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German Drikung Text
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iAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Einführung in die tibetische Schriftsprache
iiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
iiiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Christine Sommerschuh
Einführung in die tibetische Schriftsprache
Lehrbuch für den Unterricht und das vertiefende Selbststudium
ivAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Bibliographische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im
Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© Januar 2008 Christine Sommerschuh
© 2., durchgesehene Auflage, April 2008 Christine Sommerschuh
Bitte schicken Sie Anregungen und Kritik an:
Korrigenda finden Sie unter: www.tibetischesprache.de
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN-13: 978-3-8370-1214-9
Für Hannah,
die in der Zeit, in der dieses Buch entstand,
vom Kleinkind zum Schulmädchen heranwuchs.
viAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
viiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Inhalt
Abkürzungen zu den Quellenangaben
Weitere Abkürzungen
Technische Daten
Vorwort
1. Die Grundbuchstaben
Die 30 Grundbuchstaben des tibetischen Alphabets
Dialekte und Aussprache
Transliteration und Transkription
Wichtige Begriffe zur Aussprache
Systematik der ersten 19 Grundbuchstaben
Die restlichen Grundbuchstaben
Übungen zu Lektion 1
2. Postskripte
Kombinationsmöglichkeiten der Grundbuchstaben
Ursprüngliche Aussprache
Postskripte
Übungen zu Lektion 2
3. Prä- und Superskripte
Präskripte
Superskripte
Ausspracheregeln bei Prä- und Superskripten
Übungen zu Lektion 3
4. Subskripte
Subskripte
Reihenfolge bei einem Substantiv und seinen Erweiterungen
xiv
xvi
xvi
1
5
5
6
6
8
12
13
14
17
17
18
18
20
23
23
23
23
24
27
27
30
viiiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Gleichsetzungsverb yin (red)
Übungen zu Lektion 4
5. Sanskrit-Umschrift
Zweites Postskript c / N
Präskripte und Superskripte in der zweiten Silbe eines Wortes
Sanskrit in tibetischer Schrift
Verkürzte Schreibungen
Anordnung im Wörterbuch
Zeichensetzung
Übungen zu Lektion 5
6. Wortbildung
Themen der tibetischen Grammatik
Das Wort im Tibetischen
Bildung von Substantiven und Adjektiven mit dem Nominalsuffix
Verbalnomen: Verbstamm plus Nominalsuffix R- / T-
Zusammensetzung zweier Wörter zu einem Wort mit neuer Bedeutung
Wortbildung durch Suffixe
Spiel mit dem Klang
Innere Ableitung
Fremdwörter und Lehnwörter
Übersetzungen aus dem Sanskrit
Höfliche Sprache
Bescheidenheit in der Schriftsprache
Übungen zu Lektion 6
30
31
35
35
36
36
40
40
44
45
49
49
49
50
56
58
61
62
65
65
66
67
69
70
ixAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
7. Zahlen
Kardinalzahlen
Kollektivbilder @-, RÈ- und zC-
Das Adjektiv MU-R-
Der Gebrauch von p‰N- oder p‰N-@-
Bruchteile
Kalender und Datumsangaben
Übungen zu Lektion 7
8. Nominalphrase
Pluralsuffixe
»Paar«-Suffix G-
Demonstrativpronomen ]N…- und N‰-
Indefinitsuffix
Personalpronomen
»Selbst, eigen« _E- / I…N-
Aufzählung mit NE-
Die Nominalphrase: Das Substantiv und seine Erweiterungen
Vorangestellte Attribute / Attributsuffix l…-, C…-, n…-, -]Ã-, ^…-
Länder und ihre Bewohner
Übungen zu Lektion 8
9. Satzstrukturen
Tibetisch ist eine Ergativsprache
Die Satzglieder
Kasussuffixe
Fünf wichtige Satzstrukturen
Übungen zu Lektion 9
73
73
76
77
77
78
78
80
83
83
85
85
86
87
89
90
91
93
98
99
101
101
102
106
108
122
xAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
10. Einteilung der Verben
Tibetische Verben
Einteilung der Verben in der tibetischen Tradition:»verschieden« und »nicht verschieden«
Einteilung der Verben in »transitiv« und »intransitiv«
Verben mit verschiedenen Bedeutungen je nach Satzstruktur
Verben mit grundsätzlich verschiedenen Satzstrukturen im Tibetischen und im Deutschen
Stammformen der Verben
Negation
Übungen zu Lektion 10
Lesestück: »Ati²a«
11. Kasussuffixe
Die Kasussuffixe im Einzelnen
Nullsuffix (Absolutiv)
Ergativ-Instrumentalsuffix l…c-, C…c-, n…c-, ^…c-, -c-
Ablativsuffixe Pc- und `c-
Dativ-Lokativsuffix `-, Lokativsuffix P- und Terminativsuffix Lfi-, Oÿ-, -_-, _“-, c“-
Übungen zu Lektion 11
Lesestück: »Ledersohle«
12. Satzabschlüsse
Abschlüsse von einfachen Sätzen
Aussagesätze
Fragesätze
Imperativ, Prohibitiv, Optativ
Dem Satz vorangestellt
Betonung innerhalb des Satzes
Wann übersetzt man in einen Passivsatz?
125
125
127
129
135
137
137
139
140
141
143
143
143
144
147
151
160
161
163
163
163
165
168
172
174
176
xiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übungen zu Lektion 12
13. Adjektiv, Rede
Das Adjektiv: Positiv, Komparativ und Superlativ
Rede
Zitate
Übung zu Lektion 13
Lesestück: »Der Brahmane und die Gauner«
14. Adverbien und Postpositionen
Adverbien und Postpositionen
Adverbien
Postpositionen
Übung zu Lektion 14
Lesestück: »Der Hase, der sich vor ›Platsch‹ erschreckte«
15. Interrogativpronomen
Die Interrogativpronomen CE-, F…-, H…-, c“-, PU-
Korrelative Konstruktionen
Die Interrogativpronomen CE-, F…-, H…-, c“-, PU- als Indefinitpronomen
Umgangssprachliche Ausdrücke, die in Zusammenhang mit CE-, F…-, H…-, c“-, PU- entstanden sind
Übungen zu Lektion 15
16. Satzgefüge
Satzgefüge: Verknüpfte Verbalhandlungen
Die Konjunktion NE-
Die Semifinalpartikel K‰-, §‰-, N‰-
Die Konjunktion F…E-, Z…E-, a…E-
Konzessivpartikel lE-, ^E-, -]E-
»Ob«-Sätze
177
179
179
181
189
190
190
193
193
194
199
202
202
205
205
207
208
212
212
215
215
216
217
222
224
228
xiiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Weitere Konjunktionen
Weitere Möglichkeiten, Verbalhandlungen miteinander zu verbinden
Übung zu Lektion 16
Lesestück: »Die Wiedergeburt des 13. Dalai Lama wird gefunden«
17. Morphologie
Morphologie der Verbstämme
Verbpaare im Tibetischen
Das Konzept von bdag und gzhan in der traditionellen tibetischen Grammatik
Übung zu Lektion 17
Lesestück: »Zehn Dinge, die bloß Worte sind«
18. Analytische Verbformen
Analytische Verbformen in der klassischen Schriftsprache
Die Hilfsverben q‰N-R-, ]nŸ_-T- und ]H“C-R-
Hilfsverben, die den Aspekt anzeigen
^…P- als Hilfsverb
Modalitätsverben
Analytische Verbformen in der Umgangssprache
Übungen zu Lektion 18
Lesestück: »Milarepa«
Lesestück: »Milarepa begegnet Marpa«
19. Das Werk
Ein tibetisches Werk am Beispiel von Gampopas »Schmuck der Befreiung«
Übungen zu Lektion 19
Lesestück: Einführung des »Schmuck der Befreiung«
Lesestück: Kolophon des »Schmuck der Befreiung«
229
230
232
232
235
235
238
238
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247
247
253
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256
256
260
260
263
271
271
274
275
278
xiiiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Anhänge
Partikelübersicht
Graphik versus Phonetik im Tibetischen (von Elmar Kniprath)
Auszug aus einer tibetischen Grammatik zu bdag und gzhan
Auszug aus einer tibetischen Grammatik zu tha mi dad pa »verschieden«
Übersetzung zum Lesestück von Lektion 18: »Milarepa begegnet Marpa«
Glossar
Index
279
280
282
285
288
291
299
385
xivAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Abkürzungen zu den QuellenangabenBCA ³Àntideva. BodhicaryÀvatÀra. Edition von Vidhushekhara Bhattacharya. Asiatic Society. Kalkutta 1960.
Blo Byams-mgon kong-sprul. Byang chub gzhung lam (»Der große Pfad des Erwa-
chens«). Aus dem gDams ngag mdzod. Delhi 1971, Vol. III, Folios 181-213.*
Bodhi H. Eimer. BodhipathapradÅpa. Ein Lehrgedicht des Ati²a (DÅpamkara²rÅjñÀna). Harrasowitz, Wiesbaden 1978.
DhP Dhammapada. Translation of Dharma Verses with the Tibetan Text. Dharma Publishing. Berkeley, California 1985.
DL Dalai Lama (tÀ la‘i bla ma). Ngos kyi yul dang ngos kyi mi dmangs. (Autobiographie) Tibetan Cultural Printing. Dharamsala 1962.
DYSG Dag yig gsar bsgrigs. mTsho sngon mi rigs dpe skrun khang, 1994.
Gam Gampopa Sonam Rinchen. The Jewel Ornament of Liberation. Edition von Khenpo Sonam Gyatso. Sarnath 1999.*
Go M. Goldstein. The New Tibetan-English Dictionary of Modern Tibetan.
Universitiy of California Press, 2001.
Goldstein ET M. Goldstein. English-Tibetan Dictionary of Modern Tibetan. Library of Tibetan Works and Archives. Dharamsala 1984.
FlTi W. A. Magee und E. S. Napper. Fluent Tibetan. Snow Lion Publication. Ithaca, N.Y. 1993.
Jä H. A. Jäschke. Handwörterbuch Tibetisch. Unitätsbuchhandlung. Gnadau 1871. Unveränderter Nachdruck. Biblio Verlag. Osnabrück 1971.
JR J. Rockwell. A Primer for Classical Literary Tibetan. 1991.
KG Kesang Gyurme. Le Clair Miroir. Editions PrajñÀ. Hameua de Saint-Hugon 1992.
KhZhL bSod nams rdo rje. mKhas pa‘i zhal lung – legs bshad ljon dbang gi 'grel ba. Bod gzhung shes rig dpar khang, 1999.
KSM dByang can grub pa'i rdo rje und Bhik¼u dka' chen padma. dKa' gnas gsal ba'i
me long (Sum rtags kyi snying po legs bshad ljon dbang dang dka' gnad gsal ba'i me
long). Karma Lekshey Ling Institute, Kathmandu 2006.*
LTh Losang Thonden. Modern Tibetan Language. Library of Tibetan Works and Archives, Dharamsala 1984. Vol I.
xvAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
MC E. van Dam. Mi la ras pa‘i rnam thar. (Comic) Drikhung Kagyo Institute.
Dehra Dun 2001. (siehe auch: www.evavandam.com)
MH M. Hahn. Lehrbuch der klassischen tibetischen Schriftsprache. Bonn 1985. (5. Aufl.)
Mil Rus pa'i rgyan (gTsang sMyon Heruka). rNal 'byor gyi dbang phyug chen po
mi la ras pa'i rnam mgur. (Biographie und Gesänge des Milarepa)
mTsho sngon mi rigs dpe skrun khang, 1991
MMK NagÀrjuna. MÊlamadhyamakakÀrikÀ. In: Ed. Lhalungpa. dBu ma rigs tshogs
drug. Delhi 1970.
NL NagÀrjuna's Letter. bShes pa'i spring yig. Karma Lekshey Ling Institute,
Kathmandu.*
NT N. Tournarde und S. Dorje. Manual of Standard Tibetan.
Snow Lion Publications, Ithaca, N.Y. 2003.
PH Paul Hackett. A Tibetan Verb Lexicon. Snow Lion Publications, Ithaca, N.Y.,
2003.
PS dPa' ris sangs rgyas. brDa sprod gsal byed ngag sgron. mTsho sngon mi rigs dpe
skrun khang, 1998.
PSch Peter Schwieger. Handbuch zur Grammatik der klassischen tibetischen Schriftsprache.
IITBS (International Institute for Tibetan and Buddhist Studies), 2006.
Qu T. Naga und T. Rigzin. Tibetan Quadrisyllabics, Phrases and Idioms.
Library of Tibetan Works and Archives, Dharamsala 1994.
SH Stephen Hodge. An Introduction to Classical Tibetan. Orchid Press, 2003.
StB Stephan Beyer. The Classical Tibetan Language.
State University of New York Press, 1992.
Tshig Bod rgya tshig mdzod chen mo. Mi rigs dpe skrun khang, 1996.
Wi Joe B. Wilson. Translating Buddhism from Tibetan. Snow Lion Publications, Ithaca,
N.Y. 1992.
* Die mit Sternchen versehenen Texte stehen als weitere Edition als Download zur
Verfügung unter: www.leksheyling.org
xviAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Weitere AbkürzungenI. Imperativstammform
lit. nur in der Schriftsprache
N. Nezessitativstammform1
P. Perfektstammform
skt. sanskrit
Technische DatenFür die tibetischen Fonts wurde das Schreibprogramm Nitartha-Sambhota benutzt. Die Schriftzeichen darin hat Dzogchen Pönlop Rinpoche entworfen. Es ist zu beziehen über www.nitartha.org.
Der Font zur phonetischen Umschrift ist von Elmar Kniprath gestaltet:
www.uni-hamburg.de/Wiss/FB/10/IndienS/Kniprath/INDOLIPI/Indolipi.htm
1. Entgegen den Konventionen benutze ich den Begriff »Nezessitativstammform« für die tibetische Verbstammform ma ongs pa »[noch] nicht gekommen / Futur«. Siehe dazu S. 138.
1Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
VorwortDas vorliegende Lehrbuch ist aus Unterlagen entstanden, die ich im Laufe der Jahre meiner Lehrtätigkeit an der Universität Hamburg ausgearbeitet und ständig erweitert habe. Von Oktober 2001 bis Juli 2003 gab ich vertiefende Grammatik-Kurse begleitend zur »Einführung in die klassische Schriftsprache Tibets« bei Carola Carstens (Ph.D) und von Oktober 2003 bis Febraur 2008 unterrichtete ich die »Einführung in die klassische Schriftsprache Tibets« selbst. Waren die Ausarbeitungen erst reine Ergänzungen zu anderem Lehrmaterial, so habe ich sie seit Oktober 2004 als einziges Unterrichtsma-terial benutzt.
Das Material ist ganz auf die Studierenden in meinen Kursen abgestimmt. Das be-deutet, dass ich von Anfängern ausgehe, die nur begrenztes Wissen zur Grammatik mitbringen, die sich aber im Laufe ihres Studiums mit weiteren asiatischen Sprachen auseinandersetzen müssen. Deshalb gehe ich sehr genau auf die Grundlagen der Grammatik ein, die für das Erlernen der tibetischen Sprache wichtig sind, und verglei-che sie, wo es hilfreich ist, mit grammatischen Gegebenheiten der deutschen Sprache. Mein Schwerpunkt liegt auf der Vermittlung der wichtigsten Satzstrukturen, wobei ich darauf eingehe, dass Tibetisch eine Ergativ-Sprache ist.
Für Tibetologiestudierende ist es sinnvoll, für einige Zeit in Tibet, Indien oder Nepal in einem tibetischsprachigen Umfeld zu leben. Da sie in dieser Situation mit der traditio-nellen tibetischen Grammatik konfrontiert werden, die sich von dem grammatischen Ansatz der meisten Tibetisch-Lehrbücher unterscheidet, bespreche ich auch zwei Kon-zepte, die eine wichtige Rolle in der traditionellen tibetischen Grammatik spielen: die Einteilung der Verben in tha dad pa und tha mi dad pa und die Unterteilung der Satz-glieder in bdag und gzhan. Im Anhang gibt es dazu zwei Auszüge aus einheimischen Grammatiken.
Dieses Lehrbuch ist aufbauend strukturiert in Schrift, Wort, Satzteile, einfache Sätze, Satzgefüge und Werk. Der Teil zur Wortbildung ist relativ ausführlich für eine Einfüh-rung. So haben die Studierenden die Möglichkeit, einige Zeit das Lesen der tibetischen Schrift zu üben, bevor es in die komplexere Grammatik geht.
Bei den Beispielsätzen habe ich mich darum bemüht, dass sie nicht nur für das jeweili-ge grammatische Phänomen treffend sind, sondern auch inhaltlich lesenswert:
Sie sind informativ: »Mit dem Karmapa begann in Tibet die Tradition, Wiedergeburten von Lamas zu identifizieren.« (Seite 111). Oder sie sind inspirierend: »Wenn die äußere Umgebung und ihre Bewohner mit Schlechtem angefüllt sind, verwandle schlechte
2Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Umstände in den Weg des Erwachens.« (Seite 127). Oder amüsant: »den Esel reitend den Esel suchen« (Seite 157).
Als Lesestücke zu der klassischen tibetischen Schriftsprache habe ich Abschnitte aus beliebten und bekannten Texten von Autoren wie ³Àntideva oder Gampopa gewählt. Außerdem benutze ich Geschichten aus dem Hitopade²a, und einen Auszug aus der Milarepa-Biographie. Als Beispiel eines moderneren Textes dient ein Abschnitt aus der Autobiographie des 14. Dalai Lama. Zur Auflockerung gibt es Übersetzungsübungen zu Einträgen im tibetisch-tibetisch-chinesischen Wörterbuch Tshig mdzod chen mo, näm-lich zu Ati²a und zu Milarepa. So lernen die Studierenden ein wichtiges Hilfsmittel ken-nen und sie bekommen Einblick in biographische Texte.
Vokabeln gebe ich nur in den ersten fünf Lektionen innerhalb der Lektion. Bis Lektion 13 sind die Vokabeln im Glossar am Ende des Buches zu finden. Ab Lektion 14 müssen die neuen Wörter in den Wörterbüchern nachgeschlagen werden.
Mein Bemühen ist es nicht nur, die Grundlagen der Sprache zu vermitteln, sondern auch die wichtigsten Hilfsmittel eines Tibetologen vorzustellen. Außer der Arbeit mit den Wörterbüchern habe ich deshalb Übungen gestaltet, die das Internet miteinbezie-hen und die Studierenden einige wichtige Websites kennen lernen lassen.
Da im Oktober 2006 das Handbuch zur Grammatik der klassischen tibetischen Schriftspra-
che von Peter Schwieger erschienen ist, hatte ich Gelegenheit, einige Begriffe diesem Nachschlagewerk zur Grammatik anzupassen. Ich gehe davon aus, dass jeder Studie-rende früher oder später auch dieses Handbuch benutzen wird.
Bei zwei Termini halte ich mich nicht an die übliche Konvention in den Lehrbüchern. Für »Futur-Verbstammform« benutze ich den Begriff »Nezessitativ-Verbstammform« und statt »Genitivsuffix« benutze ich »Attributsuffix«.
Dieses Buch ist nur zustande gekommen durch die Hilfe anderer. An erster Stelle möchte ich mich bei allen Teilnehmern in meinen Kursen bedanken, die mit freundli-cher Geduld die Mängel eines Lehrbuchs in der Entstehung hingenommen haben. Leh-ren ist Lernen und ich bedanke mich für die vielen Beiträge, durch die ich dazulernen konnte. So mancher davon fing an mit den Worten: »Ich hätte da mal eine Frage...« Zwei Kursteilnehmer möchte ich besonders erwähnen:
Elmar Kniprath, für seine vielen Hinweise zur Phonetik. Er hat mir freundlicherweise die Übersicht zur Aussprache im Anhang zur Verfügung gestellt. Ich danke ihm auch, dass er über seine Website im Internet Fonts zur Verfügung stellt:
3Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
www.uni-hamburg.de/Wiss/FB/10/IndienS/Kniprath/INDOLIPI/Indolipi.htm.
Sie enthält Fonts zu zwölf indischen Schriften, zur Transliteration und zur phoneti-schen Umschrift. Letztere habe ich in diesen Unterlagen verwendet.
Es gibt nicht viele Menschen, mit denen man inspirierende Gespräche über Gramma-tik führen kann. Dafür und für viele Ratschläge danke ich Thilo Hobelmann.
Susanne Schefczyk und Rebecca Hufen haben das Tutorium zu meiner Veranstaltung ausgerichtet. Ich danke ihnen für ihre Anregungen und für die gute Zusammenarbeit.
Khenpo Karma Namgyal schenkte mir im Winter 2006/7 kostbare Zeit und öffnete mir die Tür zur traditionellen tibetischen Grammatik. Khenpo Karma Namgyal hat eine Internetseite geschaffen, in der zahlreiche Texte als Download zur Verfügung stehen: www.leksheyling.org. Darunter sind auch Texte, die in diesem Lehrbuch benutzt wer-den. Ich weise an entsprechender Stelle darauf hin.
Bei Dr. Katja Himstedt hatte ich Gelegenheit, im Wintersemster 2006 an einem Kurs zur phonetischen Transkription teilzunehmen. Ich danke ihr, dass sie sich die Mühe ge-macht hat, zusammen mit Mathias Fermer und Pema Kansa meine Beschreibung der tibetischen Aussprache zu überprüfen. Pema, M—Cc-ä‰-G‰- für das geduldige Wiederholen tibetischer Laute!
Ich danke Prof. Dr. David Jackson, Prof. Dr. Franz-Karl Erhard und Prof. Dr. Michael Hahn, die sich die Zeit genommen haben, sich einen Eindruck von meinen Lehrunterlagen zu verschaffen, und mir zur Veröffentlichung geraten haben. Ich danke Dorji Wangchuk (Ph.D.), der Teile eines früheren Manuskriptes mit mir durchgegangen ist.
Mathias Fermer, Alexander Schiller (M.A.) und Achim Bayer (Ph.D.) danke ich für ihre Anmerkungen und Korrekturvorschläge.
Und schließlich danke ich auch meinem Mann Marcel Klovert. Für Vieles.
Hamburg, den 3. Januar 2008
Christine Sommerschuh
4Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
5Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
1. Die Grundbuchstaben Die 30 Grundbuchstaben des tibetischen Alphabets | Vokale | Dialekte und Ausspra-che | Transliteration und Transkription | Wichtige Begriffe zur Aussprache | Syste-matik der ersten 19 Grundbuchstaben | Die restlichen Grundbuchstaben
Die 30 Grundbuchstaben des Tibetischen Alphabets
Allgemeine Bemerkung
Es gibt verschiedene tibetische Schriften. Wir lernen die für gedruckte Texte wichtigs-
te Schrift, dBu-can (sprich [úʨʰɛn]) »Mit Kopf«.
In der tibetischen Schrift gibt es keine Wortabgrenzungen aber ein Silbentrennzei-
chen, den sogenannten Tsheg (sprich [ʦʰɛk]). Er wird als kleiner Punkt nach der Silbe
geschrieben. Eine Silbe besteht aus einem oder mehreren Konsonanten und einem Vo-
kal. Für die Vokale »i«, »u«, »e« und »o« gibt es Vokalzeichen. Wenn kein Vokalzeichen
vorhanden ist, hat die Silbe den Vokal »a«. Man spricht vom inhärenten »a«. In der Ta-
belle sind die Grundbuchstaben mit dem inhärenten »a« und dem Silbenabschlusszei-
chen dargestellt sowie mit Transliteration (kursiv) und phonetischer Umschrift nach
dem Internationalen Phonetischen Alphabet (in eckigen Klammern).
1. @- ka [ká] B-kha [kʰá] C- ga [kʰà] E- nga [ŋà]
2. F- ca [ʨá] G- cha [ʨʰá] H- ja [ʨʰà] I- nya [ɲà]
3. K- ta [tá] M- tha [tʰá] N- da [tʰà] P- na [nà]
4. R- pa [pá] S- pha [pʰá] T- ba [pʰà] U- ma [mà]
5. V- tsa [ʦá] W- tsha [ʦʰá] X- dza [ʦʰà] Y- wa [wà]
6. Z- zha [ɕà] \- za [sà] ]- a [ʱà] oder [ʷà] ^- ya [jà]
7. _- ra [rà] `- la [là] a- sha [ɕá] c- sa [sá]
8. d- ha [há] e- a [ʔá]
1.1
1.1.1
6Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Schreibweise der Grundbuchstaben
Es gibt keine festen Regeln für die Schreibweise der Buchstaben. Im Allgemeinen wer-
den die horizontalen Linien von links nach rechts geführt und die vertikalen von oben
nach unten. Mit einer Kalligraphie-Feder muss man in engen Kurven wie bei G eventu-
ell neu ansetzen. Auf Seite 16 sind Literaturverweise und Adressen von Internetseiten
mit Schreibbeispielen.
Die Vokalzeichen
Die tibetische Schrift kennt Vokalzeichen für i, u, e und o. Hat ein Buchstabe kein extra Vokalzeichen, wird er mit a-Vokal ausgesprochen: @- ka [ká] .
Transliteration Zeichen Beispiel
i … U…- [mì] Mensch, Mann
u — T“- [pʰù] Sohn, Junge
e ‰ U‰- [mè] Feuer
o È cÈ- [só] Zahn
Durch die Kombination von Grundbuchstaben kann sich der Lautwert der Vokalzeichen verändern. Siehe Seite 19.
Dialekte und Aussprache
Im Tibetischen gibt es viele Dialekte. Dieser Kurs folgt den Ausspracheregeln, wie sie
in Manual of »Standard Tibetan« von Nicolas Tournadre und Sangda Dorje beschrie-
ben sind, in vereinfachter Form. »Standard Tibetan« entspricht in etwa dem zentral-
tibetischen Dialekt. Zu Dialekten siehe NT 28 ff. »The Main Tibetan Dialects«.
Transliteration und Transkription
Orthographische Umschrift / Transliteration
Die orthographische Umschrift oder »Transliteration« gibt die Wörter in lateinischen
Buchstaben so wieder, dass man weiß, wie sie im Tibetischen geschrieben werden.
1.2
1.3
Lektion Eins
1.1.2
1.1.3
1.3.1
7Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Damit könnte man zum Beispiel korrekt geschriebene tibetische Wörter ohne spe-zielles Schreibprogramm in einer E-Mail schreiben. Die Transliteration gibt nicht die Aussprache wieder!
Ich benutze in diesem Buch die Wylie-Umschrift, so benannt nach Turrel Wylie, der sie 1959 entwickelte1. Diese Umschrift ist einfach und logisch und heutzutage die gebräuchlichste, weil sie ohne Sonderzeichen auskommt. Ich setze die Umschrift in kursiven Zeichen hinter die tibetischen Schriftzeichen.
Im Laufe der Zeit zeigten sich einige Unzulänglichkeiten der Wylie-Umschrift, insbe-sondere bei der Transliteration von Sanskritwörtern in tibetische Buchstaben und bei Satzzeichen. In den letzten Jahrzehnten wurden große Mengen an Texten in den Com-puter eingegeben und stehen nun dem Forscher als Recherchematerial zur Verfügung. Die Texteingabe am Computer verlangt ein gleichzeitig präzises und unkomplizier-tes Arbeiten. Dafür wurde ein sogenanntes »Extended Wylie Transliteration Scheme« entwickelt. Es erlaubt die Eingabe auch ungewöhnlicher Fälle der Schreibung, ohne Sonderzeichen benutzen zu müssen. Damit konnten auch Schreibprogramme ent-wickelt werden, die Texte in orthographischer Umschrift in einen tibetischen Font umwandeln können, auch bei ungewöhnlichen Schreibungen. Das »Extended Wylie Transliteration Scheme« ist genauer, als es für eine Einführung nötig ist, und es wird nur in Zusammenhang mit Satzzeichen und Sanskritwörtern in tibetischen Buchsta-ben darauf hingewiesen (Lektion 5). Mehr Information dazu findet man unter:
www.thdl.org
Home > Collections > Language and Linguistics > Tibetan Transliteration > Extended Wylie Transliteration Scheme
Phonetische Umschrift / Transkription
Wenn die Wörter entsprechend ihrer Lautung in eine andere Schrift übertragen wer-den, spricht man von Transkription oder phonetischer Umschrift. Ich benutze zur Tran-skription das IPA (International Phonetic Alphabet) und setze transkribierte Laute in eckige Klammern.2
1. Turrel v. Wylie. »A standard system of tibetan transcription«. Harvard Journal of Asiatic Studies 22. 1959, S. 261-267. Der Artikel ist auch online verfügbar. Eine vergleichende Tabelle der Umschriften findet sich in Helmut Hoffman. Tibet – A Handbook. Asian Studies Research Institute.2. Zu einer Konkordanztabelle der phonetischen Umschriften in verschiedenen Lehrbüchern siehe Bettina Zeisler. Relative Tense and Aspectual Values in Tibetan Languages. De Gruyter, 2004, S.226 ff.
Die Grundbuchstaben
1.3.2
8Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Wichtige Begriffe zur Aussprache
Lautbildungsorte1. Luftröhre
2. Speiseröhre
3. Stimmlippen (Stimmbänder)
4. Kehldeckel
5. Rachenhöhle
6. Zäpfchen
7. weicher Gaumen
8. harter Gaumen
9. Zahndamm
10. Zähne
11. Lippen
12. Hinterzunge
13. Zungenblatt
14. Zungenspitze
15. Nasenhöhle
Allgemeines
Obwohl alle gesunden Kleinkinder irgendwann in der Lage sind, alle beliebigen Lau-te zu bilden, verlernen sie später wieder die Laute, die in ihrer Muttersprache nicht vorkommen oder nicht bedeutungsunterscheidend sind. Tatsächlich kann man diese Laute später oft nicht nur nicht artikulieren, sondern man nimmt sie auch nicht be-wusst wahr.
Zum Erlernen solch fremder Laute ist es hilfreich, einige Vorgänge der Artikulation zu kennen, und ich habe deshalb im Folgenden einige Begriffe erklärt, die für das Erlernen der Aussprache des Tibetischen hilfreich sind. Wo die Aussprache durch bloßes Nach-sprechen leicht gelernt werden kann, gehe ich auf die Lautbildung nicht weiter ein.
Luftstrom
Beim Sprechen strömt die Luft aus der Lunge durch die Luftröhre und den Kehlkopf durch Mund- und Nasenraum hinaus. Im Kehlkopf kann der Luftstrom in seiner Art verändert werden und im Mund- und Nasenraum findet die eigentliche Artikulation statt.
1.4
Lektion Eins
1.4.1
1.4.2
1.4.3
9Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Im Kehlkopf wird auch der Glottalverschluss erzeugt, ein Vokaleinsatz, wie zum Bei-spiel vor »ei« im Wort »Spiegel-ei«. »(Eulen)spiegelei« dagegen wird ohne Glottalver-schluss vor »ei« gesprochen. Das phonetische Zeichen für den Glottalverschluss nach IPA ist [ʔ].
Kehlkopf
Am oberen Ende der Luftröhre sitzt der Kehlkopf. Seine wichtigste Aufgabe ist es, mit Hilfe des Kehldeckels zu verhindern, dass Speise in die Luftröhre gelangt. Er hat aber gleichzeitig eine wichtige Rolle beim Sprechen. An seinem oberen Rand befinden sich die Stimmlippen, deren Innenränder Stimmbänder genannt werden. Der Zwischen-raum zwischen den Stimmlippen heißt Stimmritze. Die Stimmlippen können ent-spannt sein, sodass der Luftstrom ungehindert hindurchfließt, sie können sich aber auch zusammenziehen, und die Stimmritze zu einem Spalt verengen.
Für uns sind folgende Veränderungen des Luftstromes wichtig:
1. Die Stimmlippen sind weit geöffnet. Die Luft strömt ungehindert hindurch.
2. Die Stimmlippen sind erst weit geöffnet und schließen sich dann. Es entsteht ein Hauchlaut. Wenn man »ha« sagt und dabei auf den Kehlkopf achtet, fühlt man die Stimmlippen, die sich zusammenziehen.
3. Die Stimmlippen sind soweit zusammengezogen, dass zwischen ihnen nur noch ein winziger Spalt geöffnet ist. Die ausströmende Luft reibt sich an den Stimmbändern und wird in Schwingungen versetzt. Der Laut wird stimmhaft. Legen Sie die Finger auf den Kehlkopf und sagen Sie »pa« (stimmlos) und »ba« (stimmhaft). Sie werden beim stimmhaften Laut deutlich die Schwingungen spüren.
Vokale sind im allgemeinen stimmhaft.
Mund- und Nasenraum
Wichtig sind hier Lautbildungsort, das heißt, der Ort an dem die Zunge bei der Lautbil-dung am nächsten ist, und Lautbildungsart, zum Beispiel nasal, zischend usw.
Die ersten neunzehn Buchstaben des tibetischen Alphabetes sind nach den Laut-bildungsorten angeordnet: Gaumensegel, harter Gaumen, Hinterseite der Zähne, Lippen.
Stimmhaftigkeit
siehe »Kehlkopf«
Die Grundbuchstaben
1.4.4
1.4.5
1.4.6
10Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Aspiration und Verschlusslaute
Nur bei Verschlusslauten spielen Aspiration und Nichtaspiration eine Rolle, im Tibeti-schen also bei:
k, t, p (nichtaspiriert)
kh, th, ph (aspiriert)
Verschlusslaute sind eine Untergruppe der Konsonanten. Beim Verschlusslaut wird der Luftstrom am Lautbildungsort durch Verschluss kurz gestaut und entweicht dann durch eine plötzliche Öffnung. Die Laute haben etwas knallartiges.
c/ch und ts/tsh sind eine Abfolge von Verschlusslaut und Zischlaut.
Aspirierte und Nichtaspirierte Verschlusslaute
Der Übergang vom stimmlosen Verschlusslaut (entspannte Stimmlippen und geöff-nete Stimmritze) zum folgenden Vokal (stimmhaft, also verengte Stimmritze) erfor-dert zwei Bewegungen, die Lösung des Verschlusses und das Zusammenziehen der Stimmlippen.
• nichtaspiriert
Wird der Verschluss erst gelöst, wenn die Stimmlippen schon zusammengezogen sind, findet keine Aspiration statt. Am Beispiel von R- pa:
1. Die aus der Lunge strömende Luft staut sich am Verschluss am Lautbildungsort, bei p also hinter den Lippen.
2. Die Stimmlippen ziehen sich zusammen und sind bereit zum Schwingen
3. Der Verschluss löst sich, der Luftstrom fließt und die Stimmlippen schwingen sofort mit. Der a-Vokal setzt unmittelbar nach dem p-Laut ein.
Ein nichtaspirierter Verschlusslaut ist vom Klang her einem »hart« ausgesprochenen stimmhaftem Laut sehr ähnlich.
• aspiriert
Wird der Verschluss gelöst, bevor die Stimmlippen zusammengezogen sind, entsteht in dem Zeitraum, in dem sich die Stimmlippen zusammenziehen, zwischen Verschluss-laut und Vokal eine Luftverwirbelung, die als Aspiration zu hören ist. Am Beispiel von S- pha:
1. Die aus der Lunge strömende Luft staut sich am Verschluss am Lautbildungsort, bei p also hinter den Lippen.
Lektion Eins
1.4.7
1.4.8
11Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
2. Verschluss löst sich Y p, der Luftstrom fließt schon, während die Stimmlippen sich noch zusammenziehen, um den a-Vokal vorzubereiten.
3. Im Zeitraum des Zusammenziehens entsteht eine Luftverwirbelung, die als Aspira-tion zu hören ist.
4. Stimmlippen sind zusammengezogen und schwingen im Luftstrom Y a-Vokal.
Im Deutschen werden Verschlusslaute im Anlaut in Norddeutschland und Mittel-deutschland tendenziell aspiriert und in Süddeutschland tendenziell nicht aspiriert ausgesprochen. In Lautverbindungen sind Verschlusslaute immer nichtaspiriert, zum Beispiel in »Stute«, »Raps«, »Erbse« oder »mopsen«.
Tonhöhe
Im Tibetischen unterscheidet man hohen und niedrigen Ton. Bei den häufigen zweisil-bigen Wörtern spielt die Tonhöhe in der zweiten Silbe keine Rolle mehr. Sie verschleift zu einer mittleren Tonhöhe.
Manche Buchstabenverbindungen bewirken eine Veränderung der Tonhöhe.
Länge
Manche Postskripte bewirken, dass der Vokal gelängt, also etwas gedehnt ausgespro-
chen wird, wie zum Beispiel bei `Cc- [là:].
Umlaut
Manche Postskripte bewirken bei einigen Vokalen eine Umlautung, also »a« zu »ä«,
»o« zu »ö« und »u« zu »ü«, wie zum Beispiel in TÈN- [pøʔ] »Tibet«.
Die Grundbuchstaben
1.4.9
1.4.10
1.4.11
12Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Systematik der ersten 19 Grundbuchstaben
Anordnung der ersten 19 Grundbuchstaben nach der Aussprache
hochtonignicht aspiriert
hochtonig aspiriert
tieftonigaspiriert (in »Standard Tibetan«)
tieftonignasal
@- ka B- kha C- ga E- nga
F- ca G- cha H- ja I- nya
K- ta M- tha N- da P- na
R- pa S- pha T- ba U- ma
V- tsa W- tsha X- dza
Anordnung der ersten 19 Grundbuchstaben nach den Lautbildungsorten
@- ka B- kha C- ga E- nga velar
F- ca G- cha H- ja I- nya alveolar-palatale Affrikate
K- ta M- tha N- da P- na dental
R- pa S- pha T- ba U- ma labial
V- tsa W- tsha X- dza dentale Affrikate
velar: am weichen Gaumen bzw. Gaumensegel gebildet
alveolar-palatal: am Zahndamm und Gaumen gebildet
dental: an den Zähnen gebildet
labial: an den Lippen gebildet
Affrikate: Verschlusslaut mit folgendem Zischlaut
1.5
Lektion Eins
1.5.1
1.5.2
13Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Die restlichen Grundbuchstaben
Allgemeine Bemerkung
Die restlichen elf Grundbuchstaben können nicht in eine so klare Unterteilung einge-ordnet werden, wie die ersten neunzehn. Aspiration spielt keine Rolle, denn es kom-men keine Verschlusslaute vor. Wichtig ist die Unterscheidung der Töne.
Ton bei den letzten elf Grundbuchstaben Y- wa
Z- zha \- za ]- 'a ^- ya
_- ra `- la a- sha c- sa
d- ha e- a
fett: tieftonig
nicht fett: hochtonig
d- ha, Z- zha, a- sha, \- za, c- sa, Y- wa
Bei den restlichen Grundbuchstaben wird kein Verschluss, sondern nur eine Ver-engung. Ausnahme ist e , das den Glottalverschluss im Vokaleinsatz repräsentiert. Es wird auf nächsten Seite besprochen. Keiner der restlichen Grundbuchstaben ist aspi-riert.
Lautbildungsort/Ort der Verengung
d- ha Kehlkopf
Z- zha und a- sha Gaumen ( + Zunge)
\- za und c- sa Zahndamm ( + Zunge)
Y- wa beide Lippen
Im Tibetischen wird »w« mit beiden Lippen gebildet, also bilabial, wie im Englischen »water«. Im Deutschen wird »w« mit Unterlippe und oberen Zähnen gebildet, also dental-labial, wie in »Wasser«.
1.6
Die Grundbuchstaben
1.6.1
1.6.2
1.6.3
14Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Die Vokaleinsatzzeichen ]- 'a und e- a
]- 'a [ʱà] oder [ʷà]
e- a [ʔá]
Die beiden Buchstaben ]- und e- sind ein besonders interessantes Paar. Sie stehen für die Aussprache des inhärenten Vokals »a« bzw. für die des Vokals, mit dem sie markiert sind. e- ist hochtonig und wird mit einem Glottalverschluss (siehe Seite 9 oben) im Anlaut ausgesprochen [ʔá]. In der Wylie-Umschrift steht nur a bzw. der ent-sprechende Vokal.
]- ist tieftonig und wird ohne Glottalverschluss gesprochen. Das führt zu einem Hauch im Anlaut [ʱà] oder, wenn die Lippen näher zusammenkommen, zu einem angedeu-teten »w«-Anlaut [ʷà]. In der Wylie-Umschrift wird es als » ' « dargestellt: ]È-U- 'o ma »Milch«.
Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Zeichen liegt in ihrer Einbindung in Sil-ben und Wörter. ] ist ein häufiges Prä- oder Postskript und bewirkt oft einen weichen nasalen Übergang zwischen Silben. Prä- und Postskripte werden in Lektion Zwei und Lektion Drei besprochen. Einige grammatische Suffixe mit dem Basisbuchstaben ] sind direkt, ohne Trennpunkt dazwischen, an das vorangehende Wort angeschlossen, wie zum Beispiel das Verkleinerungssuffix ]“-: T- [pʰà] »Kuh«, T‰]“- [pʰèu] »Kalb«.
e- ist einer der interessantesten Buchstaben des tibetischen Alphabets und vielleicht auch der schönste. Er steht für den reinen hochtonigen Vokallaut mit einem Glottal-verschluss im Anlaut. Das Zeichen e- gilt als Symbol für »Leerheit«, skt. ²ÊnyatÀ. Tse-pak Rigzin nennt e- in seinem Tibetan-English Dictionary of Buddhist Terminology: »The shortest form of the Perfection of Wisdom. It is explained to contain the meaning of the entire teaching of the Buddha; heavily blessed syllable.« (Die Perfection of Wisdom oder sanskrit PrajñÀpÀramitÀ-Texte befassen sich in erster Linie mit dem Thema Leer-heit. Dazu gehört zum Beispiel auch das HerzsÊtra.)
Übungen zu Lektion 1Lernen Sie von Anfang an konsequent alle neuen Vokabeln!
Leseübung zu den ersten 19 Grundbuchstaben
B- Mund P-W- Krankheit, Schmerz
Lektion Eins
1.6.4
15Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
C-_‰- was? T- Kuh
E- ich T“- Sohn, Junge
G”- Wasser T“-UÈ- Mädchen, Tochter
H- Tee U…- Mensch, Mann
I- Fisch U‰- Feuer
I…-U- Sonne VÀ-VÀ- Maus
N- jetzt W-RÈ- heiß
Leseübung zu den restlichen Grundbuchstaben
Y-UÈ- Fuchs _È- Leichnam; Geschmack
Z…-U…- Katze `- Gebirgspass; Dativ-Lokativsuffix
]È-U- Milch a- Fleisch
_- Ziege c- Erde
_…- Berg c“- wer?
_…-UÈ- Bild, Zeichnung cÈ- Zahn
Internet-Seiten
1. Zum IPA
• Suchen Sie im Internet eine Seite, auf der das International Phonetic Alphabet (IPA) mit Audiodateien dargestellt ist, zum Beispiel unter www.sil.org (Summer Institute of Linguistics) oder in der »Wikipedia«. In der IPA-Tabelle steht bei Konsonantenpaaren links der stimmlose und rechts der stimmhafte Laut, beide nicht aspiriert. Eine Gegen-überstellung von aspirierten und nicht-aspirierten Lauten gibt es in dieser Darstellung nicht.
Die Grundbuchstaben
16Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
2. Zum tibetischen Alphabet
• Suchen Sie die Seite www.lrc.cornell.edu/medialib/ti und wählen Sie »Tibetan Wri-ting Course«. Auf dieser Seite finden Sie Videos zu der Schreibweise der tibetischen Grundbuchstaben und ihrer Ligaturen, buchstabiert und geschrieben von Palden Oshoe. Üben Sie die Schreibweise anhand seiner Vorlage. Sie brauchen nicht unbe-dingt mit einer Feder zu üben.
• Suchen Sie im Internet die folgende Seite:www.learntibetan.net/grammar/alphabet.htm
Hier finden Sie das tibetische Alphabet mit Audio-Dateien. Hören Sie sich die Ausspra-che der Grundbuchstaben an und sprechen Sie sie nach. Zur Darstellung des tibeti-schen Fonts muss eine auf der Seite bereitgestellte Software installiert werden.
Literaturempfehlungen
Eine gute Ergänzung zum Thema tibetische Schrift ist:
Wolfgang-Ekkehard Scharlipp und Dieter Back. Einführung in die tibetische Schrift. Buske Verlag. Hamburg, 1996.
Das Buch enthält unter anderem Schreibanleitungen für alle Grundbuchstaben und Ligaturen.
Lektion Eins
17Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
2. PostskripteKombinationsmöglichkeiten der Grundbuchstaben | Ursprüngliche Aussprache | Postskripte
Kombinationsmöglichkeiten der Grundbuchstaben
Allgemeine Bemerkung
Wie im deutschen Wort »Strumpf« ein Vokal und mehrere Konsonanten eine Silbe
bilden, so kann auch die tibetische Silbe neben dem Vokal mehrere Konsonanten ent-
halten. Vom Klang her kann eine tibetische Silbe einen Anlaut haben, dann einen Vo-
kal als Kern und einen Auslaut. Von der Schreibweise her kann eine tibetische Silbe
erheblich komplizierter aussehen. Sie kann folgende Elemente haben: 2. Superskript 1. Präskript 3. Basisbuchstabe 6. Postskript 7. zweites Postskript 4. Subskript 5. Vokalzeichen (oben oder unten)
Beispiel T±„Tc-
Umschrift: bsgrubs
ausgesprochen: [dɹùp]
Bedeutung: »manifestiert, verwirklicht, praktiziert« u. ä.
T±„Tc-Drei Grundregeln, um den Basisbuchstaben zu erkennen
Für die richtige Aussprache und für die Reihenfolge im Wörterbuch ist es wichtig, den
Basisbuchstaben in der Silbe identifizieren zu können. Es gelten folgende Regeln:
1. Nur der Basisbuchstabe hat Vokalzeichen, Super- oder Subskripte.
2. Bei zwei Buchstaben ist gewöhnlich der erste der Basisbuchstabe und der zweite das
Postskript.
3. Bei drei Buchstaben ist gewöhnlich der mittlere Buchstabe der Basisbuchstabe, es
sei denn, am Ende steht ein c. Dann ist häufig der erste Buchstabe der Basisbuchstabe,
der zweite Buchstabe ist das Postskript und der dritte Buchstabe ist das zweite Post-
skript. (Siehe Seite 35)
2.1
2.1.1
2.1.2
18Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Lautveränderungen durch Buchstabenkombinationen
Durch die Kombination von Buchstaben können sich Lautveränderungen ergeben hin-sichtlich
Länge des Vokals
Umlaut
Tonhöhe
Stimmhaftigkeit
Palatalisierung (Siehe Seite 28)
Ursprüngliche AusspracheZu der Zeit, als eine Schrift für die tibetische Sprache entwickelt worden ist, also im 7. Jh., wurden viele der Präskripte, Superskripte usw. noch mitgesprochen. Über die Jahrhunderte hat sich die Aussprache der Wörter geändert. Viele Affixe werden nicht mehr mitgesprochen, dafür ist der Ton in der Sprache bedeutungsunterscheidend ge-worden. Die Schreibweise der Wörter ist aber geblieben, das heißt, dass man alte tibe-tische Texte, was die Schreibweise der Wörter angeht, gut verstehen kann.
In vielen tibetischen Dialekten werden die Affixe zum Teil noch mitgesprochen, zum Beispiel in Ladakhi.
PostskripteNur zehn Buchstaben können als Postskript vorkommen: C, E, N, P, T, U, ], _, ` und c. Grundbuchstaben, die als Postskript vorkommen können, verändern nicht ihre Form, sondern werden unverändert nach dem Basisbuchstaben geschrieben.
Zur Aussprache der Postskripte gilt grundsätzlich: Je schneller und ungenauer der Redefluss, desto weniger deutlich werden die Postskripte ausgesprochen und gleich-zeitig werden die Vokale stärker modifiziert. Die Postskripte C und N sind dann nur noch als Glottalverschluss zu hören, E und P als Nasalisierung des Vokals, _ und ` als Längung des Vokals.
Lektion Zwei
2.2
2.3
2.1.3
19Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Post-skript
als Auslaut zu hören Veränderung desVokals
Beispiel
C Glottalverschluss oder angedeutetes [k]
keine Veränderung `“C- [lùk] oder [lùʔ] Schaf
E [ŋ] evt. nasaliert1 UE-RÈ- [màŋpo] viel
N nicht zu hören
Der Vokal endet bei einsilbigen Wörtern mit Glottalverschluss.
Umlautung TÈN- Tibet [pʰøʔ]
RN-U- [pɛma] Lotos
P [n] oder Nasalierung des Vokals
Umlautungmanchmal nasaliert
TÈP- [pʰøn] Bön
T [b] wird offener2 N‰T- [tʰɛp] Buch
U [m] keine Veränderung `U- [làm] Weg
] wird nicht ausgesprochen. Es dient dazu, in ei-ner Silbe klarzustellen, welches der Basisbuch-stabe sein muss. Der Vokal wird gelängt.
UE- [màŋ] viel sein
UE]- [ŋáː]3 Macht
_ [ɹ] oder kaum zu hören und der Vokal wird lang
manchmal Längung U_- [maː] / [maɹ] Butter
` [l] oder kaum zu hören und der Vokal wird lang
Umlautung
manchmal Längung
^“`- [jyl] oder [jyː]
Land, Region, Objekt
c‰`- [sél] oder [séː]
bereinigen
c nicht zu hören
Vokal endet mitGlottalverschluss
Umlautung _c- [rɛʔ] Baumwolltuch
GÈc- [ ʨʰ ø ʔ]Dharma
1. [u] kann zu [] werden. Beispiel: chung chung [ʨʰŋʨŋ] »klein«2. [a] kann zu [ə] werden und [o] wird zu [ɔ]. Beispiel: khab [kʰəp] »Nadel«; sob sob [sɔpsop] »weich«3. Das Präfix bewirkt, dass nga hochtonig ausgesprochen wird; siehe Lektion 3.
Postskripte
20Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Für den Einführungskurs in die Schriftsprache des Tibetischen reicht es, die oben ge-nannten Regeln zur Aussprache der Worte mit Postskript zu beachten. Bei NT 433-445 findet man noch differenziertere Regeln zur Aussprache im »Standard Tibetan« mit Hörbeispielen.
Übungen zu Lektion 2
Die Silbe in der tibetischen Sprache
Während im Deutschen in der Schrift die einzelnen Wörter durch einen Leerraum deutlich voneinander getrennt sind, sind im Tibetischen die einzelnen Silben durch den Silbentrennpunkt (WÂC-) voneinander abgesetzt. Wo Wörter anfangen oder aufhö-ren ist dagegen nicht markiert.
Im Tibetischen haben viele Silben eine eigenständige Bedeutung. Häufig sind aber auch zweisilbige Wörter, die entweder aus zwei einsilbigen Wörtern oder aus einem einsilbigen Wort und einem Suffix zusammengesetzt sind. Dabei können neue Bedeu-tungen entstehen.
G‰-G”E- groß-klein Y Größe
EÈ-W- Gesicht-heiß Y Scham, Peinlichkeit
BE-U…C- Haus-Auge Y Zimmer
Versuchen Sie die neue Bedeutung der Wortzusammensetzungen zu erraten:
B-G”- T-cÈ-
B-W-RÈ- T`-^“`-
B-`C- UE-JfiE-
GE-BE- U_-U‰-
G”-U…C- U…C-a‰`-
PE-U…- _…-TÈE-
Lektion Zwei
21Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Leseübung
B-ac- einige
BE-R- Haus
BT- Nadel
EÈ- Gesicht, Oberfläche
UE]- Macht
GE- tibetisches Bier, Tschang
G”E-G”E- klein
G‰P-RÈ- groß
GÈc- Lehre, Weltgesetz, Phänomen; skt. dharma
I`- sich schlafen legen
JfiE-JfiE- wenig
ME-@- Thangka
NE- (zusammen) mit; und
Oÿc- Zeit
N‰T- Buch
NÈU- Bär
PE- das Innere; Zuhause
RN-U- Lotos
SC-R- Schwein
T`- Wolle
T“U-R- Vase
TÈE-T“- Esel
TÈN- Tibet
TÈN-R- Tibeter
TÈP- Bön
UE-RÈ- viel
U_- Butter
U…C- Auge
U…E- Name
U‰-KÈC- Blume
WE-U- alle
WÀC- Wort
WÂC- Silbentrennpunkt
Z…E- Feld
Postskripte
22Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Z…U-RÈ- lecker
]ÈN- Licht
^C-RÈ- gut
^“`- Land, Region, Objekt
_c- Baumwolltuch
_“c- Knochen
`C-R- Hand
`U- Weg
`c- Handlung; skt. karma
`“C- Schaf
`“c- Körper
a…E- Holz
a‰`- Kristall, Glas
c‰E-C‰- Löwe
cÈT-cÈT- weich
c‰`- bereinigen
Lektion Zwei
23Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
3. Prä- und SuperskriptePräskripte | Superskripte | Ausspracheregeln bei Prä- und Superskripten
Präskripte
Als Präskripte können C, N, T, U und ] dienen. Sie werden unverändert vor den Basis-
buchstaben der Silbe geschrieben.
Die Lautveränderungen sind bei Präskripten und Superskripten genau gleich. Deshalb
werden sie weiter unten zusammen besprochen.
Superskripte
Als Superskripte können nur _, ` und c dienen. Zur Schreibweise siehe unter
www.lrc.cornell.edu/medialib/ti : »Tibetan Writing Course«
Ausspracheregeln bei Präskripten und bei Superskripten
Die Regeln zu den Lautveränderungen beziehen sich auch auf die jeweiligen Buchsta-
ben, wenn diese noch zusätzlich ein Vokalzeichen und/oder Affixe haben.
1. Präskripte und Superskripte werden nicht mitausgesprochen, aber sie können einige
Lautveränderungen bewirken. Zu Präskripten in der zweiten Silbe siehe Seite 36.
2. In »Standard Tibetan« werden die Laute der 3. Spalte stimmlos ausgesprochen. Mit
Prä- oder Superskript werden sie stimmhaft. Der Ton bleibt tief.
UCÈ- [gò] Kopf
U- und ]- bewirken vor N als Basisbuchstaben eine Nasalisierung.
UN]- [ⁿdà] Pfeil
3. Die an sich tieftonigen Nasale der 4. Spalte werden hochtonig.
Beispiel: im Vergleich:
â- [ŋá] Trommel E- [ŋà] ich
ò- [ŋá] fünf
4. Präskript C + Basisbuchstabe ^ Y hochtonig
3.1
3.2
3.3
24Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
zum Beispiel: im Vergleich:
C^C- [ják] Yak ^C-RÈ- [jàkpo] gut
Umschrift: g.yag (siehe auch Seite 28)
5. Die Buchstabenverbindung ü- wird als deutlich stimmloses hochtoniges [á] ausge-
sprochen.
ü-BE- [ákaŋ] Tempel
ü-c- [ása] Lhasa
6.1 Präskript N + Basisbuchstabe T ohne weiteres Vokalzeichen Y hochtoniges [wá]
NTE- [wáŋ] Macht; Ermächtigung, Initiation
6.2 Präskript N + Basisbuchstabe T mit Vokalzeichen Y jeweiliger hochtoniger Vokal
NT“- [ʔú] höfl. Kopf NT“c- [ʔy] Mitte
Übungen zu Lektion 3
Einkreisen
Kreisen Sie die Buchstaben ein, die als Präskript und die als Superskript dienen können.
Benutzen Sie jeweils unterschiedliche Farben.
@- ka B- kha C- ga E- nga
F- ca G- cha H- ja I- nya
K- ta M- tha N- da P- na
R- pa S- pha T- ba U- ma
V- tsa W- tsha X- dza Y- wa
Z- zha \- za ]- 'a ^- ya
_- ra `- la a- sha c- sa
d- ha e- a
Lektion Drei
25Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Transkribieren Sie in Wylie-Umschrift
Der tsheg wird mit einem Leerzeichen transkribiert.
C^“- Türkis
C^c- rechte Seite/Richtung
C^ÈP- linke Seite/Richtung
C^ÈC-RÈ- Diener
Übersetzen Sie!
Bei einem Substantiv mit Erweiterungen ist die Reihenfolge der Wortarten:
1. Substantiv, 2. Adjektiv, 3. Mengenangabe
â-G‰P-RÈ-Cc“U- drei große Trommeln
Übersetzen Sie!
1. heißes Wasser 5. vier blaue Blumen
2. zwei Hände 6. schwarzes Yak
3. zwei blaue Steine 7. weißes Pferd
4. gelbes Baumwolltuch 8. drei neue Klöster
Vokabeln
ˇN- Stimme, Sprache
ˇ‡- höfl. Körper, Statue
NCÈP-R- Kloster
UCÈ- Kopf
â- Trommel
]HU-RÈ- sanft
]H]- Regenbogen
]H…C-å‰P- Welt
ã…E-R- alt (für Dinge)
£…E-ä‰- Mitgefühl
å- Pferd
UN]- Pfeil
çÈ- Stein
NR`- glorreich, skt. srÅ
Prä- und Superskripte
26Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
NR‰-G- tibetisches Buch; Petscha
NTE- Macht; Ermächtigung, Initiation
NT“- höfl. Kopf
NT“c- Mitte
]⁄C- Drache
®`- Frosch
ê…-`U- Traum
©ÈP-`U- Wunschgebet
˛- Wurzel
UWÍ- See
UXÂc-RÈ- schön
^C-RÈ- gut
C^C- Yak
C^“- Türkis
C^ÈC-RÈ- Diener
_“c-®`- Schildkröte
`È-Cc_- Neujahr
Cc_-R- neu
ü-BE- Tempel
ü-c- Lhasa; »Ort der Götter«
Vokabeln: Die Farben
B-NÈC- Farbe ¢ÈP-RÈ- blau öE-B‘- grün
N@_-RÈ- weiß NU_-RÈ- rot `…-YE- orange
PC-RÈ- schwarz c‰_-RÈ- gelb
Vokabeln: Zahlen 1-5
CF…C- eins Cc“U- drei ò- fünf
CI…c- zwei TZ…- vier
Lektion Drei
27Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
4. SubskripteSubskripte | Reihenfolge bei einem Substantiv und seinen Erweiterungen |Gleichsetzungsverb yin
Subskripte
Allgemeine Bemerkung
Als Subskripte kommen Y, , _ und vor. Sie werden in veränderter Form oder verklei-nert unter den Basisbuchstaben geschrieben. Welche Buchstaben welche Subskripte haben können, ist übersichtlich auf Seite 32 zu sehen.
Subskript YAls Subskript wird das Y nur als kleine Ecke an den Buchstaben angehängt. Deshalb spricht man beim Y-Subskript vom Y-\“_-, »wa-Ecke«. Es hat keinen Einfluss auf die Aussprache, sondern dient vor allem dazu, Wörter mit ansonsten gleicher Ausspra-che graphisch voneinander abzugrenzen. Y als Subskript kann an 13 Grundbuchstaben vorkommen:∂- ∑- ∏- π- ª- º- Ω- æ- ø- ¿- ¡- ¬- ƒ-
ë- [ʦá] Wurzel »- [ʦá] Gras
W-RÈ- [ʦʰápo] heiß Ω- [ʦʰá] Salz
_- [rà] Ziege ¿- [rà] Horn
Subskript ^Schreibung
^ als Subskript wird ^-TKCc- [jàtak] genannt. TKCc- bedeutet »angehängt«. Wenn ^ subskribiert wird, erscheint es graphisch als kleines, untergeschriebenes Häkchen. ^ kann an sieben Grundbuchstaben subskribiert werden, drei aus der ersten Zeile im Alphabet, und vier aus der vierten Zeile im Alphabet. ^ als Subskript kann an sieben Grundbuchstaben vorkommen:l- m- n- o- p- q- r-
Aussprache
Subskripte wirken sich in der Aussprache weder auf den Ton noch auf die Aspiration aus, aber sie führen zu anderen Lautveränderungen.
4.1
4.1.1
4.1.2
4.1.3
28Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Die Ligaturen l- m- n-
Bei l- wird im »Standard Tibetan«ein <j> hinter dem Laut des Grundbuchstabes ein-geschoben und ein palataler Reibelaut entsteht, den man auf Deutsch etwa mit <kj> wiedergeben kann. Das <k> wird dabei weiter vorne am Gaumen gebildet, das heißt »palatalisiert«1. Das Frikativgeräusch ist in einigen Dialekten sehr stark zu hören.
l- [kʲá] m- [kʰʲá] n- [kʰʲà] bzw. stimmhaft [gʲà]2
Die Wylie-Umschrift ist kya, khya und gya.Vergleiche dazu Seite 24 oben.
Die Ligaturen o- p- q- r-o-, p-, q- und r- werden genauso ausgesprochen wie die am Gaumen gebildeten (pa-latalen) Laute F-, G-, H- und I-.
o- [ʨá] p- [ʨʰá] q- [ʨʰà] r- [ɲà]
Die folgende Buchstabenkombination hat eine besondere Ausspracheregel:
Präskr. N + Basisbuchstabe T + subskr. ^ Y hochtoniges ^ mit entsprechendem Vokal
NqEc- [jáŋ] Wohlklang, Klangkraft; skt. gho²a
Nq…Ec- [jíŋ] Bereich, Sphäre; skt. dhÀtu
Umschrift bei ^-Subskript
Wichtig ist, die folgende Besonderheit zur Umschrift von n und C^ zu beachten:
n : Basisbuchstabe C + Subskript ^ Y gy
nÈP- gyon [Kleidung] tragen, anlegen
C^ : Präskript C + Basisbuchstabe ^ Y g.y
C^ÈP- g.yon linke Seite
1. Ein Beispiel für Palatalisierung im Deutschen ist die Verschiebung des Lautbildungsortes von <k> bei »Kuh« und »Kühe«.2. Tournadre hat [c] bzw. aspiriert [cʰ] bzw. stimmhaft [ɟ] (NT 435).
Lektion Vier
29Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Subskript _
Schreibung
Wenn _ angehängt wird, erscheint es graphisch als kleine, gebogene Linie unter dem Basisbuchstaben. _ kann an vierzehn Grundbuchstaben subskribiert werden:
s- t- u- v- w- x- y- z- - - ~- Ä-
An P und U kann es nur in Kombination mit Superskript c vorkommen: µ- ≤-
Aussprache
s, t, u, v, w, x, y, z und werden alle ähnlich dem »tr« im englischen »true« aus-gesprochen. In Aspiration und Tonhöhe entsprechen sie den Regeln ihrer Spalte, das heißt:
s- v- y- Y hochtonig, nicht aspiriert [tɹá]
t- w- z- Y hochtonig, aspiriert [tɹʰá]
u- x- - Y tieftonig [tɹʰà]; mit Prä- oder Superskripten [dɹà]
P- und U kommen mit subskribiertem _ nur in einigen sehr seltenen Wörtern vor und zwar in Verbindung mit Superskript c: ≤- [ná], µ- [má]. Durch das Superskript werden sie hochtonig ausgesprochen. Das subskribierte _ ist nicht zu hören und bewirkt auch keine weitere Veränderung. Es reicht, die folgende Vokabel zu lernen: µ- sagen
wird nur zur Transliteration von Sanskrit ²rÅ benutzt.
~ wird wie c ausgesprochen1
Ä wird als hochtoniges [r] oder [ʂ] ausgesprochen (NT 440).
Subskript `Schreibung
Wenn ` subskribiert wird, erscheint es graphisch als kleines, aber vollständiges ` unter dem Basisbuchstaben. Die rechte vertikale Linie wird nicht von oben bis unten durchgezogen, sondern die Buchstaben werden getrennt untereinander geschrieben.
` kann an sechs Grundbuchstaben subskribiert werden:
Å- Ç- É- Ö- Ü- Ñ-
Subskripte
4.1.4
4.1.5
1. In der Umgangssprache wird <sr> in einigen Wörtern als hochtoniges [dɹ] ausgesprochen. Diese Aussprache ist im Goldstein-Wörter-buch angegeben. Siehe zum Beispiel sran ma »Erbse« (G1138).
30Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Aussprache
Å-, Ç-, É-, Ö- und Ü- werden alle wie ein hochtoniges `- ausgesprochen.
Ñ- ist der einzige Sonderfall. Es wird als tieftoniges, deutlich stimmhaftes, »weiches« [dà] ausgesprochen, und bedeutet »Mond«. Gewöhnlich kommt es mit dem Nominal-suffix T- vor: Ñ-T-. Das Nominalsuffix wird aufgrund einer Ausspracheregel, die wir auf Seite 56 kennen lernen, [wa] ausgesprochen: [dàwa]. Der Anlaut von Ñ- ist etwas nasal, was aber nur deutlich zu hören ist, wenn Ñ- als zweite Silbe vorkommt. In einigen zu-sammengesetzten Ausdrücken bedeutet Ñ- auch so etwas wie »Partner«.
ˇ‡-Ñ- [kúnda] Ehegatte
Für Hörbeispiele zu Ñ-T- und ˇ‡-Ñ- siehe www.learntibetan.net/grammar/irregular.htm
Y-\“_- als zweites Subskript
Y- kommt in einigen wenigen Fällen als zweites Subskript vor. Auch in diesem Fall ist es ein rein graphisches Element und hat keinerlei Einfluss auf die Aussprache:
- [ʨʰá] Omen, Glück
Das wichtigste Wort mit dieser Ligatur ist ≈- [tɹʰà] »Ecke; Ort des Zusammenkom-mens«, das in einigen Wortverbindungen vorkommt:
≈-R- »Mönch«, ÜÈT-≈- »Schule«
Reihenfolge bei einem Substantiv und seinen ErweiterungenBei einer Phrase (zusammengehöriger Wortgruppe) aus Substantiv und Erweiterun-gen stehen die Wortarten in einer bestimmten Reihenfolge. An Vokabeln haben Sie bisher Substantive, Adjektive und Mengenangaben kennen gelernt. Dazu kommen jetzt noch die Demonstrativpronomen ]N…- »dieser/diese/dieses« und N‰- »jener/jene/jenes«. N‰- wird im Deutschen auch oft als bestimmter Artikel »der/die/das« wieder-gegeben.
Die Reihenfolge, in der diese Wortarten im Tibetischen zusammengesetzt werden, ist der Reihenfolge im Deutschen genau entgegengesetzt. Also nicht »drei gelbe Blu-men«, sondern »Blumen gelbe drei« U‰-KÈC-c‰_-RÈ-Cc“U-:
1. Substantiv + 2. Adjektiv + 3. Mengenangabe oder ]N…- / N‰-
Eine Phrase aus Substantiv und Erweiterungen nennt man »Nominalphrase«.
Lektion Vier
4.2
4.1.6
31Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Gleichsetzungsverb ^…P- (_‰N-)
^…P- bedeutet »[etwas] ist [etwas]«. …P- ist ein Verb und steht am Ende des Satzes, also
»[etwas] [etwas] ist«. Es ist inhaltsleer wie ein Gleichheitszeichen und seine einzige
Funktion ist, das erste »etwas«, das Subjekt, mit dem zweiten »etwas«, der Gleichset-
zungsergänzung, gleichzusetzen. Die Struktur zu einem Satz mit ^…P- lautet immer:
Subjekt-Gleichsetzungsergänzung-^…P-. Subjekt und Gleichsetzungsergänzung ste-
hen immer in dieser Reihenfolge. Sie stehen im Absolutiv, das heißt, sie haben keine
weitere grammatische Markierung.
T“U-R-U…-åC-R-^…P, Vasen sind unbeständig.
In der Umgangssprache wird ^…P- nur mit Bezug auf die erste Person benutzt. Bei Sät-
zen mit Bezug auf die zweite oder die dritte Person nimmt man _‰N-.
E-ÜÈT-z⁄C-^…P, Ich bin Schüler.
m‰N-_E-ÜÈT-z⁄C-_‰N, Du bist Schüler/Schülerin.
BÈE-ÜÈT-z⁄C-_‰N, Er ist Schüler. / Sie ist Schülerin.
^…P- und _‰N- als Hauptverb sagen nichts über die Zeit aus. Wenn der Kontext nicht
dagegen spricht, werden sie im Präsens übersetzt. Möchte man ausdrücken, dass
»etwas« in der Vergangenheit »etwas« war und es ist nicht vom Kontext her klar,
dass von der Vergangenheit die Rede ist, muss man ein Zeitwort benutzen. Zeitwörter
stehen im Allgemeinen am Anfang des Satzes.
¢ÈP-U-BÈE-ÜÈT-z⁄C-_‰N, Früher war er Schüler. / Früher war sie Schülerin.
N-BÈE-NC‰-àP-_‰N, Jetzt ist er Lehrer. / Jetzt ist sie Lehrerin.
_‰N- kommt in der Schriftsprache sehr selten vor und ist, wenn es doch vorkommt, als
umgangssprachlicher Einfluss anzusehen. In der Umgangssprache sind ^…P- und _‰N-
wichtige Hilfsverben.
Subskripte
4.3
32Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übungen zu Lektion 4Kreisen Sie ein, welche Buchstaben als Subskripte dienen können.
@- ka B- kha C- ga E- nga
F- ca G- cha H- ja I- nya
K- ta M- tha N- da P- na
R- pa S- pha T- ba U- ma
V- tsa W- tsha X- dza Y- wa
Z- zha \- za ]- 'a ^- ya
_- ra `- la a- sha c- sa
d- ha e- a
Übersicht der möglichen Kombinationen mit PräskriptenSchreiben Sie zu den Ligaturen die jeweilige Aussprache.
Mögliche Kombinationen mit Präskript C
CF CI CK CN CP CV CZ C\ C^ Ca Cc
Mögliche Kombinationen mit Präskript N
N@ Nl Ns NC Nn Nu NE NR No Ny NT Nq N
NU Nr
Mögliche Kombinationen mit Präskript T
T@ Tl Ts TÅ Tá Tì Tˇ T´ T∞ TC Tn Tu Tà
Tî T° T¨ T± Tâ T¢ TF Tä Tã T£ TK Tå Tõ
T§ TN Tç Tú T• Té T¶ TV T˛ T™ Tí TZ T\
TÑ TÖ Ta Tc T~ TÜ
Lektion Vier
33Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Mögliche Kombinationen mit Präskript U
UB Um Um UC Un Uu UE UG UH UI UM UN UP
UW UX
Mögliche Kombinationen mit Präskript ]
]B ]m ]t ]C ]n ]u ]G ]H ]M ]N ]x ]S ]p
]z ]T ]q ] ]W ]X
Übung zur Nominalphrase: Übersetzen Sie!einige weiße Lotosblumen leckerer Tee
viel leckerer Tschang wenig Milch
viel gutes Holz alle Tibeter
alle Blumen einige große Häuser
Übung zum Gleichsetzungsverb: Übersetzen Sie!
Er ist Thangka-Maler. Sie ist Nonne.
Alle sind Tibeter. Milch ist weiß.
Fünf Blumen sind blau. Butter ist gelb.
Vokabeln
Subskripte
£…E-ä‰-RÈ- schön
N‰- der/die/das; jener/jene/jenes
]N…- dieser/diese/dieses
NR‰- Beispiel; auch kurz für NR‰-G- Buch
q- Vogel
m…- Hund
m‰N-_E- du/Sie
≈-R- Mönch
NC‰-àP- Lehrer
NE“`- Silber, Geld
34Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
NqEc- Wohlklang, Klangkraft
Nq_-@- Sommer
Nq…Ec- Bereich, Sphäre
¥„`- Schlange
Ø„-Dÿ- Stift
»- Gras
Ω- Salz
UXÍN- 1. Speicher; 2. Schatz(-kammer)
C^c- rechte Seite
C^c-c“- rechts, nach rechts
Lektion Vier
C^ÈP- linke Seite
C^ÈP-`- links
¿- Horn
ÜÈT-≈- Schule
ÜÈT-z⁄C- Schüler/in, Student/in
ÜÈT-U- (spirituelle/r) Schüler, Schülerin
Cc‰_- Gold
ü-…c-R- Thangka-Maler
e-P‰- Nonne; Tante väterlicherseits
Vokabeln: Zahlen von sechs bis zehn
x⁄C- sechs
TOÿP- sieben
TîN- acht
NDÿ- neun
TF“- zehn
35Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
5. Sanskrit-UmschriftZweites Postskript | Präskripte und Superskripte in der zweiten Silbe eines Wortes |Sanskrit in tibetischer Schrift | Verkürzte Schreibungen | Anordnung im Wörter-buch | Zeichensetzung
Zweites Postskript
An die Postskripte C, E, T und U kann als zweites Postskript ein c treten. In der Aus-
sprache macht es sich kaum bemerkbar, nur der Vokal wird etwas gelängt: `Cc- [làː]
Wichtig ist es jetzt, die Regeln zur Erkennung der Basisbuchstaben von Seite 17 rich-
tig anzuwenden. Grundsätzlich gilt: Nur der Basisbuchstabe hat Vokalzeichen, Super-
oder Subskripte.
IÈP-UÈEc- Befleckungen (des Geistes), (Geistes)plagen; skt. kle²a
_…Cc- Art, Gruppe, Buddhapotential; skt. gotra
Bei drei Buchstaben ist gewöhnlich der mittlere Buchstabe der Basisbuchstabe, es sei
denn, am Ende steht ein c. Dann ist meistens der erste Buchstabe der Basisbuchstabe,
der zweite Buchstabe ist das Postskript und der dritte Buchstabe ist das zweite Post-
skript.
CEc- Schnee (lit.) ôCc- Eisen, Metall
MUc-FN- alle \Ec- Kupfer
Bei Silben mit vier Zeichen muss das zweite der Basisbuchstabe sein.
]SCc-R- hervorragend, edel; skt. Àrya
Einige wenige Wörter sind Ausnahmen von diesen Regeln und müssen gelernt werden.
CPc- Ort, Platz
]Nc-R- vorübergegangen, jenseits gegangen (von)
In frühesten Texten (vor der Schreibreform im 9. Jh.) kam auch N als zweites Postskript
vor, genannt N-xC-. Es konnte nur nach den Postskripten P, _ und ` vorkommen und
5.1
36Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
in Texten, die der alten Orthographie folgen, kann es uns noch begegnen. Es ändert weder Aussprache noch Bedeutung der Wörter.
Wichtig ist das N-xC- in Zusammenhang mit der Perfekt- und der Imperativstammform der Verben (siehe Lektion 17). Ein ehemals vorhandenes, heute nicht mehr sichtbares N-xC- bestimmt auch heute noch die Form der grammatischen Partikeln, die direkt auf einen Verbstamm folgen. In der Partikelübersicht im Anhang sind die Formen der jeweiligen Partikeln nach einem ausgefallenen N-xC- in der letzten Spalte aufgeführt.
Präskripte und Superskripte in der zweiten Silbe eines WortesZweisilbige Wörter werden in der Aussprache oft so zusammengezogen, dass die Prä-skripte oder Superskripte mitgesprochen werden oder eine Nasalisierung bewirken. Einige häufig vorkommenden Ausdrücke sind hier aufgeführt. Die genauen Regeln zur Aussprache von zweisilbigen Wörtern sind beschrieben in NT, Seiten 397-399.
Nl…`-]BÈ_- [kʲíŋkɔɹ] MaÐÝala
´Tc-]uÈ- [kʲámdɹo] Zuflucht
UB]-]uÈ-U- [kʰándɹoma] Himmelsläuferin; skt. ÝÀkinÅ
NC‰-]OÿP- [gɛndn] (spirituelle) Gemeinde; skt. saýgha1
çÈ-ä‰- [dɔɹʤɛ] Donnerkeilzepter; skt. vajra
Sanskrit in tibetischer Schrift
Allgemeine Bemerkung
Die Sprache Sanskrit wurde in vielen verschiedenen Schriften geschrieben, zum Bei-spiel in DevanÀgarÅ, der Schrift, die Sanskrit-Studenten an der Universität Hamburg zuerst lernen müssen. Oder in Lantsa, einer in Nepal und Tibet viel verwendeten Schmuckschrift.
1.Beachten Sie, dass die Wörter im Sanskrit wie im Deutschen unterteilt sind in maskulin, feminin und neutrum. »Saýgha« ist maskulin und muss, wenn man das Geschlecht in der Ausgangssprache berücksichtigen möchte, als »der Saýgha« übersetzt werden.
Lektion Fünf
5.2
5.3
5.3.1
37Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Sanskrit enthält einige Laute, die in der tibetischen Sprache nicht vorkommen, und entsprechend gibt es keine graphischen Zeichen dafür, bzw. sie wurden speziell ent-wickelt, um Sanskrit wiedergeben zu können.
Sanskritsprache in tibetischen Schriftzeichen kann uns insbesondere bei Mantras oder Überschriften von Texten begegnen, die ursprünglich in Sanskrit verfasst waren und ins Tibetische übersetzt worden sind bzw. die den Stil indischer Texte nachempfin-den.
Die Grundbuchstaben des DevanÁgarÆ-Alphabets und seine Entsprechun-gen in der tibetischen Schrift
क ka
@- ka
ख kha
B- kha
ग ga
C- ga
घ gha@- gha
ङ ýa
E- nga
च ca
V- tsa
छ cha
W- tsha
ज ja
X- dza
झ jha1- dzhaञ ña
I- nya
ट ¥a
f- ¥a
ठ ¥ha
˘- ¥ha
ड Ýa
h- Ýa
ढ Ýha
é- Ýha
ण Ða
j- Ða
त ta
K- ta
थ tha
M- tha
द da
N- da
ध dha- dhaन na
P- na
प pa
R- pa
फ pha
S- pha
ब ba
T- ba
भ bhaÆ- bhaम ma
U- ma
य ya
^- ya
र ra
_- ra
ल la
`- la
व va
T- / Y- ba/wa
श sha
a- sha
ष ¼a
˙- ¼a
स sa
c- sa
ह ha
d- ha
Um Buchstaben wiederzugeben, die es im Sanskrit gibt aber ursprünglich nicht im Tibetischen, wurden dem tibetischen Alphabet neue Zeichen hinzugefügt: die aspi-rierten Stimmhaften (4. Spalte) und die Retroflexen (3. Zeile und ¼a).
Sanskrit-Umschrift
5.3.2
38Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Beachten Sie besonders die zweite Zeile: Wenn wir Sanskrit-Wörter in tibetischer Umschrift lesen, müssen die Zeichen V-, W-, X- und 1- als [ʨa], [ʨʰa], [ʤa] und [ʤʰa] ausgesprochen werden. Aus dieser Unregelmäßigkeit kann man schließen, dass die Tibeter in der Zeit, als das tibetische Alphabet entstanden ist, Sanskrit mit ebendieser Aussprache kennengelernt haben müssen.
Der DevanÀgarÅ-Buchstabe »v« wird tibetisch mit Y- oder T- wiedergegeben. Zwar gibt es im Tibetischen einige wenige Wörter mit dem bilabialen Frikativ [w], sie sind aber sehr selten. Bilabiale und labiodentale Frikative, vereinfacht gesagt »w« oder »f«-Lau-te, sind im Tibetischen also fast unbekannt und tatsächlich kann es Tibetern schwer-fallen, sie beim Hören von den plosiven Bilabialen [p] und [b] zu unterscheiden. Bei Fremdwörtern mit bilabialen oder labiodentalen Frikativen wird in der tibetischen Schreibung deshalb häufig auf S- oder T- ausgewichen. Das ist auch so im modernen Tibetisch: englisch »France« wird zu tibetisch S-_P-c…-, »coffee« wird zu BÈ-S…-.
F-, G-, H-, Z- und \- werden für die Sanskritumschrift nicht benutzt.
Die Tonhöhe spielt im Sanskrit keine Rolle.
