieinsatz begleitet wird.

Unterschiedliche Ausrichtung der Solidaritätsarbeit

Die unglaubliche Medienresonanz, die die Verhaftungenim November 2008 nach sich zog, erklärt sicherlich auch,zumindest zum Teil, die sehr öffentlichkeitswirksame Artder Solidaritätsarbeit, die sich durch seitenlangeInterviews inklusive Fotos und Diskussionen über Anti-Terrorismus-Ermittlungen in den wichtigen FeuilletonsFrankreichs charakterisieren lässt. Es kommt zu einemrecht seltenen Phänomen: Solidaritätsaufrufe verlassendas engere politische Umfeld der Beschuldigten; in denKomitees organisieren sich ebenso die bäuerlicheNachbarschaft der Angeklagten wie auch deren namen-hafte Bekannte und Weggefährt_innen, die zu den intel-lektuellen Eliten verschiedener Länder gehören.

So ist der Ton der Solidaritätsarbeit mit den Beschuldigtenvom 11. November (zumindest innerhalb von Frankreich)ein grundsätzlich anderer als der, der nach den erstenErmittlungen gegen die sogennante 'anarcho-autonomeBewegung des Großraums Paris' angeschlagen wurde.Für die 'Tarnac-Solidarität' spielen die Medien und der'Druck der (einflussreichen) Öffentlichkeit' eine zentraleRolle, um dem Vorgehen der Ermittlungsbehörden etwasentgegen zu setzen. Auch auf Grund der Herkunft und derBildungswege einiger der Beschuldigten werdenPersönlichkeiten aktiv, die mit einem eher aufRechtsstaatlichkeit pochenden Diskurs viel Raum in derPresse einnehmen. Sie nutzen die dünne Beweislage derErmittlungsbehörden dazu, die Beschuldigten von jegli-cher Beteiligung an Aktionen freizusprechen. Sie kritisie-ren das skandalöse Vorgehen der Ermittlungsbehörden,die mit ihrer Willkür und dem Heranziehen des Anti-Terror-Paragraphen politischaktive aber tadellose und intelligen-te junge Menschen ins Gefängnis bringt. Einerseits fehltso in den medienwirksamen Stellungnahmen die Überle-gung, dass in Frankreich einige dutzend Menschen wegenVerdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischenVereinigung oft jahrelang in Untersuchungshaft sitzen unddass dieser Vorgang meist unbeachtet bleibt, weil eransonsten weniger einflussreiche Bevölkerungsgruppenbetrifft. Andererseits drängt sich der Gedanke auf, dasssich die gegenwärtige Mobilisierung stark auf die juristi-sche Unschuld der Angeklagten beruft und somit politischoffensivere Arten der Verteidigung ausklammert.

Die Unterstützer_innen der Beschuldigten der angebli-chen 'MAAF' hingegen lehnen die Zusammenarbeit mitJournalist_innen und bürgerlichen Vereinen ab. Sie versu-chen stattdessen, die Ermittlungen gegen politischeAktivist_innen in den Kontext der alltäglichen polizeilichenund sozialen Kontrolle aller Personen, die zu arm oder zu

aufständig sind, um in das demokratische Gesamtbild zupassen, zu stellen. Es wird versucht, politische Solidaritätauf der Basis von gemeinsamer Betroffenheit vielerMenschen von Überwachung und Bestrafung aufzubau-en.

Die Frage, inwieweit diese beiden Herangehensweisenunterschiedlich interessante Resultate bringen, hinsicht-lich ihres politischen Ausdrucks und hinsichtlich derEffizenz für die Betroffenen, muss also kritisch gestellt undkann weiter ausdifferenziert werden. Handelt es sich beidem breiten Medienphänomen, das die Solidaritätsarbeitder im November Verhafteten begleitet, um eine ArtKlassensolidarität, die für andere Aktivist_innen undenk-bar ist? Oder bringt sie vielmehr Menschen außerhalb desengen Kreises einer politischen Szene das ThemaRepression näher und ermöglicht so breiteren, wirksame-ren Protest? Unterschlägt sie dabei die Möglichkeit, Aktepolitischen Widerstands auch politisch zu thematisierenund zu verteidigen?

Es fällt jedenfalls auf, dass Solidarität sich über dieseUnterschiede der politischen Positionen und Strategienhinaus ohne weiteres nur schwer vernetzen lässt. Die bei-den Solidaritätswochen im Januar, zu denen zeitgleichaber getrennt aufgerufen wurde, zeigen dies deutlich.

Perspektiven im Weitwinkelobjektiv

Jenseits dieser (sicherlich nicht besonders originellenoder neuen) Konflikte und vor allem angesichts vonRepression, die einerseits eine ausgeprägte strategischeKomponente und andererseits eine europäische (undinternationale) Dimension hat, stellt sich die Frage, wieoffensive Formen der Anti-Repressionsarbeit aussehenkönnen, die politische Handlungsspielräume eröffnen.

Dabei kann die Auseinandersetzung mit den strategischenFunktionen der Repression wichtige Anhaltspunkte liefern.Gilles Gray, Direktor der Abteilung Ökonomischer Schutzim französischen Inlandsgeheimdienst bezeichnet bei-spielsweise die Festnahmen in Tarnac als "eine klareBotschaft... gerichtet an diejenigen, die vielleicht darübernachdenken, ähnliche Dinge zu tun", angesichts einer, mitseinen Worten, "Philosophie des Widerstandes, die sich inEuropa verbreitet". Repression im Allgemeinen und Anti-Terrorismus-Repression im Speziellen dient nicht nur derBestrafung und Überwachung, sondern auch der (vorbeu-genden) Einschüchterung, der Isolation politischenWiderstandes und der Sicherung von staatlicherHerrschaft.

Gleich mehrere Lektionen sollen erteilt werden : politi-scher Widerstand gegen die herrschenden Zustände sol-len unmöglich erscheinen und bestimmte Organisations-und Aktionsformen von vornerein ausgeschlossen wer-den.Und : strafrechtlich relativ banale Akte (wie Sabotage undSachbeschädigung) sollen in den Augen aller übermäßiggewalttätig und verrückt erscheinen, ihr politischer Gehaltsoll an sich unverständlich bleiben.[5] Gegenüber einersozialen und ökonomischen Gesamtsituation mit hohemKonfliktpotential ist Repression so auch ein Mittel zur

Sicherung von staatlicher Macht: hartes Durchgreifengegen politisch 'Unvereinnahmbare' wird legitimiert, Stärkedemonstriert und Kontrolle ausgeweitet.

Das Solidaritätskomitee aus Montreuil (bei Paris) schreibtdazu in seinem Aufruf: "Eins ist sicher : Hier, wie auch inItalien, Deutschland und den USA, ist der Anti-Terrorismusnicht einfach eine Reihe von Sondergesetzgebungen, diesich die einzelnen Länder erlauben, sondern es handeltsich um eine neue Art des Regierens und zwar weltweit."

Dieser letzte Schluss, nämlich dass hinter den verschiede-nen Fällen von Anti-Terrorismus-Repression einegeschlossene, allumfassende Logik steht, eine Art desRegierens von völlig neuer Qualität, bedarf sicherlich nochmehr Diskussion. Eines ist jedoch sicher: Repressionorganisiert sich in allen diesen Fällen selbstverständlichauf europäischen Niveau und benutzt dazu Überwa-chungs-Infrastrukturen, die auf länderübergreifender Basisgeschaffen werden.[6]

In diesem Kontext muss auch die Tragweite von Solidaritätgesehen werden. Sie muss versuchen, Grundlagen einerpolitischen Praxis für die Zukunft zu schaffen, die auf derHöhe der verschiedenen Dimensionen dieser Repressionist.

Um zum Schluss zu kommen, einige Anhaltspunkte

Konkrete Solidarität materieller Art und öffentlichkeitswirk-samer Art ist weiterhin nötig, um die aktuell Beschuldigtenmöglichst unbeschadet aus der Sache (und das heißt auchzunächst mal: aus der Untersuchungshaft) herauszube-kommen.

Um das (nicht freiwillig gewählte) Feld der Anti-Repressionjedoch offensiv auszuweiten, sollte Solidarität ermögli-chen, die Legitimität der verfolgten Aktions- undOrganisationsformen in breiteren Mobilisierungen zu ver-teidigen und so auch politische Handlungsspielräume zuerweitern.

Außerdem sollte nicht aus den Augen verloren werden,dass Repressionsmechanismen auf Grund gemeinsamerBetroffenheit breiter diskutiert und analysiert werden kön-nen. Die Diffamierung jeglicher Art von militanter Politik alsTerrorismus ist weniger wirksam, wenn dieses Vorgehen inden Kontext von allgemeinen Überwachungs- undKontrolllogiken gestellt wird.

[1] 2007 bei La Fabrique erschienenes politischen Manifest,das eine Strategie der Erhöhung der Spannung propagiert. InBerichten der Ermittlungsbehörden und der Medien nimmtJuliens mutmaßliche Mitarbeit an dem Text großen Raum ein.Seither sind die Verkaufszahlen des Buchs beträchtlich gestie-gen.

[2] 'Das Abschleppfahrzeug erzählt', Titel eines Textes, der inSolidarität mit den Beschuldigten zu Sabotage anPolizeifahrzeugen aufruft

[3] ‘Die öffentliche Ordnung auf schwerwiegende Weise stören’:Einleitung der Broschüre ‘mauvaise intentions’. Das Anti-Terrorismus-Werkzeug und die mouvance anarcho-autonome’(Mai 2008)

“Unnötig, sich hier über die Gründe für die erhöhte Spannungauszulassen: mehr oder weniger unterschwellige Revolten,spontane Streiks, soziale Bewegungnen, die den vorbestimm-ten rechtlichen Rahmen verlasen...und nicht nur in Frankreich.

Alle kennen die alltägliche Unterdrückung auf der Arbeit, umsich durchzuschlagen, um ein Dach über dem Kopf zu haben.Den Kapitalismus aufrechtzuerhalten heißt auch, dieAusgebeuteten jederzeit den Druck spüren zu lassen: DasGesetz, die Kontrolle und die Angst sind die besten Werkzeuge.Vereinzeln. Isolieren. In Kategorien stecken. Die bleiben dieeffizientesten Werkzeuge der Macht. SeinPropagandainstrument, die Presse, arbeitet regelmäßig daranmit: Revolten und Ausschreitungen werden in Szene gesetzt,um dann, mit der vorausgesetzten Zustimmung aller, abgestraftzu werden.

Seit einigen Jahren steht die Figur des Terroristen für das Böseund das funktioniert weltweit gut. In Frankreich werden alle, dieden Staat auf die eine oder andere Weise politisch in Frage stel-len, zusammen in einen Sack mit der Aufschrift ‘Terrorismus’gesteckt, ebenso die, die ihn ersetzen möchten (religiöseIntegristen, Nationalisten...) wie auch die, die ihn endgültigabschaffen möchten. Irrationale Panikmache ersetzt dabei, imkollektiven Gedächtnis, die politische Analyse.

Ein altes Feindbild wird seit den Präsidentschaftswahlen 2007wiederbelebt: ‘die Autonomen’. Polizei und Medien reduzierenunter dem Namen 'anarcho-autonome Bewegung' eine vielfälti-ge Praxis von emanzipativen Ideen und Handlungen auf einorganisiertes Netzwerk. Die Kritik an Staat und Kapital wirksamwerden zu lassen, heißt aber nunmal ihn auch tatsächlich anzu-greifen. Die meisten Menschen halten das für unmöglich undkönnen jede direkte Aktion nur als eine Manipulation von Seitender Polizei, als eine Handlung von Verschwörungstheoretikernoder Rechtsradikalen wahrnehmen... Alles Erklärungen, diedirekte Aktion als Kritik an den bestehenden Verhältnissenunglaubwürdig, unwirksam und für die Bevölkerung unver-ständlich erscheinen lassen. Was wiederrum das Gefühl derOhnmacht verstärkt.

Es ist nicht wirklich erstaunlich, dass der Staat diese beidenÄngste zu einer zusammenbringen möchte : Angst vor dem'Terrorismus', Angst vor den 'Anarchisten'. Darum geht es vonneuem seit einigen Monaten.

// Frankreich macht sich auf "Wiedergeburt der gewalttätigen

Linken" gefasst

[Übersetzung eines Artikels aus dem Guardian vom 4. Januar 09]

Entgegen Behauptungen der Übertreibung beharrenRegierungsberichte darauf, dass eine neue Generationvon Extremisten bald für eine Reihe von Sabotageaktenund Bomben sorgen wird.

Die französische Regierung befürchtet dieses Jahr eineWelle des linksextremistischen Terrorismus, in der esmöglicherweise zur Sabotage an zentralen Infrastruktu-ren, Entführungen wichtiger Wirtschaftspersönlichkeitenoder sogar Bombenanschlägen kommen könnte.

Geheimpapiere der französischen Regierung, die demObserver vorlagen, beschreiben eine "relevanteBedrohung" durch ein "internationales EuropäischesNetzwerk... mit einer starken Präsenz in Frankreich" nachder "Radikalisierung einer neuen Generation vonAktivisten" in den vergangenen Jahren. ErfahreneAnalytiker und Experten der Regierung zogen Parallelenzur Action Directe, die in den frühen 1980er Jahren 50Angriffe ausführte, wenn nicht mehr. Andere zitieren dasBeispiel der Baader-Meinhof-Bande.

Ein Bericht des französischen Inlandsgeheimdienstesspricht von einer "Wiedergeburt der gewalttätigen extre-men Linken" quer durch Europa, die wahrscheinlich durchEffekte der ökonomischen Krise weiter verstärkt werde.Andere Geheimdokumente decken vermutete Verbindun-gen zu Aktivisten in Italien, Griechenland, Deutschlandund Großbritannien auf. "Es ist jetzt drei oder vier Jahrelang gewachsen und die Gewalt kommt echtemTerrorismus immer näher", sagt Eric Dénécé, Direktor desfranzösischen Zentrums für Geheimdienststudien (Cf2R -Centre francais de Recherche sur le Renseignement) undfrüherer Berater des Verteidigungsministeriums.

Während einige glauben, solche Behauptungen seienAngstmacherei, ist die politische Atmosphäre gespanntund viele Berater des rechten Präsidenten NicolasSarkozy fürchten eine Wiederholung der Gewalt der letz-ten Wochen in Athen, als wütende und entfremdeteJugendliche und ein harter Kern gewalttätigerLinksextremisten sich mehrere Tage lang Straßen-schlachten mit der Polizei lieferte, bedeutenden Schadenanrichteten und die Stadt zum Stillstand brachten.

Letzte Woche riefen hunderte Plakate junge Leute, die"gezwungen, für eine Welt zu arbeiten, die uns vergiftet"dazu auf, dem Beispiel ihrer griechischen Kollegen zu fol-gen: "Der Aufstand geht weiter. Wenn er überall Fuß fasst,kann niemand ihn aufhalten," so das Poster.

Der jüngste Geheimdienstbericht macht die, häufig vonjungen Leuten aus der Mittelklasse getragenen, gewalttä-tigen Demonstrationen gegen die Änderung desBeschäftigungsgesetzes CPE 2006 dafür verantwortlich,eine große Anzahl neuer Aktivisten rekrutiert zu haben.

Es liegt uns am Herzen, die Texte in diesem Heft zusammenzu-stellen, weil es darum geht, ein für alle mal den Mechanismuszu erklären, bei dem einige wenige ins Gefängnis gebracht wer-den, um viele weitere zum Schweigen zu bringen."

[4] In der deutschen Übersetzung in den Archiven von de.indy-media.org

[5] Eine in Deutschland bei der taz eingegangeneAnschlagserklärung, die die Hakenkrallen-Aktionen imNovember in den Kontext des Widerstandes gegen den Castor-Transport stellen, wurde in Frankreich so gut wie gar nicht dis-kutiert. Das Bekenner_innen-Schreiben wurde ausschließlich-durch einen Polizeibericht Ende November bekannt und nurzögerlich in den Medien und in der linken Szene aufgegriffen.Das stellt die Frage nach der Vermittlung von politischenAktionen :

Für die 'linke Szene' ist es unglücklich, wenn ein Polizeiberichtdie einzige Quelle ist, die einer Aktion einenfassbareren politi-schen Hintergrund gibt. Dies gestaltet die Entscheidungschwierig, wie sich auf diese Anschlagserklärung bezogenwerden und wie die Akte politisch verteidigt werden können.Atomtransporte sind weiterhin kein Thema und die Diskussionum Sabotage als Aktionsmittel wird auf einem recht abstraktenNiveau geführt, da in dem Buch 'L'insurrection qui vient' allge-mein von dem 'Blockieren der Ströme' als Strategie gegen einSystem, das nicht mehr zentral sondern vielmehr diffus anzu-greifen sei, die Rede ist.Mit Blick auf eine breitere Öffentlichkeitgibt dieser Zustand den Ermittlungsbehörden und den bürgerli-chen Medien jedenfalls alle Trümpfe in die Hand, die Akte alsabsurd und unnachvollziehbar darzustellen und so zu isolieren.

[6] Von Anfang an sprachen die Behörden (und die Medien)bezüglich der Festnahmen und Ermittlungen Anfang Novembervon internationalen Verbindungen der Verdächtigten: es sollKontakte zu Linksradikalen in den USA, Belgien, Italien,Griechenland, Deutschland und der Schweiz geben. EineDatenübermittlung der US-amerikanischen Behörden war auchder Grund, warum die französischen Behörden im April mit derObservation von Yildune und Julien begannen.

Mitte Dezember stürzten sich die französischen Medien dannauf das, was sie in Übereinstimmung mit denErmittlungsbehörden 'la piste allemande' nennen. Denn eins istnun sicher, die Ermittlungen ziehen Kreise über Frankreich hin-aus : die Hakenkrallen-Methode ist als 'made in Germany' gela-belt und die Namen von Personen, gegen die in einem mittler-weile eingestellten 129a-Verfahren wegen Hakenkrallen-Aktionen ermittelt wurde, wurden an die französischenBehörden weitergegeben und finden Eingang in die aktuellenErmittlungen.

Inwieweit sich die Behörden bei den aktuellen Ermittlungen aufeine neue europäische Dimension ihrer Arbeit konzentrierenund welche 'Zusammenarbeit' (Datenaustausch über politischeAktivist_innen...) dabei zum Standard werden, wird sich zeigen.

Eine Reihe von Vorkommnissen bestätigte die Befürch-tungen der Polizei im vergangenen Jahr. Im Januar wur-den zwei Aktivisten wegen dem Besitz von Materialienverhaftet, die, so wurde vermutet zum Bau von Bombenverwendet werden sollten. Im November wurden neunLeute nach einer längeren Observation im zentralfranzösi-schen Dorf Tarnac verhaftet, wo sie eine Kommune aufge-baut hatten. Zwei der mutmaßlichen Anführer, JulienCoupat, 34, und seine Partnerin Yildune Lévy, 25, befin-den sich noch immer im Gefängnis. Ihnen wird vorgewor-fen, Bahnlinien des Hochgeschwindigkeitszuges TGVsabotiert haben und sich "in terroristischer Absicht mitanderen Übeltätern verbündet zu haben".

Gilles Gray, Direktor der Abteilung Ökonomischer Schutzim französischen Inlandsgeheimdienst sprach neulich von"einer Philosophie, die sich in Europa verbreitete". DieFestnahmen in Tarnac waren, so sagt er, "eine klareBotschaft... gerichtet an diejenigen, die vielleicht darübernachdenken ähnliche Dinge zu tun". "Wir hoffen, dassdiese Angelegenheit diese Art gewalttätiger Aktionen füreine Weile beendet hat und eine Rückkehr der ActionDirecte [vermeiden wird]."

Die Ermittler glauben, dass die Festnahmen in Tarnac"Vergeltungsmaßnahmen" provozierten: In Athen wurdedas Büro der französischen Nachrichtenagentur AgenceFrance-Presse mit behelfsmäßigen Brandsätzen angegrif-fen, in Hamburg das französische Konsulat mit Farbebeschmiert.

Ein Bekennerschreiben zur Sabotage der TGV Streckewurde laut Polizei von Hannover aus an eine deutscheZeitung geschickt. Die Signatur von "denen es reicht... inErinnerung an Sébastien" ist vermutlich eine Referenz anSébastien Briat, einen jungen Anti-Atom Aktivisten, dergenau vier Jahre vor der aktuellen Flut von Sabotage inOstfrankreich von einem Atommülltransport zerquetschtwurde. Coupat und Lévy hatten an Demonstrationen undAktionen in Deutschland, Großbritannien und den USAteilgenommen.

Coupat wird ebenfalls von den Ermittlern beschuldigtanonym das Buch "Der kommende Aufstand" geschriebenzu haben, das 2007 von einem wenig bekannten Verlag inParis veröffentlicht wurde. Das Buch, das auf Englischübersetzt auf anarchistischen Webseiten inGroßbritannien und den USA zu finden ist, wurde imBesitz dreier junger Aktivisten gefunden, die nach demZünden einer Bombe auf einem Feld festgenommen wur-den. Es beinhaltet Anleitungen zur Sabotage vonBahnstrecken und andere Mittel zum "Zerstören derMacht der Polizei, Erlangen lokaler politischer Machtdurch die Leute, und Blockieren der Ökonomie." In einerStellungnahme des Verlags heißt es, Autor sei ein"Komitee aus der subversiven Tendenz".

Aber einige beschuldigen Frankreichs rechte Regierungauch, die linke Bedrohung sowohl zu übertreiben als auchfür sich auszuschlachten. "Sie machen aus meinem Sohnden Sündenbock einer Generation, die begonnen hat,eigenständig über das Unrecht des Kapitalismus nachzu-denken und gegen die Regierung zu demonstrieren", sagtGérard Coupat, Vater des mutmaßlichen Anführers der

Tarnac Gruppe.

"Die Regierung hält meinen Sohn im Gefängnis, weil einMann aus der Linken, der den Mut hat zu demonstrierendas letzte ist, was sie haben wollen - jetzt, da die ökono-mische Krise immer schlimmer wird. Nicht vergleichbaresist seit dem Krieg in Frankreich passiert. Es ist sehr ernst."

Der Autor und Forscher Christophe Bourseiller sagte demObserver, dass die Bedrohung übertrieben wird. "Ja, esgibt wieder ein gewisses neues Ausmaß der Agitation,aber es gibt einen großen Unterschied zwischen derunfreiwilligen Verlangsamung einiger Züge ohne irgendje-mand zu verletzen, und so etwas wie den Bombenan-schlägen von Madrid. Das Innenministerium hat es mitHilfe einer riesigen Medienoperation so aussehen lassen,als hätten die Verhaftungen von Tarnac einer ernstzuneh-menden Kampagne der Gewalt Einhalt geboten."

Mit Sicherheit gibt es im Ministerium am Place Beauveaueine weitverbreitete Angst vor gewaltsamen Protesten inden nächsten Monaten. Eine kraftvolle und wachsendeSchülerbewegung zwang [die Regierung] zum taktischenRückzug ihrer weitreichenden Reformpläne, nachdemDemonstrationen in Lyon zu Zusammenstößen mit derPolizei, Massenfestnahmen und brennenden Autosgeführt hatten.

Gewerkschafter haben für die kommenden Monate eineSerie von massenhaften Arbeitsniederlegungen angekün-digt. In einer Bevölkerung, die ohnehin verbittert ist überstagnierende Löhne bei steigenden Preisen und dasstrukturell hohen Niveau von Erwerbslosigkeit, werden diemöglicherweise durch die Wirtschaftskrise hervorgerufe-nen Entlassungen und Lohnkürzungen die Wut anheizen.

"Ob die Tarnac Gruppe schuldig ist oder nicht, es gibtandere Gruppen in Frankreich, in Italien, in Deutschland,die den Glauben an eine politische Linke in Auflösung ver-loren haben, die gewalttätigen Aktionen zuneigen und sichin einer Phase der Semi-Klandestinität befinden," sagteAlain Bauer, Kriminalist an der Sorbonne dem Observer."Bei der Action Directe und den Roten Brigaden gab eszuerst eine intellektuelle Phase, gefolgt von einerRadikalisierung und dann dem Übergang zur physischenAktion. Bücher wie "Der kommende Aufstand" erinnernstark an diese erste Phase."

Andere Ähnlichkeiten sind die ins Auge gefassten Taktikenund das gebildete Mittelklasse-Profil der meistenAktivisten.

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Aufruf des Solidaritätskomitees in Tarnac

Nach der ersten Schockwelle in den Medien ist es wich-tig, einen öffentlichen Druck aufzubauen, damit dieSache nicht in Vergessenheit gerät. Wir müssen denDruck während dem ganzen Verfahren aufrechterhalten.Um das zu erreichen könnt ihr überall Unterstüzungs-komitees gründen: organisiert Veranstaltungen, nutzt alleMöglichkeiten um über das Verfahren und dessenUmstände zu informieren, sammelt Geld…

Eine internationale Solidaritätsbewegung ist notwendigum die Inhaftierten so schnell wie möglich raus zubekommen. Gleichzeitig ist es wichtig, ein Minimum angrundsätzlichen Bedürfnissen für die Gefangenen zugarantieren: Kleider, Zigaretten, Hygieneprodukte…Außerdem brauchen wir Geld um die AnwältInnen unddamit Nahestehende die Leute im Knast besuchen kön-nen, die bis auf weiteres in der Region Paris eingesperrtsind.

