35
Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen Im Neuenheimer Feld 368, D-69120 Heidelberg email: [email protected] 13. Oktober 2015 Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 1 / 158

Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

  • Upload
    lekien

  • View
    234

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Einführung in die Numerik

Peter Bastian

Universität HeidelbergInterdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Im Neuenheimer Feld 368, D-69120 Heidelbergemail: [email protected]

13. Oktober 2015

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 1 / 158

Page 2: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Vorlesung

Dozent: Peter Bastian, INF 368, R. 420, Sprechstunde Do 11-12([email protected])Übungsleitung: Dominic Kempf([email protected])Vorlesungstermine: Di, Do 14-16, HS 1, INF 288.Webseite zur Vorlesung (Materialien, Übungsaufgaben, . . . )

http://conan.iwr.uni-heidelberg.de/teaching/numerik0_ws2015/

Vorlesung vorwiegend als Tafelanschrieb mit praktischenBeispielen auf dem Computer.Inhalt der Folien ist als PDF auf Webseite erhältlich.Mitschrieb von Stefan Breunig von 2010:

https://mathphys.fsk.uni-heidelberg.de/~stefan/mitschriebe/numerik0/numerik0_print.pdf

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 2 / 158

Page 3: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Programmieren

Vorlesung und praktische Programmierübungen verwendenProgrammiersprache C++.Zur Vorlesung werden C++ Klassen für Matrizen, Vektoren undZeitmessung zur Verfügung gestellt.Wir empfehlen (und unterstützen) Programmieren in einerLINUX Umgebung.Mac user: Analog LinuxWindows user (kein support!):

LiveCD/Stick (http://www.ubuntu.com)Wubi (http://wubi-installer.org)Virtuelle Maschine mit Linux (http://www.virtualbox.org)Cygwin (http://www.cygwin.com), Editor: Notepad++(http://notepad-plus-plus.org)

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 3 / 158

Page 4: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Programmierkurs

Einsteigerkurs für Programmieranfänger (2 mal mit gleichem Inhalt):

Mittwoch, 21.10.2015, 14-16 Uhr, Otto-Meyerhof-Zentrum, INF350, Untergeschoss, PoolräumeMittwoch, 21.10.2015, 16-18 Uhr, Otto-Meyerhof-Zentrum, INF350, Untergeschoss, Poolräume

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 4 / 158

Page 5: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Übung

Begleitend zur Vorlesung finden Übungen statt:

Pro Woche wird ein Übungsblatt mit theoretischen undpraktischen Übungen (Programmierübungen) ausgegeben.Punkteverhältnis ca. 70% (theoretisch) zu 30% (praktisch).Eine erfolgreiche Teilnahme an den Übungen ist Voraussetzungfür die Teilnahme an der Klausur.Einmal pro Woche findet betreutes Programmieren imCIP-Pool statt. Die Teilnehmer können hier Unterstützung beiSchwierigkeiten mit der Lösung der Programmieraufgabenerhalten. Termin: Mi 21.10.15, OMZ INF 350, Untergeschoss, U011

Eine Abgabe in Gruppen von zwei bis drei Teilnehmer ist möglich undausdrücklich erwünscht.

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 5 / 158

Page 6: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Übungsbetrieb

Ausgabe Übungsblätter immer Donnerstags (erstes ÜbungsblattFreitag 22.10.2015).Bearbeitungszeit jeweils 1 Woche.Abgabe im Foyer INF 288, freitags 11 Uhr.Beginn der Übungsgruppen ab 19.10.2015.

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 6 / 158

Page 7: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Übungsgruppen

Anmeldung über Muesli:https://www.mathi.uni-heidelberg.de/muesli/

ist geöffnet

Derzeit 6 Termine geöffnet

Anmeldung bis Donnerstag, 15.10.2015, 20:00 Uhr

Zuteilung am Freitag

Übungstermin Pool:

Mi 14-16 Uhr INF 350 (OMZ), U011

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 7 / 158

Page 8: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Scheinkriterien

Klausur:Die Scheinvergabe und Benotung erfolgt aufgrund der Ergebnisse derverpflichtenden Klausur.

Klausurtermin: wird bekannt gegeben

Zulassung zur Klausur:

50 % der Punkte aus allen ÜbungenVorführung mindestens einer Lösung in der Übungsgruppe(einmal pro Teilnehmer, nicht einmal pro Abgabegruppe).

