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Vorlesung Physikalische Chemie I
Einführung in die Chemische Kinetik (Formale Reaktionskinetik)
1 Einführung
2 Formale Reaktionskinetik einfacher Reaktionen
2.1 Reaktionsgeschwindigkeit einfacher Reaktionen
2.2 Bestimmung des Geschwindigkeitsgesetzes für verschiedene Reaktions-
ordnungen
2.2.1 Reaktionen 1. Ordnung
2.2.2 Reaktionen 2. Ordnung
2.2.3 Reaktionen 3. Ordnung
2.2.4 Reaktionen 0 Ordnung
2.2.5 Experimentelle Bestimmung der Reaktionsordnung
3 Gekoppelte Reaktionen
3.1 Gegenreaktionen
3.2 Nebenreaktionen (Parallelreaktionen)
3.3 Folgereaktionen
3.4 Kombination aus Rück- und Folgereaktion
4 Einfluss der Temperatur auf die Reaktionsgeschwindigkeit
Vorlesung Physikalische Chemie I
1. Einführung
• Kinetik befasst sich mit dem zeitlichen Ablauf von Reaktionen!
Triebkraft für die Reaktion: DG
Geschwindigkeit der Reaktion: ???
• Im allgemeinen besteht kein Zusammenhang zwischen DG und der Reaktionsgeschwindigkeit,
bei gleichen DG sind extrem unterschiedliche Reaktions-geschwindigkeiten möglich.
Vorlesung Physikalische Chemie I
2. Formale Reaktionskinetik einfacher Reaktionen
Reaktionsgeschwindigkeit:
Zeitliche Änderung der Konzentrationen der an einer Reaktion beteiligten
Stoffe
𝜈𝐴𝐴 + 𝜈𝐵𝐵 ⟶ 𝜈𝐶 𝐶 + 𝜈𝐷𝐷
2.1 Reaktionsgeschwindigkeit einfacher Reaktionen
- v: intensive Größe (auf Konzentration bezogen)
- Vorzeichen wird so gewählt, dass v positiv ist
- Stöchiometrie der Reaktion muss berücksichtigt werden
𝑣 = −1
𝜈𝐴
𝑑 𝐴
𝑑𝑡= −
1
𝜈𝐵
𝑑 𝐵
𝑑𝑡=1
𝜈𝐶
𝑑 𝐶
𝑑𝑡= 1
𝜈𝐷
𝑑 𝐷
𝑑𝑡
Vorlesung Physikalische Chemie I
Beispiel
2 H2 + O2 → 2 H2O
𝑣 = −𝑑 𝐻
2
𝑑𝑡= −2
𝑑 𝑂2
𝑑𝑡=𝑑 𝐻
2𝑂
𝑑𝑡
H2 + 0.5 O2 → H2O
Vorlesung Physikalische Chemie I
Vorzeichen stöchiometrischer Koeffizienten:
negativ für Edukte
positiv für Produkte
𝑣 =𝑑𝜉
𝑑𝑡= 1
𝜈𝑖
𝑑𝑛𝑖
𝑑𝑡
𝜈𝑖 𝐴𝑖 = 0
Weitere Möglichkeit zur Beschreibung der RG über die Reaktionslaufzahl
( = 1 für einen Formelumsatz) mit:
sowie
Definition der Reaktionsgeschwindigkeit v als Änderung des Formelumsatzes
mit der Zeit:
und damit auch 𝑣 beziehen sich auf die Stoffmenge (Molzahl), nicht auf die
Konzentration wie 𝑣!
Stöchiometrische Koeffizienten - Reaktionslaufzahl
𝑑𝜉
𝑑𝑡= 1
𝜈𝑖
𝑑𝑛𝑖
𝑑𝑡𝑑𝜉=
1
𝜈𝑖
𝑑𝑛𝑖
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionsgeschwindigkeit:
Beziehung zwischen v und v
wobei V das zeitunabhängige Volumen der Lösung angibt.
Häufig wird in der Literatur nicht zwischen v und v unterschieden, und beide
als Reaktionsgeschwindigkeit bezeichnet!