Die finanziellen Bedürfnisse sind real und dringend. Die Spenden werden auch zur Finanzierung von gewis-sen Aktivitäten der Unterstützungskomitees verwendetwerden.

Ihr könnt auch Briefe an die Inhaftierten schreiben.Schickt diese an das Unterstützungskomitee in Tarnac,wir werden sie umgehend weiterleiten.

Die Adresse ist: Gabrielle, Manon, Yldune, Binjamin, Julien Comite de soutien aux inculpes du 11 novembre 19170 Le BourgTarnacFrance

Vielen Dank für Eure Unterstützung

Ein weiterer Aufruf:

1. Briefe, Postkarten oder Mitteilungen an dieGefangenen können geschickt werden an: Comité desoutien aux inculpés de Tarnac, le bourg, 19170 Tarnac.

2. Schreibt Julien, der im Knast in Paris sitzt. Julien COUPAT, N° d'écrou 290173, 42 rue de la santé,75014 Paris, FRANCE.

3. Um Überweisungen nach Frankreich zu bündeln gibtes ein Solikonto in Deutschland: Rote Hilfe e.V., Konto: 7189590600, BLZ: 10020000,Berliner Bank, Verwendungszweck: Tarnac9.

4. Lest die Texte auf den Solidaritätswebseiten und infor-miert euch über den gegenwärtigen Stand.

5. Schafft Unterstützungsgruppen in eurer Gegend undkontaktiert die anderen. Wir brauchen ein internationalesNetzwerk um Solidarität zu zeigen.

6. Welchen Weg ihr auch immer für richtig haltet; übtDruck auf französische Behörden aus, das Verfahren ein-zustellen.

Auszug aus dem Aufruf zur Soliwoche vom 09.-16. Juni:

„Die kürzlich stattgefundenen Meutereien in denAbschiebegefängnissen und die Streiks mit Besetzungder Arbeitsstellen durch hunderte von „Sans-Papiers" hatuns alle daran erinnert, dass Ausbeutung undEinsperrung Hand in Hand gehen. Es reicht, sich dieEntwicklung der Gefängnisarbeit anzuschauen oder diezusehends gefängnisartigen Arbeitsbedingungen in derArbeitswelt der Lohnabhängigen, sowie die mit derMisere wachsenden Bedrohung der Inhaftierung, diedazu verleitet, immer schlimmere Arbeitsbedingungen zuakzeptieren (was vor allen Dingen die „Sans-Papiers"betrifft, die Minderjährigen, jene die außerhalb derLohnabhängigkeit leben wollen und alle "Feinde imInneren").

Solidarität mit den Gefangenen ist nun notwendig, sollteaber über materielle Zuwendungen hinausgehen : Sie muss auf die existierenden sozialen Kämpfe aufbau-en, sowie auf sämtliche Aktionen, die Widerstand gegenden reibungslosen Verlauf der Geschichte im Sinne vonStaat und Kapital ausdrücken. Diese Solidarität soll eben-falls eine Ausweitung und eine Intensivierung der Revoltebedingen und fördern.

Ob Nebelkerzen entzündet werden, ob Spruchbändergemalt werden, ob Institutionen, die mit denAbschiebungen zu tun haben, attackiert werden, Sprüchegesprüht werden, Straßen blockiert werden oderRadiosendungen gestört werden, wie bereits vielerortsgeschehen, die Bandbreite der möglichenSolidaritätsbekundungen ist sehr groß. In derSolidaritätswoche vom 9. zum 16. Juni sollen vielerlei sol-cher Aktionen konzentriert stattfinden, damit derWiderhall der Revolte über nationale Grenzen hinweghörbar wird ... Solidarität mit den zwei von Vierzon, sowie mit Bruno,Ivan, Damien und den anderen ! Freiheit für alle Gefangenen, mit oder ohne Papiere !Freiheit für alle !"

// Antiterrorism in France

"Anti terrorism has nothing to do with "terrorism". This isactually a political policy aimed at wiping social rebels outby force. That is why whe have to support the lately arre-sted rebelliouses"

Eric Hazan - Verleger bei “La Fabrique”, wo “Der kommen-de Aufstand” erschien

What is terrorism ? Interesting question. Actually, there is still no international-ly agreed definition of terrorism. According to wikipedia :"Common definitions of terrorism refer only to those actswhich are intended to create fear (terror), are perpetratedfor an ideological goal (as opposed to a lone attack), anddeliberately target or disregard the safety of non-comba-tants." The word, and concept of "terrorism", appeared inFrance after the 1789 revolution. In fact, the new statewas using the Guillotine to get rid of all kinds of oppo-nents. The semantic root of "terrorism" is from a way ofgovern, using fear to keep control on people. From a wayto keep and protect the state, it went later a tool to call intoquestion the power. Let's say that is a tool, a nasty politi-cal tool.

What about nowadays ? Most of the french dictionaries include in the "terrorism"definition, the possibility of using the "terrorist tool" bystates OR opponents.Apparently, this is not the view of theEuropean Commission wich claim that terrorism consist in"any offence committed intentionally by an individual or agroup against one or several countries, their institutions ortheir populations, and aiming at threatening them andseriously undermining or destroying the political, econo-mic or social structures of a country." This definition, wichchange easily any activist into terrorist (even more "anar-chist activist" wich in principle want to overthrow states)fits the french state. Ideed, the penal code define you as aterrorist as soon as you are "connected with any act inten-ded to trouble seriously the public order using intimidationor terror". Notice that the "Informal Anarchist Federation" is designa-ted as a terrorist organization by the European Union.Have you ever heard about any "Informal AnarchistFederation" elsewhere ? Obviously not, because this is

only existing in state intelligence services' files. A "box" toput troublesome people and drawn up a "terrorist threat”. The frech political instrumentalisation of terrorism, or thelegal concept of "conspiracy in connection with terroristundertaking" Owing to this legal concept, not any concrete action isneeded to be considered a terrorist. In fact, magistrates inthe Justice Minister anti-terrorism unit have authority todetain people suspected of "conspiracy in connection withterrorist undertaking" while evidence is gathered againstthem. The main idea, is to act preventively. It is a frenchexceptions to reckon it is necessary to blow by the suppo-sed terrorists BEFORE they trespass. Lately, HumanRight Watch published a report about ”CounterterrorismLaws and Procedures in France denouncing the frenchbehaviour. In September 2005, among the 358 persons injail for offence in relation with terrorism, 300 were under"conspiracy in connection with terrorist undertaking", as ifto say on the basis of presumption, neither avered nor pro-ven. May be soo it will be possible to arrest people for pre-crime...

The "French Anarcho Autonomous Mouvement" or thecreation of the new enemy within The first occurence of the "Mouvance Anarcho AutonomeFrancilienne" (MAAF) went during the spring 2007, insome right-wing newspaper. What a coincidence, the newSarkozy's government just seted in. It seems that MichèleAlliot-Marie, since then minister of the Interior, inventedwith some help from the intelligence service* the newpublic enemy. During a while, this MAAF had existed inthe media witout arrest, only the inteligence services hadkept a watch over this "mouvement”, and more preciselyover the people supposedly involved in it.

The threat within start to get faces in january 2008. All ofthem went behind bars... On the 19th of january, Ivan etBruno are accused of transporting a nailbomb, althoughthey were on the way to a demonstration against detenti-on centres carrying home made smoke powder and bentnails (to slash tyres)***. Some days later, Isa and Faridwere arrested by a border patrol, during a road-check inthe countryside. In their car, cops found chlorate (to makesmoke powder), a map of a youth prison, and sabotageguides. They're emprisoned under the anti-terrorist juris-diction. During the custody, the cops pretend that Isa's

DNA is the same than one founded on a bag holdingpetrol bottles under a police tow truck during the last pre-sidential elections. Later, using the „absolute” DNA evi-dence, police accused Damien and Juan as well. Afterfour months, Farid, Ivan and Bruno went out under strictjudicial review and house arrest from 9 pm to 6 am. At thesame time, all those investigation went into one.Accordind to the anti-terrorist jurisdiction, all the peoplebelong to the same terrorist organisation : the MAAF.

Here was the situation before the 11th of November 2008.Then went this huge political/police/media operation. 150 police officers, most of which belonged to the anti-ter-rorist brigades, came to arrest 9 people sleeping in theirhouses in the tiny village of Tarnac, and to search any kindof evidence against them. All that under TV cameras and,at the same time, Michele Alliot-Marie, the minister of theInterior, was holding a press conference explaining theydismanteled the dangerous terrorist organisation wichsabotated the french railways lines a few days before.

The people under investigation "were tracked by the poli-ce because they belonged to the ultra-left and the anarchoautonomous milieu." As the entourage of the Ministry ofthe Interior specifies, "their discourse is very radical andthey have links with foreign groups." According to thepublic prosecutor: “the goal of their activity is to attack theinstitutions of the state, and to upset by violence – Iemphasize violence, and not contestation which is permit-ted – the political, economic and social order.” In this case, one might expect that investigators foundweapons, explosives and Molotov cocktails. Instead ofthat, anti-terrorist officers discovered : train schedule,climbing gear and some ”subversive” books (wich you canfind in bookshops). The main evidence is an anonymousbooklet : The coming insurrection.

Quickly the inconsistency in the accusation of sabotagingFrench railway lines is obvious and the only ”incriminatingevidences” are a text and a way of life. In fact, thosepeople were living in community, running the local groce-ry store, and some of them (mainly the supposed boss ofthe Anarcho-autonomous terrorist organisation, JulienCoupat) graduated high studies wich leads to supposethey write texts.

Here the explanation of the authorities' behavior byChristophe Chaboud, head of Counterterrorist coordinati-on Unit since may 2007 : ”Their attitude, their way of life,show well those people want to disconnect with the socie-ty. They want to turn their though into acts, while preparingfor a clandestine life. It is important to get an overview andno not consider the events apart. The work we made onthis cell incite us to arrest them before it's too late. Here is a combination of behavior, speech and acts...Here is a dangerous logic.Then, it was justified we deci-ded to neutralize them preventively, before they comit acrime”.

Who are the terrorists ? Our living conditions, always more insufferable, rest onfear. Fear of being jobless, or to being unable to makeends meet. Fear of police, fear of jail. Because somehow,the billy club and his acceptance guarantee social interac-

tions.

In this upside downworld, terrorismdoesn't mean forcingbillions of humans tosurvive in intolerableconditions, doesn'tmean contaminatingearth. Terrorismdoesn't mean impro-ving control, keepingscientific and techno-logic research wichsubdue always moreour lifes and affectirreversibly thenature. Terrorismdoesn't mean lockinin people becausethey miss a stupidsheet of paper. Terrorism doesn't mean killing us at workto make bosses always richer. Terrorism doesn't meandropping bombs on whole populations. No, all this is cal-led : economy, civilization, democracy, progress, law andorder...

* since july 1, 2008 is called „Direction Centrale duRenseignement Interieur” wich agregate all the frenchintelligence services among wich the famous„Renseignements Generaux”.

// Terrorismus oder Tragikomödie?Giorgio Agamben

Am Morgen des 11. November umzingelten 150 Polizei-beamte, die meisten von ihnen Angehörige von Anti-Terror-Brigaden, ein 350-EinwohnerInnen-Dorf in derHochebene von Millevaches, Frankreich, bevor sie einenBauernhof stürmten, um neun junge Menschen festzu-nehmen (die die lokale Gemüsehandlung führen und ver-suchen, das kulturelle Leben des Dorfes zu beleben). VierTage später wurden die neun jungen Leute vor ein Anti-Terror-Gericht gestellt und "der kriminellen Verschwörungmit terroristischen Absichten angeklagt". Nach Zeitungs-berichten haben Innenministerium und Minister "der loka-len und nationalen Polizei für ihre Umsicht gedankt".

Beginnen wir bei den Gründen

Die jungen Leute, gegen die ermittelt wird, "wurden vonder Polizei verfolgt, weil sie der Ultralinken und dem anar-chistisch-autonomen Milieu angehörten". Wie aus derUmgebung des Innenministeriums verlautet, "ist ihrDiskurs sehr radikal, und sie haben Kontakte zu ausländi-schen Gruppen". Noch mehr: einige der Verdächtigen"nehmen regelmäßig an politischen Demonstrationenteil", z.B. im Rahmen von Protesten gegen die staatlicheEdvige-Datenbank (Exploitation Documentaire et

Valorisation de l'Information Générale) und gegen dieIntensivierung von Gesetzen, die die Immigration ein-schränken. Politischer Aktivismus (das ist die einzig mög-liche Bedeutung solcher sprachlicher Monstrositäten wie"anarchistisch-autonomes Milieu") oder die aktiveAusübung politischer Freiheiten und die Anwendung einesradikalen Diskurses sind also ausreichender Grund, umdie Anti-Terror-Abteilung der Polizei (SDAT) und das zen-trale Büro des inneren Nachrichtendienstes (DCRI) inAktion treten zu lassen. In Anbetracht des Demokratie-Abbaus durch die Edvige-Datenbank, biometrischeTechnologien und die Verschärfung der Immigrations-gesetze müsste jedoch jedeR, der/die auch nur einMinimum an politischem Bewusstsein besitzt, die Anliegendieser jungen Leute zu teilen.

Was die Ergebnisse anbelangt, hätte man erwarten kön-nen, dass die untersuchenden Beamten Waffen,Sprengstoff und Molotov-Cocktails im Bauernhof inMillevaches gefunden hätten. Weit gefehlt. SDAT-Beamtefanden "Dokumente, die detaillierte Information desBahnverkehrs enthielten, auch die exakten Ankunfts- undAbfahrtszeiten von Zügen". Sprich: die Fahrpläne dernationalen Bahngesellschaft SNCF. Aber sie konfisziertenauch "Klettergerät". Sprich: eine Leiter, wie man sie injedem Landhaus finden kann.

Wenden wir unsere Aufmerksamkeit den Verdächtigten zuund vor allem dem unterstellten Kopf dieser terroristischenBande, "dem 33-jährigen Anführer aus wohlhabendenPariser Kreisen, der von Zuschüssen seiner Eltern lebt".Es handelt sich um Julien Coupat, einen jungenPhilosophen, der früher (mit einigen FreundInnen) Tiqqunherausgebracht hat, eine Zeitschrift, deren politischeAnalysen - wenn sie auch ohne Zweifel umstritten sind -zu den intelligentesten unserer Zeit zählen. Ich kenneJulien Coupat aus dieser Zeit und verbinde mit ihm meinebleibende intellektuelle Wertschätzung.

Untersuchen wir also weiters den einzigen konkretenTatbestand in der ganzen Geschichte. Die Aktivitäten derVerdächtigten sollen mit böswilligen Handlungen gegendie SNCF in Verbindung stehen, die am 8. NovemberVerspätungen einiger TGV-Züge auf der Strecke Paris-Lille zur Folge hatten. Die Vorrichtungen, um die es in die-sem Zusammenhang geht, können, soweit wir denErklärungen der Polizei und der SNCF selbst Glaubenschenken können, in keiner Weise Menschen verletzen:sie können im schlimmsten Fall die Kommunikation zwi-schen Zügen erschweren und somit Verspätungen verur-sachen. In Italien sind Züge oft verspätet, aber bis jetzt hatniemand auch nur davon geträumt, die staatliche Bahndes Terrorismus anzuklagen. Es handelt sich um geringfü-gige Delikte, auch wenn es niemandem in den Sinn kom-men wird, sie gutzuheißen. Am 13. November formulierteein Polizeibericht vorsichtig, dass es vielleicht "unter denin Gewahrsam Befindlichen GesetzesübertreterInnen gibt,dass es aber nicht möglich ist, einem von ihnen eine kri-minelle Handlung zuzuschreiben".

Die einzig mögliche Folgerung aus dieser undurchsichti-gen Angelegenheit: AktivistInnen gegen die (in jedem Fallfragwürdige) Art und Weise, wie mit sozialen und ökono-mischen Problemen heute umgegangen wird, werden

heute ipso facto als potenzielle TerroristInnen angesehen,sogar wenn keine einzige Handlung diese Anklage recht-fertigen kann. Wir müssen den Mut aufbringen, mitKlarheit zu sagen, dass heute zahlreiche europäischeLänder (vor allem Frankreich und Italien) Gesetze undpolizeiliche Maßnahmen eingeführt haben, die wir früherals barbarisch und antidemokratisch beurteilt hätten, unddass diese nicht weniger extrem sind als jene, die inItalien im Faschismus in Kraft waren. Eine dieserMaßregeln legitimiert die 96-Stunden-Haft einer Gruppejunger - vielleicht leichtsinniger - Menschen, denen "mankeine kriminelle Handlung zuschreiben kann". Eine ande-re, ebenso schwer wiegende, ist die Verabschiedung vonGesetzen, welche Verbindungs- und Vereinigungsdelikteeinführen, deren Formulierung bewusst vage gehaltenbleibt und die es erlauben, terroristische "Absichten" oder"Bestimmungszwecke" politischen Handlungen zuzuord-nen, die bis jetzt noch nie als terrorproduzierend angese-hen wurden.

“Libération”, 19. November 2008

// Brief von Ivan und Brunoerschienen auf Indymedia Paris, 21 April 2008

Wir schreiben heute an alle Freunde, an alle, die sich nichtvon den Verhältnissen unterkriegen lassen: Polizeisperrenin den Straßen, Razzien gegen Menschen ohne Papiere,Abschiebungen, alltägliche Schwierigkeiten und dieFremdbestimmtheit des Lebens; der Zwang, einen immergrößeren Teil unseres Lebens allen möglichen Chefs zuüberlassen, denen, die über uns entscheiden und Machtausüben. Unser Widerstand setzt dort an: es geht um dieFreiheit zu leben.

Wir wurden am 19.Januar festgenommen. Wir beidebefinden uns seitdem in Untersuchungshaft, der dritte vonuns ist unter richterlicher Aufsicht. (Er machte sich desUmstandes schuldig, im Moment unserer Festnahmezufällig vorbeizukommen und uns zu kennen.). Wir hattenRauchpulver dabei, das wir aus einer Mischung vonNatronchlorat, Zucker und Mehl hergestellt hatten. Einmalangezündet, qualmt diese Mischung stark. Wir hatten vor,sie während der Demonstration einzusetzen, die an die-sem Tag wieder zum Abschiebegefängnis in Vincennesführen sollte. Unser Vorhaben: für die eingesperrten Sans-Papiers sichtbar zu sein, und dies trotz der Polizei, die unssicherlich in Entfernung des Knastes halten würde. Wirhatten auch Knallkörper und verbogene Nägel dabei, dieauf der Straße ausgelegt werden können, um Autos amWegfahren zu hindern.

Für die Polizei und die Justiz stellt das ein gefundenesFressen dar: es muss sich um die Bauelemente einerNagelbombe handeln. So lauten unsere Anklagen folgen-dermaßen:

# Besitz und Transport von brandstiftenden oder explosi-ven Substanzen und Produkten zur Herstellung einesbrandstiftenden oder explosiven Gegenstandes, um eine

Zerstörung, eine Sachbeschädigung oder eineGefährdung von Menschleben hervorzurufen

# Gründung einer kriminellen Vereinigung, mit dem Ziel,eine Zerstörung durch Brandstiftung, explosiveSubstanzen oder andere Mittel durchzuführen, die eineGefahr für Menschenleben darstellen

# Verweigerung der polizeidienstlichen Erkennungsmaß-nahmen (Fingerabdrücke, Fotos)

# Verweigerung der Abgabe einer DNA-Probe

Es läuft einem kalt den Rücken runter. Soweit zu denAnklagen, wir werden uns nun an einer Analyse derEreignisse versuchen.

Die Art, in der wir behandelt werden, kann nicht mit denDingen erklärt werden, die wir dabei oder geplant hatten.Dem Staat geht es vielmehr darum, Widerstand zu krimi-nalisieren und Dissidenz zu unterdrücken. Es geht umunsere Ideen und unsere Art zu kämpfen: außerhalb derParteien, Gewerkschaften und anderen Organisationen.Weil sich diese Wut nicht kontrollieren oder vereinnahmenlässt, versucht der Staat, sie zu isolieren und einen„€�Feind im Inneren“€œ auszumachen. Polizei undVerfassungsschutz legen Dateien mit 'Täterprofilen' an. Inunserem Fall ist es das der „€�Anarcho-Autonomen“€œ.Von dort zieht der Staat eine direkte Verbindungslinie zumTerrorismus und schafft so ein Bedrohungsszenario, umeinen gesellschaftlichen Konsens zur Verstärkung derKontrolle und Legitimation der Repression zu schaffen.

Deshalb sind wir heute im Gefängnis. Dies ist derUmgang, den sich der Staat bei jeglichen illegalenHandlungen und mit sogenannten 'Risikobevölkerungen'vorbehält. Es geht darum, immer mehr Menschen immerlänger wegzusperren. Immer effizientere Kontrollen undSanktionen, die Angst machen, sorgen im Interesse derer,denen die herrschende Ordnung nutzt, dafür, dass alle anihren Plätzen bleiben, wissend, dass es nicht möglich ist,die vorgesehenen Wege zu verlassen ohne den hohenPreis zu bezahlen. Wir kämpfen mit den Menschen ohnePapiere, weil wir wissen, dass es die gleiche Polizei ist,die kontrolliert, der gleiche Chef, der ausbeutet und diegleichen Mauern, die einsperren. Wir waren auf dem Wegzur Demonstration, um mit den Gefangenen zusammen'Freiheit' zu rufen, um zu zeigen, dass wir viele sind, dieihre monatelange Revolte im Gefängnis wahrnehmen.Eine Rauchbombe anzuzünden, so nah wie möglich andie Gitter des Gefängnis zu kommen, 'Abschiebeknästezu Baulücken' zu rufen, mit der Überzeugung, frei lebenzu wollen. Der gemeinsame Kampf schafft einen Raumum Solidaritäten zu knüpfen und unserer RevolteAusdruck zu verleihen.

Wir verstehen uns nicht als 'Opfer der Repression'. Es gibtkeine gerechte Repression, keinen gerechten Knast. Esgibt die Repression und ihre Funktion, ihre Rolle derAufrechterhaltung der Ordnung: die Macht derBesitzenden über die Besitzlosen.

Wenn alle in der Reihe laufen, ist es einfach, die zubestrafen, die ausscheren.

Wir hoffen, dass wir viele sind, unsere Leben in die Handzu nehmen und diese Wut im Herzen zu tragen, um dieSolidarität aufzubauen, aus der der Widerstand ist.

Bruno und Ivan aus den Gefängnissen von Fresnes undVillepinte, April 2008

Originaltext auf französisch:http://paris.indymedia.org/article.php3?id_article=98400

// Brief von Isa aus dem Gefängnis von Lille-Sequedin (Mai 2008)

Den folgenden Text hat Isa im Mai 2008 geschrieben,nachdem sie vom Frauengefängnis in Fleury-Mérogisnach Lille-Séquedin verlegt worden war.

Im Gefängnis von Rouen hat sie zu diesem Zeitpunktzehn Tage im Bunker verbracht , weil sie von der Gefäng-nisverwaltung beschuldigt wurde, bei der Blockade desGefängnishofs anlässlich von Gewalt gegen eineGefangene 'Anführerin' gewesen zu sein soll. (siehe « Solidarité avec les prisonnières en lutte deRouen » auf http://grenoble.indymedia.org/index.php?page=article&id...=7201).

"Ich entscheide mich endlich zu schreiben, vier Monatenach dem Beginn meiner Untersuchungshaft, weil dieserriesige und gleichzeitig enge Käfig, der uns draußen wiedrinnen verfolgt, mich mit einer unermesslichen Abnei-gung erfüllt. Wie könnte ich nicht an die polizeiliche Jagddenken, die uns draußen hetzt und sich wie ein Gift ver-breitet, mit dem Ziel, die Widerstände zu brechen und dieSolidaritäten zu ersticken? Wie könnte ich diejenigen ver-gessen, die verfolgt werden, überwacht, festgenommen,kontrolliert? Wie könnte ich mein Wissen um eine Politikverdrängen, die ihre Legitimität auf das Gefühl derUnsicherheit und die Trennung der Subjekte untereinan-der stützt? Die Furcht vor Kriminalität und barbarischenHorden, mal spontan, mal organisiert, ist nötig für einenStaat, der seine repressive, polizeiliche, überwachendeStrategie rechtfertigen möchte, um seine Macht zu festi-gen. Die braven Bürger können ruhig schlafen, der Staatwacht und verurteilt kriminelle Pädophile, mörderischeTerroristen und blutrünstige Ganoven, die unsereWohnviertel unsicher machen. Die Gefahr lauert überall.Und die Worte, die die Angst schüren, sind mächtig.

In Wirklichkeit ist die Ökonomie der Angst ein sehr frucht-barer und gut funktionierender Markt. Überwachungska-meras und private Sicherheitsunternehmen breiten sichaus. Die neuen Technologien treiben die Möglichkeitenvon Sicherung und Überwachung weiter auf die Spitze. Inden Straßen und Bahnhöfen wimmelt es von Polizei. ÜberRecht und Unrecht wird mechanisch und hastig geurteilt.Alle möglichen Arten von Gefängnissen entstehen neuund füllen sich, sind überfüllt.

