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Universität Zürich Deutsches Seminar 165 Aufbaumodul 2 LING Seminar „Grammatik und Pragmatik“ HS 2014 Prof. Dr. Christa Dürscheid Apokoinu-Konstruktionen Eine syntaktisch-pragmatische Betrachtung Corinne Dütsch [email protected] 2.12.2014

Eine syntaktisch-pragmatische Betrachtung · 165 Aufbaumodul 2 LING SA Grammatik und Pragmatik, HS 2014 Corinne Dütsch 3 Der Duden (2009: 1200) macht darauf aufmerksam, dass Apokoinu-Konstruktionen

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  • Universität Zürich Deutsches Seminar 165 Aufbaumodul 2 LING Seminar „Grammatik und Pragmatik“ HS 2014 Prof. Dr. Christa Dürscheid

    Apokoinu-Konstruktionen Eine syntaktisch-pragmatische Betrachtung

    Corinne Dütsch

    [email protected] 2.12.2014

  • Inhaltsverzeichnis

    1. Einleitung .................................................................................................................................................. 1

    2. Daten und Ansätze zur Analyse ............................................................................................................. 2

    2.1 Daten: Das Korpus ............................................................................................................................ 2

    2.2 Ansätze zur Analyse .......................................................................................................................... 2

    3. Analyse ....................................................................................................................................................... 4

    3.1 Wiederaufnahme-Konstruktionen ................................................................................................... 4

    3.1.1 Wiederaufnahme mit Modifikation des Verbs ....................................................................... 4

    3.1.2 Wiederaufnahme mit lexikalischer Substitution ..................................................................... 6

    3.1.3 dass-Konstruktionen ................................................................................................................... 8

    3.1.4 Weitere Konstruktionsmöglichkeiten .................................................................................... 10

    3.2 Spiegelkonstruktionen ..................................................................................................................... 10

    3.2.1 Prototypische Spiegelkonstruktionen .................................................................................... 10

    3.2.2 Spezielle Spiegelkonstruktionen ............................................................................................. 12

    3.3 Problematische Fälle ....................................................................................................................... 14

    3.3.1 Grenzfälle zwischen Wiederaufnahme- und Spiegelkonstruktionen ................................ 14

    3.3.2 Weitere kontroverse Fälle ........................................................................................................ 15

    4. Zusammenfassung ................................................................................................................................. 16

    Bibliographie ............................................................................................................................................... 18

    Anhang ......................................................................................................................................................... 20

  • 165 Aufbaumodul 2 LING SA Grammatik und Pragmatik, HS 2014 Corinne Dütsch

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    1. Einleitung Die Frage nach einer Grammatik der gesprochenen Sprache war bereits Gegenstand

    zahlreicher linguistischer Untersuchungen (vgl. z.B. Fiehler 2006; Hennig 2006;

    Ágel/Hennig 2007; Günthner 2007; Duden 2009; Schneider 2011). In diesem

    Zusammenhang spricht Hennig (2006: 102) von einer „Systemdebatte“, also von der

    Diskussion, „ob gesprochene und geschriebene Sprache ein gemeinsames oder zwei

    getrennte Systeme haben“. Eine Grammatik, welche die gesprochene Sprache beschreibt,

    müsste somit nach „grammatische[n] Konstruktionen [suchen], die ausschliesslich in der

    Grammatik des gesprochenen Deutsch vorkommen und im System des geschriebenen als

    fehlerhaft bzw. abweichend gelten würden“ (Schneider 2011: 166). Weiter gilt für die

    gesprochene Sprache das von Auer (2000) geprägte Prinzip der „On line-Syntax“, womit

    ausgedrückt wird, dass die „Zeitlichkeit“ durch den Interaktionsprozess zwischen Sprecher

    und Hörer bestimmt wird (Auer 2000: 43-44). Eine Grammatik der gesprochenen Sprache

    soll also, vereinfacht gesagt, von der Interaktion ausgehen und dabei die Funktion der

    nicht-schriftsprachlichen Phänomene innerhalb der Kommunikationssituation beschreiben

    (vgl. Auer 2005: 1-2; Fiehler 2006: 26-27; Günthner 2007: 7-8). Diesen Bedingungen

    folgend wird in der vorliegenden Arbeit untersucht, inwiefern Apokoinu-Konstruktionen1

    als Illustration dafür dienen können, dass es eine Grammatik der gesprochenen Sprache

    geben sollte2, die sich mit solchen Phänomenen beschäftigt. Die Apokoinu-Konstruktion

    wurde deshalb ausgewählt, weil sie die drei von Schneider (2011: 178) genannten Merkmale

    einer genuin gesprochensprachlichen Erscheinung aufweist: Sie geht aus der Online-Syntax

    hervor, sie ist kein Performanzphänomen (weil durch Rekurrenz und Frequenz

    gekennzeichnet) und sie wird in der geschriebenen Sprache nicht akzeptiert. Zur

    Beantwortung der Forschungsfrage wird nach einer kurzen Vorstellung des verwendeten

    Korpus ein Überblick über die Analysemethode gegeben. Diese wird einen grammatisch-

    pragmatischen Ansatz verfolgen, indem sowohl die syntaktische Struktur als auch die

    pragmatische Funktion der Konstruktionen untersucht wird. Die Daten, die dem

    Hochdeutschen und dem Schweizerdeutschen entnommen sind, sollen gemäss dieser

    Methode analysiert und beschrieben werden.

    1 Es soll hier nur die kurze Definition aus dem Duden (2009: 1200) gegeben werden: Apokoinu-Konstruktionen „bestehen aus drei unmittelbar aufeinander folgenden Teilen, wobei sowohl A-B wie auch B-C, nicht aber A-B-C eine nach schriftsprachlichen Standards syntaktisch wohlgeformte Kette bilden.“ Der B-Teil wird als „Koinon“ bezeichnet. Für weitere Informationen sei auf Kapitel 2 dieser Arbeit sowie auf Duden 2009: 1200-1201, Scheutz 1992: 243-264 und Schwitalla 2012: 127-129 verwiesen. 2 Dies wurde bereits mehrfach gefordert, vgl. Günthner 2007: 1.

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    2. Daten und Ansätze zur Analyse

    2.1 Daten: Das Korpus Die Untersuchung wurde anhand eines selbst zusammengestellten Korpus durchgeführt,

    bestehend aus je 35 hochdeutschen und schweizerdeutschen Beispielen. Dabei wurden die

    Daten für das Hochdeutsche der Datenbank für gesprochenes Deutsch (DGD2)

    entnommen. Diese enthält 19 der 24 Sprachvarietäten- und Gesprächskorpora des Archivs

    für gesprochenes Deutsch (AGD), welches vom Institut für Deutsche Sprache (IDS) in

    Mannheim verwaltet wird.3 Von besonderem Interesse für die Verwendung von Apokoinu-

    Konstruktionen war dabei das Subkorpus Dialogstrukturen (DS), welches verschiedenste

    Sprechsituationen verzeichnet wie beispielsweise Beratungsgespräch, Interview oder

    Meinungsbefragung. Die Dialogform bot sich am besten an, weil sie im Alltag die wohl

    häufigste Form der gesprochenen Sprache darstellt. Dementsprechend wurde auch der

    schweizerdeutsche Teil aus Beispielen dieser Art zusammengestellt. Im Unterschied zu den

    hochdeutschen wurden diese jedoch selbst gesammelt; einerseits stammen sie aus dem

    Talk-Beitrag der Satiresendung Giacobbo/Müller, bei dem sich jeweils ein Gast im Gespräch

    mit Viktor Giacobbo und Mike Müller befindet (25 Beispiele), andererseits aus

    Gesprächssituationen aus dem eigenen Alltag (10 Beispiele). Der Einfluss der Live-

    Situation bei Giacobbo/Müller wurde nicht näher betrachtet, denn Gegenstand der

    Untersuchung war nicht die Häufigkeit von Apokoinu-Konstruktionen, die sich aus einer

    bestimmten Kommunikationssituation ergibt, sondern die Art und Funktion der

    auftretenden Strukturen. Zudem finden sich auch in den Beispielen aus der DGD2 Live-

    Situationen, wie beispielsweise Interviews und Beratungsgespräche, die via Hörfunk

    übertragen wurden.