Vokale
Vokale werden wie im normalen tibetischen Alphabet als Vokalzeichen über oder un-ter einem Konsonanten (hier als Beispiel e-) dargestellt.
e…- i e—- u e‰- e eÈ- o Wenn kein Konsonantenzeichen vorhanden ist, wird wie im normalen tibetischen Alphabet von einem inhärenten [a] ausgegangen.
e- a
Lange Vokale werden mit Hilfe eines kleinen angehängten ] dargestellt. Man spricht dann von ]-G”E-.
eÓ- À eÓ…- Å eÓ-‡ Ê
Für ai, au, Ï , ¿ und Õ mussten extra Zeichen geschaffen werden.
eË- ai eÌ- au _œ- Ï _Óœ- ¿ `œ- Õ
Lektion Fünf
5.3.3
39Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
SonderzeichenAnusvÀra (»Nachklang«): ¾ Visarga (»Aushauch«): ã
<- o¾ >- hʾ (Die Tibeter sprechen diese Silbe [huːŋ].) =- Àã
Ausspracheregeln bei der Umschrift von Sanskrit ins Tibetische
Konsonanten in Folge werden untereinander geschrieben. Das heißt, jedes Türmchen wird systematisch von oben nach unten gelesen und dann wird der Vokal eingefügt. Gibt es kein Vokalzeichen, wird ein a-Vokal eingefügt. Die Türmchen entsprechen nicht den Silben eines Wortes. Ein VirÀma, ein kleiner Strich nach unten am letzten Buchstaben des Wortes, zeigt, dass in dieser Silbe kein Vokal eingefügt werden muss, also dass das Wort mit einem Konsonanten endet.
Beispiele T“ t- buddha @ê- karma R+- padma
Beachten Sie die Verwechslungsgefahr von E- und O-. Das Sanskritwort padma »Lotos« ist in das Tibetische eingegangen. Es wird tibetisch RN-U-geschrieben und dann ent-sprechend [pɛma] ausgesprochen.
»Extended Wylie Transliteration Scheme«
Für Sonderfälle der tibetischen Schrift wurde eine erweiterte Wylie-Umschrift ent-wickelt: »Extended Wylie Transliteration Scheme«. Sie ist vor allem wichtig, um sel-tene tibetische Satzzeichen und Sanskrit in tibetischer Schrift einfach und eindeutig in lateinische Buchstaben transliterieren zu können. Das erleichtert zum Beispiel die Eingabe von tibetischen Texten in den Computer. Entweder benutzt man diese Um-schrift oder man stellt die Sanskrit-Wörter mit Hilfe der üblichen Sanskrit-Umschrift dar. Dann hat man zwei Umschrift-Systeme in einem Text und braucht Sonderzeichen. Beide Möglichkeiten sind zur Zeit üblich. Man merke sich an dieser Stelle folgende Re-gel des »Extended Wylie Transliteration Scheme«: Lange Vokale, Retroflexe, AnusvÀra und Visarga werden mit Großbuchstaben wiedergegeben.
eÓ- A (À) eÓ…- I (Å) eÓ-‡ U (Ê) g T (¥) ˘ Th (¥h)
˙ Sh (¼) usw. 'oder & M (¾) : H (ã)
Für weitere Fälle konsultiere man die Internetseite des THDL zum »Extended Wylie Transliteration Scheme« (siehe Seite 7).
Sanskrit-Umschrift
5.3.4
5.3.5
5.3.6
40Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Verkürzte SchreibungenUm Platz auf dem in Tibet so kostbaren Papier zu sparen, haben sich einige gängige Abkürzungen entwickelt. Sie werden insbesondere in Handschriften benutzt.
åÈCc- Y åÈf- realisieren, verstehen
N@ÈP-UGÈC-Cc“U- Y N@ÌCc'“- die drei »Seltenen und Kostbaren«, die drei Juwelen
TF“-CI…c- Y TF“…c- zwölf
Es gibt Hunderte solcher Zusammenziehungen. Eine ausführliche Auflistung finden Sie in
»L'Écriture Cursive Tibétaine« von Jaques Bacot in Journal Asiatique, Februar-März 1912.
Bod yig 'bri tshul mthong ba kun smon von dPa'-ris Sangs-rgyas, Seite 111 f., Lhasa 1997.
Anordnung im WörterbuchDie Wörter sind in den Wörterbüchern unter Berücksichtigung der folgenden Grund-regeln angeordnet:
Basisbuchstaben in alphabetischer Reihenfolge
Vokale in der Reihenfolge a, i, u, e, o.
Weiterordnung innerhalb der einzelnen Basisbuchstaben jeweils in alphabetischer Reihenfolge:
(a) Basisbuchstabe + Postskript ( + zweites Postskript)
(b) Basisbuchstabe + Subskript ( + Postskript/e)
(c) Basisbuchstabe + Präskript ( + Postskript/e) ( + Subskript)
(d) Basisbuchstabe + Superskript ( + Postskript/e) ( + Subskript)
(Prä- und Superskripte bilden eine alphabetische Reihenfolge.)
(e) Basisbuchstabe + Prä- und Superskript ( + Postskript/e) ( + Subskript)
Die Anordnung ist am einfachsten an einem Beispiel zu verstehen und deshalb ist hier die Anordnung der Wörter mit dem Grundbuchstaben @ entsprechend dem Wörter-buch Dag yig gsar bsgrigs (DYSG) wiedergegeben.
Lektion Fünf
5.4
5.5
41Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
(a) @@-
@C-
@E-
@P-
@T-
@_-
@…-
@…P-
Aÿ-
AÿC-
AÿP-
AÿU-
@Â- (@‰]—-)@‰C-
@‰E-
@‰U-
@‰_-
@È-
@ÈC-
@ÈE-
@È_-
@È`-
@Èc-
(b) ∂∂-
ll-
lC-
lE-
lU-
l_-
l`-
l…-
l…C-
l…E-
l…P-
l…c-
lŸ-
lŸC-
lŸE-
lŸ_-
l‰-
lÈ-
lÈC-
lÈE-
lÈ_-
s-sE-
sN-
sT-
s…-
s…C-
s…P-
s⁄-
s⁄]“-
s⁄E-
s⁄Uc-
s‰-
sÈC-
sÈE-
ÅÅ-
ÅC-
ÅN-
ÅP-
ÅU-
Å`-
Åc-
Ň-
ŇE-
ŇT-
ŇTc-
ÅÈ-
ÅÈC-
ÅÈCc-
ÅÈE-
ÅÈN-
(c) N@N@C-
N@P-
N@]-
N@_-
NAÿ-
N@ÈP-
N@È_-
NlNl_-
Nl…`-
NlŸ-
NlŸc-
Nl‰`-
NlÈC-
NlÈCc-
NsNsT-
Ns…-
Ns…C-
Ns…Cc-
Ns…c-
Ns⁄C-
Ns⁄Cc-
Ns⁄U-
Ns⁄Uc-
Ns‰-
NsÈC-
NsÈCc-
NsÈ`-
T@T@C-
T@E-
T@N-
T@P-
T@T-
T@]-
T@_-
T@`-
T@c-
TAÿ-
TAÿC-
TAÿUc-
TAÿ_-
TAÿc-
T@ÈC-
Sanskrit-Umschrift
42Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
T@ÈE-
T@ÈN-
T@È`-
TlTlCc-
Tl`-
Tl…C-
Tl…Cc-
Tl‰-
Tl‰N-
Tl‰c-
TlÈP-
TsTs-
TsC-
TsT-
TsTc-
TsU-
Ts`-
Ts…-
Ts…c-
Ts⁄-
Ts⁄Uc-
Ts⁄c-
Ts‰P-
Ts‰c-
TsÈEc-
TsÈ`-
TÅTÅC-
TÅCc-
TÅT-
TÅTc-
(d) áá-
áE-
áP-
áU-
áfl-
áflP-
áflT-
áflc-
á‰-
á‰N-
áÈ-
áÈE-
áÈP-
áÈU-
áÈUc-
áÈc-
ìì-
ìC-
ìE-
ìP-
ì`-
ì‰P-
ìÈE-
ìÈEc-
ìÈ`-
ññC-
ñ‡C-
ñ‡Cc-
ñÈC-
ˇˇC-
ˇE-
ˇN-
ˇP-
ˇTc-
ˇU-
ˇUc-
ˇ_-
ˇ`-
ˇc-
ˇ‡-
ˇ‡C-
ˇ‡Cc-
ˇ‡E-
ˇ‡Ec-
ˇ‡N-
ˇ‡U-
ˇ‡Uc-
ˇ‡_-
ˇ‡`-
ˇ‡c-
ˇ‰-
ˇ‰C-
ˇ‰Cc-
ˇ‰N-
ˇ‰U-
ˇÈ-
ˇÈCc-
ˇÈE-
ˇÈEc-
ˇÈP-
ˇÈT-
ˇÈTc-
ˇÈU-
ˇÈUc-
ˇÈ_-
ˇÈ`-
ˇÈc-
´´-
´C-
ˇE-
´Tc-
´_-
´c-
´…-
´…C-
´…Cc-
´…E-
´…N-
´…P-
´…Tc-
´…`-
´…c-
´„-
´„C-
´„Cc-
´„E-
´„Ec-
´„N-
´„_-
´„c-
´‰-
´‰C-
´‰Cc-
´‰Ec-
´‰N-
´‰P-
´‰Uc-
Lektion Fünf
43Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
´‰_-
´‰`-
´‰c-
´È-
´ÈC-
´ÈCc-
´ÈE-
´ÈEc-
´ÈN-
´ÈP-
´ÈT-
´ÈTc-
´ÈU-
´ÈUc-
´È_-
´È`-
´Èc-
∞∞-
∞C-
∞E-
∞Ec-
∞P-
∞T-
∞„-
∞„P-
∞„c-
∞ÈC-
∞ÈCc-
∞ÈN-
∞ÈP-
(e) TáTáU-
TáUc-
Táfl-
Táflc-
TáÈ-
TáÈc-
TìTìE-
TìEc-
TˇTˇ-
TˇE-
TˇEc-
TˇU-
TˇUc-
Tˇ`-
Tˇ‡-
Tˇ‡C-
Tˇ‡Cc-
Tˇ‡E-
Tˇ‡Ec-
Tˇ‡U-
Tˇ‡Uc-
Tˇ‡_-
Tˇ‡`-
Tˇ‡c-
TˇÈ-
TˇÈP-
TˇÈ_-
TˇÈ`-
TˇÈc-
T´T´-
T´E-
T´Ec-
T´T-
T´Tc-
T´U-
T´Uc-
T´_-
T´`-
T´c-
T´…-
T´…`-
T´…c-
T´„C-
T´„Cc-
T´„E-
T´„Ec-
T´„N-
T´„_-
T´‰N-
T´ÈC-
T´ÈCc-
T´ÈN-
T´ÈP-
T´ÈU-
T´ÈUc-
T´È_-
T∞T∞N-
T∞„-
T∞„P-
T∞„c-
T∞ÈC-
T∞ÈCc-
Sanskrit-Umschrift
44Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Zeichensetzung
Wortgrenzen werden im Tibetischen nicht kenntlich gemacht.
Zeichen tibetisch markiert
- WÂC- Silbenabschluss
, aN- Abschluss von längeren Satzteilen oder von Sätzen
Sprechpausen, z. B. nach NE- »und« oder nach einer Apposition.
,, I…c-aN- Abschluss von Sätzen, Absätzen oder Verszeilen
,, ,, TZ…-aN- Abschluss größerer Abschnitte
? ¥„`-aN- Variante des aN-, Beginn oder Abschluss größerer Abschnitte
. _…P-G‰P-߇Ec-aN- Variante des aN- nach der 1. Silbe in einer Zeile1
; CK‰_-WÂC- Variante des aN- in der gTer ma-Literatur2
" NT“-m‹N- am Anfang der Vorderseite eines Folios
Der WÂC- muss hinter jeder Silbe stehen, es sein denn, es folgt ein aN- bzw. ein I…c-aN-. Nach dem Postskript E bleibt der WÂC- erhalten: NE-, »und«
Der Gebrauch des aN- ist nicht streng festgelegt. Er wird gesetzt, wenn ein Satzteil
als selbstständige Einheit empfunden wird. Für uns irritierend ist, das in einer zusam-
menhängenden Aufzählung mit NE- »und« häufig nach NE- ein aN- gesetzt wird (siehe
Seiten 90, 91).
Nach C fällt der aN- aus und es steht eine kleine Lücke.
C\…C NÈU, Y-UÈ-cÈCc-^ÈN, Es gibt Leoparden, Bären, Füchse usw.
1. Siehe zum Beispiel Seite 202.2. Zu gter ma- oder »Schatz«-Texten siehe: Tulku Thondup. Die verborgenen Schätze Tibets. Eine Erklärung der Termatradition der Nying-maschule des Buddhismus. Theseus, 1994. oder Janet Gyatso. »Drawn from Tibetan Treasury. The gTer ma Literature.« in Cabezón und Jackson. Tibetan Literature. Studies in Genre. Snow Lion, 1996.
Lektion Fünf
5.6
45Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Transliteration von Satzzeichen
Zur Transliteration von Satzzeichen merke man sich an dieser Stelle nur die beiden
wichtigsten Fälle:
- WÂC- Leerzeichen , aN- Punkt oder Schrägstrich »/«
Für weitere Fälle konsultiere man die Internetseite des THDL zum »Extended Wylie
Transliteration Scheme« (siehe Seite 7).
Übungen zur Lektion 5
Ausspracheübung
Beschreiben Sie den Aufbau und die Aussprache der folgenden Silben.
]HU-NR`-NqEc- Mañju²rÅgho¼a
]HU- sanft; skt. mañju
Aufbau:
Aussprache:
NR`- glorreich; skt. ²rÅ
Aufbau:
Aussprache:
NqEc- Wohlklang, Klangkraft; skt. gho¼a
Aufbau:
Aussprache:
Sanskrit-Umschrift
46Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
e-P‰-GÈc-Nq…Ec- Ani Chöying
e-P‰- Nonne Aufbau: Aussprache:
GÈc- Lehre, Weltgesetz, Phänomen; skt. dharma Aufbau: Aussprache:
Nq…Ec- Bereich, Sphäre; skt. dhÀtu Aufbau: Aussprache:
Ani Chöying hat eine Internetseite: www.choying.de
Leseübung
Wir lesen Beispiele zur Sanskritumschrift ins Tibetische aus Pentaglot Dictionary of Bud-
dhist Terms von Raghu Vira, New Delhi 1961.1
Suchen Sie die Signatur der folgenden Wörterbücher heraus und beant-worten Sie die Fragen dazu.
Diese Übung wurde für den Unterricht an der Universität Hamburg konzipiert. Sie ist nur geeignet, wenn Sie eine Bibliothek mit entsprechenden Beständen in Ihrer Nähe haben. Recherchieren Sie sonst, was Sie im Internet an Informationen zu den Wörter-büchern finden.
In diesem Lehrbuch sind die Vokabeln bis einschließlich Lektion Dreizehn im Glossar angegeben, danach müssen Wörterbücher konsultiert werden. Ich empfehle zur An-schaffung das New Tibetan-English Dictionary of Modern Tibetan von Melvyn Goldstein kombiniert mit dem elektronischen Wörterbuch The Illuminator – Tibetan-English Encyclopaedic Dictionary von Tony Duff. Das Handwörterbuch Tibetisch von H. A. Jäsch-ke ist nach wie vor die sorgfältigste philologische Arbeit und für eine tiefergehende Beschäftigung mit der Sprache eine Fundgrube an Informationen.
Im Internet finden Sie eine Besprechung der Wörterbücher unter:
»Tibetische Wörterbücher – Segen und Fluch zugleich« von Jan-Ulrich Sobisch
1. Eine Auflösung der Lesungen finden Sie in: Alexander Csoma de Körös. »Sanskrit-Tibetan-English Vocabulary« in Memoirs of the Asiatic Society of Bengal. Vol. IV, No. 1, S. 1-127.
Lektion Fünf
47Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Goldstein, Melvyn. The New Tibetan-English Dictionary of Modern Tibetan
Auf welcher Seite befindet sich das Abkürzungsverzeichnis?
Goldstein, Melvyn. English-Tibetan Dictionary of Modern Tibetan
Was findet man auf der folgenden Internet-Seite?
www.case.edu/affil/tibet/addendum_new.pdf
Jäschke, H. A. Handwörterbuch Tibetisch
Von wann ist diese Ausgabe?
Jäschke, H. A. A Tibetan English Dictionary
Von wann ist diese Ausgabe?
Das, Sarat Chandra. Tibetan English-Dictionary
Von wann ist diese Ausgabe?
Tsepak Rigzin. Tibetan-English Dictionary of Buddhist Terminology
Was steht unter dem Eintrag »e-«?
Tshig mdzod chen mo.
Wo ist das Tshig mdzod chen mo erschienen?
Was gibt es darin für Appendices?
Das Goldstein-Wörterbuch als Hilfsmittel für die Aussprache
Suchen Sie die Bedeutung der folgenden Wörter in Goldsteins New Tibetan-English Dic-
tionary. Wie wird dort die Aussprache beschrieben?
Ein nichtaspirierter Verschlusslaut klingt ähnlich einem »hart« ausgesprochenem stimmhaften Laut. Die Ähnlichkeit ist so groß, dass Melvyn Goldstein in seinem New
Tibetan-English Dictionary als Lautumschrift »g« schreibt für nicht aspiriertes k und g, »d« für nichtaspiriertes t und d und »b« für nichtaspiriertes p und b.
ˇ‡-UOÿP- î-UWÍ- OÿN-]uÈ-
ˇ‡-]T“U- î`-˛‰- NRÂ-UXÍN-BE-
NC]-úP- N-õ-
Sanskrit-Umschrift
48Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Leseübung
N@ÈP-UGÈC-Cc“U- »die drei Seltenen und Kostbaren«; die drei Juwelen
Nl…`-]BÈ_- MaÐÝala
CEc- Schnee (Schriftsprache)
NC‰-]OÿP- (spirituelle) Gemeinde; skt. saýgha
TF“-CI…c- zwölf
IÈP-UÈEc- Befleckungen (des Geistes), (Geistes)plagen; skt. kle²a
åÈCc-R- realisieren, erkennen
MUc-FN- alle
]Nc-R- vorübergegangen, jenseits gegangen (von)
CPc- Ort, Platz
]SCc-R- hervorragend, edel; skt. Àrya
cEc-îc- Buddha
Lektion Fünf
49Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
6. WortbildungThemen der tibetischen Grammatik | Das Wort im Tibetischen | Bildung von Sub-stantiven und Adjektiven mit dem Nominalsuffix | Verbstamm plus Nominalsuffix pa oder ba | Zusammensetzung zweier Wörter zu einem Wort mit neuer Bedeutung | Wortbildung durch Suffixe | Spiel mit dem Klang | Innere Ableitung | Fremdwörter und Lehnwörter | Übersetzungen aus dem Sanskrit | Höfliche Sprache | Bescheiden-heit in der Schriftsprache
Themen der tibetischen GrammatikDer Abschnitt zur Schrift ist abgeschlossen. Was kommt jetzt auf Sie zu? Hier ist ein guter Moment, um sich das Inhaltsverzeichnis einmal genau anzusehen. Sie sehen, dass sich die Themen der tibetischen Grammatik von denen der deutschen deutlich unterscheiden. Zum Beispiel wird man, wenn man ein Buch zur deutschen Grammatik aufschlägt, große Abschnitte zur Deklination und zur Konjugation finden. Beides gibt es in dieser Form im Tibetischen nicht. Stattdessen nehmen hier die Kasussuffixe und die Satzstrukturen einen großen Raum ein. In Lektion 11 wird deshalb ausführlich be-sprochen, was Kasussuffixe überhaupt sind.
In diesem Lehrbuch werden die grammatischen Themen möglichst zusammenhän-gend besprochen und sie führen uns vom Einfachen zum Komplexen:
• Das Wort: Wortbildung, Wortarten, Attribute
• Das Verb: Einteilung, Zeit und Aussageweise, Morphologie, analytische Verbformen
• Der Satz: Satzarten, Satzglieder, Kasussuffixe, Satzstrukturen
• Das Satzgefüge: Wie werden Verbalhandlungen miteinander verbunden?
• Das Werk: Autor, Titel, Aufbau, Kolophon
Aus didaktischen Gründen können die Themen nicht immer ganz entsprechend dieser Reihenfolge eingeführt werden.
Das Wort im Tibetischen
Wortarten
Die Wörter werden unterteilt in die beiden großen Gruppen der Inhaltswörter und der Funktionswörter. Inhaltswörter sind Wörter mit kontextunabhängiger lexikalischer Bedeutung: Substantive, Verben, Adjektive und Adverbien. Funktionswörter tragen vor allem grammatische Bedeutung. Sie dienen dazu, Beziehungen in Syntax und Struktur zu klären: Pronomen, Postpositionen und Konjunktionen. Bestimmte Artikel wie »der, die, das« im Deutschen gibt es im Tibetischen nicht, aber die Demonstrativ-
6.1
6.2
6.2.1
50Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
pronomen N‰- und ]N…- müssen oft als bestimmte Artikel übersetzt werden. »Postpositi-
onen« entsprechen den »Präpositionen« im Deutschen. Sie heißen »Postpositionen«,
da sie anders als im Deutschen dem Bezugswort nachgestellt werden.
Wortbildung
Substantive, Adjektive, Verben, Adverbien und Postpositionen haben einen Wort-
stamm mit lexikalischer Bedeutung, der gewöhnlich aus einer einzigen Silbe besteht.
Aus dem gleichen Wortstamm können durch Suffixe oder durch Komposition Wörter
verschiedener Art gebildet werden.
PE- das Innere, Zuhause (Substantiv)
C…-PE-`- in/im (Postposition)
PE-Oÿ- drinnen/innen/rein (Adverb)
PE-R- »der sich mit dem Inneren befasst«, Buddhist (Substantiv)
Bei der Wortbildung gibt es eine starke Tendenz zur Zweisilbigkeit und wenn zwei
Wörter zu einem neuen Wort zusammengesetzt werden, fallen die Wortbildungssuf-
fixe wieder weg, so dass der neue Ausdruck wieder zweisilbig ist.
Die Bildung von Substantiven und Adjektiven wird in dieser Lektion besprochen. Die
Bildung von Adverbien und Postpositionen wird in Lektion 14 besprochen.
Bildung von Substantiven und Adjektiven mit dem Nominalsuffix
Allgemeine Bemerkung
Wenn man die Wörter N‰T- »Buch«, ü-UÈ- »Göttin«, PE-R- »Buddhist« oder NU_-RÈ- »rot«
anschaut, sieht man, dass das Wort N‰T- ein Substantiv ist, das aus einer einzigen Silbe
besteht, während die anderen noch ein Suffix haben.
Beispiele für Substantive ohne Suffix
m…U- Haus GÈc- Dharma I- Fisch å- Pferd
çÈ- Stein U…- Mensch ^“`- Ort; Objekt _…- Berg
Lektion Sechs
6.3
6.2.2
6.3.1
51Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Wörter mit Nominalsuffix
ü-UÈ-, PE-R- und NU_-RÈ- haben zweite Silben, die sich alle sehr ähnlich sind. In allen Bei-spielen sind diese zweiten Silben Nominalsuffixe. Sie werden an einen Begriff oder Wortstamm angehängt und das daraus entstandene Wort bezeichnet dann einen ab-strakten Begriff, eine Person oder ein Adjektiv, das mit der Bedeutung des ursprüngli-chen Wortes in irgendeiner Verbindung steht.
Die wichtigsten Nominalsuffixe sind R-, RÈ-, U-, UÈ-, @- und @È-.
Im Folgenden betrachten wir einige Substantive und Adjektive, die auf R-, RÈ-, U-,UÈ-, @- oder @ÈÈ- enden, und untersuchen den Zusammenhang zwischen Grundbedeutung und dem neugebildeten Nomen. Dieser Überblick soll grundsätzliche Prinzipien des Nominalsuffixes aufzeigen. Es ist nicht nötig, die Einteilung auswendigzulernen. Es geht nur darum, die Wörter besser zu verstehen, wenn sie uns begegnen.
Substantive mit R-Mit R- werden häufig Substantive gebildet.
TÈN- + R- Y TÈN-R-
Tibet + jemand aus ... Y Tibeter
Viele tibetische Persönlichkeiten sind bekannt unter dem Namen »jemand aus ...«, zum Beispiel VÍE-B-R- Y der Mann aus Tsong-kha1.
NC‰-`“Cc- + R-
Y NC‰-`“Cc-R-
Art und Weise der Tugend + jemand der zu den ... gehört
Y Angehöriger der Gelug-Schule
_c- + R-
Y _c-R-
Baumwolltuch + jemand, der ... trägt Y der Baumwolltuchgekleidete
Ein ras pa ist ein Yogi, der nur mit einem Baumwolltuch gekleidet ist. Der bekannteste unter ihnen
ist sicherlich der »Baumwolltuchgekleidete [aus der Familie] Mila«, Milarepa (mi-la ras-pa).
°ÈU- + R- Y °ÈU-R-meditier- + Infinitiv, abstrakter Begriff Y meditieren, Meditation
(Verbstamm)
Wortbildung
1. Tsongkhapa (1357-1419) gilt als Begründer der Gelug-Schule des tibetischen Buddhismus.
6.3.2
6.3.3
52Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Zahlen mit R-Das folgende Prinzip muss man sich merken und aktiv anwenden können:
Grundzahl + R- Y Ordinalzahl
TZ…- + R- Y TZ…-R-vier + Ordinalzahl von ... Y der/die/das vierte
Eine Ordinalzahl, oder deutsch »Ordnungszahl«, bezeichnet einen bestimmten Platz
in einer Zahlenreihe. Sie antwortet auf die Frage »der/die/das wievielte ...?«. Das Prin-
zip der Bildung von Ordinalzahlen gilt für alle Zahlen, allerdings mit einer Ausnahme:
»der/die/das erste ...« heißt »NE-RÈ-«.
Substantive mit RÈ-Auch mit RÈ- können Personenbezeichnungen gebildet werden:
TÈP- + RÈ- Y TÈP-RÈ-Bön + jemand, der zu den ... gehört Y Anhänger der Bön-Schule
Man sieht, dass in diesem Beispiel das Nominalsuffix RÈ- steht, während »Anhänger der
Gelug Schule« mit R- gebildet wird. Letztendlich muss man die abgeleiteten Wörter
also doch wie Vokabeln lernen, aber es wird einem sehr viel leichter fallen, wenn man
ihre Bildung versteht.
Im folgenden Beispiel ist erst mit R- ein abstrakter Begriff aus einem Verbstamm gebil-
det worden, und mit der weiteren Hinzufügung von RÈ- eine Person:
1. q‰N- + R- Y q‰N-R-tu-/mach- + Infinitiv, abstrakter Begriff Y tun/machen; das Tun/Machen
(Verbstamm)
2. q‰N-R- + RÈ- Y q‰N-R-RÈ-
tun/machen, das Tun/Machen + jemand, der ... betreibt Y
der/die Handelnde
RÈ- wird auch häufig benutzt, wenn deutlich ausgedrückt werden soll, das etwas männ-
lichen Geschlechts ist:
Lektion Sechs
6.3.4
6.3.5
53Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
_- + RÈ- Y _-RÈ-Ziege (geschlechtsneutral) + männliche ... Y Ziegenbock
Adjektive mit RÈ-Die wichtigste Funktion von RÈ- ist, aus dem Verbstamm von Zustandsverben Adjektive
zu bilden:
N@_- + RÈ- Y N@_-RÈ-weiß sein + Adjektiv zu ... Y weiß
Adjektive mit R-Eher untypisch sind Adjektive mit R- als Nominalsuffix wie zum Beispiel in Cc_-R- »neu« oder ã…E-R- »alt«.
Substantive und Adjektive mit UÈ-So wie RÈ- häufig benutzt wird, wenn deutlich ausgedrückt werden soll, das etwas
männlichen Geschlechts ist, wird UÈ- häufig benutzt, um die weiblichen Entsprechun-
gen zu bilden:
ü- + UÈ- Y ü-UÈ-Gottheit + weibliche ... Y Göttin; skt devÅ
_- Ziege (geschlechtsneutral) _-RÈ- Ziegenbock _-UÈ- weibliche Ziege
Wie mit RÈ- so werden auch mit UÈ- viele Adjektive gebildet, besonders bei Namen und
Titeln.
uE-UÈ- kalt
UE_-UÈ- süß (im Geschmack)
ÜÈT-≈-G‰P-UÈ- höhere Schule; Universität,College
Man beachte: Bei den Adjektiven zeigen RÈ- oder UÈ- nicht das Geschlecht an. Sie sind
geschlechtsneutral!
Wortbildung
6.3.6
6.3.7
6.3.8
54Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Substantive und Adjektive mit U-Auch mit U- werden häufig weibliche Formen von männlichen oder geschlechtsneu-tralen Wörtern gebildet:
±È`- + U- Y ±È`-U-
errett- (Verbstamm) + eine, die ... Y Erretterin; skt. tÀrÀ
Im Lesestück zu Lektion 13 kommt _-U- für »(weibliche) Ziege« vor. Die Wortableitun-gen _-U- und _-UÈ- exisiteren also nebeneinander.
Achtung! Mit U- werden auch geschlechtsneutrale Begriffe gebildet:
H- + U- Y H-U-
Tee + Person, die ... Y Teekoch, Teeköchin Teekoch in einem Kloster (Jä 176)
É- + U- Y É-U-
das Obere, Höhere + Adjektiv/Substantiv Y der, die, das obere, höhere ... / Lama
TFÈc-U- künstlich
CVE-U- sauber
Abstrakte Namen, zum Beispiel Buchtitel oder Namen von Mantras und Gebeten, wer-den häufig mit U- gebildet:
^…-C‰-x⁄C- + U- Y ^…-C‰-x⁄C-U-sechs Silben + das ... enthält Y das Sechssilbige
Zum Beispiel das beliebte Mantra »O¾ maÐi padme hu¾« wird manchmal »das Sechssilbige« genannt.
ã…E-R- alt
ã…E-U- Name der Nyingma-Schule des tibetischen Buddhismus »[Die Schule, die die] alten [Texte anerkennt]«
Lektion Sechs
6.3.9
55Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
R- ohne zusätzliche Bedeutung
Es gibt auch Wörter, bei denen das R- einfach dazugehört, ohne dass eine besondere
Beziehung zwischen Wortstamm und gebildetem Wort vorhanden ist.
vollständiges Wort BE-R-, Kurzform BE- Y Haus
vollständiges Wort T“U-R-, Kurzform T“U- Y Vase
@-, B- und C- als Nominalsuffixe
@- oder B- (und selten auch C-) kommen oft als zweite Silbe eines Substantivs vor.
No…N-@- Frühling mÈ-C- Mann; Ehemann
Diese Nominalsuffixe werden besonders in umgangssprachlichen Ausdrücken be-
nutzt.
`c- Handlung, Karma `c-@- Arbeit
Manche Wörter findet man sowohl mit @- als auch mit B- oder C- geschrieben. Das
hängt damit zusammen, dass Aspiration und Ton in der zweiten Silbe keine Rolle
spielen.
ME-B- oder ME-@- tibetisches Rollbild (Tshig 1140)
Nq_-@- oder Nq_-B- Sommer (Tshig 1952)
Z…E-B- oder Z…E-C- Feld (Tshig 2388)
Nach Zahlen bilden @-, B- oder C- Kollektivbegriffe. (Siehe Seite 76)
In manchen Ausdrücken sind @- , B- oder C- Betonungssuffixe. (Siehe Seite 86)
Wortbildung
6.3.10
6.3.11
56Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Verbalnomen: Verbstamm plus Nominalsuffix R- / T-
Allgemeine Bemerkung
Ein Verbalnomen, das heißt ein Verbstamm plus R- / T-, kann je nach Kontext Infinitiv, Verbalsubstantiv oder Partizip sein.
Adjektive sind immer von Zustandsverben abgeleitet. Sie bestehen aus dem Stamm eines Zustandsverbs und einem der Nominalsuffixe R-, RÈ-, T-, TÈ-, U-, UÈ-. Ist das Nominal-suffix R- oder T-, lässt sich das Adjektiv vom Wort allein her nicht vom Verbalnomen unterscheiden.
Sandhi
»Sandhi« nennt man eine lautliche Veränderung, die durch den Einfluss des vorange-gehenden oder folgenden Lautes eintritt wie in »an apple« gegenüber »a banana«.1
Nach Verbstämmen mit Postskript E, ], _ oder ` oder ohne Postskript steht für R- und RÈ- meistens T- und TÈ- , und wird dann [wa] bzw. [wo] ausgesprochen.
]BÈ_-T- sich drehen; Daseinskreislauf, skt. sa¾sÀra
Zu dieser Regel gibt es einige Ausnahmen, z.B. §ÈE-R- »leer sein, leer«.
Diese Regel gilt auch für viele Substantive, z. B. @-T- »Säule«, `È-VÓ-T- »(tibetischer) Übersetzer«, Oÿ-T- »Rauch«, ˛-T- »Wurzel«, @È-T- »Leder«.
Begriffsklärung
Infinitiv
Der Infinitiv ist die Form, in der man ein Verb gewöhnlich nennt, die Grundform. Im Deutschen wird er mit dem Verbstamm und der Endung -en oder -n gebildet, z. B. »les-en«. Einige Tibetisch-Wörterbücher führen die Verben als Infinitive auf. Goldstein führt die Verben unter ihren Stammformen (also ohne R- oder T-) auf.
Verbalsubstantiv
Ein Verbalsubstantiv ist ein von einem Verb abgeleitetes Substantiv oder – einfach ausgedrückt – grammatisch ein Substantiv, inhaltlich eine Handlung, ein Zustand oder ein Vorgang.
Lektion Sechs
1. Der Begriff »Sandhi« (»Verbindung«) stammt aus dem Sanskrit und ist in die sprachwissenschaftliche Terminologie eingegangen. Ein Beispiel für Sandhi im Deutschen ist das Wort empfangen, das eine Zusammensetzung aus der Vorsilbe »ent-« plus dem Verb »fangen« darstellt. Ich danke Elmar Kniprath für diesen Hinweis.
6.4
6.4.1
6.4.2
6.4.3
57Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Partizip
Partizipien oder Verbaladjektive stehen, eventuell mit Erweiterungen, attributiv zu
Substantiven, »der angebundene Hund«. Im Deutschen, nicht im Tibetischen, können
Partizipattribute immer als Relativsatz aufgelöst werden, was besonders bei komple-
xeren Partizipattributen die Verständlichkeit erleichtert: »der am Pfosten neben der
Tür angebundene Hund« Y »der Hund, der am Pfosten neben der Tür angebunden
ist«.
Partizipien der Gegenwart werden im Deutschen gebildet, indem man -end an den
Verbstamm hängt: »tuend«. Im Tibetischen wird R- an den Präsensstamm des Verbs
gehängt: q‰N-R- »tuend«.
Partizipien der Vergangenheit werden im Deutschen häufig mit ge- am Anfang und -t
oder -n am Ende gebildet: »getan«. Im Tibetischen wird R- an den Perfektstamm des
Verbs gehängt: qc-R- »getan«.
m…-TKCc-R- der angebundene Hund
Beispiele
NC‰- tugendhaft/heilsam [sein] NC‰-T- Infinitiv tugendhaft/heilsam sein
Substantiv die Tugend/das Heilsame
Partizip tugendhaft/heilsam seiend
Adjektiv tugendhaft/heilsam
Bei einigen aus Zustandsverben abgeleiteten Substantiven und Adjektiven wird ein
P- Postskript eingeschoben.
à- alt [werden] à-T- altern, Alter àP-RÈ- alt
àP-R- alter Mann àP-UÈ- alte Frau
Bei der Bildung neuer Wörter durch Wortzusammensetzungen fallen die Nominalsuf-
fixe wieder weg, sodass ein neues zweisilbiges Wort entsteht.
NC‰-àP- Lehrer (tugendhaft + alt)
Wortbildung
6.4.4
58Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Die Bildungsprinzipien sind zwar recht regelmäßig, aber bei einigen Verben gibt es
auch hier Konventionen in der Verwendung, die es nötig machen, die abgeleiteten
Formen wie Vokabeln zu lernen.
§ÈP-R- Präsensform T§P-R- Perfektform
Infinitiv lehren gelehrt haben
Verbalnomen Lehrer Lehre
Partizip lehrend gelehrt
Zusammensetzung zweier Wörter zu einem Wort mit neuer Bedeutung
Zweisilbigkeit
In der tibetischen Sprache gibt es eine starke Tendenz zu zweisilbigen Substantiven
und Adjektiven. Werden neue Wörter mit Hilfe von Zusammensetzungen aus zweisil-
bigen Wörtern gebildet, fallen bei diesen gewöhnlich die zweiten Silben aus. Oft sind
es Nominalsuffixe, die wegfallen. Das neue Wort ist wieder zweisilbig.
ˇ_-U- + ˛…c- Y ˇ_-˛…c- Stern + rechnen Y Astrologie
EÈ- + W-RÈ- Y EÈ-W- Gesicht + heiß Y Scham, Peinlichkeit
Wortzusammensetzungen unter dem Aspekt »Wortarten« betrachtet
Substantiv + Substantiv Y Substantiv NE“`-G”- Silber + Wasser
Y
Quecksilber
Substantiv + Adjektiv Y Substantiv U…-UE- Mensch + viel Y Volk
Adjektiv + Substantiv Y Substantiv OU_-UGÈO- rot + Opfer Y Blutopfer
Substantiv + Verb Y Verb ˇN-¨„_- Sprache + verändern
Y
übersetzen
Verb + Verb Y Substantiv ]NÈN-GCc- begehren + anhaften
Y
Begierde (und Anhaftung)
Lektion Sechs
6.5
6.5.1
6.5.2
59Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Wortzusammensetzungen unter dem Aspekt »Bedeutungen« betrachtet
Wörter mit ähnliche Bedeutung
a. Wörter mit ähnlicher Bedeutung werden zusammengesetzt, um der Tendenz zur
Zweisilbigkeit entgegenzukommen (zwei einsilbige zu einem zweisilbigen Wort).
`“Cc-~È`- Art und Weise + Sitte, Gewohnheit Y Tradition
b. Wörter mit ähnlicher Bedeutung werden zusammengesetzt, um die Bedeutung zu
erweitern oder zu betonen.
Diese Begriffe sind eine besondere Herausforderung an den Übersetzenden, denn
meistens lassen sie sich mit einem einzigen Wort nicht in ihrer vollen Bedeutung wie-
dergeben und beide Bedeutungen zu übersetzen macht den Ausdruck oft zu lang.
]NÈN-GCc- begehren + anhaften Y wird meist nur als »Begierde« übersetzt
c. Wörter mit ähnlicher Bedeutung werden zusammengesetzt, um bei Wörtern mit
verschiedenen Bedeutungsmöglichkeiten die hier gemeinte Bedeutung zu klären.
•‡C-R- 1. leiden; 2. hübsch
T¢`-T- erschöpft sein •‡C-T¢`- Leiden
UXÂc-RÈ- schön, hübsch, lieblich UXÂc-•‡C- Schönheit
Wörter mit verschiedener Bedeutung Y zweisilbig und mit eigenständiger neuer Bedeu-tung, die Bezug zu den Ausgangswörtern hat
a…E-å- Holz + Pferd Y Karren S-U- Vater + Mutter Y Eltern
einsilbige Wörter mit gegenteiliger Bedeutung Y zweisilbiger, abstrakter Überbegriff
^C-•‡C- gut + schlecht Y Qualität G‰-G”E- groß + klein Y Größe
UE-JfiE- viel + wenig Y Menge
Wortbildung
6.5.3
60Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Verkürzte Zusammensetzungen
Bei einigen häufiger vorkommenden Begriffspaaren gibt es verkürzte Zusammenset-zungen, das heißt aus zwei unabhängigen zweisilbigen Wörtern wird ein zweisilbiges Begriffspaar. In jedem der Ausgangswörter ist eine Silbe weggefallen.
NC‰-àP- + ÜÈT-U- Y
NC‰-ÜÈT- Lehrer und Schüler
`È-VÓ-T- + R°≥-L- Y `-ÈRj-
tibetischer Übersetzer und indischer PaÐÝita (Gelehrter)
ü-ä‰- + É-U- Y ü-É- Orakel/Arzt und Lama
Erweiterung von Adjektiven durch Einbindung von Substantiven
Adjektive können erweitert werden, indem ein Substantiv vorangestellt wird. Diese Erweiterungen sind sehr häufig. Es gibt viele gängige Ausdrücke dieser Art, aber auch spontan können neue erweiterte Adjektive gebildet werden.
• ˇN-uCc-G‰P-RÈ- Ruhm-groß Y großer Ruhm; berühmt
UBc-R-ˇN-uCc-G‰P-RÈ- berühmter Gelehrter
• ^ÈP-K‰P-G‰P-RÈ- Qualitäten-groß Y große Qualitäten; von großen Qualitäten, gut
U…-^ÈP-K‰P-G‰P-RÈ- Mensch von großen Qualitäten; guter Mensch
• Ö‡E-W-RÈ- Luft-heiß Y 1. stürmisch, 2. aufbrausend, jähzornig1
NC‰-àP-Ö‡E-W-RÈ- jähzorniger Lehrer
Einbindung von Substantiven in verbale Ausdrücke (Funktionsverbgefüge)
Auch Verben können erweitert werden, indem ein Substantiv vorangestellt wird.
ˇN-¨„_-T- Sprache + verändern Y übersetzen
CNP-]x‰P-R- Sitz + ziehen Y einladen
MC-CFÈN-R- Faden + abschneiden Y entscheiden
Für weitere Beispiele siehe PSch 88, »Funktionsverben«. Siehe auch Seite 105.
Lektion Sechs
1. Wortbildungen mit tsha po sind in der Umgangssprache ein beliebtes Mittel, um Adjektive zu bilden, die heftige, meist negativ be-wertete menschliche Eigenschaften darstellen: rang 'dzin tsha po »eigensinnig«; hur brtshon tsha po »eifrig, strebsam«; 'dod pa tsha po »gierig«. Ich danke Mathias Fermer für diesen Hinweis.
6.5.4
6.5.5
61Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Wortbildung durch Suffixe
Abstraktsuffix I…N-I…N- bedeutet »gerade, eben, bloß, nur; auch; derselbe (skt. eva); -heit, -tum (skt. -tÀ und -tva)«.
Eine wichtige Funktion von I…N- ist, abstrakte Begriffe zu bilden. Beispiele dafür finden sich vor allem bei Begriffen aus der buddhistischen Philosophie.
§ÈE-R-I…N- Leerheit; skt. sunyatÀ
N‰-TZ…P-I…N- Soheit; skt. tathatÀ
EÈ-TÈ-I…N- wahres Wesen (»Wesenheit«); skt. svabhÀva
GÈc-I…N- wahre Natur der Phänomene (»Phänomenheit«); skt. dharmatÀ
• Zusammen mit TNC- und _E- hat I…N- auch die Funktion eines Reflexivpronomens. (Siehe Seite 89)
• I…N- hat auch betonende Funktion ähnlich lE-, siehe Seite 226.
»Person«-Suffix UBP-UBP- bezeichnet eine Person, die mit etwas davor Genanntem in Zusammenhang steht.
a…E-UBP- Holzarbeiter, Zimmermann
`U-UBP- Wegkundiger
Nach Verbstämmen bezeichnet es die Personen, die die Handlung verrichten.1
^E-~…N-]WÍ`-UBP- diejenigen, die die Reinkarnation suchen
1. In der Umgangssprache wird mkhan auch zur Angabe der Zeitstufe eingesetzt (siehe FlTi Vol. IV, S. 840 und NT 250).
Wortbildung
6.6
6.6.1
6.6.2
62Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Diminutivsuffix Dÿ- T“- -]“-Mit Hilfe von angehängtem -]“- (nach Wörtern ohne Postskript) oder T“- oder Dÿ- (nach Wörtern mit Postskript) werden Verkleinerungs- oder Diminutivformen (»-lein«, »-chen«) gebildet. Bei angehängtem -]“- verändern sich a- und o-Vokale zu »i« oder »e«. Die beiden Vokale in dem Wort werden voneinander getrennt ausgesprochen, nicht als Diphthong.
Die Diminutivsuffixe sind deutlich verwandt mit dem Wort T“- »Sohn, Kind«.
q- Vogel q…]“- Vögelchen
UWÍ- See UWÂ]“- Teich
å- Pferd å‰]“- Fohlen
U…- Mensch U…]“- Zwerg
Ø„C-U- Bambus Ø„-Dÿ- Stift (»Bambusstöckchen«)
rŸ-Dÿ- Sprössling1
Spiel mit dem Klang
Drei- und Viersilbige
Durch Verdoppelung einer oder zweier Silben entstehen Ausdrücke, die dem Klangbild der tibetischen Sprache einen besonderen Charme verleihen. Sie sind beliebt in der Umgangssprache und als poetisches Sprachspiel.
CE-qŸE-UE-qŸE-alles mögliche (»Was auch immer ist aufgetaucht. Vieles ist aufgetaucht.«)
]“_-]“_-G…`-G…`- Lärm, Tumult
Für eine Zusammenstellung der Viersilber siehe LTh Vol. II, S. 173-178 und Qu.
1. Für weitere Beispiele siehe KG 136.
Lektion Sechs
6.7
6.6.3
6.7.1
63Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Einfügen einer Silbe mit E- oder I-Vokal: Viersilbige
Viele der viersilbigen Ausdrücke haben ein Ausgangswort (oft in vereinfachter Ortho-graphie) und sind weiter nach folgendem Schema gebildet:
Grundwort mit a-Vokal + Silbe mit e / i-Vokal + Grundwort + Silbe mit e / i-Vokal
G”E-T- klein sein GE-E‰-G”E-E‰- Kleinigkeit, Nichtigkeit
ˇÈ_-T- drehen, kreisen, umkreisen
@-_‰-@È-_‰- + q‰N-R- trödeln, bummeln @-_‰-@È-_‰- + TaN-R- drumherumreden
Diese Art von Viersilbern haben oft eine vereinfachte Schreibweise, das heißt, sie werden ohne die Präfixe oder Superskripte des Ausgangswortes geschrieben. Daher wird vermutet, dass sie erst entstanden sind, als Präfixe und Superskripte nicht mehr mitgesprochen worden sind.
Einfügen einer Silbe mit e-Vokal: Adjektivbildung und Intensivierung
Einige Adjektive sind mit Hilfe einer Silbe mit e-Vokal gebildet.1
]“_-]“_-G…`-G…`- Lärm, Tumult ]“_-G…`-`‰- laut, lärmend
Teilweise wird damit die Bedeutung verstärkt.2
Cc`-RÈ- hell, klar; deutlich
c-`‰- / Cc`-`‰- / Cc`-`‰-T- leuchtend, strahlend
Intensivbildungen durch Verdoppelung (Reduplikation)
Durch Reduplikation kann die Bedeutung verstärkt werden.
P-W- Krankheit P-P-W-W- häufig-Kranksein (Qu 126)
¢È- blau (sein) M…E- tiefblau (sein) ¢È-M…E-M…E- durch und durch blau (Qu 83)
1. Siehe StB 131 »The Formative -E „Adjective“«.2. Siehe MH 173 »Intensivpartikel«.
Wortbildung
6.7.2
6.7.3
6.7.4
64Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Onomatopoetika
Onomatopoetika sind lautnachahmende Worte.1
VÀ-VÀ- Maus
c…-`…-`…- Ausdruck für den Klang von Zimbeln, für Sternengefunkel u.a.
e…C-@- + îC- hicksen
îC-macht aus dem Substantiv ein Verb, ähnlich wie -en im Deutschen.
Ausrufe: Affekt-Silbe _‰-Zwischen zwei eng verbundene Wörter geschoben, drückt _‰- emotionale Beteiligung aus.2
£…E-ä‰- Mitgefühl £…E-_‰-ä‰- Der Arme! (Ich habe Mitleid mit ihm!)
•‡C-T¢`-U…-\N-ɇP-RÈ-£…E-_‰-ä‰- Unerschöpfliches Leid. Oh, arme Toren!3
Ausrufe: »Wie...!« T-`- / `-An Wörter, meist Stämme von Zustandsverben, angehängtes T-`- drückt einen Ausruf aus, der sich am besten mit »Wie...!« wiedergeben lässt.
dU-R-G‰-T-`- Wie dreist!, Wie arrogant!
£…E-ä‰-T-`- Wie schön!; Wie niedlich!
U…-^C-C-`- Was für ein guter Mensch!
Nach der Biographie von Milarepa ist einer seiner Vorfahren ausgezogen, einen Dä-mon zu bekämpfen. Als der Dämon den Mann kommen sah, rief er voller Schrecken: U…-`-U…-`- »So ein [furchteinflößender] Mann!« (Mil 16). Dieser Vorfahr wurde später »Mila« genannt und seine Nachfahren übernahmen den Namen.4
1. Für eine Zusammenstellung von Interjektionen und Onomatopoetika siehe KG 143 ff. oder StB 147-152 »Interjections«, »Onomatopoeia« und »Poetic word play«.2. Siehe Jä 552, Eintrag re und StB 385 »Exclamations in -re-«.3. Aus Tilopas MahÀmudropade²a (rdo rje tshig rkang). Dieser kurze aber wichtige MahÀmudrÀ-Text ist mit einem Kommentar vonThrangu Rinpoche versehen ins Englische übersetzt worden. Khenchen Thrangu Rinpoche. The Life of Tilopa and the Ganges Maha-mudra. Zhiysil Chokyi Ghatsal Trust Publications, 2002.4. Siehe Lobsang Lhalungpa. The Life of Milarepa. Arkana. 1992, S. 13 und Fußnote 6 auf S. 208.
Lektion Sechs
6.7.5
6.7.6
6.7.7
65Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Innere AbleitungInnere Ableitungen sind im Wort selbst enthaltene bedeutungsgebende Morpheme. Entstanden sind sie ursprünglich aus bedeutungsgebenden Vorsilben, Anlauten usw., die mit dem Wort verschmolzen sind. Hier werden wir nicht weiter darauf eingehen und nur zwei Beispiele geben, die auch helfen, Vokabeln leichter zu lernen.1
Viele Wörter, die menschliche Körperteile bezeichnen, haben ein U-Präfix.
UCÈ- Kopf dagegen °È- Tür
Viele Tiernamen haben ein c-Superskript.
®`- Frosch dagegen T`- Wolle
Fremdwörter und LehnwörterFremdwörter sind Wörter, die aus anderen Sprachen stammen und durch ihre Schreib-weise, Aussprache oder Betonung immer noch als Fremdwort erkannt werden.
R°≥-L- skt. paÐÝita; Gelehrter
Ein Lehnwort ist ein Fremdwort, das nicht mehr als solches empfunden wird.
H- »Tee« von chin. <cha>
Lehnwörter und Fremdwörter sind im Tibetischen eher selten. Die Wörter sind meis-tens übersetzt worden. Bei dem Wort ]XU-T“-Ç…E- sind die ersten beiden Silben direkt aus dem Sanskrit übernommen: jambu [ʤambu] »Rosenapfel«. Die letzte Silbe ist eine Übersetzung von skt. dvÅpa »Insel, Kontinent«, auf tibetisch Ç…E-. Nach der alten indi-schen Vorstellung der Kosmologie gibt es vier Kontinente um den Berg Meru. Jambu-dvÅpa oder »Rosenapfelkontinent« ist der Name des südlichen Kontinents. ]XU-T“-Ç…E- wird allgemein in der Bedeutung »Welt« gebraucht. Es wird nicht nach den Regeln der Umschrift aus dem Sanskrit ausgesprochen, sondern tibetisch, also [ʣàmbuliŋ].
Heutzutage werden in Tibet viele chinesische Ausdrücke in die tibetische Sprache auf-genommen und bei den in der tibetischen Diaspora lebenden Tibetern werden viele Ausdrücke aus dem Englischen und aus dem Hindi aufgenommen.2
1. Siehe auch StB 111-119.2. Mehr dazu bei StB 138-146, NT 450-454 und Berthold Laufer »Loan Words in Tibetan« in T'oung Pao 17/1916.
Wortbildung
6.8
6.9
66Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übersetzungen aus dem SanskritIn der Zeit der frühen Übersetzungen musste für viele buddhistische Begriffe aus dem Sanskrit das entsprechende Wort im Tibetischen gefunden oder ein neues gebildet werden. Dabei sind zwei Arten von Übersetzungen entstanden:
• direkte Übersetzung
• interpretierende Übersetzung
Anfang des 9. Jahrhunderts sind zwei wichtige Werke entstanden, in denen die Begrif-fe standardisiert worden sind. Das eine ist die MahÀvyutpatti, ein Wörterbuch1. Das andere heißt ±-ÆÈ_-TU-RÈ-CI…c-R- und ist ein Kommentar zur MahÀvyutpatti mit Erklä-rungen zur Übersetzungstheorie.2
Beispiele für direkte Übersetzungen
N‰-TZ…P-Ca‰Cc-R- so + gegangen; skt. tathÀgata »der Sogegangene«
TN‰-T_-Ca‰Cc-R- zur Glückseligkeit + gegangen; skt. sugata »der Gutgegangene« oder »der Zum-Guten-Gegangene«
`c- Handlung; skt. karma »Handlung«
Beispiele für interpretierende Übersetzungen
Im ±-ÆÈ_-TU-RÈ-CI…c-R- sind Definitionen zu finden, die die Grundlage bilden, um Begrif-fe interpretierend zu übersetzen.
N@ÈP-UGÈC- selten und kostbar + höchste, für skt. ratna »Juwel«3
]BÈ_-T- Kreis, kreisen, für skt. sa¾sÀra »Lauf (der Welt)«
NC‰-]OÿP- Tugend + Streben, für skt. saýgha »Versammlung«
1. Es sei folgende Ausgabe empfohlen: Kyoo Nishio. A Tibetan Index to the MahÀvyutpatti (with its Sanskrit Equivalents).Isseido Publishing, Kyoto, ca. 1936. Diese Ausgabe besteht aus zwei Bänden, a. dem Index auf Sanskrit und auf Tibetisch, b. den Einträ-gen.Die MahÀvyutpatti steht auch online zur Verfügung.2. Siehe Mie Ishikawa. A Critical Edition of the sGra sbyor bam po gnyis pa. The Toyo Bunko, 1990. Siehe auch StB 143-145 »Loan creati-ons«.3. dKon mchog gsum wird häufig übersetzt als »die drei Juwelen« (=Buddha, Dharma, Saýgha). Der Missionar Jäschke, der sich mit der tibetischen Sprache befasst hat, um die Übersetzung der Bibel ins Tibetische möglich zu machen, schlägt dkon mchog gsum als tibetisches Wort für »Gott« im christlichen Sinne vor. Siehe dazu seine ausführliche Diskussion unter dem entsprechenden Eintrag(Jä 9-10). Ich danke Mathias Fermer für diesen Hinweis.
Lektion Sechs
6.10
67Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
TFÈU-úP-]Nc- besiegt + besitzend + jenseits gegangen, für skt. bhagavant »der Gesegnete«
é`-]qÈ_- ursprüngliche Ruhe + verbunden sein, für skt. yoga »Bindung«
qE-G”T- rein gewordem + verinnerlicht, für skt. bodhi »Erwachen«
qE-G”T-l…-c‰Uc- Geist der bodhi, für skt. bodhicitta »Geist des Erwachens«
qE-G”T-c‰Uc-NR]- rein geworden + verinnerlicht + Geist/Wesen + Held,
für skt. bodhisattva »Erwachenswesen«
É-U- höher + Nominalsuffix, für skt. guru »der Gewichtige«
r-EP-`c-]Nc-R- Leiderfahrung + von + jenseits gegangen,
für skt. nirvÀÐa »Erlöschen«
cEc-îc- erwacht + entfaltet, für skt. buddha »der Erwachte«
Höfliche Sprache
Höflichkeitsebenen in Schrift- und Umgangssprache
In der tibetischen Sprache gibt es verschiedene Höflichkeitsebenen. In der Schriftspra-
che bildet die höfliche Sprache keine Schwierigkeit, da man sie nur passiv erkennen
muss. In Texten kann man manchmal anhand der Höflichkeitsebene erkennen, ob
gerade von der höher- oder von der niedrigergestellten Person die Rede ist. In der Um-
gangssprache finden wir ein viel komplexeres Feld zu den Höflichkeitsebenen, denn
Umgangssprache bedeutet Sprache im Dialog. Das heißt, der Redende muss den an-
gemessenen Ton gegenüber dem Angeredeten finden bzw. gegenüber demjenigen,
über den geredet wird. Gleichzeitig spielen hier die unterschiedlichen Gebräuche in
den unterschiedlichen Regionen Tibets eine Rolle. Darauf werden wir hier nicht einge-
hen. Die Prinzipien sind in Schrift- und Umgangssprache gleich. Zur Höflichkeit in der
Umgangssprache siehe NT 446-449.
Wortbildung
6.10
6.11.1
68Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Bildung höflicher Ausdrücke
Es gibt einige Wörter, die zur gewöhnlichen Form eine eigene höfliche Entsprechung
haben.
höflich gewöhnlich höflich gewöhnlich
ˇ‡- `“c- Körper ZTc- áE-R- Fuß
öCc- ô‰- Zunge NT“- UCÈ- Kopf
≠P- U…C- Auge pC- `C-R- Hand
NCÈEc- ÉÈ- Verstand, c‰Uc- Geist S‰Tc-R- ]uÈ-T- gehen
Z`- B Mund, CNÈE- Gesicht TZ‰c-R- `‰P-R- nehmen
GT- G”- Wasser UWP- U…E- Name
C\…Cc-R- õ-T- sehen, betrachten, IÈ-T- kaufen
Diese höflichen Wörter bilden zusammengesetzt mit gewöhnlichen Wörtern neue
höf liche Ausdrücke. Meistens haben die Höflichkeitswörter und die neugebildeten
höflichen Ausdrücke einen gewissen Bedeutungszusammenhang.
höflich gewöhnlich
pC-N‰T- N‰T- Buch
NT“-æ- æ-UÈ- Hut
Z`-`C- B-`C- Mahlzeit
Es können auch mehrere Bestandteile eines Wortes aus der höflichen Sprache kommen.
höflich gewöhnlich
≠P-GT- U…C-G”- Tränen
Lektion Sechs
6.11.2
69Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Mit CcÈ`- »bitten« und TZ‰c- »nehmen« werden viele höfliche Ausdrücke zum Thema »Essen und Trinken« gebildet.
H- Y höfl. CcÈ`-H- Tee UÈC-UÈC- Y höfl. TZ‰c-UÈC- Momo (gefüllte Teigtasche)
Bei den Verben »geben« und »sagen« unterscheidet man eine gewöhnliche, eine bescheidene und eine höfliche Ebene. Von bescheidener Ebene sprechen wir, wenn ein Niedrigergestellter einem Höhergestellten zum Beispiel etwas gibt. Noch feinere Unterscheidungen sind möglich durch die Kombination der Ausdrücke (siehe NT 447).
gewöhnlich höflich bescheiden
≥ÈN-R- / §‰_-T- CPE-T- ]T“`-T- geben
`T-R- / \‰_-T- / µ-T- Cc“E-T- [÷-T- sagen, fragen, bitten
CcÈ`-T- bitten, sagen
Bescheidenheit in der SchriftspracheIn der Schriftsprache gibt es einige Ausdrücke, die auf elegante Weise Respekt gegen-über dem Angesprochenen ausdrücken oder gegenüber dem, was gesagt wird. Wäh-rend die höfliche Sprache niemals zusammen mit der 1. Person benutzt werden darf, können sich die elegant-bescheidenen Ausdrücke durchaus auf die 1. Person beziehen. Die elegant-bescheidenen Ausdrücke findet man nicht in der Umgangssprache.1
gewöhnlich elegant-bescheiden
E- TNC- ich
^…P-R- `Cc-R- [etwas] sein
^ÈN-R- UG…c-R- [vorhanden] sein, existieren
Als Marpa und Milarepa sich zum erstenmal begegnen, erklärt Milarepa demütig:
TNC-U…-•…C-RÈ-G‰-Z…C-`Cc,Ich bin ein Mensch, der viele Sünden begangen hat. (Mil, gekürzt)
Wortbildung
6.12
70Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
gewöhnlich höflich elegant-bescheiden
]OÿC-R- / •ÈN-R- T[÷Cc-R- CN]-T- sitzen, weilen, sich befinden
q‰N-R- CPE-T- / UXN-R- Tn…N-R- machen, tun1
]uÈ-T- / ]ÈE-T- S‰Tc-R- UG…-T- gehen/kommen
In der buddhistischen Zufluchtsformel heißt es:
cEc-îc-`-´Tc-c“-UG…]È,[Ich] gehe zu Buddha als Schutz/ in den Schutz. Y Ich nehme Zuflucht zu Buddha.
Übungen zu Lektion 6
Nominalsuffixe
Was könnten die Wörter mit den Nominalsuffixen bedeuten?
1. å- å-R-
2. Z…E- Z…E-R- Z…E-C-
3. î`- î`-RÈ- î`-UÈ- î`-T-
4. é`-]qÈ_- é`-]qÈ_-R- é`-]qÈ_-U-
5. §C- §C-UÈ-
6. MÈC- MÈC-U-
7. NC‰-]OÿP- NC‰-]OÿP-R-
8. ©P- ©P-R-
Lektion Sechs
1. Stephan Beyer schreibt: »As early as in the ninth-century translation guide sGra-sbyor bam-po gnyis-pa we read that zhe-sa ›honorific words‹ must always be used in translating from Sanskrit any reference to the Buddha. That this rule was thenceforth followed can be seen by comparing the old Khotanese manuscript translation of the SaddharmapuÐÝarÅka with the revised canonical version: the revi-sers of the text took care to replace such verbs as the older skye ›be born‹ with its honorific equivalent ltam, the older bgyi ›do‹ with the honorific mdzad .« (StB 153)
71Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Wortbildung
Was könnten die folgenden Wortzusammensetzungen bedeuten?
CcE-≠ÈN- geheim-Verhalten
U…-àÈN- Mensch-wild
UMÈ-NUP- hoch-tief
c‰Uc-´È-RÈ- Geist-arm
M—Cc-´È-TÈ- höfl. Geist-arm
çÈ-_…E- Stein-lang
CPU-u⁄- Himmel-Boot
£…E-_“c- Herz-Knochen
ÜÈT-ÆÈE- lernen/lehren-üben
]H…C-å‰P- vergehen-Stütze
UGÈN-å‰P- Opfer-Stütze
Ts-a…c-TN‰-`‰Cc- Glück-Glück-Wohlsein-gut
c‰Uc-FP- Geist-besitzend
]⁄C-ˇN- Drache-Stimme
Wortbildung
72Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Lektion Sechs
73Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
7. ZahlenKardinalzahlen | Kollektivbilder ka, po und phrag | Das Adjektiv tham pa |
Der Gebrauch von phyed oder phyed ka | Bruchteile | Kalender und Datumsangaben
Kardinalzahlen
Allgemeine Bemerkung
Kardinalzahlen sind Grundzahlen, also zum Beispiel »eins«, »zwei« usw. Ordinal- oder
Ordnungszahlen dagegen sind zum Beispiel »erste«, »zweite« usw. Zur Bildung von
Ordinalzahlen siehe Seite 52 oben.
Null
0 ÅN-@È_- null
Einer: Die Zahlen eins bis neun
1 CF…C- eins 4 TZ…- vier 7 TOÿP- sieben
2 CI…c- zwei 5 ò- fünf 8 TîN- acht
3 Cc“U drei 6 x⁄C- sechs 9 NDÿ- neun
Die Zahlen elf bis neunzehn
Bildungsweise: TF“- zehn + Einer
TF“-CF…C- elf TF“-TZ…- vierzehn TF“-TOÿP- siebzehn
TF“-CI…c- zwölf TFÈ-ò- fünfzehn TFÈ-TîN- achtzehn
TF“-Cc“U- dreizehn TF“-x⁄C- sechzehn TF“-NDÿ- neunzehn
Man beachte die Vokalassimilation in der Schreibung bei fünfzehn und achtzehn.
7.1
7.1.1
7.1.2
7.1.3
7.1.4
74Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Die Zehner
Bildungsweise: Zehneranzahl + TF“- oder Varianten F“- und b÷-
I…-b÷- zwanzig ò-TF“- fünfzig TîN-F“- achtzig
c“U-F“- dreißig x⁄C-F“- sechzig NDÿ-TF“- neunzig
TZ…-TF“- vierzig TOÿP-F“- siebzig
Man beachte die Schreibweisen I…- und c“U-! Nach Zahlen mit Postskript wird TF“- zu F“-. Nach I…- wird TF“- zu b÷-.
Die Zahlen einundzwanzig bis neunundneunzig
Jeder Zehner hat eine eigene Kurzform, die eingefügt werden muss zwischen Zehner
und Einer:
Zehner + Kurzform + Einer Zehner + Kurzform + Einer
I…-b÷- ˛- + CF…C- etc. x⁄C-F“- _‰- + CF…C- etc.
c“U-F“- cÈ- TOÿP-F“- NÈP-
TZ…-TF“- Z‰- TîN-F“- n-
ò-TF“- E- NDÿ-TF“- CÈ-
Beispiel: c“U-F“-cÈ-ò- fünfunddreißig
In der Schriftsprache kann ˛- als Kurzform bei allen Zehnern benutzt werden. Manch-
mal werden nur die letzen beiden Silben benutzt, das heißt die Kurzform und der
Einer. Für I…-b÷-˛- ist die Kurzform I‰_-. Verkürzte Zahlen sind üblich bei der Nummerie-
rung der Folios am Seitenrand, der Paginierung.
I‰_-CF…C- einundzwanzig cÈ-Cc“U- dreiunddreißig
Lektion Sieben
7.1.5
7.1.6
75Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Die Zahlen ab hundert
Die auf zehn folgenden Zehnerpotenzen lauten:
Tî- hundert §ÈE- tausend t…- zehntausend
]T“U- hunderttausend c-^- eine Million
Es gibt Namen für noch sehr viel höhere Zahlen. Man findet sie in den Wörterbü-chern.1
Vielfache der obigen Zahlen werden traditionellerweise folgendermaßen gebildet:
Einer + Zehnerpotenz
TZ…-§ÈE- viertausend
Man beachte: Für vorangestellte CF…C-, CI…c- und Cc“U- gelten die Schreibweisen G…C-, I…-oder I…c- und c“U-.
G…C-§ÈE- eintausend I…c-]T“U zweihunderttausend
Bildungsweise Hoher Zahlen
100.000er 10.000er 1.000er 100er 10er 1er
1-9 ]T“U- 1-9 t…- 1-9 §ÈE- Tî-NE- Einer
2-9 Tî- TF“-/TFÈ- Einer
2-9 b÷-/F“-/TF“- + Kurzform Einer
G…C-]T“U-NDÿ-t…-TOÿP-§ÈE-Tî-NE-ò-hundertsiebenundneunzigtausendeinhundertundfünf
1. Für eine Zusammenstellung siehe StB 224 oder in der MahÀvyutpatti Kapitel CCXLIX (siehe S. 66).
Zahlen
7.1.7
7.1.8
76Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
- Bei Zahlen von 101 bis 199 sagt man Tî-NE- und nicht G…C-Tî-.
- Wenn eine Zehnerpotenz nicht genannt wird, weil sie null mal vorkommt, kann die entsprechende Zehnerpotenz + U‰N- eingefügt werden:
G…C-§ÈE-Tî-U‰N-TF“-x⁄C- tausendundsechzehn
Ergänzungen
• Als Suffix kann NDÿ- »neun« auch »viele« bedeuten. Siehe auch PSch 251, 252.
MTc-NDÿ- viele Mittel1
• Cc“E-]T“U- bedeutet »Gesamtwerk«
• nach Aufzählungen steht eine Zahl für die Gesamtmenge.
U-T—-Cc“U- die Mutter und die beiden Söhne
• Durch Verdoppelung der Zahl wird der Ausdruck distributiv (»jeweils«).
U…-_‰-`-`“C-ò-ò-^ÈN- Jeder Mann hat fünf Schafe.
• Zu Vervielfältigungszahlen (»zweifach«) und Wiederholungszahlen (»zweimal«) siehe PSch 62,63.
Zusammenfassung der Schreibabweichungen bei Zahlen
TFÈ-ò- fünfzehn TFÈ-TîN- achtzehn
Bei den Zehnern wird TF“- nach I…- zu b÷- und nach allen anderen Zahlen mit Postskript zu F“-.
Für vorangestellte CF…C-, CI…c- und Cc“U- gelten die Schreibweisen G…C-, I…-oderI…c- und c“U-.
Kollektivbilder @- / B- / C- , RÈ- und zC-zC- bildet Kollektivbegriffe von Zahlen selbst.
§ÈE-zC-CF…C- ein Tausender
1. Das volle Beispiel lautet: thabs dgus bsags pa »durch viele Mittel, mit vieler Mühe gesammelt« (Jä 85).
Lektion Sieben
7.2
7.1.9
7.1.10
77Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
ç-^E-§ÈE-zC-c“U-Tî- dreihundert Tausender Dayang (chinesische Silbermünzen)
oder dreihunderttausend Dayang
TOÿP- sieben TOÿP-zC- »Siebener« Y Woche
@- / B- / C- und RÈ- bilden nach Zahlen Kollektivbegriffe von einer Gruppe von Dingen. @- / B- / C- kommen selten nach größeren Zahlen als drei vor.
S“E-RÈ-ò-RÈ- die (Gruppe der) fünf Skandhas
z‰E-T-CI…c-@- die beiden Gebetsketten
Zu weiteren Beispielen und zu WÍ- und \“E- als Kollektivbilder siehe PSch 58, 59.
Das Adjektiv MU-R-MU-R- kann nach Zehnern und Zehnerpotenzen stehen und drückt aus, dass die Zahl genau der Zehner ist, nicht mehr und nicht weniger.
Tî-MU-R- volle/genau hundert
Der Gebrauch von p‰N- »halb« oder p‰N-@- »hälfte«p‰N-@- bedeutet »Hälfte« und p‰N- bedeutet »halb«. In Zahlen können sie uns auf zwei Arten begegnen:
• CF…C-NE-p‰N-@- »eins und einhalb«, anderthalb
• p‰N-NE-CI…c- »Mit einem Halben dazu sind es zwei.«, anderthalb1
In Wortzusammensetzungen wird das zweisilbige p‰N-@- zum einsilbigen p‰N- abge-kürzt.
I…P-p‰N- ein halber Tag (für I…-U]Ã-p‰N-@-)
1. Der deutsche Ausdruck »anderthalb« bedeutet wörtlich »das Zweite halb«. Ich danke Elmar Kniprath für diesen Hinweis.
Zahlen
7.3
7.4
78Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
BruchteileBruchteile werden mit Hilfe von G- »Teil« gebildet.1
TZ…-G- ein Viertel TZ…-G-Cc“U- drei Viertel
Tî-G- ein Hundertstel, ein Prozent Tî-G-ò- fünf Prozent
Kalender und Datumsangaben
Der tibetische Kalender und Jahresangaben
Der tibetische Kalender kombiniert fünf Elemente mit zwölf Tierzeichen zu einem 60-Jahreszyklus.
Element
U‰- Feuer, c- Erde, ôCc- Eisen, G”- Wasser, a…E- Holz
Tierzeichen
^Èc- Hase, ]⁄C- Drache, ¥„`- Schlange, å- Pferd, `“C- Schaf, ≥‰`- Affe, q- Vogel, m…- Hund,
SC- Schwein, q…- Ratte, ÇE- Ochse, §C- Tiger
Jedem neuen Jahr wird ein neues Tier zugeordnet und jedem zweiten neuen Jahr ein Element. Weiterhin werden die Jahre abwechselnd in männlich SÈ- und weiblich UÈ- ein-geteilt. Diese Einteilung gibt keine weitere Information zur Jahreszahl.
G—-SÈ-q…- männliches Wasser-Ratten (-Jahr)
G”-UÈ-ÇE- weibliches Wasser-Ochsen (-Jahr)
Der erste Zyklus von 60 Jahren beginnt 1027, dem Jahr, das traditionellerweise mit der Einführung und ersten Übersetzung des KÀlacakra-Tantras in Verbindung gebracht wird.
Die Angabe zum 60-Jahreszyklus wird vorangestellt und mit dem Attributsuffix -]Ã- an die weitere Angabe angeschlossen2.
_T-qŸE-NE-RÈ]Ã- des ersten 60-Jahreszyklus‘
_T-qŸE-NE-RÈ]Ã-U‰-UÈ-^Èc- das weibliche Feuer-Hasen (-Jahr) des ersten 60-Jahreszyklus‘ (=1027)
1. PSch 57: In modernen Texten wird statt cha auch zur verwendet.2. Das Attributsuffix und seine weiteren Formen werden auf Seite 93 ff. besprochen.
Lektion Sieben
7.5
7.6
7.6.1
79Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Jahresangaben stehen gewöhnlich am Anfang des Satzes und können mit `È_- »im Jahre« in den Satz eingebunden werden. (`È- heißt »Jahr«. -_- ist ein Terminativsuffix; hier »im«)
_T-qŸE-NE-RÈ]Ã-U‰-UÈ-^Èc-`È_-im weiblichen Feuer-Hasen-Jahr des ersten 60-Jahreszyklus
Das tibetische Neujahr liegt jedes Jahr an unterschiedlichen Tagen im Februar oder März. Aus diesem Grunde lassen sich tibetische Jahresangaben nur mit einer gewissen Ungenauigkeit in Jahresangaben nach westlicher Kalenderrechnung umrechnen.
Datumsangaben
Wichtige Begriffe zur tibetischen Kalenderrechnung sind:
_T-qŸE- für »60-Jahreszyklus«, `È- »Jahr«, Ñ-T- »Monat«, WÂc- »(Datums-)Tag« (immer mit Kardinalzahl: WÂc-CFÃC- etc.)
Wichtige Begriffe zur westlichen Kalenderrechnung sind:
Oÿc-_Tc- »Jahrhundert«, p…-Ñ- oder ≠À-Ñ- für »Monat« (nach westlicher Kalenderrech-nung), p…-`È- oder ≠À-`È- für »Jahr« (nach westlicher Kalenderrechnung)
Datumsangaben nach westlicher Kalenderrechnung konstruiert man folgendermaßen:
1. Jahr + Zahl, 2. Monat + Ordinalzahl + -]Ã-, 3. Tag + Zahl
p…-`È-CF…C-§ÈE-NDÿ-Tî-TOÿP-F“-NÈP-ò-p…-Ñ-TF“-CI…c-R]Ã-WÂc-TF“-TZ…-»Tag 14 des 12. Monats, Jahr 1975 (nach westlicher Kalenderrechnung)«; 14. 12. 1975
Beispiel für eine Angabe nach westlicher und nach tibetischer Kalenderrechnung. Be-achten Sie, dass die Zahlen unter das Wort geschrieben werden, auf das sie sich bezie-hen.
p…-`È-1935 TÈN-a…E-SC-Ñ- 5
WÂc- 5-- I…P-E-´‰c,
Am 5. Tag des 5. Monats des tibetischen Holz-Schwein-Jahres, nach westlicher Kalen-derrechnung 1935, wurde ich (= der 14. Dalai Lama) geboren. (DL 5)
Das obige Beispiel wird so gelesen:
p…-`È-G…C-§ÈE-NDÿ-Tî-c“U-F“-cÈ-ò-TÈN-a…E-SC-Ñ-T]Ã-ò-R]Ã-WÂc-ò-I…P-E-´‰c,
Zahlen
7.6.2
80Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übungen zu Lektion 7
Übung zu Jahresangaben
Achtung! -]Ã- und C…- sind Attributsuffixe und können hier als Genitiv übersetzt werden. Zu den weiteren Formen und zur Aussprache siehe Seite 93 und 94.
Übersetzen Sie!
Übersetzen Sie die folgenden Sätze und finden Sie die Jahresangaben entsprechend der westlichen Zeitrechnung! Benutzen Sie als Hilfe zum Beispiel den Anhang im Tshig
mdzod chen mo. Auch im Internet findet man Möglichkeiten zum umrechnen, z. B.:
www.phlonx.com/resources/tibetan-calender
Beispiel:
_T-qŸE-NE-RÈ]Ã-ôCc-¥„`-`È_-ä‰-TV“P-U…-`-_c-R-ˇ‡-]t‹Ec,
Im Eisen-Schlangen-Jahr des ersten 60-Jahreszyklus (1040) wurde der ehrwürdige Mi-larepa geboren. (ˇ‡-]t‹Ec- = sehr höflich für ´‰c-)
1. _T-qŸE-NE-RÈ]Ã-G”-å-`È_-HÈ-TÈ-ä‰-NR`-úP-e-K…-a-UE]-_…c-`-S‰Tc,jo bo rje Ehrentitel von Ati²a
mnga ris la »nach Ngari« (in Westtibet)
2. _T-qŸE-NE-RÈ]Ã-U‰-¥„`-`È_-ä‰-TV“P-U…-`-_c-R-U_-R]Ã-x⁄E-Oÿ-qÈP,
mar pa‘i drung du byon »gelangte zu Marpa«
3. _T-qŸE-NE-RÈ]Ã-c-`“C-`È_-ªCc-RÈ-ü-ä‰-]t‹Ec,
4. _T-qŸE-CI…c-R]Ã-G”-^Èc-`È_-ä‰-TV“P-U…-`-_c-R-]Nc,
Übersetzen Sie!
Wie die Jahreszahlen angegeben werden, insbesondere wenn westliche und tibeti-sche Kalenderrechnung kombiniert werden, ist nicht genau festgelegt. Das folgende Beispiel stammt aus Political History of Tibet von W. D. Shakabpa, Vol I, Seite 248 (Zhwa sgabs pa dbang phyugs bde ldan. Bod kyi srid don rgyal rabs. Bod gzhung shes dpar. Kalimpong 1976).
Lektion Sieben
81Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übersetzen Sie die folgende Angabe des Jahres, in dem der bengalische Gelehrte Ati²a seine Heimatuniversität Vikrama²Åla in Indien verließ, um nach Tibet zu gehen.
_T-qŸE-NE-RÈ]Ã-c-SÈ-§C-C…-`È, ≠À-`È- 1038 `È_,
Formulieren sie nach dem folgenden Beispiel den Neujahrsgruß für das kommende Jahr!
_T-qŸE-TF“-TOÿP-R]Ã-U‰-m…]Ã-`È-Cc_-`-Ts-a…c-TN‰-`‰Cc-[÷,[Ich] wünsche Glück und Wohlsein im neuen Jahr, dem Feuer-Hunde[-Jahr] des sieb-zehnten 60-Jahreszyklus!
Übung zu den Zahlen
Übersetzen Sie!
1. Oÿc-_Tc-TF“-TZ…-R-
2. `È-TZ…-NE-p‰N-@-
3. @ê-R-ˇ‡-z‰E-TZ…-R-
4. LÛ-`]Ã-É-U-ˇ‡-z‰E-TF“-TZ…-R-
5. LÛ-`]Ã-É-U]Ã-ˇ‡-z‰E-NE-RÈ-p…-`È-1391-`È_-]t‹Ec,
6. `‰]“-NE-RÈ-
7. `‰]“-TF“-CF…C-R-
8. `‰]“-TF“…c-R- siehe Seite 40
9. ˇ‡-]T“U-NCÈP-R-
10. U…-ò-TF“-VU-NE-, å-x‰`-c“U-Tî-ò-TF“-
11. GÈc-~…N-CI…c-
Zahlen
82Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
12. Tî-MU-R]Ã-p‰N-@-ò-TF“-_‰N, (Goldstein ET 194)
13. Der Dalai Lama beschreibt seine Brüder (Tubden Jigme Norbu und Losang Samten):
CF‰P-RÈ-àP-R-M—T-T§P-]H…Cc-U‰N-PÈ_-T“-_‰N,
CF‰P-RÈ-Cc“U-R-ÉÈ-T\E-TcU-CKP-_‰N,
Schlagen Sie im Glossar nach!