Alles scheint klar: Die Welt ist aufgeteilt zwischen den ehr-lichen Menschen auf der einen Seite und den Armen,Arbeitslosen, Sans-Papiers, Migrant_innen, Jugendlichen,Streikenden, Rechtlosen, Sozialhilfe-Betrüger_innen,

Hochstapler_innen, kleinen Gauner_innen des Schwarz-markts, Apfeldieben, Prostituierten, Depressiven, Alkoho-liker_innen, Drogenkonsument_innen, Faulen, Nicht-Sesshaften, Aufgeregten, die gegen die Regeln verstoßenund wiederständig sind, die sich nicht der Identifizierungund Datenspeicherung unterwerfen möchten, die Böllerund Rauchpulver anzünden, die Streit suchen, dieGenplfanzen zerstören, die sabotieren und die neugierigsubversive Texte lesen auf der anderen Seite.In einer Welt, die nur für die ehrlichen Menschen regiertund gedacht ist, kann keine Abweichung vom geradenWeg akzeptiert werden und ein Platz auf der richtigenSeite muss hart erkämpft und verdient werden. Arbeite eif-rig, zeige deinen Nachbarn an, erziehe deine Kinder imSinne der nationalen Identität, folge gehorsam denVorschriften der 'Partei'.

Existiert ein Bewusstsein von dieser zahmen undbeschränkten Welt? Ist es die traurige Ordnung der Dinge,die uns regiert? Wir sind nicht blind und machen bei die-sem Spiel nicht mit. Wir übernehmen nicht die Rollen vonVogelscheuchen. Wir lassen uns nicht zu Sündenböckenund nicht zu Martyrern machen. In einer Gesellschaft, inder es gut ist, zu schweigen und an seinem Platz zu blei-ben, kann Widerstand mit Schlagstöcken, Mauern,Stacheldraht und dem Ausschluss aus dem hegemonialenDiskurs bekämpft werden, aber er wird nicht besiegt.Ideen und kritisches Denken kennen keine Chefs undkeine Grenzen und die, die selbst denken, werden immerWege finden, aus dem engen Rahmen von Ausbeutungund Unterdrückung auszubrechen.

Vier Monate hatte ich Zeit, das Frauengefängnis vonFleury-Mérogis und die Frauenabteilung des Gefängnisvon Lille-Séquedin kennenzulernen. Bald werde ich auchdie Haftanstalt von Rouen kennen... Was kann ich überdiese unerwartete und abrupte Expedition sagen, die unsden Boden unter den Füßen weg und den Kopf aus denWolken zerrt, um uns in Bruchstücke unserer 'Selbst' zuzerlegen, in tausende Portionen von Zeit und Raum, Ortenund Realitäten und uns auf eine Schutthalde der verzerr-ten Bilder von diesem 'Selbst' reduziert? Was kann ichüber den Weg meines prekären Selbst zwischen Polizei,Rechtssystem und Gefängnis sagen?...

Jeder Schritt bringt mich tiefer in das Gewirr von Käfigen,die wie russische Puppen stumm ineinander stecken. Undjeder Schritt muss einer sein, der mich zu mir selbstzurückbringt, um die Teile wieder zusammenzusetzen unddie Gitterstäbe einzureißen, die innerhalb des Körpersweitergehen. Es wäre wahnsinnig, zuzulassen, dassmeine Straf- und Haftsituation zu meiner zweiten Hautwird! Unser Bewusstsein von der Paranoia des Staatsnicht ernstzunehmen ist selbstzerstörerisch.

Ich weiß nicht genau, wie der Einfluss und dieZuständigkeiten der verschiedenen gerichtlichen undstrafrechtlichen Instanzen zusammenspielen. Was sicherist, ist dass meine Verlegung nach Séquedin offiziellwegen Zeichnungen, die ich von meiner Zelle und demHof gemacht hatte, angeordnet wurde, weil sie angeblichdie Sicherheit der Anstalt gefährdeten (Vorwand). Dabeiist wohl der Traum vom Ausbruch das, was einen Menschin Gefangenschaft am ehesten aufrecht und wach halten

kann (nun gut, Gedanken in die Tat umzusetzen ist noch-mal eine andere Geschichte, die Realität ist komplex... !)Es sieht so aus, als würde meine Verlegung in denGroßraum Paris unter ähnlichen Vorwand verhindert: diesensible Problematik der 'besonders überwachtenGefangenen' (DPS). Nun, falls ich bis dahin nicht wiederdraußen bin, scheint es, dass ich im September nachFresnes (Großraum Paris) verlegt werden kann.Zwischenzeitlich ist Rouen die einzige Möglichkeit, die mirvorgeschlagen wurde, um näher an Paris zu sein. Demhabe ich zugestimmt, weil es für meine Freunde undmeine Familie vieles leichter macht. Aber ich weise weiter-hin entschieden darauf hin, wie prekär und illusorischmeine Rechte als Untersuchungsgefangene sind. DieUnschuldsvermutung scheint in keinerlei Widerspruchzum Wegsprerren unter besonderen Sicherheitsbedin-gungen wegen meiner angeblichen Gefährlichkeit zu ste-hen. Daraus folgen verstärkte Kontrolle und dieEntfernung und Isolierung von Freunden, Familie undAnwälten.

Um die Unsinnigkeit dieser Bedingungen zu verdeutli-chen, könnte ich zum Beispiel von den zweieinhalbStunden erzählen, die ich in einer Art Kaninchenkäfig ineinem Polizeitransporter verbracht habe, mit gefesseltenHänden, einigen wenigen Luftlöchern, fast ohneTageslicht, ohne Essen und Trinken, um dann im Gerichtin Paris anzukommen, einige Minuten mit meinem Anwaltzu sprechen, den ich wochenlang nicht mehr gesehenhatte, und schließlich mit höllischen Kopfschmerzen vomRichter befragt zu werden. Wohlwissend, dass derRückweg sich genauso gestalten würde. Das zeichnet einrecht genaues Bild davon, was unsere Rechte sind; unddas ist nicht neu und auch nicht unbekannt.

Wenn ich noch weiter aushole, kann ich sagen, dass esein großer Bruch war, ins Gefängnis zu kommen. Nachfünf Tagen angespanntem Albtraums in der Gewahrsam-nahme, unter dem Druck von schweren Beschuldigungen,die Ausmaße annahmen, an die ich niemals gedachthatte, hat das unendliche Warten angefangen. Wie lange?Nach zwei Monaten hatte ich ein gewisses Gleichgewichtwiedergefunden und habe angefangen, Bekanntschaftenzu machen. Dann wurde entschieden, mich nach dieserbestrafenden, rächenden Logik noch ein wenig fertig zumachen und ich habe mich in Lille-Séquedin wiedergefun-den. Das ist ein modernes Gefängnis, vor fünf Jahre ausdem Erdboden gestampft.

Das hieß ein weiteres Mal alle Anhaltspunkte zu verlieren.Ich kam in einer hochgradig gesicherten, glatten, saube-ren und eisigen Umgebung an. Lange, ausgeleuchteteGänge mit Kameras, ein winziger videoüberwachter Hof,mit Teerplatten ausgelegt und von einer doppelten RolleStacheldraht umgeben, eine Zelle mit Dusche, Fernseherund fünf Steckdosen (!)... Und um diesen toten Raum mitSchatten zu bevölkern, herrscht eine Rationalisierung undDisziplinierung aller Bewegungsabläufe, die dafür sorgt,dass das Leben auch aus den letzten Zufluchtsnischenvertrieben wird. Der Ort bringt bestens den Komfort unddie Sauberkeit unter dem Primat absoluter Ordnungzusammen.

Die Bewegungen werden auf ein Minimum reduziert und

sind strikten Regeln unterworfen (drei Runden Ausgangfür 150 Gefangene, begrenzte Aktivitäten in kleinenGruppen). Der Ausgang übersteigt nicht das vorgeschrie-bene Minimum von 1h15 pro halben Tag. Austausch undSolidarität unter den Gefangenen lassen sich (außer derHandel mit Tabletten) in dieser Atmosphäre der diffusen

Repression nur äußerst schwer verwirklichen, sogarPapier und Kugelschreiber sind beim Hofgang verboten.Auch die Möglichkeit, Kleidung waschen zu lassen, dientwohl als erstes dem unbedingten Aufrechterhaltung größt-möglicher Ordnung (damit keine Kleider aus den Fensterngehängt werden), um zu verhindern, dass die Gefangenensich in irgend einer Art den Raum, in dem sie überleben,'aneignen' und ihn anders nutzen könnten.

Übrigens ist die Wäscherei in diesem Gefängnis, das zumTeil von einem privaten Unternehmen (SIGES - eineFiliale von SODEXHO) geführt wird, der Hauptarbeits-bereich der gefangenen Frauen. Ich glaube, es werden1,5 Tonnen Wäsche pro Tag bearbeitet, die aus allenHaftanstalten der Region kommen. Die Männer arbeiten inder Küche, von der alle Gefängnisse der Gegend beliefertwerden. Die Gehälter liegen unter 200 € pro Monat füreine volle Stelle bei den Frauen und bei 100 € mehr beiden Männern.

Seit der Neueröffnung des Jugendgefängnisses inQuièvrechain ist die Abteilung für Minderjährige geschlos-sen worden. Der Bereich befindet sich gerade im Umbauund soll zu einem Hochsicherheitstrakt ausgebaut wer-den. So geht der Sicherheitswahn stumpf weiter: eine wei-tere Reihe Stacheldraht ist an der Gefängnismauer ange-bracht worden, die unterirdischen Abwasserrohre sindvergittert worden usw... Ich vergleiche die befriedeteLeere, die hier herrscht mit der Atmosphäre im Gefängnisin Fleury, das seine Geschichte, seine Kämpfe, seineVeränderungen und seine Errungenschaften hat. In denalten Gefängnissen sind gewisse Momente vonBegegnung noch möglich: es gibt noch Gemeinschafts-duschen, morgens wird warmes Wasser verteilt und sonn-tags kann der Hofgang drei Stunden dauern, in denenauch gepicknickt werden kann. Und niemals würde eseine Schließerin wagen, den Hof zu betreten.

In Séquedin sind Isolation und Auslöschung am Werk.Selten schlagen Frauen gleichzeitig gegen ihre Zellen-türen, um gemeinsam Lärm zu machen. Aber ich hoffe,dass es sich im Frauentrakt in Zukunft bewegt, dass dieResignation verweigert wird und dass neue Rechte undFreiheiten erkämpft werden, hier und anderswo. Um

schließlich alle Anstalten, die demWegsperren von Menschen dienen, zumErliegen zu bringen. Zur Stunde warte ichweiter, aber mit wachsender Zuversichtund größerem Wissen über dieMechanismen, die uns verwalten sollen.Der Kampf geht weiter!"

// Brief von Isa* und Farid* aus den Gaefängnissen von Lille Séquedin und Meaux, Mai 2008

Zu Beginn ging alles sehr schnell. Wir waren zu zweit imAuto als wir vom Zoll in Vierzon kontrolliert wurden. Beieiner Durchsuchung wurden in einer Tasche Anleitungenzur Sabotage und zur Herstellung von explosiven Stoffen,ein Plan von einem neuen Jugendgefängnis, der auch imInternet zu haben ist, und eine kleine Menge vonNatronchlorat gefunden. Die Zusammenstellung derDinge trägt sicher erheblich zu ihrem subversiven Gehaltbei... vor allem, weil Farid* der Polizei wegen seinem poli-tischen Engegement gegen Gefängnisse und in denKämpfen der Menschen ohne Papiere und ohneWohnraum bekannt war. Isa* hingegen war der Polizeieine Unbekannte.

Die Ermittlungen wurden sofort von der Antiterrorismus-Abteilung in Paris übernommen. Mehrere Hausdurchsu-chungen haben nichts ergeben, außer dass mehrereKnallkörper, Flyer und politische Veröffentlichungenbeschlagnahmt wurden, die angeblich die Idee eines ter-roristischen Projekts nachweisen sollen. SolcheKurzschlüsse können wir nur zurückweisen.

Wie kann jemand wegen einer Sache angeklagt werden,die er nicht getan hat und die nicht getan wurde? AufVerdacht hin und auf der Grundlage von Dokumenten, diean sich nichts beweisen? Es ist einzig die politischeDimension, die hier als Bedrohung gewertet wird. Heißtdas, dass jede Revolte ein Verbrechen ist, das sich jede_rDemonstrant_in, jeder freie und engagierte Mensch schul-dig macht?

Unsere Ingewahrsamnahme wurde auf 96 Stunden ver-längert und nach 72 Stunden konnten wir erst mit unseremAnwalt sprechen. DNAProben wurden gegen unserenWillen genommen und Isas* DNA soll im letzten Frühlingauf einem "brandstiftenden Gerät" vor dem Polizeipräsidi-um des 18.Arrondissements in Paris gefunden wordensein. Bis jetzt hatten die Ermittlungen nichts ergeben. Isa*

weist jede Verbindung zu diesem Fall zurück. So ist dieDNAEntnahme ein sehr umstrittenes Mittel: im Zuge sol-cher und ähnlicher Ermittlungen dient sie immer zurAnklage von Personen, die verdächtigt werden, und diePseudoobjektivität der Wissenschaftlichkeit soll jeglicheInfragestellung dieses Vorgehens verhindern.

Wir gehören beide keiner politischen Gruppe an, sondernsind welche von denen, die ihr sicherlich schon aufDemonstrationen, Kundgebungen, öffentlichen Treffen,Solikonzerten, Filmvorführungen, Diskussionsveranstal-tungen... getroffen habt: Teil der sozialen Kämpfe und ver-bunden in einer kollektiven Bewegung.

Vielleicht habt ihr in der Presse von den "AnarchoAutonomen" gelesen. Sobald die Unzufriedenheit und dieWut mit mehr und mehr Überzeugung auf die Straßegetragen wird, verlautbart der Staat, dass es radikale,extremistische oder von Gewalt verblendete und faszinier-te Gruppen sind, die den Ton angeben und manipulieren.Diese Konstruktion hat ein Ziel: sie zeigt, dassman sich in acht nehmen muss, sie zeigt die Grenze an,die nicht überschritten werden darf, die bedrohlicheIllegalität, Repression, Kriminalisierung... Insgesamt han-delt es sich um eine Strategie, die die zum Schweigenbringen soll, die sich für ihre Ideen einsetzen, die gegenUnterdrückung und für Freiheit kämpfen... Wir wurden indiese Kategorie einsortiert, ohne dass wir sie uns ausgsucht hätten... Es handelt sich um einen unscharfenBegriff, hinter dem sich angeblich organisierte terroristi-sche Gruppen verbergen, die "durch Einschüchterung undTerror" Schaden zufügen wollen. So sind wir zu einerfurchtbaren Bedrohung für den Staat geworden... damitdas glaubwürdig ist, wird die nächstbeste zur Terroristingemacht, und zwar mit allen Mitteln der Rhetorik.

So wurden wir im Gefängnis unter besonderenBedingungen in der Kategorie "besonders bewachterGefangener" oder "RisikoGefangener" (letztere Kategorieist nur in der Haftanstalt von FleuryMérogis geläufig)inhaftiert. Wir können sagen, dass uns so die Tragweiteund die Folgen der Paranoia von Seite der Macht erstdeutlich wurden. Wir sind einer intensivierten Überwa-chung ausgesetzt. Ohne dass wir verurteilt wurden, sehenwir uns einer politisch motivierten Verbissenheit gegen-über, die eine Motivation hat: durch uns soll die Existenzeines ultra gefährlichen terrorostischen Netzwerkesgezeigt werden. Ist diese Zuschreibung erstmal erfolgt,sind alle Vereinfachungen erlaubt, alles muss aus dieserPerspektive interpretiert werden, alle Elemente müssenso gelesen werden, dass sie diese Konstruktion stützen.Das ist besonders beunruhigend und irre. In den vierMonaten der Untersuchungshaft haben wir zu spürenbekommen, wie der Staat auf diejenigen, die sich nichtruhig halten wollen, mit zerstörerischer Rache undBestrafung reagiert; wie er seine Autorität zum Beispieldurch ständige und willkürliche Verlegung in andere, weitentfernte Haftanstalten spielen lässt und so eine wirklicheVerteidigung sehr erschwert. Vor kurzem haben wirerfahren, dass die Ermittlungen in unserem Fall mit denenvon "Créteil" (die Anklage gegen Ivan und Bruno) zusam-mengelegt wurden: die Ermittlungen gegen die"AnarchoAutonomen"...

Wir wollen nicht Spielball der Machtinteressen von politi-schen und repressiven Institutionen sein:Lasst uns gemeinsam verhindern, dass der Staat uns die

Orte der Auseinandersetzung nimmt!

Isa* und Farid*, aus den Gefängnissen von Lille Séquedinund Meaux, Mai 2008

* Namen geändert

// WARUM ICH ABGEHAUEN BIN.Offener Brief Nummer 1, 5.Juli 2008

Bruno schickt einen offenen Brief an IndymediaFrankreich, indem er verkündet, dass er sich nicht mehran die Meldepflicht halten und in die Illegalität abtauchenwird.

An alle Kamarad_innen, Freund_innen und alle, die vonNahem und aus der Fernen unsere Geschichte mitverfolgthaben.

Ich bin im Januar festgenommen worden und nach vierein halb Monaten im Gefängnis, in denen ich um bessereHaftbedingungen gekämpft habe, bin ich jetzt unter stren-gen Auflagen draußen.

Diese Auflagen sind eine Art individualisiertes Regelwerk,in dem festgeschrieben ist, was du machen darfst undwas nicht. Ich durfte die Gegend von Belfort und dasDepartement Haute-Sâone (Ostfrankreich) nicht verlas-sen, weil mein Vater dort wohnt und mir das als Wohnortvorgeschrieben wurde. Theoretisch durfte ich nur zurArbeitssuche und -verrichtung das Haus überhaupt ver-lassen, und für die Erfordernisse der polizeilichenUntersuchungen. Die Idee dahinter ist eine verstärktesoziale Kontrolle und der absolute Zugriff der Polizei undder Justiz auf mich, auf meinem Körper. Zum Beispielmusste ich mich jede Woche bei der örtlichenPolizeiwache blicken lassen und zweimal im Monat einenBullen vom Integrationsdienst des Strafvollzugs treffen,der die Verbindung zum ermittelnden Richter hält. Sogesehen sind die Dinge einfach: du verhälst dich tadellos,man sucht dir einen Platz und dort bleibst du oder aber dugehst zurück ins Gefängnis. Und vor allem: Da gibts nichtszu spaßen. Während des Monats unter richterlicher Aufsicht hatte ichdas ungute Gefühl, weit weg von allen Orten der sozialenund politischen Kämpfe zu sein und meinem eigenen Todals politisches Subjekt beizuwohnen. Die Spielregeln zu akzeptieren bedeutete, mich zu unter-geben, meine Wut zu verleugnen, selbst wenn wir manch-mal denken, dass es möglich ist, sich zu sagen "ich spie-le das Spiel eine Zeit lang, bis es wieder ruhiger wird" oder"ich gebe vor, ihr Spiel zu spielen". Ich habe mich also jeg-licher Entscheidung enthoben gefühlt: wie ich dieKonfrontation mit dem Existierenden suchen möchte, wieich für eine radikale Veränderung der Räume, in denen wirleben, und gegen die kapitalistische Regulierung unsererLeben, kämpfen möchte.Meine Geste drückt einfach meine Revolte gegen das,

was mir aufgezwungen will, aus. Ich besitze nichts außermein eigenes Leben und so konnte ich mich entwederklein kriegen lassen und alles, was ich bis jetzt gemachthabe, aufgeben oder aber kämpfen, die vorgeschriebeneSituation nicht akzeptieren und die Räume nehmen, diemir offen stehen.

Als Spielraum blieb mir also nur die Illegalität, dieKlandestinität und die Flucht. Zuerst, um ein wenigDistanz zwischen die Bullen und mich zu bringen. Unddann, um es zu wagen in der Gegenwart zu leben, ohneReue.

Ich weiß, dass dieser Weg hart ist, dass einen dasGefängnis oft einholt, dass die Krallen der Repression dieeinfangen, die in der Illegalität kämpfen. Aber ich weißauch, dass einige Stunden der köstlichen Freiheit, die ichder Unterdrückung abtrotze, mehr zählen als alle Zeit, inder mir die Luft zum Atmen in kleinen Portionen aus derHand der Herrschenden verabreicht wird.

Ich möchte mich nicht beherrschen und mir vorschreibenlassen, was richtig und was falsch ist. Dabei ist es unwich-tig, wie über mich gedacht wird. Ich möchte in ständigerAuflehung gegen die Unterdrückung leben. Und von die-ser Position aus möchte ich Beziehungen aufbauen, diekollektives Handeln ermöglichen, weil das Politik ist: sichdarüber verständigen, was wir wollen und dementspre-chend handeln. Der Ausgangspunkt sind die Probleme,die wir haben, und wir handeln, ohne auf den Chef zu war-ten, der uns sagt, ob er einverstanden ist oder nicht.

Unterzutauchen heißt, mich wieder denen anzuschließen,die kämpfen und deutlich zu machen, dass ich kein regier-barer Körper bin. Das heißt, dass ich mit der Kritik anUnterdrückung und an der Macht des Kapitalismus nochnicht abgeschlossen habe, dass ich noch nicht aufhöre,unter den Hunderten und Tausenden zu sein, die sich inihren jeweiligen Kontexten gegen die Verrücktheit unsererZeit auflehnen. Ich habe es nicht aufgegeben zu denken,dass sich die Freiheit in den Kämpfen für die täglicheAneignung unserer Leben findet.

Ich denke an alle, die ihre Solidarität den Freunden imGefängnis zeigen. Besonders denke ich an alle, die weiterim Gefängnis sind: Kraft, Mut und Entschlossenheit.Für alle, die die Zerstörung unserer Leben gegen Geld,Status oder sonst was eintauschen, habe ich nur tiefeVerachtung übrig. Ich möchte euch nicht wiedersehen.

Aus der Klandestinität.Feuer und Flamme allen Gefängnissen. Feuer undFlamme dem Kapitalismus.

Bruno

// Damien ist draußen!

Letzte Nachricht:

Nach siebeneinhalb Monaten Haft im Knast von Villepinteist Damien jetzt unter Meldeauflagen draußen. DieErmittlungskammer hat die Entscheidung über dieFreilassung der Richterin entgegen der Forderung derStaatsanwaltschaft bestätigt. Juan ist immer noch imKnast von Bois-d'Arcy und wartet auf die Antwort seinesAntrages auf Freilassung. Farid ist im Knast von La Santéfür Nicht-Erfüllung seiner Meldepflicht. Unser Kampf sieaus dem Knast, Instrument der Isolierung, rauszuholen,gegen diese ausbeuterische Welt und gegen Kontrollegeht weiter. Wir geben nicht auf.

Gegen jedes EinsperrenFreiheit für Farid, Juan und alle anderen

// Brief von Farid – Wieder im Knast, weil er seiner Meldepflicht nicht nach gekommen ist

Ich bin einer der Angeklagten im Anti-Terrorverfahrengegen die MAAF. Von Januar bis Mai 2008 saß ich für vierMonate in Untersuchungshaft, nachdem ich mit Isa festge-nommen und in unserem Auto Natriumchlorat undBaupläne des Jugendgefängnisses von Porcheville undSabotageanleitungen gefunden wurden. Zu dem selben

Verfahren - also dem politischen und juristischenKonstrukt - gehört auch der Fall von Ivan und Bruno, diemit selbstgemachtem Rauchpulver auf dem Weg zumAbschiebeknast von Vincennes waren und zudem wegenversuchter Brandstiftung an einem Abschleppwagen derPolizei beschuldigt werden. Hierfür saß Isa für mehr alsein Jahr in Untersuchungshaft, Juan sitzt schon fast zehnMonate im Knast von Bois-d'Arcy, Damien wurde nachsieben Monaten Knast in Villepinte nun rausgelassen undist meldepflichtig.

Nach zehn Monate in „U-Freiheit“ ließ mich die Richterinnoch einmal am 11.März verhaften weil ich dieMeldeauflagen eigenmächtig gebrochen habe. In einemBericht der Anti-Terroreinheit der Brigade Criminelle(Anm.d.Ü.: wie LKA) steht, dass ich auf zweiDemonstrationen in Solidarität mit „Isa und allenGefangenen“ im Januar 2009 mit Ivan gesprochen habe.Die Quelle dieses Polizeiberichts ist unklar, es gibt keineFotos davon und alle Rechtfertigungen haben nichtsgenutzt. In einer Welt in der die Bullen und die Justiz diebeiden Seiten ein und der Selben Maschinerie derUnterdrückung sind ist das keine Überraschung. Das istauch der Grund warum Ivan beschlossen hat nicht derVorladung zum Gericht zu folgen, die stark nach Knastgerochen hat. Ich wünsche ihm viel Erfolg bei seinem jet-zigen Ausflug. Ich klopfe auf Holz, dass ihm nicht mittenauf der Straße ein Scherge begegnen wird. Für mich,ohne darüber nachzudenken, ob es eine gute oderschlechte Entscheidung ist habe ich einfach beschlossender neuen Zerreißprobe zu trotzen um immer noch denKampf fortzuführen und keine Zugeständnisse zumachen. Ich bin dieser Vorladung im Bewusstsein diesesGefühls gefolgt. Vor mir habe ich den Anti-Terror-Ermittlungsrichter Edmont Brunaud und einen Berg vollHeuchelei, der jene vortrefflich ziert, die in der heutigenZeit die schwere Aufgabe haben die Illusion einerDemokratie aufrecht zu erhalten. In dem Moment in demer mich in den Knast geschickt hat meinte er, „er hättekeine andere Wahl“. Wollte er über den Druck sprechen,den die Anti-Terror-Staatsanwältin auf ihn ausübt, weit ent-fernt von dem Märchen der Unabhängigkeit desErmittlungsrichters? Wer weiß? Aber er gibt dieVerantwortung dem Ermittlungs-/Haft-/Entlassungsrichters der Jean Michel Maton (Matonbedeutet Schließer!). Alles gute hat einmal sein Ende undsomit hat er sich sehr schnell für weitere U-Haft gegenmich entschieden.