    2.2 Ansätze zur Analyse Um mögliche Ansätze zur Analyse vorzustellen, soll hier zunächst ein kurzer Überblick

    über die Klassifikation und verschiedenen Funktionen von Apokoinu-Konstruktionen aus

    pragmatischer Sicht gegeben werden. Danach wird der für diese Arbeit entscheidende

    syntaktische Ansatz vorgestellt. Anhand dieser syntaktisch-pragmatischen Grundlage

    wurden die Beispiele aus dem Korpus untersucht.

    3 Alle diese Informationen finden sich auf der Website des AGD unter http://agd.ids-mannheim.de/index. shtml.

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    Der Duden (2009: 1200) macht darauf aufmerksam, dass Apokoinu-Konstruktionen „als

    Resultat zweier unterschiedlicher Prozesse entstehen können, mit denen jeweils

    verschiedene Funktionen erfüllt werden“. Einerseits kann an Vorhergehendes angeknüpft

    werden; es handelt sich um den Prozess der inhaltlichen Wiederaufnahme, wie in Beispiel

    (1) ersichtlich (Duden 2009: 1201):

    (1) aber wo musst=denn heut mit=a=lungenentzündung muss doch

    niemand mehr sterben.

    Wie Scheutz (1992: 250) bemerkt, wird dabei die linke Peripherie des Koinons modifiziert.

    Der Sprecher hat sich also dazu entschieden, die begonnene Struktur zu korrigieren oder

    auch zu reparieren (vgl. Duden 2009: 1200). Im zweiten möglichen Prozess der Apokoinu-

    Bildung werden Elemente aus der linken Peripherie gespiegelt, was deshalb auch als

    „Spiegelkonstruktion“ bezeichnet wird (Duden 2009: 1201):

    (2) er hat ihm milli´meterweis hat er ihm ´einigstochen

    Eine solche Konstruktion dient der Fokussierung oder Hervorhebung; häufig liegt zur

    Verdeutlichung auch ein Starkakzent vor wie in Beispiel (2) (ebd.). Letzteres weist darauf

    hin, dass die Intonation also ebenfalls von Bedeutung ist, weshalb bei der Analyse darauf

    Wert gelegt wurde. Schlussendlich bot sich die Gliederung nach den zwei

    Konstruktionsprozessen als ideal an für eine erste Klassifizierung der Beispiele aus dem

    Korpus. Dementsprechend wurde auch der Analyseteil in Kapitel 3 in diese zwei Bereiche

    aufgeteilt.

    Bei Meinunger (2011: 353-354) findet sich eine weitere pragmatische Herangehensweise,

    nämlich eine Einteilung nach „illocutionary potential“ (353). Meinunger unterscheidet fünf

    Kategorien, „Declaratives“, „Interrogatives“, „(Pseudo-) Imperatives“, „Exclamatives“ und

    „Mixed“, wie die Beispiele (3) bis (7) der Reihe nach zeigen (Meinunger 2011: 353-354):

    (3) Der Würfel liegt auf dem Klavier muss er liegen.

    (4) Wie lange fährt man fünf Stunden nach Hamburg?

    (5) Ich suche das Wörterbuch brauch‘ ich.

    (6) Die habm eine derartig derbe Mundart sprechen die daheim!

    (7) Bist du sicher, dass du kommen kannst, ist mir sehr wichtig…!

    Diese Methode stellte sich bei der Analyse mancher Beispiele als sehr nützlich heraus, und

    sie wurde auch dahingehend angewendet, um zu untersuchen, ob sich die Illokution von

    links nach rechts ändert, etwa bei Korrekturen und Reparaturen.

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    Als syntaktischer Ansatz wurde das Stellungsfeldermodell4 verwendet, um die Struktur von

    Apokoinu-Konstruktionen zu untersuchen. Dabei konnte beispielsweise auch erforscht

    werden, ob Apokoinu-Konstruktionen nur in Verbzweit-Strukturen vorkommen. Weiter

    liessen sich durch eine strukturelle Betrachtung zudem Aussagen darüber machen, welche

    Elemente überhaupt koinonfähig sind. Schliesslich ermöglicht ein syntaktisches Kriterium,

    das Scheutz (1992: 249f.) für die Wiederaufnahme-Konstruktionen anführt, eine interessan-

    te Ergänzung zur zweiteiligen Klassifikation nach Prozessen, die am Anfang vorgenommen

    wurde. Scheutz betont nämlich, dass bei der Wiederaufnahme „das Koinon […] in beiden

    Syntagmen die gleiche syntaktische Funktion erfüllt“ (ebd.). Unter den Beispielen im

    Korpus wurden jedoch Beispiele gefunden, die diesem Kriterium nicht entsprechen. Solche

    Fälle werden im Duden überhaupt nicht thematisiert, während Scheutz sie bezüglich

    Akzeptabilität sehr kritisch betrachtet (vgl. Scheutz 1992: 250f.). Insofern jedoch die

    inhaltliche Wiederaufnahme gewährleistet ist oder eine Konstruktion als solche interpretiert

    werden kann5, wurden diese Beispiele trotzdem zu den Wiederaufnahme-Konstruktionen

    gezählt. In einem zusätzlichen Unterkapitel sollen diejenigen Fälle behandelt werden, bei

    denen zwar Scheutz‘ Kriterium der syntaktischen Funktion erfüllt, jedoch keine inhaltliche

    Wiederaufnahme vorhanden ist oder bei denen weder das eine noch das andere Kriterium

    zutrifft. Dabei soll die Problematik beleuchtet werden, die bei einer Interpretation solcher

    kontroverser Beispiele als Apokoinu-Konstruktionen besteht. In demselben Unterkapitel

    werden auch Fälle behandelt, die als Grenzfälle zwischen Wiederaufnahme- und

    Spiegelkonstruktionen betrachtet werden können.

    3. Analyse

    3.1 Wiederaufnahme-Konstruktionen

    3.1.1 Wiederaufnahme mit Modifikation des Verbs

    Bei der Untersuchung liess sich eine Gruppe von Beispielen nach dem Kriterium ordnen,

    dass Person und/oder Numerus des Verbs des linken Syntagmas zu Korrekturzwecken

    modifiziert werden6, wie in den Beispielen (8) bis (12) ersichtlich ist7:

    4 Dieses Verfahren wurde in seinen Grundprinzipien vom deutschen Linguisten Erich Drach für die Forschung etabliert (vgl. Dürscheid 2012: 87). 5 Auch Scheutz weist auf den Interpretationsspielraum hin (1992: 250f.). 6 Die Idee, solche Konstruktionen auf die Art zu untersuchen, wie die linke Peripherie modifiziert wird, wurde Scheutz (1992: 250) entnommen.