𝑣 =𝑑𝜉
𝑑𝑡=1
𝜈𝑖
𝑑𝑛𝑖
𝑑𝑡=𝑉
ν𝑖
𝑑𝑛𝑖
𝑉
𝑑𝑡=𝑉
𝜈𝑖
𝑑𝑐𝑖
𝑑𝑡= 𝑣 𝑉
𝒗 ↔ 𝒗
Vorlesung Physikalische Chemie I
Abhängigkeit der RG von der Konzentration der Reaktanden
Im allgemeinen gilt:
Empirische Beobachtungen ergaben Geschwindigkeitsgesetze der Form:
ni: Reaktionsordnung bezüglich Komponente i
(meistens kleine, ganze Zahlen)
Gesamtreaktionsordnung n:
𝑣 = −1
𝜈𝑖
𝑑 𝐴𝑖
𝑑𝑡= 𝑘(𝑇) 𝐴1
𝑛1 𝐴2𝑛2, …
𝑛 = 𝑛𝑖
𝑣 = −1
𝜈𝑖
𝑑[𝐴𝑖]
𝑑𝑡= 𝑓(𝑇, 𝐴1 , 𝐴2 , … [𝐴𝑚])
Vorlesung Physikalische Chemie I
Beispiel
A + 2 B → 3 C + D
mit 𝑣 = 𝑘 𝑇 𝐴 𝐵 2
Reaktion ist 1. Ordnung bezüglich A
Reaktion ist 2. Ordnung bezüglich B
Gesamtreaktionsordnung der Reaktion: 3
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionsordnung ↔ Molekularität
Reaktionsordnung:
Makroskopisch phänomenologische Größe, die Hinweise auf den mikrosko-
pischen Ablauf der Reaktion gibt, aber keinen eindeutigen Aufschluss.
Molekularität:
Mikroskopische Größe, die den Ablauf / Mechanismus der Reaktion beschreibt.
Sie gibt die Zahl der an einem Elementarschritt beteiligten Teilchen an
Unimolekular: Zerfall, Umwandlung eines Moleküls
Bimolekular: 2 Atome / Moleküle kollidieren und tauschen
Energie / Atome /Atomgruppen aus
Trimolekular: 3 Atome / Moleküle kollidieren und tauschen
Energie / Atome /Atomgruppen aus
Häufig (aber nicht immer!): unimolekular → 1. Ordnung
bimolekular → 2. Ordnung
trimolekular → 3. Ordnung
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionsordnung ↔ Molekularität
Vor allem ist der Umkehrschluss oft nicht korrekt, d.h., bimolekulare Reaktionen
verlaufen in der Regel nach 2. Ordnung, aber Reaktionen 2. Ordnung sind lange
nicht immer bimolekular!
Molekularität und Reaktionsordnung sind über die Theorie der RG miteinander
verknüpft.
Fazit:
• Geschwindigkeitsgesetz kann nur experimentell bestimmt werden, man kann
es nicht aus der Reaktionsgleichung ableiten.
• Mechanismus der Reaktion muss dem experimentell ermittelten Geschwindig-
keitsgesetz genügen, kann aber daraus nicht eindeutig abgeleitet werden.
• Bei einfachen Reaktionen ist die Gesamtordnung in der Regel eine ganze Zahl
zwischen 0 und 3, es gibt aber auch gebrochene oder negative Reaktions-
ordnungen (zusammengesetzte Reaktionen).
Vorlesung Physikalische Chemie I
2.2.1 Reaktionen 1. Ordnung
Typ: A → P + ….
RG hängt bei konstantem T nur von der Konzentration von A ab.
𝑣 = −𝑑[𝐴]
𝑑𝑡= 𝑘 𝐴 mit k [s-1]
𝐴 0
𝐴 𝑡 𝑑 𝐴
𝐴= −
𝑡=00
𝑡
𝑘 𝑑𝑡
ln 𝐴 𝑡 − 𝑙𝑛 𝐴 0 = −𝑘𝑡
𝐴 𝑡 = 𝐴 0 𝑒𝑥𝑝−𝑘𝑡
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionen 1. Ordnung
t
ln𝐴
𝐴 0
kln[A]0
Auftrag von gegen t liefert –k als Steigung
Ein bequemes Maß zur Charakterisierung des Geschwindigkeitsgesetzes ist die
Halbwertszeit t1/2 ([A] = ½ [A]0 für t = t1/2). Für Reaktionen erster Ordnung erhält
man (Ableitung Übungen):
𝑡 12=ln 2
𝑘1
ln𝐴
𝐴0
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionen 1. Ordnung – Pseudoerste Ordnung
Mikroskopisch entspricht eine Reaktion 1. Ordnung am ehesten einer uni-
molekularen Reaktion.