Herr Maton schreibt trotzdem ein langes Papier in wel-chem er noch einmal davon spricht, dass Ivan und ich ander Demo am 15.01 vor dem Gericht und derKnastverwaltung teilgenommen haben (danach wären wirangeblich mit anderen Leuten in ein Café gegangen –jedoch nicht um Witze über Sex zu machen oder Kartenzu spielen – nein, die Polizei weiß, dass es sich hierbeinatürlich um einen Treffpunkt der „MAAF“ handelt) undauch auf der Demo am 18.01 vor dem FrauenknastVersailles. Gleich danach schreibt er, dass es natürlichnicht verboten sei zu demonstrieren...jedoch nicht zuzweit! Bei zwei angeblichen Terroristen, die es sich erlau-ben zusammen „Knäste zu Baulücken“ zu schreien sindwir wohl nicht weit von einem Landfriedensbruch entfernt.

Wahrscheinlich wollten sie nach vier Monaten U-Haft aufGrund Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung mitterroristischer Zielsetzung, dass wir Angst bekommen undunsere Kämpfe, die wir vor dieser staatlichen Offensivegegen uns geführt haben, aufgeben also unseren Kampffür die Freiheit aller und gegen jegliches Eingesperrtsein.Das war nicht der Fall. Als wir im Knast waren angesichtsder juristischen Logik des Einsperrens von Ärmeren undAusländern, angesichts der Knastrealität derUnterdrückung und Vernichtung sind unsere Ideen undWut noch stärker nach draußen gekommen. Genau dafür,dass wir aufrecht geblieben sind und die Isoliertheit abge-lehnt haben, die uns versprochen wurde dass die Richterentschieden haben uns zu „bestrafen“ uns zurückzuschik-ken hinter die hohen Mauern. [Übrigens wird mir in diesemPapier angelastet, dass ich es mehrere Male gewagthaben soll Veränderungen in meinen Meldeauflagengefordert zu haben, das zeigt was die Meldepflicht wirklichist: Eine „Freiheit“ unter Beobachtung von Bullen, Richternund Solzialarbeitern – vorausgesetzt Du hältst die Klappe.

Jetzt im Knast bin ich der Meinung, dass das was mirwiderfahren ist nicht weit von einem Schicksal entferntliegt, dass für die Massen Bestimmt ist, fürWiderspenstige und Verkehrsopfer des Diktats derAusbeutung eingetragen im Vorstrafenregister undVerbüßer_innen von Mindeststrafen die immer mehrMenschen in den Knast schicken. Alle Kämpfe, die hiermöglich sein werden werde ich durchführen – mit Wut undFrieden. Bezüglich der sozialen Situation „draußen“ kön-nen sie uns zwar einsperren aber nicht die Wut und dieRevolte gegen die Ordnung der Dinge verhindern, denndiese wächst immer weiter...und die, die nachts demon-strieren werden weitermachen...und noch mehr!

Generalaufstand!Freiheit für alle Gefangenen!

*Spitznamen

// Brief von Farid aus dem Knast La Santé März 2009

Hallo an alle Freund_innen, Genoss_innen,Mitstreiter_innen und alle Gefangenen

Ich bin im Trakt A in La Santé inhaftiert. Der letzte nochgeöffnete Trakt in diesem Knast. In einer Zelle, genanntDPS (Gefangener unter besonderer Beobachtung – vonder Knastverwaltung so betitelt), die nur so genannt wird,weil sie eine Einzelzelle ist. Übrigens ist die Größe aucheine besondere, sie hat weniger als fünf Quadratmeter!(Ich kann beide Wände nur durch Ausstrecken der Armeberühren und ich bin nicht breit gebaut) Die anderenZellen sind für drei Hochbetten bis zur Decke gebaut undimmer üblicher werden vier pro Zelle. Sie sind völlig über-füllt wie überall...Jede_r sagt, dass der Sommer heißwird...mal sehen. Selbst die „Doktor Mengele“ der UCSA(Gesundheitsversorgung der Haftanstalt) sind für dieSchließung dieses Knasts. Wahrschenlich auch weil esein Staatsprojekt war. Aber die vorherrschende Politik desStrafens ist für 700 Gefangene verantwortlich und wenn

man sieht wie oft die Wände neu gestrichen werden undsie damit nicht aufhören sieht es nicht so aus, als ob sieden Knast bald schließen werden. Wenigstens gibt esnoch die Freude auf dem Weg zu den Besuchsterminendie anderen drei Trakte leer zu sehen da sie völlig runtergekommen sind. Wie schön ist ein verlassener und ver-wahrloster Knast! Ich hätte fast verfallen gesagtaber das ist eigentlich der Fall bei vielen alten Knästen.Die Duschen mit dem Schimmel, der von der Decke fällt –das muss mensch einmal in ihrem/seinem Leben gesehenhaben. Übrigens ist das auch der Ort an dem vieleGefangenen Krankheiten wie Hepatitis bekommen. Wennich das zu den „Dr. Mengelen“ sage antworten sie „danndusche doch einfach nicht“. Das ist der Humor desKnasts, der auf die Ärzte abfärbt. Eigentlich wird dieDusche nach einer Verstopfung im letzten Jahres jetzt täg-lich geputzt. Trotz dessen und einem ultra-modern-desin-fizierten Knast sind die Haftbedingungen immer noch einezusätzliche Strafe.

Für alles muss man Kämpfen. Die letzte Blockadewar...für die Möglichkeit Eier im Kiosk kaufen zu kön-nen...ein siegreicher Kampf! Aber vor einem Monat wollteder Knast die Preise für alle Waren, die im Kiosk erhältlichsind, um 10% erhöhen. Hieran kann mensch sehen, dassdie Krise nicht nur für Banken gut ist. Mehrere Männerhaben Beschwerdebriefe geschrieben woraufhin dieErhöhung nur um 5% stattfand...Wann werden wirAktionen für die Kaufkraft von Gefangenen machen?Zurück zum Thema der Realität drinnen. Beim Hofgangsind wir immer nicht viele, da der Knast die Gefangenen inStockwerke, Arbeiter/Nicht-Arbeiter trennt. Manchmalsprechen wir über die, die von Pillen abhängig gewordensind und jetzt in einem psychiatrischen Trakt des Knastessitzen – also dem Knast im Knast. Übrigens hat der „Dr.Mengele“ des Knastes hier, als ich ein Treffen mit einemPsychologen verweigert habe, folgendes gesagt: „Aah,das ist besser so. Wenn man so anfängt...danach kom-men die Pillen...(wie als ob er zu sich selbstspricht)...Nein, sie verdienen das nicht, sie sind zu Knastverurteilt – aber dafür? Nein, dafür nicht...“ Was für einschizophrener Typ!

Wir sprechen auch über Christophe Khider, der jetztneben uns ist (vorher im Bunker, jetzt im Iso-Trakt) undOmar Top-el-Hadj, die „manche“ Leute kennen (wegen

ihrer vielfach geglückten Ausbruchsunternehmungen).Aber wir sprechen auch darüber dass ihnen die Schweinehier viele Probleme machen werden. Aber wir sagen unsauch, dass Christope und Omar recht hatten, es leider nurzu kurz gehalten hat (Anm.d.Ü.: die Flucht)!

Ansonsten sitzt die Mehrheit der Gefangenen hier wegen„gar nichts“ wie man hier sagt, d.h. Fahren ohneFührerschein, kleine Drogendelikte oder kleineDiebstähle... . Es gibt auch eine beachtliche Zahl an ost-europäischen Gefangenen von denen einige nachFrankreich ausgeliefert wurden – Europa funktioniert!Einer der Sans-Papiers, der letzten Monat rausgekommenist war der Brandstiftung im Abschiebeknast vonVincennes angeklagt (Er hat die Videoaufnahmen abge-stritten und die Bullen haben ihn nicht wiedererkannt).

So, das ist alles. Ich hoffe, dass der Generalstreik, unbe-grenzt und wild bald sein wird und dass ich euch dortschnellst möglich wieder finden werde.

Kraft und Entschlossenheit und...Immernoch gegen die Knäste!

Farid

// Offener Brief an alle, die die Angeklagten vom 11. November unterstützen?

verfasst von Benjamin, einem der Beschuldigten nach denRazzien vom 11. November, nach seiner Freilassung

Hallo zusammenNach drei Wochen durchatmen, nach-denken und intensivem Lesen von allem, was zu diesemFall geschrieben wurde, während wir im Knast waren,nehme ich nun diesen Brief in Angriff. Denn vor etwasmehr als drei Wochen bin ich ein wenig verstört aus demKnast von Fresnes entlassen worden. Angesichts einer sowohl inszenierten Operation hatte ich schon gar nichtmehr erwartet, so bald frei zu kommen.

Natürlich war es eine riesige Erleichterung, wieder draus-sen zu sein; der Knast wird so schnell zum Alltag, dassman fürchtet, sein ganzes Leben hinter Mauern und t derpolizeilichen Vorgehens-weise vor Augen. Zwar wurdendurchaus Anstrengungen unternommen, die fadeAngelegenheit ein wenig aufzupeppen: „klandestinerAussteigerzirkel”, ein ”unangefochtener Chef”, sein “rech-ter Arm”, seine “Gefolgsmänner”, “freundschaftlicheBeziehungen”, die im Dorf „rein strategisch” unterhaltenwurden. Doch nichts zu machen, die Menschen in Tarnacglauben nicht an das, was im Fernsehen gezeigt wird,sondern an das, was sie in den letzten Jahren erlebethaben.

Ist die Frage der Beteiligung an den Sabotageakten aufdie SNCF für jeden einzelnen einmal geklärt, bleibt dieAnklage der “kriminellen Vereinigung mit terroristischerZielsetzung”. Dies ist im Übrigen bei den meisten von uns

die einzige Anklage, die auf uns lastet, so auch bei mir.Diese Anklage beruht auf einem Bündel wild zusammen-gewürfelter Informationen und Hypothesen, die vomGeheimdienst zusammengetragen wurden, und nur einefantasieentflammte Polizeiprosa vermag sie auf eine solcheinseitige Art zu verknüpfen. FreundschaftlicheVerbindungen, jede auf ihre Art politisch, werden umge-hend und ohne den geringsten Zweifel als Zugehörigkei-ten zu einem organisierten, sprich hierarchischen Zirkelausgelegt. Aus einigen Zusammenkünften, derAnwesenheit von einigen von uns an Demonstrationenund der Teilhabe von anderen an sozialen Bewegungender letzten Jahre werden die Konturen einer identifizierba-ren und als “Zelle” isolierbaren Gruppe geformt. Dies ent-spricht nicht der Wahrheit und ist in einiger Hinsicht wider-sprüchlich zu dem , was wir auf unterschiedliche Art imLaufe der letzten Jahre mitgetragen haben .

Die Anklage der “Vereinigung” erlaubt es, mit einem einzi-gen Schlag die gesamte Existenz der anvisiertenMenschen ins Verfahren einzubeziehen. Alles kann zumIndiz werden: Lektüre, gesprochene Sprachen,Fertigkeiten, Bekanntschaften im Ausland, Mobilität,Absenz von Handys, Bruch mit seinem beruflichen oderprivaten “Karriereplan”, Liebesleben usw.

Der Rückgriff auf die Antiterrorparagraphen ist letztendlichnichts anderes als ein Zeichen der Aggressivität, die jederMacht , die sich von allen Seiten bedroht fühlt, eigen ist.Es geht nicht so sehr darum, sich deswegen zu empören.Es geht viel mehr darum, sich nicht oder nicht mehr vonder Vorgehensweise der politischen Polizei täuschen zulassen. Es ist nur der Versuch der Machthaber‚ ihre eige-ne Paranoia, die vielleicht gar nicht ganz aus der Luftgegriffen ist, dem “Sozialkörper” einzuschreiben.

Rund um diesen Fall wird viel vom Essay „L’insurrectionqui vient” gesprochen, und alle sind ganz wild darauf auf-zudecken, WER hinter dem “comité invisible” steckt.Diese Frage ist nur aus einer rein polizeilichen Sichtweiseheraus interessant. Die Entscheidung, anonym zu blei-ben, ist meiner Meinung nach nicht als Paranoia derAutoren zu verstehen (obwohl sich eine solche Paranoiaheute hundertfach bestätigt sehen würde), sondern alsBeharren auf einer essentiell kollektiven Stimme. Nicht dieStimme eines Autorenkollektivs, das man wieder in dieEinzelteile zerlegen könnte, sondern als Stimme, die einerganzen Bewegung angehört, wo die Gedanken nicht mehreinem einzelnen als Autor zugeschrieben werden können.

Dieses Buch ruft viele Meinungsverschiedenheiten undviel Missbilligung hervor, auch unter uns, die wir durchausden Versuch unternommen haben, es zu lesen und zuverstehen. Mir scheint, dies ist genau der Zweck von poli-tischen Schriften: das, was diskutiert werden soll, unver-züglich in den Mittelpunkt stellen, es unumgänglichmachen – auch auf die Gefahr hin, sehr direkt und viel-leicht auch undifferenziert zu sein.

Alle, die behaupten zu wissen, wer der Autor diesesBuches ist, lügen schlicht weg oder halten ihreHypothesen für die Realität.

Die Lektüre dieses Buches wirft oft, insbesondere bei der

Polizei und bei Kriminologen, die Frage der “Radikalität”auf. Diese “Radikalität” wird uns als Charakterzug zuge-schrieben, und darauf beruht die Anklage, auch wenn dasnatürlich nicht so dargestellt wird. Ich fühle mich nichtbesonders radikal, im Sinne einer Bereitschaft, dieGedanken und die Handlungen in Einklang zu bringen(was leider seit langem niemand mehr macht). Hingegenist die aktuelle Situation radikal, und sie spitzt sich immermehr zu. Sie bringt diffuse, sich radikalisierendeBewegungen hervor, die nicht auf einige wie auch immergeartete Politgrüppchen angewiesen sind. Jeden Tag, beimeiner Tätigkeit im Laden und im Bistro, und nicht zuletztim Knast, diskutiere ich, höre ich zu, was gesagt, gedacht,gefühlt wird, und manchmal fühle ich mich eher moderatangesichts der Wut, die überall entflammt. Die Angst derRegierung, die soziale Situation könnte ausser Kontrollegeraten, ist zweifellos nicht unberechtigt, doch wir werdenihrer präventiven Schreckenskampagne nicht zuträglichsein, denn der Wind dreht bereits. Er kommt vomMittelmeer.

Es gäbe noch so viel zu sagen, Zweifel zu zerstreuen,Manipulationen zu vereiteln, doch all das ist erst einAnfang. Meine Position ist im Einklang mit denUnterstützungskomitees, die hier und dort entstehen:Abschaffung der “Antiterrorparagraphen” („entreprise ter-roriste” und “association de malfaiteurs”), sofortigeFreilassung von Julien und Yldune und allen, die mittelsdieser Paragraphen festgehalten werden, mal als Anfang...Es komme der Moment, wo die Rechnung beglichenwird für das, was man uns angetan hat, aber auch für das,was nur eine zusätzliche Provokation ist, gerichtet an alle,die sich nicht mit dem aktuellen Desaster abfinden.

Benjamin Januar 2009

// Offener Brief der Eltern von Bertrand, Mathieu, Elsa, Aria und Yildune

Wenn alle Medien zusammen in gemeinsamer Kakopho-nie eine handvoll junger Menschen, die gerade imGefängnis schmachten, zum Objekt ihrer Lügen werdenlassen, ist es sehr schwer den richtigen Ton zu treffen umden Rabatz zu beenden und ein wenig Wahrheit einklin-gen zu lassen.

Viele Journalisten haben sich geradezu verbogen, um dieStellungnahmen von der Innenminsterin zu bestätigen,sogar bereits zu dem Zeitpunkt, wo die Razzien nochstattgefunden haben. Die Verhafteten wurden deshalb vonBeginn an schuldig erklärt.

Niemand konnte sich der effekthascherischen Reality-Polizeishow der letzten zwei Wochen entziehen, wobei dieKinder in die Hauptrollen gezwungen wurden. Der seeli-sche Schmerz, die Angst und Tränen haben uns herunter-gerissen, dieser Zustand hält immer noch an. Aber das,was uns am meisten verletzt hat, uns am meisten zerstör-te, ist die ausgebrochene Flut der Lügen.

Heute waren es unsere Kinder, morgen könnten es euresein. Wir sind immer noch fassungslos, aber wir sind nichtlänger gelähmt. Die folgenden Fakten sind ein Versuchzurück zur Wahrheit zu finden und die öffentlicheVorverurteilung verstummen zu lassen.

Unsere Kinder kamen offensichtlich in den Genuss einerSonderbehandlung, 108 Stunden in Dunkelheit einge-sperrt, einige ohne jegliche Anklage. Um das zu rechtfer-tigen wurde uns erzählt, dass es sich um um ganz seltsa-me, sonderbare Menschen handelt, die man nicht an jederStraßenecke findet. Gleichzeitig wurden uns deutlich,dass sie doch ganz normale Menschen sind, mitMeinungen und Positionen, die du überall finden kannst. Die Polizei warf unseren Kindern vor sich zu organisieren.Sie sollen sich gemeinsam lokal für ihre grundlegendenBedürfnisse eingesetzt haben, ein dörflichesLebensmittelgeschäft, das geschlossen wurde wiedereröffnet und aufgegebenes Land kultiviert und dieEssensverteilung an alte Leute organisiert haben. Ist esschlecht sich für Grundbedürfnisse zu organisieren? Hier,in Zeiten der Krise? Unsere Kinder wurden als Radikaleeingeordnet. Im Wörterbuch steht Radikal für: ein Problembei den Wurzeln anpacken.. In Tarnak bauten unsereKinder Möhren an- ohne Chefs oder Führungskräfte. Weilsie bblauäugig der Überzeugung sind, dass Leben,Intelligenz und Entscheidungen freudvoller sind, wenn siegemeinschaftlich getroffen werden.

Das Innenministerin ließ uns wissen, dass ein einfachesLesen des Buches „ „L´insurrection qui vient, (der kom-mende Aufstand) verfasst von dem „comite invisible“ (dasunsichtbare Komitee) einem schon zum Terroristenmacht. Dadurch, dass sie das Buch öffentlich in denMedien bespricht, riskiert sie bald 25000 mehr von ihnenauf ihrem Hoheitsgebiet. Für all die Menschen, die sichdie Zeit nehmen, dass Werk zu lesen ist das Buch kein“Terroristischer Katechismus“, sondern ein politischesEssay mit dem Versuch neue Perspektiven zu entwickelund gemäß Nouvel Observateur und Libération eines derbestverkauftesten sozialswissenschaftlichen Bücher desJahres.

Unsere Kinder werden beschudligt an einerDemonstration am 3. November in Vichy teilgenommen zuhaben. Einige unter uns sind die Kinder, die Enkel vondenen, die durch das Vichy Regime deportiert wurden.Dass unsere Kinder sich entschieden haben auf dieseDemonstration zu gehen und sich körperlich demImmigrationsgipfel entgegengestellt haben in einer Stadtvoll solcher Symbolik, füllt uns mit Stolz, aber auchHoffnung und Mut.

Kehren wir zu zurück zu den Verdächtigungen gegenunsere Kinder. Entgegen dem, was behauptet wurde ter-rorisiert die Sabotage von Schienen nicht die Bevölkerungoder bringt Menschen in Gefahr. Sie führt nur dazu, dassdie Bevölkerung Zeit verliert oder totschlägt. Was dieRegierung terrorisierte war nicht, dass sie an die tausendZugtickets erstatten musste, sondern das eine politischeIdee, die auch eine Aktionsidee war, sich ständig weiter-verbreitet. Sabotage war niemals Mittel des Terrors, standaber immer für sozialen Wandel. Es gab eine Zeit als die

CGT (Französische größte Gewerkschaft) hierzu aufgeru-fen hat.

Bankiers sind für die größte ökonomische Kriese der letz-ten 80 Jahre verantwortlich. Diese wird sicherlich zuMillionen Hungernden führen. Und wir grüßen weiter herz-lich unsere Banker auf der Straße. Unsere Kinder werdennur verdächtig für die Verspätung von ein paar Züge ver-antwortlich zu sein und sie müssen deshalb mit 20 JahreGefängnis rechnen.

Die eindrucksvollste Polizeioperation der letzten Wochewar nicht offene Türen in direkter Nähe zu einem schlafen-den neuen Monate alten Kind zu sprengen, sondern viel-mehr die Öffentlichkeit zu überzeugen, dass der Wunschnach Veränderung einer so perfekten Welt nur aus denKöpfen von degenerierten, gefährlichen Mördern entstam-men kann.

Wenn Türen zuschlagen fühlen wir, als ob die Maskiertenzurückkehren. Wenn sie öffnen, träumen wir, dass unsereKinder zurückkehren.

Die Eltern von Bertrand, Mathieu, Elsa, Aria und Yldune

PS: Wir grüßen und richten unseren Dank an die Einwoh-ner von Tarnac, die es vorziehen, dass zu glauben, wassie erleben, statt dem, was sie im Fernsehen sehen.

Lasst den Vorwurf der "kriminellen Vereinigung im Sinneterroristischer Aktivitäten" fallen und lasst die Angeklagtenunverzüglich frei.

// Schlaglichter eines Video-Interviews mit Benjamin und Matthieu

Im ersten der insgesamt vier Interviews (Video) gebenBenjamin und Matthieu einen Einblick in die Verhöre undInterpretationen der SDAT-Beamten in der Zeit währenddes Polizeigewahrsams. Sie erklären, dass die Akte diedem Richter vorliegen wird, zwei elementar unterschiedli-che Versionen der Wahrheit verbirgt, aber damit auch dieGeschichte erzählt wie die SDAT und dasInnenministerium versuchen das Bild einer "klassischenTerrozelle" mit Strukturen wie z.B. der ETA zu kreieren.

Eine Struktur, die auf einem "geistigen Führer" oder Chef,einer "rechten Hand" und "ausführenden Personen"basiert. Die Vorwürfe rekurrieren auf ein Bild, das aus vie-len kleinen und isolierten Überwachungsmomenten zumklassischen Format einer "Terrorzelle" zusammengesetztwird. Diese "Überwachungsmomente" und andere"Beweise" werden aus einem anderen Kontext genom-men instrumentalisiert, oftmals ohne Sinn und Logik.

Benjamin analysiert die Synthese des Protokolls seinerVernehmung und weist auf die Art und Weise hin, wie dieSDAT sein Verhalten und Antworten im Verhör interpretiertund auswertet. Die Verweigerung von Aussagen und einnicht kooperatives Verhalten werden als Beweis für eineextrem politische Gesinnung und Entschlossenheit gewer

Gittern verbringen zu müssen, und das Eingeschlossen-sein wirkt wie eine Ewigkeit, auch wenn es schliesslich nurzwei oder drei Wochen waren. Ich möchte allen, die sichfür unsere Freilassung eingesetzt haben, ganz herzlichdanken. Ich bin sicher, dass der Druck, der aufgebautwurde (von den Unterstützungskomitees, den Eltern, denFreunden und allen, die sich von diesem Fall betroffenfühlen), trotz der Willkür der Justiz auf irgend eine Art dazubeigetragen hat. Natürlich hätte ich diesen Brief lieberzusammen mit meinen mitangeklagten Freunden undGenossen verfassen wollen – aber wie ihr wisst, ist es unsunter Androhung, wieder im Knast zu landen, verboten,auf jegliche Art Kontakt miteinander zu haben. Natürlichlässt es mir keine Ruhe, dass zwei von meinen Freundenund Genossen noch immer aufgrund unglaublicherBegründungen in Haft sind. Ebensowenig kann ich ver-gessen, dass meine Freilassung auch gewissenUmständen, einem gewissen „Glück“ zu verdanken ist. Ichbin weiss, habe ein Diplom machen können, meine Elternund Freunde stammen aus eher „privilegierten“ Kreisen –und Proteststimmen aus einem solchen Umfeld werdenzweifellos eher gehört. „Chancen“ also, die andereInhaftierte, die anderswo und in anderen Milieus geborenworden sind, nicht haben – und das aus wohlbekanntenGründen. Die französischen Gefängnisse haben währendder letzten Jahre einen guten Teil der marginalisertenJugendlichen dieses Landes verschlungen. Menschen,die als nicht assimilierbar gelten, ständig belästigt werden,immer schon schuldig sind und die sich weigern, in diestickigen Ränge dieser Gesellschaft zurückzukehren. ImKnast ist nicht zu übersehen, dass die grosse Mehrheitder Inhaftierten aus den Vororten stammt. Einige vonihnen scheinen geradezu auf den Knast abonniert zu sein.Auffällig ist auch die unerhört grosse Zahl an Menschen,die für sehr lange Zeit in Untersuchungshaft gehalten wer-den. So sitzen unter dem Regime der Untersuchungshaft– eigentlich als Ausnahme deklariert – viele für sechsMonate, neun Monate, ein Jahr, zwei, ja drei Jahre inHaft– ohne Prozess und oft ohne handfeste Beweise.Denn zweifellos ist es viel komplizierter, „glaubwürdigeZeugen-aussagen“ und den Nachweis einer legalen undgeregelten Existenz aufzutreiben, wenn man aus denVororten Villiers-le-Bel, Aubervilliers oder Bagneuxstammt, die Eltern der Sprache der Staatsanwaltschaftund der Medien nicht mächtig sind, über keine anerkann-te und dauerhafte Arbeit verfügen und als Ausländerabklassifiziert werden.