NE-RÈ- CF…C-
CF…C-R- CF…C-R“-
CF…C-RÈ-
Lektion Sieben
83Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
8. NominalphrasePluralsuffixe | »Paar«- Suffix cha | Demonstrativpronomen 'di und de |Indefinitsuffix | Personalpronomen | Possessivpronomen | »selbst, eigen« rang und nyid | Die Nominalphrase: Das Substantiv und seine Erweiterungen |Vorangestellte Attribute | Länder und ihre Bewohner
Pluralsuffixe
Allgemeine Bemerkung
Pluralsuffixe sind an ein Wort bzw. an eine Wortgruppe angehängte Partikeln, die »mehr als ein« markieren.
Besonderheiten
• Anders als im Deutschen muss der Plural nicht unbedingt gekennzeichnet werden. Die Pluralsuffixe werden im allgemeinen nur benutzt, wenn eine bestimmte Gruppe von Menschen oder Dingen gemeint ist (also insbesondere nach Demonstrativprono-men und nach Personalpronomen) und um Übersetzungen genau wiederzugeben. Bei Übersetzungen aus dem Sanskrit kann NC- für den Dual stehen.
• Ist ein Wort nicht markiert, kann es sowohl Singular als auch Plural sein.
• Das Pluralsuffix kann als Zeichen des Respekts bei der Anrede einer einzelnen Person benutzt werden.
m‰N-FC- ihr/Ihr
Stellung
Das Pluralsuffix steht ganz am Ende einer Nominalphrase. Nur grammatische Parti-keln bzw. Suffixe können noch dahinter stehen.
Pluralsuffix WÍ-Für den aktiven Gebrauch merke man sich WÍ- als Pluralsuffix, denn WÍ- wird in der Um-gangssprache gewöhnlich benutzt. Es ist aber auch in der Schriftsprache zu finden. Die Grundbedeutung geht zurück auf WÍCc-: »Ansammlung, Menge, Schar, Schwarm«.
E-WÍ- wir
m‰N-_E-WÍ- ihr
]N…-WÍ- diese
8.1.1
8.1
8.1.2
84Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Pluralsuffixe éUc- und NC-éUc- und NC- sind die häufigsten Pluralsuffixe in der Schriftsprache. éUc- geht zu-
rück auf éU-R- »Teil, Art, Erscheinungsweise« und impliziert beim Plural »mehrere (ver-
schiedene)«. NC- hat eher Kollektivfunktion.
_…-éUc- Berge _…-NC- Gebirge (MH 43)
éUc- und NC- kommen auch zusammen vor: éUc-NC-
Sonderfunktionen von NC- • Wiedergabe des Sanskrit-Duals
• E-NC- »Leute wie ich« (siehe Jä 251 und MH 45)
• Unbestimmtheit hinsichtlich der Menge, Dauer etc.
^“P-_…E-RÈ-NC- eine ganze Zeit lang
c-§‰E-]N…-NC- die (ganze) Erdoberfläche; die (ganze) Erde (Lesestück Lektion Elf)
Pluralsuffix FC-FC- kann als Pluralsuffix von Pronomen vorkommen.
m‰N-FC- ihr
Pluralsuffix ]È-FÈC-]È-FÈC- ist ein altes Pluralsuffix, das häufig in den alten zentralasiatischen Manuskrip-
ten zu finden ist und nicht mehr in jüngerem Material.1 Es wird mit dem Buchstaben
des Postskripts angeschlossen.
r…]È-FÈC- Leute (r…- ist eine alte Form für U…-)
Nach Verbstämmen bedeutet ]È-FÈC- »alle die...«.
^ÈN-NÈ-FÈC- alle die vorhanden sind
Kollektivsuffix zC-Siehe Seite 76.
Lektion Acht
1. Siehe StB 230.
8.1.3
8.1.4
8.1.5
8.1.6
85Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
HInweise zum Lernen
Für den umgangssprachlichen aktiven Gebrauch reicht das Pluralsuffix WÍ-. Für ge-wöhnlich wird es nur nach Personalpronomen, Demonstrativpronomen oder bei Be-tonung des Plurals benutzt. Die anderen Pluralsuffixe sollte man als solche erkennen können. Meistens drücken sie einfach Mehrzahl aus und bereiten keine Schwierigkei-ten beim Übersetzen.
»Paar«-Suffix G-G- hat viele Bedeutungen. Wir haben schon die Bedeutung »Bruchteil« kennen gelernt (Seite 78). Weiterhin bedeutet es »ein Paar«, auch im Sinne von »zwei ähnliche«.
]H]-G‰P-G-CF…C- ein Paar 'ja' chen-Filzstiefel (]H]-G‰P- »großer Regenbogen«)
z‰E-T-PC-RÈ-G-CF…C- ein Paar/zwei gleich aussehende schwarze Gebetsketten
Demonstrativpronomen ]N…- und N‰-Die Demonstrativpronomen ]N…- und N‰- haben hinweisende Funktion. Sie können auf ein Wort folgen oder alleine für eine bestimmte, meist vorher genannte, Person oder Sache stehen.
]N…- und N‰- in Gegenüberstellung
Wenn ]N…- und N‰- im gleichen Kontext vorkommen, bezeichnet ]N…- das räumlich Nahe oder das zeitlich Nahe, also das Gegenwärtige. N‰- bezeichnet das räumlich Fernere oder das zeitlich Fernere, also Vergangenes oder in der Zukunft Liegendes.
]N…- oder N‰- alleinstehend
Wenn ]N…- oder N‰- unabhängig voneinander vorkommen, bezeichnet ]N…- etwas Be-stimmtes, Vorliegendes, Gegenwärtiges und ist als »dieser, diese, dieses« oder »der, die, das« zu übersetzen. N‰- ist meist als bestimmter Artikel »der, die, das« zu überset-zen.
Plural
Der Plural von ]N…- oder N‰- wird mit NC-, éUc- oder WÍ- gebildet.
1. Für eine Abbildung von 'ja' chen-Filzstiefel siehe den Bildteil des Tshig mdzod chen mo.
Nominalphrase
8.2
8.3
8.1.7
86Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Stellung
]N…- oder N‰- stehen am Ende der Nominalphrase vor dem Pluralsuffix. Bei Zeitangaben
können sie vorangestellt sein (siehe PSch 47). Am Ende von nominalisierten Sätzen, die
wiederum in ein größeres Satzgefüge eingebunden werden sollen, steht häufig N‰-.
Betonungssuffix @-, B- oder C- Nach ]N…- und N‰- haben die Suffixe @-, B- oder C- betonende Funktion.
N‰-@- (auch B- oder C-) eben derselbe N‰-@-õ_- gerade so
In dem folgenden Ausdruck aus der Umgangssprache ist der Vokal verschliffen:
N-C-_E- genau das
Als Milarepa einen Hirtenjungen erst nach dem großen Übersetzer Marpa fragt und dann auf eine Häuseransammlung zeigt und fragt: »Wer wohnt dort drüben?«, antwortet der Hirtenjunge:
U_-R-\‰_-T-N‰-C-^ÈN, »[Dort] lebt eben jener ›Marpa‹.« (Mil)
Indefinitsuffix
Formen
Das Indefinitsuffix hat je nach Postskript des vorangehenden Wortes die Formen F…C-, Z…C- oder a…C-.
nach Postskript C N T Y F…C-
ohne Postskript und nach Postskript E P U ] _ ` Y Z…C-
nach Postskript c Y a…C-
nach ehemaligem N-xC- Y F…C-
Bedeutung
Das Indefinitsuffix ist ähnlich dem unbestimmten Artikel im Deutschen aber mit et-
was stärkerem Unbestimmtheitsgrad: »ein/e, irgendein/e«
uÈE-Cc‰T-G”E-G”E-Z…C- ein kleines Dorf
NCÈP-R-CI…c-R-Z…C- ein zweites Kloster
Lektion Acht
8.4
87Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Wenn vom Kontext her klar ist, dass es sich um mehrere handelt, kann man das In-definitsuffix mit »einige« übersetzen.
E]Ã-S-U‰c-a…C- einige meiner Vorfahren (DL) (E]Ã-= »mein«, siehe Seite 96)
Stellung
Das Indefinitsuffix steht am Ende der Nominalphrase.
Besonderheiten
• Häufig ist die Funktion des Indefinitsuffixes, eine längere Nominalphrase abzuschlie-
ßen, und man kann es nicht direkt übersetzen. Es kann auch nach Mengenangaben
oder Pluralsuffixen vorkommen und drückt dann eine gewisse Zusammengehörigkeit
aus.
T“N-U‰N-NC-F…C- einige Frauen (Jä 144)
UE-RÈ-Z…C- viele (Jä 144)
pŸCc-í…-UE-RÈ-Z…C-]OÿC- Es gab [dort] eine größere Gruppe Hirten. (Mil 55)
G”-U…C-TZ…-Z…C-^ÈN- [Da] gibt es vier Quellen. (Jä 144)
• Zum Indefinitsuffix nach CE-, F…-, H…-, PU- und c“- siehe Lektion 15.
Personalpronomen
Die wichtigsten Personalpronomen
Die für die Schrift- und Umgangssprache wichtigsten Personalpronomen sind:
Singular Plural
1. Person E- ich E-WÍ- wir
2. Person m‰N-_E- du/Sie m‰N-_E-WÍ- ihr/Sie
3. Person BÈE- er/sie BÈE-WÍ- sie
Nominalphrase
8.5
8.5.1
88Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Es gibt noch sehr viel mehr Ausdrücke für Personalpronomen, die aber leicht in den Wörterbüchern zu finden sind und hier nicht im Einzelnen besprochen werden müs-sen. Eine Zusammenstellung findet man bei MH 101-102 oder PSch 45 und bei NT 92-93 (zum umgangssprachlichen Gebrauch) und NT 407-408.
Höflichkeitsebenen
Interessant ist der Umgang mit den Höflichkeitsebenen. In Bezug auf sich selbst pfle-gen tibetische Erzähler oder Sprecher gewöhnlich eine bescheidene Selbstherabset-zung.1 Der 14. Dalai Lama zum Beispiel betont immer wieder, er sei nur ein einfacher Mönch. Einige überspitzten diese Etikette und setzten sich damit humorvoll von ihr ab. Der zweite Dalai Lama (1475-1542) zum Beispiel signierte seine Schriften mit »Der verrückte Bettler Gendün Gyatso«.2
Dementsprechend benutzen Erzähler oder Sprecher keine höflichen Ausdrücke in Be-zug auf sich selbst. Bei den Personalpronomen für die 1. Person finden wir eine be-scheidene Selbstdistanzierung, wenn für »ich« Wörter wie TNC- benutzt werden. TNC- bedeutet »das Selbst«,skt. »Àtman«; »mich/dich/sich selbst«. Für ein Beispiel siehe Seite 69.
Auch EÈc- wird als Personalpronomen der 1. Person benutzt, bedeutet aber gleichzeitig »Seite, Seitenfläche«.
EÈc-l…-^“`-NE-EÈc-l…-U…-UE- Mein Land und mein Volk (DL Titel)
(EÈc-l…- ähnlich E]Ã- »mein«, siehe Seite 96)
E‰N- steht elegant-bescheiden für »ich, wir«. Es ist gegenüber der dabei einbezogenen Person höflich.3
1. Siehe auch »Autobiography in Tibetan Religious Literature: Reflections on its Modes of Self-Presentation« von Janet Gyatso in Tibetan Studies – Proceedings of the 5th Seminar of the International Association for Tibetan Studies NARITA 1989. Edt. Ihara und Yamaguchi. Naritasan Shinshoji, 1992. Vol I.2. Siehe Der ›verrückte‹ Weise auf Tibets Königsthron – Mystische Verse und Visionen des Zweiten Dalai Lama von Glenn H. Mullin.O. W. Barth, 1994.3. Stephan Beyer gibt Beispiele aus der Milarepa-Biographie, in denen nged »ich« im Kontext von »mein« oder »wir« vorkommt und gegenüber der dabei einbezogenen Person höflich ist. So lautet die Bitte eines einfachen Bauernpaares an Milarepa: Nged kyi bu dod mdzod »Habe die Güte unser Pflegesohn zu werden!« StB 208. Auch Jä 130. Interessant ist auch das Beispiel, in dem sowohl nged gnyis als auch nga in einem einzigen Satz vorkommen. Ersteres bezieht sich auf den Erzähler Milarepa zusammen mit Marpas Frau, letzteres auf Milarepa allein: Nged gnyis kyis gros byas nas ngas phye sgye chung du ma cig gi khar dpe cha dang chas phran tshegs yod pa sbrags »Nachdem wir uns beraten hatten, lud ich [meine] Bücher und Habseligkeiten auf einige kleine Tsampasäcke.« Siehe StB 208-209.John Bray beschreibt, wie der Missionar Francke bei seinem Bemühen, die Bibel in die tibetische Sprache zu übersetzen, mit den Feinhei-ten der Wortbedeutung ringt: »In the course of his academic research Francke reportes the discovery of a hitherto unrecognised Tibetan grammatical rule concerning the pronoun nged, meaning ›we‹ which he believed could only be used in an ›inclusive‹ sense. He had first noticed this while working on the Kesar Saga in 1906 and after checking other sources came to the conclusion that: ›the pronoun nged ›we‹ is used when some person included in the ›we‹ is respected; as for instance ›the King and I, we (nged) will go to town ... ‹ Now if this pronoun is used for ›we‹ in the Lord's Prayer it suggests the idea in this ›we‹ the father in heaven (the respected person) is always included. And this is particularly offensive in the fifth petition, ›forgive us our sins‹. Francke therefore proposed that the Bible Society should replace nged with bdag in subsequent editions of the New Testament.« In: »A History of the Moravian Church's tibetan Bible translations« in Wissenschaftsgeschichte und gegenwärtige Forschungen in Nordwest-Indien, Staatliches Museum für Völkerkunde Dresden, 1990, Seiten 66-79.
Lektion Acht
8.5.2
89Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Kennzeichnung des Genus
Ungewöhnlich für deutsche Muttersprachler ist, dass im Tibetischen »er« und »sie«
kaum unterschieden wird. Tatsächlich fällt es vielen Tibetern schwer, »he« und »she«
im Englischen richtig zu benutzen. Es gibt aber Personalpronomen für die 3. Person, die
anzeigen, ob über eine weibliche oder über eine männliche Person geredet wird. Diese
Personalpronomen sind nicht höflich (Siehe NT 92).
maskulin BÈ-, BÈ-_E-
feminin UÈ-, UÈ-_E-
Für Respektspersonen benutze man BÈE-.
BÈ-TÈ- (»ich«, männlich) und BÈ-UÈ- (»ich«, weiblich) sind genusunterscheidende Personal-
pronomen für die 1. Person (siehe Jä 44 und StB 212-213).
Vorkommen der Personalpronomen
In der 3. Person werden häufig statt der Personalpronomen die Demonstrativprono-
men N‰- oder ]N…- benutzt.
Plural
Der Plural wird in der Umgangssprache mit WÍ- gebildet. In der Schriftsprache auch mit
NC-, éUc- und -selten- FC-.
»selbst, eigen« _E- / I…N-• _E- »selbst, eigen«
_E-qŸE- selbstentstanden _E-TZ…P- Eigennatur u. ä.; skt. svabhÀva
_E-cEc- von selbst rein geworden (sein)
• _E- in Verbindung mit Personalpronomen
_E- hat in einigen Personalpronomen wie zum Beispiel m‰N-_E- die Bedeutung »selbst«
verloren.
E-_E- ich selbst m‰N-_E-_E- du selbst
Nominalphrase
8.6
8.5.3
8.5.4
8.5.5
90Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
E-WÍ- wir (der Angesprochene eingeschlossen)
E-_E-WÍ- wir (der Angesprochene nicht eingeschlossen)
• _E- als Personalpronomen
_E- oder I…N-_E- höfl. für 2. Person _E-FC- wir
• _E- betonend »eben/genau (das)«
N-C-_E genau das N‰-_E-^…P- Grade das ist‘s! Allerdings!
_E- hat in der Umgangssprache noch weitere Bedeutungen in Redewendungen. Diese
sind in Goldsteins Wörterbuch aufgeführt.
I…N- ist ähnlich wie _E- in Verbindung mit Personalpronomen, als Reflexivpronomen
und als betonendes Suffix. I…N- hat auch noch die Funktion eines Abstraktsuffixes
(Siehe Seite 61).
CF‰P-RÈ-I…N- [als mein] älterer Bruder selbst [hierher kam] (DL)
I…N- höfl. du m‰N-I…N- du (selbst)
Aufzählungen mit NE-
Allgemeine Bemerkung
NE- »(zusammen) mit« kann bei der Aufzählung von Nomen oder Pronomen als ver-
bindende Konjunktion dienen und wird dann als »und« übersetzt. Es ist immer dem
Bezugswort nachgestellt. Die Übersetzung solcher Aufzählungen bereitet im Allge-
meinen keine Probleme, aber die Stellung von NE- ist für uns teilweise ungewöhnlich
und deshalb sollen hier einige Beispiele gegeben werden. Außerdem kann NE- distri-
butive Bedeutung (wie »Tag für Tag«) haben.
Aufzählung
Mit NE- aneinandergereihte Elemente haben gewöhnlich die gleiche syntaktische
Rolle, das heißt, eine Partikel dahinter bezieht sich auf die ganze Auflistung. NE- kann
nach jedem Element der Aufzählung (oft mit zusammenfassendem Begriff dabei)
oder nur einmal (meist vor dem letzten Element der Aufzählung) vorkommen. Meist
Lektion Acht
8.7
8.7.1
8.7.2
91Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
folgt auf NE- ein aN- , ohne dass der Satzfluss unterbrochen wird. Die Tibeter machen allerdings eine kurze Sprechpause nach NE-.
MÈC-öE-B‘-NE-, c‰_-RÈ-éUc- die grünen und gelben Dächer [des Kumbum-Klosters] (DL 15)
NE- mit Zahlen
Mit Zahlen bedeutet NE- »plus«.
TF“-NE-Cc“U- dreizehn
TF“-zC-TF“-NE-TF“-CI…c- zehn Zehner plus zwölf Y hundertzwölf
CF…C-NE-p‰N-@- eins plus einhalb Y eineinhalb
Zu p‰N-NE-CI…c- siehe Seite 77.
NE- in distributiver Funktion
»Distributiv« bedeutet, eine sich wiederholende Verteilung angebend, wie in Ausdrü-cken wie »Tag für Tag« oder »Haus für Haus«.
ZC-NE-ZC- Tag für Tag (Jä 252)
Die Nominalphrase: Das Substantiv und seine Erweiterungen
Bestandteile einer Nominalphrase
Der Begriff »Nominalphrase« bezeichnet das Substantiv mit all seinen Erweiterungen. Eine Phrase ist ein Teil eines Satzes, der aus mehreren zusammengehörigen Wörtern besteht. Wenn man diesen Satzteil innerhalb des Satzes verschieben wollte, würde man die gesamte Phrase unverändert verschieben. Zum Beispiel: »Ich gebe dir das rote Buch.« und »Das rote Buch gebe ich dir.« Eine Nominalphrase ist eine Phrase, in der das Kernwort ein Substantiv ist.
Einem Substantiv können Attribute, Mengenangaben, Demonstrativpronomen und Pluralsuffixe beigefügt sein. Attribute sind nähere Informationen zu dem Substantiv. Sie können aus einem einfachen Adjektiv bestehen, aber auch aus komplexeren Aus-sagen.
Nominalphrase
8.8
8.7.3
8.7.4
8.8.1
92Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Aufbau einer Nominalphrase
Wie im Deutschen muss man auch im Tibetischen bei der Nominalphrase eine be-stimmte Reihenfolge der Wortarten einhalten.
1. Substantiv
2. Adjektiv
3. Mengenangabe
4. Demonstrativpronomen oder Indefinitpronomen
5. Pluralsuffix
MÈC-¢ÈP-RÈ- blaues Dach
aÈC-ü‰-ü‚C-U-UE-RÈ- viele lose Seiten
Die Pluralsuffixe stehen am Ende der Phrase. Allerdings werden sie nur gesetzt, wenn der Plural betont werden soll oder eine bestimmte Gruppe von Dingen oder Personen gemeint ist. Insbesondere stehen sie nach N‰- und ]N…-.
U…-UE-RÈ-]N…-WÍ- diese vielen Leute
Die Attribute können selbst aus Nominalphrasen bestehen.1
BE-R-MÈC-¢ÈP-RÈ-Z…C- ein Haus mit blauem Dach
NR‰-G-aÈC-ü‰-ü‚C-U-UE-RÈ- Petscha mit vielen losen Seiten
Bei Zahlen und Demonstrativpronomen kann die Reihenfolge auch umgekehrt zu der oben angegebenen sein.
•‡C-T¢`-N‰-Cc“U- die drei (Arten von) Leid (Gam)
In satzeinleitenden Adverbialbestimmungen der Zeit kann das Demonstrativprono-men voranstehen (1. Demonstrativpronomen, 2. Substantiv).
N‰-I…P- an dem Tag
Lektion Acht
1. Siehe auch »Erweiterung von Adjektiven durch Einbindung von Substantiven«, S. 60.
8.8.2
93Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Erst hinter der kompletten Phrase steht die grammatische Markierung (z. B. ein Kasus-suffix), die die Funktion der Phrase innerhalb des ganzen Satzes anzeigt.
BE-R-MÈC-¢ÈP-RÈ-`-õ-T-zu dem Haus mit blauem Dach blicken; das Haus mit blauem Dach anschauen
(`- = Dativ-Lokativsuffix; hier hin zu)
Vorangestellte Attribute/Attributsuffix
Allgemeine Bemerkung
Eine wichtige Rolle spielen im Tibetischen dem Substantiv vorangestellte Attribute. Zwischen Attribut und Substantiv muss das Attributsuffix stehen.
Attribut – Attributsuffix – Substantiv
BÈE-C…-NR‰-G- sein Petscha
Das Attributsuffix knüpft die engste Verbindung zwischen zwei Wörtern bzw. Wort-gruppen. Die tibetische Bezeichnung für das Attributsuffix ist sehr treffend ]‰`-±- »Verbindungspartikel«. Da so ein vorangestelltes Attribut häufig als Genitivattribut wiedergegeben werden kann, wird das Attributsuffix auch »Genitivpartikel« bzw. »Genitivsuffix« genannt.
Ein Substantiv kann gleichzeitig vorangestellte und nachgestellte Attribute haben.
BÈE-C…-NR‰-G-aÈC-ü‰-ü‚C-U-UE-RÈ- sein Petscha mit vielen losen Seiten
Das Attributsuffix kann nicht nur an nominale, sondern auch an verbale Ausdrücke angehängt werden. Die Bedeutung ist dann eine andere. Siehe dazu Seite 98.
Formen
Das Attributsuffix hat je nach Postskript des vorangehenden Wortes die Formen l…-, C…-, n…-, -]Ã- oder ^…-. Bei Postskript -] wird das Attributsuffix als i-Vokal über dem -] rea-lisiert.
nach Postskript N T c Y l…-
nach Postskript C E Y C…-
nach Postskript P U _ ` Y n…-
nach Postskript ] Y i-Vokal über dem -]
Nominalphrase
8.9
8.9.1
94Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
]H]- »Regenbogen«; ]H]Ã-WÍP- »die Farben des Regenbogens«; ]H]Ã- gilt metrisch
als eine Silbe, wird jedoch nicht als Diphthong gesprochen, sondern als schnelle
Vokalfolge ohne Glottalverschluss dazwischen [ʥà].
ohne Postskript Y -]Ã- oder ^…-
U‰]Ã-W-T- »die Hitze des Feuers«; U‰]Ã- gilt metrisch als eine Silbe, wird aber nicht als
Diphthong ausgesprochen, sondern als schnelle Vokalfolge ohne Glottalverschluss
dazwischen [mɛ]. Nach a-, u- und o-Vokal bewirkt -]Ã Umlautung: T“- »der Junge«,
T“]Ã- »des Jungen« [pʰ].
^…- wird benutzt, wenn für das Versmaß eine Silbe mehr gebraucht wird.
nach ehemaligem N-xC- Y l…-
Beispiele für nominale vorangestellte Attribute
Nominale vorangestellte Attribute bereiten bei der Übersetzung gewöhnlich keine
Schwierigkeiten. Sie lassen sich im Deutschen meist mit dem Genitiv oder als Kom-
positum wiedergeben. Weiter unten sehen wir auch deutsche Adjektive, die im Tibeti-
schen mit einem vorangestellten Attribut konstruiert werden müssen.
• Besitzer
e-B‘-§ÈP-R]Ã-m…U- das Haus von A-khu ston-pa; A-khu ston-pas Haus
• Zugehörigkeit
NCÈP-R-N‰]Ã-`c-q‰N-CI…c- zwei Arbeiter des Klosters
• Teil eines Ganzen
a…E-•ÈE-C…-^`-C- die Zweige des Baumes (KG 8)
• Ort , Herkunft
c‰-_]Ã-É-U- der Lama aus Sera
TÈN-l…-GÈc- der Dharma Tibets; tibetischer Dharma
Beachten Sie, dass es keine andere Möglichkeit gibt, »tibetisch« auszudrücken.
Lektion Acht
8.9.2
95Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
• Handelnder/Handelnde (Agens)
cEc-îc-l…-UNÈ- die Lehrreden Buddhas
Manchmal lassen sich die vorangestellten Attribute im Deutschen nicht mit einem Genitiv-Attribut wiedergeben. Hier bietet sich als Übersetzung ein Kompositum an, ein Adjektiv, ein Relativsatz oder eine treffende Präposition.
• Material
Cc‰_-nÀ-T“U-R- Vase aus Gold; goldene Vase; Goldvase
@È-T]Ã-üU- Schuhe aus Leder; lederne Schuhe; Lederschuhe
Beachten Sie, dass es keine andere Möglichkeit gibt, »golden« oder »ledern« auszu-drücken.
• Gleichsetzung
Die mit Attributsuffix konstruierte Gleichsetzung ist zu verstehen als:
B, das (wie) A ist.
I‰c-R]Ã-Nu- die Feinde, die [bestehen in den] Fehlern
~…N-R]Ã-î-UWÍ- der Ozean der Existenzen
´‰-à-P-]G…]Ã-è-ÖTc- die Wellen, [die bestehen in] Geburt, Alter, Krankheit, Tod
p…-¶ÈN-l…-]H…C-å‰P, die Welt, der Behälter außen
PE-TF“N-l…-c‰Uc-FP, die Lebewesen, die Essenz innen
• weitere Beispiele
CcÈ-_…C-C…-C[÷E- Texte zur Wissenschaft vom Heilen
qE-G”T-`U-n…-±ÈP-U- Lampe des Erleuchtungsweges
( = Titel eines berühmten Werkes von Ati²a; siehe Lesestück Lektion 10)
Nominalphrase
96Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Wiedergabe als Possessivpronomen
Indem an die Personalpronomen das Attributsuffix gefügt wird, werden Ausdrücke
gebildet, die man im Deutschen mit Possessivpronomen wiedergibt. In dieser Weise
können alle möglichen Personalpronomen mit Attributsuffix versehen sein.
Singular Plural
1. Person E]Ã- mein E-WÍ]Ã- unser
2. Person m‰N-_E-C…- dein m‰N-_E-WÍ]Ã- euer
3. Person BÈE-C…- sein/ihr BÈE-WÍ]Ã- ihr
Vorangestellte Partizip-Attribute
Ein Partizip wird im Tibetischen aus Verbstamm plus R- / T- gebildet.
Partizip-Attribute sind aus einem Verb abgeleitete Attribute: »der lesende Mensch«,
»das gelesene Buch«. Dabei können sie aufgrund ihrer Verbherkunft alle Ergänzungen
zu dem Verb haben, von dem sie abgeleitet sind: »der die Zeitung lesende Mensch«.
Deshalb sind Partizip-Attribute oft komplex und verwirrend. Längere Partizip-Attri-
bute werden gewöhnlich vorangestellt. Kürzere können auch nachgestellt sein. Das
Attribut wird an das Nominalsuffix des Partizips immer direkt angeschlossen: R]Ã- oder
T]Ã-.
]x‰P-R]Ã- führend ܉Tc-R]Ã- reichend ]x-T]Ã- ähnelnd
Im Deutschen bietet sich oft eine Übersetzung mit einem Relativsatz an.
m…-]x‰P-R]Ã-U-\‰-ein Brahmane, der einen Hund (mit sich) führt (Lesestück Lektion 13)
UCÈ-îT-Pc-á‰N-UWUc-T_-܉Tc-R]Ã-îP-G-Schmuck, der vom Hinterkopf bis zur Taille reicht (DL 8) (... Pc- ... T_- von ... bis ...)
LÛ-`]Ã-É-U-]x-T]Ã-NC‰-]OÿP-R-Z…C-ein Mönch, der dem Dalai Lama ähnelte (DL 47)
Beachten Sie: -]Ã- in LÛ-`]Ã- ist kein Attributsuffix, sondern hier wird das mongolische
Wort Dalai (»Ozean«) in tibetischer Schrift wiedergegeben.
Lektion Acht
8.9.3
8.9.4
97Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Verschachtelte vorangestellte Attribute
Vorangestellte Attribute sind im Tibetischen sehr häufig und es können mehrere zu-
sammen in einer Phrase auftreten.
MC-U…-_…E-T]Ã-CcE-T]Ã-CPc-ein geheimer Ort, nicht weit entfernt (Lesestück Lektion 13)
Beachten Sie: Wenn für das Versmaß eine weitere Silbe gebraucht wird, kann ^…- für
-]Ã- stehen.
´‰-à-P-]G…]Ã-è-ÖTc-]t‹Cc-R-^…-~…N-R]Ã-î-UWÍ-der Ozean der Existenzen, der besteht in den aufgewühlten Wellen von Geburt, Alter, Krankheit und Tod
Komposita
Das Attributsuffix kann wegfallen, sodass ein Kompositum entsteht.
_…]Ã-UCÈ- Gipfel des Berges
_…-UCÈ- Berggipfel
Dies ist besonders in gängigen Ausdrücken der Fall.
TÈN-H- »Tibet-Tee«, tibetischer Tee
Apposition
Eine Apposition ist ein Attribut wie in »Mañju²rÅ, Bodhisattva der Weisheit«. Im Deut-
schen steht eine Apposition im gleichen Fall wie das Substantiv, auf das es sich be-
zieht: »des Mañju²rÅ, des Bodhisattvas der Weisheit«. Im Tibetischen steht eine Appositi-
on immer im Absolutiv, das heißt, sie hat ein Nullsuffix.
cEc-îc-bl-M—T-R- Buddha ³Àkyamuni
~ÈC-CFÈN-q‰N-UBP-TaP-R-WÍ- die das Leben nehmen, die Schlachter (DL 7)
Nominalphrase
8.9.5
8.9.6
8.9.7
98Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Kasusmarkierungen stehen am Ende der gesamten Wortgruppe.
cEc-îc-bl-M—T-R]Ã- des Buddha ³Àkyamuni
Zwischen Substantiv und Apposition kann ein aN- stehen.
cEc-îc-l…-î‡, N‰-TZ…P-Ca‰Cc-R]Ã-£…E-RÈ-die Ursache der Buddhaschaft, die Essenz eines TathÀgatas (Gam)
Adverbialbestimmung
Das Attributsuffix spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung von Postpositionen. Für den aktiven Gebrauch merke man sich das Schema
Bezugswort + Attributsuffix + Kernwort der Postposition + `-
BE-R]Ã-PE-`- im Inneren des Hauses, im Haus
Postpositionen werden in Lektion 14 besprochen.
Die Attributsuffixe nach Verbstamm
Eine weitere Funktion hat das Attributsuffix, wenn es einem Verbstamm angehängt ist. Dann stellt es das Verhältnis des Satzes zu dem Verb, dem es nachgestellt ist, zu dem folgenden Satz dar. Es drückt Gegensatz, Widerspruch oder Einschränkung aus und ist häufig mit »aber« zu übersetzen.
WÀC-a‰c-l…-NÈP-U…-CÈ]È,[Ich] kenne das Wort, aber den Sinn verstehe ich nicht. (MH 121)
Länder und ihre Bewohner
î-C_- Indien î-C_-T- Inder
î-PC- China î-U…- Chinese
I…-dÈE- Japan I…-dÈE-C…-U…- Japaner
]⁄C-^“`- Bhutan ]⁄C-R- Bhutanese
cÈC-^“`- Mongolei cÈC-RÈ- Mongole
Lektion Acht
8.10
8.9.8
8.9.9
99Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übungen zu Lektion 8
Übersetzen Sie!
1. _…-ªCc-éUc-
2. `È-Tî-zC-UE-RÈ-
3. NUC-U…-N‰-NC-
4. ç-^E-§ÈE-zC-Tî-MU-R- ç-^E- chinesische Silbermünze
5. CF‰_-T“-éUc-
6. Ts‰c-R-éUc-
7. ˇÈU-R-éUc-
8. É-U-CZP-Z…C-
9. IÈC-t-Z…C-`Ec,
10. cEc-îc-GÈc-NE-NC‰-]OÿP-
11. ]qŸE-T-TZ…-P…, c-NE-G”-NE-U‰-NE-Ö‡E-NE-TZ…-^…P,
12. Tî-zC-p‰N-NE-Cc“U- (Jä 356)
Nominalphrase
100Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Der Dalai Lama beschreibt die Tierwelt in der Umgebung seines Heimatdorfes.
^“`-N‰_-q-NE-, q…]“-¶-WÍCc-NE-, _…-ªCc-¬-T, ìE-, ≥‰]“-NE-,
CFP-C\P-C\…C NÈU, Y-UÈ-cÈCc-^ÈN-... (DL 6)
^“`-N‰_- in der Region
Übersetzen Sie!
Die Formen des Attributsuffixes richten sich nach dem Postskript des vorangehenden
Wortes. (Siehe Seiten 93, 94)
1. die goldene Statue ( ‡-) 6. tibetischer Tee (H-)
2. der silberne Vajra (çÈ-ä‰-) 7. indischer Reis (]c-)
3. ein eiserner Behälter (¶ÈN-) 8. bhutanesisches Papier (aÈC-T“-)
4. ein kupfernes Dach (MÈC-) 9. chinesisches Porzellan (N@_-^È`-)
5. lederne Schuhe (üU-)
1. ]BÈ_-T]Ã-TN‰-T-
2. CZP-n…-•‡C-T¢`-
3. _T-qŸE-CI…c-R]Ã-G”-^Èc-`È-
4. ü-c]Ã-RÈ-LÛ-`]Ã-SÈ-E- (DL 13)
5. @È-T]Ã-üU-^“-_…E- (DL 7)
6. ˇ‡-]T“U-NCÈP-R]Ã-MÈC-öE-B‘-NE-, c‰_-RÈ-éUc- (DL 15)
Lektion Acht
101Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
9. SatzstrukturenTibetisch ist eine Ergativsprache | Die Satzglieder | Kasussuffixe |Fünf wichtige Satzstrukturen
Tibetisch ist eine Ergativsprache
Was ist ein »Ergativ«?
Aus der deutschen Sprache und aus weiteren Sprachen, die man gewöhnlich in der Schule lernt, kennen wir es, dass bei einer Handlung bzw. einem Vorgang die tätige Person bei transitiven Verben ebenso wie bei intransitiven Verben in dem Subjektka-sus erscheint, dem Nominativ.
»Ich gebe dir das Buch.« (transitives Verb)
»Ich gehe in den Garten.« (intransitives Verb)
Dieser Sprachtyp (»Subjektsprache« oder »Nominativsprache«) ist weltweit verbreitet. Auch Sprachen wie zum Beispiel Chinesisch, Japanisch oder Arabisch gehören dazu.
Weniger bekannt sind Ergativsprachen, da sie erst in jüngerer Zeit gründlicher er-forscht worden sind. Ergativsprachen gibt es in Amerika, Ozeanien, Australien und Asien. In Europa ist das Baskische eine Ergativsprache. Auch Tibetisch ist eine Ergativ-sprache.
Ergativsprachen gehen nicht davon aus, dass der/die Handelnde (das Agens) zu einem Verb bei transitiven und bei intransitiven Verben im gleichen Kasus stehen muss. Bei transitiven Verben steht das Agens im Kasus »Ergativ« und ist mit einer Ergativmar-kierung versehen, im Tibetischen mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix.
In Sätzen mit intransitiven Verben steht das Subjekt im Kasus »Absolutiv«. Die Markie-rung des Absolutivs ist das Nullsuffix, das heißt die Abwesenheit eines Suffixes.
Formen des Ergativ-Instrumentalsuffixes
Das Ergativ-Instrumentalsuffix hat je nach Postskript des vorangehenden Wortes die Formen l…c-, C…c-, n…c-, -c-oder ^…c-.
nach Postskript N T c Y l…c-
nach Postskript C E Y C…c-
nach Postskript P U _ ` Y n…c-
nach Postskript ] Y -] fällt weg und -c- wird eingesetzt.
9.1
9.1.1
9.1.2
102Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
ohne Postskript Y -c oder ^…c-
-c wird als leichte Längung/Betonung des Vokals realisiert: U…-N‰- [mi dɛ] »der Mensch«, U…-N‰c- [mi deː] »der Mensch (Agens)«. Nach a-, u- und o-Vokal bewirkt -c Umlautung: UN]- [ⁿdàː] »Pfeil«, UNc- [ⁿdɛː] »mit dem Pfeil«.
^…c- wird benutzt, wenn für das Versmaß eine Silbe mehr gebraucht wird.
nach ehemaligem N-xC- Y l…c-
Transitive und intransitive Verben verlangen unterschiedliche Begriff-lichkeiten
• intransitiv
]GN-R- P. GN- zerfallen, zuende gehen, verrotten
a…E-
OÿU-T“_- GN-NÈ,
Subjekt
Das Holz ist in Stücke zerfallen.1
aus dem Beispiel a…E-
Satzglied Subjekt
Kasus Absolutiv
Markierung Nullsuffix
• transitiv
CFÈN-R- P. TFN- N. CFN- I. GÈN- zerhacken, fällen
a…E-UBP-n…c- a…E- OÿU-T“_- TFN-NÈ,Agens Patiens transitives Verb
Der Holzfäller hat das Holz in Stücke zerhackt.
aus dem Beispiel a…E-UBP- a…E-
Satzglied Agens Patiens (direktes Objekt)
Kasus Ergativ Absolutiv
Markierung Erg.-Instrumentalsuffix n…c- Nullsuffix
Lektion Neun
9.1.3
1. Zu dum bur siehe Seiten 117, 118. Zur Finalpartikel do siehe Seite 164.
103Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Die Satzglieder
Allgemeine Bemerkung
Jeder Satz lässt sich durch Einteilung in seine Bausteine, die Satzglieder, leicht und
vollständig erfassen. Es ist daher wichtig, dass man lernt, die Satzglieder zu erkennen.
In der Grammatik der deutschen Sprache gibt es die Satzglieder »Prädikat«, »Subjekt«,
»Objekt« und »Adverbialbestimmung«. In Bezug auf die tibetische Sprache benutze
ich den Begriff »Subjekt« nur bei Sätzen mit intransitivem Verb oder bei der Gleich-
setzung.
Zur Beschreibung der Satzglieder im Tibetischen müssen noch einige Begriffe dazuge-
nommen werden: »Agens«, »Patiens« und »logisches Subjekt«.
Die einzelnen Satzglieder
Prädikat
»Satzaussage«. Das Prädikat besteht aus dem Verb und eventuell dazugehörigen
Elementen wie Hilfsverb oder Modalitätsverb. Versuchen Sie immer als erstes, das
Prädikat im Satz zu finden, denn das Verb im Prädikat bestimmt die Satzstruktur. Wer
das Prädikat versteht, hat also schon den ersten Schritt getan, um die Satzstruktur zu
verstehen.
Im Tibetischen steht das Prädikat immer am Satzende.
Ergänzungen zum Prädikat
Das Prädikat fordert bestimmte Ergänzungen, um einen korrekten und vollständigen,
sinnvollen Satz zu bilden. Das heißt, diese Ergänzungen können (im Deutschen) nor-
malerweise nicht weggelassen werden, sonst fragt man unwillkürlich »Wem?» oder
»Wer?» usw. Ergänzungen sind das Subjekt bzw. das Agens und die Objekte. Manche
Verben verlangen auch Adverbialbestimmungen als Ergänzung, zum Beispiel verlangt
das Verb »gehen« gewöhnlich eine Adverbialbestimmung des Ortes oder der Art und
Weise.
Die tibetische Sprache bezieht den allgemeinen Kontext sehr viel mehr in die Satzbil-
dung ein als das Deutsche. Wenn der Sinnzusammenhang schon die Antworten auf
diese unwillkürlichen Fragen gibt, werden Ergänzungen zum Prädikat häufig wegge-
lassen.
Satzstrukturen
9.2
9.2.1
9.2.2
104Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Subjekt
Im Deutschen steht das Subjekt immer im Nominativ, sowohl bei transitiven als auch bei intransitiven Verben. In Bezug auf die tibetische Sprache benutze ich den Begriff »Subjekt« nur bei Sätzen mit intransitivem Verb oder bei Gleichsetzungen (»etwas ist etwas«).
Im Deutschen gibt es eine Übereinstimmung (Kongruenz) von Prädikat und Subjekt in Person und Zahl, das heißt, man kann aus dem Prädikat schließen, ob das Subjekt in der ersten, zweiten oder dritten Person steht, und ob es Singular oder Plural ist, und so kann man das Subjekt zum Prädikat leicht bestimmen.
Im Tibetischen ist das nicht so. Nur in der tibetischen Umgangssprache kann man teil-weise auf die Person des Subjekts schließen. In der tibetischen Schriftsprache lässt das Prädikat keine Rückschlüsse auf Person und Zahl des Subjekts zu.
Verwechseln Sie nicht die Begriffe »Subjekt« (= Satzglied-Art) und »Substantiv« (= Wortart)!
Agens
Das Agens ist der/die Handelnde zu einem transitiven Verb, typischerweise eine Person.
U-\‰c-UGÈN-R-]T“`, Der Brahmane bringt ein Opfer dar.
Ein Agens kann auch unbelebt sein. Durch die Formulierung mit einem transitiven Verb kann es dabei einen aktiven, belebten Aspekt erhalten. Vergleichen Sie:
»Schnee liegt auf den Bergen.« (intransitives Verb)
»Schnee bedeckt die Berge.« (transitives Verb)
Diese Erwartungshaltung in Bezug auf die semantische Ebene (aktiv handelnde Per-son) bei einem Element der syntaktischen Ebene (Agens) kann als Stilmittel eingesetzt werden, um Unbelebtes zu beleben.
`‰Cc-TaN-±ÈP-U‰c-U-_…C-U—P-R-c‰`,Die Leuchte der schönen Aussprüche erhellt das Dunkel der Unwissenheit. (PS 46)
Ob etwas Unbelebtes tatsächlich grammatisch als Agens bezeichnet werden sollte oder ob man es hier eher mit einer Adverbialbestimmung des Mittels zu tun hat, ist nicht eindeutig festlegbar und wird unterschiedlich interpretiert.1
1. Siehe dazu zum Beispiel die Anmerkungen von Stoddard und Tournardre in KG 14.
Lektion Neun
105Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Patiens (direktes Objekt)
Das Patiens ist das direkt an der Handlung beteiligte Objekt, im Deutschen das Ak-kusativobjekt. Im Tibetischen steht es im Absolutiv, das heißt, es mit dem Nullsuffix markiert (= kein Suffix wird angehängt). Es ist unmittelbar und vollständig von der Handlung betroffen.
Vergleichen Sie:
U-\‰c-_-U-TåCc,Der Brahmane untersuchte/begutachtete die Ziege. (Ziege = direktes Objekt)
U-\‰c-_-U-`-C\…Cc,Der Brahmane blickte zur Ziege. (Ziege = indirektes Objekt)
Das direkte Objekt kann von der Handlung sogar so unmittelbar betroffen sein, dass der ganze Ausdruck als ein Verb wiedergegeben werden kann.
`c-@-q‰N-R- »Arbeit machen« Y arbeiten
EÈ-a‰c-R- »das Gesicht kennen« Y (jemanden) erkennen
Im zweiten Fall wäre der/die Erkannte wiederum direktes Objekt zu dem Gesamtaus-druck.
Siehe auch »Einbindung von Substantiven in verbale Ausdrücke«, Seite 60.
Dativobjekt (indirektes Objekt)
Das Dativobjekt ist weniger eng mit der Handlung verbunden als das Patiens. Es ist niemals das direkt betroffene Objekt, sondern eine von der Handlung unabhängige Größe. Typischerweise ist es eine Person, in deren Richtung die Handlung geht (Adres-sat) oder die von der Handlung Nutzen oder Schaden hat (Benefaktiv). Markiert wird es mit dem Dativ-Lokativsuffix `- oder -_-.
U-\‰c-ü-éUc-`-UGÈN-R-]T“`,Der Brahmane bringt den Göttern ein Opfer dar.
Das Dativobjekt kann auch unbelebt sein.
cN-c‰_-n…c-`È-KÈC-`-CPÈN, Frost und Hagel schadet der Ernte. (Tshig 1553)
Satzstrukturen
106Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Logisches Subjekt
Einige deutsche Verben wie »haben« oder »brauchen« werden im Tibetischen mit Umschreibungen wiedergegeben: »es gibt bei Tashi« für »Tashi hat« usw. Dabei ist das Satzglied, das im Deutschen das Subjekt zum Verb ist (Tashi), im Tibetischen mit dem Dativ-Lokativsuffix `- oder -_- markiert. In so einem Fall benutze ich den Aus-druck »logisches Subjekt«.
Gleichsetzungsergänzung
Die Gleichsetzungsergänzung ist die vom Verb geforderte Ergänzung bei Gleichset-zungen, also das zweite »etwas« bei »etwas ist etwas«. (Siehe Seite 31)
Adverbialbestimmung
»Umstandsbestimmung«. Die Adverbialbestimmung erläutert die näheren Umstän-de, zum Beispiel den Ort, die Zeit, die Art und Weise oder den Grund. Sie beantwortet Fragen wie »wo?«, »wann?«, »wie?«, »warum?« und ähnliches.
Ob der Satz sinnvoll und vollständig bleibt, auch wenn man die Adverbialbestimmung wegfallen lässt, hängt vom Verb und vom Kontext ab.
Adverbialbestimmungen werden im Tibetischen mit Hilfe unterschiedlicher gramma-tischer Partikeln gebildet, insbesondere auch der Kasussuffixe. Adverbialbestimmun-gen werden in Lektion 14 besprochen.
Verwechseln Sie nicht die Begriffe »Adverbialbestimmung« ( = Satzglied-Art) und»Adverb« ( = Wortart)!
Kasussuffixe
Was bedeutet Kasus und was Kasussuffix?
Welches Satzglied wir vor uns haben, erkennen wir im Deutschen anhand des Kasus‘, in dem es steht. So steht das Subjekt immer im Nominativ, das direkte Objekt im Ak-kusativ und das indirekte Objekt im Dativ. Den Kasus wiederum erkennen wir anhand der Deklination (ebenso Person und Anzahl).
»Der Hase überholt den Igel.« (Der Hase ist schneller.)
»Den Hasen überholt der Igel.« (Der Igel ist schneller.)
In jedem dieser Sätze ist der inhaltliche Bezug eines jeden Satzglieds zu den anderen Satzgliedern eindeutig erkennbar anhand des Kasus‘, in dem es steht. In welchem Ka-sus die Objekte zu stehen haben, bestimmt das Verb. Es »regiert den Satz«.
Lektion Neun
9.3
9.3.1
107Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Im Tibetischen gibt es keine Deklination wie im Deutschen. Die syntaktische Rolle ei-nes Satzglieds wird mit Suffixen markiert, das heißt mit grammatischen Partikeln, die an das unveränderte letzte Wort des Satzglieds angehängt werden. Da die Markierung der Satzglieder die wichtigste Funktion dieser Partikeln ist, werden sie Kasussuffixe genannt, tibetisch éU-Nq‰]Ã-zN- »Partikel der Kategorie; Kasussuffix«. Sie haben aber noch weitere Funktionen: Sie beziehen sich nicht nur auf Subjekt/Agens und Objekte, sondern sie können auch Adverbialbestimmungen in den Satz mit einbinden, Adverbi-en und Postpositionen bilden, ja, sie können sogar Sätze verbinden, also als Konjunkti-on dienen. Im letzten Fall stehen sie nach einem Verbstamm oder Verbalnomen.
• Kasussuffixe zur Markierung der Satzglieder werden in dieser Lektion besprochen.
• Kasussuffixe zur Bildung von Adverbialbestimmungen, Adverbien und
Postpositionen werden in Lektion 14 besprochen.
• Kasussuffixe als Verbindung von Verbalhandlungen werden in Lektion 11 unter dem jeweiligen Kasussuffix besprochen.
Welche Kasussuffixe gibt es?
Wir unterscheiden hier die folgenden Kasussuffixe bzw. im ersten Fall die Satzglied-markierung:
Nullsuffix
Ergativ-Instrumentalsuffix l…c-, C…c-, n…c-, -c- und ^…c-
Ablativsuffix Pc- und `c-
Dativ-Lokativsuffix `- (-_-)
Lokativsuffix P-
Terminativsuffix Lfi-, Oÿ-, _“-, -_- und c“-
NE- als Suffix der Begleitung (Komitativsuffix)
Auch das Attributsuffix l…-, C…-, n…-, -]Ã- und ^…- wird traditionell zu den Kasussuffixen ge-zählt. Es markiert aber nicht die syntaktische Rolle von Satzgliedern, sondern in erster Linie die Beziehung von Wörtern innerhalb einer Nominalphrase. Das Attributsuffix wurde in Lektion 8 besprochen.
Formen der Kasussuffixe
Die Formen des Ergativ-Instrumentalsuffixes, des Attributsuffixes und des Terminativ-suffixes variieren je nach Postskript des vorangehenden Wortes. Zum Ergativ-Instru-
Satzstrukturen
9.3.2
9.3.3
108Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
mentalsuffix siehe Seite 101. Zum Attributsuffix siehe Seite 93. Eine Partikelübersicht
findet sich im Anhang auf den Seiten 280, 281 .
Formen des Terminativsuffixes
nach Postskript C T Y Lfi-
nach Postskript E N P U _ ` Y Oÿ-
nach Postskript ] und ohne Postskript Y -_- oder _“-
_“- wird benutzt, wenn für das Versmaß eine Silbe mehr gebraucht wird.
nach Postskript c Y c“-
nach ehemaligem N-xC- Y Lfi-
-_ als Dativ-Lokativsuffix und als Variante von NE-
Nach Wörtern ohne Postskript kann -_- anstelle von `- oder von NE- stehen.
Agglutination
Wird in einer Sprache der Kasus markiert, indem an den unveränderten Wortstamm
ein Präfix oder Suffix tritt, das zum Teil des Wortes wird, so spricht man von Aggluti-
nation. Da im Tibetischen Suffixe den Kasus markieren, spricht man von Tibetisch als
agglutinierender Sprache.
Fünf wichtige Satzstrukturen
Allgemeine Bemerkung
Beim Übersetzen geht man in folgenden Schritten vor:
1. Man sucht das Verb.
2. Man überlegt sich, welche Satzstruktur man bei diesem Verb zu erwarten hat.
3. Man sucht die entsprechenden Satzglieder.
Die Kasussuffixe sind die Informationsträger zu dem Aufbau des Satzes. Lernen Sie,
diese Informationen zu erkennen! Da die Funktionen der Kasussuffixe vielfältig sind,
erscheinen sie am Anfang unübersichtlich.
Lektion Neun
9.4
9.3.4
9.4.1
109Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Die Begriffe »transitiv« und »intransitiv«
Die Begriffe »transitiv« und »intransitiv« sind nicht in der ganzen Bedeutung zu über-nehmen, die sie in der deutschen Grammatik haben. Bei »transitiv« und »intransitiv« geht es bei tibetischen Verben allein darum, dass ein transitives Verb ein Agens und ein direktes Objekt hat, ein intransitives dagegen nur ein Subjekt und kein direktes Objekt. Eine regelmäßige Bildung von Passiv-Verbformen wie im Deutschen gibt es im Tibetischen nicht.
Übersicht der fünf wichtigen Satzstrukturen
Welche Satzstrukturen sind möglich? Die folgende Einteilung gibt eine Übersicht der grundlegenden Satzstrukturen.
1. Gleichsetzung
2. Sätze mit intransitiven Verben: Subjekt – Verb
3. Sätze mit transitiven Verben: Agens – Patiens – Verb
4. Umschreibungen (log. Subjekt mit `-)
»haben«, »brauchen«, »erhalten«, »finden«, »gebären/zur Welt bringen«
5. Sonderkonstruktionen
1. mit `- (-_-) (Dativ-Lokativobjekt)
a. Verben des Fühlens
b. »etwas nennen/bezeichnen«
c. Verben mit Agens und Dativ-Lokativobjekt
2. mit Terminativsuffix
a. Verben der Umwandlung »zu«
b. Wiedergabe als Präpositionalobjekt/Adverbialbestimmung mit »als«
3. mit `c- »von was/wovon/woraus«
4. mit l…c-»an«, »wovon«, »wovor« u. a.
5. mit NE- »mit« u. a.
Ziel dieser Einteilung ist es, Satzstrukturen schnell zu erfassen und Abweichungen von den Grundstrukturen erkennen und interpretieren zu können. Wir lernen hier die ty-pische Satzstruktur der jeweiligen Kategorien kennen. Abweichungen davon können zum Beispiel eine Betonungsverschiebung ausdrücken. Ich benutze das Zeichen ø, um deutlich zu machen, dass ein Satzglied mit dem Nullsuffix markiert ist.
Satzstrukturen
9.4.2
9.4.3
110Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Satzstruktur Eins: Gleichsetzung
Im Tibetischen wird häufig von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, zwei Satzglieder
im Absolutiv gleichzusetzen, indem sie einfach hintereinandergestellt werden: Satz-
glied 1 [=] Satzglied 2. Die beiden Satzglieder können einzelne Wörter sein, sie können
aber duchaus auch komplex sein. Sie können sogar aus ganzen Sätzen bestehen, die
mit Hilfe des Nominalsuffixes R- / T- nach dem Verbstamm nominalisiert worden sind.
Häufig folgt nach dem R- / T- ein N‰- oder das Betonungssuffix P…- (»was ... angeht«).
Das Subjekt kann auch aus Sätzen bestehen, die mit Verbstamm + P- enden: »Wenn
jemand das und das macht, dann ist das ...« (Zu P- als »wenn« siehe Seite 159).
Satzglied 1 ist immer das Subjekt, Satzglied 2 ist immer die Gleichsetzungsergänzung.
Diese Reihenfolge ist unveränderlich. Eine Gleichsetzung muss nicht unbedingt mit ei-
nem Verb abschließen, es kann auch direkt dahinter eine Finalpartikel oder eine Semi-
finalpartikel stehen. Das wird an entsprechender Stelle besprochen (Seiten 164, 220).
An dieser Stelle wird das Verb ^…P- besprochen. In der Schriftsprache können nur ^…P- und seine elegant-bescheidene Form Cc- als Gleichsetzungsverb vorkommen, selten
auch _‰N-.
Das Gleichsetzungsverb ^…P- stellt grammatisch gesehen einen Sonderfall dar. Es ist
inhaltsleer wie ein Gleichheitszeichen und hat einzig und allein die Funktion, Subjekt
und Gleichsetzungsergänzung miteinander zu verbinden. ^…P- gibt es nur in einer ein-
zigen Stammform. Steht es als Hauptverb im Satz, so sagt es nichts über die Zeit aus.
Gewöhnlich wird es als Präsens verstanden. Andere Zeiten müssen mit Hilfe von Zeit-
angaben oder Kontext deutlich gemacht werden.
Zu ^…P- als Hilfsverb siehe Seite 255.
Die typische Satzstruktur ist:
Subjekt ø + Gleichsetzungsergänzung ø + ^…P-
NC‰-àP-Ö‡E-W-RÈ-^…P, Der Lehrer ist aufbrausend.
Die Gleichsetzungsergänzung kann auch aus komplexeren Phrasen bestehen.
`“E-R-N‰-UXÂc-•‡C-NE-úP-R-Z…C-^…P,Die Region ist voller Schönheit (mit Schönheit versehen). (DL 5)
Lektion Neun
9.4.4
111Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Häufig ist das Subjekt mit dem Betonungssuffix P…- (»was ... angeht«) verdeutlicht, das
im Deutschen aber selten direkt wiedergegeben wird.
m…-N‰-P…-a…P-Lfi-U-_“Ec-R-^…P, Dieser Hund ist [wirklich] sehr grausig! (Lesestück Lektion 13)
@ê-R-P…-TÈN-PE-É-U]Ã-^E-~…N-EÈc-]XÀP-q‰N-R]Ã-MÈC-U-^…P, (DL 6)
»Der Karmapa war der Beginn des Identifizierens von Wiedergeburten von Lamas in Tibet.« Y Mit dem Karmapa begann in Tibet [die Tradition,] Wiedergeburten von La-mas zu identifizieren.
Das elegant-bescheidenene `Cc- hat wie ^…P- nur eine einzige Stammform.
]N…-]CÈC-R-P…-M_-R-`Cc-Diese (Ursachen des Leidens) zu beenden ist Befreiung. (NL 114)
`Cc- ist auch Höflichkeitssilbe. An Namen gehängt drückt es eine höfliche Anrede aus.
e-U-`Cc- (Werte) Mutter
Bei Antworten macht es die Antwort höflich.
`Cc-^…P- Ja, es ist so. `Cc-U…P- Nein, es ist nicht so.
In der Umgangsprache benutzt man für Gleichsetzungen, die sich nicht auf die erste
Person beziehen, _‰N-.
m‰N-_E-NC‰-àP-_‰N, Du bist Lehrer. BÈE-TÈN-R-_‰N, Er ist Tibeter.
Satzstruktur Zwei: Sätze mit intransitiven Verben
Intransitive Verben sind hauptsächlich Verben der Bewegung, des sich Aufhaltens, des
Vorhandenseins und des Zustandes. Die typische Satzstruktur ist:
Subjekt ø + intransitives Verb
T-pŸCc-TîN-NE-, UXÍ-UÈ-TOÿP-^ÈN,Es gibt acht Kühe und sieben weibliche Dzos. (DL 12)
Subjekt: »acht Kühe und sieben weibliche Dzos«
Zusätzliche Adverbialbestimmungen können in allen Satzstrukturen vorkommen, sind
für intransitive Verben aber besonders typisch.
Satzstrukturen
9.4.5
112Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
p…-`È-1935 î`-WT-GÈc-]BÈ_-î`-Oÿ-ü-UÈ]Ã-É-UWÍ_-S‰Tc,
Im Jahre 1935 begab sich der Regent zu dem (Orakelsee) Lhamo Lhatso bei Chos-‘khor-rgyal.1
Subjekt: »der Regent«
Adverbialbestimmung der Zeit: »im Jahre 1935«
Adverbialbestimmung der Richtung: »zu dem (Orakelsee) Lhamo Lhatso bei Chos-‘khor-rgyal«
Satzstruktur Drei: Transitive Verben
Die typische Satzstruktur in Sätzen mit transitiven Verben ist:
Agens l…c- etc. + Patiens ø + transitives Verb
mÈ-Cc-RCc-æ-NE-, @È-T]Ã-üU-^“-_…E-nÈP, Die Männer tragen Fellmützen und lederne Schuhe mit hohem Schaft. (DL 7)
Unbelebtes in der Position des Agens erhält einen belebten Aspekt.
I…-Uc-U—P-R-c‰`, Die Sonne erhellt das Dunkel. (KG 14)
In der Autobiographie des Dalai Lama findet man auch Pc- als Agensmarkierung.
Nachdem der 5. Dalai Lama 1682 gestorben war, wollte der damalige Regent, der »Desi«, den Tod vor dem Volk verbergen.2
•‰-~…N-Pc-LÛ-`]Ã-É-U-]x-T]Ã-NC‰-]OÿP-R-Z…C-TV`,
Der Desi suchte einen Mönch, der dem Dalai Lama ähnelte. (DL 47)
Peter Schwieger schreibt: »In höflicher Redeweise kann zur Markierung des Subjekts das Suffix Pc- gewählt werden.« (PSch 76). Er bringt mehrere Beispiele in Verbindun-gen mit Verben des Sagens und des Aufforderns (PSch 76, 284).
Zusätzlich können Dativobjekte vorkommen. Sie werden mit dem Dativ-Lokativsuffix `- markiert, nach Wörtern ohne Postskript auch mit -_-.
1. Das Kloster Chos-‘khor-rgyal wurde vom 2. Dalai Lama (1475-1542) gegründet. Siehe dazu Der »verrückte« Weise auf Tibets Königsthron von Glenn Mullin, Barth Verlag, 2004.2. Zum historischen Hintergrund siehe zum Beispiel: Karl-Heinz Everding: Tibet. Lamaistische Klosterkulturen, nomadische Lebensfor-men und bäuerlicher Alltag auf dem »Dach der Welt«. Dumont 1993, S. 62.
Lektion Neun
9.4.6
113Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Satzstruktur Vier: Umschreibungen (Log. Subjekt mit `- / -_-)Die Kategorie »Satzstruktur Vier: Umschreibungen« kommt allein dadurch zustande,
dass die Konstruktionen mancher Verbalhandlungen im Tibetischen und im Deut-
schen nicht übereinstimmen. Gemeint sind die Fälle, in denen das Subjekt des deut-
schen Satzes im Tibetischen grammatisch als Dativobjekt wiedergegeben wird, also
»Mir ein Buch existiert.« Y »Ich habe ein Buch.« Würde man mit Tibetern die tibeti-
schen Satzstrukturen besprechen, wäre diese Kategorie überflüssig. Für deutschspra-
chige Studenten des Tibetischen ist sie aber hilfreich.
In diese Kategorie fallen Aussagen, die im Deutschen mit »haben«, »brauchen«, »er-
halten«, »finden« und »gebären/zur Welt bringen« wiedergegeben werden.
Das Satzglied, welches im Deutschen als Subjekt (also im Nominativ) wie-
dergegeben wird, und im Tibetischen mit dem Dativ-Lokativsuffix `- (-_-)markiert ist, wird als »logischen Subjekt« bezeichnet. Analog dazu nenne ich das Satz-
glied, das im Deutschen als Objekt wiedergegeben wird, »logisches Objekt«. Meistens
lässt sich die Verwendung des Dativ-Lokativsuffixes nachvollziehen.
Die typische Satzstruktur ist:
logisches Subjekt `- + logisches Objekt ø + Verb
• »haben« und »brauchen«
Im Tibetischen gibt es die Verben »haben« und »brauchen« nicht. Für »haben« wird
das Verb ^ÈN-R- »vorhanden sein« mit der Satzstruktur Vier benutzt.
E-`-N‰T-UE-RÈ-^ÈN, »Bei mir gibt es viele Bücher.« Y Ich habe viele Bücher.
Um »brauchen« auszudrücken, wird das Verb NCÈc-R- »notwendig sein« mit der Satz-
struktur Vier benutzt.
m‰N-_E-`-C-_‰-NCÈc,
»Was ist notwendig für Sie/Dich?« Y Was brauchen Sie? / Was brauchst Du?
Statt `- steht nach Wörtern ohne Postskript häufig -_-.
E-WÍ_-e-ZE-Z…C-^ÈN, Wir haben/hatten einen Onkel. (DL 22)
Satzstrukturen
9.4.7
114Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
C[÷E-C…-ˇ‡-WT-WÍ_-ç-^E-§ÈE-zC-Tî-MU-R-NCÈc,Die Regierungsabgeordneten benötigten hunderttausend Dayang (chin. Währung). (DL 20)
• Die Verben _C- »erhalten«, ã‰N- »finden« und ´‰- »geboren werden«
Die Verben _C-R- »erhalten«, ã‰N-R- »finden« und ´‰-T- / höfl. ]t‹E-T- »geboren werden,
entstehen« werden im Tibetischen als intransitiv aufgefasst und entsprechen ihrer
grammatischen Struktur nach deutschen Passivkonstruktionen: »(Geld) wird erhal-
ten«, »(die Wiedergeburt des 13. Dalai Lamas) wird gefunden«, »(ein Kind) wird gebo-
ren«.
E-´‰c, ich wurde geboren
p…-`È-1935 TÈN-a…E-SC-Ñ- 5
WÂc- 5-- I…P-E-´‰c,
Am 5. Tag des 5. Monats im tibetischen Holz-Schwein-Jahr, nach westlicher Kalender-
rechnung 1935, wurde ich geboren. (DL 5)
Kommt als zusätzliche Information in dem Satz auch noch die Person vor, die etwas
erhalten, erlangt, gefunden oder geboren hat, wird das entsprechende Satzglied mit
dem Dativ-Lokativsuffix markiert.
NE“`-ã‰N-R-_‰N, Geld wurde gefunden.
BÈ-`-NE“`-ã‰N-R-_‰N, Er hat Geld gefunden. (Go 432)
( ã‰N-R-_‰N- = Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion; siehe Seiten 257-259)
T“-z⁄C-TF“-x⁄C-]t‹Ec, Sechzehn Kinder wurden geboren.
E]Ã-´‰N-U_-T“-z⁄C-TF“-x⁄C-]t‹Ec, (DL 10)
Die wörtliche Übersetzung »Meiner Mutter wurden sechzehn Kinder geboren.« ist nur
als Hilfsübersetzung akzeptabel. Es ist zwar nachvollziehbar, gibt aber nicht treffend
wieder, was gemeint ist. Entsprechend muss man im Deutschen mit »gebären; zur
Welt bringen« übersetzen: »Meine Mutter hat sechzehn Kinder geboren/zur Welt ge-
bracht.«
Lektion Neun
115Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Ist Agens-Aktivität und kontrollierbares Handeln impliziert beim Erhalten oder Finden, kann die handelnde Person auch mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix markiert sein und die Satzstruktur entspricht dann der Satzstruktur Drei (transitive Verben).
In seiner Autobiographie beschreibt der Dalai Lama die Situation, als Suchtrupps ausgeschickt wurden, um die Wiedergeburt des 13. Dalai Lama ausfindig zu machen. Als ein Suchtrupp zum Haus seiner Eltern gelangt, werden die als Diener verkleideten Anführer des Trupps in die Küche gebracht.
N‰_-BÈE-WÍc-z⁄C-Dÿ-G”E-G”E-N‰-Tã‰N ... Dort fanden sie das kleine Kind. (Lesestück L. 16)
diejenigen, die etwas finden: BÈE-WÍc- was gefunden wird: z⁄C-Dÿ-G”E-G”E-N‰-
Satzstruktur Fünf: Sonderkonstruktionen
Alle Konstruktionen, die von den Satzstrukturen Eins bis Vier abweichen, nenne ich Sonderkonstruktionen. In diese Gruppe fallen viele Verben, die im Deutschen mit einem Präpositionalobjekt oder mit einer Adverbialbestimmung wiedergegeben werden: »abhängen von«, »werden zu« usw. Außerdem gibt es Verben, die in ihrer Grundbedeutung die Satzstruktur Drei (Agens-Patiens-Verb) verlangen und mit ei-ner Sonderkonstruktion abgeleitete Bedeutungen haben. (Im Deutschen werden die abgeleiteten Bedeutungen auch mit Hilfe von Vorsilben wie »zer-«, »er-«, »be-« usw. ausgedrückt.) So bedeutet ]XÀP-R-»ergreifen, halten« mit einer Sonderkonstruktion »begreifen/auffassen als«.
Auch diese Verben sind entweder transitv oder intransitiv. Wenn in den Sätzen das Subjekt bzw. das Agens erwähnt ist, so steht es bei intransitiven Verben im Absolutiv und bei transitiven Verben im Ergativ.
Sonderkonstruktion Eins: Ergänzung mit `- (-_-) (Dativ-Lokativobjekt)
a. Verben des Fühlens (intransitiv)
Bei Verben des Fühlens ist das, worauf das Gefühl sich richtet, mit `- markiert:
der/die Fühlende ø + das, worauf das Gefühl sich richtet `- + Verb des Fühlens
Verben des Fühlens werden im Tibetischen also nicht als transitiv aufgefasst.
NRÈP-RÈ-S`-G‰_-EÈ-T§ÈN-`-NC], É-U-S`-G‰_-]T“`-T-`-NC],
q…c-R-S`-G‰_-˛‰N-UÈ-`-NC],Die meisten Vorgesetzten mögen Schmeicheleien. Die meisten Lamas mögen Gaben. Die meisten Kinder mögen das Spiel. (Tshig 439)
Satzstrukturen
9.4.8
9.4.9
116Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
]nÈN-R- bereuen, Reue ¢_-qc-`-]nÈN-R- das vorher Gemachte bereuen (DYSG)
b. Verben des Sagens (transitiv)
\‰_-T- »sagen«, Cc“E-T- höfl. »sagen« und ähnliche können in der Bedeutung »sagen zu, nennen, bezeichnen« vorkommen. Das, zu dem etwas gesagt wird, ist mit `- markiert. Wenn das Agens nicht erwähnt wird, können \‰_-T- oder Cc“E-T- auch mit »heißen« übersetzt werden. Ein eigenes Wort für »heißen« gibt es im Tibetischen nicht.
UÈ-`-]…-\‰_,Zum weiblichen [Yak] sagt man »Dri«. / Weibliche [Yaks] werden »Dri« genannt. / Weibliche [Yaks] bezeichnet man als »Dri«. / Weibliche Yaks heißen »Dri«. (DL 12)
Die Konstruktion ist häufig erweitert mit C…-U…E-`- »als Namen von«, das in der Überset-zung ins Deutsche nicht wiedergegeben wird.
_…-TÈ-N‰]Ã-U…E-`-e-U‰c-´‰-_…-\‰_, ^“`-U…-WÍc-_…-CPU-`-C\“Cc-UBP-^E-\‰_,
Der Berg wurde A-mes-skye-Berg genannt. Die Einheimischen sagten auch »Berg, der den Himmel durchstößt«. (DL 5)
Das höfliche Wort für U…E- ist UWP-.
COÿE-C…-UWP-`-U…-`-Z‰c-uCc-Die Familie väterlicherseits ist bekannt unter dem Namen Mi-la. (Mil)
Eine höfliche Art, jemanden nach seinem Namen zu fragen, ist:
m‰N-_E-C…-UWP-`-C-_‰-[÷-C…-^ÈN, Wie heißen Sie?1
Zu einem Kind sagt man:
m‰N-_E-C…-U…E-`-C-_‰-\‰_-l……-^ÈN, Wie heißt Du?1
Für die Antwort benutzt man immer die gewöhnliche Sprache:
E]Ã-U…E-`- ... \‰_-l…-^ÈN, Mein Name ist ... / Ich heiße ...
q-T- im Sinne von »heißen« oder »nennen«, wird wie \‰_-T- konstruiert.
Cc“U-R-`- ... Z‰c-q]È, Das dritte wird ... genannt. / Das dritte heißt ...
Lektion Neun
1. Zhu gi yod und zer kyi yod sind Hauptverb-Hilfsverbkonstruktionen. Siehe S. 257-259.
117Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
c. Verben mit Agens und Dativ-Lokativobjekt, aber ohne direktes Objekt
Einige wenige Verben haben ein Agens, aber kein Patiens (bzw. das Patiens ist im Verb impliziert wie bei ]OÿN-R- »sich verbeugen«). Sie verlangen als Ergänzung ein mit dem Dativ-Lokativsuffix markiertes Objekt.
Dazu gehören õ-T- »(an)sehen; den Blick richten (auf)«, ]OÿN-R- »sich verbeugen«, CPÈN-R- »schaden; Schaden zufügen«, SP-R- »nützen; von Nutzen sein«.
Ec-TcU-CKP-`-Tõc, Ich schaute zu Samten.
É-U-`-]OÿN-R- sich vor dem Lama verbeugen
cN-c‰_-n…c-`È-KÈC-`-CPÈN, Frost und Hagel schadet der Ernte. (Tshig 1553)
ÆÈE-T- kommt mit direktem Objekt konstruiert vor und bedeutet dann »(etwas) üben« (Eine weitere Bedeutung ist »reinigen«.). Mit einem Dativ-Lokativobjekt konstruiert, bedeutet es »sich üben in«.
Der Übersetzende muss diese grammatischen Feinheiten erkennen und dann ent-scheiden, ob es bei der Wiedergabe ins Deutsche besser ist, die Originalstruktur des tibetischen Satzes zu bewahren oder hier zum Beispiel mit »etwas studieren« anstelle von »sich üben in« zu übersetzen.
Ebenso bei °ÈU-R-: mit direktem Objekt »kultivieren; sich angewöhnen« und mit Dativ-Lokativobjekt »sich gewöhnen an; meditieren über«.1
Sonderkonstruktion Zwei: Terminativobjekt wiedergegeben als Adverbi-albestimmung oder Präpositionalobjekt
a. Verben der Umwandlung »zu« (transitiv und intransitiv)
Bei Veränderung einer Sache zu etwas, wird das Satzglied, das das Resultat der Verän-derung darstellt, mit dem Terminativsuffix markiert. Peter Schwieger bezeichnet diese Ergänzung als Resultativbestimmung (PSch 263), Herforth nennt diesen Fall »Illativ«.2
]t‹`-R-^‰-a‰c-c“-PU-]nŸ_- Wann wird die Täuschung zu Weisheit? (Gam)
1. Zu dieser Gruppe von Verben siehe auch Rudolf Kaschewsky »Zur Frage des sogenannten ›Akkusativs‹ im Tibetischen« in Proceedings of the Csoma de Körös Memorial Symposium, Hrsg. Louis Ligeti, Budapest 1978.2. Tillemans und Herforth. Agents and Actions in Classical Tibetan – The Indigenous Grammarians on bdag and gzhan and bya byed las gsum. Wien 1989, S. 88.
Satzstrukturen
9.4.10
118Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
cEc-îc-l…-UNÈ-TÈN-ˇN-Oÿ-T¨„„_,Die Lehrreden Buddhas wurden ins Tibetische übersetzt. (Wi 636)
a…E-UBP-n…c-a…E-OÿU-T“_-TFN,Der Holzfäller hat das Holz in Stücke zerschnitten.
CPÈN-Æ…P-Z…C-C…c-_-U-m…_-≥„`,Ein Dämon hat die Ziege in einen Hund verwandelt. (Lesestück Lektion 13)
b. Wiedergabe als Adverbialbestimmung/Präpositionalobjekt mit »als« (transitiv und intransitv)
Ein Terminativsuffix nach einem Nomen lässt sich häufig mit »als« wiedergeben.
R_-Oÿ-∞„P-R- als Druck herausgeben; publizieren
Diese Konstruktion drückt häufig aus, dass etwas mit der jeweiligen Wahrnehmung
zusammenhängt, also nicht: »etwas ist etwas«, sondern »etwas wird bezeichnet, dar-
gestellt, wahrgenommen, sich vorgestellt etc. als etwas«.
• Beispiel mit intransitivem Verb
Die Schneeberge sind weiß, aber von Ferne betrachtet erscheinen sie bläulich:
CEc-_…-U…C-a‰c-`-¢ÈP-RÈ_-¶E-,Die Schneeberge erscheinen dem Augenbewußtsein als blau. (Wi 601)
• Beispiele mit transitiven Verben
N‰-P…-´‰c-T“-M-U_-a‰c, Diese eben sind als die niedersten Wesen bekannt. (Bodhi)
N‰-P…-§ÈE-R-I…N-Oÿ-TaN, (Eben) das wird als Leerheit bezeichnet. (MMK, siehe Seite 213)
≥…P-CÈc-c“-nÈP- Wolken als Kleider tragen1
Lektion Neun
1. Beispiel aus der unveröffentlichten Einführung in das klassische autochthone Tibetisch von Jan Sobisch (Ph.D.).
119Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
• ]XÀP-R-
Bei ]XÀP-R- im Sinne von »etwas begreifen/auffassen als« wird das, was als etwas be-griffen oder aufgefasst wird, mit `-/-_- markiert.
MC-t-`-¥„`-Oÿ-]XÀP-R- ein gestreiftes Seil als Schlange ansehen
TNC-U‰N-R-`-TNC-Lfi-]XÀP-R-etwas, bei dem es kein »Selbst/Ich«gibt, als »Selbst/Ich« auffassen
• õ-T-
õ-T- »ansehen« kann im Sinne von »etwas (`-/-_-) ansehen als (Term.)« konstruiert werden.
a-tÈU-Pc-IÈc-R-`-I‰c-NU…Cc-c“-U…-õ,Fleisch auf dem Markt zu kaufen wird nicht als falsche Verhaltensweise angesehen. (DL 7)
• ˛…-T-
˛…-T- »rechnen, zählen« kann im Sinne von »etwas (`-/-_-) zählen zu/ansehen als (Term.)« konstruiert werden.
^ÈP-KP-`-´ÈP-Oÿ-˛…-T- gute Eigenschaften als Fehler ansehen (Jä 446)
Sonderkonstruktion Drei: Adverbialbestimmung mit `c- »von was/wovon/woraus« (transitiv und intransitiv)
Bei Verben der Bewegung weg von, des Abrückens und des Trennens ist das, wovon abgerückt wird etc. mit dem Ablativsuffix `c- markiert.
I‰c-R-AÿP-`c-M_-R- von allen Übeln freikommen
r-EP-`c-]Nc-R- »jenseits der Leiderfahrungen gekommen sein«, skt. nirvÀÐa
Nu-`c-î`-T- siegreich sein über die Feinde
•‡C-T¢`-n…-î-UWÍ-`c-±È`-T- aus dem Ozean des Leidens befreien
Satzstrukturen
9.4.11
120Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Sonderkonstruktion Vier: Adverbialbestimmung mit l…c- etc. »an«, »wo-von«, »wovor« (intransitv)
Einige Verben verlangen mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix konstruierte Ergänzun-gen.
mT-R- durchdrungen sein (von) (Was durchdrungen wird kann mit `- markiert sein.)
§ÈE-R- leer sein (von)
CE-T- voll/gefüllt sein (mit)
NT‰P-R- entfernt sein (von), weg (von)
NT“`-R- arm sein (an)
`E-T- genug sein (an)
TcU-l…c-U…-mT-R-[Etwas ist] vom Geist nicht zu durchdringen. Y unvorstellbar
`“E-R-G”c-§ÈE-R-»ein Tal, das leer ist von Wasser« Y ein Tal, in dem es kein Wasser gibt (Tshig)
¶ÈN-TF“N-•…C-Rc-CE-T]Ã-WÂ,, ì‰P-EP-qE-G”T-`U-Oÿ-T¨„„_,,Wenn der Behälter (die äußere Umgebung) und sein Inhalt (ihre Bewohner) mit Schlechtem angefüllt sind, verwandle schlechte Umstände in den Weg des Erwachens. (Blo)
Sonderkonstruktion Fünf: Adverbialbestimmung mit NE- »mit« u.ä. (tran-sitiv und intransitiv)
Die Grundbedeutung von NE- ist »(zusammen) mit«. Einige Verben verlangen eine mit NE- konstruierte Ergänzung. Häufig sind es Verben, die im Deutschen ein Präpositio-nalobjekt mit »mit« verlangen. Mit NE- werden vor allem Verben der Begleitung, der Trennung, des Gleichseins, der Übereinstimmung, der Nichtübereinstimmung, der Nähe und der Ferne konstruiert.
