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Einführung in die Entwicklungspsychologie – PD Dr. Christiane Papastefanou – WS 2002/2003 Typologie von Entwicklungstheorien

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Einführung in die Entwicklungspsychologie – PD Dr. Christiane Papastefanou – WS 2002/2003

Typologie von Entwicklungstheorien

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Endogenistische Theorien:

Reifungstheorien: Entwicklung wird auf Entfaltung genetischer Anlagen und Reifungsprozesse zurückgeführt. Äußere Einflüsse werden nicht beachtet.

Beispiel: Bühler, Busemann, Gesell, Kroh, Stern, Werner

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Grundannahmen endogenistischer Entwicklungstheorien

• Entwicklung ist durch Anlagen geplant

• Entwicklung ‚geschieht‘

• Entwicklung verläuft in Phasen

• Es gibt bewegte und ruhige Phasen

• Die Phasen stehen in einer unveränderlichen Reihung

• Entwicklung ist irreversibel

• Die letzte Phase ist die ‚Reife‘

• Entwicklung ist im Erwachsenenalter abgeschlossen

• Entwicklung ist für die Spezies universell

• Pädagogische Verfrühung ist gefährlich

• Pädagogische Verspätung ist oft irreparabel

• Übung und Stimulation können die Reifung dieser Funktionen nicht beschleunigen, nur die Leistungsfähigkeit der bereits gereiften Funktion steigern

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Exogenistische Theorien

Behaviorismus:Der Mensch und seine Entwicklung sind völlig durch äußere Reize kontrolliert, deren Manipulation jedes gewünschte Ergebnis bringt.

Beispiel: Gebt mir ein Dutzend gesunde, gut gebaute Kinder und meine eigene spezifizierte Welt, um sie darin großzuziehen und ich garantiere, dass ich irgendeines aufs Geratewohl herausnehme und es so erziehe, dass es irgendein beliebiger Spezialist wird zu dem ich es erwählen könnte -Arzt, Jurist, Künstler, Kaufmann, ja sogar Bettler und Dieb, ungeachtet seiner Talente, Neigungen, Absichten, Fähigkeiten und Herkunft seiner Vorfahren (Watson, 1924).

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Grundannahmen exogenistischer Entwicklungstheorien

Das Individuum wird durch seine Umwelt beeinflusst (elterliche Erziehungsstile)

Entwicklung entspricht dem Lernen, insbesondere klassisches und operantes Konditionieren

Bedürfnisse des Kindes müssen kontingent zum gewünschten Verhalten befriedigt werden

Mutternähe wird mit Spannungsreduktion assoziiert und nimmt die Eigenschaft eines sekundären Verstärkers an

Frühförderung kann Entwicklungsdefizite kompensieren, was Programme wie ‚Head Start‘ belegt haben

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Soziale Lerntheorie

• Weiterentwicklung des klassischen Behaviorismus• Neue Erkenntnisse (Bandura, 1989)

Beobachtungslernen ist viel komplexer als einfaches Kopieren des Verhaltens einer anderen Person

Kinder steuern ihr Lernen selbst Mensch, Verhalten und Umwelt wirken zusammen

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Selbstgestaltungstheorien:

Konstruktivismus: Der Mensch als erkennendes und reflexives Wesen ist nicht durch biologische Reifung bestimmt, sondern handelt ziel- und zukunftsorientiert und gestaltet damit seine Entwicklung mit. Der gestalterische Einfluss des Menschen nimmt mit dem Alter zu.

Beispiel: Piaget: kognitive Entwicklung ist eine Reorganisation der Handlungs- und Denkstrukturen, die zu neuen leistungs-fähigeren Strukturen führt.

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Interaktionistische Theorien:

Mensch und Umwelt bilden ein Gesamtsystem. Sie stehen im Austausch und beeinflussen sich gegenseitig und sind beide aktiv und in Veränderung begriffen.