Solidarität wird jedoch auch hinter den Knastmauerngeschmiedet. Die Strafpolitik dieser Regierung ist dabei,eine Zeitbombe zu produzierten: Je mehr die Knäste die-ses Landes bis zum Platzen vollgestopft werden, destomehr Schicksale werden sich dort kreuzen und die ver-schiedenen Milieus verknüpfen, die draussen fein säuber-lich voneinander getrennt gehalten werden.

Die Ähnlichkeit zwischen den politischen, polizeilichenund medialen Vorgehensweisen im Fall Tarnac und injenem von Villiers-le-Bel vom letzten Jahr wird an ver-schiedenen Punkten offensichtlich...

November 2005 (Clichy sous Bois), CPE,Präsidenschaftswahl, Villiers-le-Bel, LRU...: zwei Bewegungen aus unterschiedlichen Milieus nähren

gemeinsam die Paranoia der Mächtigen. Die Antwort lässtnicht auf sich warten und verfolgt in beiden Fällen dieselbe Taktik. „Kampf der Macht der Banden“, um dieRepression nach den Ausschreitungen in den Vororten zurechtfertigen, und das Heraufbeschwören des Schreckge-spenstes „anarchistisch-autonome Bewegung“ und„ultralinke Gruppen“ , um gegen die diffusen Revolten derstudierenden und prekarisierten Jugend vorzugehen. Inbeiden Fällen handelt es sich um die Inszenierung eines„inneren Feindes“, die in grossangelegten und medial auf-bereiteten Polizeieinsätzen gipfelt. Unverhältnis-mässigeMachtdemonstration, mediale Moralapostel, Einker-kerung. Muss daran erinnert werden, dass neben den vie-len Angeklagten und Inhaftierten vom November 2005auch immer noch fünf von den Verhafteten von Villiers-le-Bel im Knast sitzen und auf einen Prozess warten, der –mangels Beweisen – nicht stattfindet? Heute sind wir ander Reihe, doch die Jagd auf sogenannt “Anarcho-Autonome” ist schon vor einem Jahr eröffnet worden.Mindestens sechs Menschen sind seit Dezember 2007 mitHilfe der Antiterrorpargraphen angeklagt worden, und dasaufgrund von Sachverhalten und Verdächtigungen, dievorher nie eine derartige Anklage nach sich gezogenhaben. Der Schraubstock wird angezogen, alle Mittelscheinen nun erlaubt zu sein.

Die Unterstützungskomitees haben schon weitgehenddargelegt, in wie fern der Rückgriff auf die Antiterrorpara-graphen eine markante Veränderung der Regierungs-methoden und der „Verwaltung“ des Wider-stands bedeu-tet. Was wir in den letzten Jahren schon in anderenLändern (USA, Grossbritannien, Deutschland, Italien...)beobachten konnten, spielt sich nun auch in Frankreich abund markiert den Eintritt in ein Regime, wo die Ausnahmezur Regel wird. Diese Verfahren haben meist nichts mit„Terrorismus“ zu tun, welche Definition man ihm auchimmer geben mag, sondern folgen einer uralten Logik:einen fertigmachen, um hundert andere einzuschüchtern.In andern Zeiten hätte man beispielsweise „einige“ vordem Stadttor gehängt.

In unserem Fall kann man sehr schnell feststellen, dass„der Fall der Sabotageakte auf die SNCF“ nur einVorwand ist, eine grossangelegte und von langer Handgeplante (seit dem Amtsantritt von Michèle Alliot-Marie imInnenministerium) Medienoffensive und präventiveNeutralisierung in Gang zu setzten. Die Überstürztheit, mitder die „Operation Taiga” durchgeführt wurde, und dasfast vollkommene Fehlen von Beweismitteln – selbst nachden Hausdurchsuchungen und den Verhören – führt allen,die nicht damit beschäftigt sind, mit den Wölfen zu heulen,sehr schnell die Plumpheitet [1]. Das Ablehnen einerKooperation basiert auf der Tatsache, dass Benjamin nichtanerkannt hat dass die Akte unter dem Terrorgesetzbehandelt wird. Die SDAT wertet dies als Beweis für ein"starkes und entschlossenes politisches Engagement".

Die Art und Weise der Vernehmungen und darausgeschlossenen Interpretationen ziehen sich durch dasgesamte Protokoll und den gesamten Fall. "Die SDATschreibt ihr eigenes Buch über Tarnac, indem sie dieGeschichte auf nicht zusammenhängenden Interpretatio-nen und nicht auf Beweise basiert".

Matthieu und seine Freundin wurden auch verhaftet undverhört. Es wurden bei der Hausdurchsuchung keinerleiBeweise gefunden außer Prospekte und Flugblätter, diekeiner bestimmten Person zuzuordnen waren. Die SDAThat diese Texte als intellektuelle Basis für eventuelle "ter-roristische Akte" in der Zukunft interpretiert. Matthieu sagt,dass das Interesse seitens der SDAT an ihm und seinerFreundin hauptsächlich an ihrer politischen Einstellungbestand und jene Gesinnung zu praktisch ausgeführtenGewalttaten führen könnte.

Gegen Benjamin wird ermittelt, weil er sich an "gewalttäti-gen Demonstrationen" wie z.B. beim G8 in Evian 2003beteiligt haben soll. Er erklärt, niemals in seinem Leben inEvian gewesen zu sein, es wird ihm aber dennoch vorge-halten - ohne jeglichen Beweis. Weiter steht in demProtokoll, da er gewalttätige Demonstrationen besuchthabe, hätte er sich folglich auch an gewalttätigen Aktionenbeteiligt. Es gibt dazu weder Bilder noch Videos, dieAnschuldigungen basieren auf Aussagen der SDAT, alsoInterpretationen.

Die "Anti-Terrorismus-Einheit" SDAT basiert ihreErmittlungen auf eine klassische Struktur von"Terrorismus" wie zum Beispiel Aufbau und Aktionsfeldvon ETA oder korsischen Gruppen. Das heißt im Falle derTarnac9, die Realität muss in die passenden definiertenStrukturen einer "Terrozelle" gepresst werden. Dies pas-siert durch Interpretationen und Deutungen einzelnerPunkte der Vernehmung und Überwachung, um einSzenario zu schaffen, damit das "Terrorgesetz" angewen-det werden kann.

Behauptet wird eine "Terrorzelle" mit einem intellektuellen/charismatischen "Führer", seiner "rechten Hand", einem"Bastler" etc. Die Auswertung der einizgen"Beweisstücke" wie Prospekte und Flugblätter wird die-sem Schema angepasst. Auch wenn das lächerlicheGebilde nur konstruiert ist, wird dieser Kurs weiter vefolgt.

Benjamin spricht darüber, wie der gesamte Fall in Szenegesetzt wird. Als Beispiel: Es gab diverse Momente vonÜberwachung, aber lediglich Ausschnitte, keine konstanteObservation. Diese Überwachungsmomente werden ausdem Kontext genommen und als "Beweise" instrumentali-siert in dem Sinne, die Gruppe stünde davor "idealistischeIdeen" in die Praxis umzusetzen. "Wie die isoliertenMomente der Überwachung miteinander verbunden wer-den ist pure Behauptung".

Die Nacht der Sabotagen am 7./ 8. November 2008

Matthieu erläutert, laut Überwachung der SDAT habe ergegen 21 Uhr das Haus verlassen und kam gegen 3 Uhrin der Nacht zurück. Er erklärt, dass er und seine Freundinauf einem Geburtstag mit etwa 30 Freunden waren,danach haben sie einen Club bei Rouen besucht, wo sieden Abend mit anderen ca. 150 Personen verbrachten. Erhat das Haus mit einem Reisekoffer und einemWerkzeugkoffer verlassen. Dies war ein leerer Koffer, denseine Mutter seiner Freundin für eine Reise geliehen hatteund den er ihr am Morgen zurückbringen wollte. DerWerkzeugkoffer war im Gepäck weil er das Auto seiner

Mutter reparieren wollte, die den Schlüssel imZündschloss abgebrochen hatte. Das lustige, sagt er, seidass dies ausschlaggebend für die SDAT war: "Bingo! Wirhaben die Schuldigen".

Benjamin: Das "Lineup" der verschiedenen Sabotageakteund der Überwachungsmomente widerspricht derTatsache dass er, Gabrielle und Manon nahe an einerTGV-Linie gesehen worden sein sollen.

"Ich muss da genau nachschauen, aber ich denke eswaren so um die 500 km vom Ort wo die Sabotage ausge-führt wurde".Die SDAT folgert, dass sein Auftauchen aneiner TGV-Linie mit den Anschlägen korrespondierenwürde. Benjamin sieht das wegen der Entfernung zu denOrten der Sabotage als pure Konstruktion. Er glaubt, dassdieses "Lineup" der SDAT schon vor den Verhören fest-stand, denn einzelne Überwachungsmomente undSabotageaktionen werden aneinandergereiht, damit dasgewollte Bild entsteht.

Er kritisiert, dass diese Elemente, die keine Beweiskrafthaben, überhaupt angeführt werden können. Die SDATgab zu verstehen, dass sie vermuteten dass er nicht anden Sabotageakten beteiligt war, er aber mehr wisse. Ererwähnt auch, dass er erst am Ende der Vernehmungenzu den Sabotagefällen befragt wurde.

Matthieu bestätigt noch einmal dass das Protokoll derSDAT schlicht Behauptungen aufstellt, die auf ihrenInterpretationen basieren. Die Person hinter der Kameradeutet darauf an, dass damit also Aussage gegenAussage stehe. Matthieu stimmt dem zu, sagt aber dasses für den Richter wichtig sein wird ihre eigene Aussagenund die der Polizei vor sich zu haben. Der Richter kannnicht ignorieren, dass es große Unterschiede zwischenihnen und keine Beweise gibt.

Zur Demonstration in Vichy 3. November 2008

Benjamin zitiert aus dem SDAT-Protokoll: "Er wurde beider Demonstration an der Seite von J.C. beobachtet wieer, wie üblich, seine Funktion als rechte Hand ausführte"."Das sind haltlose Behauptungen!", erklärt er. Nicht ein-mal während der Zeit in Untersuchungshaft oder bei denVernehmungen gab es irgendeinen Hinweis darauf, dasser eine Art "rechte Hand" eines "Anführers" sei. DerTerminus "wie üblich" ist in diesem Zusammenhang merk-würdig, da er diese Struktur als eine Tatsache hervorhe-ben will, ohne auch nur im geringsten beweisen zu kön-nen dass es sie überhaupt gibt.

Im Auto sagt Benjamin, es komme ihm wie ein schlechterScherz der rechten Politik vor, einen Gipfel zu Fragen derImmigration in Vichy zu veranstalten, noch dazu imCasino, welches Symbol des faschistischen Vichy-Regimes ist [2]. Dieser Gipfel wurde von den Ministern fürnationale Identität vorbereitet.

Was ist passiert in Vichy?

Die Demonstration führte um die "rote Zone" des Gipfels herum. Eine Gruppehatte sich von der Demonstration getrennt und ging auf die "rote Zone" zu. Dortgab es Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die SDAT wollte Beweise finden,dass diese Aktion organisiert und geplant war und von Julien dirigiert wurde.Diese Überwachung, als Benjamin zu Beginn des Tages an der Seite von Juliengesehen wurde, dient als Basis der Behauptung die "rechte Hand" Juliens zusein - was folglich wohl auch als Beweis für die Existenz eines "Anführers" dient,denn wo eine "rechte Hand" ist muss auch ein "Anführer" sein.

Die Person, die angeblich beobachtet wurde wie sie ein Seil an die Schutzschildeder Polizei anbrachte, um diese zu Fall zu bringen, war nicht Julien. Viele die ihnpersönlich kennen, können das bestätigen, erläutert Benjamin. Auf die Frage obes Fotos gäbe, erwidert Benjamin: "Nein, es gibt nicht ein Foto".

Dann spricht er über eine TV-Reportage von France2, die unscharfe Aufnahmeneines Mannes während den Riots mit der Polizei bei der Demonstration in Vichyzeigt. Mit einem Pfeil wird auf ihn gedeutet und gesagt "der Chef der Zelle warauch vor Ort!". Benjamin sagt auch hier, dass jede(r) der/ die Julien kennt bestä-tigen würde, dass er das nicht sein kann. Nicht mal die SDAT kann auf diesenPunkt bestehen.

[1] Anm.: in den ersten Medienberichten waren Zitate einiger SDAT-Beamter auf-geführt worden, die das Verhalten der Vernommenen in Frage stellten: "DieBeschuldigten legen einen sehr aggressiven Tonfall an den Tag, verweigern eineKooperation und lehnen demokratische Werte ab". Ohne darauf hinzuweisen,dass es für dieses Verhalten natürlich Grund und Legitimation gab.

[2] Anm.: http://en.wikipedia.org/wiki/Vichy_France Das Video ist online unter http://tinyurl.com/bpvbsz

// Soliaktionen

05.04.08 ParisTausende DemonstrantInnen sindauf den Straßen in verschiedenenStädten in Solidarität mit den illega-lisierten MigrantInnen. 300GenossInnen laufen in Paris hinterden Transparent “Für dieZerstörung aller Abschiebeknäste”,dtuzende von Bengalos werdengezündet. Das Luxushotel Lutetiawurde angegriffen, sowie verschie-dene Luxuskarossen undSchaufenster beschädigt.

11.04.08 Dijoneine Kundgebung vor der Präfekturfindet statt. Über 80 Leute blockie-ren die Straße mittels zweier großerBanner „Lasst Ivan, Bruno und dieanderen frei” und „Hoch dieSolidarität mit allen illegalisiertenMigrantInnen”, dazu werdenSlogans gesungen und Bengalosangezündet.

17.04.08 Parisdas Ibis Hotel erhält Besuch -„Feuer für die Knäste!” und„ACCOR Kollaborateurin” wird aufdie Wände geschrieben, dieVideokameras und die Überwa-chungsschirme werden sabotiert,die Computer bekommen Keulen-schläge ab. Das Ibis hotel gehörtder ACCOR-Gruppe, welche amGeschäft mit Abschiebungen betei-ligt ist.

21.04.08 Parisca. 50 Leute sind bei der Sitzungfür Brunos Entlassung aus der U-Haft anwesend. Die Sitzung findethinter verschlossenen Türen statt,die UnterstützerInnen bleiben inden Fluren und rufen „Freiheit fürBruno. Freiheit für allePapierlosen”, „mörderische Herr-schaft, die Justiz ist ihr Komplize”.Laut aussage eines Anwalts wer-den die Slogans bis in denGerichtssaal gehört und alle kön-nen mitbekommen, dass Brunonicht alleine ist, da selbst derRichter und die AnwältInnenProbleme haben sich untereinan-der zu verstehen. Nach 30 Minutentreffen sich alle Solidarischen aufdem Gehweg vor dem Tribunal wie-der: ” Hoch die Solidarität mit allenPapierlosen, Freiheit für Bruno,Ivan und die anderen”

// Interview mit Benjamin über die Durchsuchung und Verhaftung

- erschienen in der linksliberalen Zeitung “Liberation” -

Autonome Anarchisten, eine Erfindung der StaatsanwaltschaftBenjamin Rosoux,30 Jahre, ist einer der am 2. Dezember aus der Untersuchungshaft Freigelas-senen im Rahmen der Ermittlungen zur Sabotage auf die Strecken der SNCF. Ererzählt, wie Kriminalbeamte und Polizisten am 11. November gegen 6 Uhr mor-gens im so genannten Goutailloux, in der Nähe von Tarnac (Corrèze) aufkreuzenund ihn für 4 Tage in Polizeigewahrsam und zwei Wochen in Untersu-chungshaftnach Paris bringen.

Die Aussage eines Beschuldigten, der außerdem den Behauptungen wider-spricht, in einer, mit dem Verweis auf Terrorismus begründeten, rücksichtslosenUntersuchung.

Die Verhaftung„Ah, sie sind ein großer Fisch“

Das Haus ist erfüllt von Rufen „Polizei, Polizei“ im Treppenhaus, die ganze Etageist in wenigen Sekunden von etwa zwanzig Polizisten der mobilen Gendarmeriebelagert. Anfangs versteht man nicht viel, alle Türen sind offen, alle werden inSchach gehalten. Über zehn Minuten verbietet man mir mich anzuziehen. Sieüberprüfen die Personalien. Es wird klar, dass sie Anweisung haben nachbestimmten Personen zu suchen. Ich stelle mich sofort vor, da ich für den Ortverantwortlich bin. Nachdem sie meinen Namen haben, werden mir sofortHandschellen angelegt und danach erst, erlaubt man mir mich anzukleiden. Alleanderen wurden in ein Zimmer gebracht und ich war alleine in einem anderenRaum.

Was ist passiert?

Zunächst sehe ich den, der der Chef der Operation zu sein scheint, ein Ermittlerder Unterabteilung Antiterrorismus, ziemlich jung, mein Alter. Er mimt denSchlaumeier und sagt mir: „ Ah, Benjamin“, auf eine Art sehr vertraut. „Wir ken-nen uns gut.“ Ich sage: „Ich selbst habe nicht das Vergnügen sie zu kennen.“„Aber doch, ich kenne dich gut. In Vichy hast du munterer gewirkt (DemonstrationAnfang November). Darauf lässt er mich bei den Gendarmen. Es war komisch,da war eine Art Konkurrenz. Die Gendarmen waren dabei zu meckern, zu sagen,dass sie die Angelegenheit abgeben mussten und dass die Antiterrorismus-Abteilung alle Lorbeeren dieser Geschichte einsammelten ? Einsammeln wür-den? Bis hierher weiß ich immer noch nicht worum es eigentlich genau geht. DerGendarm, der auch nicht mehr weiß, schaut sich das Schriftstück an und sagt:„Ah, Sie sind ein großer Fisch. Es geht um Terrorismus“. Er überprüft die Papiereder anderen Personen und dann gibt es eine Wartezeit, und wir verstehen, nachihren Gesprächen untereinander, dass es gleichzeitig an anderen OrtenWohnungsdurchsuchungen gibt.

Wie spielt sich die Durchsuchung ab?

Eine vollkommene Entblößung, Briefe, Fotos, Kleidung, alles wird heraus geholt,und der gleichen Person präsentiert, die scheinbar die Akte seit einer Weile ver-folgt und weiß worauf sie achten muss, was behalten werden muss. Wir wech-seln von Zimmer zu Zimmer. Sie suchen hauptsächlich nach elektronischenTexten und Dokumenten. Das erste was sie mich fragen: „ Gibt es Waffen hier?“Sie bringen auch Sprengstoff-Spürhunde und vergnügen sich alles möglichenachzumessen, insbesondere die Höhe der Treppenstufen, um zu sehen, obsich dort nicht ein Versteck befindet. Sie nehmen auch alle Zahnbürsten und dieHaarkämme der Kinder mit.

22.04.08 LilleAnschlag gegen die BNP Bank. DerBankautomat wird mittels Hammer-schlägen kaputt gehauen, dieSchaufenster auch. Ein Kommu-niqué klärt auf: „Solidarität mit allenGefangenen, mit oder ohne Pa-piere, mit oder ohne Chlorat. Frei-heit für alle!”.

22.04.08 Grenoble Die Büros des CROUS (ein staatli-ches Organ, welches für Wohnun-gen und Verpflegung derStudentInnen verantwortlich ist)werden für über fünf Stundenbesetzt, um gegen die Beteiligungdieses Organs an der Festnahmeeines papierlosen Studenten durchdie Polizei am 8.4. zu protestieren.Das Kollektiv „Bengalos gegen alle”ist auch dabei und ruft zurSolidarität mit Bruno und Ivan auf.Zwei Bengalos werden aus einemFenster heraus angezündet, außer-dem werden Flyer runter geworfen,um Aufmerksamkeit bei denPassantInnen zu erreichen.

26.04.08 ParisSoli-Konzert für alle Beschuldigtenund Verhafteten im Bezug auf dieKämpfe gegen Abschiebungen.Hinter der Bühne war einTransparent in Solidarität mit Brunound Ivan zu sehen.

28.04.08 ParisKundgebung während der Sitzungfür die „Freilassung” von Ivan inund vor dem Berufungsgericht.Über 70 Menschen rufen „Freiheitfür die Papierlosen, Freiheit fürIvan”. Während sie als kleine Demoaus den Tribunal herauskommen,werden sie von den Bullen auf derTreppe angegriffen, wobei dieGenossInnen sich zur Wehr set-zen, dabei wird eine erstmal festge-nommen. Danach wird ein Teil derLeute einkesselt, während anderevon den Bullen auf dem Platz vordem Tribunal hin und her gejagtwerden. 28 GenossInnen werdenfestgenommen und bleiben vierStunden auf der Bullenwache. EineGenossin, die auf einer Bankgefesselt wurde, wird verprügeltund am folgenden Tag ohne jegli-che Anklage entlassen.

29.04.08 Paris Ein Büro von Air France wird ange-griffen. Die sechs Schaufenster-scheiben des Büros werden zer-trümmert und ein Graffiti „air franceschiebt ab, lasst uns air france zer-trümmern” wird angebracht. EinKommuniqué, welches im Internetzu lesen ist lässt verlauten: „Lasstuns die Abschiebemaschinerie in allihren Erscheinungen und mit allenMitteln sabotieren, all den Firmendie da mitmachen und an derAbschiebepolitik profitieren auf dieNerven gehen.. Freiheit für alleGefangenen, mit oder ohnePapiere, mit oder ohne Chlorat”.

30.04.08 ParisZwei Geldautomaten der BNP (eineBank, die dafür bekannt ist, dasssie Papierlose der Polizei übergibt)wird mit Hämmern zerstört, sowiealle Fensterscheiben des RotenKreuz (die sind bei Abschiebungenin Frankreich immer dabei, sowohlMitleiter von Abschiebeknästen inBelgien und Italien), außerdem einMercedes, der einem Diplomatgehörte. Am gleichen Abend hatauch ein Büro von ANAEM (einstaatliches Organ, das die Aufgabehat Geld für Abschiebungen zu ver-walten) seine Scheiben in Scherbengehen sehen. Ein Kommuniqué ausdem Internet: „Solidarität mit allen,die innerhalb der Knäste,Abschiebelager oder Polizeiwachenrebellieren”.

Ende April, Montreal, KanadaEin Geldautomat wird kaputtge-macht, Graffiti in Solidarität mitBruno und Ivan, wie auch gegenalle Abschiebeknäste werden hin-terlassen.

01.05.08 Brüssel, BelgienEin Geldautomat der Post ( verwal-tet die Konten der Abschiebeknästeund von Knästen generell) wirdabgefackelt, das Graffiti “Feuer fürdie Knäste – Feuer für dieAbschiebeknäste” wird hinterlas-sen.

04.05.08 GrenobleKonzert in einem besetzten Haus inSolidarität mit Bruno und Ivan.

Wir machen eine Runde durch alle Zimmer, sie suchen nach Texten, allem wasmit Anarchismus und Autonomie zu tun haben könnte, Broschüren, Flugblätter,Plakate. Sie waren sehr stolz eine Kinder-Zeichnung gefunden zu haben, dieeigentlich verschiedene Bewohner von Goutailloux zeigen sollte. Für sie war esein Element/Bauteil um Verbindungen nach zu weisen und sogar eine Hierarchieunter den Leuten.

Was sagen sie euch am Ende der Untersuchung?

Am Schluss machen sie nochmal eine Runde durch das Haus mit mir und ichsoll unterschreiben. Sie sagen mir, dass sie in einem Zimmer auf dem Bodeneine Plastiktüte mit kugelsicheren Westen gefunden haben. Die hatte ich vor-her noch nie gesehen. Ich war überrascht sie zu finden. Andererseits fliegen beiuns alle möglichen Sachen herum. Ich hab mich gefragt: „Aber wer hat das Zeugan geschleppt?“ Die kugelsicheren Westen schienen aus einem Armee-Restposten. Von da an hab ich mich geweigert, die Amtssachen zu unterschrei-ben.

Und danach?

Sie führen mich ab und ich verstehe oder vielmehr erahne, dass sie auch Manomitnehmen (ein Freund des Hauses). Mir sagen sie: „Wir bringen dich im Autonach Paris.“ Das sind 15 Stunden. Bei der Abfahrt meiden sie das Dorf. Sie tra-gen immer noch ihre Masken. Wir fahren mit 160 km/h. Es wird wenig gespro-chen im Auto. Es ist ziemlich trocken. Ich bin während der ganzen Fahrt gefes-selt. Ich verlange zu trinken, einer gibt mir eine Cola. Wir fahren weiter. Ich ver-suche im Auto zu schlafen. Ich bin ziemlich gelassen. Es ist nicht das erste mal,dass ich den Bullen begegne, das beunruhigt mich nicht sehr. Überrascht abernicht beängstigt. Im Auto, überlege ich, frage ich mich, wer verhaftet worden seinkönnte.