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    (8) man soll ich mich jetzt soll man sich jetzt entscheiden für die eine oder

    andere möglichkeit oder wie 5s5 (DS--_E_00045_SE_01_T_01)

    (9) sie würden ja ich würds wie gesagt gern wissen

    (DS--_E_00045_SE_01_ T_01)

    (10) da (-)|könnte man also|wenn sie s unter rein 5g5 (--) ökonomischen

    gesichtspunkten sehen (-) könnten sie natürlich an ner anderen

    universität (-) besser fahren (DS--_E_00051_SE_01_T_01)

    (11) do hämmer eusen äh anwalt hät das abgmacht (G/M 15.12.13)

    (12) ich glaubä do würed sie am schluss äh würd d armee sogar no d gsoa

    liebä (G/M 5.10.14)

    In (11) tritt ein genau solcher Fall auf, wie er in Kapitel 2.2 angesprochen wurde: Für das

    linke Syntagma fungiert das Koinon als Objekt, im rechten tritt es als Subjekt auf. Der

    inhaltliche Zusammenhang zwischen den beiden Syntagmen ist jedoch vorhanden.

    Ursprünglich sollte der Satz vielleicht do hämmer eusen äh anwalt dämit beuftreit heissen, der

    Sprecher hat sich aber dagegen entschieden und den Satz anders beendet – ein

    charakteristisches Merkmal der Online-Kommunikationssituation. Die Aussage, dass die

    Angelegenheit Sache des Anwalts sei, bleibt jedoch bestehen. Da im Schweizerdeutschen

    der Nominativ und der Akkusativ morphologisch immer zusammenfallen, sind dort solche

    Beispiele, wo das Koinon zugleich Subjekt und Objekt ist, möglicherweise häufiger zu

    finden als im Hochdeutschen. Dieselbe Äusserung wäre dort ungrammatisch: * da haben wir

    unseren äh anwalt hat das abgemacht.

    In den Beispielen (8) bis (11) ist das linke Syntagma sehr einfach, besteht also nur aus

    Subjekt und Prädikat und, im Fall von (10) und (11), aus einem nicht-komplexen Adverbial,

    da. bzw. do. Dieses nimmt die Vorfeldstellung ein, während in (8) und (9) jeweils das

    Subjekt im Vorfeld steht. In der linken Satzklammer befindet sich das Prädikat. Das

    Mittelfeld wird in (9) und (11) durch das Koinon besetzt, in (10) durch das Subjekt und also,

    wobei dort das Koinon im Nachfeld steht. In (12) ist das linke Syntagma etwas komplexer,

    da dort ein Subjekt mit Prädikat (ich glaubä) das Vorfeld einnimmt, gefolgt von einem davon

    abhängigen Nebensatz do würed sie, der Mittelfeld und rechte Satzklammer besetzt, sodass

    das Koinon wiederum wie bei (10) das Nachfeld ausmacht. Die Beispiele (9) bis (12) weisen

    nun alle die Gemeinsamkeit auf, dass das Koinon im Vorfeld des rechten Syntagmas, einem

    Verbzweitsatz, steht. Bemerkenswerterweise fällt jedoch in (8) das Prädikat in der linken

    7 Die Beispiele aus der DGD2 sind mit dem Verweis auf das entsprechende Transkript gekennzeichnet, in der Weise wie es die DGD2 vorschlägt (z.B. DS--_E_00003_SE_01_T_01; DS steht für „Dialogstrukturen“, 00003 für die Transkriptnummer). Die Beispiele aus Giacobbo/Müller tragen das Kürzel G/M mit dem entsprechenden Datum, die Beispiele aus eigener Beobachtung das Kürzel EB.

    http://dgd.ids-mannheim.de:8080/dgd/pragdb.dgd_extern.corpora?v_session_id=C0423ED04227D3E930993AC660B8344D&v_doctype=t&v_corpus=DS--&v_doc_id=DS--_E_00003_SE_01_T_01

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    Satzklammer mit dem Koinon zusammen, wodurch das rechte Syntagma zu einem

    Verberstsatz ohne Vorfeld wird. Dies widerspricht aber Scheutz‘ Ansicht, „dass keine

    verbalen Elemente koinonfähig sind“ (1992: 255). Er begründet dies damit, dass nicht nur

    in seinem Korpus keine solchen Fälle vorhanden sind, sondern dass auch konstruierte

    Beispiele als nicht akzeptabel gelten:

    (13) *Der Franz hat der Franz das gemacht

    Dieses Beispiel (Scheutz 1992: 255) wäre jedoch durchaus akzeptabel, wenn eine

    Illokutionsänderung von links nach rechts in Betracht gezogen würde: Der Sprecher will

    zuerst eine Aussage machen (Deklarativ): Der Franz hat das gemacht. Er ist sich aber auf

    einmal nicht mehr sicher und formuliert den Rest als Frage (Interrogativ8): Hat der Franz das

    gemacht? Auch (8) könnte so interpretiert werden, dass der Sprecher zunächst eine Aussage

    – mit interrogativem Potential– formulieren will, etwa man soll sich jetzt also entscheiden; daraus

    wird dann eine Frage. Hier wird deutlich, wie wichtig die Berücksichtigung des Online-

    Prozesses für die Untersuchung von gesprochener Sprache ist, denn Phänomene wie

    plötzliche Illokutionsänderung finden sich in geschriebener Sprache nicht. Inwiefern

    weitere solche Fälle bei Spiegelkonstruktionen oder an anderen Stellen auftauchen, soll in

    den entsprechenden Kapiteln behandelt werden.

    3.1.2 Wiederaufnahme mit lexikalischer Substitution9

    Eine zweite Gruppe der Wiederaufnahme-Konstruktionen weist als gemeinsames Merkmal

    lexikalische Substitution auf. In allen gefundenen Beispielen betrifft dies wiederum das

    Verb. Dieses wird durch ein anderes Verb ersetzt, wobei die Person meist unverändert

    bleibt. In Beispiel (14) und (15) ist dies jedoch nicht der Fall:

    (14) ja (-) sie kriegen also es ist ein ganz|provisorisches zeugnis

    (DS--_E_ 00051_SE_01_T_ 01)

    (15) hämmer jetz a jedem alass stönd etz immer ehemoligi bachelors ume?

    (G/M 15.12.13)

    In beiden Fällen scheint es, dass die Äusserung ausser dieser Änderung wie geplant zu

    Ende geführt wird. Die ursprünglichen Sätze könnten wie folgt lauten:

    8 Dies ist durch das bei der Transkription verwendete Zeichen 5s5 ‘steigende Intonation‘ ersichtlich. Eine Liste der Transkriptionszeichen im Dialogstrukturen-Korpus findet sich auf der Website der DGD2 (siehe Bibliographie). 9 Der Begriff „lexikalische Substitution“ stammt von Scheutz (1992: 250).

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    (14)‘ ja (-) sie kriegen also ein ganz|provisorisches zeugnis

    (15)‘ hämmer jetz a jedem alass immer ehemoligi bachelors?

    Der Grund für die Substitution besteht wahrscheinlich in einer spontanen Entscheidung

    des Sprechers, sich anders auszudrücken, wobei er so geschickt formuliert, dass der Rest

    der Äusserung nicht korrigiert werden muss. Ein weiteres Beispiel dafür ist (16):

    (16) das muß ich jetzt also ich wollts morgen abschicken

    (DS--_E_00034_SE_ 01_T_ 01)

    Auch hier wäre die ursprüngliche Äusserung das muss ich jetzt also morgen abschicken möglich.

    Im Unterschied zu (14) und (15) findet zusätzlich eine Inversion von Subjekt und Prädikat

    statt: muss ich – ich wollts. Auch die Illokution scheint sich zu ändern. Der linke

    Äusserungsteil enthält einen Deklarativ mit interrogativem Potential: das muss ich jetzt also

    morgen abschicken? Der Sprecher korrigiert sich aber und macht eine klare Aussage. Damit

    will er möglicherweise vermitteln, dass er über das Vorgehen Bescheid weiss und nicht erst

    nachfragen muss, ob er es am nächsten Tag abschicken soll.