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 8 / 158

Page 9: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Weiterführende Vorlesungen

Numerik (gewöhnlicher Differentialgleichungen)Numerik partieller DifferentialgleichungenParallele Löser für große GleichungssystemeKontinuumsmechanikStrömungsmechanikAlgorithmische Optimierung I/IIObjektorientiertes Programmieren im WissenschaftlichenRechnen

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 9 / 158

Page 10: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Inhalt

1 Motivation

Modellbildung und Simulation

Ein einfaches Beispiel: Das Fadenpendel

Inhaltsübersicht der Vorlesung

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 10 / 158

Page 11: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Die Wissenschaftliche Methode

Experiment: Beobachte (und messe) was passiert.Theorie: Versuche die Beobachtung mit Hilfe von Modellen zuerklären.Theorie und Experiment werden sukzessive verfeinert undverglichen, bis eine akzeptable Übereinstimmung vorliegt.In Naturwissenschaft und Technik liegen Modelle oft in Formmathematischer Gleichungen vor. Z. B. gewöhnliche oderpartielle Differentialgleichungen.Oft können die Modellgleichungen nicht geschlossen (mit Papierund Bleistift oder Mathematica . . . ) gelöst werden.

) Numerische Simulation und Optimierung

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 11 / 158

Page 12: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Simulation

Simulation: Gleichungen numerisch lösen.Undurchführbare Experimente ermöglichen(z. B. Galaxienkollisionen).Einsparung teuerer Experimente (z. B. Windkanal).Parameterstudien schneller durchführbar.(Automatische) Optimierung von Prozessen.Identifikation von Modellparametern aus Messungen.Abschätzung von Unsicherheiten.

Vielfältiger Einsatz in Naturwissenschaft, Technik und Industrie:Strömungsberechnung (Wetter, Klima), Festigkeit vonBauwerken . . .Grundlage für alle diese Anwendungen sind numerischeAlgorithmen!Auch Informatiker sind beteiligt: SW-Engineering,High-Performance (Parallel) Computing, . . .

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 12 / 158

Page 13: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Wissenschaftliches Rechnenmathematisches Modellkonzeptionelles Modell

numerisches ModellComputerprogramm

Realität

wesentliche Prozesse

WellenausbreitungTransport von Materie

ReaktionPhasenübergänge...

algebraische GleichungenDifferentialgleichungenWahrscheinlichkeiten

Funktionen, ...Objekte: reelle Zahlen,

Näherungsverfahrenzur Lösung oben genannter Gleichungen

Komplexe SWSW−Engineering, Qualität

High Performance Comp.Visualisierung

?

Simulation Effizienz ("Teraflop")

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 13 / 158

Page 14: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Fehlerquellen

Unterschiede zwischen Experiment und Simulation habenverschiedene Gründe:

Modellfehler : Ein relevanter Prozess wurde nicht oder ungenaumodelliert (Temp. konstant, Luftwiderstand vernachlässigt, . . . )Datenfehler : Messungen von Anfangsbedingungen,Randbedingungen, Werte für Parameter sind fehlerbehaftet.Abschneidefehler : Abbruch von Reihen oder Iterationsverfahren,Approximation von Funktionen (z.B. stückweise Polynome).Rundungsfehler : Reelle Zahlen werden im Rechner genähertdargestellt.

Untersuchung von Rundungsfehlern und Abschneidefehlern ist einzentraler Aspekt der Vorlesung!

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 14 / 158

Page 15: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Pisa, 1582

Der Student Galileo Galilei sitzt in der Kirche und ihm ist langweilig.Er beobachtet den langsam über ihm pendelnden Kerzenleuchter unddenkt: „Wie kann ich nur die Bewegung dieses Leuchtersbeschreiben?“.

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 15 / 158

Page 16: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Pisa, 1582

Der Student Galileo Galilei sitzt in der Kirche und ihm ist langweilig.Er beobachtet den langsam über ihm pendelnden Kerzenleuchter unddenkt: „Wie kann ich nur die Bewegung dieses Leuchtersbeschreiben?“.

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 15 / 158

Page 17: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Pisa, 1582

Der Student Galileo Galilei sitzt in der Kirche und ihm ist langweilig.Er beobachtet den langsam über ihm pendelnden Kerzenleuchter unddenkt: „Wie kann ich nur die Bewegung dieses Leuchtersbeschreiben?“.

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 15 / 158

Page 18: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Pisa, 1582

Der Student Galileo Galilei sitzt in der Kirche und ihm ist langweilig.Er beobachtet den langsam über ihm pendelnden Kerzenleuchter unddenkt: „Wie kann ich nur die Bewegung dieses Leuchtersbeschreiben?“.