Echte Beispiele sind relativ selten, weil praktisch immer mehr (mindestens 2)
Partner beteiligt sind. Häufig sind diese Reaktionen ‚pseudo-erster Ordnung‘
(Konzentrationen anderer Partner sind so hoch, dass sie im Verlauf der Reaktion
praktisch konstant sind).
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionen 1. Ordnung – Beispiele
a) Radioaktiver Zerfall
Beispiel für eine echte unimolekulare Reaktion!
Wahrscheinlichkeit für den spontanen Zerfall eines Kerns ist eine charakteristische
Konstante:
oder
b) Zersetzungs- oder Umlagerungsreaktionen
- Thermische Dissoziation von N2O5:
N2O5 → N2O4 + 0.5 O2
N2O4 → 2 NO2
c) Rohrzuckerhydrolyse (siehe Praktikum / Lehrbuch)
−𝑑𝑁 = 𝑘 𝑁 𝑑𝑡 −𝑑𝑁
𝑑𝑡= 𝑘
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionen 1. Ordnung – Beispiele
d) Zerfall eines aktivierten Komplexes
Häufig: A + A → B + C 1. Ordnung bezüglich A
Häufig ist der Zerfall eines aktivierten Komplexes (unimolekularer Prozess)
geschwindigkeitsbestimmend.
1. Schritt: A + A → A* + A oder
A + Wand → A* + Wand (Fremdaktivierung)
2. Schritt: A* → B + C
Nur der 2. Teilschritt ist eine echte Reaktion 1. Ordnung, der wenn ausreichen
langsam die Reaktion dominiert (→ Lindemann Mechanismus).
Vorlesung Physikalische Chemie I
2.2.2 Reaktionen 2. Ordnung
Typ: A + A → P + …. 2. Ordnung in A
RG hängt bei konstantem T nur von der Konzentration von A ab.
𝑣 = −𝑑[𝐴]
𝑑𝑡= 𝑘 𝐴 2 mit k [s-1]
𝐴 0
𝐴 𝑡 𝑑 𝐴
𝐴 2= −
𝑡=0
𝑡
𝑘2𝑑𝑡
1
𝐴−1
𝐴 0= 𝑘2 𝑡
𝐴 =𝐴 0
1 + 𝑘2 𝑡 𝐴 0t
1/[A]
k
1/[A]0
Plot von 1/[A] gegen t ergibt
Gerade mit Steigung k
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionen 2. Ordnung - Halbwertzeit
Halbwertszeit:
Wichtig: Bei Konzentrationen [A]0 < 1 Mol / l ist die Abnahme in [A] in einer
Reaktion 1. Ordnung schneller als in einer Reaktion 2. Ordnung.
1. Ordnung
2. Ordnung
−𝑑 𝐴
𝑑𝑡= 𝑘 𝐴
−𝑑 𝐴
𝑑𝑡= 𝑘2 𝐴
2
𝑡 12=1
𝑘2 𝐴 0
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionen 2. Ordnung – Allgemeiner Fall
Typ: A + B → P + …. je 1. Ordnung in A, B
Gleichung ist einfach integrierbar, wenn die Konzentrationen gleichmäßig und in
gleicher Weise abnehmen:
für t = 0: [A] 0, [B] 0
für t [A] = [A] 0 – x, [B] = [B]0 – x
Dann gilt:
und andererseits:
𝑣 = −𝑑 𝐴
𝑑𝑡= −
𝑑 𝐵
𝑑𝑡= 𝑘2 𝐴 𝐵 mit k [M-1 l s-1]
−𝑑[𝐴]
𝑑𝑡= −𝑘2 𝐴 𝐵 = 𝑘2 𝐴 0− 𝑥 𝐵 0− 𝑥
−𝑑 𝐴
𝑑𝑡= −𝑑 𝐴 0− 𝑥
𝑑𝑡=𝑑𝑥
𝑑𝑡
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionen 2. Ordnung – Allgemeiner Fall
𝑑𝑥
𝑑𝑡= 𝑘2 𝐴 0− 𝑥 𝐵 0− 𝑥
Mit x = 0 für t = 0 ergibt sich:
𝑘2 𝑡 = 0
𝑥 𝑑𝑥
𝐴 0− 𝑥 𝐵 0− 𝑥
𝑘2 𝑡 =1
𝐴 0− 𝐵 0ln𝐴 𝑡 𝐵 0𝐴 0 𝐵 𝑡
Lösung geht nicht für [A]0 = [B] 0, und außerdem muss gelten, dass die Abnahmen
der Konzentration in [A] und [B] gleich sind (Reaktionsgleichung muss bekannt
sein). Andernfalls ergibt die Integration andere Ergebnisse!