In Polizeigewahrsam„das ist der beängstigenste Moment.“

Gegen 21 Uhr sind wir in Paris. Alle werden verdoppelt, sie setzen ihre Maskenwieder auf. Wir kommen in der zentralen Leitstelle der Innenauskunft (Directioncentrale du renseignement intérieur) in Levallois an. Wir steigen aus, die Jackeüber dem Kopf komme ich in einen Raum mit Einzelzellen und herunter gelas-senen Rollos. Und da wird mir klar, dass Leute in den anderen Zellen sind, aberich sehe nicht wer? Ich verbleibe eine Stunde in der Zelle, dann holen sie michfür eine Verlängerung des Gewahrsams. Ich lande wieder in der Zelle, und viel-leicht zwei Stunden später werde ich mit noch einer Person nach Nanterre inRäume des Innenministeriums zum Gewahrsam überstellt.

04.05.08 Pariseinige hundert Menschen demon-strieren für die Schließung derAbschiebelager von Paris bis nachVincennes, wo MigrantInnen gera-de einen Hungerstreik unternah-men. Eine Abgeordnete der soziali-stischen Partei von Paris, die dasWort ergreifen wollte wird fortgejagtund muss unter Polizeischutz ver-schwinden. Keny Arkana undKalash (Hip-Hop SängerInnen)spielen vor dem Abschiebeknastein Konzert.

07.05.08 ToulouseKundgebung mit 30-40 Personenvor dem Gericht. Banner mit derAufschrift „Nein zum Staatsterroris-mus”, „Nein zur Repression gegenden Protest” und „Solidarität mitallen Gefangenen” werden mitge-bracht. Bevor die Leute sich inBewegung setzen, um eine sponta-ne Demonstration zu veranstalten,wird ein Brief von Bruno und Ivanvorgelesen.

10.05.08 Paris: die Sendung desRadio France Culture wird unter-brochen und ein Text vorgelesen,sein Ende lautet „Solidarität mitBruno und Ivan wie auch mit allenanderen Gefangenen.”

13.05.08 GrenobleKundgebung mit 80 GenossInnenvor dem Gericht in Solidarität mitRegis, Najib (Papierlose, die ver-haftet wurden), Bruno, Ivan undallen Papierlosen. Der Brief vonBruno und Ivan wird als Flyer ver-teilt, ein Transparent mit der Auf-schrift „Hoch die Solidarität mitallen Papierlosen, Freiheit fürBruno, Ivan und alle anderen” wirdaufgehängt. Vier Bengalos werdengezündet während der Kundge-bung und noch zwei weitere wäh-rend der Demo der Gymnasias-tInnen, die gleichzeitig stattfind, andie sich die TeilnehmerInnen derKundgebung anschlossen.

24.05.08 ParisHip-Hop Konzert unter dem Motto„Gegen die Abschiebemaschinerie,für Ivan, Bruno und alle anderen”.

28.05.08 Rennesein öffentliches Treffen wird inSolidarität mit Bruno und Ivanabgehalten.

// Interview mit einem Mitglied der Soligruppe aus Tarnac in der Sendung Knast und Justiz vom FSK-Hamburg

Vielleicht kannst Du zu Beginn erst mal einen kurzen Überblick darüber geben,was seit November letzten Jahres so los war?

Es gab ja wie du gesagt hast die Verhaftungen am 11. November 2008. Es wur-den zehn Leue verhaftet: In Paris, Rouen und die meisten davon in Tarnac. Dieganze Aktion wurde sehr stark mediatisiert wobei ziemlich klar zu sehen war,dass es sich um eine politische Aktion und nicht um eine rein juristische Aktionhandelt. Hier in Tarnac war die Presse zum Beispiel seit Beginn der Aktion dabei.Sie wurde offensichtlich informiert. Schon seit den ersten Stunden war in denMedien von Terrorismus zu hören. Eine ultrlinke, anarcho-autonome, klandesti-ne Bande wurde in Tarnac und zwei französischen Städten verhaftet usw.

Die Leute, die verhaftet wurden, wurden in Polizeigewahrsam genommen. Dieeine Person kam nach zwei Tagen glaube ich raus. Die anderen blieben vierTage in Polizeigewahrsam und schon nach dem zweiten Tag des Gewahrsamshat sich in Tarnac das Unterstützungs - Komitee soutien11novembre für die Ver-hafteten gegründet d.h. die Leute hier haben nicht gewartet bis derPolizeigewahrsam vorbei ist und Anklagen vorliegen. Die Stimmung hier imKomitee und die der Leute im Dorf war von Beginn an klar: Hier wird nicht überdie Schuldfrage geredet. Es wird nicht darüber spekuliert ob schuldig oderunschuldig. Man ist solidarisch und das, weil die Leute hier gekannt wurden,man hat mit ihnen gelebt, sie hatten eine kleine Bar, einen Bauernhof usw. DerTerrorismusvorwurf wurde also entschlossen abgelehnt. Es gab später mal einenBrief der Eltern, die sich bei den Leuten in Tarnac bedankt haben und zumSchluss gibt es einen ziemlich guten Satz: Wir bedanken uns bei den Leuten inTarnac, die lieber an das glauben, was sie leben, als an das was sie in derZeitung oder im Fernsehen sehen. Das Komitee hat sich gegründet und kurzdarauf haben sich die Medien regelrecht darauf gestürzt um zu wissen was dapassiert bzw. das Interesse der Medien hat sich ziemlich bald auf dieUnterstützungsarbeit und die Komitees gerichtet. Nach dem Komitee in Tarnachaben sich etliche Komitees in Frankreich und auch außerhalb - es gibt z.B.auch eines in Berlin - gegründet. Was man nach ein oder zwei Wochen gemerkthat ist, das der Mediencoup, die starke mediatische Inszenierung nach hintenlosgegangen ist. Die Geschichte blieb in den Medien ganz stark präsent doch diekritischen Stimmen wurden langsam laut d.h. die Berichterstattung hat sich nachund nach gewendet zu Gunsten der Inhaftierten und der Unterstützungskomi-tees. Der gesellschaftliche Druck durch die Soliarbeit und der Druck in denMedien wurden ziemlich groß was dazu geführt hat, dass etliche Politiker vonden linken Kleinparteien bis zu den Grünen oder sozialdemokatischen Parteienzum Vorfall Stellung beziehen mussten und selbst da gab es nach und nachimmer mehr kritische Stimmen gegnüber dem Innenministerium und gegenüberder Verhaftungsaktion

Wobei das ja hier ein bisschen aus der Distanz betrachtet dann auch immerschwierig ist, wenn die Soliarbeit so breit abgestützt ist. Das hat natürlich zurFolge, dass auch ein ziemlich großer Druck aufgebaut werden kann, was erst-mal natürlich gut für die Betroffenen ist. Auf der anderen Seite führt so etwasimmer auch ganz schnell dazu, dass es dann auf eine Art Unschuldskampagnehinausläuft. Die politischen Vertreter_innen äußern sich ja meistens eher in soeine Richtung, dass sie sagen: "Ja also bei der Beweislage usw. is ja krass aberfalls die Menschen das gemacht haben sollten dann ist das ja doch irgendwogerechtfertigt.

Ja natürlich gibt es auch solche Stimmen. Es wurde hier eine Atmosphäre kre-iert, wo man natürlich nicht mehr unter Kontrolle hat was der und der Politikervon den Grünen oder der und die Sozialdemokrat_in sagt, das ist klar. Oder wasdie Zeitungen schreiben. Das hängt dann nicht mehr von den Diskussioneninnerhalb der Komitees oder unter den Leuten ab.

Besetzung des französischen Konsulatsin Hamburg22.08.2008

Anlässlich des Aktionstages gegenAbschiebungen haben etwa 40 Personendas französische Konsulat in Hamburgbesetzt um ihre Solidarität mit denKämpfen der Insass_innenen inAbschiebegefängnissen zu zeigen wieauch die Forderung nach der Freilassungvon drei Aktivist_innen und der Einstellungderer Verfahren zu stellen, von denen zweiweitere Personen betroffen sind, die unterstrenger richterlicher Kontrolle stehen.

Die Besetzer_innen fordern den Konsulauf ein Fax mit der Forderung nach dersofortigen Einstellung der genanntenVerfahren und der Kritik an der französi-schen Abschiebepraxis an die französi-sche Regierung wie auch dasJustizministerium zu senden.

Nachdem er schon die Polizei hatte rufenlassen willigt er ein dies zu tun.

Währenddessen wird am Balkon zurStraße hin ein Transparent mit derAufschrift "Solidarität mit den sans-papiers" angebracht und eine weitereGruppe außerhalb des Konsulats hält einBanner mit der Forderung "Freiheit für Isa,Juan und Damien".

Die Besetzer_innen verlassen mitEintreffen der ersten Polizeistreifen dasGebäude und können ohnePersonalienkontrolle verschwinden.

Solidarische Aktionen gegen Abschiebungund die Kriminalisierung des Widerstandeswerden weitergehen!!!

Freiheit für Isa, Juan und Damien.Schließung aller Abschiebeknäste.Bewegungsfreiheit für alle.Für eine solidarische Praxis derAutonomie der Migration.

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Brennende Luxusautos in Zürich20 Nov, 2008

In Zeiten der Krise lassen der Staatund die Wirtschaft sich leichter hin-ter die Fassade blicken...

Sei dies nun durch die Finanzkrise,die Dichtmachung der EU-Grenzenfür Unerwünschte, die

Aber Fakt ist, dass es vor allem der gesellschaftliche Druck und der Druck in denMedien ist, der dazu geführt hat, das acht von neun aus dem Knast draußen sind- außer eben Julien.

Kannst Du vielleicht sagen woran das liegt? Sie sind ja glaube ich in zwei Wellenrausgekommen. Einmal fünf und dann drei oder umgekehrt. Wieso haben sie dienicht alle auf einmal raus gelassen?

Die ersten vier sind schon nach dem vierten Tag Polizeigewahrsam rausgekom-men. Das liegt vor allem daran, dass sie ihnen einfach nichts konkret anhängenkonnten oder jedenfalls glaubten zu können – im Gegensatz zu den anderen.Dann sind nach ein bisschen mehr als zwei Wochen drei weitere raus gekom-men. Es blieben nur noch Julien und Yildune. Das liegt daran, dass alle neun aufGrund der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung mit terroristischenZielen angeklagt sind und nur drei sind wegen der Sabotageakte an den Zügenangeklagt. Hinzu kommt, dass sie bei Julien eine richtige Geschichte aufgebauthaben, von wegen er sei der charismatische Führer der klandestinen anarchoautonomen Bande. Ihn haben sie soweit hoch stilisiert, dass sie ihn gar nichtmehr raus lassen konnten. Weil es zu peinlich wäre. Es geht einfach nicht: Er istder Chef, er ist gefährlich er hat die anderen indoktriniert usw.. Das hat meinerMeinung nach dazu geführt, dass er immer noch im Knast ist.

Die Leute die draußen sind haben sicher irgendwelche Auflagen bekommen oderzumindest ist das hier meistens so. Kannst Du die vielleicht noch ein bisschenschildern?

Es ist so, dass sich alle in ihrem jeweiligen Departement aufhalten müssen, dortwo sie gemeldet sind d.h. die, die in Rouen gemeldet sind in Rouen usw.... Siemüssen da in regelmäßigen Abständen bei den Bullen vorbeigehen - wobei esda keine einheitliche Regelung gibt. Es gibt einige die müssen jede Woche beiden Bullen vorbei, einige müssen gar nicht. Was alle gemeinsam haben ist, dasssie sich gemeinsam untereinander nicht sehen dürfen und dass bisher nur zweinach Tarnac zurückkehren konnten.

Und das weil sie nicht in dem Departement dort gemeldet waren? Oder hat dasandere Gründe? Haben sie das einfach als Auflage gekriegt, dass sie den Ort,wo sie mit ihrer „Zelle“ gelebt haben sollen irgendwie nicht besuchen dürfen.

Sie wurde da zugeteilt, wo sie gemeldet sind

Sie waren also nicht in Tarnac gemeldet und dürfen deshalb nicht da hin? Odersind das explizit Auflagen?

Eine Person ist in Tarnac gemeldet, die darf auch da hin. Und Benjamin undGabriel haben sie bisher verweigert nach Tarnac zu kommen.

Sie dürfen da nicht hin auch wenn sie sich nicht jeden Tag bei der Polizei mel-den müssen? Oder auch obwohl sie das von der Zeit her schaffen könnten dahinzufahren?

Das wird auch ein nächster Schritt sein, den die Anwälte da gehen werden,sodass sie zurückkehren dürfen.

Das ganze ist ja wahrscheinlich – genauso wie das Nicht-sehen untereinanderusw. - auch als eine übliche Masche einzuordnen, sodass die Leute ihreVerteidigung nicht aufbauen können und keine Absprachen treffen können. Oderkönnen sollen.

Nein, sie fürchten natürlich die kollektive Verteidigung. Was man vielleicht nochsagen kann ist, dass die Leute, die hier verhaftet wurden nicht die ersten sind dieauf Grund des Terrorismusvorwurfs verhaftet wurden und auch nicht die erstendie wegen des Terrorismusvorwurfs und der Zugehörigkeit zur ultralinken anar-cho autonomen Bewegung beschuldigt werden.

Verschärfung der Kontrolle, daswilde Toben gegen den Terroris-mus, die schamlose Vergiftungunseres Lebensraumes - überallwerden die Widersprüche eklatanter,die Versuche ihrer Vertuschung ver-zweifelter und darum auch aggressi-ver.

Dies lässt uns nicht den Raum fürkleinliche Spitzfindigkeiten überMoral oder politische Korrektheit -und das ist auch gut so!!!

Überlassen wir die auschliesslichtheoretischen Laber-Runden den lin-ken Intellektuellen und Schwätzern,WIR gehören auf die Strasse, ob Tagoder Nacht. Denn wenn WIR nichtangreifen, wer dann? Wenn wir nichtJETZT angreifen, wann dann?

Der Angriff hat oberste Priorität, dasdarf aber nicht den Verlust derTheorie bedeuten. Diese mussjedoch ihren Arsch aus derBequemlichkeit des Sessels und derSicherheit der verstaubten Büchernehmen und das Hier und Jetzt, denAngriff und die Verteidigung, zumKernthema haben!

In diesem Sinne schicken wir flam-mende solidarische Grüsse nachFrankreich, wo gerade eine Welleder Repression über einigeGenossInnen überzuschwappenscheint - WIR SIND MIT EUCH!

Deshalb haben wir - was wir als eineMindestreaktion erachten - in Zürichvier Luxusautos angezündet, zweidavon am Donnerstag, dem 13.November, und zwei davon amSamstag, dem 15. November.Tipp:Anzündwürfel in Lüftungsschlitzeund schnell weg.........

Das Anarchistische Grill-Kommando

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Anschlag auf AFP-Büro -Athen5 Dez, 2008

Auf das Büro der französischenNachrichtenagentur AFP in Athenwurde ein Brandanschlag verübt. Am Mittwoch hatte der aus vierGaskartuschen zusammengebauteSprengsatz ein Feuer am Eingangdes AFP-Büros ausgelöst.

Anfang 2008 wurden schon fünf Leute in diesem Rahmen verhaftet. Die einedavon hat ein Jahr Knast gemacht. Ich will die Möglichkeit nutzen um zu sagen,dass sie vor zwei drei Tagen raus gekommen ist. Das ist Isa. Nach einem JahrPräventivknast ist sie endlich raus. Das erfreut uns natürlich

Das freut uns auch. Ja wir hatten über die Geschichte hier im Radio auch schonmal berichtet.

Und die Geschichte ist ein gutes Beispiel dafür, weshalb die Leute wegen derTarnac-Affäre eingeknastet wurden und rauskamen, die anderen jedoch nicht.Den gesellschaftlichen Druck und vor allem das Medienecho gab es bei denersten Verhafteten im Rahmen der Kampagne gegen die ultralinke anarcho auto-nome Bewegung nicht. Wie es diesen auch nicht für die etlichen Moslems, diehier unter Terrorvorwurf im Knast sind, die Basken, die Korsen und einige revol-tierende aus den Banlieus gibt. Die hocken drin und niemand kümmert das oderniemand weiß überhaupt davon. Es ist nicht bekannt, es ist kein Thema.

Sowas hat vielleicht auch einfach schon mit den Kreisen dann zu tun in denensich Menschen bewegen, also dass z.B. gerade auch Julien als Philosoph, dersich auch in solchen Kreisen bewegt hatte, sich dann wahrscheinlich auch schonganz andere Leute angesprochen gefühlt haben. Also davon, dass er dannbetroffen war von der ganzen Repression.

Und man muss sich nichts vormachen. Der gesellschaftliche Status spielt natür-lich auch eine Rolle. Also alles weiße, alle mehr oder weniger aus derMittelschicht.

Vielleicht sollten wir einfach nochmal auf die Soliarbeit, die jetzt gelaufen ist einbisschen eingehen. Es gab ja eine Aktionswoche, die nochmal Aufmerksamkeitschaffen sollte für die von Repression betroffenen in dem Verfahren. AlsAbschluss des ganzen gab es dann eine größere Demonstration in Paris zu dermobilisiert wurde. Da wurde ja auch zu beiden Verfahren, die gegen die anarchoautonome Bewegung eröffnet worden sind, gemeinsam versucht etwas zumachen. Kannst Du darüber ein bisschen berichten?

Es gab diese große Demo und die Woche davor gab es eine Aktionswoche undich kann Dir vor allem erzählen, was hier gelaufen ist in Tarnac. Es war denke ichüberall ähnlich in den verschiedenen Unterstützungskomitees. Wir hier haben dieAktionswoche dafür genutzt, Diskussionen und Filmabende zu organisieren. Dasgab uns die Möglichkeit uns mit den Leuten, die sich im Rahmen des Komiteessoutien11novembre oder allgemein der Unterstützungsarbeit für die Verhaftetenbewegen einen Schritt weiter zu gehen. Von der Affäre an sich weg, darüber zudiskutieren, was Antiterrorismus, was Kontrolle ist. In wie fern ist derAntiterrorismus eine Regierungsform und nicht einfach nur spezielle Gesetze.Das Ziel der Aktionswoche war wie gesagt sich thematisch zu öffnen und mit denLeuten einen Schritt weiter zu gehen und hier in Tarnac waren das Echo und dieDiskussionen eigentlich ziemlich gut, die Leute waren motiviert und hatten aucheiniges zu sagen. Es gab zum Beispiel einen Themenabend an dem es speziellum Kontrolle bei Minderjährigen ging. In Frankreich wurde nämlich ein Gesetzverabschiedet nach dem Minderjährige oder auch schon Kinder ab der erstenStufe in der Schule erfasst, Informationen über sie, über ihr Verhalten, über ihrsoziales Umfeld, das der Familie und so weiter und so fort, gesammelt werden.Und es gab bereits einige Lehrerinnen, Lehrer und Eltern, die sich da gewehrthaben. Zum Beispiel das konnten wir integrieren in die Diskussionen. Das alsBeispiel der thematischen Erweiterung im Rahmen der Arbeit derUnterstützungskomitees. In Paris wurden verschiedene Seminare vonSoziologen zum Thema Antiterrorismus und Kontrolle gemacht. In verschiedenenStädten gab es Diskussionsabende, da bin ich aber nicht auf dem laufenden weilich hier war.

Also ich denke europaweit sind auch in der Schweiz oder Deutschland eherdirekte Aktionen dazu gelaufen. Hier in Hamburg gab es vorher auf auch denVersuch ein bisschen Öffentlichkeit bei der Silvesterdemonstration zu machenaber vielleicht kannst Du einfach erzählen, was Du von der Demonstration in

Nach Angaben von AFP warenzwei Mitarbeiter zum Zeitpunkt desAnschlags im Büro. Verletzt wurdeniemand. Nun hat sich einUnbekannter zu der Tat bekannt.Er spricht von "Solidarität mit fran-zösischen Genossen".

Der Anrufer bezeichnete denAnschlag laut Polizei als "einZeichen der Solidarität mit unse-ren französischen Genossen".Eine Antiterroreinheit der griechi-schen Polizei prüft, ob das Attentateine Reaktion auf die Anklagegegen neun Mitglieder einerAutonomen-Gruppe in Frankreichist.

Der griechischen Polizei zufolgeist die Gruppe "Verschwörung derZellen des Feuers" für mehrerekleine, glimpflich verlaufeneAnschläge in den vergangenenMonaten auf Banken in Athensowie Thessaloniki verantwortlich.In Griechenland verüben häufigGruppen aus der linksradikalenSzene derartige Attentate aufBanken oder diplomatischeVertretungen.

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Farbanschlag auf französischesKonsulat5 Dez, 2008

Unbekannte haben einenFarbanschlag auf das französi-sche Generalkonsulat in Hamburgverübt. Sie schleuderten in derNacht zum Freitag mit Farbegefüllte Weihnachtsbaumkugelngegen die Fassade des Gebäudesim Stadtteil Rotherbaum. Bei derSuche nach den Tätern hofft diePolizei auf Hinweise von Zeugen.

Bislang unbekannte Täter haben inder Nacht zum Freitag einenFarbanschlag auf das französi-sche Generalkonsulat in derHeimhuder Straße verübt.

Paris mitbekommen hast. Das war recht mager was dazu in Deutschland ange-kommen ist.

Es war mager hinsichtlich der Medien? Es war auch ziemlich mager was hier inden Medien beleuchtet wurde - eigentlich gar nichts oder fast gar nichts. An derDemo haben 2000-3000 Leute teilgenommen, sie war ziemlich heterogen. VonAnarchist_innen über Leute, die sich bisher im Rahmen der Unterstützungsarbeitgetroffen haben, den Unterstützungskomitees, Jugendliche, linke Parteien. DieDemonstration war von Anfang an kämpferisch und von Anfang an warenunglaublich viele Bullen massiv vertreten. Man kann sagen, dass an diesem Tagin Paris deutsche Zustände geherrscht haben was sonst nicht so üblich ist inFrankreich. Aber so auf den ersten Blick hatte ich so das Gefühl, dass proDemonstranten zwei Bullen da standen, etliche Wege waren mit Gittern abge-sperrt, sie haben seit sehr sehr langem in Paris mal wieder den Wasserwerfergeholt, den sie eigentlich nicht so leicht holen. Das Ziel der Demonstration war esbis vor den Knast zu gehen. Es gab da wieder eine riesige Bullensperre. Nichtsdesto trotz: Die Demo war von Anfang an ziemlich stark, kämpferisch. Einmal amKnast angekommen wurden Feuerwerkskörper gezündet und zwar massenhaft.Die flogen richtig in Richtung Knast und Bullen. Mehrere sind in den Innenhof desKnast gelangt d.h., dass uns die Inhaftierten gehört und gesehen haben und sichmassiv gefreut haben - laut Julien, was uns die Anwältin erzählt hat. Vor denKnast zu kommen war unmöglich wegen hunderten von Bullen. Der Charakter derDemo war trotz der heterogenen Zusammensetzung sehr kämpferisch und sehrentschlossen. Leider gab es nach dieser Demonstration einige Verhaftungen imganzen glaube ich neun oder zehn. Drei davon wurden auch in Polizeigewahrsamgenommen. Denen wird vorgeworfen, sie hätten einen Feuerwerkskörper gezün-det, der einen Bullen am Knie getroffen hat. Dieser musste ins Krankenhaus undkann glaube ich 55 Tage nicht arbeiten. Auf jeden Fall wird das drei derVerhafteten vorgeworfen, sie sind jedoch aus dem Knast raus aber unter richter-licher Kontrolle d.h., sie müssen sich auch immer wieder bei den Bullen meldenund können das nationale Territorium bis auf weiteres nicht verlassen.

Das ist doch schon ziemlich krass für einen doch eigentlich so geringen Vorwurf.

Ich glaube der Vorwurf ist tätlicher Angriff auf Beamte oder Verletzung einesBeamten oder irgendwie sowas. Vielleicht kann ich noch kurz etwas zu Julien sagen. Er wurde diese Woche zweimal vom Richter angehört u.a. auch heute. Nach dieser Woche wird die Anwältinwieder einen Antrag auf Freilassung stellen und was für das Ausland vielleichtinteressant wäre ist, dass die Beweise sie hätten hier schusssichere Westengefunden juristisch wertlos sind und vor allem bezüglich des Zeugen, der anonymgegen Julien ausgesagt hat, gegen den es auch verschiedene Artikel in denMedien gab, weil er ein Verrückter und nicht ernstzunehmen sei. Woraufhin dieBullen Zugeständnisse gemacht haben. Zum Teil haben sie zugegeben, dass erwirklich nicht hundert prozentig ernstzunehmen ist. Er ist der einzige Zeuge, wasbisher der einzige Beweis war, also der aussagte, dass Julien der Chef sei.Dieser ist nun praktisch auch gefallen. Und das einzige was ihnen noch helfenkönnte ist die Beantragung eines Rechtshilfegesuchs gegenüber Italien undDeutschland was sie jetzt prüfen.