    Die lexikalische Substitution kann zu weiteren Zwecken eingesetzt werden. Beispiele (17)

    bis (19) weisen einen Reparaturmechanismus auf:

    (17) das habe ich an für sich erwarte ich das auch (DS--_E_00005_SE_01_T_ 01)

    (18) also ich meine| (-) sie werden das müssen sie nicht in freiburg machen

    (DS--_E_00051_SE_01_T_ 01)

    (19) du häsch doch diä grossä hallänä füllsch du doch etz wie nix

    (G/M 25.5.14)

    In (17) und (19) führt die begonnene Konstruktion quasi ins Leere. Der Sprecher merkt,

    dass das Verb vor dem Koinon nicht gepasst hat bzw. dass er den Satz so nicht

    weiterführen kann, und wählt deshalb ein neues Verb. Im Unterschied dazu besteht die

    Reparaturfunktion in (18) weniger in einer Korrektur der sprachlichen Sackgasse, sondern

    in einer Änderung der Aussage: werden drückt etwas über die Zukunft aus, müssen eine

    Notwendigkeit. Ähnliches tritt in Beispiel (20) auf:

    (20) aso mä muä wartä bis är so afahrt und dänn chamer sich so wänn är

    scho fahrt muämer sich a dä stangä hebä (G/M 18.5.14)

    Hier wird ebenfalls die Aussage verändert, und zwar von einer Möglichkeit (chamer) zu einer

    Notwendigkeit (muämer).

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    Bemerkenswerterweise gleicht Beispiel (19), strukturell gesehen, stark einer Spiegel-

    konstruktion, da die drei Elemente vor und nach dem Koinon beinahe symmetrisch

    zueinander stehen: du häsch doch – füllsch du doch. Die Inversion unterstreicht diesen Effekt.

    Zwar findet sich in (18) ebenfalls diese Struktur – auch die Inversion –, jedoch nicht die für

    die Spiegelkonstruktion typische Hervorhebung des Koinons, die in (19) vorhanden ist.

    Dasselbe wie in (19) trifft auf Beispiel (21) zu:

    (21) ich glaubä einersits hämmer dä rassismusartikel dä bruuchämer

    (G/M 23.3.14)

    Auch hier wird das Koinon betont; strukturell gesehen findet sich jedoch bei hämmer –

    bruuchämer (= händ mir – bruuched mir) keine Inversion.

    Bezüglich Stellungsfeldern und Verbstellung lassen sich keine besonderen Auffälligkeiten

    feststellen, ausser in Beispiel (15). Dort tritt im rechten Syntagma, anstatt der bei Fragen

    typischen Verberststellung10, das Verb an die zweite Stelle, nach dem Adverbial a jedem alass.

    Da jedoch aufgrund der Anknüpfung ans Koinon keine Verberststellung möglich ist, wird

    der Interrogativ durch die steigende Intonation am Ende der Äusserung markiert. Bei den

    anderen Beispielen entspricht die Verbzweitstellung den Erwartungen; die syntaktische

    Funktion des Koinons stimmt in den beiden Syntagmen jeweils überein. Allenfalls könnte

    bei also, welches das Koinon in (14) und (16) bildet, zwischen der Verwendung im Sinne

    von ‘folglich‘ und derjenigen als bestätigende Partikel unterschieden werden. In Bezug auf

    das Koinon lässt sich zudem sagen, dass im Korpus keine Beispiele mit einem Verb als

    Koinon gefunden wurden, sondern Satzglieder wie Adverbiale (Beispiele (15) und (17)) und

    Akkusativobjekte (Beispiele (18) und (19))11. Weitere Möglichkeiten sind Partikeln

    (Beispiele (14) und (16)) sowie ein temporaler wenn-Satz (Beispiel (20), vgl. auch Beispiel

    (10) in 3.1.1).

    3.1.3 dass-Konstruktionen

    In diesem Abschnitt soll auf eine dritte Gruppe von Wiederaufnahmen eingegangen

    werden; diese weisen im linken Syntagma eine verblose dass-Konstruktion auf. Das Verb

    des dass-Satzes erscheint erst im rechten Syntagma:

    10 Diese Verbstellung gilt sowohl für die geschriebene als auch für die gesprochene Sprache als Norm. In der gesprochenen Sprache besteht jedoch zusätzlich die Möglichkeit, Verbzweitsätze durch steigende Intonation am Ende der Äusserung zu kennzeichnen, wie auch in diesem Abschnitt gezeigt wird. 11 In Scheutz‘ Korpus sind Adverbial, Subjekt und Akkusativobjekt die häufigsten Elemente im Koinon (vgl. Scheutz 1992: 254f.).

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    (22) mir hoffed dass sie viellicht s nöchscht mol wenn sie zu eus chömed

    sind sie cvp-präsidänt (G/M 26.1.14)

    (23) vo ihnä hämmer ja au ghört gha dass sie sie schäred ja mängmol au us

    us dä parteidisziplin usä (G/M 28.9.14)

    (24) aber die haben irgendwie nich 6regis 6 äh registriert daß das ein

    fachwechsel is das für die gar nich (DS--_E_00051_SE_01_T_ 01)

    In diesen Beispielen ist die Verbstellung interessant. Einerseits wäre in dass-Sätzen

    Verbendstellung zu erwarten12, andererseits würde gerade dadurch die Apokoinu-

    Konstruktion zerstört, wie aus dem umgeformten Beispiel (23) ersichtlich:

    (23)‘ vo ihnä hämmer ja au ghört gha dass sie sie ja mängmol au us us dä

    parteidisziplin usä schäred

    Es könnte argumentiert werden, dass der inhaltliche Zusammenhang mit der dass-

    Konstruktion aufgrund der Verbzweitstellung nicht mehr eindeutig ist. Dadurch scheint

    sich die Aussage des rechten Syntagmas zu ändern. In (22) wird im linken Syntagma eine

    Hoffnung ausgedrückt, im rechten eine Behauptung. Falls viellicht jedoch zum Koinon

    gezählt wird, bleibt der Hoffnungsaspekt zwar bestehen, aber viellicht steht für das rechte

    Syntagma syntaktisch gesehen an einer falschen Stelle. In (23) und (24) ist diese

    Veränderung weniger auffällig, wenn auch im linken Syntagma eine leichte Unsicherheit

    vorhanden zu sein scheint. Diese wird dadurch ausgedrückt, dass der Sprecher nur von der

    Sache gehört hat (23) bzw. durch das Adverb irgendwie (24).

    Eine andere Form der dass-Konstruktion tritt in Beispiel (25) auf:

    (25) ich meine wenn es sich um kleinigkeiten handelt daß man da

    meinetwegen (-) wenn man nicht erzählt was das schnitzel heute

    gekostet hat oder solche|sachen 5f5 (DS--_E_00008_SE_01_T_ 01)

    Hier folgt nicht ein Verb direkt auf das Koinon, sondern die Wiederaufnahme der wenn-

    Konstruktion, welche das Mittelfeld des linken Syntagmas besetzt. Die dass-Konstruktion

    im Nachfeld, ein Verbendsatz, wird abgebrochen. Es findet also ein Korrekturvorgang

    statt, der dadurch gekennzeichnet ist, dass anstelle des zu erwartenden Verbs eine

    Wiederaufnahme der wenn-Konstruktion folgt. Das rechte Syntagma erscheint hier

    unvollständig, weil die Folge des konditionalen wenn-Satzes erwartet wird, die Intonation

    12 Der Duden (2009: 1204) beispielsweise erwähnt für die gesprochene Sprache keine Möglichkeit von dass-Sätzen mit Verbzweitstellung. Diese erscheint nur, wenn die Subjunktion weggelassen wird (wie etwa in Beispiel (12) in dieser Arbeit).