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionen 2. Ordnung – Allgemeiner Fall
𝐴 = 𝐴 0𝑒𝑥𝑝 −𝑖𝑘′𝑡
Auch die o.a. Gleichung ist noch unhandlich.
Möglicher Ausweg:
Reaktion unter Bedingungen ablaufen lassen, unter denen sie nach pseudo-erster
Ordnung abläuft (1 Komponente in großem Überschuss).
[B] 0 >> [A] 0 → [B] ≈ [B]0
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionen 2. Ordnung – Beispiele
a) Typ ‚A + B‘ A + B → C + D
Alkalische Esterverseifung
CH3COOC2H5 + OH- → CH3COO- + C2H5OH
b) Typ ‚A + A‘ A + A → B
Rekombination von Jodatomen
2 I → I2 (Gasphase)
−𝑑 𝐸𝑠𝑡𝑒𝑟
𝑑𝑡= −𝑑 𝑂𝐻−
𝑑𝑡= 𝑘 𝐸𝑠𝑡𝑒𝑟 𝑂𝐻−
Vorlesung Physikalische Chemie I
2.2.3 Reaktionen 3. Ordnung
Typ: A + A + A → P + …. 3. Ordnung in A
Achtung:
RG hängt bei konstantem T nur von der Konzentration von A ab.
𝑣 = −𝑑[𝐴]
𝑑𝑡= 𝑘 𝐴 3 mit k [M-2 l2 s-1]
𝐴 0
𝐴 𝑡 𝑑 𝐴
𝐴 3= −
𝑡=0
𝑡
𝑘3𝑑𝑡
1
𝐴 2−1
𝐴 02= 2 𝑘3 𝑡
1
𝐴 2=1
𝐴 02+ 2 𝑘3 𝑡
t
1/[A]2
2 k3
1/[A]02
Plot von 1/[A] gegen t ergibt
Gerade mit Steigung k
−𝑑 𝐴
𝑑𝑡= 3𝑑[𝑃]
𝑑𝑡
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionen 3. Ordnung - Halbwertzeit
Halbwertszeit: 𝑡 12=
3
2 𝑘3 𝐴 02
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionen 3. Ordnung – Beispiele
Generell: Trimolekulare Reaktionen sind unwahrscheinlich!
Beispiel 1:
Anwesenheit von Ar beschleunigt die Rekombination von Jod in der Gasphase
2 I + Ar → I2 + Ar (Gasphase)
→ Reaktion 3. Ordnung
Dreierstoß: Ar nimmt als 3. Stoßpartner die Energie auf, die bei der Bildung von I2
frei wird, damit wird sofortiger Wiederzerfall verhindert.
Beispiel 2 2NO + Cl2 → 2 NOCl
2 NO + O2 → 2 NO2
In beiden Fällen: −𝑑 𝑁𝑂2𝑑𝑡= 𝑘 𝑁𝑂2 𝑂2
𝑣 = 𝑘 𝐼 2 𝐴𝑟
Vorlesung Physikalische Chemie I
Trotzdem handelt es sich in beiden Fällen um bimolekulare Reaktionen, die über
2 Teilschritte verlaufen:
1) 2 NO ⇆ N2O2
2) 2 N2O2 + O2 → 2 NO2
Reaktion 1) ist schnell und im Gleichgewicht
Reaktion 2) ist langsam und geschwindigkeitsbestimmend:
1
2
𝑑𝑝𝑁𝑂2𝑑𝑡= 𝑘′𝑝𝑁2𝑂2 𝑝𝑂2 = 𝑘
′ K pNO2𝑝𝑂2
K=𝑝𝑁2𝑂2𝑝2𝑁𝑂
𝑑𝑝𝑁𝑂2𝑑𝑡= −𝑑𝑝𝑁𝑂𝑑𝑡= 2 𝑘′K pNO
2 𝑝𝑂2= 2 𝑘′′ pNO
2 𝑝𝑂2
Reaktionen 3. Ordnung – Beispiele
Vorlesung Physikalische Chemie I
2.2.4 Reaktionen 0. Ordnung
Typ: A → P + …. 0. Ordnung in A
Typisch für Kondensation oder Desorption von kondensierten Schichten, wo jedes
adsorbierende / desorbierende Teilchen einen neuen Adsorptionsplatz bzw. ein
desorptionsbereites Teilchen ‚schafft‘.