É-U-NE-UH`-T- zusammentreffen mit dem Lama, dem Lama begegnen
^…N-TN‰-NE-]uÈCc-R- verbunden mit einem freudvollen Geist
Lektion Neun
9.4.12
9.4.13
121Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
U-\‰-_-U-NE-úP-R- »der mit der Ziege versehene Brahmane«; der Brahmane mit der Ziege
Statt NE- kann nach Wörtern ohne Postskript -_- stehen.
Häufig werden die Konstruktionen verkürzt zu zweisilbigen Ausdrücken.
≥Èc-R-NE-`-T- Y ≥Èc-`- frei von geistigen Ausschweifungen
ÉÈ-NE-úP-R- Y ÉÈ-úP- versehen mit Verstand
Wichtige Verben aus dieser Kategorie sind:
]C`-T- im Widerspruch stehen (zu)
]uÈCc-R- sich umgeben (mit), befreundet sein (mit)
UH`-T- zusammentreffen (mit), begegnen
UM—P-R- übereinstimmen (mit)
]MT-R- streiten (mit)
]x-T- gleich/ähnlich sein (mit)
]x‰-T- vermischt sein (mit)
úP-R- versehen (mit)
]zN-R- zusammentreffen (mit), treffen (auf)
]`-T- frei sein (von)
]‰`-T- verbunden sein (mit)
ÆÈ_-T- zusammenfügen (mit)
Satzstrukturen
122Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
UW”Ec-R- gleich/ähnlich sein (mit)
_…E-T- »weit weg sein (von)« und I‰-T- »nah sein (an)« werden manchmal mit NE- kon-
struiert.
`U-NE-MC-U…-_…E-T]Ã-CcE-T]Ã-CPc-ein geheimer Ort, nicht weit vom Weg entfernt (Lesestück Lektion 13)
Auch andere Konstruktionen sind möglich. Im folgenden Beispiel steht Pc- statt NE-.
_E-C…-uÈE-Pc-MC-U…-_…E-T]Ã-uÈE-m‰_-G‰P-RÈ-eine vom eigenen Dorf nicht weit entfernte große Stadt (Lesestück Lektion 13)
Übungen zu Lektion 9
Übersetzen Sie!
1. UXÍ-UÈ-Z‰c-R-C^C-NE-, T-pŸCc-]x‰c-R-_‰N,
C^C-F‰c-R-SÈ-U…E-NE-, UÈ-`-]…-\‰_, (DL )
]x‰c-R- Kreuzung
2. NCÈP-R]Ã-^E-MÈC-Lfi-Cc‰_-\Ec-l…-î-S…Tc-NE-, N‰-TZ…P-GÈc-l…-]BÈ_-`È-^ÈN-R-_‰N,
(^ÈN-R-_‰N-= Allgemeinaussage »gibt es/gab es«; siehe Seiten 257, 258)
3. I‰-ˇÈ_-Oÿ-NCÈP-R-NE-, ü-BE-UE-RÈ-^ÈN-R-_‰N,
Oÿ- hier im
4. _…-UCÈ-CEc-l…c-C^ÈCc, (KG 14)
5. áflP-RÈ-N‰c-áflP-RÈ-CZP-éUc-`-_E-C…-uÈc-TaN,
uÈc- Plan
Lektion Neun
123Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
6. CPÈN-Æ…P-Z…C-C…c-_-U-m…_-≥„` ,
7. ~ÈC-CFÈN-q‰N-UBP-TaP-R-WÍ_-•…C-FP-NE-, _…Cc-EP-M-GN-F…C-Lfi-T …-T-_‰N,(DL7)
T˛…-T-_‰N- »sind als ... anzusehen (Nezessitativstammform)« Y gelten als
Der Dalai Lama thematisiert in seiner Autobiographie, dass es in Tibet nicht als falsche Verhaltens-
weise gilt, Fleisch zu kaufen und zu essen, aber dass diejenigen, die Tiere für den Fleischverzehr töten,
schlecht angesehen sind.
8. RÈ-LÛ-`]…-]ÈC-Lfi-≥ÈN-q‰N-H, U_, ¶‡U-_…Cc-cÈCc-l…c-CE-T]Ã-UXÍN-UE-RÈ- ÈN,(DL 48)
9. Oÿc-_Tc-TîN-R]Ã-PE-î`-RÈ-t…-~ÈE-ú‰-TVP-NE-, UBP-G‰P-Z…-T-]WÍ,
ÜÈT-NRÈP-RN-U-]qŸE-CPc-Cc“U-n…c-TcU-^c-CV“C-`C-BE-TZ‰Ec,
t…-~ÈE-ú‰-TVP-, UBP-G‰P-Z…-T-]WÍ-, ÜÈT-NRÈP-RN-U-]qŸE-CPc- Eigennamen (siehe Glossar)
TcU-^c- Samye; Name eines Klosters
10. _T-qŸE-NE-RÈ]Ã-G”-ÇE-`È_-]BÈP-N@ÈP-UGÈC-î`-RÈc-c-´-TKT,
]BÈP-N@ÈP-UGÈC-î`-RÈ- Eigenname (siehe Glossar) c-´- Sakya; Name eines Klosters
Satzstrukturen
124Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
125Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
10. Einteilung der VerbenTibetische Verben | Einteilung der Verben in der tibetischen Tradition: »verschie-den« und »nicht verschieden« | Einteilung der Verben in »transitiv« und »intran-sitiv« | Verben mit verschiedenen Satzstrukturen und Bedeutungen | Verben mit grundsätzlich verschiedenen Satzstrukturen im Tibetischen und im Deutschen | Stammformen der Verben | Negation
Tibetische Verben
Allgemeine Bemerkung
Das Verb ist die zentrale Aussage eines Satzes. Anhand des Verbs erfasst man auf ei-nen Blick die Art des Geschehens. Geht es um eine Handlung, um einen Zustand oder um einen Vorgang? Wiederholt es sich beständig oder ist es ein einmaliger Vorgang? Ist es ein Vorgang, zu dem eine willentlich handelnde Person gehört, oder findet er statt, ohne dass jemand ihn willentlich durchführt? Zielt die Handlung auf ein Objekt? Nützt sie zum Beispiel jemandem? Läuft die Handlung in eine bestimmte Richtung?
Man hat nicht nur inhaltlich etwas über die Handlung oder den Zustand oder den Vor-gang erfahren, sondern man kann am Verb auch erkennen, was im Satz grammatisch zu erwarten ist. Man kann »Erwartungsfragen« stellen, zum Beispiel nach einem Ob-jekt beim Verb »geben« oder nach einer Orts- oder Zeitangabe beim Wort »gehen«.
Was bedeutet »Verb« oder »q-WÀC-«?
Der Begriff »Verb« leitet sich ab vom lateinischen verbum »das Wort«. Im Deutschen wird es auch »Tätigkeitswort«, »Tuwort« oder »Zeitwort« genannt, womit herausge-hoben wird, dass mit dem Verb häufig Tätigkeiten beschrieben werden. »Zeitwort« wird es genannt, weil man in der deutschen Sprache anhand des konjugierten Verbs die Zeit erkennen kann.
Im Tibetischen ist das Wort für »Verb« q-WÀC- »Tat-Wort«. Es kann bis zu vier Stamm-formen haben, die uns Informationen geben können, ob eine Handlung andauert oder abgeschlossen ist, ob sie zu tun ist, oder ob sie als Befehl gemeint ist. Für alle weiteren Informationen dienen Hilfsverben, Zeitangaben oder der Kontext allgemein.
10.1
10.1.1
10.1.2
126Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Stellung und Bedeutung des Verbs im Tibetischen
Im Tibetischen steht das Verb am Ende des Satzes. Das heißt: Alle Informationen, die wir zu der Handlung finden wollen, das »wer, wie, was, warum, etc.« zum Verb, müs-sen wir vor dem Verb suchen. Nichts was nach dem Verb kommt, bezieht sich gram-matikalisch noch darauf.
Das Verb regiert die Syntax. Das heißt: Wie »wer, wie, was, warum, etc.« gekennzeich-net sein müssen, bestimmt das Verb.
Weglassung der Satzglieder (Ellipse)
Im Gegensatz zum Deutschen vermeidet das Tibetische jeden unnötigen Aufwand und jede Redundanz, nicht nur bei der grammatischen Markierung, sondern auch auf der inhaltlichen Ebene. Wenn etwas schon aus dem Kontext bekannt ist, wird es nicht mehr erwähnt. Satzglieder, die vom Verb verlangt werden, sind im Geiste gegenwär-tig, müssen deshalb aber noch lange nicht im Satz niedergeschrieben sein.
Das tibetische Verb ist wie eine Bühne. Es bestimmt, welche Rollen in der Handlung besetzt sein müssen. Die Satzglieder sind die Protagonisten. Sie sind immer da und sie sind immer entsprechend der Rolle markiert, die das Verb ihnen vorgibt. Aber – der Bühnenscheinwerfer erfasst nur diejenigen, die als neue Information gebraucht wer-den oder auf die die Aufmerksamkeit gelenkt werden soll. Die anderen sind zwar da, aber sie sind nicht zu sehen.
Um so wichtiger ist es, das Verb richtig zu erfassen und die Satzglieder, die zu ihm ge-hören. Dabei hilft uns die Einteilung der Verben nach den zu erwartenden Satzstruk-turen.
^…C-p‰N-CÈ-Tc-ÅÈC- »Die Hälfte der Wörter werden durch Vorwissen gelesen.«1
Einteilung der Tibetischen Verben
Da Verben so komplex sind, gibt es viele Möglichkeiten, sie einzuteilen. Wir werden sie unter drei Gesichtspunkten betrachten:
• Zu erwartende Satzstruktur (wird in dieser Lektion besprochen)
• Bildungsweise (Morphologie; Lektion 17)
• Stellung im Prädikat (Vollverben, Hilfsverben und Modalitätsverben; Lektion 18)
1. Aus Essentials of Modern Literary Tibetan von Melvyn Goldstein, University of California Press, 1991, S. XIX.
Lektion Zehn
10.1.3
10.1.4
10.1.5
127Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Hat ein Verb mehrere Bedeutungen, so geht man bei der Einteilung von der Grundbe-
deutung aus. In diesem Lehrbuch werden zwei Systeme zur Einteilung der Verben in
Bezug auf die Satzstruktur vorgestellt. Jedes dieser Systeme hat seine Vor-und Nach-
teile. Das eine System ist das der tibetischen Grammatiker und richtet seinen Fokus
auf das mögliche Vorhandensein eines von der Handlung nicht selbst direkt betrof-
fenen Agens. Das andere System ist die Unterteilung in »transitiv« und »intransitv«
(kombiniert mit »kontrollierbar« und »nicht kontrollierbar«) und richtet seinen Fokus
auf das mögliche Vorhandensein eines direkten Objekts.
Einteilung der Verben in der tibetischen Tradition: »verschie-den« und »nicht verschieden«
Allgemeine Bemerkung
In der tibetischen Grammatik werden die Verben eingeteilt in M-NN-R- »verschieden«
und M-U…-NN-R- »nicht verschieden«. Die »verschieden«-Verben verlangen ein mit dem
Ergativ-Instrumentalsuffix markiertes Agens. Meistens, aber nicht immer, haben sie
ein direktes Objekt.
Im Wörterbuch Tshig mdzod chen mo gibt es im Anhang eine Liste, in der die tibetischen
Verben mit ihren Stammformen und einer Zuordnung zu »verschieden« und »nicht
verschieden« aufgelistet sind. Oft genug ist es nicht sofort möglich, ein tibetisches
Verb in transitiv oder intransitv einzuordnen, zum Beispiel wenn im Deutschen meh-
rere Übersetzungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen wie bei IP-R- »anhören« (tran-
sitiv) oder »zuhören« (intransitiv). In solchen Fällen schaut man in der Liste des Tshig
mdzod chen mo nach, findet dort das Verb kategorisiert als M-NN-R- und weiß, dass das
Verb ein mit Ergativ-Instrumentalsuffix markiertes Agens verlangt.
Eine Ausnahme bilden die transitiven-nicht kontrollierbaren Verben wie MÈc-R- »(unbe-
absichtig) hören«, denn sie werden als »nicht verschieden« klassifiziert, obwohl sie ein
Agens verlangen. Siehe dazu Seite 131.
Dieses wichtige Hilfsmittel, die Verbliste im Tshig mdzod chen mo, kann man also nur
benutzen, wenn man die Verb-Einteilung in M-NN-R- »verschieden« und M-U…-NN-R- »nicht
verschieden« verstanden hat. Zur Vertiefung findet sich im Anhang ein Ausschnitt aus
der tibetischen Grammatik Si tu'i zhal lung zur Definition von M-U…-NN-R-.
Einteilung der Verben
10.2
10.2.1
128Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
M-NN-R- »verschieden«
Am Ende fast eines jeden tibetischen Satzes finden wir ein Verb. Wenn dieses Verb
eine Handlung beschreibt, die von einer Person ausgeführt wird, die von der Handlung
selbst nicht direkt betroffen ist (»verschieden«) und die diese Handlung kontrolliert/
willentlich/bewusst ausführt, dann gehört das Verb in die Kategorie »verschieden«.
Zum Beispiel in dem Satz »Der Holzfäller hackt Holz.« ist der Holzfäller nicht direkt
betroffen von der Handlung (Holz hacken). Es ist das Holz, das durch das Holzhacken
zersplittert und in Stücke zerfällt und damit direkt betroffen ist. Gleichzeitig ist die
Handlung kontrollierbar. Man könnte zum Beispiel jemanden auffordern: »Hacke
Holz!«. Die grammatische Rolle des Holzfällers ist das »Agens«. Das Agens steht im
Kasus »Ergativ« und wird markiert mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix. Die meisten
»verschieden«-Verben können ein direktes Objekt nehmen, im Falle des Holzhackens
ist »Holz« das direkte Objekt. Dieses nennt man »Patiens« und es steht im Kasus »Ab-
solutiv«. Auch dieser Fall hat eine Markierung, nämlich ein »Nullsuffix« (das heißt, die
Abwesenheit eines Suffixes).
a…E-UBP-nÀc-a…E-CFÈN,
Agens + Ergativ-Instrumentalsuffix – direktes Objekt + Nullsuffix – Verb
»Der Holzfäller ( = Agens) Holz ( = Patiens) hackt.« Y Der Holzfäller hackt Holz.
Bis auf wenige Ausnahmen fallen die Verben der Kategorie »verschieden« zusammen
mit den Verben der Kategorie »transitiv, kontrollierbar«.
M-U…-NN-R- »nicht verschieden«
»Nicht verschieden« sind alle Verben, die nicht in die Kategorie »verschieden« fallen.
Zwei Kriterien gibt es dafür:
1. »Nichtverschiedenheit«
• kontrollierbare Verben: Handelnder und Handlung fallen zusammen (z. B. »gehen«)
• nicht kontrollierbare Verben: Zustand bzw. Vorgang und davon betroffenes Subjekt
fallen zusammen (z. B. »krank sein«, »sich drehen«)
»Nicht verschieden«-Verben haben kein direktes Objekt, entsprechend müssen auch
nicht Agens und Patiens voneinander abgehoben werden und das Subjekt eines in-
transitiven Satzes (Handelnder oder Betroffener) steht im Absolutiv mit »Nullsuffix«.
Lektion Zehn
10.2.2
10.2.3
129Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Das entspricht dem Prinzip der tibetischen Sprache, jede überflüssige grammatische Markierung wegzulassen.
TNC-]uÈ, Ich gehe.
]BÈ_-`È-]BÈ_, Die Scheibe dreht sich.
2. Handelnder und Handlung sind »verschieden«, aber die Handlung ist nicht kontrol-lierbar
Dass der Handelnde die Handlung bewusst ausführt, ist ein Kriterium dafür, dass ein Verb als »verschieden« klassifiziert wird. Transitive, nicht kontrollierbare Vorgänge dagegen, wie »etwas vergessen« oder unabsichtlich »etwas sehen«, »etwas hören« usw. werden als M-U…-NN-R- »nicht verschieden« klassifiziert, wobei die grammatische Terminologie an dieser Stelle etwas unglücklich ist.
Bei den Verben der Wahrnehmung gibt es unterschiedliche Verben für das absichtli-che Wahrnehmen ( = »verschieden«) oder das unabsichtliche ( = »nicht verschieden«).
õ-T- (absichtlich) hinschauen Y »verschieden«
UMÈE-T- (unabsichtlich) sehen Y »nicht verschieden«
Auch wenn die Verben dieser Kategorie als »nicht verschieden« klassifiziert werden, entspricht ihre Satzstruktur den »verschieden«-Verben.
Einteilung der Verben in »transitiv« und »intransitiv«Zu den Begriffen »transitiv« und »intransitiv« siehe Seite 109.
Die Imperativform im Tibetischen
Es ist nützlich, die Einteilung der Verben in »transitiv« und »intransitiv« zu kombi-nieren mit den Kriterien »kontrollierbar« und »nicht kontrollierbar«. Im Tibetischen gibt es nur bei kontrollierbaren Verben eine Imperativform und die Unterscheidung in »kontrollierbar« und »nicht kontrollierbar« wurde hier nach dem Kriterium gemacht, ob das Verb im Tshig mdzod chen mo mit oder ohne Imperativform aufgelistet ist.
Im Deutschen dagegen kann man von jedem Verb einen Imperativ bilden. Bei nicht kontrollierbaren Verben verändert sich dann allerdings der Sinn: »Bleib gesund!« zum Beispiel drückt den Wunsch aus »Mögest Du gesund bleiben.« oder »Pass auf dich auf!«
Einteilung der Verben
10.3
10.3.1
130Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übersicht der Verb-Einteilung in »transitv/intransitiv« und »kontrollier-bar/nicht kontrollierbar«
transitiv intransitiv
Verben der Tätigkeit und der Wahrneh-mung bzw. geistiger Prozesse
Verben der Bewegung, des Zustandes, Geschehensverben
Typische Satzstruktur:
Agens l…c- etc.-Patiens-Verb
Adverbialbestimmungen sind möglich.
Typische Satzstruktur:
Subjekt (Nullsuffix)-Verb
Adverbialbestimmungen sind typisch.
Satzelemente mit Ergativ-Instr.-Suffix sind gewöhnlich als Adverbialbestimmun-gen aufzufassen.
kontrollierbar
Imperativ ist möglich
(M-NN-R-)
nicht kontrollierbar
kein Imperativ
(M-U…-NN-R-)
kontrollierbar
Imperativ istmöglich
(M-U…-NN-R-)
nicht kontrollierbar
kein Imperativ
(M-U…-NN-R-)
≥ÈN-R- geben Tä‰N-R- vergessen ]uÈ-T- gehen P-T- krank sein
Besonderheiten bei den intransitiven-kontrollierbaren Verben:
Das Subjekt kann zur Betonung der Kontrollierbarkeit der Handlung mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix markiert sein. (Seite 132)
Besonderheiten bei den intransitiven, nicht kontrollierbaren Verben:
a. Umschreibungen, z.B. »haben«, »brauchen« (log. Subjekt mit `- / -_-)
b. Verben des Fühlens (Objekt mit `- / -_-)
Ausnahme:
Verben, die ein Agens verlangen und ein Dativ-Lokativobjekt ohne ein direktes Objekt (Seite 117) kann man in dieses Schema nicht einordnen.
Lektion Zehn
10.3.2
131Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Die einzelnen Kategorien
Transitiv, kontrollierbar
In diese Gruppe von Verben fallen vor allem Verben der Tätigkeit und der beabsichtig-ten Wahrnehmung.
a…E-Rc-a…E-TFN, Der Holzfäller hat das Holz zerhackt.
Bei den Verben der Wahrnehmung ist zu beachten, dass der Vorgang der Wahrneh-mung absichtlich passiert. Beim »Hören« zum Beispiel bedeutet das, dass der Hörende irgendetwas bewusst anhört (»to listen«). Im Deutschen ist diese Verbkontrollierbar-keit oft nicht ausdrückbar.
BÈc-Ö‡E-]z…P-IP-n…-]OÿC- Er hört Radio. (He is listening to the radio.)
(IP-n…-]OÿC- = Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion; siehe Seiten 257-259)
Transitiv, nicht kontrollierbar
In dieser Gruppe von Verben finden sich die Verben geistiger Prozesse und der un-beabsichtigten Wahrnehmung. Beim »Sehen« zum Beispiel bedeutet das, dass dem Sehenden zufällig etwas vor Augen kommt, wie englisch (»to see«).
UMÈE-T- sehen
MÈc-R- hören
áflP-RÈ-ò-RÈc-U-\‰-UMÈE-, Die fünf Gauner sahen den Brahmanen.
e‰-U-dÈ, ]N…-ˇN-TNC-C…c-MÈc-
Oh Freude! Diese Worte wurden von mir vernommen.1
Zu den Verben geistiger Vorgänge gehören CÈ-T- »verstehen, hören«, Tä‰N-R- »verges-sen«, åÈCc-R- »verstehen, realisieren«, a‰c-R- »wissen«.
1. Beginn des ersten Hauptabschnittes der Milarepa-Biographie. Der ganze Ausdruck lautet: e ma ho. 'di skad bdag gis thos pa'i dus gcig na. Diese formale Einleitung zu Erzählungen bedeutet: » Oh Freude! Diese Worte wurden von mir vernommen. Einst ...«
Einteilung der Verben
10.3.3
132Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
BÈ]Ã-NT…P-H…-]N…-Ec-CÈ-C…-U…-]OÿC- Sein Englisch verstehe ich nicht. (Go)
(CÈ-C…-U…-]OÿC- = Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion; siehe Seiten 257-259)
Die Gruppe der transitiven, nicht kontrollierbaren Verben wird von den tibetischen
Grammatikern als »nicht verschieden« kategorisiert, braucht aber als Sondergruppe
unter den »nicht verschieden«-Verben eine Ergativmarkierung. (Siehe zum Beispiel
LT 226)
Intransitiv – kontrollierbar
In diese Gruppe von Verben fallen vor allem Verben der Bewegung und des sich Auf-
haltens: ]uÈ-T- »gehen«, I`-T- »sich hinlegen, schlafen legen«, •ÈN-R- »leben, bleiben,
verweilen, sich aufhalten«, T[÷Cc-R- höfl. »sitzen, weilen«.
U-\‰-Z…C-çÈ-ä‰-Ç…E-`-cÈE-, Ein Brahmane ging nach Darjeeling.
Eine Ergativmarkierung ist möglich, wenn die Absicht des/der Handelnden betont
werden soll. Davon wird vor allem in der Umgangssprache gebraucht gemacht.1
Ec-]uÈ-NCÈc, Ich sollte gehe. (Du kannst hierbleiben. Es ist besser, wenn ich gehe.)
Intransitiv – nicht kontrollierbar
In diese Gruppe von Verben fallen vor allem Verben des Zustands, Geschehensverben
und Verben des sich Befindens.
]G…-T- sterben
]OÿC-R- bleiben, weilen; vorhanden sein
P-T- krank sein
CPc-R- wohnen, weilen, leben
]qŸE-T- aufkommen, hervorkommen, entstehen, geschehen, werden (zu)
^ÈN-R- vorhanden sein, existieren
_“E-T- geeignet/angemessen sein
܉T-R- ankommen
Lektion Zehn
1. Bei Peter Schwieger finden sich auch Beispiele aus der Schriftsprache (PSch 78).
133Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
U-\‰-N‰-`-M‰-WÍU-G”E-T-qŸE-,Bei dem Brahmanen kamen leise (»kleine«) Zweifel auf.
Besonderheiten:
a. Umschreibende Ausdrücke (log. Subjekt mit `-; siehe Seite 113); z. B. »haben«
b. Verben des Fühlens (Ergänzung mit `-; siehe Seite 115)
Was nützt uns die Einteilung der Verben in »kontrollierbar« und »nicht kontrollierbar«?
Die Unterscheidung der Verben in »kontrollierbar« und »nicht kontrollierbar« gibt keine Informationen über die Satzstruktur, aber sie ist unabdingbar für den aktiven Gebrauch der Sprache, denn bei kontrollierbaren und nicht kontrollierbaren Verben werden jeweils andere Hilfsverben benutzt. Und nur kontrollierbare Verben haben eine Imperativform.
Abweichungen von der üblichen Agens/Subjekt-Markierung können mit Kontrollier-barkeit bzw. Nichtkontrollierbarkeit erklärt werden. Siehe zum Beispiel Seite 114 oben oder Seite 132 Mitte.
Im Deutschen hat man nicht immer die Möglichkeit, Verben in kontrollierbar und nicht kontrollierbar zu unterscheiden. Dann gebraucht man Wörter wie »aus Verse-hen«, »mit Absicht« usw. oder man benutzt andere Satzstrukturen.
Im Tibetischen werden für kontrollierbare und nicht kontrollierbare Verben unter-schiedliche Hilfsverben benutzt (siehe Seiten 257-259), zum Beispiel:
Hilfsverb R-^…P- Y mit kontrollierbarem Verb (Ich habe etwas absichtlich gemacht.)
Hilfsverb q’E- Y mit nicht kontrollierbarem Verb (Mir ist etwas passiert.)
Ec-N@_-^È`-]N…-TFC-R-^…P, Ich habe die Tasse (absichtlich) zerbrochen.
E-P-qŸE-, Ich bin krank geworden.
Ec-UMÈE-qŸE-, Ich habe gesehen.
Im Goldstein-Wörterbuch sind die Verben in »kontrollierbar« und »nicht kontrollier-bar« eingeteilt. »va.« bedeutet »active verb« und entspricht »kontrollierbar«. »vi.« be-deutet »involuntary/inactive verb« und entspricht »nicht kontrollierbar«.
Einteilung der Verben
10.3.4
134Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
In Einzelfällen können tibetische Verben in bestimmten Kontexten kontrollierbar und in anderen nicht kontrollierbar sein. So finden wir zum Beispiel in der Verbtabelle im Tshig mdzod chen mo das Verb ´ÈN-R- einmal mit Imperativform aufgeführt (kontrollier-bar) und einmal ohne (nicht kontrollierbar). Im ersten Fall hat es die Bedeutung von »reisen, sich begeben« im zweiten Fall die Bedeutung von »davongetragen werden«.
m‰N-éUc-rŸ_-Oÿ-CPc-CZP-Oÿ-´ÈN-F…C,
Ihr! Geht schnell an einen anderen Ort. (Tshig 168)
(F…C- ist eine Imperativpartikel, ähnlich dem Ausrufezeichen im Deutschen; siehe Sei-te 169.)
N_-NU_-Ö‡E-C…c-´ÈN,
Die rote Seide wird vom Wind davongetragen. (Tshig 168)
Selbstverständlich ist diese Unterscheidung in kontrollierbar und nicht kontrollierbar nur relevant für Bedeutungszusammenhänge, in denen von einem bewussten Willen ausgegangen werden kann. Knurrt zum Beispiel ein Tier absichtlich oder nicht?
§C-C\…C-C…c-E_-ˇN-E‰_-T-ein Knurren von sich geben (»knurren«) durch Tiger oder Leoparden. (Tshig 654)
Zu E‰_-T- gibt es keine Imperativform.
Zusammenfassung
Ein transitives Verb hat immer ein Agens und ein Objekt. Insofern hat man eine grund-legende Vorstellung von der zu erwartenden Satzstruktur, sobald das Verb eines Sat-zes als transitiv erkannt worden ist. Diese unterscheidet sich deutlich von der Satz-struktur, die bei einem intransitiven Verb zu erwarten ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass einzelne Satzglieder weggelassen werden, wenn sie aus dem Kontext bekannt sind.
Die Einteilung der tibetischen Verben in transitiv und intransitiv muss von der gram-matischen Struktur des Tibetischen ausgehen. Das kann zu Problemen führen, wenn die grammatische Struktur des Deutschen zu einer Verbalhandlung nicht mit der des Tibetischen übereinstimmt oder wenn man ein Verb nicht sofort eindeutig einordnen kann. In so einem Fall konsultiert man die Verbliste im Tshig mdzod chen mo und richtet sich nach der Einteilung in »verschieden« und »nicht verschieden«.
Lektion Zehn
10.3.5
135Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Im Allgemeinen fallen die transitiven Verben mit den »verschieden« Verben überein und die intransitiven mit den »nicht verschieden«. Zwei Gruppen von Verben, die aus diesem Prinzip herausfallen, müssen extra gelernt werden:
•Transitive, nicht kontrollierbare Verben/»nicht verschieden«
Die wichtigsten sind sind auf Seite 131 zu finden.
•Verben, die ein Agens und ein Dativ-Lokativobjekt verlangen, aber kein direktesObjekt haben können/»verschieden«
Die wichtigsten sind auf Seite 117 zu finden.
Verben mit verschiedenen Bedeutungen je nach Satzstruktur
Allgemeine Bemerkung
Es gibt Verben, die eine Grundbedeutung haben, zum Beispiel »nehmen, ergreifen« und mit leicht veränderter Satzstruktur abgeleitete Bedeutungen ausdrücken, zum Beispiel »begreifen, auffassen«. Die Möglichkeit, Wörter mit Hilfe von Vorsilben in ih-rer Bedeutung zu modifizieren, so wie im Deutschen bei »greifen«, »begreifen«, »er-greifen« gibt es im Tibetischen nicht.
Andere Verben haben mehrere, ganz unterschiedliche Bedeutungen. Welche Bedeu-tung gemeint ist, ist an der Satzstruktur zu erkennen.
Beispiel ]XÀP-R-
1. ]XÀP-R- mit der Bedeutung »halten, ergreifen«
Wer etwas hält/ergreift – das Agens – ist mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix mar-kiert (oder mit Pc-). Was gehalten/ergriffen wird – das Patiens – ist mit Nullsuffix mar-kiert.
U‰-KÈC-]XÀP-R- eine Blume halten
2. ]XÀP-R- mit der Bedeutung »auffassen, begreifen als«
Was aufgefasst wird als etwas, ist mit `- markiert. Als was es aufgefasst wird, ist mit dem Terminativsuffix markiert.
MC-t-`-¥„`-Oÿ-]XÀP-R- ein buntes Seil für eine Schlange halten
Einteilung der Verben
10.4
10.4.1
10.4.2
136Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Beispiel GCc-R-
1. GCc-R- mit der Bedeutung von »werden«
U‰-KÈC-]N…-G‰P-RÈ-GCc, Diese Blume wird groß.
2. GCc-R- mit der Bedeutung von »anhaften an, lieben«
T“-UÈ-`-GCc-R- das Mädchen lieben (KG 26)
3. GCc-R- mit der Bedeutung von »gelegen sein«
NCÈP-R-N‰-ME-G”E-G”E-Z…C-C…-§‰E-`-GCc-c,- Das Kloster ist auf einer kleinen Ebene gelegen
(C…-§‰E-`- Postposition »auf«)
Beispiel ≠ÈN-R-
1. ≠ÈN-R- mit der Bedeutung »praktizieren«, »sich verhalten«
NC‰-T-≠ÈN-R- Tugend/Heilsames praktizieren
2. ≠ÈN-R- mit der Bedeutung »erfahren«, »erleben als«
•‡C-T¢`-`-≠ÈN-R- erfahren als Leid (Gam)
Beispiel õ-T-
1. õ-T- mit der Bedeutung »sehen, betrachten«
Bei õ-T- »(hin/an)sehen« wird das Objekt des Sehens mit `- markiert.
_…-`-õ-T- zum Berg hinsehen/den Berg ansehen
(Bei UMÈE-T- invol. »sehen« ist das Objekt des Sehens mit Nullsuffix gekennzeichnet
oder mit Terminativsuffix. )
Lektion Zehn
10.4.3
10.4.4
10.4.5
137Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
2. õ-T- mit der Bedeutung »lesen«
õ-T- kann auch mit einem direkten Objekt im Absolutiv vorkommen. Mit dieser Struk-tur hat es in der Umgangssprache die Bedeutung »lesen« angenommen.
NR‰-G-õ, ein Petscha lesen (KG 26)
3. õ-T- mit der Bedeutung »ansehen als«
a-tÈU-Pc-IÈc-R-`-I‰c-NU…Cc-c“-U…-õ, (DL 7)
Fleisch auf dem Markt zu kaufen (gekauft zu haben) wird nicht als falsche Verhaltens-weise angesehen.
Verben mit grundsätzlich verschiedenen Satzstrukturen im tibetischen und im Deutschen
Manche Verbalhandlungen werden im Tibetischen anders konstruiert als im Deut-schen. So ist zum Beispiel bei ]HÈ-T- »melken« die Milch das direkte Objekt zur Hand-lung: T-`c-]È-U-]HÈ-T- »aus der Kuh Milch melken«. Oder anders gesagt: Im Deutschen melkt man die Kuh, im Tibetischen die Milch.1
]NU-R- P. ]NUc- N. TNU- I. ]NÈUc- bedeutet »[etwas] wählen«
]uÈ-`U-_E-C…c-]NU, ]c-T“-_E-C…c-rÈE-,Den Weg, den man geht, wählt man selbst. Die Frucht erfährt man selbst. (Tshig 1391)
]NU-R- bedeutet aber auch »zwischen [etwas] wählen«.
Als Milarepa Marpa ganz entsprechend der Tradition bittet, als Schüler angenommen und im Haushalt aufgenommen zu werden, stellt Marpa ihn vor die Wahl: Entweder Kleidung und Essen oder Dharma-Belehrungen. Marpa sagt:
N‰-CI…c-]NÈUc, Wähle zwischen den beiden! (Mil)
Stammformen der Verben
Tibetische Verben haben bis zu vier unterschiedliche Stammformen. Sie drücken für sich alleine nur die unten genannten Aspekte (Präsens und Perfekt) und Modi (Nezes-sitativ/Voluntativ und Imperativ) aus. Soll in einem Satz mehr ausgedrückt werden, als die Stammformen hergeben, sind Hilfs- und Modalitätsverben, Umschreibungen oder Zeitangaben nötig.
Einteilung der Verben
10.5
10.6
1. Wahrscheinlich war die ursprüngliche Bedeutung von dem deutschen »melken« (das Euter) »abstreifen, wischen« und das Substantiv »Milch« ist in Zusammenhang mit dem Verb entstanden. Siehe Duden – Das Herkunftswörterbuch. Dudenverlag, 1997, Seite 452.
138Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Präsens N-õ-T-
Allgemeinaussage; laufende Handlung; sich wiederholende Handlung;historisches Präsens
Im Satzgefüge zeigt die Präsensform Gleichzeitigkeit mit der folgenden Verbalhand-lung an, egal ob Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft.
q‰N- jemand tut etwas
õ- jemand betrachtet etwas
Perfekt ]Nc-R-
Abgeschlossenheit der Handlung
Im Satzgefüge zeigt die Perfektform, dass die Handlung zum Zeitpunkt der folgenden Handlung abgeschlossen oder ihr untergeordnet ist.
qc- jemand hat etwas getan/etwas wurde getan
Tõc- jemand hat etwas betrachtet/etwas wurde betrachtet
Nezessitativ/Voluntativ U-]ÈEc-R-
Notwendigkeit (etwas ist zu tun); mit 1. Person: Vorsatz (Voluntativ)
Achtung! Das tibetische Wort für diese Stammform bedeutet »[noch] nicht gekom-men, Zukunft«, und deshalb wird sie in den Lehrbüchern auch als »Futurstammform« bezeichnet. Dieser Begriff ist aber irreführend und trifft nicht das grammatische Phä-nomen, für das diese Verbstammform steht. Daher benutze ich den Begriff »Nezessi-tativstammform«. Um ein Futur auszudrücken, wird diese Stammform nicht benutzt, sondern typischerweise die Präsensstammform (Futur I) oder die Perfektstammform (Futur II) eines Verbs in Verbindung mit ]nŸ_- »werden«, ]ÈE-T- »kommen« oder ähnli-chen als Hilfsverb (siehe Seiten 249, 250).
q- etwas ist zu tun/ich nehme mir vor, ... zu tun
Tõ- etwas ist zu betrachten/anzusehen
_E-CZP-NÈP-Oÿ-…, will ich zu meinem Nutzen und zum Nutzen anderer verfassen (Gam)
Lektion Zehn
139Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Imperativ ˇ‡`-WÀC-
Aufforderung; Wunsch (siehe Seiten 168 f.)
qÈc- tu! õÈc- betrachte!/sieh!
Negation
Negationspräfixe U- und U…-
Verben werden negiert, indem U- oder U…- vor den Verbstamm gesetzt wird, wobei ge-
wöhnlich vor Präsens- und Futurstamm U…- steht und vor dem Perfektstamm U-.
U…-q‰N- tut nicht U-qc- hat nicht getan U…-q- ist zu unterlassen
Für negierte Aufforderungen, also Verbote, wird nicht die Imperativform, sondern die
Präsensform benutzt mit vorgestelltem U- oder U….
U-]uÈ- geh nicht! U-q‰N- tu nicht! (Jä 414)
Als Milarepa Marpa sein Herz ausschütten und die Last seiner schlechten Taten loswerden möchte, sagt Marpa zu ihm:
E-`-U…-]uÈ,Komm [damit] nicht zu mir! (Mil)
Die negierte Form von ^…P- ist U…P- oder U-^…P-. Die negierte Form von ^ÈN- ist U‰N- oder
^ÈN-R-U-^…P-.
Verbalnomen werden negiert, indem U- oder U…- vorangestellt wird. Manchmal lässt
sich die Negation gut mit »Un-« wiedergeben, insbesondere bei Redewendungen, die
zu festen Begriffen geworden sind.
_…C-R- wissen; Wissen, Gewahrsein
U-_…C-R- nicht wissen; Unwissenheit, Nicht-Gewahrsein
åC-R- beständig sein; beständig; Beständigkeit
U…-åC-R- unbeständig sein; unbeständig; Unbeständigkeit
Einteilung der Verben
10.7
10.7.1
140Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Es scheint bei dem Gebrauch von U- oder U…- vor Nomen keine festen Regeln, sondern eher Konventionen zu geben.
U- zwischen zwei Substantiven bedeutet »weder A noch B«. Es werden also zwei Sub-stantive mit einem einzigen Negationssuffix negiert.
å-U-TÈE- weder Pferd noch Esel
Der Ausdruck _-U-`“C- »weder Ziege noch Schaf« drückt aus, dass etwas unpassend kombiniert worden ist, zum Beispiel bei Farbzusammenstellungen oder bei Kleidung.
U‰N- und U…P- als Negationssuffix
Substantive und Adjektive können auch negiert werden, indem ein U‰N-, U-^…P- oder U…P- als Suffix nachgestellt wird.
ü-U-^…P- oder ü-U…P- »die Nicht-Götter« = die Halbgötter
]x-U…P- »ungleich«, unterschiedlich
U‰N- ist häufig als »ohne« oder »-los« zu übersetzen.
NÈP-U‰N- sinnlos
TNC-U‰N- ohne Selbst (Nicht »selbstlos« im Sinne von »nicht egoistisch«!)
Übungen zu Lektion 10
Übung zur Verb-Einteilung
Suchen Sie die Bedeutung und die Perfektstammform für folgende Verben aus dem Glossar. Welche Satzstruktur erwarten Sie?
]t‹E-T- ]N]-T- ]qÈP-R- T[÷Cc-R-
äÈN-R- ߉`-T- ˛ÈU-R- ^…P-R-
CKÈN-R- ]TN-R- UXN-R-
Lektion Zehn
10.7.2
141Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Lesestück: »Ati³a«
Der folgende Text ist eine vereinfachte Fassung des Eintrags zu Ati²a im Tshig mdzod
chen mo. Übersetzen Sie!
Wie oft wird das Agens genannt?
Beachten Sie die Übersetzungshilfen auf der nächsten Seite.
1. e-K…-a, î-C_-a_-pÈCc-\-dÈ_-î`-RÈ]Ã-~c-c“-G”-å-`È_-]t‹Ec,
2. UWP-NR`-U_-U‰-UXN-^‰-a‰c-^…P,
3. U-C-]Ã-CV“C-`C-CPc-G‰P-]C]Ã-WÍCc-l…-TNC-RÈ-UXN,
4. ü-É-U-^‰-a‰c-]ÈN-NE-qE-G”T-]ÈN-l…c-]TN-Rc-CNP-xEc-Pc-TÈN-Oÿ-qÈP,
5. qE-G”T-`U-n…-±ÈP-U-Z‰c-q-T-T˛Uc,
6. C[÷E-I…-b÷-üC-VU-UXN,
7. T§P-R-p…-N_-NE-T@]-CNUc-R]Ã-~È`-TKÈN,
8. CZP-^E-CcÈ-_…C-C…-C[÷E-^P-`C-TîN-R-T˛Uc,
9. UE]-_…c-c“-`È-Cc“U-NE-, NT“c-CVE-Oÿ-`È-NDÿ-T[÷Cc,
10. NDÿE-`È-TOÿP-F“-˛-Cc“U-R-a…E-å-`È_-]Nc,
Einteilung der Verben
142Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Vokabelhilfen
\-dÈ_- Zahor (Region in Indien)
~c-c“- als Sohn
NR`-U_-U‰-UXN-^‰-a‰c- = tib. für DÅpa¾kara ³rÅjñÀna, (ein weiterer Name für Ati²a)
U-C-- Magadha (in Indien)
CV“C-`C-CPc-G‰P- buddhistische Universität (im alten Indien)
]C]Ã- = B-ac-l…-
WÍCc-l…-TNC-RÈ- »Herr der Gemeinde«, Abt, Vorsteher
ü-É-U-^‰-a‰c-]ÈN-, qE-G”T-]ÈN- Eigennamen
]TN-Rc-CNP-xEc-Pc- nachdem (Ati²a) aufgrund der Bemühungen von ... eingeladen wurde
CNP-xEc- P. von CNP-]x‰P-R- »den Sitz ziehen« Y einladen; Einladung
TÈN-Oÿ- nach Tibet
qE-G”T-`U-n…-±ÈP-U- tib. für »BodhipathapradÅpa«; »Lampe des Erleuchtungsweges«
T§P-R-p…-N_- »die spätere Verbreitung der Lehre«
T@]-CNUc- die bKa‘-gdams-Schule; »an das (Buddha)wort gebunden«
CcÈ-_…C- Heilkunde, Medizin = eines der fünf großen Wissensgebiete (_…C-CPc-)
^P-`C-TîN-R- achtgliedrig
UE]-_…c- Ngari (Region in Westtibet)
UE]-_…c-c“- in Ngari
NT“c-CVE- Ü und Tsang (Ü-Tsang = Zentraltibet)
NT“c-CVE-Oÿ- in Ü-Tsang
Lektion Zehn
143Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
11. KasussuffixeDie Kasussuffixe im Einzelnen | Nullsuffix (Absolutiv) | Ergativ-Instrumentalsuffix |Ablativsuffixe nas und las | Dativ-Lokativsuffix la, Lokativsuffix na und Termina-tivsuffix tu, du, -r, ru, su
Die Kasussuffixe im einzelnenIn dieser Lektion werden die Kasussuffixe jeweils mit all ihren Funktionen gelehrt. Grundsätzlich können Kasussuffixe nicht nur an Nomen, sondern auch an Verben (Verbalnomen oder Verbstamm) angefügt werden. Der zu dem Verb gehörige Satz wird im Deutschen dann als untergeordneter Nebensatz wiedergegeben. Auch das Attributsuffix (Genitivsuffix) zählt zu den Kasussuffixen. Es wurde bereits in Lektion Acht besprochen.
Nullsuffix (Absolutiv)
Bezeichnungen und allgemeine Bemerkung
Wenn ein Satzglied dadurch markiert ist, dass kein Suffix angehängt ist, spricht man von »Nullsuffix«. Die tibetische Bezeichnung ist U…E-VU- »bloß der Name«.
Satzgliedmarkierende Funktionen des Nullsuffix
bei intransitiven Verben: Subjekt (Siehe Seite 111)
bei transitiven Verben: direktes Objekt (Patiens) (Siehe Seite 112)
bei Gleichsetzung: a. Subjekt b. Gleichsetzungsergänzung (Siehe Seite 109)
Thema, Betonung, Hervorhebung (oft mit P…-) (Siehe Seite 172)
Anrede (Vokativ) (Siehe Seite 173)
Attribut
Eine Apposition steht immer im Absolutiv. (Siehe Seite 97)
Adverbialbestimmung
Zeitangaben stehen häufig ohne weitere Partikel am Anfang eines Satzes.
I…P-CF…C- eines Tages
N‰-I…P-e-B‘-§ÈP-R-NE-pŸC-RÈ-BÈE-CI…c-I…P-CE-T´ÈN,Diesen Tag gingen A-khu ston-pa und der Reiche den ganzen Tag.
11.1
11.2
11.2.4
11.2.3
11.2.2
11.2.1
144Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Ergänzungen
Wenn keine Verwechslungsmöglichkeiten bestehen, können Suffixe weggelassen
werden. In diesen Fällen sind die Satzglieder nicht mit dem Nullsuffix markiert, son-
dern man muss im Geiste die fehlenden Partikeln ergänzen. Das ist besonders bei
Postpositionen der Fall.
TÈN-PE-≥„`-ˇ‡-UE-RÈ-^ÈN, In Tibet gibt es viele Tulkus. (DL 17) statt TÈN-l…-PE-`-
Nullsuffix nach Verbalnomen
Ganze Sätze können nominalisiert werden (Verbstamm + R- / T-) und in das größere
Satzgefüge eingebunden werden. Siehe dazu auch Seite 231.
Im folgenden Beispiel hat der nominalisierte Satz die grammatische Position eines
Subjekts.
Z…-TN‰-^ÈE-M—T-R-N@],
Es ist schwer, dass Frieden und Glück kommen können.
(Zu dem den ganzen Satz siehe Seite 230)
In Verbindung mit Verben wie »sehen«, »denken« usw. sind sie häufig als »dass«-Satz
wiederzugeben. Im folgenden Beispiel hat der nominalisierte Satz die grammatische
Position eines direkten Objekts.
pŸC-RÈ-N‰c-_E-I…N-l…-˛U-R-NÈ-RÈ-T•N-U‰N-R-UMÈE-,
Der Reiche sah, dass seine eigene Ladung Tsampa nicht [mehr] da war.
Die nominalisierten Sätze können so lang sein, dass sie besser als eigener Satz wieder-
gegeben werden. Für ein Beispiel siehe Seite 231.
Lektion Elf
11.2.6
11.2.5
145Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Ergativ-InstrumentalsuffixBezeichnungen und allgemeine Bemerkung
Wir benutzen die Bezeichnung »Ergativ-Instrumentalsuffix«. Im Tibetischen heißt es q‰N-±- »Agens-Instrument-Partikel«. Die Grundaussage des Ergativ-Instrumentalsuffi-xes ist »durch, aufgrund, mittels«. Das Ergativ-Instrumentalsuffix kommt in verschie-denen Formen vor, je nach Endung des vorangehenden Wortes (Siehe Seite 101 oder Partikelübersicht).
Satzgliedmarkierende Funktionen des Ergativ-Instrumentalsuffixes
bei transitiven Verben: Agens (Handelnde/r) (Siehe Seite 112)
Sonderkonstruktion: Einige Verben verlangen mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix konstruierte Ergänzungen. (Siehe Seite 120)
Adverbialbestimmung
Instrument, Mittel, Ursache
Neben der Markierung des Agens ist die Markierung des Mittels die wichtigste Funkti-on des Ergativ-Instrumentalsuffixes.
¶C-Wc-]…-T- mit Tinte schreiben.
GE-Z‰c-R-Pc-l…c-T\Èc-R-Z…C- »Tschang«, ein aus Gerste hergestelltes [Bier] (DL 7)
Teilweise lässt sich das markierte Satzglied auch als Ursache verstehen.
`c-NC‰-T-éUc-l…c-qE-G”T-MÈT,Durch seine /aufgrund seiner guten Werke erlangte (er) die Erleuchtung. (nach MH 54)
Adverbialbestimmung der Art und Weise
Mit Hilfe des Ergativ-Instrumentalsuffixes können aus Substantiven Adverbien der Art und Weise gemacht werden.
_…U-R- Reihe, Reihenfolge, Stufe, Rang, Grad
_…U-n…c- oder _…U-Rc- der Reihe nach, stufenweise
ˇN-F…C- Moment, Augenblick
ˇN-F…C-C…c- momenthaft, momentan, augenblicklich
Kasussuffixe
11.3.3
11.3.2
11.3
11.3.1
146Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
]TN-R- sich anstrengen; Anstrengung, Fleiß ]TN-Rc- sich anstrengend, fleißig1
TNC-C…c-Dÿc-Rc-pC-]W`-`È,, Ich verneige mich mit Ehrfurcht/ehrfürchtig.2
É-U-N‰c-NÈ-¶E-G‰P-RÈc-Tõc,Der Lama beobachtete [das Kind] mit großem Interesse.
Grund
Mit einigen Wörtern bildet das Ergativ-Instrumentalsuffix Postpositionen des Grun-des.
NTE- Macht l…- etc. + NTE-C…c- durch
ì‰P- Bedingungen l…- etc. + ì‰P-n…c- bedingt durch
Ergativ-Instrumentalsuffix nach Verben
Nach Verben lässt sich das Ergativ-Instrumentalsuffix häufig mit »weil« oder »als« übersetzen, also kausal oder temporal/modal. Meistens kommt es nach Verbalnomen vor und wird dann in der Form -c- an das Nominalsuffix R- bzw. T- gehängt Y Rc- / Tc-.
E-`-˛‰N-UÈ-˛‰N-_ÈCc-U‰N-Rc- weil ich niemanden zum Spielen hatte (DL 22)
¢_-õ_-x…c-Rc, als ich wie vorher fragte (Mil)
Seltener wird das Ergativ-Instrumentalsuffix direkt dem Verbstamm angeschlossen.
NCÈc-l…c- weil nötig ist (Jä 5)
Für weitere Beispiele siehe PSch 242-244.
Ergänzungen zum Ergativ-Instrumentalsuffix
• Beim Komparativ kann in der Schriftsprache statt `c- auch Tc- stehen (Siehe S. 179).
• Auf das Ergativ-Instrumentalsuffix kann P- folgen. Es hat keine weitere Bedeutung und muss für die Übersetzung nicht berücksichtigt werden.
• l…c- oder n…c- nach Verbstamm kann Voluntativ ausdrücken (Siehe Seite 171 unten).
Lektion Elf
11.3.4
11.3.5
1. Für ein Beispiel siehe Seite 221. Zu 'bas pas im Sinne von »aufgrund der Bemühung; weil sich ... bemühten« siehe Lesestück Lektion 10.2. Zur Finalpartikel lo siehe Seite 164.
147Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Ablativsuffixe Pc- und `c-
Bezeichnungen und allgemeine Bemerkung
Wir benutzen die Bezeichnungen »Ablativsuffix Pc-« und »Ablativsuffix c-«. Im Tibe-
tischen heißen sie ]qŸE-B‘Ec-l…-±- »Partikeln der Herkunft«.
Die Grundaussage der Ablativsuffixe ist »von her«.
Beachten Sie: `c- bedeutet auch »Karma, Handlung«. Pc- bedeutet auch »Gerste«.
Satzgliedmakierende Funktionen der Ablativsuffixe
Pc- kann als Agensmarkierung dienen (siehe Seite 112).
Sonderkonstruktionen
Bei Verben der Bewegung weg von, des Abrückens und des Trennens ist das, wovon
abgerückt wird etc. mit dem Ablativsuffix `c- markiert (siehe Seite 119).
Adverbialbestimmung
Herkunft, Ursprung, Quelle
a-tÈU-Pc-IÈ-T- Fleisch auf dem (vom) Markt kaufen
T-`c-]È-U-]HÈ-T- Milch von der Kuh melken. (KG 45)
ôCc-çÈ-`c-ôCc--T[÷-T- Eisen aus Eisenerz schmelzen.
Ursache
Die Grundbedeutung »von her« kann eventuell als »aufgrund« übersetzt werden. Mi-
chael Hahn bringt in seinem Lehrbuch ein Beispiel für eine Übersetzung aus dem Sans-
krit, indem ein eindeutig kausales Verhältnis (-tvena) mit `c- wiedergegeben wird.
•_-U]Ã-W”`-`c-»aufgrund des Verhaltens eines Feiglings« für skt. kÀtaratvena (MH 99)
räumlicher oder zeitlicher Ausgangspunkt (meist Pc-; bei Zitaten nur `c-)
TcU-CKP-E-CI…c-BE-R-Pc-Èc,[Wenn der Onkel zornig wurde,] flohen Samten und ich aus dem Haus. (DL 22)
Kasussuffixe
11.4
11.4.4
11.4.3
11.4.2
11.4.1
148Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
^“P-_…E-RÈ-Pc- seit langem
`È-G”E-G”E-Pc- von klein auf
CNÈN-Pc- seit Anbeginn
p…-Pc- von draußen; in der Zukunft
Beachten Sie den Ausdruck: a_-Pc-I…-U-]G_-_È, Im Osten geht die Sonne auf.
Statt Pc- wird manchmal auch Pc-T\“E-K‰- (wörtlich »genommen seit«) oder – abge-
kürzt – Pc-T\“E- gesagt, insbesondere wenn auf genaue Ausgangspunkte hingewiesen
wird.
Dauer oder Ausdehnung »von ... bis ...«
Pc- ... l…- etc. + T_- Oÿ- (manchmal verkürzt zu ... Pc- ... T_-)
Ñ-T-NE-RÈ-Pc-TF“-R]Ã-T_-Oÿ- vom ersten bis zum zehnten Monat
ü-c-Pc-î`-˛‰-T_- von Lhasa bis Gyantse
¢_-Pc-N-T_- von früher bis jetzt
Zitate
Titel `c- ... Zitat ... Z‰c-Cc“Ec-cÈ,, »im Werk ... heißt es: ... «
Wird ein Autor zitiert, so ist das Schema:
Autor + Ergativ-Instrumentalsuffix ... Zitat Z‰c-Cc“Ec-cÈ,, » ... sagte: ... «
Wird eine mündliche Überlieferung eines Lamas zitiert, so ist das Schema:
É-U]Ã-Z`-Pc, ... Cc“Ec, »Aus dem Mund des Lamas ... sagte«; Der Lama sprach: ...
Lektion Elf
149Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Adverbialbestimmung der Art und Weise (Pc-)
Viele Adverbien und Postpositionen, die zu Adverbialbestimmungen der Art und Wei-
se gehören, werden mit Pc- gebildet. Sie müssen als Vokabeln gelernt werden. Auch
mit Substantiv + Pc- können Adverbialbestimmungen der Art und Weise gebildet wer-
den.
• Adverbien
AÿP-Pc- ganz und gar CÈE-Pc- bevor
cÈ-cÈ-Pc- einzeln, individuell PU-Z…C-Pc- irgendwann
˛-T-Pc- »von der Wurzel her« Y von Grund auf
• Postpositionen
l…- etc. + °È-Pc- mittels N‰-`-Tå‰P-Pc- basierend darauf
WÀC-B-ac-l…-MÈC-Pc- in einigen (wenigen) Worten
ÉÈ-TN‰]Ã-EE-Pc- »im Zustand der Zufriedenheit«, wohlgemut (Lesestück Lektion Fünfzehn)
• Substantiv + Pc- Y Adverbialbestimmung der Art und Weise
`C-R-Pc-]XÀP-R- bei der Hand nehmen
U…E-Pc-äÈN-R- beim/mit Namen nennen
Ausschluss: `c- + folgendes negiertes Verb
»Nichts ... als«, »niemand außer ...« usw. wird mit `c- und folgendem negierten Verb
ausgedrückt.
[E-`-]]N…-`c-U‰N- [Ich] habe nichts als dieses. (Go 1068)
Kasussuffixe
150Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Als Milarepa sich umbringen will, beschwört ihn Lama rNgog-pa, davon abzulassen. Nach den geheimsten Lehren Buddhas gebe es in den Bestandteilen der Lebewesen nichts anderes als Göttliches. Sich umzubringen hieße, ein göttliches Wesen zu töten. Er sagt:
_E-~ÈC-_E-C…c-TFN-R-`c-•…C-G‰-T-U‰N,Es gibt keine größere negative Tat als das eigene Leben selbst abzuschneiden. (Mil 92)
1
Ablativsuffix nach Verben
`c- nach Verbalnomen
Nach einem Verbalnomen bedeutet `c-, dass etwas aus einer Situation heraus ge-schieht. Das kann im Deutschen auf unterschiedliche Weise wiedergegeben werden, zum Beispiel mit dem Partizip Präsens (machend), mit einer kausalen Konjunkti-on (»weil« u.ä.) oder mit »und«. Wichtig ist, die Stammform des Verbs zu beachten. Steht vor `c- ein Verbalnomen in seiner Präsensstammform, so bedeutet dies, dass die Handlung andauert, während die nächste eintritt: »Als die Eltern den Lama in die Küche führten, erblickte er das kleine Kind.« Steht vor `c- ein Verbalnomen in seiner Perfektstammform, so bedeutet dies, dass die Handlung beendet ist, wenn die nächs-te Handlung folgt: »Nachdem der Lama von den Eltern in die Küche geführt worden war, erblickte er das kleine Kind.«
Verbalnomen + `c- Y zugrundeliegende Situation
Präsensstamm + R- + `c- Y aus einer laufenden Situation heraus/während
Perfektstamm + R- + `c- Y aus einer abgeschlossenen Handlung heraus
Häufig haben die Verben keine unterschiedlichen Stammformen. Dann muss aus dem Kontext heraus entschieden werden, mit welcher Zeitform übersetzt wird.
]NÈN-R-`c- weil (er/sie) wünschte; aus dem Wunsch heraus
Oÿ-T-UMÈE-T-`c- Vom Sehen des Rauches her [kann man auf Feuer schließen]. (Wi 644)
T˛ÈP-]u⁄c-qc-R-`c-u⁄T-]c-MÈP,»Aus dem Gemachthaben von Fleiß zeigte sich Zustandegekommensein und Resul-tat.«; Als Ergebnis der fleißigen Arbeit zeigte sich ein gelungenes Resultat. (KhZhL 59)
Nu-TÈ-]ÈE-T-UMÈE-T-`c-U…-MUc-FN-]Èc-cÈ,Die kommenden Feinde sehend/gesehen habend, flüchten alle Menschen. (MH 98)
1. Übersetzt in: Lobsang Lhalungpa. The Life of Milarepa. Arkana. 1992, S. 70; und in: Thomas Roth. Herr der Yogis – Das Leben von Jetsün Milarepa. Edition Mandarava. Gutenstein 2006.
Lektion Elf
11.4.5
151Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Pc- nach Verbstamm
Pc- steht in ähnlicher Funktion nur direkt nach dem Verbalstamm und bedeutet dann »nachdem, indem«
• zeitliche oder logische Abfolge (»nachdem, von daher«)
¢_-UM—-TÜTc-Pc-Nu-UE-RÈ-TcN,
Nachdem [Milarepa] vorher schwarze Magie studiert hatte, tötete er viele Feinde. (L 18)
_…-TÈE-∞C-Pc-Èc, Der Hase erschrak sich und floh.
• modal (»-end«, »indem«)
TÈE-T“-TZÈP-Pc-TÈE-T“-]WÍ`, den Esel reitend den Esel suchen (Qu 148)
dativ-lokativsuffix `-, Lokativsuffix P- und Terminativsuffix Lfi-, Oÿ-, -_-, _“-, c“-
Bezeichnungen und allgemeine Bemerkung
Wir benutzen die Bezeichnungen »Dativ-Lokativsuffix -«, »Lokativsuffix P-« und »Ter-minativsuffix« ( Lfi-, Oÿ-, -_-, _“-, c“-). Die tibetische Grammatik fasst alle diese Suffixe zu-sammen unter der Bezeichnung -NÈP-TOÿP- »Sieben Partikeln mit der Funktion von -«. Die Grundaussage des Dativ-Lokativsuffix `- ist »hin zu, in, bei, für«. Die Grundaus-sage des Lokativsuffixes P- ist »in, hin zu«. Die Grundaussage des Terminativsuffixes ist »hin zu, in«. Die Suffixe haben teilweise spezifische Funktionen, teilweise sind sie austauschbar.
Beachten Sie: `- bedeutet auch »Bergpass«. P- bedeutet auch »krank (sein)«. c“- bedeu-tet auch »wer«.
Das Terminativsuffix kommt in verschiedenen Formen vor, je nach Endung des voran-gehenden Wortes. (Siehe Seite 107 oder Partikelübersicht)
Für `- kann nach Wörtern ohne Postskript auch -_- stehen.
Satzgliedmarkierende Funktionen (nur `- oder -_-)Logisches Subjekt (Satzstruktur Vier)
Umschreibende Ausdrücke für »haben«, »brauchen«, »erhalten«, »(zufällig) finden«, »gebären/zur Welt bringen« haben ein logisches Subjekt mit `- oder -_-. (Siehe S. 113)
Kasussuffixe
11.5
11.5.2
11.5.1
152Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Dativobjekt
Das Dativobjekt ist typischerweise das Zielobjekt, zu dem die Handlung hingeht oder für das die Handlung geschieht (»wem, für wen, für was«). Es wird mit `- markiert, nach Wörtern ohne Postskript auch mit -_-.
ü-éUc-`-UGÈN-R-q‰N-R- den Göttern ein Opfer darbringen
Sonderkonstruktion
Einige Verben verlangen ein Agens und eine Objektergänzung mit Dativ-Lokativsuffix. (Siehe Seite 117)
Bei Verben des Fühlens ist das, auf das sich das Gefühl richtet, mit dem Dativ-Lokativ-suffix markiert. (Siehe Seite 115)
Bezug, Thema
Siehe Seite 172 ff.
Adverbialbestimmung
(Für ausführliche Erklärungen zu Adverbien und Postposition siehe Lektion 14.)
Angaben zu Raum oder Zeit
Adverbien, die sich auf Raum oder Zeit beziehen, können mit allen Lokativ- und Termi-nativsuffixen vorkommen. Tendenziell wird - bei weiter gefassten Angaben gemacht (»im/beim Haus«), P- bei umgrenzteren Angaben (»im Haus«) und das Terminativsuf-fix bei Richtungsangaben (»zum Haus«). Tatsächlich sind sie oft austauschbar und welches Suffix benutzt wird, ist dann eine Frage des Stils, der Konvention oder – bei Versen – der benötigten Silbenanzahl.
]N…-P- hier ]N…-`- in Bezug auf dieses, bei diesem, hier
]N…_- hierher, hier
E-´‰c-R]Ã-ZÈCc-R-N‰_- am Morgen meiner Geburt (DL 21)
Postpositionen können mit allen Terminativ- und Lokativsuffixen gebildet werden.
BE-R]Ã-PE-`- / P- / Oÿ- in dem Haus/bei dem Haus/zu dem Haus
BE-R]Ã-C^ÈP-`- / P- / Oÿ- links vom Haus
BE-R]Ã-C^c-c“- rechts vom Haus
Lektion Elf
11.5.3
153Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Richtungsangaben
Richtungsangaben werden mit dem Terminativsuffix oder mit `- gekennzeichnet,
selten mit P-.
PÈ_-T“-Ç…E-B_- im/zum Norbulingka
Der Leichnam des verstorbenen 13. Dalai Lama war im Norbulingka mit dem Gesicht nach Süden auf einen Thron gesetzt worden. Wenige Tage später schien es, als blicke er nach Osten.
a_-EÈc-c“-C\…Cc- blickte nach Osten (DL 14)
Der Suchtrupp gelangt zu dem Elternhaus des Dalai Lama. Um unerkannt zu bleiben, tauschte der Anführer der Gruppe, Ke'utsang Lama, die Kleidung mit dem Diener Lobsang.
E]Ã-S-U-WÍc-ÉÈ-T\E-Z‰c-R-N‰-PE-Oÿ-]t…N-S‰Tc,
@‰]“-WE-É-U-NE-, CZP-NC-MT-WE-Oÿ-TZCMeine Eltern geleiteten den [Diener] namens Lobsang hinein (in die gute Stube).
Ke‘utsang Lama und die anderen brachten sie in der Küche unter. (Lesestück Lektion 16)
Angaben, die sich nicht auf Raum, Zeit oder Richtung beziehen
Adverbien, die sich nicht auf Raum oder Zeit beziehen, können mit dem Terminativ-
suffix gebildet werden.
• Adverbien der Art und Weise (modal)
≠…_- im Allgemeinen q‰-C-Lfi- im Einzelnen, detailliert _…U-R_- stufenweise
`P-Oÿ- als/zur Antwort WE-U_- alles in allem mN-R_-Oÿ- inbesondere
TÈN-^…C-ÜÈT-ÆÈE-N‰-éUc-WE-U_-`È-ò-VU-]CÈ_,Die Studien zur tibetischen Schrift dauerten alles in allem ungefähr fünf Jahre. (DL 36)
• Postpositionen zur Bildung von Adverbialbestimmungen des Zwecks und des Grun-
des (final und kausal)
l…-NÈP-Oÿ- um Willen, zum Nutzen von
l…-p…_- wegen, um Willen des
Kasussuffixe
154Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Mit Hilfe des Terminativsuffixes können aus Adjektiven Adverbien gebildet werden.
å-UnÈCc-RÈ-î‡C- Das schnelle Pferd läuft.
å-UnÈCc-RÈ_-î‡C- Das Pferd läuft schnell.
Dauer oder Ausdehnung »von ... bis ...« (... Pc-... T_-Oÿ-)
î-PC-Pc-TÈN-T_-Oÿ- von China bis Tibet
Solange nicht
U- Verbstamm + l…- etc. + T_-Oÿ- Y solange nicht ...
E-U-a…]Ã-T_-Oÿ- solange ich nicht gestorben bin Y bis zu meinem Tode
cEc-îc-l…-CÈ-]SE-U-]MÈT-l…-T_-Oÿ-solange ich nicht den Erleuchtungszustand eines Buddhas erlangt habe (DL 42)
]BÈ_-T-U-§ÈEc-l…-T_-Oÿ- solange Sa¾sÀra nicht leer geworden ist
»in Bezug auf«, »hinsichtlich« ( -, -_- )Einem Satz kann mit `- ein Thema vorangestellt werden oder ein allgemeiner Bezug zu der vorangegangenen Aussage geschaffen werden kann. Siehe dazu Seite 172. Auch innerhalb eines Satzes kann - den Bezug zu etwas ausdrücken. Die erste Hilfsüberset-zung wäre »in Bezug auf; hinsichtlich«. Der ganze Ausdruck muss oft umschreibend wiedergegeben werden.
TÈN-^…C-`-UBc-R-gelehrt in Bezug auf die tibetische Schrift; gelehrt in tibetischer Schrift
GÈc-`-£…E-_“c-UXN-R-in Bezug auf den Dharma fleißig und ausdauernd sein; mit ganzem Herzen Dharma praktizieren (JR 176)
ÜÈT-ÆÈE-`-N@]-E`- Schwierigkeiten in Bezug auf das Studium
•‡C-T¢`-`-T\ÈN-R-Geduld/Durchhaltekraft in Bezug auf Leid; Leiden aushalten können
Lektion Elf
155Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Lokativ- und Terminativsuffix nach Verben
Lokativsuffix `- / P- nach Verbalnomen Y zugrundeliegende Situation
Nach einem Verbalnomen bedeuten `- oder P-, dass in einer laufenden Situation et-
was geschieht (bei Präsensstamm), bzw. auf eine abgeschlossene Handlung unmittel-
bar eine weitere folgt (bei Perfektstamm). Das kann im Deutschen auf unterschiedli-
che Weise wiedergegeben werden, zum Beispiel mit dem Partizip (machend/gemacht
habend) oder mit »und«.
Präsensstamm + R- + `- / P- ... Y in der Situation des Machens
während jemand etwas macht
Perfektstamm + R- + `- / P- ... Y in der Situation des Gemachthabens
jemand hat gemacht und (unmittelbar darauf) ...
\P-\-T-`-]N…-ˇN-F‰c-µc- Während er sein Essen aß, sagte er diese Worte ...
\P-\Èc-R-`-]N…-ˇN-F‰c-µc-Nachdem er sein Essen gegessen hatte, sagte er diese Worte ... (MH 87)
Das Terminativsuffix nach Verben
Die wichtigste Funktion des Terminativsuffixes ist es, Verben miteinander zu verbin-
den. Das erste Verb kann allein aus dem Verbstamm bestehen und das Terminativsuf-
fix folgt direkt: Verbstamm + Terminativsuffix + Verb.
Oder das erste Verb besteht aus einem Verbalnomen. Dann wird das Terminativsuffix
-_- an das Nominalsuffix gehängt: Verbstamm + R_- / T_- + Verb.
Das Terminativsuffix zwischen zwei Verben kann Folgendes ausdrücken:
1. Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion
2. Infinitv mit »zu« (Modalitätsverben)
3. Infinitiv mit »um zu«, »zu« (Zweck)
4. Art und Weise (modal)
5. temporal »als«
6. Verbalnomen + -_- + ]uÈ-T- Y »gehen, um zu ...« u. ä.
7. Verbalnomen + -_- + UMÈE-T- Y »sehen, wie ...«, »sehen, dass ...«
Kasussuffixe
11.5.4
156Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
• Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion
Bei einer Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion haben die Hilfsverben keine eigene inhaltliche Bedeutung, sondern sie haben allein die Funktion, die Zeit oder den Ne-zessitativ deutlich zu machen. Das Hilfsverb muss bei der Übersetzung nicht wieder-gegeben werden, sondern das Verb in der entsprechenden Form in der Zielsprache. Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktionen werden in Lektion 18 »Analytische Verbformen« besprochen.
rÈE-T_-]nŸ_- »es kommt zum Erfahren« Y [ich] werde erfahren
³Àntideva mahnt in einer Verszeile, dass man sich des Todes bewusst sein muss und das Leben spirituell nutzen soll. Bei der Erfahrung des eigenen Todes ist man ganz auf sich allein gestellt.
~ÈC-GN-R-^…-WÍ_-T-NC , TNC-I…N-CF…C-R“c-rÈE-T_-]nŸ_ , ,Die Empfindungen des Abgeschnittenseins der Lebenskraft wird man selbst ganz al-lein erfahren. (BCA II, 40)
• Infinitv mit »zu« (Modalitätsverben)
Hauptverben und Modalitätsverben (Modalverben und modifizierende Verben) wer-den mit dem Terminativsuffix angeschlossen.
åÈCc-R_-N@], [etwas] ist schwer zu verstehen
ü-éUc-`-UGÈN-R-q‰N-R_-]NÈN-R-wünschen, den Göttern ein Opfer darzubringen
qE-G”T-l…-`U-`-]H“C-R_-N@],,Es ist schwer, den Pfad des Erwachens zu betreten. (Gam)
Vergleichen Sie dazu die nominale Konstruktion von Seite 230:
Z…-TN‰-^ÈE-M—T-R-N@]- »Das Kommenkönnen von Frieden und Glück ist schwer.«
• Infinitv mit »um zu«, »zu« (Zweck)
Bei finalen Konstruktionen muss das Hauptverb in der Nezessitativstammform ste-hen.
c-§‰E-]N…-NC-@Èc-C^ÈC-Lfi-`E-genug sein, um die (ganze) Erde mit Leder zu bedecken
Lektion Elf
157Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Milarepa erzählt:
e-Uc-TNC-UM—-ÜÈT-Lfi-TíEc-Die Mutter sandte mich fort, schwarze Magie zu lernen/damit ich schwarze Magie lerne. (Mil)
Mit dieser Konstruktion können auch Adjektive gebildet werden:
NRC-Lfi-U‰N-R- »Es gibt nichts, [es] zu messen.« Y nicht messbar, unermesslich
TäÈN-Oÿ-U‰N-R- »Es gibt nichts, [es] auszudrücken.« Y unaussprechlich, unbeschreiblich
• Art und Weise (modal)
Generell bildet das Terminativsuffix häufig modale Ausdrücke, also Angaben, die sa-
gen, in welcher Weise etwas stattfindet. Ein Terminativsuffix nach einem Verbalno-
men kann ausdrücken: während/in der Weise, dass die voranstehende Verbalhand-
lung stattfindet, findet die nachfolgende statt.
`P-U…-]N‰Tc-R_-áflP-RÈ-N‰-`c-]Nc,[Der Brahmane] ging ohne eine Antwort zu geben an dem Gauner vorbei. (Lesestück L. 13)
Als der kleine Dalai Lama ohne weitere Spielkameraden im Kumbum-Kloster lebt, beobachtet er heimlich seinen Bruder beim Unterricht.
NC‰-àP-n…c-U-C\…Cc-R_-^È`-T]Ã-c‰E-Pc-TcU-CKP-`-Tõc,So, dass der Lehrer [mich] nicht sah, schaute ich durch die Vorhänge zu Samten. /
Ohne dass der Lehrer mich sah, ... (DL 22)
• Temporal »als«
Manchmal geht die modale Funktion über in eine temporale und ist besser mit »als« zu übersetzen.
x…c-R_, in der Weise, dass er fragte Y als er fragte
c‰E-C‰c- ... x…c-R_, Als der Löwe fragte: ...
Kasussuffixe
158Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
• Verbalnomen + -_- + ]uÈ-T-
In Verbindung mit ]uÈ-T- »gehen« und ähnlichen Verben steht das Hauptverb in der Präsensstammform.
©ÈP-`U-]N‰Tc-R_-]uÈ-T- (zum Tempel etc.) gehen, um zu beten (DL 8)
E-`c-@-q‰N-R_-]uÈ-C…-^ÈN, Ich gehe arbeiten. (LT 217)
(]uÈ-C…-^ÈN- = Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion; siehe Seiten 257-259)
• Verbalnomen + -_- + UMÈE-T- Y »sehen, wie ...«, »sehen, dass...«
UMÈE-T- »(unabsichtlich) sehen« wird mit direktem Objekt oder mit Dativ-Lokativsuffix konstruiert. Letzteres besonders wenn das, was gesehen wird, ein längerer Vorgang ist: »sehen, wie ...«, »sehen, dass ...«
áflP-RÈ-ò-RÈc-U-\‰-îE-U-Pc-]ÈE-T_-UMÈE-,Die fünf Gauner sahen, wie der Brahmane aus der Ferne (näher) kam.
In allen Funktionen gilt: Wenn für das Versmaß eine zusätzliche Silbe gebraucht wird, steht _“- für -_-.
M_-R-]MÈT-R-_“-TNC-U‰N-°ÈU-R-um Erlösung zu erlangen, über die Ichlosigkeit meditieren (MH 108)
Dativ-Lokativsuffix `- nach einem Verbstamm
• lockere Aneinanderreihung (»und«)
Nach einem Verbstamm drückt `- eine lockere Aneinanderreihung von zwei Verbal-handlungen aus und kann mit »und« oder mit zwei getrennten Sätzen wiedergege-ben werden: ... Verbstamm `- ... Verb.
]BÈ_-T-`-•‡C-T¢`-G‰-`-qE-G”T-U‰N,,Im Sa¾sÀra ist das Leiden groß und es gibt kein Erwachen. (SH 73)
• enge Verbindung von Imperativen
`- kann eine enge Verbindung zwischen Imperativen darstellen.
`‰Cc-R_-IÈP-`-^…N-`-\“Ec-a…C- Höre gut zu und nimm es dir zu Herzen!
Lektion Elf
159Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
• enge Verbindung von Adjektiven bzw. Zustandsverben
`- kann eine enge Verbindung zwischen Adjektivstämmen (= Stämme von Zustands-
verben) darstellen: Adjektivstamm + `- + Adjektiv.
Cc`-`-чU-R]Ã-Ñ-T, klarer, runder Mond (KG 40)
GE-SP-`-Z…U-R-Z…C- ein erfrischendes, wohlschmeckendes Bier (Mil)
Lokativsuffix P- nach einem Verbstamm
Nach einem Verbstamm drückt P- Zeit oder Bedingung (»wenn«) aus. Gewöhnlich
steht davor ein Perfektstamm.
U‰-^ÈN-P-Oÿ-T-]qŸE-, Wenn es Feuer gibt, erscheint Rauch.
• Bedingung: C`-K‰- / F…-§‰- ... P- »falls«
Will der Autor deutlich machen, dass es sich um einen Bedingungssatz handelt (»if«),
kann er C`-K‰- oder F…-§‰- »falls« an den Satzanfang stellen, und am Ende steht P-.
C`-K‰-U-a…-P- wenn [ich] nicht gestorben bin
• Zeitpunkt: PU- ... P-
Will der Autor deutlich machen, dass es sich um einen Satz handelt, der einen Zeit-
punkt angibt (»when«), kann er das mit PU- im vorderen Satzteil und P- am Satzende
machen.
• ... P-^E- »obwohl«, »auch wenn ...«
P- mit Konzessivpartikel ^E- bedeutet »obwohl«, »auch wenn«.
BÈ-©P-BE-`-p…P-P-^E-a…-T-_‰N,Obwohl er ins Krankenhaus gegangen ist, ist er gestorben. (Go 602)
Ergänzungen zu `-
Ausruf
Am Ende eines Ausrufs bedeutet `- »wie ...!«. (Siehe Seite 64)
Kasussuffixe
11.5.5
160Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Ergänzungen zu P-
P- für »wenn jemand fragt .«
P- steht oft verkürzt für Z‰c-µ-P- oder Z‰-P- (bzw. a‰-P-oder F‰-P-).
CE-C…c-P, »wenn jemand fragt: Wodurch?« Y
Wodurch? (DL 46)
Oÿc-PU-Pc-]t‹`-P-Wenn jemand fragt: Seit wann findet Täuschung statt?, [so lautet die Antwort: ...] (Gam)
F…-Z…C-Tn…c-P- »wenn jemand fragt, was haben [sie] gemacht« ist Einleitung zu einem
Konsekutivsatz: »was haben [sie] gemacht, dass ... «. Für Beispiele siehe MH 123,124
und PSch 187.
P- nach anderen Suffixen
Das Suffix P- findet sich gelegentlich an das Instrumental- oder das Terminativsuffix
angehängt. Es hat dann keine inhaltliche Bedeutung und muss bei der Übersetzung
nicht berücksichtigt werden.
p…_-P- weil
N‰c-P- weil das [so ist]; deshalb
Ergänzung zu -_-Bei Verben, die mit NE- konstruiert werden kann nach Wörtern ohne Postskript -_- an-
stelle von NE- stehen.
T•‡-T]Ã-NEÈc-RÈ-TZ…_-úP-
versehen mit den vier Dingen, um [Schüler um sich] zu scharen1
Lektion Elf
1. Siehe unter bsdu ba‘i dngos po bzhi in Tibetan-English Dictionary of Buddhist Terminology von Tsepak Rigzin.
11.5.6
161Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übungen zu Lektion 11
Übung zu den Kasussuffixen
Übersetzen Sie die Beispiele aus dem tibetischen Kommentar zum Grammatiktext Legs bshad ljon dbang von Bhikshu dKa‘-can Padma.