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    10

    aber trotzdem fällt (gekennzeichnet durch 5f5). Nur ein weiterer Blick ins Transkript

    beantwortet diese Ungereimtheit: Unterbrochen von einer Rückmeldung des Hörers

    (ja (-)|ja) nimmt der Sprecher den inhaltlichen Faden wieder auf: das ist natürlich klar 5f5 das

    (-) das braucht man ihm nicht aufzutischen wenn es [sic] nich (-) direkt danach fragt.

    Als Elemente, die im Koinon auftreten, finden sich hier Subjekte (Beispiele (23) und (24))

    und Adverbiale (Beispiele (22) und (25)). Das Adverbial in (22) besteht aus einem

    verhältnismässig komplexen Ausdruck, und somit ist auch das Koinon ziemlich lang. Für

    den Hörer entsteht dadurch die Herausforderung, sich an den inhaltlichen Zusammenhang

    mit dem linken Syntagma zu erinnern.

    3.1.4 Weitere Konstruktionsmöglichkeiten

    Neben den bisher behandelten Formen von Wiederaufnahme-Konstruktionen treten im

    Korpus auch Fälle auf, die keiner der drei angesprochenen Kategorien zuzuordnen sind.

    Sie zeigen weitere Möglichkeiten, wie der Prozess der Wiederaufnahme vollzogen werden

    kann. Da die Musterhaftigkeit geringer ausfällt als bei den bisherigen Kategorien, soll nur

    kurz mit einem Beispiel darauf eingegangen werden. Bei einigen Konstruktionen fällt auf,

    dass zusätzlich zu inhaltlichen auch lexikalische Elemente in unveränderter Form13

    wiederaufgenommen werden können. Betroffen sind wiederum oft Verben wie das

    Hilfsverb wird in Beispiel (26):

    (26) und dann wird sich also (-) die klinik (-) die wird wahrscheinlich mit

    ihnen entweder direkt abrechnen (DS--_E_00028_SE_01_T_01)

    Wie bei anderen Wiederaufnahme-Konstruktionen findet hier zudem ein

    Korrekturvorgang statt, der darin besteht, dass eine reflexive Verbkonstruktion (wird sich)

    durch eine nicht-reflexive ersetzt wird. Die meisten Beispiele, die bezüglich ihres Typs

    diesem Abschnitt zugeordnet werden können, enthalten ebenfalls Korrekturen oder

    Umformulierungen.

    3.2 Spiegelkonstruktionen

    3.2.1 Prototypische Spiegelkonstruktionen

    Etwas mehr als die Hälfte der Spiegelkonstruktionen gehört zum Prototyp, weist also eine

    exakte symmetrische Rahmung des Koinons auf. Die Symmetrie besteht dabei in allen

    Fällen aus einer Inversion von Subjekt und Prädikat, wobei manchmal direkt vor dem

    13 Im Gegensatz dazu wurden in 3.1.1 modifizierte lexikalische Elemente diskutiert.

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    11

    Koinon ein Akkusativobjekt (als Pronomen), ein Adverbial (Einzelwort) oder eine Partikel

    eingeschoben wird. Diese Bestandteile werden meist ebenfalls ins rechte Syntagma

    aufgenommen, jedoch nicht symmetrisch, sondern an der korrekten syntaktischen Stelle.

    Zuerst sollen Fälle ohne Einschübe diskutiert werden. Beispiele (27) bis (30) sind jeweils

    durch ein sehr kurzes Koinon gekennzeichnet:

    (27) und ha gliichzitig hani chli nä hemmig gha (G/M 2.2.14)

    (28) äs isch im prinzip isch äs s gliiche (EB)

    (29) da isch gär nöd guet isch da (EB)

    (30) är hät jungbürgerfiir hät är (EB)

    In (27) und (28) besteht das Koinon aus einem Adverbial, in (29) aus einem prädikativen

    Ausdruck und in (30) aus einem Akkusativobjekt. In allen Beispielen besetzt es das

    Mittelfeld des linken Syntagmas. Wird nun das rechte Syntagma isoliert betrachtet, so fällt

    auf, dass (27) und (28) in Bezug auf die Wortstellung unmarkiert sind, denn nach einem

    Adverbial wird in der Regel Inversion von Subjekt und Prädikat erwartet, wie sie hier

    vorhanden ist. In (29) und (30) tritt eine sogenannte „markierte[] Vorfeldbesetzung“

    (Dürscheid 2012: 97) oder eine „Herausstellungsstruktur“ (73) auf, wodurch das Koinon

    syntaktisch gesehen eine besondere Betonung erhält. Tatsächlich erscheint auch der

    intonatorische Akzent stärker als in den anderen zwei Beispielen.

    Weitere Beispiele von prototypischen Spiegelkonstruktionen enthalten jeweils ein

    komplexeres Koinon. Funktional betrachtet scheint hier weniger die Hervorhebung im

    Vordergrund zu stehen. Vielmehr werden Subjekt und Prädikat in gespiegelter Form

    wiederholt, um dem Hörer das Verständnis zu erleichtern, da sich dieser möglicherweise

    nach dem langen Koinon nicht mehr an das zuvor genannte Subjekt und Prädikat erinnern

    kann. Damit beinhalten solche Konstruktionen eine Form der inhaltlichen

    Wiederaufnahme. Beispiele (31) bis (34) illustrieren dies:

    (31) aber sie sind zämä mitäm äh svp-nationalrat peter chäller sind sie gägä

    das (G/M 28.9.14)

    (32) mir hei zwöituusigdrizäh oder zwölf zwölf oder drizäh hei mer drizäh

    bougsuech gha (G/M 5.10.14)

    (33) ja 5s5 (-) und man muß wenn man (-) immer die wahrheit sagen will (-)

    muß man sich sehr vorsehen 5f5 (-) sie den rn [sic] nicht mit der

    wahrheit zu kränken 5f5 (DS--_E_00008_SE_01_T_ 01)

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    12

    In (31) besteht das Koinon aus einem präpositionalen Objekt, in (32) aus einem

    temporalen Adverbial und in (33) aus einem konditionalen wenn-Satz. Zudem fällt auf, dass

    das Koinon in (32) quasi in sich verdoppelt wird, weil der Sprecher sich bei der Jahreszahl

    nicht sicher ist. Es kann deshalb angenommen werden, dass der Sprecher Subjekt und

    Prädikat nicht nur als Hörerhilfe, sondern auch zur Selbstorientierung wiederholt. In (33)

    findet im rechten Syntagma nach der Spiegelung zusätzlich eine Korrektur statt, nämlich

    die Ergänzung des zum Verb vorsehen gehörenden Reflexivpronomens sich, das im linken

    Syntagma vergessen wurde. Eine andere Interpretationsmöglichkeit besteht darin, dass der

    Sprecher ursprünglich ein anderes (nicht-reflexives) Verb als vorsehen intendiert, sich danach

    aber anders entschieden hat.

    Wie bereits oben erwähnt, wurden im Korpus auch Beispiele mit Einzelworteinschüben

    vor dem Koinon gefunden. Diese müssen im rechten Syntagma wiederholt werden, wenn

    es sich um essentielle Elemente handelt, ohne die der syntaktische Zusammenhang unklar

    würde. Dies wird anhand der Beispiele (34) und (35) deutlich:

    (34) weißt du wie ich den nehme ich nehme den in der ersten runde nehme

    ich den tief (DS--_E_00018_SE_01_T_01)

    (35) är hät etz zwei wuchä hät är eifoch normali füfävierzg stund ka (EB)

    Das Akkusativobjekt in (34), bestehend aus dem Demonstrativpronomen den, kann nicht

    weggelassen werden, da sonst die Aussage unklar wird. In (35) ist das Gegenteil der Fall,

    denn auch ohne das Adverbial etz ist die Verständlichkeit gewährleistet.