Ähnlich auch bei katalytischen Reaktionen, wenn bei hohen Drücken alle
Adsorptionsplätze belegt sind und eine weitere Druckerhöhung die Zahl der
adsorbierten (und reaktionsbereiten) Teilchen nicht erhöht.
𝑣 = −𝑑[𝐴]
𝑑𝑡= 𝑘0 mit k [M l-1 s-1]
𝐴 0
𝐴 𝑡𝑑 𝐴 = −
𝑡=0
𝑡
𝑘0𝑑𝑡
𝐴 − 𝐴 0 = −𝑘0 𝑡 t
[A]
- k0[A]0
Vorlesung Physikalische Chemie I
Reaktionen 0. Ordnung - Halbwertzeit
Halbwertszeit: 𝑡 12=1
2 𝑘0𝐴 0
Vorlesung Physikalische Chemie I
2.2.5 Experimentelle Bestimmung der Reaktionsordnung
a) Aus dem Geschwindigkeitsgesetz
b) Durch Vergleich der für verschiedene Anfangskonzentrationen experimentell
bestimmten Halbwertszeiten mit dem für die unterschiedlichen Reaktions-
ordnungen abgeleiteten Verhalten
c) Aus den anfänglichen Reaktionsgeschwindigkeiten
Vorlesung Physikalische Chemie I
Einfluss der Reaktionsordnung auf den Reaktionsablauf
Vergleich der Reaktionen 0. bis 3. Ordnung bei gleichem k (angegebene Ordnung
in [A]) und [A] = 1.
Bei gleichem k laufen die Reaktionen anfangs (bei A] nahe 1) gleich schnell ab; bei
kleineren Werten von A ist die Reaktion nach 0. Ordnung am schnellsten und die
RG nimmt mit steigender Reaktionsordnung ab .
Vorlesung Physikalische Chemie I
Bestimmung der Reaktionsordnung aus dem Geschwindigkeitsgesetz
Vergleich der experimentell bestimmten Reaktionsgeschwindigkeit mit den für
verschiedene Reaktionsordnungen abgeleiteten Geschwindigkeitsgesetzen.
Vorlesung Physikalische Chemie I
Bestimmung der Reaktionsordnung aus dem Geschwindigkeitsgesetz
Durch Vergleich der für verschiedene Anfangskonzentrationen (oder in einem
Experiment in verschiedenen Konzentrationsbereichen!) experimentell
bestimmten Halbwertszeiten mit dem für die unterschiedlichen Reaktions-
ordnungen abgeleiteten Verhalten (siehe vorhergehende Abschnitte).
Reaktion 0. Ordnung:
Reaktion 1. Ordnung:
Reaktion 2. Ordnung (A+A):
Reaktion 3. Ordnung:
Allgemein (Übungen):
𝑡 12=1
2 𝑘0𝐴 0
𝑡 12=
3
2 𝑘3 𝐴 02
𝑡 12=1
𝑘2 𝐴 0
𝑡 12=ln 2
𝑘1
𝑡 12∝ 𝐴0
1−𝑛
Vorlesung Physikalische Chemie I
Bestimmung der Reaktionsordnung aus dem Geschwindigkeitsgesetz
Aus den anfänglichen Reaktionsgeschwindigkeiten.
Die Anfangsgeschwindigkeit einer Reaktion kann allgemein beschrieben werden mit:
Hält man [B]0 und [C]0 in einer Reihe von Versuchen konstant und variiert [A]0, erhält
man aus der Auftragung von lg(dx/dt)0 gegen lg [A]0 eine Gerade, aus deren Steigung
man die Reaktionsordnung in [A] erhält.
„Isoliermethode“: [B] und [C] werden in großem Überschuss eingesetzt:
𝑑𝑥
𝑑𝑡0
= 𝑘 𝐴 0𝑎 𝐵 0
𝑏 𝐶 0𝑐
lg𝑑𝑥
𝑑𝑡 0= lg 𝑘 + 𝑎 lg 𝐴 0+ 𝑏 lg 𝐵 0+ 𝑐 lg 𝐶 0
𝑑𝑥
𝑑𝑡≈ 𝑘′ 𝐴 𝑎
Vorlesung Physikalische Chemie I
3 Gekoppelte Reaktionen
3 Gekoppelte Reaktionen
3.1 Gegenreaktionen (Rückreaktionen, unvollständig verlaufende Reaktion)
3.2 Nebenreaktionen (Parallelreaktionen)
3.3 Folgereaktionen
3.4 Kombination aus Rück- und Folgereaktion
Die meisten chemischen Reaktionen sind nicht einfache Reaktionen, sondern aus
Teilschritten zusammengesetzt. Sie müssen insgesamt berücksichtigt werden,
wenn nicht ein Schritt geschwindigkeitsbestimmend ist.