Die Staatsschutzabteilung desLandeskriminalamtes ermittelt. DieTat dürfte im Zusammenhang mitder Festnahme von Castor-Gegnern in Frankreich stehen, diedort Bahngleise angesägt hattenund dabei von der Polizei über-rascht wurden.

Zwischen 3.19 Uhr und 4.14Uhrhatten sich der oder die Täter andas Gebäude im HamburgerStadtteil Rotherbaum geschlichen.Dann flogen eine mit roter und fünfmit schwarzer Farbe gefüllteChristbaumkugeln gegen dieStadtvilla und zerplatzten an derFassade. Die Tat wurde von einerPolizeistreife bemerkt, die dasKonsulat als Schutzmaßnahmemehrfach in der Nacht überprüft.Eine gleich nach der Entdeckungeingeleitete Fahndung nach denTätern blieb erfolglos.

Obwohl noch kein Bekenner-schreiben zu dem Farbanschlagvorliegt, ist man sich beimStaatsschutz sicher, dass die Täteraus dem linksautonomen Umfeldstammen. Mehrfach hatte es in derVergangenheit in Hamburg ver-gleichbare Anschläge auf Gebäu-de gegeben.

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Solidarity Pickets in Warsaw10 Dez, 2008

On December 9 Warsaw anar-chists organized solidarity picketsat the Greek and the Frenchembassies. The first took place infront of the Greek Embassy. Theprotestors held pictures ofA l e x a n d r o s - A n d r e a sGrigoropoulos, killed by police afew days ago. The anarchists,besides condemning the murderalso expressed their support forprotestors in Greece, for the plan-ned general strike and the stuggleagainst capitalism and neoliberalreforms in Greece. The chanteddifferent slogans such as"Murderers", "That's what your"democracy" is like", "Solidarity isour Weapon", "Bourgeoisie yourend is near" and "No justice, nopeace". Embassy employees refu-sed to speak to the protestors.After some time, the protest

Also zu schauen, ob es hier noch irgendwelche Straftaten gibt , die er hier verübthaben könnte oder worum geht es da?

Ja oder wahrscheinlich in der ganzen Rede von der ultralinken anarcho autono-men Bewegung, die Kontakt ins Ausland hätte quasi die preterroristische Gruppe,die europaweit oder international organisiert ist. Wahrscheinlich geht es darum.[...]

// Frankreich - kein Waffenstillstand für den 11. November

- erschienen in der Winterausgabe der cette semaine -

„Wir dürfen nicht vergessen, dass es eine Frage von Leben oder Tod ist, die sichfür sie stellt: Falls sie die Maschinen nicht stoppen , werden sie einer Niederlagebegegnen. Den Brunnen ihrer Hoffnungen, -die Sabotage- schöpfend besitzen siegroße Möglichkeiten hin zum Erfolg zu kommen, hierbei jedoch werden sie auf diebürgerliche Empörung und deren beleidigende Schimpfworte stoßen. Abgesehenvon den Interessen, die im Spiel sind, ist es verständlich, dass sie solchenSituationen mit leichtem Herz entgegen gehen und dass die Angst vorVerunglimpfungen seitens der Kapitalisten und ihrer Knechte sie nicht dazu bringtauf ihre Siegesmöglichkeit, die einfallsreiches und mutiges Handeln ist, zu ver-zichten.“

Emile Pouget, Sabotage, 1911

Alle oder fast alle kennen nun die Ereignisse. Am 8.11. haben einige gut platzier-te Hakenkrallen die Oberleitungen der Bahn an vier verschiedenen Punktenbeschädigt, dadurch wurde Chaos produziert und 160 TGV-Züge aufgehalten. Am11.11. verhaftete die Polizei unter heftigem Blitzgewitter der Medien zehn ver-meintlich Schuldige in verschiedenen Städten und Dörfern. Nach dem 96 stündi-gen Verhör werden neun der „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung mitterroristischer Zielsetzung“ beschuldigt und fünf davon eingeknastet, drei vonihnen zusätzlich aufgrund „gemeinschaftlicher Sachbeschädigung“. Seit dem2.12. sitzen noch zwei im Knast von denen einer als „Chef“ der sog. Vereinigungbeschuldigt wird. Die Anwesenheit der Journalist_innen am Morgen derDurchsuchungen, die die folgenden Tage für die Denunziation undVerleumdungen gegen die sog. „Anarcho-Autonomen“ in den Massenmedien ver-antwortlich sind, zeigen nochmal wie sie ein Bestandteil des Dispositiv„Antiterrorismus“ sind. Gierig nach Sensationen, mit Personifizierung, tief im Müllgrabend, spielend und Meldungen, die besser im Müll gelandet wären, sind siedas gut funktionierende, aktive Werkzeug für die erfolgreiche Manifestierung derOperation, die von der Innenministerin angesetzt wurde.

Die Erfahrung der vergangenen Kämpfe sind auf keinen Fall zu leugnen: solcheAasgeier sind Feinde, die im Dienste der Herrschaft stehen. Auch wenn es einpaar Naive oder Dumme gibt, die denken, dass die Medien irgendwelchenEinfluss auf die „öffentliche Meinung“, per Definition imaginär und deshalb nachbelieben formbar, haben könnten, ist mensch nicht überrascht von der beschränk-ten Denkweise wonach wir nur wenn wir mit dem Feind kollaborieren ihm auchschaden können. Während der aktuellen Phase der institutionellen Lüge, beob-achten wir den progressiven Aufbau der Figur von „guten“ und „bösen“Terrorist_innen.

Die ersten, dienstbare Feinkosthändler_innen, die Angehörige von ländlichenGemeinschaften und gute Student_innen sind, sind der Gegenpol zu denen, dienicht dem richtigen Bild entsprechen oder sich ganz einfach weigern eine weißeWeste zu zeigen, sobald die Macht sie dazu auffordert. Weit entfernt von denöffentlichkeitswirksamen Anklagen durch gewählte Politiker_innen, Interviews undGerede über die Existenz oder nicht Existenz von „Beweisen“, vergammeln eini-ge andere Genoss_innen (aufgrund von DNA-Spuren) wegen des vermeintlichenVersuchs ein Polizeiauto anzuzünden schon seit mehreren Monaten im Knast,auch sie beschuldigt den „Anarcho-Autonomen“ anzugehören.

moved up the block to the FrenchEmbassy. Passing the Parliament,just next to the Embassy, a sirenwas sounded and anarchists yel-led "Watch out! Anarchists arecoming!". At the French Embassythe protestors expressed their soli-darity for the Tarnac 9. They alsocriticized the politics of Sarkozy. Atthis time, the police tried to put anend to the protests but part of thepeople are grouped and went backto the Greek Embassy, part ofthem going through the terrain ofthe parliament. The police decidedthat the group, now down to just alittle over a dozen people weresome "potential terrorist threat" tothe Embassy, which promptedsome laughs. A few people spon-taneously decided to TP theEmbassy. The anarchists promi-sed to come back in the next fewdays in a bigger group and protestagain.

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Erklärung: der unbeschreiblichenwut ausdruck verleihen!16 Dez, 2008

in den morgenstunden des 16.dezember 2008 haben wir in ber-lin-treptow in der bulgarischenstrasse ein bullenrevier und diedavor parkenden fahrzeuge mitsteinen und farbflaschen attak-kiert. diese aktion haben wir ange-sichts des laufenden verfahrensgegen drei angebliche mitgliederder militante gruppe, den verhaf-tungen von aktivistinnen in frank-reich anfang november, der ermor-dung von alexandros durch bullenam 6. dezember in athen und derfreisprüche der bullen am 8.dezember, welche für den tod vonoury jalloh verantwortlich sinddurchgeführt.

seit dem 25. september 2008 fin-det vor dem berliner kammerge-richt der prozess gegen axel, flori-an und oli statt. sie sollen als mit-glieder der militanten gruppe am31. juli 2007 in brandenburg an derhavel versucht haben mittelsbrandzündern fahrzeuge der bun-deswehr zu zerstören. unser bei-trag zum weltweiten aktionstag insolidarität mit den drei angeklag-ten am 13. dezember.

Andere, einige davon illegalisierte Migrant_innen, wurden eingesperrt, weil siebeschuldigt werden den Abschiebeknast in Vincennes angezündet zu haben, wasanhand von Videomaterial nachgewiesen werden soll. Andere aus Villiers-le-Belentgegen diesen „Unschuldigen“ schuldig weil sie versuchen außerhalb derLohnarbeit zu überleben, werden täglich mit der Anschuldigung „kriminelleVereinigung“ konfrontiert.

A priori, stellen sich die einen nicht den anderen entgegen.

Außer wenn mensch die Kategorien der Macht zu ihrer/seinen eigenen macht.Macht die das einzige ist, was kategorisiert was terroristisch ist und was nicht.Außer wenn mensch die Trennung zwischen „politischen“ und „sozialen“Gefangenen bestätigt. Außer wenn mensch mit Absicht vergisst - wie die meistender Namen der Unterstützungskomitees es zeigen („für die Tarnac 9“), dass ande-re schon früher gefallen sind und andere vielleicht nachkommen werden. Außerwenn mensch bereit ist, im Namen der „Unschuld“ der einen alle "schuldigen", dietäglich davon betroffen sind, aufzuopfern (obwohl „die Beweise“ und die „innereÜberzeugung des Richters" juristische Konzepte bleiben, die oft genutzt werden -ob wir damit einverstanden sind oder nicht). Außer wenn wir irgendwelchenNutzen daraus ziehen, und den Herrschenden helfen de facto eine Trennungsliniezwischen die „guten“ und die „bösen“ zu ziehen: zwischen denjenigen, die sichlustvoll zum Hauptgebäude einer Zeitung begeben, um über ihr Leben zu berich-ten und oft auch über das der anderen, und die, die vorm Mikrofon schweigen, zwi-schen denjenigen, die sich mit den beruflichen Intellektuelle - vom Staat bezahlt -anfreunden und denjenigen, die mit jeglicher Form von Spezialisierung brechenwollen.

Zwischen denjenigen, die ihre Meinungen in Plena mit gewählten Politiker_innenteilen und denjenigen, die Parteisitze angreifen. Um es kurz zu halten, zwischendenjenigen, die mit der Macht reden und denjenigen, die definitiv nicht mehr zuretten sind sind:

Verrückte, die immernoch die Macht angreifen anstatt sie zu reproduzieren (mitihren Kategorien, ihren Rollen und Hierarchien) - sie so zu reproduzieren bedeu-tet nämlich auch sie zu stärken.

Aber lasst uns zu den Fakten zurückkommen. Bedeutet gegen die Demokratie zusein und für eine freie Selbstorganisierung zwischen Individuen, gegen jeglichesrepräsentative System vielleicht „Terrorist_in“ zu sein? Die Sabotage zu verteidi-gen, genauso wie alle anderen Instrumente des Kampfes, ohne Hierarchien unter-einander zu haben - bedeutet das „Terrorist_in“ zu sein? Konsequent für die tota-le Zersörung von Staat und Kapital zu kämpfen, also Anarchist_innen zu sein,bedeutet „Terrorist_innen“ zu sein? Böse Absichten zu haben, sie zu unterstützen,darüber zu sprechen und darüber zu schreiben, bedeutet „Terrorist_innen“ zusein? Während der Kämpfe Mittäter_innen zu entdecken, mit ihnen Affinitäten zuentwickeln bedeutet an sich eine „kriminelle Vereinigung“ zu sein? Wenn das derFall ist, dann drei mal „ja“. Wir übernehmen lauthals die Verantwortung für unsereLeidenschaft für Freiheit und die Folgen, die sich daraus ergeben. Die selbeLeidenschaft, die viele Unbekannte bewegt. Leute, die weit entfernt von denmedialen Sirenen täglich gegen die Herrschaft kämpfen. In dieser Welt, die aufAusbeutung, Umweltzerstörung, Krieg und Miseren basiert, ist es sicherlich nichtals kriminell zu bewerten untätig zu bleiben, wartend auf den Moment, in dem allesuntergeht oder zynischerweise die Momente zu zählen und dabei zu hoffen, dassjede_r für sich zurechtkommt, vereinzelt jede_r in ihrem/seinen kleinen Käfig. DieDemokratie, das System zur mehr oder weniger autoritären Führung desKapitalismus ist nicht das kleinere Übel. Bis jetzt hat die Demokratie vor allemBeweise für ihre Pleite erbracht: Die Welt, die sie dominiert, bleibt eine Welt der Unterwerfung und Entbehrungen.Es handelt sich um ein System, das vorgibt an der Verwaltung von Desastern mit-beteiligt sein zu können d.h. an seiner Selbstaufhebung, dabei die Gesellschaftanstachelnd sich in Klassen aufzuteilen, dies zu verdecken indem dieWidersprüche durch permanente Befriedung absorbiert werden. Auf die selbe Artund Weise ist der Staat eben nicht das neutrale Instrument,

das den Markt reguliert. Er ist vielmehr einer seiner Verbündeten wie zu Zeiten der„Finanzkrise“ wieder deutlich wird, wo massive Geldspritzen die Banken undUnternehmen retten sollen während sich die Umstände der Ausbeutung ver-schlimmern und das Durchhalten bis zum Ende des Monats immer schwierigerwird.

Ja, wir wollen den Staat abschaffen, ihn nicht erobern, denn er ist wie seineKnäste, seine Bullen und seine Gerichte, die bloß seine Spiegelbilder sind, eineder Säulen der tödlichen Welt. Was den Kapitalismus angeht, der vor allem einsoziales Gefüge ohne Herz und Gefühl ist, liegt es an uns allen ihn in seinen täg-lichen Erscheinungen zu bekämpfen. In der sog. „globalisierten“ Ökonomie, dieauf permanenter Zirkulation beruht, hat der Warenfluss (menschlicher wie auchnicht-menschlicher) an großer Bedeutung gewonnen. Es ist deshalb normal, dassdas Blockieren dieses Flusses wieder überall aufgetaucht ist und die Kämpfe derletzten Jahre, wenn sie auch keine harten Schläge erzielen konnten, doch wenig-stens zur Grundsteinlegung neuer Machtbeziehungen gedient haben (von derCPE bis zum Bahnarbeiter_innenstreik Februar 2008 in Frankreich, aber auch derBahn in Deutschland 2007 oder in Val di Susa in Italien 2005). Solche antikapita-listische Kritik, die sich über die direkte Aktion ausdrückt und die von sehr vielenIntellektuellen als unnütz, überholt oder kriminell verurteilt wird, wurde von vielenAusgebeuteten in ihren Kämpfen erprobt, weil sie es am eigenen Leib gespürthaben. Das Blockieren der TGVs (durch Beschädigung der Oberleitungen oderBrand der Kabel wie im November 2008) - diese zerstörerischen Maschinen, dieauch dafür verantwortlich sind, dass sich der Warenfluss (1)beschleunigt - warkein Zufall sondern Frucht der gemeinsamen Erfahrungen der letzten sozialenKämpfe. Nicht zu vergessen, dass Sabotage eine sehr verbreitete Praxis ist, dieihren Ursprung immer im Herzen der Ausbeutung gefunden hat - sei es umder/dem Chef_in Zeit zu stehlen oder um Sachschaden gegen die Dinge anzurich-ten, die uns jeden Tag mehr unterdrücken.

Wovor die Macht Angst hat sind nicht die lieben, netten Demos von denGewerkschaften betreut, während der großen Tage der Untätigkeit sondern diffu-se und anonyme Handlungen zu propagieren, die sich in den permanenten sozia-len Krieg einschreiben ohne jegliche Art der Trennung. Und genau in denMomenten, in denen der Druck gegen die Dissident_innen der wirtschaftlichenDemokratie aufsteigt sieht die Macht keine anderen Auswege als ihreVergangenheit, Ideen oder einfach ihre Widersprüche zu negieren. Solch perma-nente Erpressung abzulehnen, wird auch zu einer Frage der Integrität - eine derwenigen Sachen, die uns der Staat nicht wegnehmen kann. Wer auch immer dieUrheber_innen der Sabotage des vergangenen Novembers sein mögen - wir drük-ken unsere Solidarität mit ihren Handlungen aus.

Auf die gleiche Art und Weise liegt es uns am Herzen nicht einfach gegen dieRepression, die vorgibt eine „unsichtbare Zelle“ zerschlagen zu haben,Unterstützung, die klarerweise nur von außen und dem angepasst, was sie sindoder zu was sie gemacht werden (die Beschuldigten Anm.d.Red.), anbieten, son-dern Solidarität gegen den Staat und all seine Knechte. Eine Solidarität, die wiedie Revolte nicht exklusiv sein kann sondern sich an all diejenigen richtet, die fürdie Freiheit kämpfen. Wenn die Unschuldigen unsere Solidarität verdienen, danndie Schuldigen noch mehr!

Anarchist_innen trotz allem

*Erinnert euch daran, das der nuklear Müll oder Gefangene (wie hunderte Sans-Papiers nach dem Brand von Vincennes in dem TGV waren von Paris nach Nimes) sind auch Teil dieses Flusses...

in den morgenstunden des 11.november 2008 wurden in frank-reich mehrere aktivistinnen vonden französischen bullen unterdem vorwurf des terrorismusinhaftiert, sie sollen eine kriminellevereinigung gegründet haben undmilitante anschläge mit bezug zumcastortransport durchgeführthaben, zum teil drohen lange haft-strafen. freiheit für die inhaftierten!

in den abendstunden des 6.dezember 2008 wurde der 15-jäh-rige alexandros grigoropoulos inathen gezielt von bullen erschos-sen. unsere wut und trauer lassenwir durch taten sprechen. für den20. dezember wird zu einem welt-weiten aktionstag aufgrufen - wirunterstützen diesen aktiv!

am 7. januar verbrannte oury jal-loh in einer zelle im bullenrevier indessau. die am diesem tag dienst-habenden bullen wurden am 8.dezember 2008 vom vorwurf derkörperverletzung mit todesfolgeund fahrlässige tötung freigespro-chen, damit wurde wieder einmalein eindeutiges zeichen gesetztauf welche seite die gerechtigkeitsteht.

gegen bullen, staat und kapital! ag im gedenken an alexandros

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Angriff auf Franzoesisches Institutin Athen21 Dez, 2008

Angriff auf das staatlicheFranzoesische Kulturinstitut inAthen mit Steinen und Mollis. Wiezahlreiche griechische Zeitungenberichten:

Eine groessere Gruppe vonMenschen attackierte am FreitagVormittag das staatlicheFranzoesische Kulturinstitut inAthen in Solidaritaet mit denTarnac 9, den in Frankreich ver-hafteten AktivistInnen, denen u.a.vorgeworfen wird mitHakenkrallen den Zugverkehr imZusammenhabg mit dem CastorTransport von Frankreich nachGorleben unterbrochen zu haben.Mit Steinen und Haemmern wur-den zahlreichen Glastueren des

// Solidarität mit Yldune, Julien, Mathieu, Manon, Gabrielle, Elsa, Binjamin, Bertrand und Aria

In Frankreich werden neun Menschen beschuldigt, Mitglied einer kriminellenVereinigung mit terroristischen Zielen zu sein. Zwei von ihnen sitzen seit dem11.9.08 im Knast. Insgesamt fünf seien observiert bzw. kontrolliert worden, als siesich in der Nähe von Bahnstrecken des Hochgeschwindigkeitszuges TGV aufhiel-ten, wo es später aufgrund von Hakenkrallen in den Oberleitungen zu zahlreichenVerspätungen im Zugverkehr kam. Zeitlich fiel dies zusammen mit Arbeitskämpfender Bahnarbeiter_innen und dem anstehenden Castor-Transport aus Frankreichnach Deutschland. Während den Hausdurchsuchungen bei den Beschuldigtenseien neben Eisenrohren und Schweißgeräten "anarchistische Literatur" gefundenworden.

Das erinnert doch sehr an einen Fall in der Bundesrepublik. Auch hier wird derVorwurf erhoben, sieben Berliner seien Mitglied einer zunächst "terroristischen",inzwischen "kriminellen Vereinigung" - der Militanten Gruppe. Drei von ihnen sol-len bei einer militanten Aktion beobachtet worden sein: Der versuchten Zerstörungvon Bundeswehrfahrzeugen. Das war im Sommer 2007, einige Zeit bevor derdeutsche Bundestag über die Verlängerung des Afghanistaneinsatzes derBundeswehr entscheiden sollte. Auch in Berlin wurde bei denHausdurchsuchungen linke Literatur entdeckt: Neben einem Minihandbuch fürMilitante waren es Werke von Karl Marx bis Karl-Heinz Roth.

Politische Repression und die Kriminalisierung linker Politik erfordert eine politi-sche Antwort. Solidaritätsarbeit kann sich mit den Vorwürfen politisch auseinandersetzen. Das ist nicht leicht und konfliktgeladen. Wir versuchen es trotzdem.

Unseren französischen Freund_innen und Genoss_innen wird von Politikern undMedien vorgeworfen, internationale Kontakte in die USA, nach England, Belgien,Italien, Griechenland und Deutschland zu pflegen. Angesichts der Globalisierungist uns schon lange klar, dass internationale Kontakte, Netzwerke undOrganisierungen notwendig sind, um dem internationalen Kapitalismus wirksametwas entgegenzusetzen. So haben wir uns an internationalen Mobilisierungenbeteiligt und sind zu politischen Protest-Events gereist. Zum G8-Gipfel 2007 inHeiligendamm haben wir in unseren Zusammenhängen, in der Interventionisti-schen Linken, bei dissent, im revolutionären Bündnis besonders auf internationa-le Kontakte gesetzt und beispielsweise auf den Sozialforen für die Proteste mobi-lisiert. Wir haben dabei solche Menschen angesprochen wie diejenigen, die jetztin Frankreich des Terrorismus beschuldigt werden. Und das gilt ebenso für die lau-fende Mobilisierung gegen den NATO-Gipfel in Strasbourg und Baden-Baden imApril 2009. Bei den dort geplanten Aktionen des zivilen Ungehorsams brauchenwir unsere französischen Genoss_innen. Sie müssen raus aus dem Knast. Wirwollen mit ihnen gemeinsam auf den Straßen in Deutschland und Frankreich füreine Welt ohne NATO und ohne Kriege kämpfen. Das verstehen wir als Teil unse-rer internationalistischen Politik. Unseren französischen Freund_innen undGenoss_innen wird eine militante Praxis vorgeworfen. Linke französischeGewerkschaften verstehen diese Militanz als Beitrag zu ihren Arbeitskämpfen.Auch wir setzten in Heiligendamm bewusst auf regelverletztenden Protest undWiderstand. Auch beim Castortransport gehören Gesetzesverstöße - vonSitzblockaden bis zu Hakenkrallen - zum Repertoire. Es ist legitim, sich auch mitdiesen militanten Formen der Atompolitik entgegenzustellen. Es ist legitim, mitHakenkrallen in Arbeitskämpfe einzugreifen, gegen Castortransporte und gegenkapitalistische Ströme vorzugehen. Und zum Bau von Hakenkrallen braucht manMetallrohre und Schweißgeräte.

Unsere Freund_innen und Genoss_innen in Frankreich, ebenso wie inDeutschland, werden in den schwärzesten Farben gemalt. Staatsanwälte, Politikerund Medien werfen ihnen vor, Terroristen und Kriminelle zu sein. Wenn sie unterTerrorismus meinen, für eine Gesellschaft zu kämpfen, in der Ausbeutung undUnterdrückung überwunden sind, dann sind auch wir Terroristen. DiesesVerbrechen gestehen wir ein. Auch wir überlegen am kommenden Aufstand undwie wir ihn vorbereiten können.

des Eingangsbereiches zertruem-mert, an die Aussenwand Parolenangebracht und schliesslich dassogannte Pfoertnerhaeuschen,nachdem die WaerterInnen zumVerlassen aufgefordert wurden, inBrand gesteckt. Es gab keineFestnahmen.

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löwendenkmal in luzern mit farbeverunstaltet20 Jan, 2009

“es freut uns euch mitteilen zudürfen, dass wir das löwendenk-mal in luzern mit farbe verunstaltethaben. dies taten wir nicht auslangeweile, nein dieses scheissdenkmal steht für die gefallenenschweizer söldner, welche wäh-rend der französischen revolutionden könig bis aufs letzte verteidigthaben.

am 11.11.08 sind in frankreich 9leute verhaftet worden, ihnen wirdvorgeworfen mehrere sabotageakte auf TGV züge verübt zuhaben. europa befindet sich imsicherheits wahn, mit antiterrorge-setzen wird versucht dem feindherr zu werden.

wer sich gegen die herrschendeordnung auflehnt, wird alsterroristIn bezeichnet und mit hilfevon antiterrorgesetzen überwacht,schickaniert und weggesperrt. soging es auch den verhafteten infrankreich, welche sich mit einemterrorismusvorwurf konfrontiertsahen.

zwei leute befinden sich immernoch in u-haft, der rest wurdeunter hausarrest gesetzt. unseretat ist zwar nur symbolisch, aberein zeichen unserer solidarität mitden verhafteten und allen, die sichder herrschenden ordnung wider-setzen! denn dieses denkmalsteht für die verteidigung der herr-schenden, so wie auch die antiter-ror gesetze unserer zeit! auchwenn ihr jetzt heult uns hats spassgemacht! alle tage sabotage! frei-heit für julien und yldune! freiheitfür alle politischen gefangenen!