    3.2.2 Spezielle Spiegelkonstruktionen

    In diesem Abschnitt soll auf Beispiele eingegangen werden, die eine Erweiterung der

    Definition von Spiegelkonstruktionen verlangen. Es handelt sich um Fälle, bei denen

    Subjekt und Prädikat zwar keiner Inversion unterliegen, das Koinon aber dennoch direkt

    umgeben. Aufgrund dieser Struktur und des zusätzlichen Starkakzents auf dem Koinon

    kann argumentiert werden, dass diese Konstruktionen wie die prototypischen

    Spiegelkonstruktionen aus dem Prozess der Hervorhebung entstanden sind und deshalb

    trotz fehlender Inversion zu diesen gezählt werden können. Dies ist bei den Beispielen (36)

    bis (38) der Fall:

    (36) und denn hät sie gseit frau hofer hät sie gseit (EB)

    (37) da hab ich (-) bis (-) zum vierten semester hab ich italienisch gemacht

    (DS--_E_00051_SE_01_T_01)

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    13

    (38) und da sagte sie (-) mit einundzwanzig jahren 4s4als ich sie

    kennenlernte sagte sie (DS--_E_00018_SE_01_T_01)

    Diese Beispiele unterscheiden sich eindeutig nur bezüglich Inversion von den

    Spiegelkonstruktionen aus dem vorherigen Abschnitt. Bezüglich Verbstellung sind keine

    Auffälligkeiten vorhanden; auch die koinonfähigen Elemente in (37) und (38) bieten keine

    Überraschungen. Zu (36) lässt sich sagen, dass das Koinon aus einem in die Äusserung

    eingeschobenen Teil einer direkten Rede besteht, die vom Sprecher als solche

    wiedergegeben wird.

    Im Schweizerdeutschen werden Subjekt und Prädikat der ersten Person Plural in der V-S-

    Stellung oft miteinander verbunden, sodass beispielsweise händ mir zu hämmer, sind mir zu

    simmer, gönd mir zu gömmer usw. wird. Dies trifft auf Beispiele (39) und (40) zu. Da Subjekt

    und Prädikat also als ein einziges Wort auftreten, wird gleichsam über die nicht vorhandene

    Inversion hinweggetäuscht:

    (39) wil bis etz hämmer ja immer a jedem alass hämmer ja ganz vieli missä

    gha (G/M 15.12.13)

    (40) und eigentlich hämmer jedi usländerfeindlichi abstimmig hämmer

    immer abglähnt ka (G/M 9.3.14)

    Eine ähnliche Verbindung von Subjekt und Prädikat existiert für die zweite Person

    Singular, wobei häsch, bisch, gohsch usw. sowohl in Verbindung mit du als auch alleine stehen

    können. Letzteres ist bei Inversion sogar der Normalfall, sodass etwa Häsch Hunger? der

    Variante Häsch du Hunger? vorgezogen wird. Das Pronomen steht in der Regel nur zur

    Betonung der Person. Dementsprechend würden (39) und (40) folgendermassen lauten:

    (39)‘ wil bis etz häsch ja immer a jedem alass häsch ja ganz vieli missä gha

    (40)‘ und eigentlich häsch jedi usländerfeindlichi abstimmig häsch immer abglähnt

    ka

    Als letzter Punkt ist zu bemerken, dass in (39) zwar vor dem Koinon zusätzliche Elemente

    eingeschoben werden, jedoch können diese im Sinne von Kurzeinschüben, wie in (35)

    oben, betrachtet werden. Beispiel (40) gleicht wiederum einer prototypischen

    Spiegelkonstruktion wie in den Beispielen (27) bis (30).

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    14

    3.3 Problematische Fälle

    3.3.1 Grenzfälle zwischen Wiederaufnahme- und Spiegelkonstruktionen

    Ein paar wenige Beispiele im Korpus werfen Fragen bezüglich ihrer Zuordnung auf, da sie

    nicht als reine Spiegelkonstruktionen erscheinen:

    (41) und ich würde an deiner stelle (-)äh da du ja nicht voraussagen kannst

    daß du günstig wegkommst 5g5 (--) würde ich ganz knallhart äh 5g5 (--)

    einen satz schreiben (DS--_E_00034_SE_01_T_01)

    (42) ich hab da so einige (lacht leise) proseminarscheine hab ich|genug

    (DS--_E_00051_SE_01_T_01)

    (43) isch au de stei isch nöd ganz nass (EB)

    (44) es isch zwor äh dä hype isch enorm (G/M 15.12.13)

    Beispiel (41) erscheint kontrovers, da der Einschub vor dem Koinon die Spiegelung stört,

    denn es handelt sich weder um ein zur Spiegelung gehörendes Akkusativobjekt noch um

    unauffällige Partikeln. Die symmetrische Wiederholung von Subjekt und Prädikat im

    rechten Syntagma scheint dabei funktional gesehen mehr den Zweck der Anknüpfung zu

    erfüllen, wie dies bei der inhaltlichen Wiederaufnahme der Fall ist. Für diese Interpretation

    spricht zudem, dass das Koinon auch keinen Starkakzent trägt, sodass es wie ein Einschub

    erscheint, nach welchem der Sprecher den Faden des linken Syntagmas wieder aufnimmt.14

    Auch in (42) wirkt die Spiegelung eher zufällig, und die Aussage ist nicht ganz dieselbe;

    zuerst ist von so einige, dann von genug die Rede. Beispiele (43) und (44) könnten auf den

    ersten Blick als normale Spiegelkonstruktionen betrachtet werden. Speziell erscheint, dass

    im linken Syntagma ein unpersönliches Pronomen es vorhanden ist (in (43) als Ellipse),

    welches sich auf das Subjekt bezieht, das wiederum die Position des Koinons einnimmt.

    Das Prädikat, isch, wird gespiegelt, während es wegfällt, da das rechte Syntagma sonst

    ungrammatisch würde. Obwohl das Koinon klar intonatorisch hervorgehoben wird,

    erscheinen die Beispiele (43) und (44) nicht als prototypische Spiegelkonstruktionen, aber

    auch eher nicht als Wiederaufnahme-Konstruktionen.

    14 Der Duden (2009: 1200) würde solche Beispiele klar den Wiederaufnahme-Konstruktionen zuordnen, da er deren Definition weiter fasst: Es werden auch spiegelkonstruktionsähnliche Beispiele mit symmetrischer Wiederholung von Subjekt und Prädikat dazugerechnet, wenn die Funktion nicht in der Hervorhebung besteht. Dies erscheint jedoch problematisch, da solche Fälle genau genommen Hybridität aufweisen, weshalb sie in der vorliegenden Arbeit dementsprechend kritisch betrachtet werden.

