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W. v. BezoM. 145 zu machen ist. Der obeohte Werth von iUl oder Ms kann vorher oder nachher durch Vergleich mit eiaem Magnete von bereits beikanntem Momente bestimmt werden. Bus vor- Yiufigen Versuchen glaube ich schliessen zu durfen, dass das angedeutete Verfahren sich bei der praktischen Auefiihrung hinreichend einfach gestalten werde, um auch fur die Ver- ticalintensitat brauchbare Bestimmungen zu ergeben. Die langst bekannte, schon in den Bezeichnungen Roth- gluth und W eissgluth zum Ausdrucke gebrachte Thatsache, dass die Zusammensetzung des von einem gluhenden Korper ausgestrahlten Lichtes in hohem Grade von der Temperatur abhangig ist, und dass bei Steigen der letzteren die brech- bareren Strahlen immer starker vertreten werden, hat in neuerer Zeit erhihtes Interesse gewonnen, da ein richtiges Verstind- niss derselben fiir die Beurtheilung electrispher Beleuchtungs- arten von grosster Bedeutung ist. l) Dies veranlasst mich, einen Versuch zu beschreiben, den ich schon vor etwa zehn Jahren gemacht und auch bei Ge- legenheit von Vorlesungen vorgezeigt habe, der die genannte Thatsache in ungemein einfacher und lehrreicher Weise ver- sinnlicht : Bringt man einen horizontal gespannten Draht, am besten einen Platindrsht ”, in die Plamme eines Bunsen’- schsn Gasbrenners, und zwar nahe an die Spitze derselben, so zeigt der Draht in der Mitte eine weissgliihende Stelle, 1) S. Wilh. Siemens, Electrotechn. Zeitschr. 4. p. 113ff. 1884. 2) Nicht zu diinner Eisendraht eignet sich ebenfalls zu dem Ver- suche, warend Eupferdraht fur diesen Zweck nicht zu gebrauchen ist.

Ein einfacher Versuch zur Versinnlichung des Zusammenhanges zwischen der Temperatur eines glühenden Drahtes und der Zusammensetzung des von ihm ausgehenden Lichtes

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Page 1: Ein einfacher Versuch zur Versinnlichung des Zusammenhanges zwischen der Temperatur eines glühenden Drahtes und der Zusammensetzung des von ihm ausgehenden Lichtes

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zu machen ist. Der obeohte Werth von iUl oder Ms kann vorher oder nachher durch Vergleich mit eiaem Magnete von bereits beikanntem Momente bestimmt werden. Bus vor- Yiufigen Versuchen glaube ich schliessen zu durfen, dass das angedeutete Verfahren sich bei der praktischen Auefiihrung hinreichend einfach gestalten werde, um auch fur die Ver- ticalintensitat brauchbare Bestimmungen zu ergeben.

Die langst bekannte, schon in den Bezeichnungen Roth- gluth und W eissgluth zum Ausdrucke gebrachte Thatsache, dass die Zusammensetzung des von einem gluhenden Korper ausgestrahlten Lichtes in hohem Grade von der Temperatur abhangig ist, und dass bei Steigen der letzteren die brech- bareren Strahlen immer starker vertreten werden, hat in neuerer Zeit erhihtes Interesse gewonnen, da ein richtiges Verstind- niss derselben fiir die Beurtheilung electrispher Beleuchtungs- arten von grosster Bedeutung ist. l)

Dies veranlasst mich, einen Versuch zu beschreiben, den ich schon vor etwa zehn Jahren gemacht und auch bei Ge- legenheit von Vorlesungen vorgezeigt habe, der die genannte Thatsache in ungemein einfacher und lehrreicher Weise ver- sinnlicht :

Bringt man einen horizontal gespannten Draht, am besten einen Platindrsht ”, in die Plamme eines Bunsen’- schsn Gasbrenners, und zwar nahe an die Spitze derselben, so zeigt der Draht in der Mitte eine weissgliihende Stelle,

1) S. Wilh. Siemens, Electrotechn. Zeitschr. 4. p. 113ff. 1884. 2) Nicht zu diinner Eisendraht eignet sich ebenfalls zu dem Ver-

suche, warend Eupferdraht fur diesen Zweck nicht zu gebrauchen ist.

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an welche sich owh beiden 8eiten bin rothgluhende allmiih- lich immer schwacber leuohtende Stiicke anschliessen.

Betrachtet man nun den glilhendgn Draht durch ein Prisma mit horizontal liegender brechender Eante, und zwar so, dass das violette Ende nach oben abgelenkt erscheint, so erblickt man ein Spectrum von der in Fig. 1 abgebildeten Gestalt.

Ueber einer breiten rothen Basis mit abgerundeten Ecken sieht man bei stets abnehmender horizontxler Erstreckung der Reihe nach die Spectralfarben, sodass das ganze Bild nach oben in eine verwaschene violette Spitze auslauft. Man hat den Eiodruck, als habe man eine Flamme vor sich, die, unten sehr breit, sich stark nach oben zuspitzt und dabei VOP unten nach oben in den Spectralfarben gefarbt ist, so zwar, daas nach der Spitze hin immer brechbarere Farben erscheinen.