1. a_-pÈCc-c“-]uÈ- 6. T-`c-]È-U-]HÈ-
2. U…C-C…c-Tõc- 7. ≠À-CV“C-Pc-áE-UM…`-T_-
3. I…-U-]G_-B-_“-]uÈ- 8. `C-R]Ã-cÈ_-UÈ-
4. å_-»-q…P- 9. ü-BE-Oÿ-å‰P-Cc“U-^ÈN-
5. c-Pc-»-´‰c-
Lesestück: »Ledersohle«
Wurzeltext und Kommentar
Der folgende Vers stammt aus dem BodhicaryÀvatÀra von ³Àntideva, einem indischen Gelehrten aus dem 7. Jh. Die buddhistischen Grundwerke aus dem alten Indien wa-ren oft in Versen verfasst, um das Auswendiglernen zu erleichtern. Dadurch waren sie knapp und schwer verständlich und es entwickelte sich eine reichhaltige Kommentar-literatur dazu. Bei der Übersetzung ins Tibetische wurden die Sanskrit-Verse in Ver-se in der tibetischen Sprache übertragen. Eine unglaubliche Leistung, wenn man be-denkt, dass sich Sanskrit als indoeuropäische Sprache vom Tibetischen genauso stark unterscheidet wie das Deutsche. In unserem Beispiel liegt ein Ausschnitt aus einem tibetischen »Wort-Kommentar« (WÀC-]u‰`-) vor. In dieser Art Kommentar kommen alle Wörter aus dem Originaltext vor, und dazwischen sind erklärende und ergänzende Zusätze eingeschoben. Den Originaltext nennt man »Wurzeltext« (˛-C[÷E-).
Kasussuffixe
162Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Wurzeltext
Aus dem BodhicaryÀvatÀra (qE-G”T-c‰Uc-NR]Ã- ≠ÈN-R-`-]H“C-R-) von ³Àntideva,Kapitel V, Vers 13
c-§‰E-]N…-NC-@Èc-C^ÈC-Lfi , , N‰-£‰N-@È-Tc-C-`-`E-, ,
üU-UM…`-VU-n…-@È-Tc-P… , , c-§‰E-MUc-FN-C^ÈCc-NE-]x , ,Wort-Kommentar
Aus dem Kommentar von rDzogs-chen mKhen-po Kun-bzang dpal-ldan
Titel:1
qE-G”T-c‰Uc-NR]Ã-≠ÈN-R-`-]H“C-R]Ã-WÀC-]u‰`- (= Hinweis auf die Art des Textes)
]HU-NqEc-É-U]Ã-Z`-`“E- (= Hinweis auf den Autor)
TOÿN-˛…]Ã-M…C-R- (= Schmucktitel)
Textausschnitt:
1. NR‰_-P-WÂ_-U-`-cÈCc-R]Ã-CPÈN-R-T~⁄E-T]Ã-NÈP-Oÿ-
2. c-^…-§‰E-]N…-UM]-NC-
3. @Èc-Z‰c-@È-T-]HU-RÈc-C^ÈC-Lfi-]NÈN-lE-
4. N‰-£‰N-l…-@È-Tc-C-`-`E-§‰-U…-`E-`,
5. _E-C…-üU-UM…`-VU-n…-@È-Tc-P…-_E-_E-C…-áE-R-C^ÈCc-P-
6. c-§‰E-MUc-FN-@È-Tc-C^ÈCc-R-NE-]x- ...
Übersetzungshilfen
N‰-£‰N-@È-Tc-C-`-`E-Wie könnte es genug geben an soviel Leder? (Rhetorische Frage; siehe Seite 168)
P…- hier mit betonender Funktion: »durch ... aber« ... ]Ã-NÈP-Oÿ- um zu ...
@Èc-Z‰c-@È-T-]HU-RÈc- »durch Leder«, das heißt durch weiches Leder,
]NÈN-lE- auch wenn man wünscht §‰- hier das heißt _E-_E-C…- (jeweils) eigenen
Lektion Elf
1. Zu Titeln siehe S. 272.
163Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
12. SatzabschlüsseAbschlüsse von einfachen Sätzen | Aussagesätze | Fragesätze | Imperativ, Prohibitiv, Optativ | Dem Satz vorangestellt | Betonung innerhalb des Satzes |Wann übersetzt man in einen Passivsatz?
Satzabschlüsse von einfachen SätzenIn diesem Kapitel wird besprochen, wie einfache Sätze abgeschlossen werden. »Einfa-che Sätze« bedeutet hier, dass sie nicht mit anderen Sätzen verbunden sind, sondern nur eine Verbalhandlung mit den dazugehörigen Ergänzungen enthalten. An einfa-chen Sätzen gibt es Aussage-, Frage- und Aufforderungssätze. Diese sind anhand der Satzendungen zu erkennen, Fragen auch anhand von Fragewörtern.
Typisch für die tibetische Schriftsprache sind aber nicht einfache Sätze, sondern kom-plexe Satzgefüge, wie sie in Lektion 16 beschrieben werden.
Sätze können auch ineinander verschachelt sein.
Aussagesätze
Allgemeine Bemerkung
Einfache Aussagesätze können auf zwei Arten abgeschlossen werden: mit einer Final-partikel der Aussage oder mit dem Verbstamm bzw. der Verbphrase1 am Ende ohne weitere abschließende Partikel.
Aussagesätze mit dem Verb bzw. der Verbphrase am Ende
Ein einfacher Aussagesatz kann mit dem Verbstamm allein enden.
Y-UÈ-N‰-^E-UIU-Oÿ-Èc, Auch der Fuchs floh mit. (Lesestück Lektion 14)
Marpa spricht zu Milarepa:
`“c-EC-^…N-Cc“U-]T“`-T-N‰-T\E-, Dass [du mir] Körper, Rede und Geist darbringst, ist gut. (Mil 57)
Am Ende von einfachen Aussagesätzen kann auch eine Hauptverb-Hilfsverb-Kon-struktion stehen. In der klassischen Schriftsprache sind die wichtigsten Konstruktio-nen mit q‰N-R-, ]nŸ_-T- oder ]H“C-R- als Hilfsverb gebildet. Für ein Beispiel siehe Seite 156. In der Umgangssprache ist das Hilfsverbsystem komplexer (siehe Lektion 18). In der modernen Schriftsprache und in sehr lebendigen Erzählungen wie der Milarepa-Biographie findet man umgangssprachliche Einflüsse.1. Eine Verbphrase ist das Hauptverb mit den dazugehörigen Hilfs- oder Modalverben.
12.1
12.2
12.2.2
12.2.1
164Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Aussagesätze mit der Finalpartikel der Aussage
Die Finalpartikel der Aussage ist typisch für die klassische Schriftsprache. Sie markiert
das Ende eines Satzes, Gedankens oder Abschnitts.
Die Form der Finalpartikel variiert je nach Postskript des vorangehenden Wortes.
nach Postskript C Y CÈ-
nach Postskript E Y EÈ-
nach Postskript N Y NÈ-
nach Postskript P Y PÈ-
nach Postskript T Y TÈ-
nach Postskript U Y UÈ-
nach Postskript ] Y o-Vokal über dem ] (N@]È, »es ist schwer«)
nach Postskript _ Y _È-
nach Postskript ` Y `È-
nach Postskript c Y cÈ-
ohne Postskript Y -]È- (TZ…]È, »es sind vier«)
nach ehemaligem N-xC- Y KÈ-
N@]È, und TZ…]È, gelten metrisch als eine Silbe, werden aber nicht als Diphthonge aus-
gesprochen, sondern als schnelle Vokalfolge ohne Glottalverschluss dazwischen, [káo]
und [ɕìo].
Die Finalpartikel steht direkt nach dem Verbstamm.
U-\‰-Z…C-çÈ-ä‰-Ç…E-`-cÈE-EÈ-, Ein Brahmane ging nach Darjeeling.
]HU-NR`-NqEc-`-pC-]W`-`È, [Ich] verneige [mich] vor Mañju²rÅ.
Bei einer Gleichsetzung können Subjekt und Gleichsetzungsergänzung hintereinan-
dergestellt werden und es folgt ein Satzabschluss. Das kann mit dem Gleichsetzungs-
verb ^…P- sein, aber auch ohne Verb nur mit der Finalpartikel oder mit der Semifinal-
partikel (siehe Seiten 164, 220).
Lektion Zwölf
12.2.3
165Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
]qŸE-T-TZ…-P…, c-NE-G”-NE-U‰-NE-Ö‡E-NE-TZ…]È, ,Die vier Elemente sind Erde, Wasser, Feuer und Luft (diese vier). (Jä 250)
Aus dem Tshig mdzod chen mo zu »rten gsum«
å‰P-Cc“U, ˇ‡]Ã-å‰P-cEc-îc-l…-C\“Cc, Cc“E-C…-å‰P-GÈc-l…-NR‰-G, M—Cc-l…-å‰P-
UGÈN-å‰P-TFc-Cc“U-UÈ, ,Die »drei Stützen« sind die Stütze des Körpers, (d.h.) Abbildungen des Buddha, die Stüt-ze der Rede, (d.h.) Dharmatexte, die Stütze des Geistes, (d.h.) StÊpas, (diese drei). (Tshig)
(TFc- markiert das Ende einer Aufzählung; siehe Seite 198 unten)
Die Finalpartikel nach p…_- kann eine Begründung abschließen. Für ein Beispiel siehe Seite 221.... l…- etc. + p…_-_È, (es ist so,) weil ...
Fragesätze
Allgemeine Bemerkung
Fragen werden entweder mit Fragewörtern oder mit Fragepartikeln gebildet. Die Fra-gepartikel der klassischen Schriftsprache ist die Finalpartikel der Frage -]U- usw. Das Prinzip der Fragen ist in der Schriftsprache und in der Umgangssprache gleich, die For-men unterscheiden sich aber erheblich! Wir behandeln hier die Schriftsprache. Zu Fra-gepartikeln in der Umgangssprache siehe NT 85, 86.
Im Deutschen werden Fragen gebildet, indem die Satzglieder umgestellt werden (»In-version«). Zum Beispiel wird die Aussage »Das ist dein Hund.« in der Frage zu »Ist das dein Hund?«. Im Tibetischen dagegen ist die Anordnung der Satzglieder bei Fragen und Aussagen gleich.
Formen der Finalpartikel der Frage
nach Postskript C Y CU-
nach Postskript E Y EU-
nach Postskript N Y NU-
nach Postskript P Y PU-
nach Postskript T Y TU-
nach Postskript U Y UU-
Satzabschlüsse / Thema, Betonung
12.3
12.3.1
166Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
nach Postskript ] Y U nach dem ] (N@]U, »Ist es schwer?«)
nach Postskript _ Y _U-
nach Postskript ` Y `U-
nach Postskript c Y cU-
ohne Postskript Y -]U- (T“]U-T“-UÈ- »Junge oder Mädchen?«)
nach ehemaligem N-xC- Y KU-
N@]U, und T“]U- gelten metrisch als eine Silbe, werden aber nicht als Diphthonge ausgesprochen, sondern als schnelle Vokalfolge ohne Glottalverschluss dazwischen, [káam] und [pʰùam].
Entscheidungsfragen: Fragen mit Fragepartikeln
Entscheidungsfragen verlangen als Antwort »ja« oder »nein«. Im Tibetischen werden sie gebildet wie Aussagen, aber am Satzende steht eine Fragepartikel und markiert den Satz als Frage.
m…-]N…-Ts-a…c-l…-m…-_‰N, Dieser Hund ist Tashis Hund.
m…-]N…-Ts-a…c-l…-m…-_‰N-NU, Ist dieser Hund Tashis Hund?
]t‹`-R-`-_E-cEc-^ÈN-NU- Gibt es bei der Täuschung Selbstreinigung? (Gam)
Ergänzungsfragen: Fragen mit Fragewort
Ergänzungsfragen fordern eine Antwort, die über »ja« oder »nein« hinausgeht. Sie werden mit Fragewörtern gebildet.
]N…-C-_‰-_‰N, Was ist dieses?
BÈE-c“-_‰N, Wer ist er/sie?
Die wichtigsten Fragewörter in der klassischen Schriftsprache sind in Lektion 15 be-schrieben. Die wichtigsten Fragewörter in der Umgangssprache sind
c“- wer C-R_- wo
C-_‰- was C-WÍN- wieviele
C-Oÿc- wann C-]xc- wie
Lektion Zwölf
12.3.3
12.3.2
167Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
C-C…- welcher, welche, welches c“]Ã- wessen
C-Pc- von wo
Zu einer Gegenüberstellung der Fragewörter in der Umgangssprache und in der
Schriftsprache siehe NT 408.
Wahlfragen
Wahlfragen sind »oder«-Fragen. Die beiden Alternativen werden hintereinanderge-
stellt. Zwischen ihnen steht eine Fragepartikel.
TN‰P-PU-U…-TN‰P- Ist es wahr oder nicht? (KG 66)
^…P-PU-U…P- Ist es oder nicht?
N‰-NC-CU, ]N…-NC- Die dort oder die hier?
In der Umgangssprache werden die beiden Möglichkeiten direkt hintereinanderge-
stellt:
T“-_‰N, T“-UÈ-_‰N, Ist es ein Junge oder ein Mädchen?
rhetorische Fragen
Mit Verb + -]U- oder -]U-F…- werden rhetorische Konstruktionen gebildet, die mit
»etwa« wiedergegeben werden können.
U_-U‰]Ã-]ÈN-`-]XÀE-T-^…c , , ¥E-T“-NR]-T_-]uÈ]U-F… , ,Wird etwa eine Fliege zum Held, dadurch dass sie mit dem Butterlampenlicht kämpft? (Sakya Pandita nach StB 358)
Häufig werden diese Konstruktionen mit negiertem Verb gebildet.
... U-^…P-PU- Ist es etwa nicht ... ?; Ist es nicht so, dass ...
... U…P-PU-F…- Ist es etwa nicht ... ?; Ist es nicht so, dass ...
Satzabschlüsse / Thema, Betonung
12.3.4
12.3.5
168Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Auf die Frage, ob denn auch einfache Wesen wie wir die Erleuchtung erlangen können, antwortet Gampopa mit einer rhetorischen Fragen, die mit »warum nicht?« konstruiert ist:
]TN-Rc-T±„Tc-P-qE-G”T-F…c-K‰-U…-MÈT,
Wenn man fleißig praktiziert (praktiziert hat), warum sollte man nicht Erleuchtung erlangen? (Gam)
Auch mit Hilfe von Fragewörtern werden rhetorische Fragen gebildet. C-`- bedeutet »wie (könnte)?«.
@È-Tc-C-`-`E-, Wie könnte es genug geben an Leder?
^…N-´È-T]Ã-`U-Oÿ-U-cÈE-P , , c‰Uc-NC]-T]Ã-uÈCc-NE-C-`-]zN , ,
Wenn man nie den Weg der Traurigkeit ginge (gegangen ist), wie träfe man [jemals] den Freund, der einen aufheitern kann?
Die Finalpartikel der Frage mit der Bedeutung »und« und »oder«
Die Finalpartikel der Frage kann bei Aufzählung an die jeweiligen Nomen gehängt und mit »und« oder »oder« übersetzt werden.
pÈCc-TZ…-P…-a_-_U-üÈ]U-Q÷T-TU-qE-TFc-cÈ,,
Die vier [Himmels]richtungen sind Osten, Süden, Westen und Norden. (KG)
G”-TÈ]U-UWÍ]U-î-UWÍ-P-I-^ÈN-NÈ,
In Flüssen oder Seen oder Ozeanen gibt es Fische. (MH 40)
Imperativ, Prohibitiv, Optativ
Imperativ
Allgemeine Bemerkung
Der Imperativ, also eine Aufforderung oder ein Befehl, kann im Tibetischen nur von kontrollierbaren Verben gebildet werden. Im Deutschen dagegen kann man auch von nicht kontrollierbaren Verben einen Imperativ bilden, allerdings hat es dann einen ver-änderten Sinn (siehe Seite 129). Hat ein tibetisches Verb eine eigene Imperativform, so muss diese benutzt werden. Wenn nicht, fallen andere Formen mit der Imperativform zusammen. Die Verbtabelle im Anhang des Tshig mdzod chen mo bietet eine Übersicht über den gängigen Gebrauch der Stammformen in der Schriftsprache.
Lektion Zwölf
12.4
12.3.6
12.4.1
169Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Imperativ mit Imperativpartikel
Der Imperativ kann gebildet werden, indem an den Verbstamm eine Imperativpartikel gefügt wird. In der klassischen Schriftsprache ist die Finalpartikel der Aufforderung die wichtigste Imperativpartikel.
Formen der Finalpartikel der Aufforderung
Die Finalpartikel der Aufforderung hat je nach Postskript der vorangehenden Verbstammform die Formen F…C-, Z…C- oder a…C-.
nach Postskript C N T Y F…C-
nach Postskript E P U ] _ ` und ohne Postskript Y Z…C-
nach Postskript c Y a…C-
nach ehemaligem N-xC- Y F…C-
õÈc-a…C- Sieh!
Marpa sagt zu Milarepa:
mÈN-E]Ã-z⁄-]N…-ÜÈCc-a…C- Du! Ziehe meinen Pflug. / Ziehe du meinen Pflug! (Mil)
Der Gauner erzählt seinen Kumpanen, wie man den Brahmanen überlisten kann, und sagt:
m‰N-FC-`-µc-R-N‰-TZ…P-Oÿ-qÈc-a…C-
Macht es so, wie [ich es] euch gesagt habe. (Lesestück Lektion Dreizehn)
Auch NE- kann als Imperativpartikel fungieren und drückt eine höfliche Aufforderung aus.
q-N‰-t‹E-t‹E-N@_-UÈ , , E-`-CaÈC-˛`-C^_-NE-, ,Weißer Kranich! Leihe mir die Fähigkeit [deiner] Flügel.
Die Imperativpartikel _ÈCc- bedeutet »Hilfe« und ist verwandt mit _ÈCc-R- oder uÈCc-RÈ- »Freund«. Sie ist wichtig in der Umgangssprache – auch als _ÈCc-CPE- »bitte!« –,ist aber auch in der Schriftsprache zu finden.
Kaum erkennt das Kind die Gebetskette in der Hand des Lama, ruft es:
]N…-E-`-≥ÈN-_ÈCc- Bitte gib sie mir! (DL 16)
Zum Imperativ in der Umgangssprache siehe NT 243-245.
Satzabschlüsse / Thema, Betonung
170Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Imperativ/Aufforderung ohne Imperativpartikel
Imperative/Aufforderungen können auch ohne Imperativpartikel ausgedrückt wer-den.
CcÈ`-H-UGÈN- Trink Tee!/Bitte trinken Sie Tee!
Als Milarepa seine einzige Habe, einige Bücher, auf Marpas Altar legen will, fährt dieser ihn an:
mÈN-l…-NR‰-CÈC-N‰-p…_-MÈP,
Bring deine schäbigen Bücher nach draußen! (Mil)
Wunsch/Bitte ohne Aufforderungspartikel
Einige Verben drücken eine Bitte aus und werden mit dem Terminativsuffix konstru-iert.
... R_-[÷- (ich) bitte, zu ...
... R_-CcÈ`- (ich) bitte, zu ...
Prohibitiv
Der Prohibitiv ist eine Aufforderung, etwas zu unterlassen. Er wird mit den Negations-suffixen U- oder U…-und dem Präsensstamm gebildet. Der Prohibitiv kann mit oder ohne Finalpartikel der Aufforderung gebildet werden.
U-q‰N-F…C- tu nicht
Milarepa singt zu seinem eigenen Geist:
c‰Uc-U-≥È-U-≥È-_E-c_-ZÈC , ≥Èc-P-NÈP-U‰N-¶-WÍCc-xP , ,
Geist, zerstreue dich nicht, zerstreue dich nicht. Bleibe bei dir selbst.
Wenn du zerstreut bist, denkst du [nur] an alles mögliche Bedeutungslose.1
UXÍ-B`-ÇE-`-U…-]qÈ, , Lade nicht eine Dzo-Last einem Ochsen auf. (Blo)2
1. Das vollständige Lied und eine Übersetzung findet sich in StB 364.2. Ein Dzo ist eine Kreuzung aus Yakvater und Kuhmutter. In der guten, aber eher freien Übersetzung aus dem Theseus Verlag ist diese Zeile interpretierend übersetzt: »Belade ein Pony nicht mit der Last eines Pferdes« (Jamgon Kongtrul. Der große Pfad des Erwachens. Theseus Verlag, 1996, S. 35).
Lektion Zwölf
12.4.3
12.4.2
171Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Optativ
Optativ mit nŸ_-F…C-Nichtkontrollierbare Verben können im Tibetischen keine Imperative bilden, aber Op-tative (»Möge ... «). Die Konstruktion Verbalnomen + -_- + nŸ_-F…C- wird benutzt um auszudrücken, dass etwas eintreten möge. nŸ_- ist die Perfektform von ]nŸ_-T- »wer-den, sich verändern«.
]u⁄T-R_-nŸ_-F…C- möge ... zur Verwirklichung kommen
Ein verneinter Optativ kann mit U-nŸ_- ausgedrückt werden. F…C- fällt dann weg.
PU-^E-TN‰-`c-IUc-U-nŸ_, , Mögen [sie] niemals vom Glück getrennt sein. (BCA)
Optativ mit aÈC-aÈC- bedeutet »komm!« und wird in der traditionellen tibetischen Grammatik als Im-perativ von ^ÈE-T- »kommen« gesehen. Naheliegender ist aber eine Verbindung mit Ca‰Cc-R- höfl. »kommen« (siehe auch Jä 585).
]N…_-aÈC- Komm her!
Wenn es nicht als Imperativ benutzt wird, drückt es den Wunsch aus, dass etwas ein-treten möge.
Ts-a…c-aÈC- Möge Glück kommen!
Als Hilfsverb drückt es den Optativ aus: »Möge es dazu kommen, dass ...« Y Möge ...
NC‰-T-CE-N‰c-]uÈ-T-AÿP , , qE-G”T-≠ÈN-`-]H“C-R_-aÈC ,Mögen aufgrund dieses heilvollen Handelns alle Wesen in das Verhalten eines Bo-dhisattvas eintreten. (BCA)
Aufforderung und Vorsatz mit l…c-, n…c- oder GÈC-
Mit l…c- oder n…c- am Satzende kann Aufforderung oder, in der 1. Person, Vorsatz ausge-drückt werden.
B-^‰E-U-q‰N-NÈ-¶E-n…c, Sei nicht abgelenkt! Sei interessiert! (KhZhL 45)
Satzabschlüsse / Thema, Betonung
12.4.4
12.4.5
172Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Der Mann auf dem Feld verspricht Milarepa:
]È-P-Ec-U_-R-NE-≥N-l…c, Nun, ich werde dich mit Marpa zusammenbringen. (Mil)
Für ein Beispiel mit GÈC- siehe Seite 185.
n…c- ist auch die Form des Imperativstammes des Verbs Tn…N-R-, die elegant-bescheide-
ne Form von q‰N-R- »machen, tun«.1
Dem Satz vorangestellt
Übergeordnetes Thema
Einem vollständigen Satz kann ein Element vorangestellt werden, das das übergeord-
nete Thema beschreibt. Es ist in der Regel markiert mit dem Betonungssuffix P…- »was
... angeht«, mit `- »hinsichtlich, in Bezug auf« oder mit lE- / ^E- / -]E- »nun, aber«.
Die Formen der letzten Partikel sind abhängig von dem Postskript des vorangehenden
Wortes (siehe Partikelübersicht). Die deutschen Bedeutungen sind nur als erste Hilfs-
übersetzung gedacht. In den meisten Fällen werden sich andere Möglichkeiten finden,
die Konstruktion schöner und treffender wiederzugeben.
zC-NÈC-R]Ã-r…-P…-Z‰-•E-r‰-õ_-]T_-_È , ,»Was einen neidischen Menschen angeht: Der Hass brennt wie Feuer.«
Bei einem neidischen Menschen brennt der Hass wie Feuer. (StB 277)
Dieses Beispiel stammt aus einem alten Text der Tunhuang-Manuskripte. Myi ist eine alte Schreibweise für mi und mye ist eine alte Schreibweise für me.
K…`-`-K…`-U_-T±„T-Lfi-TLfiT-R-õ_-
»So wie bei Sesamkörnern: [Sie] sind geeignet, um Sesamöl zu erzeugen.«So wie Sesamkörner geeignet sind, Sesamöl hervorzubringen.
]BÈ_-T_-]t‹`-R-]N…-^E-c“-]t‹`-P , BUc-Cc“U-n…-c‰Uc-FP-MUc-FN-]t‹`-`È , ,Was die Täuschung im Sa¾sÀra angeht: Wer täuscht sich? Alle Lebewesen der dreiDaseinsbereiche täuschen sich. (Gam)
(P- steht für »wenn jemand fragt«; siehe Seite 160)
Lektion Zwölf
12.5
12.5.1
1. PSch 245: »Gelegentlich findet sich statt des Suffixes gyis auch das Suffix gyi. « Zu Futurstamm + Attributsuffix oder Ergativ-Instru-mentalsuffix siehe PSch 120 und 245.
173Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Strukturierende Elemente in Texten wie Kapitelüberschriften und Nummerierungen sind häufig mit `- markiert.
NE-RÈ-`- in Bezug auf das Erste
Voranstellung eines Satzsgliedes
Ein Satzglied kann zum Zwecke der Betonung aus der Satzstruktur herausgenommen und dem Satz vorangestellt werden: »Die Gäste, sie kommen gleich!«. Unabhängig von der syntaktischen Rolle im Satzgefüge steht das vorangestellte Satzglied im Tibe-tischen immer im Absolutiv, das heißt ohne Kasussuffix. Häufig folgt das Betonungs-suffix P…-(»was ... angeht«).
In dem folgenden Beispiel ist ein Satzglied herausgehoben, indem es dem Satz vor-angestellt und mit P…- markiert wurde. Im Satz selbst wird dieses Satzglied mit dem bloßen Hinweis N‰-`- »jenem« wiederaufgenommen.
U-\‰-NT“`-RÈ-P…-m…U-TNC-C…c-N‰-`-T\]-T-NE-TCÈ-T-q…P-PÈ , ,Was den armen Brahmanen angeht, so gab ihm der Hausherr Essen und Kleidung. (MH 49)
In dem folgenden Beispiel hat das Agens keine Ergativ-Instrumentalmarkierung, son-dern steht markiert mit P…- am Satzanfang.
]SCc-R-éUc-P…-TNC-U‰N-UEÈP-c“U-Oÿ-UMÈE-,
Die Áryas sehen die Ichlosigkeit auf direkte Weise.
Anrede (Vokativ)
Die Anrede wird ohne weitere Partikel meistens an den Anfang des Satzes gestellt.
e-U-e-U-e-B‘]Ã-m…U-CK…Tc-Pc-U…-UE-RÈ-a…-]OÿCMutter, Mutter! Das Haus des Onkels ist zusammengebrochen und viele Menschen sind gestorben. (Mil)
Oft wird eine Interjektion vorangestellt (selten nachgestellt), die verdeutlicht, dass es sich um einen Vokativ handelt.
l‰-î`-RÈ- Oh, König!
Satzabschlüsse / Thema, Betonung
12.5.3
12.5.2
174Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Interjektionen
Interjektion (»Dazwischenwurf«) sind kleine, partikelähnliche Wörter, die keine be-stimmte Stellung im Satz haben. Im Tibetischen stehen sie fast immer am Anfang. Sie geben uns wichtige Informationen. Zum einen werden sie manchmal geradezu als Vokativmarkierer eingesetzt, zum anderen können sie die Höflichkeitsebenen anzei-gen (ob eine einfache Person zu einer höherrangigen spricht usw.) und welches Gefühl hinter dem Ausruf steht (Freude, Trauer, Überraschung usw.).1
• Anrede
l‰- wichtigste Partikel in Zusammenhang mit dem Vokativ
»Oh! He! Heda!« oder einfach zur Markierung des Vokativs
höflich (gegenüber älteren und höhergestellten Personen)
∂-^‰- für Gleichgestellte
Y-^…- für Kinder und Niedriggestellte
`Cc- höfliche Anrede (wird dem Bezugswort nachgestellt)
(auch höflich für ^…P-)
• Gefühl
l‰-U- Oh weh!
e-B-B- Verachtung
e-`-`- freudige Überraschung
e‰-U-dÈ- Glückseligkeit
l‰-U-m…-N‰-P…-a…P-Lfi-U-_“Ec-R-^…P,
Oh weh! Dieser Hund ist wirklich grausig! (Lesestück Lektion Dreizehn)
1. Eine ausführliche Auflistung von Interjektionen findet sich bei KG 143, 144.
Lektion Zwölf
12.5.4
175Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Betonung innerhalb des Satzes
Allgemeine Bemerkung
Jedes beliebige Satzglied kann auch innerhalb des Satzes mit Hilfe von P…- »was ...
angeht« oder mit lE- / ^E- / -]E- »aber« betont werden. Diese betonenden Partikeln
stehen noch hinter den Kasussuffixen.
Betonungssuffix P…-Stellung
P…- steht hinter allen anderen Partikeln im Satzglied, zu dem es gehört.
üU-UM…`-VU-n…-@È-Tc-P… , , c-§‰E-MUc-FN-C^ÈCc-NE-]x , ,Durch das Leder von der Schuhsohle allein, ist es, als wäre die ganze Erde [mit Leder]
bedeckt. (BCA)
Funktionen
Wie oben beschrieben, dient P…- der Betonung oder Heraushebung einzelner Wörter
oder Satzteile. Die erste Hilfsübersetzung ist »was ... angeht«, »nun«, »aber«, »eben«.
Manchmal lässt sich die Betonung im Deutschen nicht wiedergeben. P…- steht insbe-
sondere nach einem Subjekt in einer Gleichsetzung, zur Betonung nach einzelnen
Wörtern oder Satzteilen innerhalb eines Satzes, bei Subjektwechsel nach dem neuen
Subjekt, nach Überschriften (wie ein Doppelpunkt) und nach einem dem Satz voran-
gestelltem Thema.
Milarepa hat sich auf den Weg nach Lho-brag gemacht, um Marpa aufzusuchen. Jeden, den er trifft fragt er nach dem großen Übersetzer Marpa, aber niemand kann ihm weiterhelfen. Schließlich, in der Nähe von Marpas Wohnort Gro-bo-lung, antwortet jemand:
U_-R-\‰_-T-P…-^ÈN, ´‰c-UGÈC-U_-R-`È-VÓ-\‰_-T-P…-U‰N,Einen, der Marpa genannt wird, gibt es.
Einen, der Höchstes Wesen, Marpa, der Übersetzer genannt wird, gibt es nicht. (Mil)
P…- wird auch als metrisches Füllsel benutzt, wenn in einem Vers für das Versmaß eine
weitere Silbe gebraucht wird. In solchen Fällen steht P…- an so unbetonter Stelle, dass es
leicht als reines Füllwort zu erkennen ist. In dieser Funktion wird es in der Übersetzung
nicht wiedergegeben.
Satzabschlüsse / Thema, Betonung
12.6
12.6.2
12.6.1
176Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Vorgehen beim Übersetzen
Beim Übersetzen sucht man immer als erstes das Prädikat im Satz (und zwar am Satz-
ende), um zu wissen, welche Satzstruktur zu erwarten ist. Nur bei P…- im Satz wird da-
von abgewichen, denn P…- markiert eventuell das Thema und kann von daher auf noch
wichtigere Informationen hinweisen. Hilfsweise kann man P…- mit »was ... angeht«
übersetzen, letztendlich bleibt es aber meistens unübersetzt. Steht P…- in Versen an un-
betonter Stelle, ist es ein bloßer Silbenfüller und wird nicht wiedergegeben.
Wann übersetzt man in einen Passivsatz?
Aktiv und Passiv sind im Deutschen Möglichkeiten, die Perspektive auf die Handlung
eines Satzes darzustellen. Im einem gewöhnlichen Aktivsatz wird kein Satzteil beson-
ders herausgehoben. Im deutschen Satz »Der Holzfäller hat das Holz in Stücke zer-
hackt.« ist das Agens (»der Holzfäller«) Subjekt und steht im Nominativ. Im Passivsatz
wird die Handlung aus der Sicht der betroffenen Sache oder Person aus gesehen. Hier
steht das Geschehen selbst bzw. das Ergebnis der Handlung im Vordergrund: »Das
Holz wurde vom Holzfäller in Stücke zerhackt.« Jetzt ist die betroffene Sache (»das
Holz«) Subjekt und steht im Nominativ. Die handelnde Person hat die grammatische
Rolle einer Adverbialbestimmung.
Im Tibetischen gibt es keine regelmäßige Bildung von Passivformen der Verben wie im
Deutschen. Es gibt aber auch hier die Möglichkeit, verschiedene Perspektiven auf die
Handlung auszudrücken. Schauen wir uns die folgenden Beispielsätze an:
a…E-UBP-n…c-a…E-OÿU-T“_-TFN-NÈ,Der Holzfäller hat das Holz in Stücke zerhackt.
a…E-a…E-UBP-n…c-OÿU-T“_-TFN-NÈ,Das Holz wurde durch den Holzfäller in Stücke zerhackt.
Wir sehen, dass die Verbformen bei allen Sätzen identisch sind. Auch ist in allen Sätzen
der Handelnde mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix versehen und die betroffene Sache
(das Patiens) mit dem Nullsuffix. Dennoch ist es möglich, einen Unterschied in der Per-
spektive auf die Handlung zu erkennen und zwar durch die Satzstellung.
Ein Satz mit der Stellung Agens-Patiens-Prädikat sollte gewöhnlich als Aktivsatz über-
setzt werden, ein Satz mit der Stellung Patiens-Agens-Prädikat mit einem Passivsatz.
Lektion Zwölf
12.7
177Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Im Deutschen ist Passivbildung eine Möglichkeit, die handelnde Person in den Hinter-grund zu rücken oder sogar unerwähnt zu lassen, zum Beispiel wenn man sie nicht kennt oder nicht erwähnen möchte: »In der Bibliothek werden häufig Sachen gestoh-len.« Im Deutschen gibt es auch die Möglichkeit, von einigen wenigen intransitiven Tätigkeitsverben Passivsätze zu bilden (und so die Handlung in den Blickpunkt zu rü-cken), zum Beispiel »tanzen«, »lachen«. Da diese Verben kein direktes Objekt haben, das im Passivsatz das Subjekt sein könnte, wird als »Scheinsubjekt« das unpersönliche Pronomen »es« benutzt: »Es wird getanzt.«
Im Tibetischen kann das Agens (und ebenso das Subjekt) einfach weggelassen wer-den. Auch hier bietet sich eine Wiedergabe als Passivsatz an.
a…E-OÿU-T“_-TFN-NÈ, Das Holz wurde in Stücke zerhackt.
NU-z⁄C-éUc-E-`-≥N, Die Siegel wurden mir gegeben. (DL 31)
Übungen zu Lektion 12
Übung zum übergeordneten Thema
Übersetzen Sie den Text und analysieren Sie seine Struktur!
Aus der Einleitung von Gampopas Schmuck der Befreiung.
Gampopa. Der kostbare Schmuck der Befreiung. Theseus Verlag, 2000, Seite 21.
1. GÈc-MUc-FN-]BÈ_-T-NE-r-EP-`c-]Nc-R-CI…c-c“-]Oÿc-cÈ, , N‰-`-]BÈ_-T-Z‰c-q-
2. T-P…-_E-TZ…P-§ÈE-R-I…N-^…P , éU-R-]t‹`-R-^…P , UWP-I…N-•‡C-T¢`-Oÿ-a_-T-
3. ^…P-PÈ , , r-EP-`c-]Nc-R-Z‰c-q-T-P…-_E-TZ…P-§ÈE-R-I…N-^…P , éU-R-]t‹`-R-
4. MUc-FN-\N-F…E-^`-T-^…P , UWP-I…N-•‡C-T¢`-MUc-FN-`c-uÈ`-T-^…P-PÈ , ,
Übung zur finalpartikel der Frage
Anhand von Beispielen illustriert Gampopa im Schmuck der Befreiung auf welche Art Buddhanatur in allen Lebewesen vorhanden ist.
Eine Übersetzung finden Sie zum Beispiel in:
Gampopa. Der kostbare Schmuck der Befreiung. Theseus Verlag, 2000, Seite 30.
Satzabschlüsse / Thema, Betonung
178Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Ende des 1. Kapitels: »Buddhanatur«
1. c‰Uc-FP-MUc-FN-`-cEc-îc-l…-£…E-RÈ-^ÈN-R_-T§P-KÈ, ,
2. N‰-^E-NR‰-H…-õ_-^ÈN-P-
3. NE“`-çÈ-`-NE“`-CPc-R]U , K…`-`-K…`-U_-CPc-R]U ,
]È-U-`-U_-CPc-R-õ_-^ÈN-NÈ , ,
4. N‰c-P-NE“`-çÈ-`-NE“`-T±„T-Lfi-TLfiT-R]U , K…`-`-K…`-U_-T±„T-Lfi-TLfiT-R]U ,
]È-U-`-U_-T±„T-Lfi-TLfiT-R-õ_ , c‰Uc-FP-`-cEc-îc-T±„T-Lfi-TLfiT-R-^…P-PÈ , ,
Übung zum Optativ
Der Optativ wird besonders in Widmungen benutzt.
1. ∞C-R-éUc-P…-]H…Cc-U‰N-aÈC , TF…Ec-R-éUc-P…-uÈ`-T_-nŸ_ , ,
UM—-U‰N-éUc-P…-UM—-úP-Z…E-, ,c‰Uc-P…-SP-W”P-CI‰P-nŸ_-F…C , (BCA X, 22)
2. T§P-R-NE-c‰Uc-FP-`-SP-TN‰-î-G‰P-RÈ-]BÈ_-T-U-§ÈEc-l…-T_-Oÿ-
]qŸE-T_-nŸ_-F…C , , , cè-UE-`' , (Mil)
3. TcÈN-PUc-]N…-^…c-MUc-FN-C\…Cc-R-I…N , ,
MÈT-Pc-I‰c-R]Ã-Nu-éUc-SU-qc-Pc , ,
´‰-à-P-]G…]Ã-è-ÖTc-]t‹C-R-^… , ,
~…N-R]Ã-UWÍ-`c-]uÈ-T-uÈ`-T_-aÈC ,
Lektion Zwölf
179Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
13. Adjektiv, RedeDas Adjektiv: Positiv, Komparativ und Superlativ | Rede | Zitate
Das Adjektiv: Positiv, Komparativ und Superlativ
Positiv
Bildungsweise
1. Stamm eines Zustandsverbs + Nominalsuffix:
§ÈE-R- P. §ÈEc- leer sein, leer werden
§ÈE-R- leer
Bei einigen Adjektiven ist ein P-Postskript eingefügt.
G‰-T- groß sein Y G‰P-RÈ- groß
à-T- alt sein; Alter Y àP-RÈ- alt
Unterschiedliche Formen können nebeneinander existieren.
UMÈ-RÈ-, UMÈ-T-, UMÈP-RÈ- hoch
2. Verdoppelung des Stammes eines Zustandsverbs: JfiE- wenig sein Y JfiE-JfiE- wenig
Komparativ
Bildungsweise
Stamm des Zustandsverbs + R- / T-: G‰-T- groß sein Y im entsprechenden Kontext: größer
Satzstruktur beim Vergleich (`c-)
Nomen + `c- – verglichenes Nomen + Adjektiv in Komparativform – Verb
å-`c-m…-G”E-T-^…P, Der Hund ist kleiner als das Pferd.(»Vom Pferd aus gesehen ist der Hund klein.«) (MH 97)
_…-TÈ-CZP-`c-UMÈ-T-Z…C- ein Berg höher als die anderen
Statt `c- kann in der Schriftsprache auch Tc- stehen.
13.1
13.1.1
13.1.2
180Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Lama rNgog-pa spricht zu Milarepa:
ô‰Tc-P-N‰-Tc-•…C-G‰-T-F…-^ÈN,Wenn man sich töten würde, was gäbe es für eine größere Sünde? (Mil 92)
Komparativ ausgedrückt allein durch die Satzstruktur und ohne Komparativform
m…-`c-å-UnÈCc-RÈ_-î‡C-CÈ, Das Pferd läuft schneller als der Hund.(»Vom Hund aus gesehen läuft das Pferd schnell.«) (MH 97)
^…-C‰-U…-a‰c-P-Ø„-Dÿ-UN]-`c-_…E-,Wenn man die Schrift nicht kennt, ist der Stift länger als ein Pfeil.
Superlativ
Bildungsweise
Stamm des Zustandsverbs + aÈc-: G‰-T- groß sein Y G‰-aÈc- am größten
TÈN-l…-É-U-UMÈ-aÈc-a…C- einer der höchsten Lamas in Tibet (DL 21)
ü-UÈ]Ã-É-UWÍ-Z‰c-R-N‰-ˇN-uCc-G‰-aÈc-a…C-^…P-Der »Lhamo Latso« ist einer der berühmtesten [Orakelseen]. (DL 15)
Satzstruktur bei der Heraushebung aus einer Menge (Pc-)Gesamtmenge + Pc- verglichenes Nomen + Superlativform Verb
EP-cÈE-Cc“U-Pc-OÿN-]uÈ-T\E-aÈc-^…P,Von den drei niederen Daseinsbereichen ist der Tier[daseinsbereich] der beste.
Das verglichene Nomen kann auch an anderer Stelle im Satz stehen, zum Beispiel vor der Gesamtmenge oder nach dem Superlativ.
EP-cÈE-Cc“U-Pc-T\E-aÈc-OÿN-]uÈ-^…P,Von den drei niederen Daseinsbereichen ist der beste der Tier[daseinsbereich].
Superlativ ausgedrückt allein durch die Satzstruktur und ohne Superlativform
Gesamtmenge + l…- etc. + PE-Pc- verglichenes Nomen + Adjektiv Verb
a…E-C…-PE-Pc-VP-NP-_…P-ME-G‰, Unter den Hölzern ist Sandelholz das kostbarste. (KG)
Lektion Dreizehn
13.1.3
181Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Rede
Formen der Partikeln
nach Postskript C N T Y F‰c-, F‰-P-, F‰]È,
nach Postskript E P U ] _ ` und ohne Postskript Y Z‰c-, Z‰-P-, Z‰‰]È,
nach Postskript c Y Z‰c- oder a‰c-, a‰-P-, a‰‰]È,
nach ehemaligem N-xC- Y F‰c-, F‰-P-, F‰]È,
Einbettung in den Satz
Rede wird ohne Markierung durch Satzzeichen als direktes Objekt in den Rahmensatz eingebettet. Vor der Rede steht typischerweise ein Agens. Hinter der Rede kennzeich-net häufig die Partikel F‰c-, Z‰c- oder a‰c- (in der Umgangssprache \‰_- / höfl. [÷-) das Ende der Rede und darum soll sie hier »Redeabschlusspartikel« genannt werden. Sie markiert auch das Ende von Zitaten, Gedanken usw. Danach folgt ein Verb des Sagens. Die Rede selbst wird vollständig wiedergegeben, kann also auch aus mehreren Sätzen bestehen. Sie kann wie gewöhnliche Sätze mit oder ohne Finalpartikel abschließen oder mit Hilfsverben.
Typisch ist die Konstruktion:
Agens – [Rede] – Redeabschlusspartikel – Verb des Sagens
WE-Uc- [Rede] F‰c-µc-R-_‰N, Alle riefen: »...«
(µc-R-_‰N- = Hauptverb-Hilfsverbkonstruktion; siehe Seiten 257-259)
Der Rahmen zur Rede kann variieren. Er hat aber immer vor der Rede eine Einleitung und nach der Rede einen Abschluss.
Redeeinleitung [Rede] Redeabschluss
(vor der Rede) (nach der Rede)
1. Sprecher + Ergativmarkierung
2. Sprecher + Nullsuffix + P-_‰-
3. Sprecher + l…-Z`-Pc-
4. Adverbialbestimmung wie ]N…-ˇN-Oÿ-
5. Verb des Sagens + R,
6. Verb des Sagens + -]È,
Adjektiv / Rede
13.2
13.2.2
13.2.1
182Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Redeeinleitung [Rede] Redeabschluss
(vor der Rede) (nach der Rede)
a. F‰c- / Z‰c- / a‰c- + Verb des Sagens
b. Verb des Sagens
c. F‰c-cÈ, bzw. Z‰c-cÈ, bzw. a‰c-cÈ,
d. F‰]È, bzw. Z‰]È, bzw. a‰]È,
Redeeinleitung (vor der Rede)
1. Sprecher + Ergativmarkierung [Rede] Redeabschluss
Wie im Beispiel oben.
Das Agens kann zusätzlich mit P…- markiert sein.
U…-CZP-n…c-P…- [Rede] F‰c-µc-cÈ, , Ein anderer sagte: »...«
2. Sprecher + Nullsuffix + P-_‰- [Rede] Redeabschluss
Der Sprechende kann statt mit dem Ergativsuffix mit P-_‰- (höfl. Z`-P-_‰-) markiert sein.
^E-CF…C-P-_‰, [Rede] \‰_, Und einer sagte: »...«
3. Sprecher + l…-Z`-Pc- [Rede] Redeabschluss
Direkte Rede oder mündliche Überlieferung kann mit der Formulierung l…-Z`-Pc- »aus dem Mund von« eingeleitet werden. Z`- ist das höfliche Wort für »Mund« oder »Ge-sicht«.
Milarepa benutzt in seiner Biographie diese Formulierung, um deutlich zu machen, dass sein verehrter Lehrer Marpa spricht.
É-U]Ã-Z`-Pc, [Rede] Cc“Ec, Lama (Marpa) sprach: »...«
4. Adverbialbestimmung wie ]N…-ˇN-Oÿ- [Rede] Redeabschluss
Vor der wörtlichen Rede können Adverbialbestimmungen wie ]N…-ˇN-Oÿ- »in dieser Rede« stehen.
5. Verb des Sagens + R, [Rede] Redeabschluss
Ein Verb des Sagens kann zusätzlich noch vor der Rede stehen.
Lektion Dreizehn
13.2.3
183Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
U…-Z…C-C…c-µc-R- [Rede] F‰c-µc-cÈ, , Einer sagte: »...«
6. Verb des Sagens + -]È, [Rede] Redeabschluss
Ein vollständiger, mit einer Finalpartikel abgeschlossener Satz kann als Einleitung zur Rede dienen.
SP-W”P-`-]N…-ˇN-F‰c-µc-cÈ, , [Rede] Z‰c-µc-cÈ, , [Sie] sagten (dieses) zueinander: »...«
É-U-U_-Rc-Ts-a…c-UE]-CcÈ`-n…-UDÿ_-]N…-Cc“Ec-cÈ, , [Lied]
F‰c-Cc“Ec-R]Ã-ä‰c-c“,Lama Marpa sang dieses Lied, das Glück und Erfolg [für Milarepa] erbittet: [Lied]. Nach-dem er so gesungen hatte, ...
Redeabschluss (nach der Rede)
a. Redeeinleitung [Rede] F‰c- bzw. Z‰c- bzw. a‰c- + Verb des Sagens
Typischerweise wird das Ende der Rede mit F‰c-, Z‰c- oder a‰c- (in der Umgangssprache \‰_-) gekennzeichnet.
b. Redeeinleitung [Rede] Verb des Sagens
Die Kennzeichnung des Endes der Rede durch F‰c-, Z‰c- oder a‰c- kann ausfallen.
^E-CF…C-P-_‰, U…-`-_c-R-N‰-N-õ-CE-P-T[÷Cc-\‰_,Und einer sagte: »Wo hält sich jener Milarepa jetzt auf?« (Mil)
c. Redeeinleitung [Rede] F‰c-cÈ, , bzw. Z‰c-cÈ, , bzw. a‰c-cÈ, ,Die Partikeln F‰c-, Z‰c- oder a‰c- mit Finalpartikel können verkürzt für »so heißt es«, »so wird gesagt« u. ä. stehen.
d. Redeeinleitung [Rede] F‰]È, , oder Z‰‰]È, , oder a‰‰]È, ,F‰]È, , oder Z‰‰]È, , oder a‰‰]È, , bedeuten »sagen zu«, »heißen« u. ä.
ˇ_-U-N‰]Ã-U…E-`-MÈ-_Ec-ˇ_-îP-Z‰]È, ,Zu diesem Stern sagt man »Sternschmuck des Sonnenaufgangs«. /
Dieser Stern heißt »Sternschmuck des Sonnenaufgangs«. (KG 86)
Adjektiv / Rede
13.2.4
184Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Angesprochene mit Dativ-Lokativsuffix
Angesprochene werden mit dem Dativ-Lokativsuffix markiert.
c‰E-C‰c-§C-`- [Rede] x…c-Rc, §C-C…c-C\…C-`-x…c,
Als der Löwe den Tiger fragte: »...«, fragte der Tiger den Leoparden. (Lesestück Lektion 14)
Übersetzung in direkte oder indirekte Rede
Direkte Rede gibt das Gesagte im direkten Wortlaut wieder. Personalpronomen der 1. und der 2. Person (»ich«,»du«) und Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktionen am Ende der Aussage weisen auf ein direkt wiedergegebenes Gespräch hin. Wörtliche Rede macht den Stil lebendiger, indirekte Rede macht ihn distanzierter. Direkte und indirekte Rede lässt sich im Tibetischen nicht immer klar unterscheiden.
UM_-_…-TÈE-C…c-Ec-NEÈc-c“-UMÈE-qŸE-Z‰c-µc-R-P,Als am Ende der Hase sagte: »Ich habe [Platsch] direkt gesehen« ... (Lesestück Lektion 14)
(UMÈE-qŸE- = Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion; siehe Seite 257-259)
Indirekte Rede wird ohne weiteres Suffix vor F‰c-uCc- »es heißt, dass ...; es ist bekannt, dass ...« gestellt oder mit dem Terminativsuffix an das Verb des Redens, Lehrens usw. angebunden.
TÈN-^“`-NT“c-l…-î`-RÈ-UGÈC-CPU-_…-~ÈE-TVP-^P-GN-`-TÈN-`-^…-C‰-U‰N-F‰c-uCc-Es heißt, dass es bis zu der Zeit des höchsten Königs von dBus in Tibet, gNam-ri Srong-btsan, in Tibet keine Schrift gab.1
c‰Uc-FP-MUc-FN-`-cEc-îc-l…-£…E-RÈ-^ÈN-R_-T§P-KÈ , ,Es wird gelehrt, dass alle Wesen Buddhanatur besitzen. (Gam)
Peter Schwieger schreibt: »In Ausnahmen findet man Mischformen zwischen direk-ter und indirekter Rede. Diese Mischformen machen deutlich, dass im Tibetischen der Unterschied zwischen direkter und indirekter Rede nicht scharf gezogen wird.« Im Fol-genden gibt er Beispiele dazu (PSch 200-201).
1. Aus: A. Rona-Tas. Wiener Vorlesungen zur Sprach- und Kulturgeschichte Tibets. Arbeitskreis für tibetische und buddhistische Studien. Wien, 1985, S. 245.
Lektion Dreizehn
13.2.6
13.2.5
185Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Gebrauch der Verben des Sagens
Verschiedene Verben des Sagens
]x…-T- P. I. x…c- fragen, sich erkundigen
µ-T- P. µc- sagen
\‰_-T- sagen
äÈN-R- P. N. TäÈN- sagen
`T-R- umgangssprachlich sagen
P. qc-R- sagte; qc-R- ist die Perfektform von q‰N-R-, wird aber in der Bedeutung von »sa-gen« nicht im Präsens gebraucht. Die Futurform (Z‰c-)q-T- bedeutet »sogenannt«.
[÷-T- P. [÷c- bescheiden sagen, bitten
CcÈ`-T- bescheiden bitten
Cc“Ec-R- höflich sagen
T@]-™`-T- »das Wort gewähren«; sehr höflich für sagen
]NÈN-R- wünschen; auch im Sinne von sagen, eine Lehrmeinung vertreten
Je nach Kontext lassen sich die Wörter auch mit »rufen«, »erwidern«, »behaupten« usw. wiedergeben.
Höflichkeitsebenen
Tibetische Autoren benutzen die Höflichkeitsebenen, um deutlich zu machen, wer spricht, zum Beispiel der Lama oder der Schüler.
Wie erhofft trifft der Anführer des Suchtrupps, Ke'utsang Lama aus Sera, in der Küche auf den kleinen Jungen. Er trägt eine Gebetskette bei sich, die dem 13. Dalai Lama gehört hatte. Der 14. Dalai Lama beschreibt die Situation, wie sie ihm geschildert wurde:
z⁄C-Dÿc-]N…-E-`-≥ÈN-_ÈCc-`T-§Tc-É-Uc-E-EÈ-a‰c-P-≥N-GÈC-Cc“Ec,Das Kind rief: »Bitte gib sie mir!«.
Der Lama antwortete: »Wenn Du mich erkennst, will ich sie dir wohl geben!«
In Milarepas Biographie wird konsequent im Rahmensatz zur Rede die höfliche Ebene benutzt, wenn Marpa spricht, und die bescheidene, wenn Milarepa spricht.
N‰-Pc-Ec- [Rede] [÷c-R, Danach sprach ich [zu Marpa]: »...«
É-U]Ã-Z`-Pc, [Rede] Cc“Ec, Lama [Marpa] sprach: »...«
Adjektiv / Rede
13.2.7
186Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Das Agens kann weggelassen werden und allein anhand des Verbs kann man erken-
nen, wer spricht.
Verdeutlichung des Sprechers durch das Verb des Sagens
Auch auf der gleichen Höflichkeitsebene können mit Hilfe der Verben des Sagens die
Sprecher auseinandergehalten werden. Im folgenden Dialog nennt Milarepa nicht die
Sprecher, benutzt aber für sich selbst immer qc-R- und für den Hirtenjungen, mit dem
er sich unterhält, das Verb \‰_-T-.
]È-P-uÈ-TÈ-`“E-CE-P-^ÈN-qc-Rc, uÈ-TÈ-`“E-S-C…-^…P-\‰_-T§P-qŸE-,
S-C…-P-c“-T[÷Cc-qc-Rc, U_-R-\‰_-T-N‰-C-^ÈN-\‰_,Als ich fragte: »Wo liegt dann Gro-bo-lung?« , zeigte [er mir die Richtung und] sagte »Gro-bo-lung ist das dort drüben.« Als ich fragte: »Wer wohnt dort drüben?«, sagte er: »Es ist eben jener, der Marpa genannt wird.«
Erweiterungen zwischen Agens und Rede
Zwischen Agens und Rede steht häufig eine Erweiterung mit der Semifinalpartikel
oder mit Pc- und beschreibt, in welcher Weise oder aus welchem Anlass heraus etwas
gesagt wird.
z⁄C-Dÿc-z‰E-T-N‰-EÈc-]XÀP-qc-K‰-]N…-E-`-≥ÈN-_ÈCc-`T,Das Kind erkannte die Kette und rief: »Bitte gib sie mir!«
Wörtliche Rede in der Umgangssprache
In der Umgangssprache wird als Redeabschlusspartikel \‰_- benutzt. Da die Umgangs-
sprache hier nicht näher besprochen werden soll, verweise ich auf KG 80, 81 und NT
214-216.
Gedanken
Gedanken werden genau wie die Rede in einen Rahmen aus Einleitung und Redeab-
schlusspartikel + Abschluss gebettet.
U-\‰c- [Gedanke] Z‰c-TcUc-cÈ, , Der Brahmane dachte: ...
Lektion Dreizehn
13.2.10
13.2.9
13.2.8
187Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Häufig kommt in der Einleitung TcU-R_- »in Gedanken« u. ä. vor, was man mit »bei sich« wiedergeben kann oder nicht explizit übersetzt.
_…-TÈE-C…-TcU-R_, [Gedanke] TcUc, Der Hase dachte (bei sich): »...«
So eine Formulierung kann auch der Rede nachgestellt sein.
U-\‰c- [Gedanke] F‰c-£U-Oÿ-TcUc-cÈ, , Der Brahmane dachte (bei sich) »...«
»sogenannt«, »namens«
Z‰c-R-, Z‰c-q-T-, Z‰c-Tn…-T- und \‰_-T- (in der Umgangssprache) bedeuten »sogenannt« oder »namens«. Sie kommen auch in den Varianten mit F‰c- oder a‰c- vor (Siehe Seite 181). Sie stehen zum Beispiel nach Begriffen, die näher erklärt werden, oder Namen, die zum ersten Mal vorkommen. Im Deutschen gibt es verschiedene Wiedergabemög-lichkeiten:
• Anführungszeichen
• keine explizite Wiedergabe
• »sogenannt«, »namens« u. ä.
UXÍ-UÈ-Z‰c-R-C^C-NE-, T-pŸCc-]x‰c-R-_‰N,Ein »Dzomo« ist eine Kreuzung aus Yak und Kuh.
çÈ-ä‰-Ç…E-Z‰c-q-T]Ã-uÈE-m‰_-N‰-`-in der Stadt Darjeeling; in einer Stadt namens Darjeeling
c‰E-C‰c-F`-\‰_-T-c“-_‰N-N_…c-Rc- Als der Löwe fragte: »Wer ist dieser ›Platsch‹?«
»wenn jemand sagt/fragt«
F‰-P- / Z‰-P- / a‰-P- sind Verkürzungen von F‰c-µc-R-P- »wenn jemand sagt/fragt« u. ä. Sie folgen auf eine Frage, die einen möglichen Einwand darstellt, oder einen Punkt, der zu klären ist. In der Umgangssprache benutzt man dafür \‰_-P-.
]È-P-î‡-UWP-F…]Ã-p…_-c‰Uc-FP-cEc-îc-l…-£…E-RÈ-FP-^…P-Z‰-P,»Warum nun sind alle Lebewesen Buddhanatur besitzend?«
Y Warum nun haben alle Lebewesen Buddhanatur? (Gam)
Adjektiv / Rede
13.2.12
13.2.11
188Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Häufiger noch wird F‰-P- / Z‰-P- / a‰-P- noch weiter abgekürzt zu P-.
c“-]t‹`-P , Wenn (jemand fragt:) »Wer täuscht sich?«, (so lautet die Antwort:)
Ähnliche Konstruktionen kommen vor mit Verben des Denkens usw.
£U-P- wenn jemand denkt
§ÈE-R-I…N-P…-GN-R]È-£U-P-Wenn jemand denkt, »Leerheit« sei »Nihilismus«, ... (JR 146)
Nominalisierte Rede
Die Rede kann mit Hilfe von (Z‰c-) R- nominalisiert werden und als Satzglied in den Satz eingebaut werden. Entsprechend dem Verb übersetzt man »die Worte ...«, »das von Gesagte ...« usw. oder benutzt Anführungszeichen.
P-UÈ-Dÿ-_“-UN-≈@’-˙-^, Z‰c-R-î-C_-`‰Cc-Æ_-n…-ˇN-^…P ,
N‰-TÈN-ˇN-Oÿ-T¨„_-P-É-U-]HU-R]Ã-NqEc-`-pC-]W`-`È , ,»Na mo gu ru mañju gho ¼a ya« ist Sanskrit.
Ins Tibetische übersetzt bedeutet es »Ich verneige mich vor Mañjugho¼a«. (KSM 11)
mÈN-`-UM—-G‰P-RÈ-^ÈN-\‰_-T-N‰-TN‰P-R_-]OÿC-Es ist wahr, was gesagt wird: Dass du große magische Kräfte hast. (Mil nach StB 390)
Bei dem Satzglied kann es sich auch um eine Person handeln, die etwas sagt.
î‡c-^ÈN-\‰_-T-Z…C-Jemand der sagte:»[Marpa] ist mir bekannt.« [ist mir nicht begegnet.] (Mil)
Lektion Dreizehn
13.2.13
189Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Zitate
Gebrauch von Zitaten
Zitate sind in tibetischen Texten ein beliebtes Mittel, um Aussagen und eigene The-
sen zu untermauern. Zitiert wird dabei aus den autoritativen Schriften, insbesondere
Schriften, die als Buddha-Wort gelten oder Schriften indischer buddhistischer Meister.
Generell ist es den Autoren wichtig darzustellen, dass ihre Sichtweisen ganz in der
alten Tradition des Buddhismus stehen und keine eigene Neuerfindung sind. Gleich-
zeitig zeigt sich durch die Menge der Zitate die Gelehrtheit des Autors und die Fun-
diertheit seiner Argumente. Da diese grundlegenden Texte häufig in Versen verfasst
sind – das erleichtert das Auswendiglernen – kann man den Beginn eines Zitats auch
häufig daran erkennen, dass im Prosatext unvermittelt Verse auftauchen.
Einbettung in den Satz
Vor den Zitaten kann ein Hinweis auf das Werk stehen, aus dem zitiert wird, oder auf
den Autor des Werkes. Manches wird aber auch als so bekannt vorausgesetzt, dass gar
keine Hinweise gegeben werden. Nach dem Zitat steht die Redeabschlusspartikel und
es folgt ein höfliches Verb des Sagens u. ä.
• Zitat aus einem Werk: Kurztitel `c- [Zitat] F‰c-Cc“Ec-cÈ,,
cÓ-`“-öE-R]Ã-UNÈ-`c , [Zitat] Z‰c-Cc“Ec-cÈ , , Im SÊtra vom Reissprössling heißt es:
`c- kann verkürzt sein zu -_-
TîN-§ÈE-R_ , In der A¼¥asÀhasrikÀ (JR 142)
• Zitat eines Autors: Autor l…c- [Zitat] F‰c-Cc“Ec-cÈ , ,
Unvollständige Zitate
Zitate, insbesondere wenn der Inhalt als bekannt vorausgesetzt wird, können abge-
kürzt werden mit F‰c-cÈCc- »so und so weiter«
Mehrere Zitate hintereinander
[Zitat], Z‰c-NE-, [Zitat] ...
TîN-§ÈE-R_ , c‰Uc-l…-_E-TZ…P-P…-]ÈN-Cc`-T]È , , Z‰c-NE-, ...
In der A¼¥asÀhasrikÀ heißt es: »Die Eigennatur des Geistes ist klares Licht.« und ... (JR 142)
Adjektiv / Rede
13.3
13.3.2
13.3.1
190Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übungen zu Lektion 13
Lesestück: »Der Brahmane und die Gauner«
Der folgende Text ist eine Geschichte aus der indischen mittelalterlichen Textsamm-
lung Hitopade²a »Die Unterweisung in dem, was nützlich ist«. Ich danke Prof. Michael
Hahn für die freundliche Genehmigung, die Edition aus seinem Lehrbuch der klassischen
tibetischen Schriftsprache zu übernehmen (Lesestück zu Lektion Dreizehn) und Frau Dr.
Ulrike Roesler danke ich für Informationen zu der Quelle dieser Edition. Eine Überset-
zung zu diesem und den anderen Lesestücken aus seinem Lehrbuch gibt Prof. Hahn im
Schlüssel zum Lehrbuch der klassischen tibetischen Schriftsprache.
Bedenken Sie beim Übersetzen, dass ein Brahmane strengen Reinheitsgeboten unter-
liegt und dass ein Hund in Indien als etwas Schmutziges angesehen wird.
1. U-\‰-Z…C-ü-éUc-`-UGÈN-R-q‰N-R_-]NÈN-R-`c-
NE“`-NE-TFc-R_-_E-C…-uÈE-Pc-MC-U…-_…E-T]Ã-uÈE-m‰_-G‰P-RÈ]Ã-PE-Oÿ-cÈE-EÈ- , ,
2. çÈ-ä‰-Ç…E-Z‰c-q-T]Ã-uÈE-m‰_-N‰-`-NE“`-TOÿP-n…c-_-U-Z…C-IÈc-R-NE-
_E-C…-uÈE-C…-pÈCc-c“-cÈE-EÈ- , ,
3. _E-C…-uÈE-Oÿ-úÈC-R]Ã-`U-n…-T_-P-CPc-R]Ã-áflP-RÈ-ò-RÈc-U-\‰-_-U-NE-úP-N‰-
îE-U-Pc-]ÈE-T_-UMÈE-EÈ- , ,
4. U-\‰-N‰c-áflP-RÈ-éUc-UMÈE-T]Ã-¢ÈP-`-
U…-ò-RÈ-N‰-P…-`U-NE-MC-U…-_…E-T]Ã-CcE-T]Ã-CPc-P-]Oÿc-R-NE-
SP-W”P-`-]N…-ˇN-F‰c-µc-cÈ , ,
Lektion Dreizehn
191Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
5. U-\‰-N‰]Ã-_-U-P…-E-WÍ-`-a…P-Lfi-]NÈN-R]Ã-\P-^…P-Rc-
N‰-Tã‰N-R]Ã-G‰N-Oÿ-H…-õ_-q-Z‰c-µc-cÈ , ,
6. U…-Z…C-C…c-µc-R-
_-U-Táfl-T-P…-E-WÍc-N‰-§ÈTc-xC-RÈc-]XÀP-R_-U…-_“E-T]Ã-p…_-
q-T-N‰-P…-q-T_-a…P-Lfi-N@]-T-^…P-F‰c-µc-cÈ , ,
7. N‰-Pc-U…-CZP-n…c-P…-TNC-C…c-TN‰-ÉC-Lfi-ã‰N-R]Ã-MTc-a‰c-cÈ , ,
N-H…-õ_-TNC-C…c-m‰N-FC-`-µc-R-N‰-TZ…P-Oÿ-qÈc-a…C-F‰c-µc-cÈ , ,
8. U…-N‰c-áflP-RÈ-CZP-éUc-`-_E-C…-uÈc-TaN-R-NE-
GÈU-áflP-NE-RÈc-U-\‰-_-U-]t…N-R]Ã-x⁄E-Oÿ-]uÈ-T-`-
ˇN-G‰P-RÈc-l‰-U-m…-]x‰P-R]Ã-U-\‰-TNC-C…c-PU-^E-U-UMÈE-EÈ-Z‰c-µc-cÈ , ,
9. U-\‰c-U…-N‰-P…-ÉÈ-êÈEc-R-^…P-F‰c-c‰Uc-R-NE-
`P-U…-]N‰Tc-R_-áflP-RÈ-N‰-`c-]Nc-cÈ , ,
10. áflP-RÈ-CI…c-R-NE-]zN-R-P-
N‰c-P…-m…-]N…-_T-Lfi-U…-•‡C-R-^…P-F‰c-µc-R-NE-
U-\‰c-U…-N‰-^E-NÈP-U‰N-R]Ã-CKU-q‰N-NÈ-Z‰c-TcUc-cÈ , ,
11. áflP-RÈ-Cc“U-R-NE-TZ…-R-NE-N‰-TZ…P-Oÿ-µc-R-NE-
U-\‰-N‰-`-M‰-WÍU-G”E-T-qŸE-EÈ- , ,
12. _-U-EÈc-AÿP-Pc-TåCc-R-NE-m…-`-S`-G‰_-UH“C-U…-_…E-RÈ-NE-ê…C-R-U‰N , ,
Adjektiv / Rede
192Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
_-U-`-S`-G‰_-E-NE-@Èc-@]Ã-߇-^ÈN-Rc-
N‰-E‰c-R_-_-U-^…P-F‰c-£U-Oÿ-TcUc-cÈ , ,
13. ^“P-_…E-RÈ-U-`ÈP-R_-GÈU-áflP-ò-Rc-_-U-N‰-UMÈE-T]Ã-ˇTc-
]H…Cc-R-G‰P-RÈ-NE-TFc-R-TZ…P-Oÿ-
l‰-U-m…-N‰-P…-a…P-Lfi-U-_“Ec-R-^…P-F‰c-µc-R-NE-Èc-cÈ , ,
14. N‰-Pc-U-\‰c-
U…-MUc-FN-l…c-m…-Z‰c-qc-R]Ã-OÿN-]uÈ-]N…-`-TNC-C…c-_-U_-]XÀP-lE-
N‰-_-U-U-^…P-R_-¶E-EÈ- , ,
E‰c-R_-CPÈN-Æ…P-TNC-C…-UGÈN-R-]C‰Cc-R_-]NÈN-R-Z…C-C…c-
TNC-C…c-IÈc-R]Ã-_-U-m…_-≥„`-KÈ-Z‰c-TcUc-R-NE-_-U-TKE-EÈ- , ,
15. áflP-RÈ-éUc-l…c-U-\‰c-TKE-T]Ã-_-U-T\“E-T-NE-N‰-P…-\c-_T-Lfi-Z…U-RÈ_-\Èc-cÈ , ,
Lektion Dreizehn
193Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
14. Adverbien und PostpositionenAdverbien und Postpositionen | Adverbien | Postpositionen
Adverbien und Postpositionen
Allgemeine Bemerkung
Adverbien und Postpositionen geben nähere Informationen zu Zeit, Ort, Umständen
usw. Anders als im Deutschen, bestehen im Tibetischen die Adverbien und Postposi-
tionen nicht aus einem einzigen Wort, sondern aus zusammengesetzten Ausdrücken
mit einem Kernwort und grammatischen Partikeln.
Bezug
Adverbien
Adverbien beziehen sich auf den ganzen Satz, auf das Verb oder auf ein Adjektiv.
• Bei Bezug auf den ganzen Satz steht das Adverb gewöhnlich am Anfang des Satzes.
≠À_- im Allgemeinen, generell
≠À_-GÈc-MUc-FN-]BÈ_-T-NE-r-EP-`c-]Nc-R-CI…c-c“-]Oÿc-cÈ,, Generell sind alle Phänomene enthalten in den beiden, Sa¾sÀra und NirvÀÐa. (Gam)
• Bei Bezug auf das Verb steht das Adverb direkt davor.
î‡P-Oÿ- beständig
...`-î‡P-Oÿ-Tå‰P- stütze dich beständig auf ...
• Bei Bezug auf ein Adjektiv stehen einige Adverbien direkt davor, einige werden nachge-
stellt.
a…P-Lfi- sehr (dem Bezugswort vorangestellt) ]T]-Z…C- nur, allein, einzig (nachgestellt)
°U-a…P-Lfi-ô…-T-Z…C- eine sehr schwere Kiste (Go 1098)
^…N-TN‰-]T]-Z…C- ein rein freudvoller Geist (Blo)
14.1
14.1.2
14.1.1
194Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Postpositionen
Postpositionen beziehen sich immer auf ein vorangestelltes Substantiv.
BE-R]Ã-PE-`- im Haus
Adverbien
Typische Bildungsweise von Adverbien
Kernwort + adverbbildende Partikel
Als adverbbildende Partikel kommen alle Kasussuffixe außer `c- und l…- etc. in Frage oder eine Semifinalpartikel1 oder GN- / \N- / Z…C-.
Auflistung von Adverbien
AÿP-Lfi- überall(hin), all- N‰-õ_- so, in solcher Weise
q‰-C-Lfi- insbesondere NR‰_-P- zum Beispiel
î‡P-Lfi-2 beständig ]T]-Z…C- nur, allein, einzig
F“E-\N- ein wenig _…U-n…c-, _…U-Rc-, _…U-R_- der Reihe nach
^“P-_…E-Oÿ- für lange Zeit _‰-Z…C- einige Zeit lang, vorläufig
åC-Lfi- / åC-R_- beständig, immer a…P-Lfi- sehr
NE-RÈ_- zuerst cÈ-cÈ-Pc- einzeln, gesondert
^…N-TN‰-]T]-Z…C-[`-] î‡P-Oÿ-Tå‰P-
Stütze dich immer auf einen rein freudvollen Geist. (Blo)
Einige Einleitungsfloskeln
C`-K‰- ... P- falls ...
F…-§‰- wenn nun, falls
H…-§‰- wenn nun, falls
N-§‰- nun, jetzt (also)
1. Die Semifinalpartikel wird in Lektion 16 besprochen.2. In moderneren Texten findet man die Schreibung rgyun du. Während bei Verben ein früher vorhandenes da drag immer die Form der Suffixe bestimmt, wird diese Regel bei Adverbien nicht so konsequent angewandt (Siehe S. 235).
Lektion Vierzehn
14.2
14.2.3
14.2.2
14.2.1
195Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
N‰-Pc- danach, später
N‰-p…_- / N‰]Ã-p…_- deshalb
N‰-Tc-P- deshalb
N‰-WÂ- / N‰]Ã-WÂ- zu der Zeit
N‰-^E- weiterhin
N‰_-U-\N- damit nicht genug
]N…-õ-§‰- nämlich, in solcher Weise
N‰-TZ…P-K‰- ebenso, in ebensolcher Weise
N‰c-P- / N‰-Tc-P- deshalb
]È-P- nun (oft bei einem Einwand: »Wenn nun jemand sagt ...«)
]ÈP-lE- aber, zwar
]ÈP-K‰- in diesem Fall nun, jedoch
^E- weiterhin
^E-P- ... ^E-P- ... entweder ... oder ...
CZP-^E- außerdem
Ergänzungen
• Die folgenden Beispiele weichen von der typischen Adverbbildung ab. Beide Beispie-
le stehen vor dem Adjektiv, auf das sie sich beziehen.
d-FE- sehr Z‰-xC- sehr
• G‰- / G‰-T- nach Adjektiven bedeutet »sehr«
z‰E-T-G‰P-RÈ-ö…N-G‰-T-Z…C- eine große, sehr schwere Gebetskette
• H‰- vor einem Adjektiv bedeutet »immer ...-er« (Komparativ des Adjektivs).
MÈC-U_-^…C-C\“Cc-G‰P-RÈ-NE-, N‰-Pc-H‰-G”E-Oÿ-…c,Anfangs schrieb ich die Buchstaben groß, später immer kleiner. (DL 36)
TNC-CF‰c-]XÀP-H‰-G”E-Oÿ-]uÈ-NCÈc, Die Eigenliebe muss kleiner werden. (Blo 198)
Adverbien und Postpositionen
14.2.4
196Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
• UE-Oÿ-, das von seiner Wortform her wie ein Adverb ist, ist häufig als Adjektiv zu über-
setzen. Jäschke vermutet deshalb, dass es sich um eine Zusammenziehung von UE-RÈ- »viel« und Oÿ-U- »viel« handelt (Jä 416)1.
IUc-UDÿ_-UE-Oÿ-T˛Uc- [Milarepa] verfasste viele mystische Gesänge. (Tshig)
• Die Grundbedeutung von WN- ist »Maß«.
WN-U‰N-R- unermesslich
WN-úP- »das Maß besitzend« Y autoritativ, kompetent
Nach Verbstämmen bedeutet es »was auch immer ...«, »alles, was ...«.
U…-zN-WN-`- [Milarepa fragte] jeden, den er traf ... (Mil)
TNC-]XÀP-n…-CI‰P-RÈ_-U-cÈE-P-GÈc-qc-WN-NÈP-U‰N-Oÿ-cÈE-T-^…P,Wenn [sie] nicht zu einem Gegenmittel zur »Ich«-Auffassung geworden ist, ist alle Dharmapraxis sinnlos gewesen. (Blo)
Adverbien der Zeit
Adverbien der Zeit werden häufig ohne weitere adverbbildende Partikel an den Satz-
anfang gestellt.
N- jetzt N-õ- jetzt N‰-I…P- an dem Tag
Reziproke Konstruktionen
Im Tibetischen wird die wechselseitige Beziehung ausgedrückt durch
SP-W”P- gegenseitig oder CF…C-C…c-CF…C-`- (mit-/zu-) einander.
CF…C-C…c-CF…C-`-^…-C‰-CKÈE-T- einander Briefe schicken
U…-ò-RÈ-N‰-P…-]Oÿc-R-NE-SP-W”P-`-]N…-ˇN-F‰c-µc-cÈ , ,Die Fünf kamen zusammen und sprachen dieses zueinander: ...
Lektion Vierzehn
1. Ich danke Alexander Schiller für diesen Hinweis.
14.2.6
14.2.5
197Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Sanskrit-Präfixe
Bei der Übersetzung aus dem Sanskrit sind die Präfixe der Sanskrit-Wörter oft me-chanisch mit bestimmten Modaladverbien wiedergegeben worden. Das heißt, für ein bestimmtes Sanskrit-Präfix wurde immer ein bestimmtes tibetisches Modaladverb eingesetzt. Teilweise wird die Wortbedeutung dadurch deutlicher. Teilweise wird sie durch diese mechanische Übersetzung eher unklarer, und das Adverb sollte nicht mitübersetzt werden.
1. Möglichkeit
Das Sanskrit-Präfix gibt dem Verb eine neue, nachvollziehbare Bedeutung.
`‰Cc-c“- gut, in guter Weise
TaN-R- gesagt
`‰Cc-c“-TaN-R- skt. subhÀ¼ita »gut gesagt«; schöne Aussprüche, Sentenz
2. Möglichkeit
Das Sanskrit-Präfix des ursprünglichen Wortes bzw. seine Wiedergabe im Tibetischen ist rein mechanisch. Es fügt dem Wort an Bedeutung nichts hinzu und kann für die Übersetzung ignoriert werden. Dennoch bildet das Wort in seiner Zusammensetzung einen Terminus der buddhistischen Philosophie, der auf bestimmte Kontexte und Konventionen hinweist.
éU-R_- skt. vi- Y weg, auseinander, zer-, ver-
åÈC-R- nachdenken, verstehen
éU-R_-åÈC-R- / éU-åÈC- skt. vikalpa; (diskursives) Denken, Vorstellung, Gedanke
3. Möglichkeit
Das Sanskrit-Präfix des ursprünglichen Wortes bzw. seine Übersetzung ins Tibetische hat zusammen mit dem Verb eine bestimmte Bedeutung, die aus den Bestandteilen Präfix + Verb nicht bzw. nicht mehr zu erkennen ist. Diese Ausdrücke müssen als Vo-kabeln gelernt werden.
_T-Lfi- skt. pra- Y fort, vor, vorwärts
]qŸE-T- hervorkommen, geschehen,werden zu
_T-Lfi-qŸE-T- skt. pravrajita »fortgegangen«; in das Kloster eingetreten
Für weitere Beispiele siehe PSch 89.
Adverbien und Postpositionen
14.2.7
198Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Eine gute Zusammenstellung der Sanskrit-Präfixe mit Beispielen findet sich in An In-
troduction to Classical Tibetan von Stephen Hodge, Orchid Press, Bangkok 2003, Seiten
66-68.
Wenn man an einem tibetischen Text zur buddhistischen Philosophie arbeitet, der
aus dem Sanskrit übersetzt wurde, sollte man für eine sorgfältige Übersetzung die
ursprünglichen Sanskritwörter hinter den tibetischen Ausdrücken erkennen bzw. in
der MahÀvyutpatti 1 nachschlagen und die Bedeutung im Sanskrit überprüfen.
Die Adverbien der Begleitung UIU-Oÿ- und üP-F…C-Lfi-
Die Adverbien UIU-Oÿ- »zusammen (mit)« und üP-F…C-Lfi- elegant-bescheiden »zusammen
(mit)« werden mit NE- konstruiert.
BÈE-WÍ-NE-UIU-Oÿ-]uÈ-C…-^…P, Ich werde mit ihnen gehen. (Lesestück Lektion 16)
(]uÈ-C…-^…P- = Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion; siehe Seiten 257-259)
E-G”E-G”E-ˇTc-Pc-U…-àP-R-NE-UIU-Oÿ-T•N- ...Ich lebte von klein auf mit älteren Menschen zusammen ... (DL 46)
TFc-R- »zusammen mit«
Auch TFc-R- wird mit NE- konstruiert. Die Grundbedeutung ist »zusammen mit«.
Auf Thangkas sieht man oft eine Hauptfigur (CVÍ-TÈ-) mit Gefolge (]BÈ_-).
CVÍ-TÈ-]BÈ_-NE-TFc-R- Hauptfigur zusammen mit Gefolge
TFc- kann auch das Ende einer Liste markieren und wird dann in der deutschen Über-
setzung nicht explizit wiedergegeben.