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 15 / 158

Page 19: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Konzeptionelles Modell

Welche Eigenschaften (physikalischenProzesse) sind für die gestellte Fragerelevant?

Leuchter ist ein Massenpunkt mitder Masse m.Der Faden der Länge ` wird alsrigide und masselos angenommen.Der Luftwiderstand wirdvernachlässigt.

Nun entwickle mathematisches Modell.

lengthphi

FT FN

F

origin

m

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 16 / 158

Page 20: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

KräfteAnnahme: Pendel läuft aufKreisbahn: Nur Tangentialkraft istrelevant.Tangentialkraft bei Auslenkung �:

~FT

(�) = �mg sin(�)✓

cos(�)sin(�)

◆.

Also etwa:

~FT

(0) = �mg

✓00

◆,

~FT

(⇡/2) = �mg

✓01

◆.

Vorzeichen kodiert Richtung.

lengthphi

FT FN

F

origin

m

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 17 / 158

Page 21: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Weg, Geschwindigkeit, Beschleunigung

Weg s(t), Geschwindigkeit v(t), Beschleunigung a(t) erfüllen:

v(t) =ds(t)

dt, a(t) =

dv(t)

dt.

Für den zurückgelegten Weg (mit Vorzeichen!) gilt s(t) = `�(t).Also für die Geschwindigkeit

v(t) =d s(�(t))

dt=

d `�(t)

dt= `

d�(t)

dt

und die Beschleunigung

a(t) =d v(�(t))

dt= `

d2�(t)

dt2 .

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 18 / 158

Page 22: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Bewegungsgleichung

Einsetzen in das 2. Newton’sche Gesetz m a(t) = F (t) liefertnun:

m`d2�(t)

dt2 = �mg sin(�(t)) 8t > t0.

Die Kraft ist hier skalar (vorzeichenbehafteter Betrag derTangentialkraft), da wir nur den zurückgelegten Weg betrachten.Ergibt gewöhnliche Differentialgleichung 2. Ordnung für dieAuslenkung �(t):

d2�(t)

dt2 = �g

`sin(�(t)) 8t > t0. (1)

Eindeutige Lösung erfordert zwei Anfangsbedingungen (t0 = 0):

�(0) = �0,d�

dt(0) = u0. (2)

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 19 / 158

Page 23: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Lösung bei kleiner Auslenkung

Allgemeine Gleichung für das Pendel ist schwer „analytisch“ zulösen.Für kleine Winkel � gilt

sin(�) ⇡ �,

z.B. sin(0, 1) = 0, 099833417.Diese Näherung reduziert die Gleichung auf

d2�(t)

dt2 = �g

`�(t).

Ansatz �(t) = A cos(!t) liefert mit �(0) = �0, d�dt

(0) = 0 danndie aus der Schule bekannte Formel

�(t) = �0 cos✓r

g

`t

◆(3)

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 20 / 158

Page 24: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Volles Modell; Verfahren 1

Löse das volle Modell mit zwei numerischen Verfahren.Ersetze Gleichung zweiter Ordnung durch zwei Gleichungenerster Ordnung:

d�(t)

dt= u(t),

d2�(t)

dt2 =du(t)

dt= �g

`sin(�(t)).

Ersetze Ableitungen durch Differenzenquotienten:�(t +�t)� �(t)

�t⇡ d�(t)

dt= u(t),

u(t +�t)� u(t)

�t⇡ du(t)

dt= �g

`sin(�(t)).

Mit �n = �(n�t), un = u(n�t) erhält man Rekursion (Euler):

�n+1 = �n +�t un �0 = �0 (4)un+1 = un ��t (g/`) sin(�n) u0 = u0 (5)

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 21 / 158

Page 25: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Volles Modell; Verfahren 2

Nutze Näherungsformel für die zweite Ableitung, sog. ZentralerDifferenzenquotient:

�(t +�t)� 2�(t) + �(t ��t)

�t2 ⇡ d2�(t)

dt2 = �g

`sin(�(t)).

Auflösen nach �(t +�t) ergibt Rekursionsformel (n � 2):

�n+1 = 2�n � �n�1 ��t2 (g/`) sin(�n) (6)

mit der Anfangsbedingung

�0 = �0, �1 = �0 +�t u0. (7)

(Die zweite Bedingung kommt aus dem Eulerverfahren oben).