Das Pressebüro”

Erklärung: Die Handlanger derAtomlobby angreifen23 Jan, 2009

Im Vorfeld des Castortransportes2008 wurden zu unserer Freudein Frankreich und Deutschlandmehrere Bahnstrec-ken durchHakenkrallen sabotiert. Kurz dar-auf kam es in Frankreich zuVerhaftungen von 9 Genos-sInnen, welche beschuldigt wer-den Mitglieder einer terroristi-schen Vereinigung und für dieSabotageaktionen verantwortlichzu sein. Einer von ihnen befindetsich immer noch in Haft.

Es ist leider nichts neues, dass inFrankreich AktivistInnen auf derGrundlage der Antiterrorgesetzeeingesperrt werden. Bereits imJanuar 2008 kam es zurInhaftierung von 5 Personen, dievon Presse und Bullen als Teileiner „ultralinken, Anarcho-auto-nomen" Bewegung bezeichnetwerden, und seit dem in denKerkern der französischen Justizauf ihren Prozess warten.

Diese Vorgehensweise scheintbei den europäischen Sicherheits-behörden gerade stark im Trendzu liegen. Auch die deutschenStaatsschützer bastelten fleißigan ihren Terrorismus-konstruktio-nen, welche vorerst in dem nochlaufenden Prozess gegen ver-meintliche Mitglieder der militan-ten gruppe gipfelten, in Griechen-land sitzen seit dem Aufstand imDezember 13 junge Menschen imKnast, die sich ebenfalls mit demAntiterrorpara-graphen konfron-tiert sehen.

Deshalb haben wir im Rahmender Aktionswoche für die Tarnac9in der Nacht zum 22.01.2009, 5Autos der Deutschen Bahn inBerlin abgefackelt.

Solange die Deutsche Bahn ihrSchienennetz für die Castortrans--

Denn wir wollen eine andere, bessere Welt. Und wer die herrschendenVerhältnisse überwinden will, muss etwas gegen sie tun. Das, was unserenFreund_innen und Genoss_innen vorgeworfen wird, ist ein notwendiger Beitragdazu.

Unsere Freund_innen und Genoss_innen in Frankreich, dem Land der Revolutionvon 1789, hätten sich von der Action Directe inspirieren lassen. Als Menschen, dieunter Solidaritätsarbeit auch verstehen, linke Politik zu verteidigen, sehen wir kei-nen Anlass, diese Meldung der britischen Times zurückzuweisen. DieGenoss_innen der Action Directe und anderer Stadtguerillagruppen wie RAF undRoten Brigaden wollten auch nur die Revolution. Warum sich nicht bei ihnenInspirationen holen?

Temporäre Gruppe Ziviler Ungehorsam

// Solidaritätserklärungen mit von Repression betroffenen GenossInnen

In Frankreich gab es am 11. November eine Razzia, neun Menschen werdenbeschuldigt Mitglied einer kriminellen Vereinigung mit terroristischen Zielen zusein, vier von ihnen sind inhaftiert. In Düsseldorf findet ab 8. Dezember einProzess gegen Heike Schrader statt, der Mitgliedschaft in einer terroristischenVereinigung vorgeworfen wird. Das Einstellungsbündnis erklärt jeweils seineSolidarität. Solidarität mit den GenossInnen in Frankreich

Am 11. November 2008 führte die französische Polizei eine der größten Razziender letzten Zeit in Frankreich durch. Die Polizei durchsuchte verschiedeneGebäude und Wohnungen in Paris, Rouen, Limoges, der La Meuse Region und indem in der Mitte Frankreichs gelegenen Dorf Tarnac durch. Zehn Personen wur-den in Gewahrsam genommen, neun wurden inzwischen beschuldigt Mitgliedereiner terroristischen Vereinigung zu sein, fünf werden zusätzlich mutwilligeSachbeschädigungen vorgeworfen. Diese sind seitdem inhaftiert. Sie werdenbeschuldigt „gemeinschaftliche Sachbeschädigung mit terroristischem Ziel“ durch-geführt zu haben. Die ErmittlerInnen beziehen sich hier auf die Sabotage amSNCF-Hochgeschwindigkeitszugnetz. Einer der Beschuldigte wird als „Anführereiner terroristischen Zelle“ bezeichnet. Als Beleg für terroristische Aktivitäten prä-sentierte die Polizei: Eisenstangen, Schweißgeräte, Kletterausrüstung und „anar-chistische Literatur“.

Die Anwälte haben bisher keinerlei Einsicht in die Ermittlungsakten erhalten.Offiziell angegebener Hintergrund der Razzien waren Sabotageaktionen durchHakenkrallen gegen Bahnstrecken des Hochgeschwindigkeitszuges TGV an vierStellen. In Frankriech kritisierten verschiedene Gewerkschaften (darunter SUD railund die CNT), dass Sabotageaktionen, die von ihnen als legitimes und historischwichtiges Kampfmittel der ArbeiterInnenbewegung betrachtet werden,

porte zur Verfügung stellt, wirdder Konzern auch immer wiederZiel unseres Protestes sein.

Solidarität heißt Angriff einige „ultra-linke-anarcho-auto-nome"

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Goldene Hakenkralle

Hakenkrallen wurden bislang vorallen Dingen gegen Atommüll-transporte in der BRD eingesetzt,wobei "made in germany" vermut-lich nicht als copyright zu verste-hen ist. An dieser Stelle nur einHinweis auf zwei, brillant geplantund durchgeführte, Aktionen: Am7. Oktober 1996 wurden an 12Orten in Deutschland Hakenkral-len in Oberleitungen gehängt, am25. Februar 1997 an 8 weiterenOrten in Norddeutschland. „Auto-nome Gruppen“ verschickten einausführliches Kommu-niqué undforderten den Ausstieg derDeutschen Bahn aus den Castor-Transporten. Die Bundes-anwalt-schaft leitete Verfahren nach§129a ein, am 6. Juli 1999 folgtenmehrere Durchsuchungen. Sang-und klanglos wurden die Verfah-ren vier Jahre später eingestellt,nicht ohne wieder einmalbeträchtliches Material über links-radikale Zusammenhänge ge-sammelt zu haben.Damals bilde-te sich eine Solidaritätsgruppe"Goldene Hakenkralle", die denVorwürfen, mit vielfältigenAktionen, offensiv entgegentrat!Wer mehr über "damals" wissenwill, findet weitere Infos unter:

http://www.nadir.org/nadir/initia-tiv/gold/

als Terrorismus diskreditiert werden. Auch in Deutschland versuchen immer wie-der die GegnerInnen der Atompolitik auf die Verantwortung derBahngesellschaften hinzuweisen und den Castorttransport aktiv zu blockieren undzu sabotieren. Die Bahn - auch in Frankreich - profitiert von denAtommülltransporten zwischen Frankreich und Deutschland. Statt sich zu weigern,diese Fracht zu transportieren, verdienen die Unternehmen daran.

Der Protest gegen die Castortransporte ist legitim und wichtig. Auch von uns, demEinstellungsbündnis für die Einstellung der 129 (a)-Verfahren, waren im Novemberviele an den Protesten beteiligt. Auch deswegen erklären wir uns solidarisch mitden Festgenommenen. Denn warum auch immer der französische Staat meint, dieFestgenommenen kriminalisieren zu müssen, wir sehen uns als Teil einer interna-tionalen Bewegung gegen die Atompolitik. Wir erklären uns solidarisch mit denBeschuldigten. In ganz Europa versuchen Regierungen über so genannte Anti-Terrorgesetze, linke Politik zu kriminalisieren und AktivistInnen unterTerrorverdacht zu stellen. Die Vereinheitlichung europäischer Terrorismus-geset-ze, Vorratsdatenspeicherung, der Ausbau bestehender Datenbanken sowie diegrenzüberschreitende Polizeizusammenarbeit sind nur einige der neuenBausteine europäischer Sicherheitsarchitektur. Ob in Griechenland, Österreich,Frankreich oder Deutschland, die Verfahren dienen überall der Kriminalisierungvon Widerstand.

Den Festgenommenen und Beschuldigten wünschen wir viel Mut und Kraft undmassenhafte Unterstützung! Solidarität ist eine Waffe, nutzen wir sie im notwendi-gen Widerstand gegen die Profiteure von Atompolitik, Krieg und Grenzpolitik!

Einstellungsbündnis im November 2008

// Über Sabotage als eine der schönen Künste

[Übersetzung von 325collective.com]

Der folgende Text wurde von einigen GenossInnen im Zusammenhang derVerhaftungen vom 11. November geschrieben und soll im weiten Umkreis verbrei-tet werden. In Zeiten der "Krise", wenn der Staat die Kapitalisten mit MilliardenDollar überhäuft, versucht er ein weiteres Mal einige "böse Rebellen" zu isolieren,um sie alle zu eliminieren. Wir werden dieses betrügerische Spiel nicht mitspielen.

Mensch muss wirklich blind sein, um in Sabotage nicht die klassische Waffe derAusgebeuteten zu erkennen. Und ein schlechtes Gedächtnis dazu, um zu verges-sen, dass RebellInnen in keinem sozialen Krieg darauf warten, das sich alle bewe-gen, bevor sie damit beginnen ihre Wut auszudrücken.

Von den Riots [in den Banlieus] im November 2005 zu den Riots gegen [dasErsteinstellungsgesetz] CPE im Frühling 2006, von Fabrikbesetzungen und denEntführungen von Bossen zu den ungezählten Sabotageaktionen während derKämpfe der BahnarbeiterInnen im November 2007 wurde es vielen Menschenklar, dass unsere Situation, dass Ausbeutung und Elend nicht durch Betteln been-det werden kann.

In dieser Gefängnis-Gesellschaft wird von uns erwartet, dass wir glauben, in derbesten aller möglichen Welten zu leben: In der Waren-Demokratie. Und sie versu-chen mit Elektroschockern und Stimmzetteln uns zu zwingen, es zu glauben. DieKriege und die Vergiftung des Planeten für Geld erinnern uns nichts desto trotzunmissverständlich daran, dass Kapitalismus ein System ist, dass mit dem Todhandelt und dass der Staat kein Freund ist, sondern ein Feind.

Und so müssen wir den Kampf erwidern, um zu zerstören was uns zerstört.Kämpfen, individuell und kollektiv, wo immer wir sind, für eine Welt befreit von denFesseln der Ausbeutung und Unterdrückung. Wir dürfen uns nicht von ihren

Strafgesetzbüchern und ihrer Moral diktieren lassen, waswir tun. Es ist unsere Wut und unsere Ethik, die uns leiten.

Am 11. November wurden zehn Personen im Zuge einerneuerlichen Aktion des Terror-Ministeriums festgenom-men und beschuldigt, am Wochenende zuvor dieOberleitungen [der französischen Bahn] SNCF sabotiertzu haben. Journalistische Bullen, PolitikerInnen undSchakale kamen von allen Seiten herbeigeeilt, um eineimaginäre "anarcho-autonome" Bewegung zu denunzie-ren. Unter dieser Überschrift einer "Vereinigung vonKriminellen mit terrroristischen Zielen" waren bereits dreiGenossInnen verhaftet, und einige für neun Monate fest-gehalten worden. Sie sollen im Mai 2007 versucht habenein Polizeifahrzeug in Paris in Brand zu setzen, als dieWut explodierte, um den zu dieser Zeit gewähltenPräsidenten [Sarkozy] zu begrüßen.

In Zeiten der "Krise", wenn der Staat die Kapitalisten mitMilliarden Dollar überhäuft, versucht er ein weiteres Maleinige "böse Rebellen" zu isolieren, um sie alle zu elimi-nieren. Was interessiert es, ob sie schuldig sind odernicht; wir überlassen diese Kategorien den Robe tragen-den Kröten und ihren Handlangern.

Weil die Leidenschaft für die Freiheit nicht in eineA.B.K.Ü.R.Z.U.N.G. gequetscht werden kann, fürchten dieHerrschenden nichts so sehr, wie die Verbreitung undanonyme Wiederholung dieser Angriffe. Solidarität gegenStaatsterrorismus, mit allen Mitteln, die ihr für angebrachthaltet.

Lasst uns die Züge der alltäglichen Routine zumEntgleisen bringen.

12. November 2008

// Demonstration in Paris am 31. Januar Sabotiert die Terrorismusbekämpfung!

"Was wird angegriffen ? Unsere Kämpfe, unsere Worte,unsere Lebensweise, unsere Waffen, unsereFreundschaften und die Möglichkeit sich der herrschen-den Verhältnisse entgegenzusetzen" zitiert der Aufruf zurfrankreichweiten Anti-Repressions-Demonstration desUnterstützungskomites in Tarnac für die 9 Menschen, dieam 11.November unfein aus ihren Betten direkt in denKnast befördert wurden. Einer von Ihnen, Julien, bleibtzumindest bis zum 30. Januar im Gefängnis. Dannbesteht für ihn wieder die Chance, einenHaftfreilassungsantrag zu stellen, der dann wie schon imDezember, vom Oberstaatsanwalt mittels eines "référé-détention" abgelehnt werden kann (hier auf englischerklärt). Mittlerweile wurde der anonymeHauptbelastungszeuge gegen Julien als "Mythomane"entlarvt. Wieso wurde das nicht längst auch fürInnenministerin Michèle Alliot-Marie diagnostiziertwurde?

Der Aufruf trifft es auf den Punkt, auch ein Grund weshalbes zu einem breiten Bündnis kam um diesen Aktionstagstark zu machen:

"'Kriminelle Vereinigung', 'kriminelle Vereinigung imZusammenhang mit einer terroristischen Vereinigung' sindTeil dieser kleinen Kriegsmaschine, mit der man regiert. InTarnac wie in Villiers-le-Bel, in Goutte d'or, wie inVincennes, dieselben Methoden, auch im Krieg. Bushhatte uns gewarnt: 'Der Krieg gegen den Terror wird ohneEnde sein'. Heute ist es der gemeinsamen Horizont allerRegierungen....".

Es geht nicht nur um Julien, Yldundie und die 7 anderenaus Tarnac, sondern auch um Isa, Damien, Farid, Ivan,Paco, Bruno, die Verhafteten von Vierzon und Vincennes!Es geht aber auch um all diejenigen, die sich von derSituation eingeschüchtert fühlen, gelähmt, verunsichert,immobil.

Der Anti-Repressionstag, mit dem Motto "sabotiert dieTerrorismusbekämpfung" mit der Demonstration in Parisist breit angelegt. Es gibt kein eiheitliches Motto, jedeRkann sich einbringen wie er/sie das möchte. Die Ansätzesind sehr verschieden: Solidarität für die Tarnac9 oderSolidarität mit den früheren Betroffenen des "Anti-TerrorGesetzes". Es gelang noch immer nicht, der Öffentlichkeitdie Unfaßbarkeit dieses Gesetzes transparent zu machen.Es wird von vielen Teilen der Bevölkerung unterstützt,während die Forderung nach seiner Abschaffung zurück-haltend sind.

Viele haben den Ansatz, die Repressions-politik ausser-halb des "Terror-Paragraphen" anzuprangern, weil esSinn macht das Gesamtbild wiederzugeben von demTarnac und Co in gewisser Weise die Spitze desEisberges sind. Repression gegen "sans papiers" (Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung ), Schüler undStudenten, Antifa-Aktivisten, Vereine und Gruppen diesich für Migranten stark machen werden regelrecht ver-folgt, überwacht, verhaftet und verhört. Unangemessenhohe Strafen für Bagatelldelikte gehören zu den beinahtäglichen Nachrichten, allerdings nicht in denMassenmedien.

Ein Klima der Unsicherheit entstand, nicht zu wissen wieweit noch gegangen werden kann, was legal ist und wasnicht, was verfolgt wird und was nicht, komme ich vonder nächsten "manif" nicht nachhause sondern finde michim Knast wieder, für seit Dezember bis zu 140 Stunden inUntersuchungshaft, ohne weitere Begründung ausserhalbder Tatsache dass eine politische Veranstaltung besuchtwurde?

Die Gesetzeslage ist in vielen Bereichen unklar, daInnenministerium und Sarkozy gerne daran modifizierenund diese auch gleich verabschieden, wenn gerade nie-mand hinsieht. Monate später erst, wenn eineEinspruchspflicht abgelaufen ist, werden dieModifikationen in die Tat umgesetzt.Nichtsdestotrotz, mitRepression kommt der Widerstand: Selten in den letztenJahren wurde in Frankreich soviel geschrieben, prote-stiert, Solidarität kundgetan, vernetzt, Bündnisse einge

gangen, organisiert und rebelliert.Seit Sarkozys' Wahlzum Präsidenten wurde auf schlecht besuchten Demos"France, reveille toi" gerufen, "Frankreich, wach auf!".

Es scheint, als habe die Innenministerin mit derMedienmontage um Tarnac dahingehend fleissig mitge-holfen, aber ein Dankeschön ist das sicher nicht wert.Aber es zeigt ein Stück weit die Absurdität der Situation imKontext mit der globalen Wirtschaftskrise und denAufständen in vielen Ländern, wie sie auch Sarkozy fürFrankreich befürchtet. "Regardez ce qui ce passe enGrece!", "Seht was in Griecheland passiert!" wurde erängstlich in der Presse zitiert. Zeitgleich mit weiterenAussagen, die eine Renaissance der "Ultra-Linken"beschwören, von "Terroristen" und "militantenGruppierungen".

Nachdem im Dezember viele Schulen und Universitätenbesetzt wurden und Studenten, Lehrer und Professorenzum Streik mobilisierten, wurde mal eben dieBildungsreform LRU zurückgezogen, eine zweite CPERevolte sollte dann doch nicht riskiert werden. Könnte alsErfolg gewertet werden, würde mensch nicht wissen dassaufgeschoben nicht aufgehoben ist und allenfalls eine auf-keimende Bewegung erstickt wurde.

Alles steht auf Konfrontationskurs: es muss eine extremgefährliche "linke Szene" nachgewiesen werden, um dieMittel zu rechtfertigen, die gegen Proteste gegen die kom-mende Rezession in Stellung gebracht werden.

Eine Kampfansage an den "Anti-Terrorismus" isz unter-wegs, nach Monaten der permanenten Unsicherheit undgravierenden Veränderungen kommt Bewegung in dieBewegung: Aktivisten und Gruppen vernetzen und wehrensich mit einer gemeinsamen Demonstration gegen staatli-che Repression: "L’état d’urgence permanent ne nous faitplus peur; contre l’antiterrorisme comme mode de gouver-nement: Organisons-nous" ("der permanente Ausnahme-zustand macht uns keine Angst mehr; gegen Anti-Terrorismus als Regierungsmodus: Organiseren wiruns!").

Freilassung der Angeklagten des "Anti-Terror Gesetzes"!Strafverfolgungen einstellen!Repression wird einen Wandel nicht verhindern!

// An unsere Richter....(Brief von acht der neun Angeklagten im „Fall Tarnac“)

Vier Monate – und ein Ende der medial-juristischenInszenierung des sogenannten „Fall Tarnac“ ist nicht inSicht. Julien, soll er auf den Weihnachtsmann warten? AufNeujahr? Auf Freitag, den Dreizehnten? Wird er dannmehr Glück haben? Nein, nein, man behält ihn nochetwas im Knast, eingesperrt in seiner Rolle als Anführereiner unsichtbaren Zelle. Da es offensichtlich im Interessevon einigen Personen liegt, diese absurde Maskeradeselbst jenseits des Grotesken aufrecht zu erhalten, müs-sen wir wohl die Rolle der „Tarnac9“, in die man uns hin-eingepresst hat, noch einmal einnehmen, um kollektiveiniges klar zu stellen. Alors voilà... Primo. Während dieJournalisten sogar unsere Papierkörbe durchwühlten,haben uns die Bullen bis in den Arsch geschaut. Das istunangenehm genug. Seit Monaten öffnet ihr unsere Post,hört ihr unsere Telefongespräche ab, verfolgt ihr unsereFreunde, filmt ihr unsere Häuser. Diese voyeuristischenTechniken scheinen euch in vielerlei Hinsicht zu befriedi-gen. Wir, die Neun, wir erleiden sie, wie so viele andereauch. Atomisiert durch eure Prozeduren, neun mal einer,während ihr uns als Verwaltungs- und Polizeiapparat, alsLogik einer ganzen Welt entgegen tritt. Die Karten, siesind gezinkt, und der Scheiterhaufen steht schon bereit.Erwartet nicht, dass wir uns an eure Spielregelnhalten.Deuzio. Selbstverständlich braucht ihr „Individuen“,zu einer „Zelle“ konstituiert, die wiederum Teil einer„Bewegung“ einer Fraktion des politischen Parketts ist. Ihrbraucht das, denn es ist euer einziger und letzter Zugriffauf einen immer grösser werdenden Teil der Welt, dernicht mehr in die Gesellschaft, die ihr zu verteidigen vor-gibt, integriert werden kann. Ihr habt Recht, es geschiehtetwas in Frankreich, doch ganz bestimmt ist es nicht dieRenaissance einer „Ultralinken“. Wir sind hierbei nur einpaar Figuren, nur die vulgäre Kristallisation einesKonfliktes, der diese Epoche durchzieht. Was hier sicht-bar wird, ist nur die medial-polizeiliche Spitze einer gna-denlosen Konfrontation, die von einer Ordnung geführtwird, die alles bekämpft, was beabsichtigt, sie überlebenzu können.Es ist offensichtlich, dass ihr angesichts des-sen, was in Guadeloupe, in Martinique, in den Banlieuesund an den Universitäten, bei den Weinbauern, denFischern, den Eisenbahnern und den Sans-Papiers

geschieht, viel mehr Richter als Professoren bräuchtet,um all dies zu verfolgen. Ihr kapiert gar nichts. Und denktnur nicht, dass die Schnüffler des DCRI (französischerInlandgeheimdienst) euch dafür eine Erklärung werdenliefern können.Tertio. Wir stellen fest, dass es in unserenFreundschaften und „kriminellen Vereinigungen“ mehrFreude gibt als in euren Büros und Tribunalen. Quarto.Für euch mag es selbstverständlich erscheinen, das dieErnsthaftigkeit eures Berufs es verlangt, uns selbst überunsere politischen Ansichten und über unsereFreundschaften auszufragen. Wir haben jedoch nicht imGeringsten das Gefühl, euch dazu irgend etwas sagen zumüssen. Kein Leben wird jemals völlig transparent sein fürdie Augen des Staates und der Gerichtsbarkeit. Und essieht so aus, als werde eure Sicht gerade dort, wo ihr klarsehen wollt, getrübt. Denn es werden immer mehr, die, umeurem Blick zu entkommen, ohne Handy an die Demogehen, die Texte, die sie schreiben, verschlüsseln und all-fällige Beschatter abzuschütteln wissen. Tja, Pech füreuch.Quinto. Seit Beginn dieses „Falls“ scheint ihr derAussage eines lieber anonym bleibenden Mythomanenviel Gewicht einräumen zu wollen. Ihr klammert – wiemutig von euch! – eure ganze Hoffnung an diesesLügengespinst, und an jene Praktik, mit der sichFrankreich schon vor einigen Jahrzehnten alle Ehregemacht hat: die Denunziation. Es wäre schon fast rüh-rend, wenn darauf nicht die Anklage gegen Julien beruhenwürde, und somit der Fortbestand seiner Haft. Wenn dieseArt von „Zeugenaussagen“ nicht willkürliche Verhaftungenrechtfertigen würde – beispielsweise, als Munition perPost an Minister und Parlamentarier verschickt wurde undals im Departement Hérault und im Vorort Villiers-le-Belauf die Polizei geschossen wurde.Fakt ist also, dass dieFreiheit, die uns bleibt, äusserst beschränkt ist, und dassder einzige Bereich, wo wir uns euerem Einfluss entzie-hen können, die Verhöre sind, denen ihr uns regelmässigunterzieht. Dass Juliens Freilassung schon vier Mal ver-

weigert wurde. Dass er unser Freund ist. Dass er nichtsmehr ist, als wir auch sind. Vom heutigen Tag an werdenwir daher der heroische Tradition eines Barlebys folgen:„Wir möchten lieber nicht“. Kurz, wir werden euch über-haupt nichts mehr sagen, solange ihr ihn nicht freilässt,solange ihr die Anklage auf „Anführerschaft“ gegen ihnnicht fallen lässt und die Terrorismus-Anklage gegen unsalle. Zusammengefasst: bis ihr die gerichtliche Verfolgungeinstellt. Für alle, die, wo immer sie sind, kämpfen stattresignieren. Für alle, die nicht an Verbitterung zu Grundegehen, sondern Freude zu einer offensiven Fragemachen. Für unsere Freunde, unsere Kinder, unsereBrüder und Schwestern, für die Unterstützungskomitees.Weder Angst, noch Mitleid. Keine Helden, keine Märtyrer.Gerade weil dieser Fall gar nie ein juristischer war, müs-sen wir den Konflikt politisch austragen. Was die ver-schärften Attacken einer zunehmend absurden Macht beiuns hervorruft, ist nichts anderes, als die Generalisierungvon Selbstverteidigungstaktiken. Überall dort, wo es nötigwird.Nicht neun Menschen sind zu retten, sondern eineOrdnung ist zu Fall zu bringen.

Aria, Benjamin, Bertrand, Elsa, Gabrielle, Manon,Matthieu, Yldune

Der französische Text wurde auch in der Tageszeitung Le Mondevom 16. 3. 09 publiziert.