§C-]WÂ_-P…-cÈ-PU-R]Ã-c-B‘`-Z…C-§‰, \-Gc-CVÍ-TÈ-uÈ, uÈ-Z…T, ˛U-R-, a, U_, H,
GE-Z‰c-R-Pc-l…c-T\Èc-R-Z…C-TFc-_‰N, (DL 7) §‰- hier »und« (Semifinalpartikel)
Taktser ist eine bäuerliche Region und die Hauptnahrungsmittel sind Weizen, Weizen-mehl, Tsampa, Fleisch, Butter, Tee und »Tschang«, ein aus Gerste gebrautes [Bier].
Lektion Vierzehn
1. Siehe S. 66, Fußnote 1.
14.2.9
14.2.8
199Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
FP- »versehen sein mit«
Wie NE-TFc-R- und NE-úP-R- bedeutet auch FP- »besitzend« oder »versehen sein mit«.
Es wird aber ohne NE- konstruiert und vor allem zur Bildung von Adjektiven und Sub-
stantiven benutzt.
c‰Uc-FP- »Geist besitzend« Y Lebewesen
WÂ_-U-FP- dornig (Jä 142)
Postpositionen
Typische Bildungsweise von Postpositionen
Postpositionen beziehen sich immer auf ein Substantiv bzw. auf eine Nominalphrase.
(Subst./Nominalphr. als Bezugswort +) Attributsuffix + Kernwort + `-, P- oder Lfi- etc.
(BE-R)]Ã-îT-`- hinter (dem Haus) (TÈN-)l…-PE-`- in (Tibet)
Die Partikeln sowohl vor als auch nach dem Kernwort fallen häufig aus.
TÈN-PE- in Tibet
Auflistung von wichtigen Postpositionen
Postpositionen mit Angaben im Raum
l…- etc. + UOÿP- + `- / P- / Oÿ- vor
l…- etc. + îT- + `- / P- / Lfi- hinter
l…- etc. + UM_- am Ende; auch zeitlich: endlich, schließlich
l…- etc. + §‰E- + `- / P- / Oÿ- auf
l…- etc. + ]ÈC- + `- / P- / Lfi- unter
l…- etc. + UCÈ- + `- / P- / -_- am Anfang von
l…- etc. + UH“C- + `- / P- / Oÿ- am Ende von
Adverbien und Postpositionen
14.3
14.2.10
14.3.2
14.3.1
200Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Postpositionen mit Angaben zur Zeit
l…- etc. + ¢ÈP- + `- / P- / Oÿ- vor, bevor
l…- etc. + ä‰c- + `- / P- / c“- nach, nachdem
l…- etc. + T_- + `- / P- / Oÿ- zwischen
l…- etc. + ^“P- + `- / P- / Oÿ- während
l…- etc. + WÂ- + `- / P-/ -_- zu der Zeit
Postpositionen mit Angaben zum Zweck
l…- etc. + G‰N-Oÿ um ... willen
l…- etc. + NÈP-Oÿ- zum Nutzen von, um ... willen
l…- etc. + ÜN-Oÿ- um ... willen
Postpositionen mit Angaben zur Art und Weise
NE-UIU-Oÿ- gemeinsam, zusammen mit
NE-üP-F…C-Lfi- eleg.-bescheiden gemeinsam, zusammen mit
l…- etc. + °È-Pc- mittels
ausser
U-CKÈCc- »außer« wird ohne weitere Partikel eingebunden.
U…-Cc“U-U-CKÈCc-U…-]OÿC-Außer drei Menschen sind keine da. Y Es sind nur drei Leute da. (Go 784)
Ableitungen von S-, W”-, U-, ^-, p…-Es ist hilfreich, sich die Grundbedeutung von S-, W”-, U-, ^- und p…- einzuprägen, denn
von ihnen werden zahlreiche Ableitungen gebildet. Häufig sind Ableitungen mit an-
gehängtem -P- oder -_-.
S- Stamm für abgeleitete Begriffe für »das Jenseitige«
S-C…- jenes dort
SP- / SP-GN- nach etwas hin, auf ... zu, bis
S_- dorthin
Sc- von der Gegenseite, als Gegner
Lektion Vierzehn
14.3.4
14.3.3
201Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
P-P…E-Pc-N-SP-GN-`È-CF…C-cÈE-Seit dem letzten Jahr bis jetzt ist ein Jahr vergangen. (Gam)
uÈ-TÈ-`“E-S-C…-^…P- Gro-bo-lung ist das dort drüben. (Mil)
S-C…-P-c“-T[÷Cc- Wer wohnt dort drüben? (Mil)
U- Stamm für abgeleitete Begriffe für »das unten Befindliche«
UP- / UP-GN- unten, unterhalb, von ... bis hierhin, von ... ab
NU]-T- niedrig sein NUP-R- niedrig
©N- der untere Teil von etwas, Unter-
©N-R- jemanden herabsetzen
N‰-UP-GN- darunter; von da ab
W”- Stamm für abgeleitete Begriffe für »das Diesseitige«
W”P- innerhalb von
W”_- hierhin
S-_…]Ã-ô…-T-U‰N, W”-_…]Ã-܉`-RÈ-U‰N,Auf der anderen Seite des Berges gibt es keinen Yakdung. Auf dieser Seite des Berges gibt es keinen Korb.
^- Stamm für abgeleitete Begriffe für »das oben Befindliche«
^P- / ^P-GN- oben, oberhalb, von hier ab weiter
^_- nach oben
^c- oben, oberhalb, über
UP-^P- »unten-oben«, auf und ab, oben und unten
^P-GN-UP-GN- mehr oder weniger, ungefähr
`È-TîN-^P-GN- über acht Jahre [alt] (Jä 522)
î`-RÈ-CPU-_…-~ÈE-TVP-^P-GN-`- bis zu der Zeit des Königs gNam-ri Srong-btsan
Adverbien und Postpositionen
202Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
p…- Stamm für abgeleitete Begriffe für »das außerhalb befindliche; das Hintere, das Spätere«
p…-P- Außen-; später
p…_- wegen, um ... willen; aus heraus, nach außen; zurück, wieder
p…c- hinten, hinter; später
Übung zu Lektion 14
Lesestück: »Der Hase, der sich vor ›Platsch‹ erschreckte«
Der folgende Text ist eine leicht vereinfachte Fassung eines Textes aus dem tibeti-
schen Schulbuch für die 4. Klasse 'Dzin grwa bzhi pa'i slob deb rig pa'i nyan byed, Bod
gzhung shes rig dpar khang, Dharamsala, 1996. Grammatische Formen, die noch nicht
besprochen worden sind, sind in den Übersetzungshilfen angegeben.
_…-TÈE-F`-]xÈCc,
1. a…E-•ÈE-Z…C-C…-]ÈC-Lfi-UWÂ]“-Z…C-C…-B_ , _…-TÈE-Z…C-C…c-G”-]M—E-TZ…P-R]Ã-
2. ˇTc . F`-Z‰c-R]Ã-±-MÈc-K‰ , _…-TÈE-d-FE-∞C-Pc-Èc-R-_‰N , `U-Oÿ-Y-UÈ-
3. Z…C-C…c-_…-TÈE-`-Èc-NCÈc-R]Ã-î‡-UWP-x…c-R_ , _…-TÈE-C…c , Èc , Èc ,
4. F`-^ÈE-C…-]OÿC-qc-Rc-Y-UÈ-N‰-^E-UIU-Oÿ-Èc , ^E-`U-Z…C-Lfi- ≠E-@…-Z…C-
5. NE-]zN-N‰-F…-`c-Èc-x…c-Rc , F`-]OÿC F`-]OÿC Èc , Èc , µc-Rc- ≠E-
6. @…-^E-UIU-Oÿ-Èc-cÈ , ,N‰-TZ…P-Oÿ-≥‰]“ , SC-R , NÈU , U-d‰ , ¬-T , ÇE-G‰P , C\…C
7. DÿE- . §C-cÈCc-MUc-FN-l…c-F`-]OÿC-F‰c-µc-R_-Èc-]uÈ-T-c‰E-C‰c-UMÈE-
8. §‰ . mÂN-FC-Èc-NCÈc-R]Ã-î‡-UWP-CE-_‰N-x…c-R_ , WE-Uc , F`-]OÿC
9. F`-]OÿC F‰c-µc-R-_‰N, c‰E-C‰c-§C-`-F`-\‰_-T-c“-_‰N, CE-Oÿ-]OÿC-x…c-
10. Rc. §C-C…c-C\…C-`-x…c, C\…C-C…c-DÿE-`-x…c, DÿE-C…c-ÇE-G‰P-cÈCc-
Lektion Vierzehn
203Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
11. CF…C-C…c-CF…C-`-_…U-TZ…P-x…c-Rc-UM_-_…-TÈE-C…c-Ec-NEÈc-c“-UMÈE-qŸE-
12. Z‰c-µc-R-P , c‰E-C‰c-c‰Uc-FP-WE-U-t…N-Pc-G”-B_-TåC-NoN-q‰N-Oÿ-p…P-
13. Rc . G”-PE-a…E-C…-^`-C-Z…C-C^‰E-TZÀP-^ÈN-R-`c-CZP-c“-^E-U‰N-§Tc ,
14. a…E-C…-^`-C-G”-PE-\Cc-Pc-F`-Z‰c-R]Ã-±-qŸE-T_ , _…-TÈE-C…c-TåC-NoN-
15. U-qc-R_-]xÈCc-K‰-Èc-R-CZ…-Pc-a‰c-a…E- , _…-ªCc-WE-U-ÉÈ-TN‰]Ã-EE-Pc-
16. cÈ-cÈ_-n‰c-R-_‰N ,
Übersetzungshilfen
F`- Platsch
UWÂ]“- siehe Seite 63
]M—E-TZ…P-R]Ã-ˇTc- als es gerade dabei war zu trinken
MÈc-K‰- hörte und
Èc-R-_‰N- floh
^ÈE-C…-]OÿC- kommt
]zN-N‰- trafen und/als (sie) trafen
µc-R-_‰N- sie riefen
UMÈE-qŸE- ich habe gesehen
C^‰E-TZ…P- treibend
... `c-CZP-c“-^E-U‰N-§Tc- während es außer ... niemand anderes gab (siehe Seite 149 unten)
]xÈCc-K‰- erschrocken (seiend)
CZ…-Pc-a‰c-a…E- es wurde ihnen klar, dass ..., und
ÉÈ-TN‰]Ã-EE-Pc- wohlgemut
cÈ-cÈ_-n‰c-R-_‰N- zerstreuten sich/ging jedes seines Wegs
Adverbien und Postpositionen
204Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
205Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
15. InterrogativpronomenDie Interrogativ- und Relativpronomen gang, ci, ji, su, nam | Korrelative Konstruk-tionen | Die Interrogativpronomen gang, ci, ji, su, nam als Indefinitpronomen | Umgangssprachliche Ausdrücke, die in Zusammenhang mit gang, ci, ji, su, nam entstanden sind
Die Interrogativpronomen CE-, F…-, H…-, c“-, PU-
Allgemeine Bemerkung
Die Bezeichnung »Pronomen« bedeutet »für ein Nomen«. Sie kommt daher, dass
die Pronomen häufig stellvertretend für Nomen stehen (pronominal): »Bitte gib mir
dieses.« Sie können aber auch attributiv zu einem Nomen stehen: »Bitte gib mir dieses
Buch.«
Bisher wurden Personalpronomen und Demonstrativpronomen besprochen. Dieses
Kapitel bespricht die Interrogativ-, Relativ- und Indefinitpronomen, die alle auf die
Wörter CE-, F…-, H…-, c“- und PU- zurückgehen.
»Interrogativpronomen« ist ein anderer Begriff für »Fragewörter«.
Die traditionelle tibetische Grammatik nennt diese Pronomen ≠À-±- »allgemeine Parti-
kel«, zählt aber PU- nicht mit dazu.
Grundbedeutung von CE-, F…-, H…-, c“- und PU-CE-, F…-, H…-, c“- und PU- dienen als Interrogativ- und Relativpronomen. Ihre jeweilige
Funktion ist allein aus dem Kontext zu erkennen, nicht anhand des Wortes allein.
CE- was, wer, welches (Dinge und Personen)
F…- was, welches (Dinge; typischerweise bei Fragen nach einem Objekt)
H…- wie F…-, aber typischerweise als Relativpronomen gebraucht,
oder bei Fragen nach der Art und Weise oder der Beschaffenheit
H…- kommt nicht alleine vor, sondern nur in zusammengesetzten Ausdrücken
c“- wer
PU- wann
15.1
15.1.2
15.1.1
206Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
CE-, F…-, H…-, c“- und PU- können anstelle eines Nomens (pronominal) stehen:
CE-^…P-R- was [auch immer] es ist
CE-, F…-, H…-, c“- und PU- können attributiv sein:
CE-C…-Oÿc- welche Zeit (Jä 66)
pÈCc-CE-Pc- aus welcher Richtung (Jä)
CE-, F…-, H…-, c“- und PU- können sich auf ein Verb beziehen (adverbiell):
CE-Oÿ-]t‹Ec- wo geboren
Verwechseln Sie das Pronomen CE- nicht mit CE-T- »voll werden« und CE- »ein gan-
zes«: N@_-^È`-CE- eine ganze Tasse voll, I…P-CE- der ganze Tag/den ganzen Tag
CE-, F…-, H…-, c“-, PU- + Erweiterung (Kasussuffix o. ä.)
CE-, F…-, H…-, c“- und PU- können durch alle möglichen Partikeln erweitert werden:
CE-P- wo
CE-`- wo, wohin, bei wem
CE-Pc- / CE-`c- von wo
F…-]x- gleich wem/was
F…]Ã-p…_- wegen was Y weshalb
F…-VU- wieviel
H…-ˇN- wie, entsprechend (bezogen auf Worte)
H…-õ-T“- wie beschaffen
H…-õ_- wie, in welcher Weise
H…-£‰N- (alles) was es gibt
H…-~…N- wielange
PU-VU- wann
c“-`- bei wem, zu wem
c“c- wer (Agens), durch wen
Lektion Fünfzehn
15.1.3
207Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Beispiele für CE-, F…-, H…-, c“-, PU- als Interrogativpronomen
Milarepa fragt auf der Suche nach Marpa jeden, der ihm begegnet:
´‰c-UGÈC-U_-R-`È-VÓ-CE-P-T[÷Cc- Wo lebt das Höchste der Wesen, Marpa, der Übersetzer? (Mil)
Marpa mustert Milarepa eine Weile, ohne etwas zu sagen. Dann fragt er:
mÈN-CE-Pc-^…P, Woher bist du? (Mil)
Beispiele für CE-, F…-, H…-, c“-, PU- als Relativpronomen
Die Interrogativpronomen werden auch zur Bildung von Ausdrücken benutzt, die im Deutschen mit Hilfe eines Relativpronomens wiedergegeben werden.
CE-^…P- was ist
N‰-ˇTc-S-U-WÍc-BÈE-WÍ]Ã-NÈP-CPN-õ‰-T-CE-^…P-Um‰P-^ÈN-R-U…P- (DL 16)
Zu der Zeit wussten [meine] Eltern nicht, was ihr (des Suchtrupps) Hauptanliegen war.
H…-ˇN- wie, entsprechend (bezogen auf Worte)
î-C_-n…-UBc-R-Z…-T-üc-H…-ˇN-Cc“Ec-R-N‰- (DL 38)
Wie es der indische Gelehrte ³Àntideva gesagt hat, das [habe ich es selbst erfahren.]
Der Dalai Lama bezieht sich auf den Inhalt des Zitats von Seite 209 unten.
Korrelative Konstruktionen
»Wer das liest, der ist schlau.«
Bei korrelativen Konstruktionen enthalten die Relativsätze ein Relativpronomen, das sich auf ein Pronomen im Hauptsatz bezieht. Der Relativsatz wird dabei vorangestellt. Im Deutschen wird das Pronomen im Hauptsatz gewöhnlich weggelassen: »Wer das liest ist schlau.«
Im Tibetischen werden korrelative Konstruktionen gebildet, um Relativkonstruktionen aus dem Sanskrit nachzuvollziehen. Man findet sie auch in Redensarten.
CE-TcU-R-N‰-TaN-R- welchen Gedanken [auch immer], den sagenY reden, was einem gerade in den Kopf kommt (Qu 55)
Interrogativpronomen
15.2
15.2.1
15.1.5
15.1.4
208Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
CE-`-CÈUc-R-N‰-`-UBc, Worin man geübt ist, darin ist man geschickt. Y Übung macht den Meister.
Typische Pronomen-Paare
c“- ... N‰- wer ... der H…-õ_- ... N‰-õ_- / N‰-TZ…P- wie ... so
CE- ... N‰- wer/was ... der/das H…-VU- ... N‰-VU- wieviel ... soviel
CE-WÂ- ... N‰]Ã-WÂ- zu welcher Zeit ... zu der Zeit H…-~…N- ... N‰-~…N- wielange ... solange
å‰P-F…E-]‰`-T_-]qŸE-T-CE-, , N‰-P…-§ÈE-R-I…N-Oÿ-TaN, ,
Was Entstehen in Abhängigkeit ist, das eben wird »Leerheit« genannt. (MMK)
Die Pronomen können nicht nur in diesen Paaren vorkommen, sondern alle logischen Kombinationen sind möglich. Ebenso sind alle Erweiterungen der Partikeln möglich: c“-`-, CE-C…c-, N‰]Ã- usw.
Die Interrogativpronomen CE-, F…-, H…-, c“-, PU- als Indefinitpro-nomen
Allgemeine Bemerkung
»Indefinitpronomen« bezeichnen eine nicht näher bestimmte Menge: »alle«, »einer«, »einige«, »etwas«, »jeder«, »jemand«, »keiner«, »man«, »niemand«, »nichts« usw.
CE-, F…-, H…-, c“- und PU- haben in bestimmten Konstruktionen eben diese Bedeutung. Häufig müssen sie das Gesamte betreffend übersetzt werden: »alle«, »nichts«, »über-all«, »nirgendwo« usw. Im Folgenden wird erst eine Übersicht gegeben und dann werden die einzelnen Konstruktionen besprochen.
Übersicht von CE-, F…-, H…-, c“- und PU- als Indefinitpronomen
1. mit Z…C- etc.Y »irgend...«, »... auch immer«
+ Neg. Y »nichts« etc.
2. mit ^E- etc. Y »... auch immer«
typischerweise mit Neg. Y »(überhaupt) nichts« etc.
3. mit Verben : ohne Erweiterung Y oft indefinit (z. B. CE-^…P-R-)
+ lE- etc. Y »... auch immer« (z. B. c“-`-T§P-lE-)
Lektion Fünfzehn
15.3
15.2.2
15.3.1
15.3.2
209Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
4. _“E-T- »geeignet, angemessen, passend sein«
CE-, F…-, H…-, c“- und PU- + _“E- Y »... auch immer«
_“E- nach Verbstamm: a. indefinit, b. konzessiv
5. weitere Indefinitpronomen
6. Iteration (c“-c“- »wer alles«)
1. CE-, F…-, H…-, c“-, PU- + Z…C- etc. Y »irgend...«, »... auch immer«
CE-Z…C- irgendwer, irgendein, irgendwelche; was/wer auch immer
F…-Z…C- was für ein?, welch ein?
PU-Z…C- irgendwann
c“-Z…C- irgendwer, irgendwelche, wer auch immer, jeder
CE-Z…C-C…c-]N…-a‰c-Rc- Wer auch immer/ jeder, der dies verstanden hat, der ...
Erweiterungen treten zwischen das Pronomen und Z…C-:
F…-VU-Z…C- wieviel
H…-õ-T“-Z…C- was für ein
U…-NE-~ÈC-GCc-H…-]x-Z…C- Menschen und Tiere gleichwie auch immer (DL 43)
plus folgendem negierten Verb Y »überhaupt nichts« und entsprechend
2. CE-, F…-, H…-, c“-, PU- mit ^E- etc.Y »... auch immer« u. ä.
typischerweise mit nachfolgendem negierten Verb
+ Negation
CE-^E- wer/was auch immer (überhaupt) niemand/nichts
F…-^E- was auch immer (überhaupt) nichts
PU-^E- wann auch immer nie
c“-^E- wer auch immer (überhaupt) niemand
CÈUc-P-Ü-T_-U…-]nŸ_-T]Ã,,NEÈc-N‰-CE-^E-^ÈN-U-^…P,,Etwas, das nicht leichter würde, wenn man es übt (geübt hat), so etwas gibt es über-haupt nicht. (Zitat von ³Àntideva) (DL 38)
Interrogativpronomen
15.3.3
15.3.4
210Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Erweiterungen treten zwischen das Pronomen + ^E-
CE-`-^E- wo auch immer, bei wem auch immer etc.
3. CE-, F…-, H…-, c“-, PU- + Verben
ohne Erweiterung: oft indefinit
CE-^…P-R- [alles,] was [auch immer es] ist
CE-^ÈN-R- [alles,] was [auch immer es] gibt
Die Nominalsuffix kann ausfallen: CE-^…P-, CE-^ÈN-
`‰Cc-I‰c-CE-TcCc-R- alles was man angesammelt hat, ob Positives oder Negatives
U-N‰c-UM—-F…-^ÈN-Rc-T“-`-xEc-cÈ, Die Mutter zog mit aller Kraft am Jungen. (MH)
E‰N-_E-C…-PÈ_-CE-^ÈN- alles an unserem Vermögen (Mil)
CE-, F…-, H…-, c“-, PU- (+ Erweiterung) + Verbst. + lE- etc. Y »... auch immer«
c“-`-T§P-lE-wem auch immer [er] gezeigt hat Y allen, denen [er] gezeigt hat
CE-]x-^…P-^E- wie auch immer es ist (DL 42)
ì‰P-EP-CE-qŸE-^E-N‰-`-NC]-T-T°ÈU,Man soll sich Freude angewöhnen an [allen] schlechten Umständen, welche auch im-
mer auftauchen (aufgetaucht sind). (Blo)
]H…Cc-∞C-^…-U—C-PU-^E-U-´‰-T_-ohne jemals Angst oder Niedergeschlagenheit zu verspüren (Blo)
Lektion Fünfzehn
15.3.5
211Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
4. CE-, F…-, H…-, c“-, PU- + _“E-T-
• Die Grundbedeutung von _“E-T- ist »geeignet, angemessen, passend sein«.
CVÍE-Oÿ-_“E- verkäuflich (Jä 550)
U…-_“E-T- unerlaubt, unstatthaft (Jä 551)
• Nach CE-, F…-, H…-, c“- und PU- bedeutet _“E- »auch immer«.
F…-_“E- / F…-^E-_“E- was auch immer
CE-_“E- / CE-^E-_“E- welcher/was es auch sei (Jä 551)
• Verbstamm + _“E-a. indefinit
F…-`-M—C-_“E- was mir auch begegnen mag (Jä 550)
F…-^…P-_“E- was es auch sei (Jä 550)
b. konzessiv
Verbstamm + _“E- ist gleich wie Verbstamm + Konzessivpartikel (siehe Seite 225).
5. weitere Indefinitpronomen
]C]- jeder (einzelne); irgendein, einige
]C]-Z…C- irgendein
]C]E- / ]C]-^E- irgendwelche ; mit Negation Y (überhaupt) kein, nicht ein einziges
]C]-ac- einige
`-`- irgendeiner, einige
Nach Michael Hahn bedeuten CE-c“-, CE-c“-^E-, CE-`-`-Z…C-, CE-`-`-NC-, c“-CE-
alle »wer/was auch immer« (MH 165).
6. Iteration
»Iteration« bedeutet »Verdoppelung«. Durch Iteration bei Fragewörtern, werden Fra-gen nach einer Gesamtmenge gebildet.
c“-c“- wer alles C-_‰-C-_‰- was alles
Interrogativpronomen
15.3.7
15.3.6
15.3.8
212Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Umgangssprachliche Ausdrücke, die in Zusammenhang mit CE-, F…-, H…-, c“- und PU- entstanden sind
C-Oÿc-^…P-P]E- wann es auch sei Y immer
C-R_-^…P-P]E- wo auch immer Y überall
C-_‰-qc-Pc- was gemacht habend Y warum, weshalb
C-_‰-^…P-P]E- was es auch sei Y alles
C-c-C-`- überall
CE-UnÈCc-F…-UnÈCc- so schnell wie möglich
CE-M—T-M—T- so gut wie nur möglich
CE-M—T-F…-M—T- so gut wie nur möglich
CE-qŸE-UE-qŸE- alles mögliche
CE-\T-\T- sehr sorgfältig
CE-^…P-\‰_-P- wenn jemand fragt: warum? Y weil
CE-a‰c- wer weiß (das schon)? Y ich weiß nicht
c“-^…P-P]E- wer es auch sei Y alle, jeder
Übungen zu Lektion 15
Analysieren Sie die Übersetzung!
Der folgende Text ist ein Abschnitt aus dem Lojong-Text qE-G”T-C[÷E-`U- von
]HU-UCÈP-@ÈE-≥„`-ÉÈ-uÈc-UM]-^c- aus dem CNUc-EC-UXÍN-, Delhi 1971, Vol. III, Folios
181-213. Der Text steht auch als Download zur Verfügung unter www.leksheyling.
org. Diese Textstelle findet man in der Download-Version auf den Seiten 24, 25. Eine
deutsche Übersetzung ist erhältlich: Jamgon Kongtrul. Der große Pfad des Erwachens.
Theseus Verlag, 1996. Der folgende Abschnitt ist auf Seite 30 zu finden.
Jamgön Kongtrul kommentiert die Verszeile
^…N-TN‰-]T]-Z…C- [`-] î‡P-Lfi-Tå‰P , ,
»Stütze dich beständig auf einen rein freudvollen Geist. «
Lektion Fünfzehn
15.4
213Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
ì‰P-EP-•‡C-T¢`-F…-qŸE-^E-]H…Cc-∞C-^…-U—C-PU-^E-U-´‰-T_ , ÉÈ-ÆÈE-C…-uÈCc-
c“-cÈE-Pc-^…N-TN‰-]T]-Z…C-R-NE-î‡P-Lfi-]uÈCc-R-P…-ÉÈ-]qEc-R]Ã-WN-^…P-Rc ,
ì‰P-EP-CE-qŸE-^E-N‰-`-NC]-T-T°ÈU-Pc , N‰]Ã-§‰E-Nÿ-CZP-n…-ì‰P-EP-MUc-FN-
lE-NC]-TZ…P-Lfi-`‰P-R-`-TÜT-R_-q]È , , (Blo, Folio 198)
»Indem [dir] schlechte Umstände und Leiden, was auch immer auftauchen mag, ohne
dass jemals Angst oder Traurigkeit aufkäme, zur Hilfe bei der Geistesübung geworden
sind, bist du beständig verbunden mit einem rein freudvollen Geist. Eben das ist das
Maß des Geübtseins des Geistes. Deshalb gewöhne [dir] Freude an hinsichtlich aller
schlechten Umstände, welche auch immer auftauchen. Danach übe [dich] obendrein
darin, auch alle schlechten Umstände anderer mit Freude [auf dich] zu nehmen.«
Analysieren Sie die korrelative Konstruktion!
NagÀrjuna: MÊlamadhyamakakÀrikÀ, Kapitel XXIV
Vers 18
å‰P-F…E-]‰`-T_-]qŸE-T-CE- , ,N‰-P…-§ÈE-R-I…N-Oÿ-TaN , ,
N‰-P…-Tå‰P-Pc-CNCc-R-§‰ , ,N‰-I…N-NT“-U]Ã-`U-^…P-PÈ , ,Was abhängiges Entstehen ist, das wird als Leerheit bezeichnet.
Das, [selbst] eine abhängige Bezeichung seiend, eben das ist der mittlere Weg.
Vers 19
CE-p…_-Tå‰P-]qŸE-U-^…P-R]à , , GÈc-]C]E-^ÈN-R-U-^…P-PÈ , ,
N‰-p…_-§ÈE-R-U-^…P-R]à , , GÈc-]C]E-^ÈN-R-U-^…P-PÈ, ,Weil es nicht ein einziges Phänomen gibt, das nicht abhängig entstanden wäre,
(deshalb) gibt es auch kein einziges Phänomen, das nicht leer wäre.
å‰P-F…E-]‰`-T_- gestützt und verbunden Y abhängig
Tå‰P-Pc-CNCc-R-§‰- [selbst] eine abhängige Bezeichnung seiend
Interrogativpronomen
214Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Zitat aus dem Sutra vom Reissprössling
Gampopa zitiert im Schmuck der Befreiung aus dem SÊtra vom Reissprössling.1
1. cÓ-`“-öE-R]Ã-UNÈ-`c ,
2. NC‰-ÜÈE-CE-Z…C-C…c-cÓ-`“-öE-R-]N…-a‰c-Rc-å‰P-F…E-]‰`-T_-]qŸE-T-a‰c-c È, ,
3. CE-C…c-å‰P-]‰`-T_-]qŸE-T-a‰c-R-N‰c-GÈc-a‰c-cÈ , ,
4. CE-C…c-GÈc-a‰c-R-N‰c-cEc-îc-a‰c-cÈ , ,
5. Z‰c-Cc“Ec-c È, ,
Zum SÊtra vom Reissprössling (³ÀlistambasÊtram) siehe Frauwallner: Die Philosophie des Buddhismus. Akademie Verlag 1994, Seite 49.
Aus Gampopas Einführung im Schmuck der Befreiung
1. ]BÈ_-T_-]t‹ -R-]N…-^E-c“-]t‹ -P , BUc-Cc“U-n…-c‰Uc-FP-MUc-FN-]t‹ - È,,
2. CZ…-F…-`c-]t‹`-P , §ÈE-R-I…N-`c-]t‹`-`È , ,
3. î‡-F…-`c-]t‹`-P , U-_…C-R-G‰P-RÈc-]t‹`-`È , ,
4. W”`-H…-õ_-]t‹`-P , ]uÈ-T-_…Cc-x⁄C-C…-≠ÈN-^“`-Oÿ-]t‹`-`È , ,
5. NR‰-H…-õ_-]t‹`-P , CI…N-NE-ê…-`U-õ_-]t‹`-`È , ,
6. Oÿc-PU-Pc-]t‹`-P , ]BÈ_-T-MÈC-U-U‰N-R-Pc-]t‹`-`È , ,
Beachten Sie: P- steht für »wenn jemand fragt (... , so lautet die Antwort)«. Sie müssen hier relativ frei übersetzen, um den Absatz auf eine schöne Art wiederzugeben.
1. Übersetzt in Gampopa. Der kostbare Schmuck der Befreiung. Theseus Verlag, 2000, S. 205.
Lektion Fünfzehn
215Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
16. SatzgefügeSatzgefüge: Verknüpfte Verbalhandlungen | Die Konjunktion dang | Die Semifi-nalpartikel te, ste, de | Die Konjunktion cing, zhing, shing | Die Konzessivpartikel kyang, yang, -‘ang | »Ob«-Sätze | Postpositionen nach Verben und weitere Konjunk-tionen | Weitere Möglichkeiten, Verbalhandlungen miteinander zu verbinden
Satzgefüge: Verknüpfte Verbalhandlungen
Allgemeine Bemerkung
Mit Verbalhandlungen bezeichne ich Verben und die dazugehörigen Ergänzungen.
Mit Hilfe grammatischer Partikeln zwischen den Verbalhandlungen kann die Bezie-
hung zwischen den beiden Handlungen ausgedrückt werden. Oder anders gesagt,
einfache Sätze ohne satzabschließende Partikeln werden mit Hilfe von grammati-
schen Partikeln zueinander in Beziehung gesetzt. Werden mehrere Sätze miteinan-
der verbunden, so spricht man im Deutschen von einem »Satzgefüge« bei Haupt- und
Nebensätzen und von einer »Satzreihe« bei aneinandergereihten Hauptsätzen. Im
Deutschen lassen sich Satzgefüge also immer in Hauptsätze und dazugehörige Ne-
bensätze auflösen. Im Tibetischen ist das nicht so. Oft werden über lange Abschnitte
Verbalhandlungen aneinandergereiht, in Beziehung zueinander gesetzt, übergeord-
net, untergeordnet oder verschachtelt, ohne eine Finalpartikel, die das Satzende mar-
kieren würde. Bei der Wiedergabe ins Deutsche muss man längere Abschnitte daher
in einzelne, kürzere unterteilen.
Als Partikeln, die an Verben angehängt werden können und dann die Funktion von
Konjunktionen haben, kommen in Frage:
• Kasussuffixe
• Komitativsuffix NE-; Semifinalpartikel K‰-, §‰-, N‰-; Konjunktion F…E-, Z…E-, a…E-; Konzessivpartikel lE-, ^E-, -]E-• Postpositionen nach Verben und weitere Konjunktionen
Auch satzeinleitende Partikeln wie N‰-Pc- »von daher« können das Verhältnis zur vor-
angegangenen Verbalhandlung klären.
Die Satzstellung wird von diesen Partikeln nicht beeinflusst. Das Schema eines länge-
ren Abschnitts in einem tibetischen Text ist also:
evt. satzeinleitende Partikel – Verbalhandlung – Partikel, die die Beziehung zur kom-
menden Verbalhandlung ausdrückt ... usw. ... Finalpartikel
16.1
16.1.1
216Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Diese Abschnitte können lang und verschachtelt sein. Peter Schwieger, der in seinem
Handbuch zur Grammatik der klassischen tibetischen Schriftsprache eine nützliche Samm-
lung an Beispielen von solchen längeren Textabschnitten gibt, hat deshalb als Kapitel-
überschrift sehr treffend »Kleine und große Ungetüme« gewählt (Psch 202).
Zeitverhältnis
Meistens gilt: Der Präsensstamm drückt Gleichzeitigkeit mit der folgenden Handlung
aus: »Als der Lama ins Haus ging, sah er das kleine Kind.« Der Perfektstamm drückt
aus, das die Handlung abgeschlossen war, als die nächste Handlung eintrat: »Als der
Lama ins Haus gegangen war, sah er das kleine Kind.« Die Stammform der vorange-
henden Handlung gibt also an, ob die Handlung noch in Gange ist (Präsensstamm)
oder schon abgeschlossen (Perfektstamm), wenn die nächste Handlung eintritt bzw.
als sie eintrat bzw. wenn sie eintreten wird.
Wenn Präsens- und Perfektstamm gleiche Formen haben, kann man nur vom Kontext
her auf den zeitlichen Zusammenhang schließen.
Diese Regel gilt nicht für alle Konjunktionen. Und der Kontext geht immer vor.
Welche Konjunktionen gibt es?
Die wichtigsten aneinanderreihenden bzw. unterordnende Konjunktionen sind NE-,
K‰- und F…E-. Nicht die einzige, aber die wichtigste Funktion von ihnen ist, Verbalhand-
lungen miteinander zu verbinden. Alle drei können eigenständige Sätze aneinander-
reihen, aber die Verbindung kann auch enger sein. F…E- und K‰- können Verben so eng
miteinander verbinden, dass das erste Verb modal zu verstehen ist. Das heißt, dass es
die Art und Weise angibt, in der die andere Verbalhandlung ausgeführt wird, und am
besten mit einem Partizip übersetzt wird (»das Kind auf dem Rücken tragend zum Feld
gehen«). F…E- und K‰- können auch Haupt- und Hilfsverben miteinander verbinden.
Gibt es in einem Satzzusammenhang mehrere dieser Konjunktionen, dann bil-
det F…E- die engste Verbindung. Die schwächste aneinanderreihende Verbindung stellt
`- nach Verbstamm dar.
Lektion Sechzehn
16.1.3
16.1.2
217Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Die Konjunktion NE-
Allgemeine Bemerkung
NE- hatten wir schon kennengelernt
• bei Aufzählungen (Seite 90)
• als kasusanzeigendes Suffix bei Verben, die mit NE- konstruiert werden (Seite 120)
• mit Adverbien der Begleitung (Seite 198)
• nach dem Verbstamm als Imperativpartikel (Seite 169)
NE- als Verbindung von Verbalhandlungen
NE- nach einem Verbalnomen lässt sich oft mit »und« übersetzen. Ist die vorange-
hende Handlung im Präsens, ist sie noch in Gange, während die folgende Handlung
eintritt. Ist die vorangehende Handlung im Perfekt, ist sie abgeschlossen, und unmit-
telbar darauf tritt die folgende Handlung ein.
Präsensstamm + R-NE- ... Y macht und ...
Perfektstamm + R-NE- ... Y hat gemacht und (unmittelbar darauf) ...
z⁄C-Dÿ-G”E-G”E-N‰c-É-U-UMÈE-T-NE-É-U]Ã-RE-Oÿ-•ÈN-]NÈN- (Lesestück Lektion 16)
Das kleine Kind sah den Lama und wollte gleich auf seinem Schoß sitzen.
Im Beispiel von UMÈE-T- sind Präsens- und Perfektverbstammform gleich und nur vom
Kontext her kann man auf den zeitlichen Zusammenhang schließen.
Eventuell drückt NE- einen kausalen Zusammenhang aus.
Oÿ-T-^ÈN-R-NE-U‰-^ÈN-R_-a‰c,
»Es gibt Rauch und man weiß, dass es Feuer gibt.«
Weil es Rauch gibt, weiß man, dass es Feuer geben muss.
Satzgefüge
16.2
16.2.2
16.2.1
218Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Die Semifinalpartikel K‰-, §‰-, N‰-
Allgemeine Bemerkung
Nach Verbstämmen hat die Semifinalpartikel häufig eine Mittelstellung zwischen Verbindung und Satzende, ähnlich wie ein Semikolon.
Die Grundfunktionen der Semifinalpartikel sind:
• Verbindung von Verbalhandlungen: ... Verbstamm K‰- ... Verb
a. als Partizip
b. wie Semikolon
c. Verbindungspartikel zwischen Hauptverb und Hilfsverb
d. Gleichsetzung
• Ankündigung (ähnlich P…-)
a. erklärende Aufzählung/Erläuterung
b. Begründung ; Beweis (oft am Ende mit p…_-_È-)
c. zusammenfassender Begriff; Überbegriff
• Bildung von Adverbien
In dieser Lektion werden die ersten beiden Grundfunktionen besprochen. Die Bildung von Adverbien mit Hilfe der Semifinalpartikel wurde auf Seite 194 besprochen.
Formen der Semifinalpartikel
Die Semifinalpartikel hat je nach Postskript des vorangehenden Wortes die Formen K‰-, §‰- und N‰-.
Formen des Terminativsuffixes
nach Postskript P _ ` c Y K‰-
nach Postskript C E T U ] und ohne Postskript Y §‰-
nach Postskript N Y N‰-
nach ehemaligem N-xC- Y K‰-
Die Semifinalpartikel als Verbindung von Verbalhandlungen
Allgemeine Bemerkung
Wenn die Semifinalpartikel Verbalhandlungen verbindet, ist gewöhnlich die vorange-hende Handlung der nachfolgenden untergeordnet. Der Grad der Verbindung kann
Lektion Sechzehn
16.3
16.3.1
16.3.2
219Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
sehr eng sein, zum Beispiel bei der Verbindung von Haupt- und Hilfsverb oder bei Aus-drücken, die am besten als Partizip wiedergegeben werden.
Es kommt aber auch vor, dass die Semifinalpartikel eine bloße Aneinanderreihung ausdrückt und mit »und« oder als Punkt oder Satzende wiederzugeben ist.
Aneinanderreihung von Verbalhandlungen durch die Semifinalpartikel
Die Semifinalpartikel kann eine bloße Aneinanderreihung von Sätzen ausdrücken, die man je nach Kontext mit »und«, »als«, »und dabei« und ähnlichem wiedergeben kann.
Im folgenden Beispiel haben die aneinandergereihten Verbalhandlungen unter-schiedliche Subjekte.
I…P-CF…C-Ec-BÈE-C…-NR‰-G-éUc-Tõc-K‰-aÈC-ü‰-]C]-ac-]t‹Cc-cÈE-, (DL 22)
Als [ich] eines Tages seine Petschas anschaute, gerieten einige Blätter durcheinander.
Teilweise ist die Verbindung so locker, dass man sie als zwei getrennte Sätze wieder-geben kann.
Ein implizierter Gegensatz oder eine implizierte Schlussfolgerung ist möglich und wird je nach Kontext mitübersetzt oder nicht.
pÈCc-CF…C-UMÈE-K‰-CI…c-U-UMÈE-, Man sieht eine Seite und/aber nicht zwei. (KG63)
Die Semifinalpartikel als Partizipbilder
Typisch für die Semifinalpartikel ist eine enge Verbindung von Verben, die sich auf das gleiche Subjekt/Agens beziehen. Das vorangehende Verb drückt aus, in welcher Weise die nachfolgende Handlung vor sich geht. Das ist oft am besten mit einem Partizip wiederzugeben: das vordere Verb tuend oder getan habend das hintere Verb tun. Ob mit Partizip Präsens oder mit Partizip Perfekt übersetzt wird, bzw. andere Anknüpfun-gen wie »und«, »und dabei«, »nachdem«, »indem« etc. benutzt werden, entscheidet bei der Semifinalpartikel der Kontext und nicht die Verbstammform.
_‰-NÈCc-ßEc-K‰-T°ÈU- Man soll Hoffnung und Furcht abgelegt habend meditieren. (Blo)
Für ein schöneres Deutsch in der Übersetzung sollte das Verb eventuell weggelassen werden.
Satzgefüge
220Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
z„C-Dÿ-îT-`-m‰_-K‰-Z…E-C_-]uÈ-T-das Kind auf dem Rücken tragend zum Feld gehen Y mit dem Kind auf dem Rücken ...
Der Leichnam des verstorbenen 13. Dalai Lama war im Norbulingka mit dem Gesicht nach Süden
auf einen Thron gesetzt worden.
Z`-üÈ_-Tõc-K‰-T[÷Cc-R-das Gesicht nach Süden blickend sitzen Y mit dem Gesicht nach Süden ... (DL 14)
EÈ-PC-K‰-Ca‰-T-»das Gesicht schwarz seiend schimpfend« Y mit bösem Gesicht schimpfen (KG)
Die Semifinalpartikel als Verbindungspartikel zwischen Hauptverb und Hilfsverb
Die Semifinalpartikel kann Haupt- und Hilfsverben miteinander verbinden.
NCÈP-îT-_…-`-Tå‰P-K‰-^ÈN-Die Rückwand des Klosters war an den Berg gestützt. (DL 6)
Gleichsetzung ohne Gleichsetzungsverb mit der Semifinalpartikel
Die Semifinalpartikel, wie auch die Finalpartikel, kann eine Gleichsetzung abschließen, ohne dass ^…P- am Satzende stehen muss.
Der 14. Dalai Lama beschreibt seinen Geburtsort.
§C-]WÂ_-P…-cÈ-PU-R]Ã-c-B‘`-Z…C-§‰, \-Gc-CVÍ-TÈ-uÈ- ... _‰N,Taktser ist eine bäuerliche Region und die Hauptnahrungsmittel sind Weizen ... (DL 7)
Die Semifinalpartikel in ankündigender Funktion
a. Ankündigung einer erklärenden Aufzählung, Erläuterung u. ä.
Die Semifinalpartikel kann ähnlich einem Doppelpunkt anzeigen, dass eine erklärende Aufzählung folgt.
]uÈ-T-P…-_…Cc-x⁄C-§ ‰,
ü-NE- , ü-U-^…P-NE- , U…-NE- , OÿN-]uÈ-NE- , ^…-ªCc-NE- , Nr`-T-éUc-cÈ , ,Was die Wesen angeht, so sind es sechs Gruppen: Götter, Halbgötter, Menschen, Tiere, Hungergeister und Höllenbewohner.
Lektion Sechzehn
16.3.3
221Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Die Semifinalpartikel kann auch, ähnlich unserem »das heißt«, Erklärungen zu einem
Begriff ankündigen.
y-UÓ-j-§‰, WN-U- PramÀÐa, das heißt Erkenntnistheorie (DL 41)
Im Tshig mdzod chen mo kündigt die Semifinalpartikel an, dass der eigentliche Eintrag
zum Lemma1 folgt.
e-K…-a , S“`-Oÿ-qŸE-T-§‰ , î-C_-a_-pÈCc-\-dÈ_-î`-RÈ]Ã-~c-c“- G”-å-`È_-]t‹Ec , ...
Ati²a, »der Hervorragende«. Er wurde als Sohn eines Königs im Wasserpferde-Jahr in
Zahor in Indien geboren. (Tshig)
b. Ankündigung einer Begründung (oft am Ende mit p…_-_È-)Nach einer Behauptung (These) kündigt die Semifinalpartikel an, dass eine Begrün-
dung oder ein Beweis folgt.
... R]Ã-p…_-_È- steht am Ende dieser Konstruktionen und bedeutet »Es ist so, weil ...«.
Zu der zweifelnden Frage, ob man selbst als einfaches Wesen denn wohl auch in der Lage sei, Buddhaschaft zu erlangen, stellt Gampopa – mit Hilfe einer rhetorischen Frage – die These auf, dass jeder Erleuchtung erlangen kann, und begründet das mit der Buddhanatur in allen Lebewesen:
]TN-Rc-T±„Tc-P-qE-G”T-F…c-K‰-U…-MÈT-§‰ ,
TNC-FC-`-cÈCc-R]Ã-c‰Uc-FP-MUc-FN-`-
cEc-îc-l…-î‡ , N‰-TZ…P-Ca‰Cc-R]Ã-£…E-RÈ-^ÈN-R]Ã-p…_-_È , ,
Wenn man fleißig praktiziert, warum sollte man dann nicht Erleuchtung erlangen?
Denn wir selbst usw., alle Lebewesen, haben die Ursache zur Buddhaschaft, die Bud-
dhanatur. (Gam)
N‰-TZ…P-Ca‰Cc-R]Ã-£…E-RÈ- bedeutet wörtlich »die Essenz eines Sogegangenen«/»Essenz eines
TathÀgatas«. Dieser Ausdruck wird auch mit »Buddhanatur« wiedergegeben.
Man beachte die Stellung des aN- nach dem î‡-. Hier werden Substantiv und Appositi-
on durch den aN- miteinander verbunden.
Satzgefüge
1. Ein »Lemma« ist ein Stichwort in einem Nachschlagewerk.
222Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Typisch sind Argumente nach der Struktur:
A ist B weil C. Y A B (^…P-) K‰- C p…_-_È ,
T“U-R-U…-åC-R-^…P-K‰-qc-R-^…P-R]Ã-p…_-_È , ,Vasen sind unbeständig, weil sie hergestellt sind. (Wi 310)
Ankündigung eines zusammenfassenden Überbegriffs, Resümees
Nach einer Aufzählung einzelner Begriffe kann die Semifinalpartikel ankündigen, dass
ein zusammenfassender Überbegriff folgt.
Gampopa gibt die Gliederung seines Schmuck der Befreiung mit folgendem Vers:
î‡-NE-å‰P-NE-ì‰P-NE-P…, , MTc-NE-]c-T“-]z…P-`c-K‰ , ,
É-U‰N-qE-G”T-≠…-•ÈU-x⁄C , ÉÈ-úP-éUc-l…c-a‰c-R_-q , ,
Ursache, Basis, Bedingungen, Methode, Frucht und Buddha-Aktivität, diese sechs
zusammenfassenden Begriffe zur unübertrefflichen Erleuchtung sollen von den Ver-
ständigen gewusst werden. (Gam)
Die Konjunktion F…E-, Z…E-, a…E-
Allgemeine Bemerkung
F…E- ist die engste unter den Konjunktionen. Ihre Grundfunktionen sind:
• Verknüpfung von Verben oder Adjektiven ähnlicher Bedeutung
• Enge Verknüpfung von Sätzen oder Prädikatsphrasen
• Verbindungspartikel zwischen Hauptverb und Hilfsverb
Formen
Je nach Postskript des vorangehenden Wortes kommen die Formen F…E-, Z…E- oder a…E- vor.
nach Postskript C N T Y F…E-
nach Postskript E P U ] _ ` und ohne Postskript Y Z…E-
nach Postskript c Y a…E-
nach ehemaligem N-xC- Y F…E-
Lektion Sechzehn
16.4
16.4.1
223Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
1. Verknüpfung von Verben oder Adjektiven ähnlicher Bedeutung
Als stilistisches Mittel zur Heraushebung oder Betonung der Bedeutung verbindet F…E- Verben oder Adjektive ähnlicher Bedeutung mit folgender Konstruktion:
Stamm eines Zustandsverbs + F…E- + Zustandsverb
å‰P-F…E-]‰`-T_-]qŸE-T-gestützt und verbunden entstehen Y Entstehen in Abhängigkeit
\N-F…E-^`-T- aufgebraucht und verschwunden
Enge Verknüpfung von Sätzen oder Prädikatsphrasen
Mit F…E- verbundene Verbalhandlungen haben typischerweise den gleichen Bezug und
F…E- kann mit »und«, »und so« und ähnlichem wiedergegeben werden.
Im folgenden Beispiel ist die durch a…E- ausgedrückte Verbindung so eng, dass sich der
konjunktionale Ausdruck ]Ã-§ÈTc-l…c- »kraft dessen, dass; weil« auf beide Verbalhand-
lungen bezieht.
¢_-n…-q-T-EP-R-`-CÈUc-a…E-, TC-GCc-Tåc-R]Ã-§ÈTc-l…c-
qE-G”T-l…-`U-`-]H“C-R_-N@]È , ,Kraft dessen, dass [man sich] an frühere schlechte Handlungen gewöhnt hat und so die karmischen Einprägungen angewachsen sind, ist es schwer, den Pfad der Erleuch-tung zu betreten. (Gam)
Man beachte, dass der aN- wie bei NE- gesetzt wird.
Die miteinander verbundenen Verben können aber auch unterschiedliche Bezüge ha-
ben. Je nach Kontext kann man die Sätze mit »und« verbinden oder als zwei getrennte
Sätze wiedergeben.
BÈE-WÍc-z⁄C-Dÿ-G”E-G”E-N‰-Tã‰N-F…E- ,
z⁄C-Dÿ-G”E-G”E-N‰c-É-U-UMÈE-T-NE-É-U]Ã-RE-Oÿ-•ÈN-]NÈN ,
[Dort in der Küche] fanden sie das kleine Kind. Und das kleine Kind sah den Lama und
wollte gleich auf seinem Schoß sitzen. (Lesestück Lektion 16)
Satzgefüge
16.4.3
16.4.2
224Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
^“`-U…-WÍc-_…-CPU-`-C\“C-UBP-^E-\‰_-Z…E-, _…-N‰_-^“`-ü-CPc-R_-uCc ,Die Einheimischen nennen [ihn] auch »Berg, der den Himmel durchbohrt«. Es heißt,
dass auf dem Berg die Ortsgottheit wohne. (DL 5)
3. Verbindungspartikel zwischen Hauptverb und Hilfsverb
Noch mehr als bei der Semifinalpartikel ist die mit F…E- ausgedrückte Verbindung zwi-
schen Verben sehr eng, und F…E- kann – wie die Semifinalpartikel – auch Hauptverben
und Hilfsverben miteinander verbinden. So eine Konstruktion drückt den Durativ (die
andauernde Handlung) aus (Siehe Seite 253).
...]x…-Z…E-p…P-R- ... fragend gegangen sein (Mil)
`-`c- ... \‰_-Z…E-]OÿC Einige sagen ... (Mil)
Konzessivpartikel lE-, ^E-, -]E-
Allgemeine Bemerkung
»Konzessiv« bedeutet »einräumend«. Da lE- nach Verbstämmen ein konzessives Ver-
hältnis ausdrückt (»obwohl«), wird es hier »Konzessivpartikel« genannt. Nach Sub-
stantiven hat lE- die Funktion der Hervorhebung oder von »auch« und mit Adjektiven
hat es verstärkende Funktion (»besonders«). Je nach Postskript des vorangegangenen
Wortes kommt es in den Formen lE-, ^E- und -]E- vor. Die Grundfunktionen sind:
• nach einem Verbstamm:
a. Verbstamm + lE- Y obwohl
b. Verbstamm + P-^E- Y obwohl, auch wenn
• nach einem Nomen:
a. neues Thema; Subjektwechsel (ähnlich P…-)
b. sogar, aber, selbst; wie sanskrit eva
mit Negation: nicht einmal
c. auch, ebenso, oder auch
d. sowohl ... als auch; ... und auch
mit Negation: weder ... noch ...
Lektion Sechzehn
16.5
16.5.1
16.4.4
225Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
• Intensivierung oder Verstärkung
• satzeinleitend: ^E- u. ä.
• Bildung von Indefinitpronomen (siehe Seite 209)
Formen der Konzessivpartikel
Die Konzessivpartikel hat je nach Postskript des vorangehenden Wortes die Formen lE-, ^E- oder -]E-.
nach Postskript C N T c Y lE-
nach Postskript E P U _ ` Y ^E-
nach Postskript ] und ohne Postskript Y ^E- oder -]E-
-]E- wird benutzt, wenn für das Versmaß eine Silbe eingespart werden soll.
nach ehemaligem N-xC- Y lE-
Die Konzessivpartikel lE-, ^E-, -]E- nach einem Verbstamm
a. Verbstamm + lE-, ^E-, -]E- Y obwohl
Nach Verbstämmen hat lE- konzessive (einschränkende) Bedeutung und kann mit »obwohl«, »zwar« »auch wenn« und ähnlichem wiedergegeben werden.
UE-RÈ-^ÈN-lE- obwohl es viel gibt
N-P…-a…-^E-U…-]nÈN-NÈ ,Nun aber, auch wenn ich sterben sollte (auch gestorben), bereue ich nichts. (Blo 208)
q…-`-CI…N-B‘C-lE-VÀ-VÀ-^…N-`-]BÈ_-]BÈ_ ,Auch wenn die Katze schläft, kreisen Mäuse in ihrem Geist. (Qu 149)
CZP-`-õ-T]Ã-U…C-^ÈN-lE- , _E-I…N-[`-]õ-P-U‰-`ÈE-NCÈc ,Obwohl man Augen hat, um andere zu sehen, braucht man, wenn man sich selbst sehen [will], einen Spiegel. (Tshig 1082)
b. Verbstamm + P-^E- Y obwohl, auch wenn
BÈ-©P-BE-`-p…P-P-^E-a…-T-_‰N ,
Obwohl er ins Krankenhaus gegangen ist, ist er gestorben. (Go)
Satzgefüge
16.5.2
226Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Oft ist bei dieser Konstruktion die Bedeutung hypothetisch:
»Auch wenn es so wäre,...«
Die Konzessivpartikel lE-, ^E-, -]E- nach einem Nomen
Nach Nomen bzw. Nominalphrasen steht die Konzessivpartikel ganz am Ende, also
nach der Kasusmarkierung.
a. neues Thema; Subjektwechsel (ähnlich P…-)bleibt unübersetzt oder zum Beispiel »was ... angeht«, »nun, aber«
]BÈ_-T_-]t‹`-R-]N…-^E-c“-]t‹`-P, BUc-Cc“U-n…-c‰Uc-FP-MUc-FN-]t‹`-`È,,Was nun die Täuschung im Sa¾sÀra angeht:
Wer täuscht sich? Alle Lebewesen der drei Bereiche täuschen sich. (Gam)
Ec-lE-üÈ-C-C…-UN]-Pc- ... ]x…-Z…E-p…P-Rc-Weil/als ich nun aus dem unteren Tal von Lho-brag [nach Marpa] fragend gegangen kam, ... (Mil)
b. sogar, aber, selbst; wie sanskrit eva
U‰-`c-lE-W-T- heißer sogar als Feuer (Tshig 2770)
mit Verneinung Y nicht einmal; nicht ein einziges
BÈc-WÀC-CF…C-lE-TaN-U-cÈE-, Er hat nicht einmal ein einziges Wort gesagt. (Go)
î‡c-^ÈN-\‰_-T-Z…C-lE-U-qŸE-,Es tauchte nicht ein einziger auf, der sagte: » [Marpa] ist mir bekannt.« (Mil)
c. auch, ebenso, oder auch
`-`c-É-U-U_-R]E-\‰_-Z…E-]OÿC Einige sagen auch »Lama Marpa«. (Mil)
P…èj, Z‰c-R-M_-R-`]E-UMÈ-NU]-_…U-R-UE-RÈ-^ÈN,
In Bezug auf »NirvÀÐa«, oder auch »Befreiung«, gibt es viele Grade von hoch bis niedrig.
(DL 43)
Lektion Sechzehn
16.5.3
227Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
d. sowohl ... als auch; ... und auch (mit Verneinung Y nicht einmal)Milarepa spricht zu Marpa:
`“c-EC-^…N-Cc“U-^E-]T“`, õÈ-CÈc-GÈc-Cc“U-^E-É-U-`-[÷,Ich bringe dir Körper, Rede und Geist (die drei) dar. Und auch bitte ich den Lama um Essen, Kleidung und Dharmabelehrungen (die drei). (Mil)
Intensivierung und Verstärkung
Intensivierung durch lE-, ^E-, -]E- zwischen zwei Adjektiven
lE-, ^E-, -]E- kann zur Intensivierung oder Verstärkung eines Adjektivs benutzt werden.
U‰-KÈC-UXÂc-RÈ- eine schöne Blume
U‰-KÈC-UXÂc-lE-UXÂc- eine wunderschöne Blume
^E- als Intensivierungspräfix
^E- kann einem Adjektiv oder Substantiv vorangestellt sein, um Intensivierung oder
Verstärkung auszudrücken. Da es vorangestellt wird, kommt es nur in dieser Form vor.
G”E-G”E- klein ^E-G”E- noch kleiner (Jä 521)
NC-R- rein ^E-NC-R- vollkommen rein, richtig
^E-NC-R]Ã-õ-T- die richtige Sichtweise
^E-^E- oft, wieder und wieder
Vermutlich abgeleitet von ^- als Stamm für Begriffe für »das oben Befindliche« (siehe
Seite 201) ist ^E- in den folgenden Begriffen:
^E-U‰c- Urgroßvater, Begründer einer Familienlinie
^E-˛‰- oberste Spitze
^E-MÈC- oberstes Dach
_…]éN-`-a…E-PCc-NE-, N‰]Ã-MÈN-Oÿ-ßE-_…, N‰]Ã- ‰_-C-_…, ^E- ‰_-CEc-zPT“- ÈN- ...
Am Fuße des Berges befand sich Wald, darüber Grasflächen, am Gipfel Fels und ganz
oben am Gipfel Schneefelder, [die auch im Sommer nicht schmolzen]. (DL 5,6)
Satzgefüge
16.5.4
228Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Satzeinleitende adverbielle Ausdrücke: ^E- und ähnliche
Es gibt einige adverbielle Ausdrücke mit der Konzessivpartikel, die immer am Satz-anfang stehen. Direkt am Satzanfang hat sie die Form ^E-, sonst entsprechend dem Postskript des vorangehenden Wortes.
^E- (am Anfang eines Satzes) weiterhin
CZP-^E- außerdem, weiterhin, obendrein
N‰-Pc-lE-^_- auch danach wieder
^E-P- ... ^E-P- ... entweder ... oder ... (mit Verneinung Y weder ... noch ...)
]ÈP-lE- aber, dennoch
Und was antwortet Marpa auf Milarepas Bitte?
`“c-EC-^…N-Cc“U-]T“`-T-N‰-T\E-, õÈ-CÈc-GÈc-Cc“U-AÿP-U…-]ÈE-,
^E-P-õÈ-CÈc-§‰_-GÈc-CZP-Pc-WÍ`, ^E-P-GÈc-§‰_-õÈ-CÈc-CZP-Pc-WÍ`,
Dass du mir Körper, Rede und Geist darbringst, ist gut. Du bekommst nicht alle drei, Essen, Kleidung und Dharmabelehrungen. Entweder ich gebe dir Essen und Kleidung, und du suchst [dir] Dharmabelehrungen von woanders. Oder ich gebe dir Dharmabe-lehrungen, und du suchst [dir] Essen und Kleidung von woanders. (Mil)
Bildung von Indefinitpronomen mit lE-, ^E-, -]E-
Zur Bildung von Indefinitpronomen mit Hilfe von lE-, ^E-, -]E- siehe Lektion 15.
Ergänzungen
Verbstamm + _“E- ist gleich wie Verbstamm + Konzessivpartikel (siehe Seite 225).
a…-_“E-Ü_-´‰-T-`‰P-R- obwohl gestorben wieder Geburt annehmen (DL 43)
N‰-VU-Z…C-T•N-_“E- obgleich ich solange gesessen (Jä 550)
»Ob«-Sätze»Ob«-Sätze werden im Tibetischen konstruiert, indem man einem Verb direkt seine negierte Form nachstellt.
cEc-î-U…-î- ob [du] Buddhaschaft erlangst oder nicht
Lektion Sechzehn
16.6
16.5.5
16.5.7
16.5.6
229Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Als Milarepa Marpa um Belehrungen bittet, die ihn Buddhaschaft in diesem Leben erreichen lassen, antwortet Marpa:
WÂ-]N…_-cEc-î-U…-î-mÈN-_E-C…-£…E-_“c-`-_C-`c-Ob du in diesem Leben Buddhaschaft verwirklichst oder nicht, hängt von deiner eige-nen Hingabe und Ausdauer ab. (Mil)
Eventuell lässt man in der Übersetzung die negierte Form besser weg.
^ÈN-U‰N- ob es gibt (oder nicht)
Der Suchtrupp, der die Wiedergeburt des 14. Dalai Lama finden soll, erkennt in dem Dorf Taktser ein Haus, das zu der Beschreibung des Orakels passen würde.
]CÈ-]t…N-N‰c-BE-R-N‰]Ã-PE-`-z⁄C-Dÿ-^ÈN-U‰N-]x…-ˇTc-z⁄C-Dÿ-`È-CI…c-\…P-VU-Z…C-
^ÈN-TäÈN-]OÿCAls der Anführer sich erkundigte, ob es in dem Haus ein Kind gebe, wurde ihm gesagt, es gebe ein Kind von knapp zwei Jahren. (Lesestück Lektion 16)
Postpositionen nach Verben und weitere KonjunktionenEs gibt eine Reihe von Postpositionen und weiteren Ausdrücken, die Verbalhandlun-gen zueinander in Beziehung setzen. Sie sind in den Wörterbüchern gut erfasst und deshalb werden hier nur einige Beispiele gegeben.
Entweder stehen sie direkt nach dem Verbstamm oder sie stehen nach einem Verbal-nomen und sind konstruiert wie eine Postposition.
(R]Ã-)ì‰P-(n…c-) »durch die Bedingungen«, weil
e-Bÿ-§ÈP-R]Ã-m…U-n…-˛U-R-íÈCc-ì‰P- weil das Tsampa in Akhu Tönpas Haus aufgebraucht war
E-`-ÜÈT-ÆÈE-q‰N-NCÈc-R]Ã-ì‰P-n…c- (DL 44)
Weil ich studieren musste [, hatte ich nicht oft Gelegenheit, nach draußen zu gehen.]
• kausal
VE- weil
Ca…c- »auf der Grundlage/Ausgangslage«, weil
NTE-C…c- »durch die Macht/Kraft«, kraft, weil (auch gemäß)
Satzgefüge
16.7
230Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
• temporal
Oÿc- »zu der Zeit«, als
ˇTc- »in der Situation«, als
_…E- »Zeit lang«, während
U-MC-Lfi- »ohne Zwischenraum«, unmittelbar
]z`- sofort
• final
G‰N- »zum Zwecke«, um zu
NÈP-Oÿ- »zum Nutzen«, um zu
• kausal/modal
§Tc- weil; in der Weise
CPc-W”`-N‰-MÈc-]z`- sobald er gehört hatte, wie es ist (Lesestück Lektion 16)
î`-°È]Ã-]t…c-c“-]qÈ_-ˇTc- als sie in die Nähe der Eingangstür kamen (Lesestück L. 16)
E]Ã-S-U-WÍc-N‰-¢ÈP-EÈ-U-a‰c-§Tc-weil meine Eltern sie vorher noch nicht kennengelernt hatten (Lesestück Lektion 16)
pŸC-RÈ-N‰-c‰_-¶-G‰P-RÈ-^…P-VE- weil der Reiche sehr geizig war
Weitere Möglichkeiten, Verbalhandlungen miteinander zu verbinden
Satzeinleitende Adverbien
Auch mit Hilfe von satzeinleitenden Adverbien kann die Beziehung einer Verbalhand-lung zu der vorangegangenen dargestellt werden. Siehe auch die Auflistungen auf Seite 194 .
]ÈP-lE- aber N‰-Pc- danach CZ…-Pc- erst danach
qc-VE- deshalb ^…P-P-^E- auch wenn es so ist /so wäre; aber
Lektion Sechzehn
16.8
16.8.1
231Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Nominalisierte Sätze als Satzglieder und Attribute
Mit dem Nominalsuffix R- bzw. T- können Verbalhandlungen mitsamt ihren Ergänzun-gen nominalisiert werden und so die Stellung irgendeines Satzgliedes einnehmen. Die entsprechende Kasusmarkierung steht wie bei allen Nominalphrasen im Tibetischen am Ende. Längere nominalisierte Sätze lassen sich am besten mit Nebensätzen wie-dergeben, zum Beispiel mit »dass«-Sätzen.
• als Subjekt
]XU-Ç…E-PE-Z…-TN‰-^ÈE-M—T-In die Welt kann Frieden und Glück kommen.
c‰Uc-`-TN‰-T-U‰N-P-]XU-Ç…E-PE-Z…-TN‰-^ÈE-M—T-R-N@], Wenn im Geist [der Lebewesen] kein Glück ist, (ist es schwer, dass) kann nur schwer-lich Glück und Frieden in die Welt kommen. (DL 42)
• als Gleichsetzungsergänzung
]t‹`-R-MUc-FN-\N-F…E-^`-Alle Täuschung ist aufgebraucht und verschwunden.
éU-R-]t‹`-R-MUc-FN-\N-F…E-^`-T-^…P,,Die äußere Erscheinung [des NirvÀÐa] ist, dass alle Täuschung aufgebraucht und ver-schwunden ist. (Gam)
• als direktes Objekt
üC-F“E-\N-F…C-]OÿC-Es gibt einen kleinen Rest.
üC-F“E-\N-F…C-]OÿC-R-N‰-TÜÈCc,Den kleinen Rest, den es noch gab, pflügte ich [zuende]. (Mil)
˛U-¨‰-§ÈE-R-ü-ˇ‡]Ã-`C-Lfi-^ÈN-
Der leere Tsampa-Sack befindet sich in der Hand der Statue.
BÈE-CI…c-RÈc-˛U-¨‰-§ÈE-R-ü-ˇ‡]Ã-`C-Lfi-^ÈN-R-UMÈE-,Sie beide sahen, dass sich der leere Tsampa-Sack in der Hand der Statue befand.
Satzgefüge
16.8.2
232Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
• als AttributIm folgenden Beispiel stellt der nominalisierte Satz ein Attribut zu U…E- dar. Zusammen mit dem Ausdruck -]Ã-U…E-`- bildet er das Dativobjekt zu \‰_- »sagen«. Derart verschach-telte, komplexe Sätze gibt man im Deutschen mit Hilfe von Nebensätzen, meist Rela-tivsätzen, oder als mehrere Sätze wieder.
uÈE-Cc‰T-N‰]Ã-üÈ-EÈc-_…-TÈ-CZP-`c-UMÈ-T-Z…C-^ÈN-Auf der Südseite des Dorfes gab es einen Berg, der höher war als alle anderen.
uÈE-Cc‰T-N‰]Ã-üÈ-EÈc-_…-TÈ-CZP-`c-UMÈ-T-Z…C-^ÈN-R-N‰]Ã-U…E-`-e-U‰c-´‰-_…-\‰_, Der Berg, der sich auf der Südseite des Dorfes befand [und] der höher war als alle an-deren, wurde A-mes-skye-Berg genannt.
oder
Auf der Südseite des Dorfes gab es einen Berg, der höher war als alle anderen.
Er wurde A-mes-skye-Berg genannt. (DL 5)
Zu längeren vorangestellten Partizip-Attributen siehe Seite 96.
Übungen zu Lektion 16
Die Wiedergeburt des 13. Dalai Lama wird gefunden
Der folgende Text ist der Abschnitt aus der Autobiographie des 14. Dalai Lama, in dem er beschreibt, wie nach dem Tod des 13. Dalai Lama ein Lama und seine Diener auf der Suche nach der Reinkarnation in sein Elternhaus kommen und ihm zum ersten Mal begegnen. Der Dalai Lama schreibt nicht aus eigener Erinnerung, sondern wie es ihm erzählt worden ist. Die Autobiographie ist ins Deutsche übersetzt: Dalai Lama. Mein
Leben und mein Volk. Knaur, 1962. Der vorliegende Abschnitt ist auf den Seiten 17-18 in einer freien Übersetzung zu finden.
Im Orakelsee Lhamo Latso hat der Regent die Buchstaben e, @ und U gesehen, ein Kloster mit grünen und gelben Dächern und ein Haus mit türkisfarbenem Dach. Weitere Zeichen wurden gedeutet und Suchtrupps aus Lamas, Beamten und Gelehrten wurden durch das ganze Land geschickt, um die Wiedergeburt zu finden. Einer davon kommt nach Amdo.
1. É-U-NE-, NRÈP-BC , UBc-R-N‰-éUc-E-WÍ]Ã-^“`-pÈCc-UNÈ-BUc-c“-NDÿP-B_-
2. ܉Tc-a…E-, N‰_-BÈE-WÍc-ˇ‡-]T“U-NCÈP-R]Ã-MÈC-öE-B‘-NE-, c‰_-RÈ-éUc-UMÈE-
Lektion Sechzehn
233Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
3. T-NE-, §C-]WÂ_-n…-uÈE-Cc‰T-PE-MÈC-¢ÈP-RÈ-qc-R]Ã-uÈE-Cc‰T-N‰-^E-_…U-R_-
4. UMÈE-qŸE-T-_‰N, N‰_-]CÈ-]t…N-N‰c-BE-R-N‰]Ã-PE-z⁄-Dÿ-^ÈN-U‰N-]x…-ˇTc-z⁄-Dÿ-`È-
5. CI…c-\…P-VU-Z…C-^ÈN-`“Cc-TäÈN-]OÿC ,
6. CPc-W”`-N‰-MÈc-]z`-^E-~…N-]WÍ`-U…-CI…c-NE-, C^ÈC-RÈ-CF…C-TFc-l…c-
7. NCÈP-R-N‰]Ã-`c-q‰N-CI…c-`U-î‡c-c“-]t…N-N‰-BE-R-N‰_-T´ÈN-F…E-, N‰]Ã-ˇTc-
8. BÈE-WÍ]Ã-]CÈ-]t…N-õ‰-T-c‰-_-d_-CNÈE-@‰]“-WE-_…P-RÈ-G‰-^…P-lE-BÈE-C…c-C^ÈC-
9. RÈ-^…P-B‘`-NE-, ˛‰-x⁄E-ÉÈ-T\E-WÂ-NTE-Pc-]CÈ-]t…N-^…P-B‘`-n…c-nÈP-Gc-lE-
10. EÈ-C^ÈC-Tí’c-K‰-T´ÈN-]BÈN-qc, BÈE-WÍ-BE-R]Ã-î`-°È]Ã-]t…c-c“-]qÈ_-ˇTc-
11. E]Ã-S-U-WÍc-N‰-¢ÈP-EÈ-U-a‰c-§Tc-ÉÈ-T\E-Z‰c-R-N‰-BÈE-WÍ]Ã-]CÈ-]t…N-_‰N-
12. NCÈEc-K‰-PE-Oÿ-]t…N-S‰Tc, @‰]“-WE-É-U-NE-, CZP-NC-MT-WE-Oÿ-TZC-§‰,
13. N‰_-BÈE-WÍc-z⁄-Dÿ-G”E-G”E-N‰-Tã‰N-F…E-, z⁄-Dÿ-G”E-G”E-N‰c-É-U-UMÈE-T-NE-É-U]Ã-
14. RE-Oÿ-•ÈN-]NÈN-qc-]OÿC , RCc-WC-F…C-nÈP-K‰-^ÈN-R]Ã-É-U]Ã-ˇ‰-`-7î`-
15. NTE-CÈE-U]Ã-pC-z‰E-Z…C-TZ‰c-^ÈN-]OÿC-R-z⁄-Dÿc-z‰E-T-N‰-EÈc-]XÀP-qc-K‰-
16. ]N…-E-`-≥ÈN-_ÈCc-`T-§Tc-É-Uc-E-EÈ-a‰c-P-≥N-GÈC-Cc“Ec-R_, z⁄-Dÿc-`P-
17. Oÿ-^“`-ˇN-MÈC-c‰-_]Ã-e-@-_‰N-TäÈN, NÈP-P…-c‰-_]Ã-É-U-_‰N-TäÈN-]OÿC , N‰-Pc-
18. É-Uc-_ÈCc-NRÈP-RÈ-N‰-c“-_‰N-F‰c-]x…-ˇTc-z⁄-Dÿ-N‰c-]N…]Ã-U…E-ÉÈ-T\E-_‰N,
19. ^E-ZTc-p…-EÈ-U-N‰]Ã-U…E-`-e-UNÈ-ˇ`-T\E-\‰_-T-_‰N-F‰c-`T-R-qŸE-]OÿC ,
20. É-U-N‰c-I…P-CE-z⁄-Dÿ-U-I`-T_-Oÿ-NÈ-¶E-G‰P-RÈc-Tõc-K‰-BÈE-WÍ-N‰]Ã-NCÈE-UÈ-N‰_-
Satzgefüge
234Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
21. T•N. cE-¢-xÈ-BÈE-WÍ-MÈP-˛…c-q‰N-ˇTc-z⁄-Dÿ-I`-c-Pc-MÈP-K‰-BÈE-WÍ-UIU-Oÿ-
22. ]uÈ-^…-^…P-Z‰c-TäÈN-]OÿC-R]Ã-z⁄-Dÿ-N‰-E-_E-_‰N, , (DL 15,16)
Übersetzungshilfen
UNÈ-BUc- Amdo und Kham (Osttibet)
ˇ‡-]T“U-NCÈP-R- das Kloster Kumbum
§C-]WÂ_- Taktser (Geburtsort des 14. Dalai Lama)
UMÈE-qŸE-T-_‰N- tauchte (vor ihnen) zu sehen auf; bekamen sie zu sehen; sahen sie
^ÈN-`“Cc-TäÈN-]OÿC- wurde ihm gesagt, es gebe ...1
c‰-_-d_-CNÈE-@‰]“-WE-_…P-RÈ-G‰- Sera Hardong Ke‘utsang Rinpoche
^…P-B‘`- gaben vor zu sein
ÉÈ-T\E-WÂ-NTE- Eigenname
nÈP-Gc-lE-EÈ-C^ÈC-Tí’c-K‰-T´ÈN-]BÈN-qc- Auch mit der Kleidung [die Rollen von] Herr und Diener vertauscht habend, gingen sie los (und behielten die Rollen bei).
N‰- = ]WÍ`-U…-
PE-Oÿ- nach drinnen (in die gute Stube)
@‰]“-WE-É-U- = c‰-_-d_-CNÈE-@‰]“-WE-_…P-RÈ-G‰-
TZC- hier brachten (sie) unter
•ÈN-]NÈN-qc-]OÿC- »hat Sitzenwollen gemacht«; wollte sitzen; bettelte darum zu sitzen
RCc-WC-F…C-nÈP-K‰-^ÈN-R]Ã-É-U- der Lama, der in den Fellmantel [des Dieners] gekleidet war
7î`-NTE-CÈE-U- der frühere »Siegmächtige«; hier der 13. Dalai Lama
TZ‰c-^ÈN-]OÿC-R- höfl. die sich befand
≥N-GÈC- so will ich [dir] geben; bin ich bereit zu geben
NÈP-P…- ... TäÈN-]OÿC- von der Bedeutung her sagte (es) ...
`T-R-qŸE-]OÿC- »die Worte sind aufgetaucht«; sagte es (ohne Nachzudenken)
U-I`-T_-Oÿ- siehe Seite 154
MÈP-˛…c-q‰N- vorhaben aufzubrechen; losgehen wollen
Lektion Sechzehn
1. Lugs »Art und Weise« steht hier in der Funktion der Redeabschlusspartikel. Eine ähnliche Funktion beschreibt Peter Schwieger für tshul, das auch »Art und Weise« bedeutet (Psch 198, 301; siehe auch G 882).
235Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
17. MorphologieMorphologie der Verbstämme | Verbpaare im Tibetischen | Das Konzept von bdag und gzhan in der traditionellen tibetischen Grammatik
Morphologie der Verbstämme
Allgemeine Bemerkung
Die Verben weisen gewisse Regelmäßigkeiten bei der Bildung der verschiedenen Stammformen auf und es ist nützlich, sich mit den wichtigsten Paradigmen ver-traut zu machen. So kann man anhand der Morphologie oft schon vermuten, welche Verbstammform vorliegt. In korrupten Texten kann man fehlerhafte Schreibungen schneller identifizieren. Die morphologischen Merkmale beziehen sich auf die Vo-kale, die Prä-, Super- und Postskripte und die Basisbuchstaben. Hier werden nur die wichtigsten Paradigmen vorgestellt, ohne den Zusammenhang zur Bedeutung der jeweiligen Verben, also der semantischen Ebene, zu untersuchen. Für tiefergehende Untersuchungen siehe
András Róna-Tas. Wiener Vorlesungen zur Sprach- und Kulturgeschichte Tibets. Wien 1985, Seiten 166-181.
Michael Hahn. Lehrbuch der tibetischen Schriftsprache. Lektion 19.
Stephan Beyer. The Classical Tibetan Language. 1992. Seiten 110-112.
Kesang Gyurme. Le Clair Miroir. Seiten 182 ff.
(Siehe im Abkürzungsverzeichnis unter MH, StB und KG.)
In Texten mit alter Orthographie gab es neben c als weiteres zweites Postskript N, genannt N-xC-. Es wurde bei den Imperfekt- und Imperativ-Verbstammformen nach den Postskripten P, _ und ` geschrieben und ein ausgefallenes N-xC- beeinflusst auch heute noch die Schreibweise grammatischer Partikeln.
T§P-KÈ, es wurde/wird gelehrt
Auch bei Adverbien gilt die Regel.
AÿP-Lfi- überall(hin), all-
Aber während sich ein ausgefallenes N-xC- nach Verbstamm immer auf die Schreib-weise der folgenden grammatischen Partikel auswirkt, wird die Regel bei Adverbien nicht so konsequent angewandt. So findet man î‡P-Lfi- und î‡P-Oÿ-, TZ…P-Lfi- und TZ…P-Oÿ-.
17.1
17.1.1
236Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Die wichtigsten ParadigmenPräsens Perfekt Nezessitativ Imperativ
• Vokalwechsel
1. a
à`-
a
Tà`(N)-
a
Tà`-
o
àÈ`(N)- überqueren
2. o
àÈ`-
a
Tà`(N)-
a
Tà`-
o
àÈ`(N)- sich widersetzen
3. e
`‰P-
a
ÉEc-
a
ÉE-
o
`ÈEc- nehmen
• Präskripte und 2. Postskript
1. -...-
°ÈU-
±„T-
b...s
T°ÈUc-
T±„Tc-
b...-
T°ÈU-
T±„T-
-...s
°ÈUc-
±„Tc-
meditieren
verwirklichen
2. -...-
ˇÈ_-
b...(d)
TˇÈ_(N)-
b...-
TˇÈ_-
-...(d)
ˇÈ_(N)- kreisen
3. '...-
]T“`-
-...(d)
S“`(N)-
d...-
NT“`-
-...(d)
S“`(N)- geben (bescheiden)
4. g...-
CKÈE-
b...-
TKE-
g...-
CKE-
-...-
MÈE- senden, schicken
• Basisbuchstaben (Wechsel von Aspiration und Stimmhaftigkeit)
1. Imperativform hat häufig einen aspirierten Konsonanten (siehe CKÈE-)
2. asp.