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    3.3.2 Weitere kontroverse Fälle

    Wie bereits in 2.2 angekündigt, sollen in diesem Abschnitt Beispiele diskutiert werden, die

    weder zu den Wiederaufnahme- noch zu den Spiegelkonstruktionen gezählt werden

    können. In den Beispielen (45) und (46) ist zwar die syntaktische Funktion des Koinons für

    beide Syntagmen identisch, was von Scheutz (1992: 249f.) als Kriterium für die

    Wiederaufnahme-Konstruktion angeführt wird. Trotzdem wird inhaltlich nicht direkt ans

    linke Syntagma angeknüpft:

    (45) um mal das äh anerkannt zu bekommen (-) diesen schein 5g5 (--) hab

    ich zufällig (-) damals in luxemburg gemacht (DS--_E_00051_SE_01_T_01)

    (46) ha das gmacht am sächstä januar und kän mänsch häts gmärkt bis am

    foiftä februar häts d argauer ziitig gmärkt ka wil si händ s höchschte

    huus detä (G/M 9.3.14)

    In (45) ist die Aussage im rechten Syntagma eindeutig eine andere als im linken: Zuerst

    geht es um die Anerkennung des Scheins, dann um den Ort, wo er gemacht wurde. Zudem

    hält der Sprecher nach dem Koinon kurz inne (signalisiert durch (--)) und scheint sich dann

    zu entschliessen, syntaktisch an dieses anzuknüpfen. In (46) hingegen findet keine solche

    Pause statt, sondern der Sprecher erkennt offenbar sofort, dass ihm das Koinon als Basis

    für die folgende syntaktische Konstruktion dienen kann. Beide Fälle können jedoch

    zweifellos als Apokoinu-Konstruktionen angesehen werden, auch wenn sie keiner der

    bisherigen Kategorien angehören. Das Grundkriterium, dass jeweils das linke und das

    rechte Syntagma zusammen mit dem Koinon je eine Einheit bilden, ist nämlich durchaus

    erfüllt.

    Die letzte Gruppe von Beispielen, die betrachtet werden soll, besteht aus Konstruktionen,

    die weder eine inhaltliche Wiederaufnahme enthalten noch mit Scheutz‘ Kriterium

    bezüglich der syntaktischen Funktion des Koinons übereinstimmen. Dies ist in den

    Beispielen (47) und (48) der Fall:

    (47) sie sind ja ebä als finanzdirektorin das schint ja e frauedomänä i dä bdp

    [gemeint ist die Partei] z si (G/M 13.4.14)

    (48) ohne die diese... (-) das|find ich auch 5f5 (--) weil (-) ich mein (-) daß

    das gleiche wie im fernsehen muß ja auch bemüht sein daß es

    entsprechend zuschauer findet (DS--_E_00047_SE_01_T_01)

    In (47) übernimmt das Koinon für das linke Syntagma die Funktion einer Apposition zum

    Subjekt sie, für das rechte diejenige des Subjekts. In (48) wechselt die Funktion von

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    Adverbial (zusammen mit der Präposition im) zu Subjekt. Von allen Beispielen in diesem

    Abschnitt ist (48) dasjenige, wo das Fehlen der inhaltlichen Wiederaufnahme am

    deutlichsten zu erkennen ist. Funktional lässt sich nun zu den vier Beispielen sagen, dass

    bei allen Korrekturvorgänge ablaufen, da der Gedankengang des linken Syntagmas

    aufgegeben wird und einem neuen Platz macht. Die Leistung des Sprechers besteht dabei

    darin, dass er nicht vollständig neu beginnen muss, sondern das Koinon als Ausgangspunkt

    für das rechte Syntagma nimmt. Damit wird deutlich, dass auch solche Fälle

    berechtigterweise als Apokoinu-Konstruktionen betrachtet werden können, denn entgegen

    Scheutz‘ Ansicht (1992: 250) ist die Akzeptabilität gewährleistet, auch wenn zwischen

    linkem und rechtem Syntagma kein inhaltlicher Zusammenhang besteht.

    4. Zusammenfassung Wie die Analyse der Apokoinu-Konstruktionen aus dem in der vorliegenden Arbeit

    verwendeten Korpus gezeigt hat, handelt es sich hierbei um ein sehr vielfältiges Phänomen.

    Neben der Gliederung in Wiederaufnahme- und Spiegelkonstruktionen haben sich

    Subkategorien mit einer jeweils charakteristischen syntaktischen Struktur ergeben. Die

    Wiederaufnahme-Konstruktionen liessen sich aufgrund Modifikation des Verbs,

    lexikalischer Substitution sowie dass-Konstruktionen unterteilen, während bei den

    Spiegelkonstruktionen prototypische von speziellen Fällen unterschieden wurden. Die

    einzelnen Beispiele wurden anhand verschiedener syntaktischer und pragmatischer

    Kriterien untersucht. Bezüglich pragmatischer Funktion ergaben sich einerseits

    sprecherorientierte Aspekte; neben den Grundfunktionen der inhaltlichen Wiederaufnahme

    und der Hervorhebung traten weitere wie Korrektur, Reparatur oder Umformulierung auf.

    In manchen Konstruktionen konnten auch hörerorientierte Überlegungen wie

    Hörerfreundlichkeit beobachtet werden. Die syntaktische Betrachtung lieferte einige

    interessante Ergebnisse, die sich mit Erkenntnissen aus der Forschung vergleichen liessen.

    Dies betraf beispielsweise die Frage, ob Verben koinonfähig sind oder ob die syntaktische

    Funktion des Koinons in den beiden Syntagmen übereinstimmen muss. Auch bezüglich

    der Verbstellung verhielten sich manche Beispiele anders als erwartet. Im Allgemeinen

    konnte ein enges Zusammenspiel von syntaktischen und pragmatischen Merkmalen

    festgestellt werden, jedoch gab es auch Beispiele, in denen diese nicht in eine Richtung

    wiesen. Dies wurde im Kapitel zu den problematischen Fällen besprochen. Schliesslich

    wurde deutlich, dass Apokoinu-Konstruktionen in ihrer syntaktisch-pragmatischen Vielfalt

    einen festen Bestandteil der gesprochenen Sprache ausmachen. Sie sind ein Beispiel dafür,

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    dass gesprochene Sprache Phänomene aufweist, die nicht nach schriftsprachlichen

    Standards beurteilt werden können, sondern in einer eigenen Grammatik beschrieben

    werden müssen, die den Bedingungen des Online-Prozesses gerecht wird.

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    18

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    Anhang Beispiele aus der DGD2 (Korpus Dialogstrukturen) DS--_E_00003_SE_01_T_01: (1) eh das is mit 4l4neunzehn jahren sollte man das nicht mehr tun 5f5 (-) solche

    begrenzungen 5f5 DS--_E_00005_SE_01_T_01: (2) das habe ich an für sich erwarte ich das auch DS--_E_00008_SE_01_T_01: (3) ich meine wenn es sich um kleinigkeiten handelt daß man da meinetwegen (-) wenn

    man nicht erzählt was das schnitzel heute gekostet hat oder solche|sachen 5f5 (4) ja 5s5 (-) und man muß wenn man (-) immer die wahrheit sagen will (-) muß man

    sich sehr vorsehen 5f5 (-) sie den rn [sic] nicht mit der wahrheit zu kränken 5f5 DS--_E_00009_SE_01_T_01: (5) ach s sind alles seine klassenkameraden sind alle solche dustre geschöpfe 5f5 DS--_E_00014_SE_01_T_01: (6) zweitens man hat wenn es eine sünde war sie längst (-) abgedient (7) also ich kann ihnen zehntausend redensarten die da gebraucht werden (-) die kann

    ich ihnen aufzählen 5f5 (8) und sie hat bis jetzt 6a 6 jetzt hat se s mir erst also erzählt DS--_E_00028_SE_01_T_01: (9) dann wird sich also (-) die klinik (-) die wird wahrscheinlich mit ihnen entweder

    direkt abrechnen DS--_E_00034_SE_01_T_01: (10) das muß ich jetzt also ich wollts morgen abschicken (11) und ich würde an deiner stelle (-)äh da du ja nicht voraussagen kannst daß du günstig