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 22 / 158

Page 26: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Experiment 1: �0 = 0.1 ⇡ 5.7�Differenzenquotient (Eulerverfahren)

-0.2

-0.15

-0.1

-0.05

0

0.05

0.1

0.15

0.2

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4

Ausl

enku

ng

Zeit

Konvergenz Differenzenquotient (Euler), phi=0.1

vereinfachtes Modelldt=0.2dt=0.1

dt=0.01dt=0.001

Für festen Zeitpunkt t und �t ! 0 konvergiert das Verfahren.

Für festes �t und t ! 1 wächst der Fehler an.Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 23 / 158

Page 27: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Experiment 2: �0 = 0.1 ⇡ 5.7�Zentrales Verfahren

-0.15

-0.1

-0.05

0

0.05

0.1

0.15

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4

Ausl

enku

ng

Zeit

Konvergenz zentriertes Verfahren, phi=0.1

vereinfachtes Modelldt=0.2dt=0.1

dt=0.01dt=0.001

Im Unterschied zum expliziten Euler scheint das Verfahren bei festem�t und t ! 1 nicht unbeschränkt zu wachsen.

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 24 / 158

Page 28: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Experiment 3: �0 = 0.5 ⇡ 28.6�Zentrales Verfahren

-0.6

-0.4

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4

Ausl

enku

ng

Zeit

Zentriertes Verfahren, phi=0.5

vereinfachtes Modelldt=0.01

dt=0.0001

Selbst bei 28.6� ist die Übereinstimmung noch einigermaßen passabel.

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 25 / 158

Page 29: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Experiment 4: �0 = 3.0 ⇡ 171�Zentrales Verfahren

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

4

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4

Ausl

enku

ng

Zeit

Zentriertes Verfahren, phi=3.0

vereinfachtes Modelldt=0.0001

Für große Auslenkungen ist das vereinfachte Modell völligunbrauchbar. Die Form der Schwingung ist kein Kosinus mehr.

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 26 / 158

Page 30: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Experiment 5: �0 = 3.14 ⇡ 179.91�Zentrales Verfahren

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

4

0 2 4 6 8 10

Ausl

enku

ng

Zeit

Zentriertes Verfahren, phi=3.14

vereinfachtes Modelldt=0.0001

Das Pendel wird nahe ⇡ immer langsamer. Das ist die Schiffschaukel,die fast auf dem Kopf steht. Wie würde denn die Kurve bei einerumlaufenden Schiffschaukel aussehen?

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 27 / 158

Page 31: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Eine Geothermieanlage

VorlaufRuecklauf

Wasserstrom

Waermestrom

Grundwasserströmung gekoppelt mit Wärmetransport.Welche Leistung erzielt so eine Anlage?

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 28 / 158

Page 32: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Modell für eine Geothermieanlage

Strömung des Wassers in und um das Bohrloch

r · u = f ,

u = �K

µ(rp � %

w

G )

Transport der Wärme durch Konvektion und Wärmeleitung

@(ce

%e

T )

@t+r · q + c

w

%w

f T = g ,

q = cw

%w

uT � �rT

in Abhängigkeit diverser Parameter : Bodendurchlässigkeit,Wärmekapazität, Dichte, Wärmeleitfähigkeit, Pumprate sowieRand- und Anfangsbedingungen.

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 29 / 158

Page 33: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Entzugsleistung

300000

400000

500000

600000

700000

800000

900000

1e+06

1.1e+06

1.2e+06

1.3e+06

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Entz

ugsl

eis

tung [W

att]

Zeit [Tage]

Entzugsleistung im kalibrierten System

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 30 / 158

Page 34: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Schadstoffausbreitung

Wo erreicht der Schadstoff welche Konzentrationen?Wie bekommt man den Schadstoff wieder weg?Wohin bewegt sich gelöster Schadstoff?

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 31 / 158

Page 35: Einführung in die Numerik - conan.iwr.uni-heidelberg.de · Einführung in die Numerik Peter Bastian Universität Heidelberg Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen

Inhalt der Vorlesung

Wir werden in dieser Vorlesung die folgenden Themengebietebehandeln:

Grundbegriffe, Gleitpunktzahlen, GleitpunktarithmetikDirekte Methoden zur Lösung linearer GleichungssystemeInterpolation und ApproximationNumerische IntegrationIterationsverfahren zur Lösung linearer GleichungssystemeIterationsverfahren zur Lösung nichtlinearer GleichungssystemeEigenwerte und Eigenvektoren

Peter Bastian (IWR) Numerik 0 13. Oktober 2015 32 / 158