]M—E-
]WÍ`-
nicht asp.
TLfiE-
TV`(N)-
nicht asp.
TLfiE-
TV`-
asp.
]M—E-
WÍ`(N)-
trinken
suchen
3. stimmhaft
]CÈC-nicht asp.
T@C-stimmhaft
NCC-asp.
BÈC- stoppen
Lektion Siebzehn
17.1.2
237Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Präsens Perfekt Nezessitativ Imperativ
4. stimmhaft
]CÈC-
]NÈCc-
nicht asp.
T@C-
TKCc-
stimmhaft
NCC-
CNCc-
asp.
BÈC-
MÈCc-
stoppen
befestigen, anbinden
• Wandel bei Zischlauten
1. G verändert sich manchmal zu a
]G…-
]G_-
a…-
a_-
sterben
aufgehen
2. H verändert sich manchmal zu F / Z / a
]H“C-
]H“C-
]HÈC-
TF“C-
[÷Cc-
TZC-
C[÷C-
]H“C-
CZC-
G”C-
[÷Cc-
ZÈC-
eintreten lassen;zu etwas veranlassen
eintreten, beginnen
setzen, stellen, legen
3. X verändert sich manchmal zu \ / V
]XÀP- T\“E- C\“E- \“E- ergreifen, begreifen
Die wichtigsten Regeln
Typisch für die Präsens-Verbstammform:
]-Präskript, aspirierter oder stimmhafter Konsonant
Typisch für die Perfekt-Verbstammform:
nicht aspirierter Konsonant, T-Präskript und zweites Postskript
Typisch für die Nezessitativ-Verbstammform:
nicht aspirierter oder stimmhafter Konsonant, C/N/T-Präskript
Typisch für die Imperativ-Verbstammform:
o-Vokal, aspirierter Konsonant, zweites Postskript
Morphologie
238Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Verbpaare im TibetischenEs gibt im Tibetischen viele Verbpaare, die morphologisch sehr ähnlich sind, und von denen eines typischerweise transitiv/kontrollierbar/ M-NN-R- (häufig mit c-Superskript) ist und das andere intransitiv/nicht kontrollierbar/ M-U…-NN-R- ist. Eine ausführliche Liste der Verbpaare findet man bei KG auf den Seiten 258-2611. Ich gebe hier nur drei Bei-spiele:
typischerweise transitiv/kontrollierbar/ M-NN-R- intransitiv/nicht kontrollierbar/ M-U…-NN-R-¨„_- ]nŸ_-[jemand] verändert [etwas] [es] kommt zu einer Veränderung [von etwas]
±„T- ]u⁄T-[jemand] verwirklicht [etwas] [es] kommt zu der Verwirklichung [von etwas]
Stammformen am Beispiel von ±„T- / ]u⁄T-
Präsens ±„T- ]u⁄T-
Perfekt T±„Tc- u⁄T-
Nezessitativ T±„T-
Imperativ ±„Tc-
Das Konzept von bdag und gzhan in der traditionellentibetischen Grammatik
Allgemeine Bemerkung
Das Konzept von bdag und gzhan spielt eine große Rolle in der tibetischen Grammatik, vor allem wenn es darum geht, in richtiger Weise Substantive von Verben abzuleiten. bdag und gzhan bezieht sich immer auf transitive Verben bzw. Sätze mit transitiven Verben. In Bezug auf intransitve Verben gibt es kein bdag und gzhan.
Die Bedeutung der tibetischen Begriffe (»selbst« und »anderes«) hat keinerlei Bezug zu dem grammatischen Phänomen, für das sie stehen, und ist in diesem Zusammen-hang nur verwirrend. Aus diesem Grund übersetze ich die Begriffe nicht, sondern blei-be bei den tibetischen Ausdrücken.
1. In KG werden die Gruppen als »kausativ« und »resultativ« bezeichnet.
Lektion Siebzehn
17.2
17.3
17.3.1
239Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Zur Vertiefung findet sich im Anhang ein Abschnitt zu bdag und gzhan aus der tibeti-
schen Grammatik dKa‘ gnad gsal ba‘i me long mit Übersetzung (Seiten 285-287).
bdag und gzhan im tibetisches Modell eines Satzes
Die Tabelle zeigt das Modell eines transitiven Satzes. Wir sehen, dass Agens und In-
strument bdag zugeordnet werden, Benefaktiv usw. und Patiens gehören zu gzhan.
Die ersten beiden werden unter q‰N-zusammengefasst, da ihre Bezeichnungen beide
ein q‰N- enthalten. Die letzteren plus das Verb werden unter q- zusammengefasst, da
ihre Bezeichnungen alle ein q- enthalten. Kann man in einem Satz unterscheiden zwi-
schen q- und q‰N-, so ist das zugehörige Verb unter q-q‰N-M-NN-R- »q-q‰N--verschieden«
einzuordnen.
bdag-Satzglieder
NEÈc-RÈ-TNC-
gzhan-Satzglieder
NEÈc-RÈ-CZP-
Verb
Fall Ergativ Instrumental Dativ/Lokativ Absolutiv
Markierung Ergativ-Instrumentalsuffix
]‰`-±-
Dativ-Lokativ und Terminativsuffixe
`-NÈP-TOÿP-
Nullsuffix
U…E-VU-
Semantische Rolle
Agens Instrument Benefaktiv,Adressat, Ort,Resultat
Patiens
TibetischeBezeichnung
q‰N-R-RÈ- `c-l…-q‰N-R- q-T]Ã-^“`- q-T]Ã-`c- q-WÀC-
q‰N- q-
Y q-q‰N-M-NN-R- (q-q‰N--verschieden)
Beispielaus tibetischen Grammatiken
a…E-UBP-n…c-
(CFÈN-R-RÈ-)
§-_‰c- OÿU-T“_- a…E-
(CFN-R_-q-)
TFN-NÈ,
Der Holzfäller mit der Axt in Stücke Holz zerhackte
a…E-CFÈN-R-
(Yq-T- Handlung)
Morphologie
17.3.2
240Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Sätze mit Präsensstammform: Betonung auf bdag
Hat das Verb zum Satz die Präsensstammform, so liegt die Betonung in der Aussage bei dem Handelnden und seinem Instrument, das heißt bei der Aktivität des Holzfäl-lers, dem Heben der Axt, dem Niedergehenlassen der Axt usw. Deshalb sprechen die Grammatiker von q‰N-`c- »Handlung, die im Ausgeführtwerden ist.«
a…E-UBP-n…c-§-_‰c-a…E-OÿU-T“_-CFÈN-NÈ,Der Holzfäller zerhackt das Holz in Stücke.
a…E-UBP-n…c-§-_‰c-a…E-OÿU-T“_-CFÈN-R_-]nŸ_-_È,Der Holzfäller wird das Holz in Stücke zerhacken.
Sätze mit Nezessitativstammform: Betonung auf gzhan
Eine mit dem Nezessitativstammform ausgedrückte Handlung, stellt die Notwendig-keit, das zu bearbeitende Objekt und das Resultat der Handlung in den Vordergrund. Deshalb sprechen die Grammatiker von q-T]Ã-^“`-NE-]‰`-T]Ã-q-T- »Handlung, die mit dem Objekt der Handlung verbunden ist.«
a…E-OÿU-T“_-CFN-NÈ, Das Holz ist in Stücke zu zerhacken.
Gampopa zählt in einem Merkvers sechs Punkte auf, in die sein Schmuck der Befreiung gegliedert ist.
î‡-NE-å‰P-NE-ì‰P-NE-P…, MTc-NE-]c-T“-]z…P-`c-K‰,
É-U‰N-qE-G”T- ≠…-•ÈU-x⁄C ÉÈ-úP-éUc-l…c-a‰c-R_-q , ,
Ursache, Basis, Bedingungen, Methode, Frucht und Buddha-Aktivität,
diese sechs unübertrefflichen Punkte sollen von den Verständigen gewusst werden. (Gam)
Sätze mit Perfektstammform: neutral
Sätze, in denen das Verb die Perfektstammform hat, werden als neutral empfunden. Sie betonen weder die bdag-Seite des Satzes noch die gzhan-Seite. Deshalb werden die Beispiele in den tibetischen Grammatiken normalerweise mit Perfektstammform gegeben. Die Perfektstammform betont einzig die Abgeschlossenheit, das zum Ende Gekommensein der Handlung.
Neutrale Aussage:
Lektion Siebzehn
241Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
a…E-UBP-n…c-§-_‰c-a…E-OÿU-T“_-TFN-NÈ,Der Holzfäller hat das Holz in Stücke zerhackt.
Betonungsverschiebung mit Hilfe der Wortstellung:
a…E-a…E-UBP-n…c-OÿU-T“_-TFN-NÈ,Das Holz wurde vom Holzfäller in Stücke zerhackt.
bdag und gzhan in Bezug auf die Wortbildung
Allgemeine Bemerkung
Im Folgenden ist ein wichtiges Prinzip der Wortbildung dargelegt. Es gibt aber auch Fälle der Wortbildung, in denen dieses Prinzip nicht greift.
Von Verben abgeleitete Nomen, die Personen beschreiben oder das Instrument/Mit-tel ( = bdag-Satzglieder), um die Handlung des Verbs durchzuführen, werden von dem Präsensstamm abgeleitet.
Beispiel zu einer bdag-Ableitung
1. Von einem Verb soll ein Nomen abgeleitet werden, zum Beispiel »Suchtrupp« von ]WÍ`-T- P. TV`-, N. TV`-, I. WÍ`- »suchen«
2. In Bezug auf dieses Verb beschreibt das abgeleitete Wort die Handelnden, also ein bdag-Satzglied Y Der Suchtrupp (Agens) sucht jemanden.
3. Für Wortableitungen mit bdag-Satzgliedern muss der Präsensstamm benutzt werden Y ]WÍ`-
4. Ein Suffix oder ein Wort wird hinzugefügt, um aus dem Verbstamm ein Nomen zu bilden Y ]WÍ`-U…- »Such-Mensch, Such-Menschen« Y »Suchtrupp«
Jetzt lässt sich das Wort entsprechend dem Verb, aus dem es abgeleitet ist, noch erweitern: Wen sucht der Suchtrupp? ^E-~…N- »die Wiedergeburt«. Also ist es ein ^E-~…N-]WÍ`-U…- »ein Suchtrupp, der die Wiedergeburt [auffinden soll]« (DL 15).
Beispiel zu einer gzhan-Ableitung
Von Verben abgeleitete Nomen, die gzhan-Satzglieder zur Verbalhandlung beschrei-ben, werden vom Nezessitativstamm gebildet.
1. Von einem Verb soll ein Nomen abgeleitet werden, zum Beispiel »Bettler« von ]T“`-T- P. S“`- N. NT“`- I. S“`- bescheiden für »geben«. 1
1. Es wird deutlich, dass Betteln in Tibet anders betrachtet wird als im deutschsprachigen Raum. Das deutsche Wort »Bettler« ist eine Iterativform (Formen für wiederholt stattfindende Handlungen) von »bitten«, also »wieder und wieder bitten«.
Morphologie
17.3.3
242Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
2. In Bezug auf dieses Verb beschreibt das abgeleitete Wort das Dativobjekt, also ein
gzhan-Satzglied Y Jemand gibt dem Bettler.
3. Für Wortableitungen mit gzhan-Satzgliedern muss der Nezessitativstamm benutzt
werden Y NT“`-
4. Ein Suffix oder ein Wort wird hinzugefügt, um aus dem Verbstamm ein Nomen zu
bilden Y NT“`-RÈ- »Bettler«
Warum ist das so?
Eine mit Präsensstammform ausgedrückte Verbalhandlung, also die Handlung im
Ausführen, stellt den Handelnden, sein Instrument und seine Aktivität in den Vorder-
grund. Eine mit der Nezessitativstammform ausgedrückte Handlung stellt die Not-
wendigkeit, das zu bearbeitende Objekt und das Resultat der Handlung in den Vor-
dergrund.
Diese Regeln beziehen sich nur auf die Wortbildung selbst. Das fertig gebildete Wort
kann in beliebigen Sätzen an beliebigen Positionen stehen, also als Agens, direktes
oder indirektes Objekt, je nach Kontext. Diese Sätze können in allen drei Zeiten vor-
kommen.
Der Bettler ist ein Pilger auf dem Weg zum Kailash. (= Subjekt)
Der Bettler rezitiert Mantras. (= Agens)
Sie gibt dem Bettler einen Apfel. (= Dativobjekt)
Beispiele für Wortableitungen aus Verben
• Beispiele zu bdag-Verbableitungen
`c-q‰N-R- Arbeiter
§ÈP-R- Lehrer
˛ÈU-R-RÈ- Verfasser
• Beispiele zu gzhan-Verbableitungen
TLfiE-T- Trinken, Getränk (abgeleitet von ]M—E-T- »trinken«)
Lektion Siebzehn
243Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Häufig werden gzhan-Verbableitungen mit zusätzlichem q- gebildet.
TÜT-q- »was geübt werden muss« Y Ratschlag, Anweisung
(abgeleitet von ÜÈT-R- »lernen, lehren«)
ßE-q- »was aufgegeben werden muss« Y das Aufzugebende
(abgeleitet von ßÈE-T- »aufgeben«)
COÿ`-q- »der/die zu Diziplinierende« Y Schüler/Schülerin
(abgeleitet von ]Oÿ`-T- »zähmen, disziplinieren«)
• Weitere Beispiele
C\“E-T-NE-]XÀPR-skt. grÀhyagrÀhaka; Zuerfassendes [= Objekt] und Erfassendes [= Subjekt]
äÈN-q‰N-l…-WÀC- das Wort, das etwas ausdrückt; signifiant
TäÈN-q]Ã-NÈP- die Bedeutung, die ausgedrückt werden muss; signifié
ÉE-NÈ_- das Anzunehmende und das Aufzugebende
W”_-ÉE-q-NE-S_-NÈ_-q- das Anzunehmende und das Vonsichzuweisende (Tshig 1916)
• Wortableitungen mit der Perfektstammform eines Verbs
Auch mit der Perfektstammform eines Verbs können Wörter abgeleitet werden. Diese Wörter sind neutral in Bezug auf die jeweilige Verbalhandlung, aus der sie abgeleitet sind. Sie betonen weder besonders das Agens noch das Patiens, aber sie drücken das Vollendetsein aus.
`c-qc-R- die getane Arbeit
T§P-R- Lehre
Morphologie
244Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übungen zu Lektion 17
Übung zu den Verbpaaren
Suchen Sie die Bedeutung und die Stammformen der folgenden Verben heraus. Welche Verbpaare gehören zusammen? Ordnen Sie die Verben den Kategorien »transitiv/intransitiv«, »kontrollierbar/nicht kontrollierbar« und »verschieden/nicht verschieden« zu.
ˇÈ_-T- ±È`-T- UMÈE-T-
]BÈ_-T- IP-R- ]Oÿ-T-
CÈ-T- CFÈN-R- •‡N-R-
CÈUc-R- GN-R- ]qE-R-
]uÈ`-T- õ-T- ÆÈE-R-
°ÈU-R- MÈc-R-
Übersetzen Sie!
Aus Sa skya legs bshad von Sakya Pandita (1182-1251)
ɇP-RÈc-q-T-T\E-u⁄T-lE- , , §‰c-NTE-^…P-n…-T±„Tc-Rc-U…P , ,
~…P-T“]Ã-B-G”-N_-ˇ‡N-Oÿ , , ]uÈ-T-UBc-Pc-qŸE-T-U…P , , (Sa-skya legs-bshad III,3)
Aus Chu shing gi bstan bcos von dKon-mchog bstan-pa‘i-sgron-me (1762-1823)
PCc-W`-S“P-c“U-WÍCc-R-N‰_ , , NÈP-U‰N-PU-UB]Ã-q-^E-]BÈ_ , ,
CE-`-TN‰-´…N-]XÍUc-R-N‰_ , , U-T•‡c-R_-^E-´‰-TÈ-]Oÿ , , (PS 58)
Aus dem BodhicaryÀvatÀra von ³Àntideva (Kapitel X: Widmung)
CF‰_-T“-éUc-l…c-CÈc-NC-NE- , , Ts‰c-R-éUc-l…c-\c-NE-P… , ,
ˇÈU-R-éUc-l…c-G”-NC-NE- , , TLfiE-T-Z…U-RÈ-MÈT-R_-aÈC , (BCA X, 19)
Lektion Siebzehn
245Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Lesestück: »Zehn Dinge, die bloß Worte sind«
Im folgenden Textbeispiel benutzt Gampopa das Prinzip von bdag und gzhan zur spontanen Wortbildung. Ich folge der Edition aus: Dschetsün Gampopa. Die kostbare
Girlande für den höchsten Weg. Theseus. 1999. Der vollständige tibetische Titel lautet ä‰-°U-RÈ-R]Ã-Z`-CNUc, `U-UGÈC-_…P-G‰]Ã-z‰E-T-. Das Werk ist bekannt unter dem Kurztitel _…P-G‰P-z‰E-T-. In der Ausgabe vom Theseus-Verlag ist auf der linken Seite jeweils der tibetische Text abgedruckt und auf der rechten eine Übersetzung von Lama Lhündrub.Der tibetische Text steht als Download zur Verfügung unter: www.leksheyling.org
Beachten Sie die Übersetzungshilfen auf der nächsten Seite.
Kapitel 27: U…E-VU-GÈc-TF“-P…, Zehn Dinge, die bloß Worte sind
1. CZ…]Ã-CPc-`“Cc-T§P-Oÿ-U‰N-Rc-CZ…-U…E-VU-^…P , ,
2. `U-`-TuÈN-q-TuÈN-q‰N-U‰N-Rc-`U-U…E-VU-^…P , ,
3. CPc-`“Cc-`-Tõ-q-õ-q‰N-U‰N-Rc-åÈCc-R-U…E-VU-^…P , ,
4. CJfiC-U-`-T°ÈU-q-°ÈU-q‰N-U‰N-Rc-IUc-rÈE-U…E-VU-^…P , ,
5. Ca…c-`- ≠N-q- ≠ÈN-q‰N-U‰N-Rc- ≠ÈN-R-U…E-VU-^…P , ,
6. NÈP-`-T~⁄E-q-~⁄E-q‰N-U‰N-Rc-NU-WÀC-U…E-VU-^…P , ,
7. NÈP-`-TcC-q-CcÈC-q‰N-U‰N-Rc-WÍCc-CI…c-U…E-VU-^…P , ,
8. NÈP-`-ÆE-q-ÆÈE-q‰N-U‰N-Rc-±…T-CI…c-U…E-VU-^…P , ,
9. NÈP-`-ßE-q-ßÈE-q‰N-U‰N-Rc-]BÈ_-T-U…E-VU-^…P , ,
10. NÈP-`-MÈT-q-MÈT-q‰N-U‰N-Rc-]c-T“-U…E-VU-^…P , ,
11. N‰-P…-U…E-VU-n…-GÈc-TF“-^…P , , , ,
Morphologie
246Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Vokabelhilfen
CZ…]Ã-CPc-`“Cc- die Basis, der natürliche Zustand
CPc-`“Cc- der natürliche Zustand
åÈCc-R- realisieren; Realisation
CJfiC-U- hier: der natürliche unbelassene Geisteszustand
IUc-rÈE- (Meditations-)Erfahrung
Ca…c- die wahre Natur (wird ähnlich wie CPc-`“Cc- gebraucht.)
NÈP-`- in Wirklichkeit
NU-WÀC- Samaya-Gelübde
WÍCc-CI…c- »die zwei Ansammlungen«
±…T-CI…c- »die zwei Verschleierungen«
Zu WÍCc-CI…c- und ±…T-CI…c- siehe Tsepak Rigzin: Tibetan-English Dictionary of Buddhist
Terminology.
Ergänzung zu Zeile 10:
Die Ausgabe des Leksheyling Institute (www.leksheyling.org) liest ]MÈT-q-.
Lektion Siebzehn
247Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
18. Analytische VerbformenAnalytische Verbformen in der klassischen Schriftsprache | Hilfsverben byed pa, 'gyur ba, 'jug pa | Hilfsverben, die den Aspekt anzeigen | yin als Hilfsverb | Modali-tätsverben | Analytische Verbformen in der Umgangssprache
Analytische Verbformen in der klassischen Schriftsprache
allgemeine Bemerkung
»Analytische« Verbformen bedeutet »zusammengesetzte« Verbformen. Indem Ver-
ben mit Verben kombiniert werden, können die verbalen Ausdrucksmöglichkeiten
erweitert oder präzisiert werden. Zum Beispiel hat das Deutsche nur analytische Bil-
dungsmöglichkeiten für Futur, Perfekt und Passiv.
Im Folgenden geht es um analytische Verbformen, in denen im Tibetischen ein Haupt-
verb mit einem Hilfsverb zusammengesetzt wird, um Zeit und Aussageweise auszu-
drücken. Die verschiedenen Aussageweisen oder »Modi« sind: Nezessitativ, Volunta-
tiv, Optativ und Irrealis. Da es im Tibetischen nur die Flexion der Verbstämme gibt aber
keine Konjugation wie im Deutschen, spielen Hilfsverben, Angaben zur Zeit und der
Kontext eine viel größere Rolle als im Deutschen.
Verbindung von Haupt- und Hilfsverb
Die typische Verbindung von Haupt- und Hilfsverb ist die Konstruktion:
Hauptverbstamm + R_- / T_- + Hilfsverb
R_- / T_- kann wegfallen, ohne dass die Bedeutung sich ändert.
Es gibt weitere Verbindungspartikeln, die insbesondere in Zusammenhang mit dem
Durativ benutzt werden. (Siehe Seiten 253,254)
Die Hilfsverben q‰N-R-, ]nŸ_-T- und ]H“C-R-
Allgemeine Bemerkung
Wichtige Hilfsverben sind q‰N-R-, ]nŸ_-T- und ]H“C-R-. Statt q‰N-R- kann auch die höfliche
Entsprechung UXN-R- oder die elegant-bescheidene Entsprechung Tn…N-R- vorkommen.
Ihre Grundbedeutungen und Stammformen sind in der folgenden Tabelle dargestellt.
18.1
18.2
18.1.2
18.1.1
18.2.1
248Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Präsens Perfekt Nezessitativ Imperativ
q‰N- qc- q- qÈc- machen, tun
UXN- UXN- UXN- UXÍN- höflich für q‰N-R-
Tn…N- Tn…c- Tn…- n…c- eleg.-bescheiden für q‰N-R-
]nŸ_- nŸ_- werden zu; sich verändern
]H“C-1 TF“C- C[÷C- G”C- eintreten lassen,zu etwas veranlassen
Übersicht Der Funktionen von q‰N-R-, ]nŸ_-T- und ]H“C-R- als Hilfsverben
• Darstellung der Zeiten mit q‰N-R- und ]nŸ_-T-
• Kausativbildung mit q‰N-R- und ]H“C-R-
• Bildung von irrealen Bedingungssätzen mit ]nŸ_-T-
• Mechanische Übersetzung des Sanskrit-Passivs mit ]nŸ_-T-
• Verwendung von q‰N-R- oder ]nŸ_-T- aus metrischen Gründen
In welcher Funktion die Hilfsverben ]nŸ_-T- oder q‰N-R- stehen und wie wortwörtlich sie mitübersetzt werden müssen, entscheidet der Kontext.
Darstellung der Zeiten und Modi mit hilfe von q‰N-R- oder ]nŸ_-T-Allgemeine Bemerkung
Wenn Verben keine unterschiedlichen Stammformen haben, können q‰N-R- oder ]nŸ_-T- benutzt werden, um die Zeitstufe deutlich zu machen. q‰N-R- wird verwendet, wenn Agensaktivität vorhanden ist. ]nŸ_-T- impliziert, dass etwas aufgrund vorher ge-nannter Bedingungen geschieht.
1. In der Tabelle steht die transitive Form von 'jug pa, die man nicht verwechseln darf mit dem intransitiven 'jug pa (Perfekt zhugs) »eintreten«.
Lektion Achtzehn
18.2.3
18.2.2
249Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
]N…-P-PU-^E-tÈ-T-^…c , , Nu-éUc-Z…-T_-U…-q‰N-lE- , ,
tÈ-T-U‰N-Rc-Z…-T_-]nŸ_ , , ]N…-P…-C^“E-x⁄E-GÈc-^…P-PÈ , ,Hier (in der Welt) wird man aber niemals durch Zorn die Feinde zu Frieden bringen.
Durch die Abwesenheit von Zorn stellt sich Frieden ein. Dies ist das ewige Gesetz. (DhP 4)
Bei einer Konstruktion mit ]nŸ_-T- bietet sich eventuell eine Übersetzung mit einem
Passivsatz an.
ÜÈT-U-T\E-RÈ-qE-G”T-]ÈN-l…c-Tˇ‡`-nŸ_-Rc- (Bodhi)
Weil [ich] von dem guten Schüler Byang-chub-‘od [dazu] aufgefordert worden bin
In beiden Fällen übersetzt man mit den entsprechenden Formen der deutschen Spra-
che, ohne ausdrücklich q‰N-R- oder ]nŸ_-T- wiedergeben zu müssen.
Häufig wird mit Hilfe von R_-q- der Nezessitativ »man soll« ausgedrückt bzw. bei Be-
zug auf die 1. Person der Voluntativ, also der Vorsatz »ich will«.
TN‰-•‡C-CI…c-RÈ-CE-qŸE-^E-T\ÈN-R_-q,Glück und Leid, was auch immer auftaucht, beides soll angenommen werden. (Blo 204)
MTc-P…-TaN-R_-q, [Ich] will die Methoden erklären. (Bodhi)
Darstellung der Zeiten und Modi mit q‰N-R-Die erste Hilfsübersetzung bei q‰N-R- lautet entsprechend der Verbstammform: „... ma-
chen“, „... gemacht haben“, „... ist zu tun“. Der zweite Übersetzungsschritt ist, die ent-
sprechende konjugierte Form im Deutschen zu benutzen.
Präsensverbstamm R_- / T_-q‰N-R- Y Verb im Präsens
Perfektverbstamm R_- / T_-qc- Y Verb im Perfekt
Präsensverbstamm R_- / T_-q- Y das Verb ist zu tun (Nezessitativ/Voluntativ)
Darstellung der Zeiten und Modi mit ]nŸ_-T-Die erste Hilfsübersetzung bei ]nŸ_-T- lautet entsprechend der Verbstammform:
»kommt dazu, dass ...« bzw. »kam dazu, dass ...« Der zweite Übersetzungsschritt ist,
die entsprechende konjugierte Form im Deutschen zu benutzen.
Analytische Verbformen
250Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Präsensform + R_- / T_-]nŸ_-
Y Geschehen in der Zukunft oder allgemeingültige Aussage
Perfektform + R_- / T_-]nŸ_-
Y Abschluss einer Handlung bzw. eines Vorgangs in der Zukunft
Präsensform + R_- / T_-nŸ_-
Y laufende Handlung bzw. Vorgang in der Vergangenheit
Perfektform + R_- / T_-nŸ_-
Y abgeschlossene Handlung bzw. Vorgang in der Vergangenheit
Nezessitativform + R_- / T_-]nŸ_-
Y etwas wird zu tun sein
Verbstamm (+ R_- / T_-) nŸ_-F…C- Y Optativ (Siehe Seite 171)
Oÿ-T-UMÈE-T_-]nŸ_- Rauch wird gesehen werden
... qc-Rc, ... R_-]nŸ_-_È,, durch gemacht haben von ... kommt es zu ...
TÜT-q-N‰-`-PP-KP-qc-Rc,qE-G”T-c‰Uc-NR]Ã-c-`U-éUc-_…U-n…c-TuÈN-R_-
]nŸ_-_È,,Wenn man entsprechend diesen Ratschlägen hingebungsvoll praktiziert (hat), wird man stufenweise die Stufen und Wege eines Bodhisattvas durchqueren. (Gam)
Darstellung des Futurs mit ]uÈ-T- und ^ÈE-T- / ]ÈE-T-
Auch ]uÈ-T- und ^ÈE-T- / ]ÈE-T- können als Hilfsverben Futur ausdrücken.
]uÈ-T- drückt Wahrscheinlichkeit aus (»es wird dazu kommen, dass ...«) und impliziert, dass die Handlung sich vom Sprecher weg bewegt. ^ÈE-T- / ]ÈE-T- kann implizit ausdrü-cken, dass die Handlung sich auf den Sprecher zu bewegt.1
܉T-^ÈE- wird ankommen (KG 205)
TÖC-]uÈ- wird verlieren (KG 205)
Lektion Achtzehn
1. Zu 'ong gis siehe PSch 130.
251Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Als der 6. Dalai Lama gezwungen wurde, nach China abzureisen, schrieb er das Gedicht:
q-N‰-t‹E-t‹E-N@_-UÈ , , E-`-CaÈC-˛`-C^_-NE-, ,
MC-_…E-T´Ec-`-U…-]uÈ , …-ME-TˇÈ_-Pc-܉Tc-^ÈE-, ,Weißer Kranich! Leihe mir die Fähigkeit [deiner] Flügel.
Ich fliege nicht in weite Ferne. Bei Lithang werde ich umkehren und wieder zurück-kommen (zurückgekommen sein).
(Auf der Reise nach China kam der 6. Dalai Lama um. Seine Reinkarnation wurde in Lithang gefunden.)1
Marpa fährt Milarepa an, er solle seine Bücher nicht auf seinem Schrein ablegen.
E]Ã-å‰P-UGÈN-éUc-`-GU-R-]ÈE-,Meine heiligen Objekte und Opfergaben werden infiziert. (Mil)
Kausativbildung mit q‰N-R- und ]H“C-R-Mit q‰N-R- oder ]H“C-R- als Hilfsverben kann der Kausativ gebildet werden. Der »Kausa-tiv« drückt aus, dass ein Tun veranlasst wird. »Tränken« zum Beispiel ist der Kausativ von »trinken«.In dieser Funktion müssen q‰N-R- und ]H“C-R- in der Übersetzung zum Ausdruck ge-bracht werden, wenn das deutsche Verb keine entsprechende Kausativform hat. Zum Beispiel benutzt man das Verb »tränken« für Tiere, aber nicht für Menschen. Hierfür müsste man eine umschreibende Form benutzen.Bilden q‰N-R- oder ]H“C-R- Kausativkonstruktionen, kann direkt auf den Stamm des Hauptverbs das Terminativsuffix folgen.
PN-R_-©P-]M—E-Oÿ-G”C- Bringe den Kranken dazu, die Medizin zu trinken! (KG 254)
Die erste Hilfsübersetzung lautet: »veranlasst zu tun«, »bewirkt, dass getan wurde« und so weiter entsprechend der Zeiten. Der zweite Übersetzungsschritt ist, die treffen-de Übersetzung im Deutschen zu finden.
å-`-»-\-_“-]H“C- sorgt dafür, dass das Pferd Gras frisst (KG 254)
1. Zu dem historischen Hintergrund siehe zum Beispiel: Karl-Heinz Everding: Tibet – Lamaistische Klosterkulturen, nomadische Lebens-formen und bäuerlicher Alltag auf dem »Dach der Welt«. Dumont 1993, S. 63. Zu dem Gedicht selbst siehe: Per Soensen. Divinity Secularized. An Inquiry into the Nature and Form of the Songs ascribed to the Sixth Dalai Lama. Wien, 1990, S. 251.
Analytische Verbformen
18.2.4
252Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
É-Uc-~c-UB_-NDÿ-MÈC-T˛…Cc-R-cÈCc-GÈc-p…_-N@]-G‰P-`È-x⁄C-Ñ-TîN-VU-
≠ÈN-Oÿ-TF“C-Lama [Marpa] ließ [Milarepa] um des Dharma Willen ungefähr sechs Jahre und acht Monate asketische Übungen machen, wie zum Beispiel einen neunstöckigen Turm für seinen Sohn zu bauen. (Tshig)
bildung von Irrealen Bedingungssätzen mit ]nŸ_-T-Mit Hilfe von ]nŸ_-T- können irreale Bedingungssätze gebildet werden. Die erste Hilfs-
übersetzung lautet:
Verb + nŸ_-P-: wenn es so wäre, (dann ...)
... P-, ... Verb ]nŸ_-_È-: wenn ..., dann käme es dazu, dass ...
Im Deutschen wird für irreale Bedingungssätze der Konjunktiv II benutzt.
Mechanische Übersetzung des Sanskrit-Passivs mit ]nŸ_-T-Da es im Tibetischen keine regelmäßige Bildung von Passivformen der Verben gibt,
wurde eine umschreibende Form mit ]nŸ_-T- benutzt, um eine Passivform aus dem
Sanskrit ins Tibetische zu übertragen. Michael Hahn schreibt in seinem Lehrbuch:
»Als Besonderheit der Übersetzungsliteratur muss die sehr häufige Wiedergabe eines
Sanskritpassivs mit Hilfe von ]nŸ_-T- erwähnt werden.« (MH 152)
UMÈE-T_-U…-]nŸ_-_È- skt. na Åk¼yate Y er wird nicht gesehen
Verwendung von q‰N-R- oder ]nŸ_-T- aus metrischen Gründen
Hilfsverben können aus rein metrischen Gründen eingefügt worden sein. Sie spielen
dann für die Übersetzung überhaupt keine Rolle.
c‰Uc-FP-NU-R-qE-G”T-UGÈC , ]NÈN-R_-nŸ_-R-N‰-NC-` , ,
É-U-éUc-l…c-T§P-R-^… , , E-NC-MTc-P…-TaN-R_-q , ,
Den edlen Wesen, die die höchste Erleuchtung wünschen, will ich die von den Lamas
gelehrten vollkommenen Methoden erklären. (Bodhi)
Lektion Achtzehn
18.2.7
18.2.6
18.2.5
253Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Hilfsverben, die den Aspekt anzeigen
Allgemeine Bemerkung
»Aspekt« bedeutet andauernde Handlung (Durativ) oder abgeschlossene Handlung
(Perfektiv). »Aspekt« sagt nichts darüber aus, ob eine Handlung in der Vergangenheit,
in der Gegenwart oder in der Zukunft liegt. Im Tibetischen drücken Präsens- und Per-
fektstammform der Verben vor allem den Aspekt einer Handlung aus. Wenn der As-
pekt stark betont werden soll, wenn zum Beispiel das lange Andauern einer Handlung
ausgedrückt werden soll (das Warten von Marpa, der sich aufs Feld begeben hat, um
einen neuen Schüler zu empfangen), oder wenn die Abgeschlossenheit einer Hand-
lung betont werden soll (Die Arbeit wird in drei Tagen fertig sein.), dann gibt es im Ti-
betischen die Möglichkeit, Verben so zu kombinieren, dass der Aspekt noch deutlicher
wird.
Durativ
Einige Verben des Verweilens drücken in der Position des Hilfsverbs aus, dass eine
Handlung andauert:
]OÿC-R- sich befinden, vorhanden sein; weilen, leben
CN]-R- elegant-bescheiden für ]OÿC-R-
•ÈN-R- wohnen, leben, weilen, sitzen
CPc-R- wohnen, weilen, leben, sich befinden
T[÷Cc-R- höfl. für ]OÿC-R-, •ÈN-R- und CPc-R-
Ebenso Verben des Vorhandenseins:
^ÈN-R- »es gibt«; UE]- R- höflich für ^ÈN-R-; UG…c- R- elegant-bescheiden für ^ÈN- R-
Beim Durativ können zwischen Hauptverb und Hilfsverb folgende Partikeln stehen:
R_- / T_-, C…-, C…P- und Konjunktionen, die gerundial ausgelegt werden können: K‰- / §Â- /N‰- , Pc- oder F…E- / Z…E- / a…E-.
U_-R-°‡C-CPE-Pc-T[÷Cc,
Marpa befand sich wartend auf dem Feld. Y Marpa wartete auf dem Feld.
Analytische Verbformen
18.3
18.3.2
18.3.1
254Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
`-`c-É-U-U_-R]E-\‰_-Z…E-]OÿC-Einige sagen auch »Lama Marpa«. (Mil)
Ist das Hauptverb im Perfektstamm, wird ausgedrückt, dass die Handlung in der Ver-gangenheit getan/abgeschlossen wurde und das Ergebnis zum Zeitpunkt der Erzäh-lung andauert.
TKCc-R_-^ÈN- befindet sich/ist angebunden
Ist das Hauptverb im Nezessitativstamm, wird eine bestehende Notwendigkeit aus-gedrückt:
TNC-C…c-F…-q-T_-^ÈN, Was gibt es für mich zu tun? (SH 93)
Hauptverb und Hilfsverb können auch ohne Verbindungspartikel direkt nacheinander stehen.
TKCc-^ÈN-
Durativ ausgedrückt durch C…P- und TZ…P-C…P- und TZ…P- können als Verbindungspartikel zwischen Haupt- und Hilfsverb (häufig ^ÈN- oder ]OÿC-) den Durativ ausdrücken. C…P- kommt je nach Postskript des vorange-henden Wortes in den Formen l…P-, C…P- oder n…P- vor. Nach Verben ohne Postskript kann auch ^…P- stehen. (Siehe Seiten 280, 281)
Nomen + TZ…P- (Oÿ-) bedeutet »wie, gemäß«.
Verb + TZ…P- (Oÿ-) bedeutet »in der Weise, dass/während gerade ... getan wird«.
]uÈ-^…P-]OÿC- geht/ist dabei zu gehen (KG 87)
àÈN-RÈ-Z…C-PU-UB]-`-ú…E-C…P-]OÿC- Ein Geier fliegt/kreist am Himmel. (KG 88)
©ÈP-`U-]N‰Tc-l…P-^ÈN- is praying (just now) (Jä 6)
U_-R-z⁄-ÜÈC-R]Ã-WÂ-`U-n…-pÈCc-`-^E-^E-C\…Cc-TZ…P-T[÷Cc,Während er pflügte, schaute Marpa wieder und wieder in Richtung des Weges.
Lektion Achtzehn
18.3.3
255Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Abgeschlossenheit der Handlung
Einige Verben können als Hilfsverben an das Hauptverb angeschlossen werden um
auszudrücken, dass die Handlung vollendet wurde. Meistens werden sie direkt an den
Verbstamm angeschlossen.
W_- beendigt, fertig sein (Perfekt von ]W_-T-)
\…P- beendet, fertig sein (auch für ]XÀP- in allen Stammformen1)
^ÈEc-c“-íÈCc-R_-W_-K‰- als ganz fertig/vollendet war (Jä 469)
mÈN-l…c-Z…E-]N…-]z⁄-ÜÈC-W_-P- wenn du dieses Feld fertig gepflügt hast (MC 25)
Sanskrit Partizip Perfekt Passiv
Nach Michael Hahn wird das Sanskrit Partizip Perfekt Passiv (PPP) nicht selten mit der
Hilfe von \…P- wiedergeben (MH 156):
MÈT-\…P- (R-) skt. prÀpta; erlangt q…P-\…P- (R-) skt. datta; gegeben
^…P- als Hilfsverb
^…P- und seine elegant-bescheidene Entsprechung `Cc- stehen als Hilfsverb immer
nach dem Verbalnomen. Ihre Bedeutung als Hilfsverb ist am besten zu verstehen,
wenn man zurückgeht auf die nominale Ursprungsbedeutung (z. B. \‰_-T-^…P- »(Es) ist
Reden.«). ^…P- und `Cc- geben selbst keine Hinweise auf die Zeit.
Präsensform + R- / T- ^…P- Y andauernde Handlung oder allgemeingültige Aussage
Perfektform + R- / T- ^…P- Y eine Handlung ist abgeschlossen; Allgemeingültigkeit bis
in die Gegenwart
E‰N-l…-S-HÈ-`-\‰_-T-^…P-PU- Ist es Reden über meinen Vater? Y
Sprichst du über meinen Vater? / Hast du über meinen Vater gesprochen? (Mil)
BUc-Z‰c-R-TÈN-a_-pÈCc-c“-^ÈN-F…E-, c-CPc-N‰_-BUc-R-éUc-•ÈN-R-^…P,
»Kham« liegt im Osten Tibets und in dieser Region leben die Khampas. (DL 5)
Analytische Verbformen
18.4
18.3.5
18.3.4
1. Laut Jäschke steht zin in älterer Literatur (Jä 469).
256Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Modalitätsverben
Modalitätsverben werden mit R_- / T_- oder ohne weitere Partikel an das Hauptverb
angebunden. Für eine ausführliche Liste siehe KG 202-204.
]M—E-T_-]NÈN-R- / ]M—E-]NÈN-R- zu trinken wünschen
q‰N-R_-N@]-T- / q‰N-N@]-T- schwer sein zu tun
N‰-`c-UE-T-a‰c-]NÈN, [Ich] wollte mehr als das wissen. (DL 38)
Analytische Verbformen in der Umgangssprache
Allgemeine Bemerkung
Ein wesentlicher Unterschied zwischen der klassischen Schriftsprache und der Um-
gangssprache zeigt sich in den analytischen Verbformen. Der folgende Abschnitt soll
diese Unterschiede deutlich machen, auf die einzelnen analytischen Verbformen in
der Umgangssprache wird hier aber nicht eingegangen.
In der klassischen Schriftsprache nehmen analytische Verbformen eine untergeordne-
te Rolle ein. Meistens enden die Sätze mit einer Finalpartikel oder mit einer Konjunkti-
on als Übergang zur nächsten Verbalhandlung. In der Umgangssprache dagegen gibt
es ein komplexes System an Hilfsverben und die Sätze enden fast immer mit einer
analytischen Verbform. Gleichzeitig werden die verschiedenen Verbstammformen in
der Umgangssprache kaum noch unterschiedlich ausgesprochen. Bei den meisten Ver-
ben werden die Stammformen entsprechend der Perfektstammform ausgesprochen,
bei einigen auch entsprechend der Präsensstammform. Die Imperativstammform al-
lerdings hebt sich meistens in der Aussprache von den anderen Verbstammformen ab,
häufig durch einen o-Vokal. Da außer beim Imperativ die Stammformen anhand der
Aussprache nicht mehr zu erkennen sind, werden Hilfsverben und Kontext noch wich-
tiger, ebenso wie Redegewohnheiten (Was sagt man in bestimmten Situationen?).
In der tibetischen Umgangssprache kann man mit Hilfe der Hilfsverben Aspekte der
Aussage wiedergeben, die man im Deutschen umschreibend wiedergeben muss. Das
Hilfsverb qŸE- zum Beispiel kann ausdrücken, dass der/die Redende etwas erhalten hat,
bzw. dass ihm/ihr etwas zugestoßen ist:
Lektion Achtzehn
18.5
18.6
18.6.1
257Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
BÈc-B-R_-TKE-qŸE-, Er/sie hat mich angerufen.
Dagegen:
BÈc-B-R_-TKE-cÈE-, Er/sie hat (jemand anderes als mich) angerufen.
Auch Absichtlichkeit wird am Hilfsverb deutlich:
Ec-N@_-^È`-TFC-R-^…P, Ich habe die Tasse (absichtlich) zerbrochen.
Ec-N@_-^È`-TFC-cÈE-, Ich habe die Tasse (aus Versehen) zerbrochen.
Anhand der Hilfsverben, die ein Sprecher benutzt, erkennt der Zuhörende die Gewiss-
heit des Sprechers über seine Aussage (gehört, selbst gesehen, allgemein bekannt),
die Richtung der Handlung in Bezug auf den Sprecher (einen Brief wegschicken oder
einen Brief erhalten) und mehr. Für eine Vertiefung der Umgangssprache im Allge-
meinen und der analytischen Verbformen insbesondere empfehle ich das »Manual of
Standard Tibetan« (NT). Man beachte auch die Übersicht zu analytischen Verbformen
in der Umgangssprache (NT 460-463) und den Abschnitt »Outlines of the Differences
between Literary and Spoken Tibetan«, in dem die Unterschiede zwischen klassischer
tibetischer Schriftsprache und gesprochener Sprache in Bezug auf Wortschatz, Aus-
sprache und grammatischen Konstruktionen im Detail besprochen werden. (NT 395-
429).
Übersicht der wichtigsten analytischen Verbformen in der Umgangssprache
An dieser Stelle soll nur eine grobe Übersicht der wichtigsten analytischen Verbfor-
men gegeben werden, um die Konstruktionen zu erklären, die in den Beispielsätzen
vorkamen:
Gegenwart
1. Person: Verbstamm (Präsens) +
C…-^ÈN- (Ich mache etwas) (Beispiele 2, 8)
C…-]OÿC- (Ich stelle etwas durch eigene Wahrnehmung fest)
(Beispiel 4)
2. + 3. P. C…-]OÿC- (selbst gesehen) (Beispiel 3)
^ÈN-R-_‰N- ( 1. nicht selbst gesehen; 2. Allgemeinaussage »es gibt«)
Analytische Verbformen
18.6.2
258Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Vergangenheit
1. Person: Verbstamm (Perfekt) +
R-^…P- (Ich habe etwas gemacht) (Beispiele 6, 11)
qŸE- (1. Ich habe etwas erhalten;
2. mit nicht kontroll. Verb) (Beispiele 7, 10)
cÈE- (Mir ist etwas passiert)
2. + 3. P. R-_‰N- (nicht selbst gesehen; allgemein bekannt) (Beispiele 1, 9)
qŸE- (Ich habe etwas von 2. bzw. 3. Person erhalten.)
cÈE- ( 1. selbst gesehen;
2. jemand anderes hat etwas von 2. oder 3. P. erhalten)
^ÈN-R-_‰N- (1. sich wiederholend; 2. Allgemeinaussage »es gab«)
Zukunft
1. Person: Verbstamm (Präsens) +
C…-^…P- (Ich werde etwas machen) (Beispiel 12)
(`-]uÈ-C…-^…P, »ich gehe zu ...«)
NCÈc- (Ich werde das besser machen.) (Beispiel 5)
2. + 3. P. C…-_‰N- (Du wirst etwas machen.
Er/sie/es wird etwas machen)
]ÈE- (Etwas wird eintreten.)
Habituell
Verbstammform + C…-_‰N- Y machen/machten immer1
Lektion Achtzehn
1. Siehe auch NT 277: »The auxiliary of general or habitual truth.«
259Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Beispielsätze mit analytischen Verbformen in der Umgangssprache
1 . BÈ-`-NE“`-ã‰N-R-_‰N, Er hat Geld gefunden. (Seite 114)
2. E]Ã-U…E-`- ... \‰_-l…-^ÈN, Ich heiße ... (Seite 116)
3. BÈc-Ö‡E-]z…P-IP-n…-]OÿC- Er hört Radio. (Seite 131)
4. BÈ]Ã-NT…P-H…-]N…-Ec-CÈ-C…-U…-]OÿC- Sein Englisch verstehe ich nicht. (Seite 132)
5. Ec-]uÈ-NCÈc, Ich gehe. (Du kannst hierbleiben.) (Seite 132)
6. Ec-N@_- È -]N…-TFC-R- …P, Ich habe die Tasse (absichtlich) zerbrochen. (S. 133)
7. E-P-qŸE-, Ich bin krank geworden. (Seite 133)
Ec-UMÈE-qŸE, Ich habe gesehen. (Seite 133)
8. E-`c-@-q‰N-R_-]uÈ-C…-^ÈN, Ich gehe arbeiten. (Seite 158)
9. WE-Uc- [Rede] F‰c-µc-R-_‰N, Alle riefen: »...« (Seite 181)
10. Ec-NEÈc-c“-UMÈE-qŸE-, Ich habe [Platsch] direkt gesehen. (Seite 184)
11. BÈE-WÍ-NE-UIU-Oÿ-]uÈ-C…-^…P, Ich werde mit ihnen gehen. (Seite 198)
Bei Fragen benutzt man die Hilfsverbkonstruktion, die man in der Antwort erwartet.
Fragen mit »Du/Sie« stellt man also mit der Verbform entsprechend der ersten Per-
son.
m‰N-_E-C…-UWP-`-C-_‰-[÷-C…-^ÈN, Wie heißen Sie? (Seite 116)
m‰N-_E-C…-U…E-`-C-_‰-\‰_-l……-^ÈN, Wie heißt Du? (Seite 116)
Analytische Verbformen
18.6.3
260Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übungen zu Lektion 18
Lesestück: »Milarepa«
Eintrag aus dem Tshig mdzod chen mo zu mi la ras pa.
1. U…-`-_c-R,
2. MÈc-R-NC]-§‰, _T-qŸE-NE-RÈ]…-ôCc-]⁄C-`È_-`-§ÈN-DÿE-ME-´-â-˛-_“-
3. ]t‹Ec. ¢_-UM—-TÜTc-Pc-Nu-UE-RÈ-TcN, ÜN-Pc-•…C-R-`-]nÈN-N‰-GÈc-
4. qc-Rc-cEc-îc-R-Z…C-§‰, BÈE-C…c-U_-R-`È-VÓ]Ã-£P-uCc-MÈc-Pc-üÈÈ-C-
5. Lfi-qÈP, É-Uc-~c-UB_-NDÿ-MÈC-T˛…Cc-R-cÈCc-GÈc-p…_-N@]-G‰P-`È-x⁄C-
6. Ñ-TîN-VU- ≠ÈN-Oÿ-TF“C-UM_-NTE-NE-CNUc-EC-íÈCc-R_-CPE-, NDÿE-`È-
7. Z‰-ò-a…E-q-`È_-§ÈN-pÈCc-´…N-uÈE-NE-CI]-PE-B‘`-Oÿ-S‰Tc-K‰-`È-NDÿ]Ã-_…E-
8. `-P-T\]-_c-ìE-NE-\c-ø-WÍN-VU-`-Tå‰P-R-cÈCc-N@]- ≠ÈN-NE-£…E-_“c-xC-
9. RÈc-T°ÈUc-Rc-ˇ‡-WÂ-N‰-I…N-`-UGÈC-C…-NEÈc-u⁄T-Tã‰c, N‰-Pc-c-pÈCc-
10. CZP-Oÿ-]qÈP-T[÷N-UXN-Pc-¶ÈN-Oÿ-_“E-T-éUc-`-CcE-¢Cc-l…-CNUc-R-
11. CPE-. IUc-UDÿ_-UE-Oÿ-T˛Uc, _c-G”E-R-NE-, ªCc-RÈ-ü-ä‰-cÈCc-ÜÈT-U-
12. UE-Oÿ-T∞„P, ±„T-Tî‡N-l…-T§P-R]Ã-~È`-TV“Cc, _T-qŸE-CI…c-R]Ã-G”-^Èc-`È-
13. `-]Nc,
Lektion Achtzehn
261Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übersetzungshilfen
`-§ÈN-DÿE-ME-´-â-˛- Ortsname
UM—- hier schwarze Magie
üÈÈ-C- Region in Südtibet
~c-UB_-NDÿ-MÈC- neunstöckiger Turm [für Marpas] Sohn
NTE- hier Initiationen
§ÈN- Westtibet
´…N-uÈE- Ortsname
CI]-PE- Ortsname
`-Tå‰P-R- sich stützen auf; hier im Sinne von bekleidet sein mit und leben von
¶ÈN-Oÿ-_“E-T- »geeignet als Behälter«; guter Schüler
siehe dazu unter ¶ÈN-l…-´ÈP-Cc“U- bei Tsepak Rigzin Tibetan-English Dict. of Buddhist Terminology
±„T-Tî‡N- »Praxislinie«
_c-G”E-R- Eigenname
ªCc-RÈ-ü-ä‰- Titel für Gampopa, der seine Herkunft und seinen Berufsstand anzeigt
Recherche
Schauen Sie unter: www.tbrc.org
Wer war Rus-pa‘i-rgyan-can?
Wann lebte er?
Wieviele Namen sind aufgeführt?
Was bedeuten diese Namen?
Welches ist wohl sein bekanntestes Werk?
Wer ist Ras-chung-pa? Wann lebte er?
Wann lebte Milarepa?
Analytische Verbformen
262Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übung zu den analytischen Verbformen
Die folgenden Verbformen stammen aus dem Lesestück »Milarepa begegnet Marpa«, das der Milarepa-Biographie entnommen ist. Im tibetischen Schriftgut sticht dieseBiographie an Lebendigkeit heraus. Nicht nur, dass es inhaltlich um emotionale Höhen und Tiefen geht, wie es ganz untypisch ist für tibetische schriftliche Literatur, auch die Sprache ist außergewöhnlich lebendig und von der Umgangssprache beeinflusst. Sie ist verschachtelt, komplex und reich an analytischen Verbformen und direkter Rede.
Bevor Sie das Lesestück selbst übersetzen, analysieren Sie die aufgeführten Verbfor-men und versuchen Sie, diese zu übersetzen, soweit es ohne weiteren Kontext möglich ist. Die Formen kommen in der Reihenfolge vor, in der sie auch im Lesestück erschei-nen.
1. ]x…-Z…E-p…P- 12. `ÈC-cÈE- (3. Person)
2. T§P-qŸE- 13. ]TÈN-Oÿ-qŸE- (3. Person; qŸE- ist Hauptverb)
3. \‰_-Z…E-]OÿC- 14. Cc“E-C…P-]OÿC-
4. ]x…-Z…E-]ÈEc- 15. £U-(R_-)Tõc-
5. m‰_-[Pc-]]uÈ- 16. CcÈC-Lfi-TKE-
6. (z⁄-)ÜÈC-C…P-^ÈN- 17. ]WÍ`-T_-[÷-
7. £U-Pc-]ÈEc- 18. GU-R-]ÈE-
8. ÜÈC-F…E-]OÿC-
9. `“c-]OÿC-
10. [÷-_“-]ÈEc-R-`Cc-
11. CPE-qŸE-
Lektion Achtzehn
263Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
»Milarepa begegnet Marpa«
Das folgende Lesestück ist ein Abschnitt aus dem ersten Kapitel des zweiten Teils der
Milarepa-Biographie: »Begegnung mit dem Lama«. Es gibt Übersetzungen zur Milare-
pa-Biographie, die jedoch teilweise sehr frei sind bzw. aufgrund der Sprache frei sein
müssen. Ich empfehle die Übersetzung von Thomas Roth. Herr der Yogis – Das Leben von
Jetsün Milarepa. Edition Mandarava im Sequoyah Verlag. Gutenstein 2006. Eine mög-
lichst wortgetreue Übersetzung dieses Textabschnitts ist im Anhang wiedergegeben
(Seiten 291-298). Bitte benutzen Sie sie nur zur Kontrolle!
Der Text enthält viel direkte Rede und oft wird das Agens dazu, der Redende, nicht
genannt. Orientieren Sie sich ganz systematisch daran:
qc- Y Milarepa sagte zu jemand Gleichgestelltem
\‰_- Y jemand Gleichgestelltes sagte zu Milarepa
[÷c- Y Milarepa sagte zu Marpa
Cc“Ec- Y Marpa sagte zu Milarepa
Der Hauptteil der Milarepa-Biographie ist in Ich-Form geschrieben (Ich = Milarepa)
Beachten Sie auch die Übersetzungshilfen auf Seiten 267-69.
1. Ec-lE-üÈ-C-C…-UN]-Pc,
2. U…-zN-WN-`-´‰c-UGÈC-U_-R-`È-VÓ-CE-P-T[÷Cc-Z‰c-]x…-Z…E-p…P-Rc,
3. î‡c-^ÈN-\‰_-T]Ã-U…-CF…C-lE-U-qŸE-T-`,
4. uÈ-TÈ-`“E-UMÈE-T]Ã-`-B_-܉Tc-R]Ã-WÂ-U…-Z…C-qŸE-T-`-
5. ¢_-õ_-x…c-Rc, U_-R-\‰_-T-P…-^ÈN, ´‰c-UGÈC-U_-R-`È-VÓ-\‰_-T-P…-U‰N-\‰_,
6. ]È-P-uÈ-TÈ-`“E-CE-P-^ÈN-qc-Rc, uÈ-TÈ-`“E-S-C…-^…P-\‰_-T§P-qŸE-,
7. S-C…-P-c“-T[÷Cc-qc-Rc, U_-R-\‰_-T-N‰-C-^ÈN-\‰_,
8. N‰-`-CZP-UWP-U‰N-NU-qc-Rc, `-`c-É-U-U_-R]E-\‰_-Z…E-]OÿC-\‰_,
Analytische Verbformen
264Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
9. É-U]Ã-CNP-c-^…P-R_-MC-GÈN-N‰,
10. `-B-]N…-`-F…-\‰_-qc-Rc, ]N…-`-GÈc-`-°E-\‰_,
11. GÈc-`-°E-Pc-É-U]Ã-CNP-c-UMÈE-T-å‰P-]‰ -a…P-Lfi- ‰Cc-£U-NC]-T-Z…C-qŸE-,
12. N‰-Pc-lE-^_-]x…-Z…E-]ÈEc-Rc, pŸCc-í…-UE-RÈ-Z…C-]OÿC
13. N‰-éUc-`-x…c-Rc, àP-R-éUc-P-_‰-î‡c-U‰N-\‰_-T-`,
14. N‰-éUc-l…-PE-Pc-q…c-R-^…N-Oÿ-]ÈE-`-TZ…P-NE-îP-T\E-T,
15. µ-ô‰-TN‰-T,¶‡U-n…-_`-T-a…C-C‰-T-Z…C-P-_‰,
16. E‰N-l…-S-HÈ-`-\‰_-T-^…P-PU,
17. N‰-^…P-P-E‰N-l…-S-HÈ-P…-E‰N-_E-C…-PÈ_-CE-^ÈN-l…c-Cc‰_-IÈc-Pc-î-C_-`-m‰_-]uÈ,
18. W”_-]mÈc-U-`-RÈ-K…-z-_…E-T-UE-RÈ-m‰_-Pc-܉Tc-]ÈE-T-Z…C-^ÈN,
19. ¢_-`c-î‡-Pc-U…-q‰N-R]Ã-N‰-_…E-S-HÈ-z⁄-ÜÈC-C…P-^ÈN-\‰_-T-`,
20. _…Cc-Rc-TåCc-P-]x-UÈ-^…P-K‰,
21. BÈE-`È-VÓ-T-G‰P-RÈ-Z…C-z⁄-ÜÈC-C…P-_E-U‰N-NU-£U-Pc-]ÈEc-Rc,
22. `U-B-Z…C-P-TP-N‰-ˇ‡-G‰-`-ˇ‡-a-]qÈ_-T,
23. ≠P-^Ec-`-\…`-G‰-T-CF…C-z⁄-ÜÈC-F…E-]OÿC-R-`,
24. UMÈE-U-MC-Lfi-µ_-U‰N-R]Ã-NC]-TN‰-TcU-n…c-U…-mT-R]Ã-EE-`,
25. WÂ-]N…]Ã-¶E-T-Lfi_-Lfi_-RÈ-N‰-]CCc-Pc-N_-F…C-`“c-]OÿC
26. N‰-Pc-Ec-x⁄E-R-`Cc, ^“`-]N…-P-NR`-Q-_È-R]Ã-NEÈc-ÜÈT,
Lektion Achtzehn
265Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
27. ±-¨„_-U_-R-`È-VÓ-Z‰c-q-T-T[÷Cc-\‰_-T-N‰-CE-P-T[÷Cc-[÷c-Rc,
28. TP-N‰-N‰c-E]Ã-UCÈ-UH“C-U‰N-R-`-^“P-_…E-RÈ-Z…C-Tõc-K‰,
29. mÈN-CE-Pc-^…P, F…-q‰N-Cc“Ec-Rc,
30. TNC-CVE-`-§ÈN-l…-U…-•…C-RÈ-G‰-Z…C-`Cc-K‰,
31. BÈE-£P-R-a…P-Lfi-G‰-T_-CN]-Tc-NU-R]Ã-GÈc-a…C-[÷-_“-]ÈEc-R-`Cc-[÷c-Rc,
32. ]È-P-Ec-U_-R-NE-≥N-l…c, mÈN-E]Ã-z⁄-]N…-ÜÈCc-a…C-Cc“Ec-
33. NT“-æ]Ã-]ÈC-Pc-GE-c-`-Tˇ‡Ec-R-TKÈP-K‰-CPE-qŸE-Tc-SP-`-Z…U-R-Z…C-qŸE-,
34. z⁄-]N…-_‰U-`-ÜÈCc-a…C-\‰_-TP-N‰-N‰-`ÈC-cÈE-T-NE-,
35. GE-üC-U-`“c-R_-TLfiEc-K‰-z⁄-_‰U-Pc-TÜÈCc-Rc,
36. N_-F…C-Pc-pŸCc-í…]Ã-Cc‰T-Pc-G-§ÈP-R]Ã-T“-G”E-N‰-]TÈN-Oÿ-qŸE-§‰,
37. É-U]Ã-Z`-K-`-PE-Oÿ-aÈC-Cc“E-C…P-]OÿC-\‰_-Tc-NC]-§‰,
38. BÈE-C…c-E]Ã-UH`-¶]Ã-CÈ-GÈN-]OÿC-Rc,
39. Ec-lE-BÈE-C…-z⁄-ÜÈC-]zÈ-]N…-CÈ-GÈN-F…C-q‰N-qc-
40. üC-F“E-\N-F…C-]OÿC-R-N‰-TÜÈCc,
41. Z…E-N‰c-É-U-NE-UH`-T]Ã-UM—P-ì‰P-qc-Rc,
42. Z…E-C…-U…E-`]E-UM—P-ì‰P-Oÿ-GCc-K‰,
43. Nq_-Z…E-C…-UM], NDÿP-Nl…`-`-`U-^ÈN-R-Z…C-^ÈN-NÈ,,
44. N‰-Pc-E-T“-G”E-N‰-NE-T•‰Tc-K‰-PE-Oÿ-p…P-Rc,
Analytische Verbformen
266Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
45. ¢-Pc-l…-TP-N‰-N‰-c-CNP-n…-§‰E-P-]TÈ`-I…c-˛‰C-u⁄U-VÂ-NE-
46. c“U-˛‰C-£‰c-]TÈ`-NE-TFc-R]Ã-§‰E-P-
47. ¶‡U-p…c-a…C-qc-R-`-©…P-zC-NE-¶]Ã-q-CaÈC-C…-CaÈEc,
48. ©-_-NE-eC-WÍU-éUc-]p…-T-U-qŸE-T_-
49. c-B`-`‰-T-Z…C-qc-Pc-õÈ-W…`-ü‚C-C‰-]OÿC-R-`,
50. ]N…-P…-¢_-n…-N‰-@-^…P-R_-]OÿC É-U-CE-P-T[÷Cc-R-P-£U-Tõc-Rc,
51. É-U]Ã-Z`-Pc, EÈ-U…-a‰c-R-TN‰P-]ÈE-, U_-R-E-_E-^…P-pC-]W`-F…C-Cc“Ec,
52. N‰_-pC-TV`-ZTc-≠À-TÈ_-ÉEc-K‰,
53. É-U-_…P-RÈ-G‰-TNC-I…-U-`-§ÈN-Pc-l…-U…-•…C-RÈ-G‰-Z…C-`Cc-Rc,
54. “c-EC-^…N-Cc“U-^E-]T“`, õÈ-CÈc-GÈc-Cc“U-^E-É-U-`-[÷,
55. WÂ-]N…_-cEc-î-T-Z…C-M—Cc-ä‰c-]XÀP-R_-[÷-[÷c-Rc,
56. É-U]Ã-Z`-Pc, •…C-RÈ-G‰-^…P-R]Ã-^“c-E-`-U…-]uÈ,
57. E]Ã-G‰N-Oÿ-•…C-R-CcÈC-Lfi-TKE-T-P…-U…P,
58. mÈN-l…c-•…C-R-F…-qc-R-Cc“Ec,
59. î‡-UWP-éUc-îc-R_-[÷c-Rc,
60. ]OÿC-CE-õ_-P]E-`“c-EC-^…N-Cc“U-]T“`-T-N‰-T\E-,
61. õÈ-CÈc-GÈc-Cc“U-AÿP-U…-]ÈE-,
62. E-P-õÈ-CÈc-§‰_-GÈc-CZP-Pc-WÍ`, ^E-P-GÈc-§‰_-õÈ-CÈc-CZP-Pc-WÍ`,
Lektion Achtzehn
267Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
63. N‰-CI…c-]NÈUc,
64. Ec-GÈc-§‰_-T-]NUc-P-WÂ-]N…_-cEc-î-U…-î-mÈN-_E-C…-£…E-_“c-`-_C-`c-
65. Cc“Ec,
66. ]È-P-É-U]Ã-x⁄E-Oÿ-
67. õÈ-CÈc-CZP-Pc-]WÍ`-T_-[÷-[÷c-Pc-
68. NR‰-G-CF…C-^ÈN-R-N‰-UGÈN-BE-Oÿ-T´`-Tc-
69. mÈN-l…-NR‰-CÈC-N‰-p…_-MÈP, E]Ã-å‰P-UGÈN-éUc-`-GU-R-]ÈE-Cc“Ec,
70. E]Ã-NR‰-G]Ã-tÈN-P-UM—]Ã-NR‰-G-^ÈN-Rc-`P-£U-R-qŸE-,
71. E-_E-]OÿC-c_-WCc-qc-Pc-ZC-ac-N‰_-T•N-N‰, ^“U-n…c-\-U-´…N-RÈ-q…P,
(Mil 55-58)
Übersetzungshilfen
2. U…-zN-WN- siehe Seite 196
3. î‡c-^ÈN- ist mir bekannt
4. uÈ-TÈ-`“E- Ortsname `-B- Pass
7. S-C…-P- siehe Seite 200 N‰-C- siehe Seite 86
9. ^…P-R_-MC-GÈN- Es war nun gewiss, dass ... ist.
10. GÈc-`-°E- Name des Passes
11. å‰P-]‰`-a…P-Lfi-`‰Cc- besonders glücksverheißendes Zeichen
12. lE-^_- wieder
13. P-_‰- siehe Seite 182 î‡c-U‰N- ist uns nicht bekannt
14. ^…N-Oÿ-]ÈE- betörend, bezaubernd TZ…P- Gesicht
15. ¶‡U-n…-_`-T-a…C-C‰-T- Haarsträhnen mit Öl gepflegt
18. ]mÈc-U-`- an Geschenken ܉Tc-]ÈE-T-Z…C-^ÈN, übersetze: er kam zurück
Analytische Verbformen
268Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
19. î‡-Pc- = ˛-T-Pc- Beachten Sie, dass z⁄-ÜÈC-C…P-^ÈN- ohne Agens konstruiert ist: »Er ist am Pflügen.« Betont wird der Zustand, nicht die Aktivität.
20. _…Cc-Rc-TåCc-P-]x-UÈ-^…P-K‰, Als ich es mir recht überlegte, schien es mir nur wahrscheinlich.
21. BÈE- Er, ein ... z⁄-ÜÈC-C…P-_E-U‰N-NU- wird wohl [normalerweise] nicht pflügen
22. TP-N‰- bedeutet »Mönch«, aber Marpa war kein Mönch. Er hatte Frau und Kinder. Vielleicht wäre »Mann in Lamaroben« eine mögliche Übersetzung.
24. µ_-U‰N-R- unaussprechlich TcU-n…c-U…-mT-R- unvorstellbar
l…- etc. + EE-`- im Zustand von
25. Lfi_-Lfi_-RÈ- vielfältig/flüchtig `“c-]OÿC- blieben zurück
26. x⁄E-R-`Cc, Verehrter Herr! Q-_È-R- NÀropa NEÈc-ÜÈT- direkter Schüler
27. T[÷Cc-\‰_-T- von dem es heißt/mir gesagt wurde, dass er [hier] lebt
28. E]Ã-UCÈ-UH“C-U‰N-R-`- mich von Kopf bis Fuß
32. ≥N-l…c- siehe Seite 172
34. _‰U-`- tüchtig
35. _‰U-Pc- wie _‰U-`-
36. G-§ÈP-R]Ã- der mir was (=den Weg) gezeigt hatte
37. É-U]Ã-Z`-K-`- ...Cc“E-C…P-]OÿC- Der Lama weist dich an .../Der Lama sagt, du sollst ...
38. BÈE-C…c-E]Ã-UH`-¶]Ã-CÈ-GÈN-]OÿC-Rc, Ec-lE-BÈE-C…-z⁄-ÜÈC-]zÈ-]N…-CÈ-GÈN-F…C-q‰N- Weil er mir den Gefallen getan hat, ein Treffen von mir [und dem Lama zu vermitteln], will auch ich ihm einen Gefallen tun und seine Pflugarbeit noch zu Ende bringen.41., 42. Einschub, der den Namen des Feldes betrifft
UM—P-ì‰P-qc-Rc, weil es die guten Bedingungen bot
Nq_- = Nq_-B-`- NDÿP- = NDÿP-B-`- `U-^ÈN-R-Z…C-^ÈN-NÈ, gibt es einen Weg
44., 45. ]TÈ`-I…c-˛‰C- zwei aufgestapelte Kissen u⁄U-VÂ- [mit] einem Teppich
NE-c“U-˛‰C-£‰c-]TÈ`- und einem dreieckigen Rückenkissen NE-TFc-R- versehen
47. ¶‡U-p…c- »Fettabwischen« ]p…-T-U-qŸE-T_- beim Abwischen nicht erreicht habend
49. c-B`-`‰-T-Z…C- Staub, Dreck õÈ-W…`- Essensreste, Fett
50. ... R-P-£U-[R_-] als ich mich ... fragend
51. TN‰P-]ÈE-, es ist wahr/richtig
55. WÂ-]N…_-cEc-î-T-Z…C-M—Cc-ä‰c-]XÀP-R_-[÷- Ich bitte [euch], habt Mitleid [und lehrt mich ein Mittel zur] Buddhaschaft in diesem Leben.
Lektion Achtzehn
269Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
56. R]Ã-^“c- übersetze: um dich zu beschweren, dass
57. E]Ã-G‰N-Oÿ-•…C-R-CcÈC-Lfi-TKE-T-P…-U…P, Die grammatische Konstruktion muss frei wiedergegeben werden.
60. ]OÿC-CE-õ_-P]E- wie auch immer es sei
61. U…-]ÈE-, hier: wirst du nicht bekommen
66. GÈc-`-CKN-]ÈEc-R-`Cc-Rc, weil ich gekommen bin in Hinblick auf den Dharma
68. NR‰-G-CF…C- hier: einige Bücher
69. CÈC- schäbig GU-R-]ÈE- werden infiziert/verdorben
70. UM—]Ã-NR‰-G- Buch über schwarze Magie `P- [der Lama] antwortet/reagiert [so]
71. WCc- Unterbrechung, Pause \-U- Essen
Analytische Verbformen
270Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
271Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
19. Das Werk
Ein tibetisches Werk am Beispiel von Gampopas »Schmuck der Befreiung«
Autor ˛ÈU-R-RÈ-Gampopa, der Autor des »Schmuck der Befreiung«, lebte von 1079-1153.
Sucht man bei www.tbrc.org unter »sgam po pa«, so findet man folgende Namen:
Hauptname: TcÈN-PUc-_…P-G‰P-
Haupttitel: °U-RÈ-R-TcÈN-PUc-_…P-G‰P-
Titel: ªCc-RÈ-ü-ä‰-TcÈN-PUc-_…P-G‰P-
Persönliche Namen: N_-U-uCc-R-, °U-RÈ-R-, Ñ-T-CZÈP-Q÷-
Weiterhin wird Gampopa auch UIU-U‰N-ªCc-RÈ-ü-ä‰- oder ]XU-Ç…E-uCc-R- genannt.
Hält man einen traditionellen tibetischen Text in der Hand und möchte herausfinden,
wer der Autor ist, so sollte man in den Kolophon schauen, den Schlussvermerk am
Ende des Textes. Eventuell finden sich auch Hinweise im Titel wie beim »Schmuck der
Befreiung« im Kurztitel.
Aufbau eines tibetischen Textes
Tibetische Texte folgen häufig dem folgenden Schema:
1. Titel UWP-
2. Einführung ÅN- / T§P-TFÈc-l…-¢ÈP-]uÈ-TaN-R-, kann folgende Elemente enthalten:
Glücksformel Ts-a…c-TäÈN-R-
Lobpreis UGÈN-TäÈN-
Vorsatz [, den Text zu verfassen] NU-TF]-T-
Gliederung [des Textkörpers] c-TFN-
3. Textkörper `“c- / C[÷E- (dagegen: einzelne Abschnitte ^P-`C-; Kapitel `‰]“-)
4. Kolophon qE-
5. Widmung/Glücksformel ¢È-T- / Ts-a…c-TäÈN-R-
19.1
19.1.1
19.1.2
272Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Titel UWP-Die Titel eines Werkes können an mehreren Stellen innerhalb des Werkes vorkommen und sich dabei unterscheiden. Die wichtigsten sind:
1. Titel auf der Titelseite oder am Textanfang (Langer Titel, der endet in Z‰c-q-T-T[÷Cc-cÈ,,)
2. Titel im Kolophon
3. Kurztitel (inoffizieller allgemein bekannter Titel)
4. Marginaltitel (Angabe am Seitenrand der Recto-Seite eines Folios zusammen mit der Seitenzahl)
Wenn man verschiedene Ausgaben von Gampopas »Schmuck der Befreiung« ver-gleicht, wird man feststellen, dass die Titelangaben durchaus nicht einheitlich sind. Die Arbeit von Tibetologen besteht häufig darin, Texte zu identifizieren. Mit Titeln um-gehen zu können, gehört also zur Grundausbildung. Anhand von Gampopas »Schmuck der Befreiung« soll hier ein langer Titel und ein Kurztitel besprochen werden.
Siehe auch: Orna Almogi. »Analysing Tibetan Titles: Towards a Genre-based Classifica-tion of Tibetan Literature« in Cahiers d’Extréme-Asie 15. 2005, Seiten 27-58.
Aus dem Sanskrit übersetzte Werke haben oft folgende Titel:
1. Titel auf Sanskrit in Lañtsa-Schrift1
2. Titel auf Sanskrit in tibetischer Schrift
3. Titel auf Tibetisch in tibetischer Schrift
Einige tibetische Autoren haben für ihr Werk einen Sanskrit-Titel rekonstruiert, um es in die Tradition des indischen Gelehrtentums zu stellen.2
Langer Titel
Lange Titel sind oft in zwei Abschnitte zu unterteilen. Im ersten Abschnitt kommt der Sachtitel, der oft die Art des Werkes andeutet (Für ein Beispiel siehe Seite 272). Im zweiten Abschnitt kommt der Schmucktitel, in dem das Werk einem kostbaren Ge-genstand gleichgesetzt wird. Im folgenden Beispiel ist der Schnitt zwischen PÈ_-T“- und M_-R-. Im Fall des »Schmuck der Befreiung« sind beide Abschnitte poetische Titel und stehen in Apposition zueinander.
Lektion Neunzehn
19.1.3
1. Lañtsa ist eine indische Schmuckschrift, die zum Beispiel bei Zierinschriften in Tempeln benutzt wird.2.Siehe zum Beispiel: Mipham Rinpoche. Gateway to Knowledge. Rangjung Yeshe Publications, Vol I, Hongkong 1997, Seite 14. Diese Aus-gabe des Werkes ist auch zum weiteren Selbststudium zu empfehlen, denn es hat jeweils auf der linken Seite den Text auf Tibetisch und auf der rechten Seite eine Übersetzung ins Englische. Inhaltlich ist es eine Einführung in buddhistische Grundbegriffe und Konzepte.
273Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
NU-GÈc- ^…N-TZ…P- n…- PÈ_-T“- M_-R- _…P-RÈ-G‰]Ã- îP-
edle Lehre wunscherfüllend Juwel Befreiung kostbar Schmuck
wunscherfüllendes Juwel der edlen Lehre kostbarer Schmuck der Befreiung
Kurztitel
In diesem Beispiel weist der Kurztitel auf den Verfasser hin.
ªCc-RÈ- M_- îP-
Dwags-po
(Gegend in Zentraltibet)
Befrei[ung] Schmuck
Kolophon qE-
Allgemeine Bemerkung
Tibetische Texte schließen gewöhnlich mit einem Kolophon ab, der bibliographische
Informationen zum Text enthält. Erst in modernen gedruckten und gebundenen Tex-
ten gibt es ein Impressum. Moderne tibetische Texte im Petscha-Format können auf
einer dem Werk vorangestellten Seite Informationen zu Verfasser, Druck, Auflage und
Erscheinungsjahr des Textes enthalten.
Wenn Sie einen unbekannten Text im traditionellen Stil vor sich haben, lesen Sie zu-
erst den Titel und versuchen Sie anschließend, den Kolophon zu finden und zu verste-
hen. Nur so können Sie herausfinden, von wem der Text verfasst ist usw.
Kolophon-Arten
Der Kolophon kann vom Verfasser des Textes, dem Herausgeber oder anderen Perso-
nen verfasst sein. Inhaltlich kann der Kolophon Informationen zur Verfasserschaft ent-
halten, bei gedruckten Manuskripten auch zusätzlich Informationen zur Drucklegung.
Neben dem Verfasserkolophon und dem Druckkolophon lassen sich weitere Schluss-
vermerke unterscheiden wie Übersetzerkolophon, Schreiberkolophon oder Kolophon
zur Textsammlung.
Das Werk
19.1.4
274Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Inhalt der Kolophone
Der vom Verfasser geschriebene Kolophon kann Informationen enthalten zu:
Titel
Person, auf deren Aufforderung hin der Text geschrieben wurde
Autor
Zeitpunkt und Ort der Niederschrift
begleitende Umstände der Textniederlegung
Schreiber
Editor/Korrektor u.a.
Der Druckkolophon enthält Informationen zum Druck, zum Beispiel:
Auftraggeber und Geldgeber
am Druck beteiligte Personen
Zeitpunkt und Ort der Drucklegung
begleitende Umstände des Drucks u. ä.
Wichtige Formulierungen in Kolophonen
... l…c-Tˇ‡`-T-`-Tå‰P- basierend auf der Aufforderung durch ...
... l…c-Tˇ‡`-T]Ã-EÈ_- angesichts der Aufforderung durch ...
... n…c-T@ÈN-R-íÈCc-cÈ,, ist das von ... Verfasste beendet./Hier endet das ...
Übungen
Sekundärliteratur
• Lesen Sie die beiden Artikel in Claudius Müller und Walter Raunig. Der Weg zum Dach
der Welt. Pinguin Verlag, 1998.
Günter Grönbold: »Die Schrift- und Buchkultur Tibets« (Seiten 363-380)
Andreas und Monika Kretschmar. »Abriss der Literaturgattungen Tibets« (Seiten 381-386)
• In welche Genres kann man die tibetische Literatur unterteilen? Schauen Sie unter
Cabezon und Jackson. Tibetan Literature – Studies in Genre. Snow Lion Publications, 1996. »Editors Introduction« (insbesondere Seiten 30, 31)
Lektion Neunzehn
275Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
• Im tibetischen Kulturraum ist es durchaus nicht selbstverständlich, dass Bücher zum Lesen gemacht werden. Sie sind vor allem auch Verehrungsobjekt. Allein sie zu be-rühren oder zum Beispiel zu ihrer Herstellung beizutragen, indem man Geld spendet, verschafft spirituelles Heil. Zum Buch als Verehrungsobjekt lesen Sie:
Jan-Ulrich Sobisch. »Bemerkungen zur Vorgeschichte des Buches im Buddhismus und zur materiellen Kultur des Buches in Tibet« in Die Welt des tibetischen Buddhismus. Mu-seum für Völkerkunde, Hamburg, 2005. (Seiten 99-131)
Recherchieren
Der »Schmuck der Befreiung« ist ein beliebter Text.