    wegkommst 5g5 (--) würde ich ganz knallhart äh 5g5 (--) einen satz schreiben DS--_E_00051_SE_01_T_01: (12) das (-) is dann noch nicht geläufig jetzt (-) weil wir die prüfungsordnung noch nicht

    haben 5g5 (--) können sie zwar theoretisch optieren für die neue prüfungsordnung (13) ich hab da so einige (lacht leise) proseminarscheine hab ich|genug (14) also ich meine| (-) sie werden das müssen sie nicht in freiburg machen (15) da (-)|könnte man also|wenn sie s unter rein 5g5 (--) ökonomischen gesichtspunkten

    sehen (-) könnten sie natürlich an ner anderen universität (-) besser fahren (16) daß sie (-) günstiger fahren (-) wenn sie|doch (-) sich (-) dann wenn sie anfangen ist

    es ja sowieso (-) unmöglich hier in freiburg weiterzumachen (17) da hab ich (-) bis (-) zum vierten semester hab ich italienisch gemacht (18) aber die haben irgendwie nich 6regis 6 äh registriert daß das ein fachwechsel is das

    für die gar nich (19) ja (-) sie kriegen also es ist ein ganz|provisorisches zeugnis (20) um mal das äh anerkannt zu bekommen (-) diesen schein 5g5 (--) hab ich zufällig (-)

    damals in luxemburg gemacht

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    DS--_E_00018_SE_01_T_01: (21) ich hatte das (-) die vorstellung eine geschichte zu erzählen (-) is das faszinierendste

    (-) was man (-) produktiv und kreativ (-) tun kann (22) und da sagte sie (-) mit einundzwanzig jahren 4s4als ich sie kennenlernte sagte sie (23) weißt du wie ich den nehme ich nehme den in der ersten runde nehme ich den tief DS--_E_00036_SE_01_T_01: (24) na ja (-) ach gott äh solange man nicht völlig dogmatisch ist läßt sich das doch dann

    dann sind unterschiedliche meinungen reizvoll nicht 5s5ich|meine sonst wird das ganze langweilig 5f5

    DS--_E_00044_SE_01_T_01: (25) auf der anderen seite gibts aber ich erinnere mich an an so n beispiele aus vietnam

    oder so|ne 5s5 (26) ja wenn man das irgendwie gebote oder so was formulieren könnte (27) man hat 6l 6 einfach die das was also politisch dahinter steckt is einfach nich äh (-)

    zum ausdruck gekommen ne DS--_E_00045_SE_01_T_01: (28) und wenn man also die machen das beim (-) bestimmten projekt (29) man soll ich mich jetzt soll man sich jetzt entscheiden für die eine oder andere

    möglichkeit oder wie 5s5 (30) sie würden ja ich würds wie gesagt gern wissen DS--_E_00046_SE_01_T_01: (31) daß es äh einmal von dem (-) rechtsgedanken her is es eigentlich nicht vertretbar (-)

    da äh diese filme zu zensieren (32) ja nicht nur also 6de 6 die äh pädagogik is ja nich erst seit n paar jahren oder so im

    gange da irgendwie was (-) zu erreichen (33) heute kann man also 6ben 6 bei der derzeitigen 6pit 6 politischen situation hier in der

    bundesrepublik kann man doch davon ausgehen (-) daß also äh kein mißbrauch per indizierung getrieben wird

    DS--_E_00047_SE_01_T_01: (34) ich hab das 6irgend 6 mal hab ich das mal im fernsehen gesehen (35) ohne die diese... (-) das|find ich auch 5f5 (--) weil (-) ich mein (-) daß das gleiche wie

    im fernsehen muß ja auch bemüht sein daß es entsprechend zuschauer findet Beispiele aus Giacobbo/Müller 15.12.13: (1) es isch zwor äh dä hype isch enorm (2) wil bis etz hämmer ja immer a jedem alass hämmer ja ganz vieli missä gha (3) hämmer jetz a jedem alass stönd etz immer ehemoligi bachelors ume? (4) do hämmer eusen äh anwalt hät das abgmacht 26.1.14: (5) mir hoffed dass sie viellicht s nöchscht mol wenn sie zu eus chömed sind sie cvp-

    präsidänt

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    2.2.14: (6) und ha gliichzitig hani chli nä hemmig gha (7) i mues sägä ja i ha frisch notürlech scho vüll gläsä aber mir isch ä so chli d dä frisch-

    kult isch mir ächli komisch igfahre woni einezwänzgi bi gsi bini mol z solothurn a dä literaturtäg gsi

    9.3.14: (8) ha das gmacht am sächstä januar und kän mänsch häts gmärkt bis am foiftä februar

    häts d argauer ziitig gmärkt ka wil si händ s höchschte huus detä (9) und eigentlich hämmer jedi usländerfeindlichi abstimmig hämmer immer abglähnt ka 23.3.14: (10) ich glaubä einersits hämmer dä rassismusartikel dä bruuchämer 13.4.14: (11) sie sind ja ebä als finanzdirektorin das schint ja e frauedomänä i dä bdp z si 18.5.14: (12) muesch ufpassä wänn di uf so öppis ilasch häsch noch zwanzg jahr zwanzg jahr lang

    häsch immer lämpä mit säbärä gmeind (13) äh ich ha woni äh schüeler gsi bi hani immer in stei am rhii i dä i dä ähm i dä feriä i

    dä schuelferiä bini bi dä müllabfuhr gsi (14) aso mä muä wartä bis är so afahrt und dänn chamer sich so wänn är scho fahrt

    muämer sich a dä stangä hebä (15) mir sind äbä luschtigerwiis under anderem in stei am rhii i däm äh werkhof wo ich

    früehner mol gschafft ha zum teil sinds no di gliichä lüt gsi wo döt gsi sind 25.5.14: (16) du häsch doch diä grossä hallänä füllsch du doch etz wie nix (17) mir planed ja au i däm jahr wieder ä spezialsändig diä heisst dänn giacobbo müller on

    ice heisst diä 28.9.14: (18) vo ihnä hämmer ja au ghört gha dass sie sie schäred ja mängmol au us us dä

    parteidisziplin usä (19) aber sie sind zämä mitäm äh svp-nationalrat peter chäller sind sie gägä das 5.10.2014: (20) sie sind ja äh inärä grossä bekanntä macho-organisation händ sie än ufgob (21) wie isch das mues mer dänn i sonärä macho-organisation mues mer bsunders mues

    mer a chli macho si oder mues mer s äh gägä mues mer gägälaufä? (22) mir hei zwöituusigdrizäh oder zwölf zwölf oder drizäh hei mer drizäh bougsuech gha (23) ich glaubä do würed sie am schluss äh würd d armee sogar no d gsoa liebä 12.10.2014: (24) sie sind fasch überall wo sie sind äh gwünned sie oder mached sie ä gueti figur (25) äs git än hufä aso me würs meinä so vom klischee vo dänä damä und härrä wo mer

    etz gad ibländet gseh händ wür mer dänkä die die händ nur irgendwelchi gwüssi ämtli verträtä

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    Eigene Beispiele (1) isch au de stei isch nöd ganz nass (2) und denn hät sie gseit frau hofer hät sie gseit (3) aso mir chönd da scho so chömmers mache (4) äs isch im prinzip isch äs s gliiche (5) frogeds da scho am telefon frogeds da nöd oder (6) i ha jo am mentig hani nüt (7) da isch gär nöd guet isch da (8) är hät jungbürgerfiir hät är (9) är hät etz zwei wuchä hät är eifoch normali füfävierzg stund ka (10) etz gohts mer denn öppe uf d nerve gohts mer