Vorlesung Physikalische Chemie I
3.1 Gegenreaktionen (Rückreaktionen)
A ⇄ B
Im Gleichgewicht gilt:
Bis zum Erreichen des Gleichgewichts läuft die Reaktion (netto) in eine Richtung,
in Richtung auf das Gleichgewicht!
K =𝑘1
𝑘−1=𝐵 ∞
𝐴 ∞
𝑣 = 𝑘1 𝐴 ∞ = 𝑣 = 𝑘 − 1 𝐴 ∞
k-1
k1
Vorlesung Physikalische Chemie I
Gegenreaktionen
a) Reaktionsverhalten bei [B]0 = 0
t = 0 [A] = [A]0, [B] = 0
t = t [A] = [A]0 - x, [B] = x
Hinreaktion:
Rückreaktion:
Gesamtreaktion:
mit K =𝑘1
𝑘−1
𝑑 𝐵
𝑑𝑡→
=𝑑𝑥
𝑑𝑡= 𝑘1 𝐴 = 𝑘1 𝐴 0− 𝑥 = 𝑘1 𝐴 0− 𝐵
𝑑 𝐵
𝑑𝑡←
= 𝑘−1 𝐵
𝑑 𝐵
𝑑𝑡=𝑑 𝐵
𝑑𝑡→
−𝑑 𝐵
𝑑𝑡←
= 𝑘1 𝐴 0− 𝐵 − 𝑘−1 𝐵
1
1 + K−1ln
𝐴 0𝐴 0 − 1 + K
−1 𝐵= 𝑘𝑖 𝑡
Vorlesung Physikalische Chemie I
Gegenreaktionen - Umsatz
Mit [A] = [A]0 – [B]
Für t → : [B] = K [A] , und generell [A] + [B] = [A]0
𝐴 = K−1 + exp − 𝑘1 + 𝑘−1 𝑡𝐴 01 + K−1
𝐵
𝐵 = 1 − exp − 𝑘1 + 𝑘−1 𝑡𝐴 01 + K−1
𝐵
[A]0
t
𝐵 ∞ =1
1 + K−1𝐴 0
𝐴 ∞ =K−1
1 + K−1𝐴 0
[A]
[B]
Vorlesung Physikalische Chemie I
Gegenreaktionen - Umsatz
Mit dem Umsatz x = [A]0 – [A] = + [B]
Erhält man 𝑥 = 𝑥∞ 1 − exp − 𝑘1 + 𝑘−1 𝑡
Vorlesung Physikalische Chemie I
Gegenreaktionen – Allgemeiner Fall
b) [B]0 ≠ 0
Wenn zur Zeit t = 0 die Konzentration [B]0 ≠ 0 ist, also A und B in endlichen
Konzentrationen vorliegen, lässt sich das Gleichungssystem besser über den
Umsatz x formulieren:
t = 0 [A] = [A]0, [B] = [B] 0
t = t [A] = [A]0 - x, [B] = [B]0 + x
t = t x = x ,
Reaktionsgeschwindigkeit:
𝑑𝑥
𝑑𝑡𝑡=∞
= 0
𝑑𝑥
𝑑𝑡= 𝑘1 𝐴 − 𝑘−1 𝐵
= 𝑘1 𝐴 0− 𝑥 − 𝑘−1 𝐵 0+ 𝑥
= 𝑘1 𝐴 0− 𝑘−1 𝐵 0− 𝑘1+ 𝑘−1 𝑥
Vorlesung Physikalische Chemie I
Gegenreaktionen
Im Gleichgewicht: →𝑑𝑥
𝑑𝑡= 0 𝑥∞ =
𝑘1 𝐴 0− 𝑘−1 𝐵 0𝑘1 + 𝑘−1
𝑑𝑥
𝑑𝑡= 𝑥∞− 𝑥 𝑘1+ 𝑘−1
0
𝑥𝑑𝑥
𝑥∞ − 𝑥= −
𝑡=0
𝑡
𝑘1+ 𝑘−1 𝑑𝑡
𝑙𝑛𝑥∞ − 𝑥
𝑥∞= − 𝑘1 + 𝑘−1 𝑡
𝑥 = 𝑥∞ 1 − 𝑒𝑥𝑝 − 𝑘1 + 𝑘−1 𝑡
Vorlesung Physikalische Chemie I
3.2 Nebenreaktionen (Parallelreaktionen)