Beispiele: Riegel, Sameroff

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Modelle der Sozialisation

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Phasenmodell von Freud (1930, 1938)

Alter Phasen

Säuglingsalter Orale Phase

Kleinkindalter Anale Phase

Vorschulalter „phallische“ Phase

Schulalter Latenzphase

Adoleszenz Genitale Phase

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Kritik an Freuds Theorie

Stärken:

Einführung neuer psychologischer Prozesse

Konzentration auf emotionale Entwicklungsaspekte

Schwächen:

Unzureichende Methodologie zur Untersuchung von Entwicklungsprozessen

Mangelnde Überprüfbarkeit der zentralen Behauptung zur Entwicklung

Überbetonung der kindlichen Sexualität

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Der Ödipuskomplex

Aufgrund ihrer empirischen Studie zu diesem Phänomen kommen Greve und Roos (1996) zu folgender Einschätzung:

„Darstellungen der psychoanalytischen Entwicklungstheorie, jedenfalls soweit sie die sog. ödipale Situation in der phallischen Phase bereffen, gehören … in Darstellungen der Geschichte der Psychologie“.(S. 145)

„Die vorliegende Untersuchung spricht dafür, dass die Annahme einer universellen ödipalen Phase tatsächlich schlicht ein Irrtum war“ (S. 149).

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Eriksons Konzept der psychosozialen Krise

• In jeder Entwicklungsphase ist ein typischer Konflikt zu bewältigen, wobei die Bewältigung der stadienspezifischen Konflikte Einfluss auf die weitere Entwicklung nimmt. Jede Krise wird als eine Dimension beschrieben mit potentiell positiven oder negativen Ergebnissen. Eine misslungene Bewältigung führt zu bleibenden Persönlichkeits-störungen.

• Identitätsfindung ist das wichtigste Entwicklungsthema, hat zwar in der Jugend ihren Höhepunkt, bleibt aber ein Leben lang aktuell.

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Phasenmodell von Erikson (1959)

Stadium Konflikte/Krise

Säuglingsalter Urvertrauen vs. Urmisstrauen

Kleinkindalter Autonomie vs. Scham

VorschulalterInitiative vs. Schuldgefühl

SchulalterKompetenz vs. Minderwertigkeit

AdoleszenzIdentität vs. Rollendiffusion

Frühes Erwachsenenalter

Intimität vs. Isolierung

Mittleres Erwachsenenalter

Generativität vs. Stagnation

Höheres Erwachsenenalter

Ich-Integrität vs. Verzweiflung

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Kritik an Eriksons Theorie

Stärken:

Weiterentwicklung der psychoanalytischen Theorie

Breite Perspektive

Schwächen:

Mangelnde Systematik

Fehlende Spezifizierung der Entwicklungsmechanismen

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Wygostki (1987) Die Zone nächster Entwicklung

• Die Zone nächster Entwicklung ist oberhalb des aktuellen Entwicklungsniveaus angesiedelt und bezeichnet den Bereich, den das Kind sich als nächstes aneignen wird. Der Weg führt von der Aufgabenbewältigung durch Instruktion zur selbständigen Meisterung.

• Drei Typen: Intentionale Instruktion Stimulierende Umgebung Spiel

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Kritik an Wygotskis Theorie

Stärken:

Berücksichtigung des sozio-kulturellen Kontexts

Integration von Lernen im Alltag und Entwicklung

Sensibilität für die Vielfalt von Entwicklung

Schwächen:

vague Definition der Zone proximaler Entwicklung mangelnde Berücksichtigung des Entwicklungsaspekts

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Ethologie

• Jede Art, auch der Mensch, zeigt bestimmte angeborene arttypische Verhaltensweisen. Diese erhöhen die Überlebens-chancen der Art. Einige davon werden durch Signalreize ausgelöst, z. B.:

• Kindchenschema löst Fürsorgeverhalten aus.• Prominentestes Beispiel: Bindungstheorie von Bowlby

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Kindchenschema

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Literatur

• Flammer, A. (1996). Entwicklungstheorien. Bern: Huber.• Miller, P. (1993). Theorien der Entwicklungspsychologie.

Heidelberg: Spektrum.

• Greve, W. & Roos, J. (1996). Der Untergang des Ödipus-komplexes. Bern: Huber.

• Wygotski, L.S. (1971). Denken und Sprechen. Frankfurt: Fischer.