Dieser Versuch zeigt auf einen Blick, dass das gliihende Sttick des Drahtes seiner ganzen Ausdehnung nach rothes Licht aussendet, dass gegen die Mitte zu aber, wo das Glahen 'immer stilrker wird, demselben mehr und mehr brechbarere Strahlen beigemischt sind.

R k k t man mit dem Drithte tiefer herunter und zugleich in das Innere der Flamme, sodass ein Theil des Drahtes in den dunklen Kern zu liegen kommt, dann zeigt der Draht zwei weissghhende Stellen, die beide nach rechts und links von schwacher gliihenden begleitet sind, und das Spectrum gewiihrt alsdann den Anblick von Fig. 2. Man glaubt, eine Flamme mit breiter rother Basis und zwei violetten Spitzen

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zu sehen, wahrend zwischen beiden wieder die Spectralfarben in der bekannten Reihenfolge vertreten sind.

Bei den beiden Figuren wurde jedesmal unten das Bild des gluhenden Drahtes beigefiigt, wie es sich dem blossen Auge zeigt, und dariiber die Erscheinung dargestellt - natiir- lich ohne Farben -, wie man sie bei Betrachtung durch das Prisma erhiilt.

Verschiebt man den Draht aus der zuletzt beschriebenen Stellung, wobei er den dunklen Kern durchsetzte, langsam horizontal, sodass er schliesslich den Mantel der Flamme nur mehr beruhrt, so geht die in Fig. 2 versinnlichte Er- scheinung zuerst in die in Fig. 1 dargestellte iiber. Bei weiterer Annaherung an den Mantel wird aber das flammenartig aus- sehende Bild immer kleiner und farbenkmer, es erfahrt oben und an den Seiten fortgesetzte Abnahme, sodass man zuletzt nur mehr ein ganz kleinee E’liimmchen zu sehen glaubt, das unten roth und abgerundet, nach oben eine gelbe oder grune Spitze zeigt.

Bei diesen Versuchen scheint mir besonders ein Punkt Beachtung zu verdienen, und dies ist die krummlinige Be- grenzung der rothen Basis, oder wenigstens die Abstumpfung der beiden unteren Ecken.

Diese Eigenthiimlichkeit lehrt niimlich, dass mit steigen- der Temperatur das Spectrum auch nach dem rothen Ende hin eine wenn auch nur unbedeutende Erweiterung erfdhrt, d. h. dsss Strahlen, welche bei massiger Intensitiit unsichtbar, mithin zu den ultrarothen zu rechnen sind, bei Erhohung der Temperatur infolge gesteigerter Helligkeit sichtbar werden. Freilich ist auch dies eine liingst bekannte Thatsache, doch tritt sie hier besonders schlagend hervor.

Ueberraschend ist es auch, innerhalb ein und derselben Farbe kein rascheres Wachsthum der Helligkeit vom Rande des fiamrnenartigen Bildes nach der Mitte zu, oder wenn die Erscheinung die in Fig. 2 dargestellte Gestalt besitzt, nach den gerade unterhalb der Spitzen gelegenen Punkten hin zu beobachten, auch wenn der direct betrachtete Draht diese Helligkeitszunahme in sehr auffallender Weise zeigt. Dies beweist, dass dss Wachsthum der Helligkeit eines gliihenden

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festen Korpers bei zunehmender Temperatur vorzugsweise von der Beimischung iorher nicht vertretener starker brech- barer Strahlen herruhrt, und dass die Steigerung der Inten- sitat der auch bei niedrigeren Temperaturen bereits aus- gesendeten Strahlen hierbei erst in zweiter Linie in Betracht kommt.

Uebrigens stelle ich nicht in Abrede, dass der Versuch gerade unter dem zuletzt aufgestellten Gesichtspunkte nur beschrankte Beweiskraft besitzt, da subjective Tauschungen gerade nach dieser Richtung hin nicht ausgeschlossen sind.

Miinchen, im October 1883.

VIII. E d d e w m g nuf Hrm. Voigt's Khtik; v m E. K e t t e l e r .

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Der unlangst von Hrn. W. V o i g t an anderer Stellel) veroffentlichte Aufsat,z: ,,Ueber den gegenwartigen Stand der Krystalloptik", bot mir Veranlassung, zum Verfasser desselben in einen nilheren Briefwechsel zu treten, und als dessen un- erwartete nachtragliche Folge habe ich, wie es scheint, den lebhaften Angriff zu betrachten, den Hr. Voig t kiirzlich in den Annalen2) gegen mich gerichtet hat.

I n jenem Ueberblicke uber die Theorien der Doppel- brechung und des Lichtes ilberhaupt werden dieselben in zwei Kategorien gebracht, j e nachdem sie dem in den kry- stallisirten Medien befindlichen Aether selbst krystallinische Structur beilegen oder nicht. Damit sol1 eine andere Ein- t,heilung nahezu zusammen fallen, ob man namlich auf Grund der Hypothese von der molecularen Structur der Kiirper die Elasticitiitstheorie in voller Strenge aufbaut oder dabei wenigstens vorlaufig auf Grund der Annahmen, dass die elastischen Reactionskrafte lineare Functionen der Dilata- tionen sind, und dass das Gesetz der Erhaltung der Energie

1) Voig t , Neues Jahrb. f. Minerslogie. 1. p. 22. 1883. 2) Voigt , Wied. Ann. 19. p. 691. 1883.