Gleichzeitig laufen: A → B
A → C
Bei Annahme von Reaktionen 1. Ordnung:
Aus der RG erhält man nur die Summe der Geschwindigkeitskonstanten k1 und k2,
Einzelwerte nur aus der Bestimmung von [B] und [C]:
k2
k1
−𝑑 𝐴
𝑑𝑡= 𝑘1 𝐴 + 𝑘2 𝐴 = 𝑘1+ 𝑘2 𝐴
𝐴 = 𝐴 0 exp − 𝑘1 + 𝑘2 𝑡
𝑑 𝐵
𝑑𝑡= 𝑘1 𝐴
𝑑 𝐶
𝑑𝑡= 𝑘2 𝐴
𝑑 𝐵
𝑑𝑡=𝑘1𝑘2
𝑑 𝐵
𝑑𝑡
Vorlesung Physikalische Chemie I
Nebenreaktionen (Parallelreaktionen)
Integrieren von 0 → B und von 0 → C liefert
Die Konzentrationen der Endprodukte verhalten sich wie die Geschwindigkeits-
konstanten.
Schnellster Schritt ist geschwindigkeitsbestimmend
𝐵
𝐶=𝑘1𝑘2
Vorlesung Physikalische Chemie I
3.3 Folgereaktionen
A → B → C
Einfachstes Modell: Beides sind Reaktionen 1. Ordnung
(1) →
(2)
(3)
Randbedingungen: [A] + [B] + [C] = [A]0
und für t = 0: [A] = [A]0; [B] = [C] = 0
k2k1
−𝑑 𝐴
𝑑𝑡= 𝑘1 𝐴 𝐴 = 𝐴 0 exp −𝑘1𝑡
−𝑑 𝐵
𝑑𝑡= 𝑘1 𝐴 0 exp −𝑘1 𝑡 + 𝑘2 𝐵
−𝑑 𝐵
𝑑𝑡= −𝑘1 𝐴 + 𝑘2 𝐵
𝑑 𝐶
𝑑𝑡= 𝑘2 𝐵
Vorlesung Physikalische Chemie I
Folgereaktionen
Lösung der linearen inhomogenen Differentialgleichung:
[C] aus [A] + [B] + [C] = [A]0 und [A] = [A]0 exp (-k1 t)
𝐵 = exp −𝑘2 𝑡𝑘1 𝐴 0 exp 𝑘2 − 𝑘1 𝑡 − 1
𝑘2 − 𝑘1
−𝑑 𝐵
𝑑𝑡= 𝑘1 𝐴 0 exp −𝑘1 𝑡 + 𝑘2 𝐵
𝐵 =exp −𝑘2𝑡 𝑘1 𝐴 0𝑘2− 𝑘
exp 𝑘2− 𝑘1 𝑡 − 1
𝐶 = 𝐴 0 1 −𝑘2 exp −𝑘1𝑡
𝑘2 − 𝑘1+𝑘1 exp −𝑘2𝑡
𝑘2 − 𝑘1
Vorlesung Physikalische Chemie I
Folgereaktionen – Konzentrationsverlauf
𝐶 = 𝐴 0 1 −𝑘2 exp −𝑘1𝑡
𝑘2 − 𝑘1+𝑘1 exp −𝑘2𝑡
𝑘2 − 𝑘1
[A]0
t
[A]
[B]
[C]
Langsamster Schritt ist geschwindigkeitsbestimmend
Vorlesung Physikalische Chemie I
Folgereaktionen – Spezialfälle
1) k1 << k2 → [B] sehr klein
𝐶 = 𝐴 0 1 − exp −𝑘1𝑡[A]0
t
[A]
[C]
[B]
2) k1 >> k2 → 𝐶 = 𝐴 0 1 − exp −𝑘1𝑡
[A]0
t
[A]
[C]
[B]
Vorlesung Physikalische Chemie I
Bodenstein‘sches Stationaritätsprinzip
Annahme: Während einer Folgereaktion ist die Konzentration des Zwischen-
produkts B konstant.
Integrieren von t = 0 → t = t und [C] = 0 → [C] = [C] ergibt:
„Näherung des stationären Zustandes“
𝑑 𝐵
𝑑𝑡≈ 0
𝑑 𝐵
𝑑𝑡= 𝑘1 𝐴 − 𝑘2 𝐵 ≈ 0 𝐵 =
𝑘1𝑘2𝐴
𝐶 = 𝐴 0 1 − exp −𝑘1𝑡
𝑑 𝐶
𝑑𝑡= 𝑘2 𝐵 = 𝑘1 𝐴
= 𝑘1 𝐴 0 𝑒𝑥𝑝 −𝑘1 𝑡
Vorlesung Physikalische Chemie I
3.4 Kombination von Rück- und Folgereaktion
„Vorgelagertes Gleichgewicht“
A ⇄ B → C
Reaktion resultiert in relativ komplizierten Gleichungen für [B] und [C]
→
→
Wie schon bei Folgereaktionen besprochen vereinfacht sich die Situation unter
bestimmten Voraussetzungen erheblich.
k2k1
𝑑 𝐵
𝑑𝑡= 𝑘1 𝐴 − 𝑘−1 𝐵 − 𝑘2 𝐵
𝑑 𝐶
𝑑𝑡= 𝑘2 𝐵
k-1
Vorlesung Physikalische Chemie I
Kombination von Rück- und Folgereaktion - Spezialfälle
Spezialfall: k2 << k-1
Vorgelagertes Gleichgewicht zwischen A und B, langsame
Umwandlung B → C wird vernachlässigt.
→ →
→
Unter diesen Bedingungen ist die Reaktion insgesamt 1. Ordnung!
Die Geschwindigkeitskonstante k‘ setzt sich aus den Geschwindigkeits-
konstanten der Teilschritte zusammen.
𝑑 𝐶
𝑑𝑡= 𝑘2 𝐵 =
𝑘2 𝑘1 𝐴
𝑘−1= 𝑘′ 𝐴
𝑘1 𝐴 = 𝑘−1 𝐵𝐵
𝐴=𝑘1𝑘−1= 𝐾
Vorlesung Physikalische Chemie I
Rück- und Folgereaktion - Beispiel
Gesamtreaktion 2 NO + O2 → 2 NO2
a) 2 NO ⇄ N2O2
b) N2O2 + O2 → 2 NO2
Die hier gemachte Näherung bedeutet, dass die Konzentration des Zwischen-
produkts als konstant angenommen wird (und in der Regel klein, da k-1 >> k2).
→ Bodenstein‘sches Stationaritätsprinzip:
→
𝑑 𝑁𝑂2𝑑𝑡=2 𝑘2 𝑘1𝑘−1
𝑁𝑂 2 𝑂2
𝑘1 𝐴 −𝑘−1 𝐵 − 𝑘2 𝐵 =𝑑
𝑑𝑡= 0
𝑑 𝐵
𝑑𝑡≈ 0
𝐵 =𝑘1
𝑘−1 + 𝑘2𝐴 ≈=
𝑘1𝑘−1𝐴
k1
k-1 k2
Vorlesung Physikalische Chemie I
4 Einfluss der Temperatur auf die Reaktionsgeschwindigkeit
Bisheriger Ansatz: v = f(T, [A1], [A2],…. [Am])
v = k [A1]m [A2]
n….. Mit k = f(T)
Theorie der Reaktionskinetik sollte erklären
a) Ursache für die beobachtete Reaktionsordnung
b) Temperaturabhängigkeit
Empirische Feststellung: RG nimmt mit steigender Temperatur zu; Erhöhung der
Temperatur um 10°C entspricht oft einer Verdoppelung der RG.
Arrhenius fand empirisch: →
Arrhenius Gleichung:
k0: Präexponentieller Faktor
: Aktivierungsenergiek2
ln 𝑘 ~1
𝑇ln 𝑘 = 𝑎 −
𝑏
𝑇
ln 𝑘 = ln 𝑘0 −𝐸𝑎∗
𝑇
𝐸𝑎∗
Vorlesung Physikalische Chemie I
Deutung des beobachteten Temperatureffekts
Deutung der Beobachtung:
[A]*: ‚Aktivierter Komplex‘,
‚Übergangszustand‘
AZ: Anfangszustand (Edukte)
EZ: Endzustand (Produkte)
DH = -
Einfachster Fall:
−𝐸𝑎∗
𝑅
ln k
1
𝑇
ln k0
E
AZ
EZ
[A]*
𝐸1∗
DH
𝐸1∗𝐸1∗