Wieviele Ausgaben finden Sie in der Bibliothek?
Schauen Sie sich die Ausgaben im traditionellen Stil an. Welche Randvermerke finden Sie? Unterscheiden sich Folio-Vorderseite (recto) und Folio-Rückseite (verso)? Wo ste-hen die Seitenzahlen?
Schauen Sie sich die Druckausgaben im modernen Stil an? Gibt es ein Inhaltsver-zeichnis? Wurden Zwischenüberschriften eingefügt? Gibt es ein Vorwort oder einen Anhang mit weiteren Informationen zum Text?
Übersetzen Sie die Einführung des »Schmuck der Befreiung«
Der folgende Abschnitt gibt den Beginn des »Schmuck der Befreiung«, vom Titel über die Einführung bis zum Beginn des ersten Kapitels. Teile davon kamen bereits vor. Übersetzen Sie die gesamte Einführung! Identifizieren Sie Titel, Lobpreis, Vorsatz, einführende Bemerkungen, Gliederung, Übergang zum nächsten Kapitel, Beginn des ersten Kapitels!
Vergleichen Sie eine Ausgabe, die Sie in der Bibliothek gefunden haben, mit diesem Abschnitt. Stimmt alles überein?
1. " , , NU-GÈc-^…N-TZ…P-PÈ_-T“-M_-R-_…P-RÈ-G‰]Ã-îP-F‰c-q-T-T[÷Cc-cÈ , ,
2. " , , ]SCc-R-]HU-NR`-CZÈP-Q÷_-nŸ_-R-`-pC-]W`-`È , ,
3. î`-NE-N‰-~c-éUc-NE-NU-R]Ã-GÈc-éUc-NE-, ,
4. N‰]Ã-^E-˛-T_-nŸ_-R-É-U-`-TLfiN-Pc , ,
Das Werk
276Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
5. ^…N-TZ…P-PÈ_-T“-õ-T“]Ã-NU-GÈc-_…P-G‰P-]N… , ,
6. U…-`-ä‰-^…-x…P-`-Tå‰P-Pc-_E-CZP-NÈP-Oÿ- …, ,
7. ≠À_-GÈc-MUc-FN-]BÈ_-T-NE-r-EP-`c-]Nc-R-CI…c-c“-]Oÿc-cÈ , ,
8. N‰-`-]BÈ_-T-Z‰c-q-T-P…-_E-TZ…P-§ÈE-R-I…N-^…P ,
9. éU-R-]t‹`-R-^…P ,
10. UWP-I…N-•‡C-T¢`-Oÿ-a_-T-^…P-PÈ , ,
11. r-EP-`c-]Nc-R-Z‰c-q-T-P…-_E-TZ…P-§ÈE-R-I…N-^…P ,
12. éU-R-]t‹`-R-MUc-FN-\N-F…E-^`-T-^…P ,
13. UWP-I…N-•‡C-T¢`-MUc-FN-`c-uÈ`-T-^…P-PÈ , ,
14. N‰-`-]BÈ_-T_-]t‹`-R-]N…-^E-c“-]t‹`-P ,
15. BUc-Cc“U-n…-c‰Uc-FP-MUc-FN-]t‹`-`È , ,
16. CZ…-F…-`c-]t‹`-P , §ÈE-R-I…N-`c-]t‹`-`È , ,
17. î‡-F…-`c-]t‹`-P , U-_…C-R-G‰P-RÈc-]t‹`-`È , ,
18. W”`-H…-õ_-]t‹`-P , ]uÈ-T-_…Cc-x⁄C-C…-≠ÈN-^“`-Oÿ-]t‹`-`È , ,
19. NR‰-H…-õ_-]t‹`-P , CI…N-NE-ê…-`U-õ_-]t‹`-`È , ,
20. Oÿc-PU-Pc-]t‹`-P , ]BÈ_-T-MÈC-U-U‰N-R-Pc-]t‹`-`È , ,
21. ]t‹`-R-`-´ÈP-F…-^ÈN-P , •‡C-T¢`-]T]-Z…C-`-≠ÈN-NÈ , ,
22. ]t‹`-R-^‰-a‰c-c“-PU-]nŸ_-P , É-U‰N-l…-qE-G”T-MÈT-V-P-]nŸ_-_È , ,
Lektion Neunzehn
277Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
23. ]t‹`-R-`-_E-cEc-^ÈN-NU-£U-P , ]BÈ_-T-UM]-U‰N-R_-uCc-R-N‰-^…P-PÈ , ,
24. N‰-õ_-P-]BÈ_-T-]N…-]t‹`-R-^…P-`“Cc-cU , •‡C-T¢`-G‰-WÍN-NU ,
25. ^“P-n…-_…E-`“Cc-cU , _E-uÈ`-U‰N-`“Cc-N‰-õ_-`Cc-Rc ,
26. Oÿc-N‰-_…E-Pc-T\“E-§‰-É-U‰N-l…-qE-G—T-F…-MÈT-`-]TN-]W`-`È , ,
27. N‰-õ_-]TN-R-`-F…-NCÈc-a‰-P , •ÈU-P… ,
28. î‡-NE-å‰P-NE-ì‰P-NE-P… , ,MTc-NE-]c-T“-]z…P-`c-K‰ , ,
29. É-U‰N-qE-G”T- …-•ÈU-x⁄C , ÉÈ-úP-éUc-l…c-a‰c-R_-q , , Z‰c-R-§ ‰,
30. É-U‰N-l…-qE-G”T-N‰]Ã-î‡-NE-, N‰-±„T-R]Ã-å‰P-n…-CE-\C-NE-,
31. N‰-T±„T-R-`-Tˇ‡`-T]Ã-ì‰P-NE-, N‰-±„T-R]Ã-MTc-NE-,
32. N‰-u⁄T-R]Ã-]c-T“-NE-, N‰-u⁄T-Pc-cEc-îc-l…-]z…P-`c- éUc-a‰c-NCÈc-R]È , ,
33. N‰-NC-_…U-R_-T§P-R-P… ,
34. î‡-P…-TN‰-Ca‰Cc-£…E-RÈ-§‰ , , å‰P-P…-U…-`“c-_…P-G‰P-UGÈC ,
35. ì‰P-P…-NC‰-T]Ã-Ta‰c-CI‰P-^…P , ,MTc-P…-N‰-^…-CNUc-EC-§‰ , ,
36. ]c-T“-íÈCc-cEc-îc-l…-ˇ‡ , ,]z…P-`c-åÈC-U‰N-]uÈ-NÈP-UXN , ,
37. F‰c-R-éUc-^…P-PÈ , ,
38. N‰-éUc-l…c-P…-`“c-éU-TZC-T§P-R-VU-^…P-PÈ , ,
39. N-P…- ^P-`C-îc-R_-]GN-NÈ , ,
40. N‰-`-NE-RÈ , î‡-P…-TN‰-Ca‰Cc-£…E-RÈ-§‰ , , Z‰c-R-P… ,
Das Werk
278Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übersetzen Sie den Kolophon des »Schmuck der Befreiung«
Ende des letzten Kapitels
NU-GÈc-^…N-TZ…P-n…-PÈ_-T“-M_-R-_…P-RÈ-G‰]Ã-îP-`c-cEc-îc-l…-]z…P-`c-T§P-R]Ã-
`‰]“-§‰-I…-b÷-˛-CF…C-R]È , ,
Kolophon
NU-GÈc-^…N-TZ…P-n…-PÈ_-T“-M_-R-_…P-RÈ-G‰]Ã-îP-Z‰c-q-T , M_-R-G‰P-RÈ]Ã-`U-n…-_…U-
R-TaN-R-]N…-P…-
Tì–-N_-U-´Tc-l…c-Tˇ‡`-T]Ã-EÈ_ , ü-ä‰-TcÈN-PUc-_…P-G‰P-n…c-T@ÈN-R-íÈCc-cÈ , ,
^…-C‰-R-^E-N_-U-´Tc-l…c-Tn…c-R]È , ,
Lernen, mit Übersetzungen umzugehen
Zum »Schmuck der Befreiung« gibt es mehrere Übersetzungen ins Deutsche oder ins
Englische.
NACHDEM Sie selbst Einführung und Kolophon übersetzt haben, vergleichen Sie Ihre
Übersetzung mit den entsprechenden Abschnitten in:
1. Übersetzer: Herbert V. Guenther
sGam.po.pa. The Jewel Ornament of Liberation. Shambala Publications, 1959.
2. Übersetzer: Khenpo Konchog Gyaltsen Rinpoche
Gampopa. The Jewel Ornament of Liberation. Snow Lion Publications, 1998
3. Übersetzer: Lama Sönam Lhündrub
Gampopa. Der kostbare Schmuck der Befreiung. Theseus Verlag, 2000.
Sie werden feststellen, dass die Übersetzungen sich unterscheiden. Welche Überset-
zung finden Sie am gelungensten? Warum?
Lektion Neunzehn
279Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Anhänge
280Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Partikelübersicht
ä‰c-]H“C- Postskripte C E N P
íÈCc-WÀC- Fp. Aussage S. 164 CÈ EÈ-, NÈ, PÈ,
`-NÈP- Terminativsuffix S.151 Lfi- Oÿ- Oÿ- Oÿ-
]‰`-±- Attributsuffix S. 93
(Genitivsuffix)
C…- C…- l…- n…-
q‰N-±- Ergativ-Instru. S. 145 C…c- C…c- l…c- n…c-
]q‰N-•‡N- Fp. Frage S. 165 CU- EU- NU- PU-
îP-•‡N- Konzessivpart. S. 224 lE- ^E- lE- ^E-
üC-TFc- Semifinalpart. S. 217 §‰- §‰- N‰- K‰-
TNC-±- Nominalsuffix S. 50 R- T- R- R-
N-õ-Cc`-q‰N- Durativpartikel S. 254 C…P- C…P- l…P- n…P-
WÀC-zN-CZP-éUc-
Konjunktion cing
S. 222
F…E- Z…E- F…E- Z…E-
Redeabschluss-partikel S. 183
F‰c- Z‰c- F‰c- Z‰c-
»sagt man« S. 183 F‰]È, Z‰]È, F‰]È, Z‰]È,
»wenn jemand sagt«
S. 187
F‰-P- Z‰-P- F‰-P- Z‰-P-
Indefinit/Imperativp.
S. 86, 208, 169
F…C- Z…C- F…C- Z…C-
Anhänge
281Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
T U ] _ ` c UM]-U‰N- N-xC-
TÈ, UÈ, -]È, _È, `È, cÈ, -]È, KÈ,
Lfi- Oÿ- -_ _“- Oÿ- Oÿ- c“- -_ _“- Lfi-
l…- n…- … n…- n…- l…- -]Ã- ^…- l…-
l…c- n…c- -c ^…c- n…c- n…c- l…c- -c ^…c- l…c-
TU- UU- -]U- _U- `U- cU- -]U- KU-
lE- ^E- -]E- ^E- ^E- ^E- lE- -]E- ^E- lE-
§‰- §‰- §‰- K‰- K‰- K‰- §‰- K‰-
R R T T T R T
l…P- n…P- ^…P- n…P- n…P- l…P- ^…P-
F…E- Z…E- Z…E- Z…E- Z…E- a…E- Z…E- F…E-
F‰c- Z‰c- Z‰c- Z‰c- Z‰c- a‰c-/Z‰c- Z‰c- F‰c-
F‰]È, Z‰]È, Z‰]È, Z‰]È, Z‰]È, a‰]È, Z‰]È, F‰]È,
F‰-P- Z‰-P- Z‰-P- Z‰-P- Z‰-P- a‰-P- Z‰-P- F‰-P-
F…C- Z…C- Z…C- Z…C- Z…C- a…C- Z…C- F…C-
Anhänge
282Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Graphik versus Phonetik im Tibetischen(Aussprache von Lhasa)Ich danke Elmar Kniprath, der diese Tabelle entwickelt und mir zur Verfügung gestellt hat.Beachten Sie: Die Aussprache bezieht sich nur auf die Buchstaben im Anlaut.Zu einer Konkordanztabelle der Umschriften in verschiedenen Lehrbüchern sieheBettina Zeisler. Relative Tense and Aspectual Values in Tibetan Languages. de Gruyter, 2004, S. 226 ff.
stimmhaftAspirationNasalTon
---hoch
-+-hoch
- / ++ / --tief / hoch
+-+tief / hoch
TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.+ <y> + Prä-/Superskr.+ <r> + Prä-/Superskr.
@-<ka>[ká][ká][kʲá]1
[kʲá]1
[tɹá][tɹá]
B-<kha>[kʰá][kʰá][kʰʲá]2
[kʰʲá]2
[tɹʰá][tɹʰá]
C-<ga>[kʰà][gà][kʰʲà]2
[gʰʲà]3
[tɹʰà][dɹà]
E-<nga>[ŋà][ŋá]----
TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.
F-<ca>[ʨá][ʨá]
G-<cha>[ʨʰá][ʨʰá]
H-<ja>[ʨʰà][ʤà]
I-<nya>[ɲà][ɲá]
TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.+ <y>+ <r> + Prä-/Superskr.
K-<ta>[tá][tá][tá][tɹá][tɹá]
M-<tha>[tʰá][tʰá][tʰá][tɹʰá][tɹʰá]
N-<da>[tʰà][dà]-[tɹʰà][dɹà]
P-<na>[nà][ná]---
1. Tournadre: [c] (NT 435)
2. Tournadre: [ch] (NT 436)
3. Tournadre: [ ɟ] (NT 435) für IPA [ ɟ]
Anhänge
283Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
stimmhaftAspirationNasalTon
---hoch
-+-hoch
- / ++ / --tief / hoch
+-+tief / hoch
TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.+ <y> + Prä-/Superskr.+ <r> + Prä-/Superskr.
R-<pa>[pá][pá][ʨá][ʨá][tɹá][tɹá]
S-<pha>[pʰá][pʰá][ʨʰá][ʨʰá][tɹʰá][tɹʰá]
T-<ba>[pʰà][bà]1
[ʨʰà][ʥà] / [já]2
[tɹʰà][dɹà]
U-<ma>[mà][má][ɲà][ɲá]-[má]
TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.
V-<tsa>[ʦá][ʦá]
W-<tsha>[ʦʰá][ʦʰá]
X-<dza>[ʦʰà][ʣà]
TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.
a-<sha>[ɕá][ɕá]
Z-<zha>[ɕà][ɕà]
TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.+ Subskript <r>
c-<sa>[sá][sá][sá]
\-<za>[sà][sà]-
TransliterationIPA
+ Prä-/Superskr.
e-<a>[ʔá]
-
NT“- etc.
<dbu>[ʔú](nicht vor -a!)-
]-<'a>[ʷà] / [ɦà]
TransliterationIPA
Ä-<hra>[rá]3
_-<ra>[rà] oder [rà]4
1. mit Präskript N <d> Hochton (siehe unten!) 3. Tournadre: [ʂ]
2. [já] für die Zeichenfolge Nq <dby> 4. Tournadre: [ɹ]
Anhänge
284Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
stimmhaftAspirationNasalTon
---hoch
-+-hoch
- / ++ / --tief / hoch
+-+tief / hoch
TransliterationIPAals Subskript
ü-<lha>[lá]
`-<la>[là][lá]1
TransliterationIPAals Subskript nach <d> + <b>
^-<ya>[jà][já]
TransliterationIPA
Y-<wa>[wà]
NT-<dba>[wá](nur vor -a!)
TransliterationIPA
d-<ha>[há]
1. Sonderfall <zla>: [dà] (siehe Seite 30)
Anhänge
285Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Auszug aus einer tibetischen Grammatik zu bdag und gzhanAuszug aus dem Kommentar von dKa'-chen Padma zum »Spiegel, der die schwierigen Punkte des rtags kyi 'jugs pa deutlich macht«
Aus rTags 'jugs dka' gnas gsal ba'i me long gi 'grel pa rigs lam gser gyi lde mig von bKa'-chen Padma. In: Yanchen Drupai Dorji und Bikshu Kachen Pema. Sum rtags kyi snying
po legs bshad ljon dbang dang dka' gnad gsal ba'i me long. Karma Lekshey Ling Institu-te, Kathmandu 2004, Seiten 34-35. Der Text steht als Download zur Verfügung unter:www.leksheyling.org.
Eine Übersetzung des Grundtextes von dByang-can Grub-pa‘i rDo-rje (1809-1887) ins Deutsche finder sich in: Johannes Schubert. »Tibetische Nationalgrammatik« in Ost-
asiatische Studien, 1928.
Die Zwischenüberschriften (kursiv) wurden eingefügt.
Wann wird die Einteilung in bdag und gzhan gemacht?
`c-CE-Z…C-`-q‰N-R-RÈ,,
CZP-NE-NEÈc-c“-]‰`-T-^…,,
NTE-Oÿ-qc-Pc-q‰N-RÈ-NE-,,
N‰-^…-q‰N-R-CI…c-RÈ-P…,,
NEÈc-RÈ-TNC-^…P-q-^“`-NE-,,
q-T-CI…c-RÈ-NEÈc-RÈ-CZP,, ...
Wenn man bei einer Handlung davon spricht, dass ein Agens direkt verbunden ist mit gzhan, so sind das Agens und dessen Instrument (byed pa) bdag-Satzteile (dngos po).
Objekte und Handlung, sind gzhan-Satzteile.
`c-cU-q-^“`-`-q-T-Z…C-q‰N-î‡-^ÈN-P-
TNC-CZP-Oÿc-Cc“U-n…-Nq‰-T-]H“C-`,
`c-cU-q-^“`-`-q-T-q‰N-î‡-U‰N-P-
TNC-CZP-Oÿc-Cc“U-n…-Nq‰-T-U…-]H“C
Wenn es hinsichtlich der Objekte eine Handlung zu tun gibt, wendet man die Einteilung in bdag, gzhan und die drei Zeiten an.Wenn es hinsichtlich der Objekte keine Handlung zu tun gibt ( = Zustand), wendet man die Einteilung in bdag, gzhan und die drei Zeiten nicht an.
Welche Satzteile sind bdag und welche sind gzhan?
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286Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
N‰-`-q‰N-RÈ-CZP-NE-NEÈc-c“-]‰`-T]Ã-
NTE-Oÿ-qc-Pc-
q‰N-RÈ-CE-\C-NE-N‰]Ã-q‰N-R-P…-
a…E-CFÈN-R-õ-T“_-UWÍP-P-§-_‰-^…P-Rc-
N‰-CI…c-Q…, TNC-CZP-CI…c-l…-PE-Pc-TNC-^…P,
Wenn man dabei davon spricht, dass die byed po-Satzteile direkt verbunden sind mit gzhan, so ist byed po die Person und das Instrument, beim Beispiel vom Holz- zerschlagen die Axt.Daher sind diese beiden (Holzfäller und Axt) unter den beiden (Kategorien), bdag und gzhan, bdag.
N‰c-T±„T-R_-q-T]Ã-^“`-n…-NEÈc-RÈ-
NE-q-T-CI…c-RÈ-P…-
TNC-CZP-CI…c-l…-PE-Pc-CZP-^…P,
Satzteil des Objektes, das durch diese (Agens und Instrument) zu bearbeiten ist, und die Handlung, diese beiden sind unter den beiden (Kategorien), bdag und gzhan, gzhan.
N‰-^E-q-T]Ã-^“`-n…-NEÈc-RÈ-P…-a…E-^…P,
q-T-P…-a…E-CFÈN-R]Ã-`c-@-
§-_‰]Ã-]N‰Cc-]HÈC-NE-
a…E-OÿU-T“_-TLfiT-1R-cÈCc-^…P,
Das Objekt-Satzteil ist »Holz«.Die Handlung ist die Arbeit des Holzzerhackens,das Anheben der Axt, das Plazieren und das Holz in Stücke zerhauen usw.
NR‰-TäÈN-l…-ˇTc-c“,
a…E-CFÈN-R-RÈ, a…E-CFÈN-RÈ, Z‰c-R]Ã-±-]N…-õ-T“c-
q‰N-RÈ-CE-\C-a…E-UBP-CÈ-Tc-
TNC-CZP-CI…c-Pc-TNC-^…P,
Mit dem Beispiel [des Holzzerhackens] ausgedrückt:Weil man bei dem Wort »der Holzzerhackende«, »der Holzzerhacker« das Agens (byed po), die Person, den Holzfäller versteht,ist es unter den beiden (Kategorien), bdag und gzhan, bdag.
Präsens-Verbform betont Instrument und Ausführen der Handlung Y bdag
CFÈN-R_-q‰N, CFÈN-NÈ,, õ-T“-
q‰N-`c-Cc`-q‰N-l…-±-\‰_-T-^…P-PÈ,,
[Verbformen] wie »zerhackt« werden zur Verdeutlichung bezeichnet als byed las (»Handlung, die im Machen/im Ausgeführtwerden ist«).
NÈP-Oÿ-q‰N-R-§-_‰-NE-N‰-]N‰Cc-R]Ã-q-T-CÈ-NCÈc, Als Bedeutung ist das Instrument der Handlung zu verstehen, die Axt und das Anheben von dieser.
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1. gtub?
287Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
TNC-CZP-CI…c-Pc-N‰-^E-TNC-^…P, Unter den beiden (Kategorien), bdag und gzhan, ist es bdag.
Nezessitativ-Verbform betont Objekt und Resultat Y gzhan
CFN-q, CFN-R_-q-T, CFN-q]Ã-a…E-, õ-T“-
]N…-éUc-WÀC-TäÈN-W”`-U…-]x-T-qŸE-^E-
NÈP-CF…C-F…E-
q-^“`-Cc`-q‰N-l…-±-\‰_-T-^…P,
Auch wenn es viele verschiedene Arten gibt, es auszudrücken, wie »das Zuzerhackende«, »zuzerhackendes Holz« usw.,ist die Bedeutung gleichund wird zur Verdeutlichung bezeichnet als bya yul (»Handlungsobjekt«).
]N…-ˇTc-q-^—`-a…E-CÈ-NCÈc-a…E-
TNC-CZP-CI…c-Pc-CZP-^…P,
Hier ist das Handlungsobjekt »Holz«zu verstehenund unter den beiden (Kategorien), bdag und gzhan, ist es gzhan.
CFN-R_-q, CFN-NÈ,, õ-T“-]N…-éUc-`-
q-T]Ã-^“`-NE-]‰`-T]Ã-q-T-
Cc`-q‰N-l…-±-\‰_-T-^…P,
[Verbformen] wie »ist zu zerhacken« werden zur Verdeutlichung bezeichnet als bya ba'i yul dang 'brel ba'i bya ba (»Handlung, die mit dem Objekt der Handlung verbunden ist«).
]N…-ˇTc-
§-_‰-]N‰Cc-R]Ã-q-T-a…E-C…-§‰E-Oÿ-TTc-Pc-
a…E-T@c-R-NE-OÿU-T“_-]uÈ-T-cÈCc-CÈ-NCÈc-a…E-
TNC-CZP-CI…c-Pc-CZP-^…P,
Hier ist das zerspaltene und in Stücke zerfallene Holz als Folge der Handlung des Anhebens der Axt und des Niedergehens auf das Holz usw. zu verstehenund unter den beiden (Kategorien), bdag und gzhan, ist es gzhan.
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288Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Auszug aus einer tibetischen Grammatik zu Tha mi dad paAuszug aus dem Grammatik-Werk von dNgul-chu Dharma Bhadra (1772-1851) namens»Si tu‘i zhal lung«
Aus: Yul gangs can gyi skad kyis brda sprod pa’i bstan bcos sum cu pa dang rtags kyi ‘jug pa’i
rnam bshad mkhas mchog si tu’i zhal lung. Karma Lekshey Ling Institute, Kathmandu 2006, Seiten 30, 31.
Der Text steht als Download zur Verfügung unter www.leksheyling.org.
Die Zwischenüberschriften (kursiv) wurden eingefügt.
Allgemeine Definition von »nicht verschieden«-Verben:
1. anderes Agens (ist nicht vorhanden)
2. zum Zeitpunkt des Vorgangs (keine Agensaktivität)
3. (Auslösender Impuls des Vorgangs ist) nicht offensichtlich
]È-P-q‰‰N-R-RÈ-U‰N-R]Ã-q-q‰N-M-U…-NN-R-N‰-CE-^…P-Z‰-P,
Wenn man nun fragt, was ist das Handlung/Vorgang-Agens-Nichtverschiedene, bei dem es kein Agens gibt:
q-T-q‰N-R]Ã-CPc-ˇTc-c“-q‰N-R-RÈ-CZP-NEÈc-c“-U…-¶E-T-Z…C-§‰,
Etwas bei dem zum Zeitpunkt des Machens/Stattfindens einer Handlung/Vorgangs kein anderes Agens offensichtlich erscheint.
1. Kategorie: Agens und Tatobjekt fallen zusammen Y keine bdag-gzhan-Unterteilung
N‰-^E-q‰N-R-RÈ-CZP-U…-¶E-Z‰c-Rc, Weiterhin, weil hier gesagt wurde: »Ein anderes Agens erscheint nicht.«
NR‰_-P,
TNC-]uÈ]È,, õ-T“]Ã-WÂ,
Zum Beispiel wenn man sagt:»Ich gehe.«
]uÈ-T-N‰-q-WÀC-^…P-lE-,
]uÈ-q-]uÈ-q‰N-CI…c-@-TNC-^…P-Rc-
]uÈ-q-`c-CZP-R]Ã-]uÈ-q‰N-U‰N-Rc-P-
]N…-`-TNC-CZP-n…-Nq‰-T]E-U…-q‰N-R-^…P-PÈ,,
Zwar ist »gehen« ein Handlungswort, aberweil das zu Gehende und das Gehende [beides] »ich« ist, [und]weil es keinen Gehenden gibt, der ein anderer wäre, als das zu Gehende,wird hierbei die Unterteilung in bdag und gzhan nicht gemacht.
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289Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
2. Kategorie: Agens gab vorher Anstoß zum Vorgang, ist zum Zeitpunkt des Stattfindens
aber nicht mehr beteiligt
^E-q-T-q‰N-R]Ã-CPc-ˇTc-c“-q‰N-R-RÈ-CZP-U…-¶E-Z‰c-Rc,
Und weil gesagt wurde:»Zum Zeitpunkt des Machens/Stattfindens einer/eines Handlung/Vorgangs erscheint kein anderes Agens.«
NR‰_-P, í-UBP-n…-]BÈ_-`È-]BÈ_-_È,, õ-T“]Ã-WÂ,
Zum Beispiel wenn man sagt:»Die Scheibe des Töpfers dreht sich.«
NE-RÈ_-ˇÈ_-q‰N-CZP-^ÈN-lE-,
]BÈ_-TZ…P-R]Ã-CPc-ˇTc-c“-ˇÈ_-q‰N-CZP-U‰N-R_-_E-I…N-EE-C…c-
]BÈ_-Tc-CPc-ˇTc-N‰_-q-q‰N-M-U…-NN-R]Ã-G-Pc-TˇÈ_-Z‰c-U…-TäÈN-R_-]BÈ_-Z‰c-TäÈN-R-^…P-PÈ,,
Zwar gibt es zuerst einen Anderen, der das Drehen bewirkt, aber weil zum Zeitpunkt des sich Drehens das Drehen von selbst spontan stattfindet, ohne das jemand da wäre, der das Drehen bewirkt,zu solchem Zeitpunkt sagt man angesichts der Nichtverschiedenheit von Handlung/Vorgang und Agens,»sich drehen« und nicht »in Drehung versetzt haben«.
3. Kategorie: Agens ist nicht offensichtlich; Vorgang findet scheinbar von selbst statt
^E-q‰N-R-RÈ-CZP-NEÈc-c“-U…-¶E-Z‰c-Rc, Weiterhin weil gesagt wurde »ein anderes Agens erscheint nicht offensichtlich«.
NR‰_-P, ´‰c-T“-Z…C-C…-UOÿP-Oÿ-
ôCc-a…C-_E-TZ…P-n…c-Cc‰_-Oÿ-nŸ_-R]Ã-WÂ,
Zum Beispiel wenn man sagt:»Vor einem Lebewesen verwandelte sich Eisen von selbst in Gold.«
´‰c-T“-N‰]Ã-TcÈN-PUc-I…N-q‰N-R-RÈ-CZP-^…P-UÈN-l…-N‰-NEÈc-c“-U…-¶E-T-NE-
ôCc-_E-I…N-l…-]qŸE-T-éUc-l…-q‰N-Rc-
]nŸ_-T]Ã-G-Pc-ôCc-Cc‰_-c“-T¨„_-F‰c-
U…-TäÈN-R_-nŸ_-F‰c-TäÈN-R-§‰,
Zwar ist das spirituelle Verdienst des Lebewesens ein anderes Agens, aberdieses erscheint nicht offensichtlich. Undbezogen auf das Werden [zu etwas] aufgrund des Tätigseins der Elemente des Eisens selbst,sagt man nicht »Eisen wurde in Gold verwandelt«, sondern »Eisen hat sich in Gold verwandelt«.
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290Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
N‰-^E-Z…T-Lfi-NoÈN-R]Ã-WÂ-
NEÈc-RÈ]Ã-_E-UWP-cÈ-cÈ-Pc-_E-C…c-_E-`-
q-T-q‰N-R-]C`-^E-,
Weiterhin, wenn man genau betrachtet,auch wenn es ein Widerspruch zu sein scheint, dass das Eigenmerkmal einer Sache jeweils durch sich selbst bei sich selbst eine Handlung bewirkt,
≠À-úÈC-_Cc-R]Ã-M-£N-VU-`-]C`-T-U‰N-NÈ,, gibt es doch keinen Widerspruch bei dem bloßen allgemeinem groben Begriff. (Das heißt, der Begriff »Agens« wird hier im Sinne von »auslösender Impuls zu einem Vorgang« als Wort aus dem allgemeinen Sprachgebrauch benutzt, nicht in seinem speziellen grammatischen Sinn.)
Schlussfolgerung:
Man spricht von Handlung/Vorgang-Agens-Nichtverschieden (bya byed tha mi dad pa)
1. wenn Agens und Tatobjekt zusammenfallen
2. wenn die Agensaktivität vor dem Zeitpunkt des Stattfindens der Handlung/des
Vorgangs lag
3. wenn das Agens nicht offensichtlich ist und der Vorgang scheinbar ohne Agens
stattfindet.
Zu diesem Textausschnitt nimmt Peter Schwieger in dem Kapitel »Transitivität und Kontrollierbarkeit« Bezug (PSch 30,31).
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291Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übersetzung zum Lesestück von Lektion Neunzehn: »Milarepa begegnet Marpa«Ich übersetze TP-N‰- »Mönch« mit »Mann in Lama-Roben«, denn Marpa war kein Mönch. In der bKa'-'gyud-Linie gibt es drei Lebensläufe, die exemplarisch dafür stehen, dass man mit unterschiedlichen Lebensweisen den Weg zum Erwachen gehen kann: Marpa als Haushälter, Milarepa als Yogi und Gampopa als Mönch.
Ich übersetze U…-•…C-RÈ-G‰- »Mensch von großer Sünde« als »jemand, der viele Sünden be-gangen hat«, um eine Assoziation mit der christlichen Vorstellung von »der Sünde« zu vermeiden, mit der jeder Mensch von seinem natürlichen Zustand her behaftet wäre, einer Störung in seiner Beziehung zu Gott. Befreiung aus dem Zustand der Sünde aus eigener Kraft ist nach christlichem Verständnis nicht möglich, sondern es bedarf der Gnade Gottes. »Sünden« oder »sündige Taten« sind Folgen des gestörten Zustands.
Nach dem tibetischen Buddhismus ist der natürliche Zustand eines jeden Lebewesens das potentielle Erwachtsein, aber geistige Befleckungen hindern diese am Realisieren dieses Zustands. Der Heilsweg ist, diese geistigen Befleckungen zu entfernen bzw. umzuwandeln. Der spirituelle Zustand ist direkte Folge des eigenen Karmas, also der eigenen Handlungen und Gedanken, und somit ist jedes Wesen für seine spirituelle Entwicklung selbst verantwortlich.
Gerade Milarepas Lebensgeschichte ist ein Beispiel dafür, dass selbst jemand, der sehr viel negatives Karma angesammelt hat, wenn er einen geeigneten Lehrer trifft und die richtigen Methoden kennenlernt, mit Hingabe und Anstrengung das negative Karma bereinigen kann, bis hin zum Erwachen.
•…C-R- steht für »Handlung, die negatives Karma nach sich zieht« und wird auch mit »negative Tat« übersetzt. Das würde aber nicht die Last an emotionaler Verwirrung und Angst wiedergeben, mit der Milarepa vor Marpa tritt.
1-3. Ec-lE-üÈ-C-C…-UN]-Pc,
U…-zN-WN-`-»´‰c-UGÈC-U_-R-`È-VÓ-CE-P-T[÷Cc-«Z‰c-]x…-Z…E-p…P-Rc,
»î‡c-^ÈN-«\‰_-T]Ã-U…-CF…C-lE-U-qŸE-T-`,
Als ich aus dem Untertal von Lho-brag kam und dabei jeden, den ich traf, fragte: »Wo wohnt das höchste der Wesen, Marpa, der Übersetzer?«, gab es nicht einen einzigen Menschen, der sagte: »Er ist mir bekannt.«
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292Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
4. uÈ-TÈ-`“E-UMÈE-T]Ã-`-B_-܉Tc-R]Ã-WÂ-U…-Z…C-qŸE-T-`-
Als ich an den Pass kam, von dem aus man Gro-bo-lung sieht, war [dort] ein Mann.
5. ¢_-õ_-x…c-Rc, »U_-R-\‰_-T-P…-^ÈN, ´‰c-UGÈC-U_-R-`È-VÓ-\‰_-T-P…-U‰N-« \‰_,
Als ich ihn wie vorher [schon die anderen nach dem Übersetzer Marpa] fragte, sagte er: »Es gibt hier einen, der ›Marpa‹ genannt wird. Einen, der ›Höchstes Wesen, Mar-pa, der Übersetzer‹ genannt wird, gibt es nicht.«
6. »]È-P-uÈ-TÈ-`“E-CE-P-^ÈN-« qc-Rc, »uÈ-TÈ-`“E-S-C…-^…P-« \‰_-T§P-qŸE-,
Als ich fragte: »Nun denn, wo liegt Gro-bo-lung?« ,
zeigte [er mir die Richtung und] sagte: »Gro-bo-lung ist das dort drüben.«
7. »S-C…-P-c“-T[÷Cc-« qc-Rc, »U_-R-\‰_-T-N‰-C-^ÈN-« \‰_,
Als ich fragte: »Wer wohnt dort drüben?«,
sagte er: »Es ist eben jener, der ›Marpa‹ genannt wird.«
8. »N‰-`-CZP-UWP-U‰N-NU-«qc-Rc, »`-`c-É-U-U_-R]E-\‰_-Z…E-]OÿC-« \‰_,
Als ich fragte: »Hat er keine anderen Namen?«,
sagte er: »Einige nennen ihn auch ›Lama Marpa‹.«
9.-10. É-U]Ã-CNP-c-^…P-R_-MC-GÈN-N‰,»`-B-]N…-`-F…-\‰_-«qc-Rc,
»]N…-`-GÈc-`-°E-[\‰_-]«\‰_,
Es war [nun] gewiss, dass das des Lamas Wohnsitz sein müsse, und
ich fragte: »Wie heißt dieser Pass?«.
Daraufhin sagte er: »Er heißt ›Chos-la-sgang‹ (Dharma-Pass-Bergrücken?)«
11. GÈc-`-°E-Pc-É-U]Ã-CNP-c-UMÈE-T-å‰P-]‰`-a…P-Lfi-`‰Cc-£U-NC]-T-Z…C-qŸE-,
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293Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Ich dachte, dass ich vom Chos-la-sgang aus den Wohnsitz des Lamas gesehen habe, ist ein Zusammentreffen besonders glücklicher Umstände, und Freude stieg in mir auf.
12. N‰-Pc-lE-^_-]x…-Z…E-]ÈEc-Rc, pŸCc-í…-UE-RÈ-Z…C-]OÿC
Als ich dann wieder [die Leute nach Marpa] fragend weiterging,
stieß ich auf eine größere Gruppe von Hirten.
13. N‰-éUc-`-x…c-Rc, àP-R-éUc-P-_‰-»î‡c-U‰N-«\‰_-T-`,
Als ich sie fragte, sagten die älteren: »Er ist uns nicht bekannt.«
14.-19. N‰-éUc-l…-PE-Pc-q…c-R-^…N-Oÿ-]ÈE-`-TZ…P-NE-îP-T\E-T,
µ-ô‰-TN‰-T, ¶‡U-n…-_`-T-a…C-C‰-T-Z…C-P-_‰,
»E‰N-l…-S-HÈ-`-\‰_-T-^…P-PU,
N‰-^…P-P-E‰N-l…-S-HÈ-P…-E‰N-_E-C…-PÈ_-CE-^ÈN-l…c-Cc‰_-IÈc-Pc-î-C_-`-m‰_-]uÈ,
W”_-]mÈc-U-`-RÈ-K…-z-_…E-T-UE-RÈ-m‰_-Pc-܉Tc-]ÈE-T-Z…C-^ÈN,
¢_-`c-î‡-Pc-U…-q‰N-R]Ã-N‰-_…E-S-HÈ-z⁄-ÜÈC-C…P-^ÈN-« \‰_-T-`,
Unter ihnen [befand sich] ein bezauberndes Kind mit schönem Gesicht und wohl-geschmückt. Es sprach auf angenehme Art und seine Haarsträhnen waren mit Öl gepflegt (shig ge ba?). Es sagte: »Hast du von meinem Vater gesprochen?
Wenn es so ist: Mein Vater hatte all unsere Reichtümer in Gold getauscht und ist damit nach Indien gegangen.
Er kam als einer zurück, der an Geschenken viele längliche Bücher mit sich brachte. Heute ist mein Vater am Pflügen, eine Arbeit, die er früher nie gemacht hat. «
20.-21. _…Cc-Rc-TåCc-P-]x-UÈ-^…P-K‰,
BÈE-`È-VÓ-T-G‰P-RÈ-Z…C-z⁄-ÜÈC-C…P-_E-U‰N-NU-£U-Pc-]ÈEc-Rc,
Als ich es mir recht überlegte, schien es mir [nur] wahrscheinlich. Ein großer Über-setzer wie er würde wohl [gewöhnlich] nicht am Pflug arbeiten? In dem Gedanken ging ich weiter.
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294Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
22.-23. `U-B-Z…C-P-TP-N‰-ˇ‡-G‰-`-ˇ‡-a-]qÈ_-T, P-^Ec-`-\…`-G‰-T-CF…C-z⁄-ÜÈC-F…E-]OÿC-R-`,
Auf einem der Wege war ein in Lamaroben gekleideter Mann (TP-N‰-) von großer stattlicher Gestalt und mit weiten strahlenden Augen gerade am Pflügen.
24.-25. UMÈE-U-MC-Lfi-µ_-U‰N-R]Ã-NC]-TN‰-TcU-n…c-U…-mT-R]Ã-EE-`,
WÂ-]N…]Ã-¶E-T-Lfi_-Lfi_-RÈ-N‰-]CCc-Pc-N_-F…C-`“c-]OÿC
Kaum dass ich ihn sah, [erfüllte mich] ein Zustand unaussprechlicher Freude und un-vorstellbaren Glücks und alle klaren Erscheinungen dieses Lebens standen still und blieben einen Moment zurück.
26.-27. N‰-Pc-Ec-»x⁄E-R-`Cc, ^“`-]N…-P-NR`-Q-_È-R]Ã-NEÈc-ÜÈT,
±-¨„_-U_-R-`È-VÓ-Z‰c-q-T-T[÷Cc-\‰_-T-N‰-CE-P-T[÷Cc-« [÷c-R,
Dann sagte ich: »Verehrter Herr, wo hier in der Gegend lebt der direkte Schüler des ruhmreichen NÀropa, der Übersetzer, den man ›Marpa Lo-tsÀ‹ nennt und von dem mir gesagt wurde, dass er hier lebt? «
28.-29. TP-N‰-N‰c-E]Ã-UCÈ-UH“C-U‰N-R-`-^“P-_…E-RÈ-Z…C-Tõc-K‰,
»mÈN-CE-Pc-^…P, F…-q‰N-« Cc“Ec-Rc,
Der Mann in Lamaroben musterte mich längere Zeit von Kopf bis Fußund sprach: »Von wo bist du? Was machst du?«
30.-32. »TNC-CVE-`-§ÈN-l…-U…-•…C-RÈ-G‰-Z…C-`Cc-K‰,
BÈE-£P-R-a…P-Lfi-G‰-T_-CN]-Tc-NU-R]Ã-GÈc-a…C-[÷-_“-]ÈEc-R-`Cc-« [÷c-Rc,
»]È-P-Ec-U_-R-NE-≥N-l…c, mÈN-E]Ã-z⁄-]N…-ÜÈCc-a…C-« Cc“Ec-
Als ich antwortete: »Ich bin ein Mensch, der viele Sünden begangen hat, aus dem oberen Tsang. Da es ihn (Marpa) gibt als [jemanden] von höchstem Ruhm, bin ich gekommen um [Belehrungen zum] heiligen Dharma zu erbitten.« sprach er: »Nun, ich will dich mit Marpa zusammenbringen. Ziehe du meinen Pflug.«
33. NT“-æ]Ã-]ÈC-Pc-GE-c-`-Tˇ‡Ec-R-TKÈP-K‰-CPE-qŸE-Tc-SP-`-Z…U-R-Z…C-qŸE-,
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295Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Er holte unter einem Hut Tschang hervor, das in der Erde eingegraben war, und gab es mir. Es war erfrischend und wohlschmeckend.
34.-35. »z⁄-]N…-_‰U-`-ÜÈCc-a…C-« \‰_-TP-N‰-N‰-`ÈC-cÈE-T-NE-,
GE-üC-U-`“c-R_-TLfiEc-K‰-z⁄-_‰U-Pc-TÜÈCc-Rc,
Der Mann in Lamaroben sagte: »Pflüge tüchtig!« und ging zurück [nach Hause].
Und nachdem ich das Tschang bis zum letzten Rest ausgetrunken hatte, pflügte ich tüchtig.
36. N_-F…C-Pc-pŸCc-í…]Ã-Cc‰T-Pc-G-§ÈP-R]Ã-T“-G”E-N‰-]TÈN-Oÿ-qŸE-§‰,
Nach einer Weile kam der kleine Junge, der unter den Hirten derjenige gewesen war, der [mir den Weg] gezeigt hatte, um [mich] zu rufen.
37. »É-U]Ã-Z`-K-`-PE-Oÿ-aÈC-Cc“E-C…P-]OÿC-«\‰_-Tc-NC]-§‰,
Als er rief: »Der Lama sagt, du sollst ins Haus kommen!«, stieg Freude in mir auf.
38.-40. »BÈE-C…c-E]Ã-UH`-¶]Ã-CÈ-GÈN-]OÿC-Rc, Ec-lE-BÈE-C…-z⁄-ÜÈC-]zÈ-]N…-CÈ-GÈN-F…C-q‰N-«qc-
üC-F“E-\N-F…C-]OÿC-R-N‰-TÜÈCc,
Ich sagte: »Weil er mir den Gefallen getan hat, ein Treffen von mir [und dem Lama zu vermitteln], will auch ich ihm einen Gefallen tun und sein Pflugarbeit noch zuende bringen.«
So pflügte ich noch den kleinen Rest [zuende].
41.-42. Z…E-N‰c-É-U-NE-UH`-T]Ã-UM—P-ì‰P-qc-Rc, Z…E-C…-U…E-`]E-UM—P-ì‰P-Oÿ-GCc-K‰,
Weil dieses Feld die guten Bedingungen des Zusammentreffens mit dem Lama ge-boten hat, wurde sein Name zu »Gute Bedingungen«.
43. Nq_-Z…E-C…-UM], NDÿP-Nl…`-`-`U-^ÈN-R-Z…C-^ÈN-NÈ,,
Im Sommer gab es einen Weg, der sich am Rand des Feldes befand, im Winter verlief der Weg durch die Mitte.
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296Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
44. N‰-Pc-E-T“-G”E-N‰-NE-T•‰Tc-K‰-PE-Oÿ-p…P-Rc,
Danach ging ich dem kleinen Jungen folgend zum Haus.
45.-49. ¢-Pc-l…-TP-N‰-N‰c-
CNP-n…-§‰E-P-]TÈ`-I…c-˛‰C-u⁄U-VÂ-NE-c“U-˛‰C-£‰c-]TÈ`-NE-TFc-R]Ã-§‰E-P-
¶‡U-p…c-a…C-qc-R-`-©…P-zC-NE-¶]Ã-q-CaÈC-C…-CaÈEc,
©-_-NE-eC-WÍU-éUc-]p…-T-U-qŸE-T_-c-B`-`‰-T-Z…C-qc-Pc-õÈ-W…`-ü‚C-C‰-]OÿC-R-`,
Der Mann in Lamaroben [saß] auf einem Thron, auf zwei aufgestapelten Kissen mit einem Teppich und einem dreieckigen Rückenkissen.
[Er] hatte sich Fett-Schmutz abgewischt, aber die Augenbrauen, die Stellen neben den Nasenflügeln, Oberlippen- und Kinnbart beim Abwischen nicht erreicht.
Er hatte Staub [im Gesicht verschmiert] und Essensreste hingen [am Mund].
50. ]N…-P…-¢_-n…-N‰-@-^…P-R_-]OÿC É-U-CE-P-T[÷Cc-R-P-£U-Tõc-Rc,
Ich dachte, dass er eben der von vorher sei, und fragte mich, wo der Lama sei. [So] schaute ich mich um.
51. É-U]Ã-Z`-Pc, »EÈ-U…-a‰c-R-TN‰P-]ÈE-, U_-R-E-_E-^…P-pC-]W`-F…C-« Cc“Ec,
Der Lama sprach: »Es ist richtig, dass du mich nicht erkennst.
Marpa, das bin ich. Mach [deine] Niederwerfung!«
52.-55. N‰_-pC-TV`-ZTc- ≠…-TÈ_-ÉEc-K‰,
»É-U-_…P-RÈ-G‰-TNC-I…-U-`-§ÈN-Pc-l…-U…-•…C-RÈ-G‰-Z…C-`Cc-Rc,
`“c-EC-^…N-Cc“U-^E-]T“`, õÈ-CÈc-GÈc-Cc“U-^E-É-U-`-[÷,
WÂ-]N…_-cEc-î-T-Z…C-M—Cc-ä‰c-]XÀP-R_-[÷-« [÷c-Rc,
Anhänge
297Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Ich warf mich zu seinen Füßen in ganzer Länge nieder, und sagte: »Kostbarer Lama! Ich bin ein Mensch, der viele Sünden begangen hat, aus Nyi-ma-la-stod. Ich bringe [Euch] Körper, Rede und Geist dar und bitte den Lama um Essen, Kleidung und Dhar-ma. Ich bitte [Euch], lasst Mitgefühl walten [und lehrt mich] ein [Mittel] zur Verwirk-lichung von Buddhaschaft in diesem Leben.«
56.-58. É-U]Ã-Z`-Pc, »•…C-RÈ-G‰-^…P-R]Ã-^“c-E-`-U…-]uÈ,
E]Ã-G‰N-Oÿ-•…C-R-CcÈC-Lfi-TKE-T-P…-U…P, mÈN-l…c-•…C-R-F…-qc-R-« Cc“Ec,
Der Lama sprach: »Komm nicht zu mir mit Beschwerden, was du für viele Sünden begangen hast. Es ist nicht so, dass [ich dich] losgeschickt hätte, um meinetwillen Sünden anzusammeln. Was für Sünden hast du begangen?«
59.-65. î‡-UWP-éUc-îc-R_-[÷c-Rc,
»]OÿC-CE-õ_-P]E-`“c-EC-^…N-Cc“U-]T“`-T-N‰-T\E-, õÈ-CÈc-GÈc-Cc“U-AÿP-U…-]ÈE-,
^E-P-õÈ-CÈc-§‰_-GÈc-CZP-Pc-WÍ`, ^E-P-GÈc-§‰_-õÈ-CÈc-CZP-Pc-WÍ`,
N‰-CI…c-]NÈUc,
Ec-GÈc-§‰_-T-]NUc-P-WÂ-]N…_-cEc-î-U…-î-mÈN-_E-C…-£…E-_“c-`-_C-`c-« Cc“Ec,
Nachdem ich ihm die Gründe ausführlich erzählt hatte, [sprach er:]
»Wie auch immer es sei. Dass du mir Körper, Rede und Geist darbringst, ist gut.
Alles drei, Essen, Kleidung und Dharma, bekommst du nicht. Entweder ich gebe dir Essen und Kleidung und du suchst Dir Dharma von woanders.
Oder ich gebe dir Dharma[-Belehrungen] und du sucht dir Essen und Kleidung von woanders. Entscheide dich zwischen den beiden.
Entscheidest du dich dafür, dass ich dir Dharma-Belehrungen gebe, hängt es von deiner eigenen Hingabe und Ausdauer ab, ob du in diesem Leben Buddhaschaft ver-wirklichst oder nicht.«
Anhänge
298Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
66.-67. »]È-P-É-U]Ã-x⁄E-Oÿ-GÈc-`-CKN-]ÈEc-R-`Cc-Rc,
õÈ-CÈc-CZP-Pc-]WÍ`-T_-[÷-« [÷c-Pc-
[Ich] bat: »Da ich zum Lama gekommen bin in Hinblick auf den Dharma (dass er mir Dharma geben möge), bitte ich, Essen und Kleidung woandersher zu suchen.«
68.-69. NR‰-G-CF…C-^ÈN-R-N‰-UGÈN-BE-Oÿ-T´`-Tc-
»mÈN-l…-NR‰-CÈC-N‰-p…_-MÈP, E]Ã-å‰P-UGÈN-éUc-`-GU-R-]ÈE-«Cc“Ec,
Als ich einen [Stapel] Bücher, den ich hatte, in den Schreinraum bringen wollte, rief er: »Bring deine schäbigen Bücher nach draußen! Sie verderben meine heiligen Objekte und Opfergaben!«
70. E]Ã-NR‰-G]Ã-tÈN-P-UM—]Ã-NR‰-G-^ÈN-Rc-`P-£U-R-qŸE-,
[Mir] kam der Gedanke, er reagiere so (lan), weil in meinem Bücherstapel Bücher zu schwarzer Magie waren.
71. E-_E-]OÿC-c_-WCc-qc-Pc-ZC-ac-N‰_-T•N-N‰,
Ich blieb, eine Unterbrechung einlegend, einige Tage in meiner Unterkunft.
^“U-n…c-\-U-´…N-RÈ-q…P,
[Marpas] Frau gab mir gutes Essen.
Anhänge
299Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Glossar
Das Glossar enthält die Vokabeln bis einschließlich Lektion Dreizehn.
Bei den Verben ist immer die Präsensstammform mit R- bzw. T- angegeben. Perfekt-, Nezessitativ- und Imperativstammform sind nur angegeben, sofern sie von der Prä-sensstammform abweichen.
P. steht für »Perfektstammform«
N. steht für »Nezessitativstammform«
I. steht für »Imperativstammform«
ø steht für das Nullsuffix
l…- steht stellvertretend für alle Formen des Attributsuffixes (Genitivsuffix)
l…c- steht stellvertretend für alle Formen des Ergativ-Instrumentalsuffixes
`- steht für das Dativ-Lokativsuffix
300Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
@- Nominalsuffix, Seite 55
Kollektivbilder, Seite 76
Betonungssuffix, Seite 86
@-T- Säule
@-_‰-@È-_‰- + q‰N-R- trödeln, bummeln
+ aÈN-R- drumherumreden
siehe Seite 63
@ê-R- Karmapa
AÿP- alle, All-, gesamt
AÿP-Pc- ganz und gar; von überall her
@‰]“-WE-É-U- Eigenname
@È-(T-) Leder
lE- Konzessivpartikel, Seite 225
l…- Attributsuffix (Genitivsuffix), Seite 93
l…P- Durativpartikel, Seite 254
l…c- 1. Ergativ-Instrumentalsuffix, Seite 101, 144 ff.
2. am Ende des Satzes: Vorsatz, Seite 171
l‰- Oh! He! Heda!
Vokativ-markierende Partikel, die nicht unbe-dingt mitübersetzt werden muss. (Siehe Seite 174)
ÅC- auch TÅC- N. von ÅÈC-
ÅCc- auch TÅCc P. von ÅÈC-
Glossar
301Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
ÅN-@È_- Null
ÅÈC-R- P. (T)ÅCc- N. (T)ÅC-
I. ÅÈCc-
lesen
ÅÈCc- I. von ÅÈCc-
N@]-E`- Schwierigkeit
N@]-G‰P- hier ähnlich N@]-M—T-
N@]-M—T- Askese, asketische Übungen
+≠ÈN- Askese praktizieren
N@]-T- schwierig/schwer (sein)
N@_-RÈ- weiß
N@_-^È`- (weißes) Porzellan, Geschirr, Tasse
N@ÈP-UGÈC- selten/kostbar + höchstes
für skt. ratna »Juwel«, siehe Seite 66
N@ÈP-UGÈC-Cc“U- »die drei Seltenen und Kostbaren«,
die drei Juwelen Y Buddha, Dharma, SaÐgha
Nl…`-]BÈ_- MaÐÝala
T@C- P. von ]CÈC-R-
T@]-CNUc- »an das Buddhawort gebunden« Y
die bKa‘-gdams-Schule des tibet. Buddhismus
Ts-a…c- Glück; Eigenname
Ts-a…c-TN‰-`‰Cc- Glück und Wohl
tibetischer (Neujahrs-)Gruß
Glossar
302Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Ts‰c- Hunger
Ts‰c-R- hungrig (sein); Hungernder
TsÈ`- P. von ]uÈ`-T-
TÅCc- P. von ÅÈC-
áE-UM…`- Fußsohle
áE-R- Fuß, Bein
áflP-RÈ- Räuber, Gauner, Dieb
á‰N-R- auch ˇ‰N-R- 1. Taille
2. Mitte
á‰N-UWUc- Taille
ìE- 1. tibetischer Wildesel
2. nur, ausschließlich
ì‰P- 1. Bedingungen, Umstände
2. l…-ì‰P-n…c- bedingt durch
ˇN- 1. Stimme, Laut, Lärm
2. Sprache
3. ]N…-ˇN-Oÿ- Redeeinleitung
ˇN-uCc- Ruhm, Bekanntheit
ˇN-uCc-G‰P-RÈ- berühmt
ˇN-¨„_-T- übersetzen
ˇN-F…C- Moment, Augenblick
Glossar
303Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
ˇN-F…C-C…c- momenthaft, momentan, augenblicklich
ˇTc- 1. Zeit, Gelegenheit, Situation, Umstände
2. Konj. als
ˇTc-_‰- manchmal
ˇ_-U- Stern
ˇ_-˛…c- Astrologie, Sternenberechnung
ˇ‡- 1. höfl. Körper, Statue
2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68
ˇ‡-]t‹E- sehr höfl. für geboren werden
ˇ‡-UOÿP- 1. (in) Gegenwart (von)
2. Titel des Dalai Lama
ˇ‡-z‰E- »Körperkette«
1. Reinkarnationslinie
2. Verkörperung in einer Inkarnationslinie
ˇ‡-]T“U- »100 000 Statuen«
1. großer begehbarer StÊpa mit Nischen, indenen religiöse Objekte stehen
2. Name eines Klosters in Amdo
ˇ‡-WT- Stellvertreter
ˇ‡-Ñ- Ehegatte
ˇ‡`- P. N. Tˇ‡`- auffordern, anspornen
ˇ‡`-WÀC- Imperativ
Glossar
304Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
ˇ‰-_Cc- oder ˇ‰N-_Cc- Gürtel
ˇÈU-R- P. ˇÈUc- durstig (sein); Durstiger
ˇÈ_-T- P. N. TˇÈ_- drehen; um etwas herumgehen
´-(TÈ-) 1. hell, hellgrau
2. Laie
´Tc- Schutz, Zuflucht
´Tc-]uÈ- Zuflucht
´Tc-c“-UG…-T- Zuflucht nehmen (siehe Seite 70)
´‰-à-P-]G…- Geburt, Alter, Krankheit, Tod
´‰-T- P. ´‰c- 1. geboren werden; entstehen
2. umschreibend für gebären (Log. Subjekt mit `-; siehe Seite 114)
´‰-TÈ- Lebewesen, Mensch, Person; skt. jana
´‰-NUP- oder ´‰c-NUP- Frau
´‰N-U- »Hervorbringerin« Y Mutter
´‰N-NUP- andere Schreibung für ´‰-NUP-
´‰`-T- P. N. T´`- I. ´È`- 1. bringen, liefern
2. verabschieden
3. Zeit verbringen
´‰c- P. von ´‰-T-
´‰c-UGÈC- »höchstes Wesen«
Ehrentitel (für Lamas)
Glossar
305Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
´‰c-R- 1. geboren; Geburt
2. Mann
´‰c-T“- (Lebe)wesen, Mensch
´È-RÈ- arm
´ÈN-R- P. T´ÈN- 1. gehen
2. in Bewegung setzen (z.B. der Wind die Zweige), erschüttern
∞C-R- sich erschrecken
´È`- I. von ´‰`-T-
∞„P-R- P. N. T∞„P- hervorbringen, herausbringen, produzieren
Tˇ‡`- P. und N. von ˇ‡`-T-
TˇÈ_- P. und N. von ˇÈ_-T-
´‰`-T- P. N. T´`- I. ´È`- P. und N. von ´‰`-T-
T´ÈN- P. von ´ÈN-R-
T∞„P- P. und N. von ∞„P-R-
B-G”- Speichel
B-NÈC- Farbe
B-W-RÈ- 1. scharf gewürzt, 2. scharfzüngig
B-ac- einige
B-`C- Essen, Mahlzeit
BE-R- Haus
Glossar
306Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
BE-U…C- Zimmer
BT- Nadel
BUc- Khams (Region in Osttibet)
B‘`- Region
BÈ-TÈ- ich (männlich)
BÈ-UÈ- ich (weiblich)
BÈ-_E- er
BÈC- I. von ]CÈC-R-
BÈE- er, sie
B‘_- P. und I. von ]B‘_-T-
mN-R_- Unterschied, Vorzug
mN-R_-Oÿ- insbesondere
mT-R- 1. durchdrungen sein von (l…c-; siehe Seite 120)
2. TcU-n…c-U…-mT-R- unvorstellbar
m…- Hund
m…U- Haus, Zuhause
m…U-TNC- Hausherr
m‰N-FC- ihr/Sie; 3. Person Plural
m‰N-_E- du/Sie, 3. Person Singular
m‰_- P. und I. von ]m‰_-T-
Glossar
307Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
t…- 1. zehntausend
2. Thron
t…-~ÈE-ú‰-TVP- Trisong Detsen (tibetischer König des 8. Jh.)
t…N- P. und I. von ]t…N-R-
tÈ`- I. von ]uÈ`-T-
UBP- kurz für UBP-RÈ-
»Person«-Suffix, Seite 61
UBP-G‰P- kurz für UBP-RÈ-G‰P-RÈ- großer Abt;
Ehrentitel für Äbte
UBP-RÈ- Abt
UB]-]uÈ-U- »Himmelsläuferin«, ÞÀkinÅ
UBc-R- gelehrt (sein)
UBÈ-Gc- Gebrauchsgüter, Alltagsgegenstände
]B‘_-T- P. I. B‘_- tragen
]BÈP-N@ÈP-UGÈC-î`-RÈ- (1034-1102) Begründer des Klosters Sakya
]BÈ_- Gefolge
]BÈ_-T- kreisen; Kreis, Rad; skt. sa¾sÀra
]BÈ_-`È- Rad, Kreis, Scheibe
]m‰_-T- P. I. m‰_- tragen, bringen
]t…N-R- P. I. t…N- führen
]t…N-S‰Tc-R- geleiten
Glossar
308Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
]t‹C-R- P. ]t‹Cc- in Unordnung/Aufregung/Aufruhr sein
aufgewühlt werden
]t‹Cc- aufgewühlt
P. von ]t‹C-
]t‹E-R- P. ]t‹Ec- höfl. für ´‰-T-
]t‹Ec- P. von ]t‹E-
]t‹`-R- 1. sich täuschen; Täuschung
2. irren; skt. bhram; Umherirren, Verirrung
]tÈ`-]m…`- Überschuss
C- Nominalsuffix, Seite 55
Kollektivbilder, Seite 76
Betonungssuffix, Seite 86
C-R_- wo?
C-_‰- was?
C-`- wie (könnte); zur Bildung rhetorischer Fragen,Seite 168
CE- 1. wer, was, welches
Interrogativ-, Relativ-, Indefinitpronomen(Seite 163)
2. gefüllt/voll sein mit (l…c-)
3. ein ganzer
CE-qŸE-UE-qŸE- alles Mögliche (siehe Seite 62)
CE-c_- überall
CEc- Schnee (lit.)
Glossar
309Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
CEc-zP-T“- Schneefelder, Schneeflecken
CU- Finalpartikel der Frage, Seite 165
C`-K‰- falls
C…- Attributsuffix (Genitivsuffix), Seite 93
C…P- Durativpartikel, Seite 254
C…c- 1. Ergativ-Instrumentalsuffix, Seite 101, 144 ff.
Dÿ-_“- spiritueller Lehrer; skt. guru
Dÿc-R- Respekt, Ehrfurcht
Dÿc-Rc- respektvoll, ehrfürchtig
CÈ- 1. Kurzform für Neunzig, Seite 74
2. Finalpartikel der Aussage, Seite 164
CÈ-]SE- Erleuchtungszustand
CÈ-T- verstehen, hören (siehe Seite 131); Verständnis
CÈE- 1. das Obere, das Frühere
2. Preis, Wert
CÈE-Pc- 1. bevor
2. von oben
CÈE-U- 1. höhere, vorherige, frühere, verstorbene
2. Kaiser
CÈUc-]x…c- Vertrautheit, Gewöhnung
CÈUc-R- vertraut werden mit,
sich gewöhnen an (Nullsuffix)
Glossar
310Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
CÈc- Kleider
n- Kurzform für Achtzig, Seite 74
n…- Attributsuffix (Genitivsuffix), Seite 93
n…P- Durativpartikel, Seite 254
n…c- 1. Ergativ-Instrumentalsuffix, Seite 101, 144 ff.
2. am Ende des Satzes: Vorsatz, Seite 171
3. I. von Tn…N-R-
nŸ_- P. von ]nŸ_-T-
nÈP- (Kleidung) tragen
uCc- (guter) Ruf, Ruhm; bekannt/gerühmt sein
bekannt sein als (Term.)
... F‰c-uCc- bekannt als ...
uE-UÈ- kalt
u⁄T- P. von ]u⁄T-R-
u⁄T-]c- »Zustandegekommensein und Resultat«;
gelungenes Resultat
uÈ- Weizen
uÈ-Z…T- Weizenmehl
uÈE- Haus, Wohnung, Häuseransammlung, Dorf
uÈE-m‰_- Stadt
uÈE-Cc‰T- Dorf
uÈEc- P. von ]uÈEc-R-
Glossar
311Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
uÈ`- P. von ]uÈ`-T-; befreit
uÈ`-T- befreit (sein); Befreitsein
≈- Ecke, Ort des Zusammenkommens
≈-R- Mönch
ÇE- Ochse
Ç…E- Insel; Kontinent
Ç…E-C- Park
NCC- N. von ]CÈC-R-
NC]-úP- »Freude besitzend«
Ganden (Kloster in Zentraltibet); skt. tu¼ita
NC]-T- 1. sich freuen an (`-), etwas (`-) mögen; Freude
(siehe Seite 115)
2. gut/richtig sein
NDÿ- 1. neun
2. viele (siehe Seite 76)
NDÿP-B- Winter
NC‰-àP- Lehrer
NC‰-T£‰P- gelübdehaltende männliche Laien
NC‰-T£‰P-U- gelübdehaltende weibliche Laien
NC‰-]OÿP- spirituelle Gemeinde; skt. saÐgha (maskulin)
NC‰-]OÿP-R- SaÐgha-Mitglied, Mönch
Glossar
312Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
NC‰-T- heilsam/tugendhaft (sein); Heilsames, Tugend
(Gegensatz zu •…C-R-)
NC‰-W”`- Novize
NC‰-W”`-U- Novizin
NC‰-ÜÈE- vollordinierter Mönch
NC‰-ÜÈE-U- vollordinierte Nonne
NC‰-ÜÈT- kurz für NC‰-àP- und ÜÈT-U-; Lehrer und Schüler
NC‰-ÜÈT-U- Nonnenanwärterin
NCÈEc-R- höfl. denken, betrachten als;Gedanke, Intention
NCÈP-R- Kloster
NCÈc-R- 1. notwenig sein; Notwendigkeit
2. brauchen (log. Subjekt mit `-, Seite 113)
3. Verb + NCÈc-R- müssen
Nu- Feind
Nu-TÈ- wie Nu-
NuÈ`- N. von ]uÈ`-T-
TCÈ-T- Kleidung
Tn…- N. von Tn…N-R-
Tn…N-R- P. Tn…c- N. Tn…- I. n…c- elegant-bescheiden machen, tun
Tn…c- P. von Tn…N-R-
Glossar
313Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
UCÈ- 1. Kopf
2. wie ]CÈ-
UnÈCc-RÈ- schnell
]C]- einige
]C`-T- im Widerspruch stehen zu (NE-)
]CÈ- Beginn, Anfang
]CÈ-]t…N- Anführer
]CÈC-R- P. T@C- N. NCC- I. BÈC- beenden, blockieren, behindern, zurückweisen
]CÈ_-T- dauern, (Zeit) brauchen
]nŸ_-T- P. nŸ_- (sich) verändern, werden zu (Term.)
]nÈN-R- etwas (`-) bereuen, bedauern; Reue, Bedauern
(siehe Seite 115)
]u⁄T-R- P. u⁄T- sich verwirklichen; zustande kommen
]uÈ-T- P. cÈE- (p…P-) I. cÈE- 1. gehen
2. werden zu (Term.)
3. »das, was geht«; Wesen, Lebewesen
]uÈCc-R- sich umgeben/befreundet sein mit (NE-)
hier: verbunden sein mit (NE-)
]uÈEc-R- P. uÈEc- höfl. sterben
]uÈ`-T- P. TsÈ`- N. NuÈ`- I. tÈ`- lösen, aufbinden (transitiv)
]uÈ`-T- P. uÈ`- freikommen aus/von (`c-)(intransitiv)
à-T- P. àc- altern, alt werden; Altern
Glossar
314Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
àP-R- alt, älter
älterer/alter Mann
àP-RÈ- alt
àP-UÈ- alte Frau
àÈN-R- wild
î- Ausdehnung, Weite
î-C_- Indien
î-C_-T- Inder
î-G‰-T- von großer Ausdehnung; groß, riesig
î-PC- China
î-S…Tc- chinesische Dächer
î-U…- Chinese
î-UWÍ- Ozean
îE-U- Entfernung, Ferne
îP- Schmuck
îP-G- Schmuck
îT- Rücken, Rückseite
îT-pÈCc-R- den Rücken zuwenden; sich abkehren
î`-RÈ- König
î`-T- siegen über (`c-); Sieger; Beiname des Buddha
Glossar
315Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
î`-NTE- Titel für höchste Lamas, hier für den 13. Dalai Lama
î`-UÈ- Königin
î`-˛‰- Gyantse (Stadt in Tibet)
î`-WT- Regent
î‡- Ursache
î‡-UWP- Grund
î‡C-R- P. Tî‡Cc- N. Tî‡C-
I. î‡Cc-
rennen, laufen, galoppieren
î‡Cc- I. von î‡C-R-
î‡P- Fluss; Fortdauer, Andauer
î‡PLfi- auch î‡P-Oÿ- fortwährend, stetig
°È- Tür, Tor
°È-B- Türschwelle
°È-B_- an der Türschwelle
°È-Pc- mittels
°ÈU- Meditation
°ÈU-R- P. T°ÈUc- N. T°ÈU- I. °ÈUc- etwas (ø) kultivieren, sich angewöhnen;meditieren über (`-)
(siehe Seite 117)
°ÈUc- I. von °ÈU-R-
Glossar
316Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
¨„_-T- P. N. T¨„_- (etwas) verändern; übersetzen
±- 1. Laut; Aussprache; Stimme
2. (grammatische) Partikel
±-ÆÈ_- (mögliche) Kombinationen von Lauten
±„T-R- P. T±„Tc- N. T±„T- I. ±„Tc- 1. verwirklichen, manifestieren
2. (SÀdhana) praktizieren
±„Tc- I. von ±„T-R-
±ÈP-U- Lampe, Leuchte
±È`-T- P. N. T±`- befreien, erretten aus (`c-); Befreiung
±È`-U- »die Erretterin«; TÀrÀ
Tî- Hundert
TîN- acht
Tî‡C- N. von î‡C-R-
Tî‡Cc- P. von î‡C-R-
T°ÈU- N. von °ÈU-R-
T°ÈUc- P. von °ÈU-R-
T¨„_- P. und N. von ¨„_-T-
T±`- P. und N. von ±È`-T-
T±„T- N. von ±„T-R-
T±„Tc- P. von ±„T-R-
bewirkt, erreicht, praktiziert
Glossar
317Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
E- 1. ich
2. Kurzform für Fünfzig (siehe Seite 74)
E-î`- Stolz
EC- Rede
EE- 1. Zustand, Natur, Wesen (einer Person)
2. l…-EE-`- / l…-EE-Pc- »im Zustand von«
bildet Adverbien der Art und Weise und des Mittels
EP-R- schlecht
EP-cÈE-Cc“U- die drei niederen Daseinsbereiche
(Höllenwesen, Hungergeister, Tiere)
EU- Finalpartikel der Frage, Seite 165
E_-ˇN- Knurren, Fauchen
+ E‰_-T- knurren, fauchen
E‰O- ich, wir; Seite 88
respektvoll gegenüber dem Einbezogenen
EÈ- 1. Oberfläche, Gesicht
2. wie EÈ-TÈ-
3. wie EÈc-
4. Finalpartikel der Aussage, Seite 164
EÈ-T§ÈN- »Gesicht – Lobpreis«, Schmeichelei
EÈ-TÈ- Wesen, wahre Natur
EÈ-TÈ-I…N- wahres Wesen; skt. svabhÀva
wie _E-TZ…P-
Glossar
318Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
EÈ-W- »Gesichtshitze«, Scham
EÈ-a‰c-R- erkennen, kennen, bekannt sein mit
EÈc- 1. Seite, Seitenfläche, Oberfläche, Gesicht
2. bescheiden für »ich«, Seite 88
EÈc-]XÀP- Erkennen, Anerkennen; Identifikation
EÈc-]XÀP-q‰N-R- erkennen, anerkennen; identifizieren
NE“`- Silber, Geld
NE“`-G”- Quecksilber
NEÈc-RÈ- Ding
NEÈc-c“- direkt, leibhaftig
NEÈc-ÜÈT- direkter Schüler
UE]-_…c- Ngari (Region in Westtibet)
UE_-G- Süßigkeit
UE_-UÈ- süß
UEÈP-c“U-Oÿ- direkt
â- Trommel
ò- fünf
¢_- früher, vorher
¢_-qc- etwas früher/vorher Gemachtes
¢È- blau
Glossar
319Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
¢ÈP-RÈ- blau
T¢`-T- erschöpft, ermüdet (sein)
FP- besitzend, versehen mit
F…-§‰- falls
F…C- 1. Indefinitsuffix, Seite 86, 208
2. Imperativpartikel, Seite 169
F…E- Konjunktion F…E-, Seite 222
F“- Kurzform für Zehn (siehe Seite 74)
F‰-P- »wenn jemand sagt/fragt«, Seite 160
F‰]È, »sagt man«, Seite 183
F‰c- 1. so
2. Redeabschlusspartikel, Seite 181
F‰c-R- »sogenannt/namens«, Seite 187
F‰c-q-T- »sogenannt/namens«, Seite 187
CFC- N. von CFÈC-R-
CFN- N. von CFÈN-R-
CFP-C\P- Raubtiere
CF…C- eins
CF…C-R- gleich
CF…C-R“- allein
CF…C-RÈ- allein, als einzige/r/s
Glossar
320Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
CF‰P-RÈ- älterer Bruder
CF‰P-UÈ- ältere Schwester
CF‰_-T“- nackt
CFÈC-R- P. TFC- N. CFC- I. GÈC- (etwas absichtlich) zerbrechen
(siehe Seite 133)
CFÈN-R- P. TFN- N. CFN- I. GÈN- 1. schneiden, durch-/zerschneiden, zerhacken
2. MC-CFÈN-R- sich entscheiden
TFC- P. von CFÈC-R-
TFN- P. von CFÈN-R-
TFc-(R-) 1. zusammen mit (NE-)
2. Ende einer Liste
TF…E- N. von ]G…E-T-
TF…Ec- P. von ]G…E-T-
TF“- zehn
TF“C- P. von ]H“C-R-
TF“N- Extrakt, Essenz
TFÈ- Variante von TF“- (siehe Seite 73)
TFÈU- P. von ]HÈUc-R-
TFÈU-úP-]Nc- Bhagavant; Beiname des Buddha
(siehe Seite 67)
Glossar
321Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
TFÈc-U- künstlich
ôCc- Eisen; Metall
ôCc-çÈ- Eisenerz
ô‰- Zunge
ô‰T-R- P. I. ô‰Tc- Selbstmord begehen
ô‰Tc- P. von ô‰T-R-
G- 1. Paar (auch zwei ähnliche) (Seite 85)
2. Teil, Bruchteil (Seite 78)
3. Partikel, die Substantive von Adjektivenbildet (siehe UE_-G-)
GC-R- kaputtgehen, zerbrechen
GCc-R- 1. lieben, anhaften an (`-); Anhaftung
2. werden; werden zu (Term.)
3. gelegen sein
(Siehe Seite 136)
GE- Tschang (tibetisches Gerstenbier)
GE-BE- Kneipe
GN- P. von ]GN-R-
GN-R- 1. abgeschnitten/durchtrennt (sein)
2. Strafe
Glossar
322Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
GT- 1. höfl. Wasser
2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68
G…C- Variante von CF…C-, Seite 75
G…Ec- I. von ]G…E-T-
G”- Wasser
G”-U…C- Quelle
G”C- I. von ]H“C-R-
G”E-G”E- klein
G‰-G”E- Größe
G‰-T- 1. groß
2. Komparativ größer
3. nach Adjektiven sehr
G‰P-RÈ- groß
GÈC- 1. I. von CFÈC-R-
2. nach Verbstamm Y Aufforderung; Seite 171
siehe im Goldstein nach weiteren Bedeutungen
GÈN- I. von CFÈN-R-
GÈU- I. von ]HÈUc-R-
GÈc- Lehre; Weltgesetz; Phänomen; skt. dharma
GÈc-l…-]BÈ_-`È- Dharmarad
GÈc-]BÈ_-î`- Name eines Klosters in der Nähe des Orakelsees Lha-mo‘i bla-mtsho
Glossar
323Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
GÈc-I…N- wahre Natur der Phänomene; skt. dharmatÀ
UG…-T- P. UG…c- 1. kommen, gehen; sagen
2. ´Tc-c“-]G…-T- Zuflucht nehmen zu (`-)
UG…c-R- 1. eleg.-bescheiden für ^ÈN-R-, Seite 69
2. P. von UG…-T-
UGÈC- höchstes; bestes
UGÈN-å‰P- StÊpa, Reliquienschrein
UGÈN-R- 1. opfern; Opfergabe
2. höfl. essen
UGÈN-R-]T“`-T- Opfergaben darbringen
]GN-R- P. GN- 1. zerschnitten werden, zerfallen, zugrunde ge-hen, verrotten
2. ~ÈC-]GN-R- sterben
]GN-R- P. N. TaN- I. aÈN- sagen; erzählen; lehren
]G_-B- (Sonnen-)Aufgang
]G_-T- P. a_- aufgehen (Sonne)
aufkommen, hochkommen (Gedanken etc.)
]G…- kurz für ]G…-T-
]G…-B_- im Sterben, an der Schwelle des Todes
]G…-T- P. a…- sterben; Sterben, Tod
]G…E-T- P. TF…Ec- N. TF…E- I. G…Ec- binden, schnüren, fesseln
H- Tee
Glossar
324Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
H-U- Teekoch, Teeköchin
H…-£‰N-R- alles was es gibt
HÈ-TÈ-ä‰- Ehrentitel für Ati²a
UH`-T- begegnen/zusammentreffen mit (NE-)
]HU-RÈ- sanft
]HU-NqEc- »sanft-Wohlklang«
Mañjugho¼a (= Mañju²rÅ)
]H]- Regenbogen
]H…C-å‰P- Welt
]H…C-R- P. TZ…C- zugrunde gehen, verfallen, vergehen
]H…Cc-R- sich fürchten
]H…Cc-U‰N- furchtlos
]H“C-R- P. TF“C- N. C[÷C- I. G”C- 1. eintreten lassen; hineinstecken in
2. Kausativbilder, Seite 214
]H“C-R- P. I. [÷Cc- eintreten, betreten
]HÈ-T- P. TZÈc- N. TZÈ- I. ]HÈc- melken (siehe Seite 137)
]HÈC-R- P. TZC- N. CZC- I. ZÈC- setzen, stellen, legen
]HÈUc-R- P. TFÈU- N. CZÈU- I. GÈU- besiegen, überwinden, zerstören
]HÈc- I. von ]HÈ-T-
ä‰-TV“P- »der Ehrwürdige«, Ehrentitel
Glossar
325Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
ä‰c- 1. Spur
2. danach
äÈN-R- P. N. TäÈN- sprechen, reden (über)
öCc- 1. höfl. Zunge
2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68
öE-B‘- grün
ö…N-RÈ- schwer (an Gewicht)
Tä‰N-R- vergessen (siehe Seite 131)
TäÈN- P. und N. von äÈN-R-
TäÈN-Oÿ-U‰N-R- unaussprechlich, unbeschreiblich
I- Fisch
IP-R- I. IÈP- anhören, zuhören, hören (siehe Seite 131)
I`-T- I. IÈ`- sich hinlegen, schlafen gehen
hier ins Bett gebracht werden
I`-c- Schlafplatz
I…-U- 1. Sonne
2. Tag (a. tagsüber; b. wie ZC-: 24 Stunden)
I…b÷- zwanzig
I…-dÈE- Japan
I…-dÈE-C…-U…- Japaner
Glossar
326Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
I…N- 1. Abstraktsuffix, Seite 61
2. »selbst/eigen«, Seiten 89, 90
I…P- kurz für I…-U- Tag
adverbiell am Tage
JfiE-JfiE- wenig
I‰-ˇÈ_- auch I‰-]BÈ_- Umkreis; nahe Umgebung
I‰-B‘`- nahe Umgebung
I‰-T- nahe (sein) bei (NE- u. a.; siehe Seite 122)
I‰c-R- Fehler, Vergehen, falsche Verhaltensweisen
I‰c-NU…Cc- 1. Fehler, Vergehen
2. Unzulänglichkeit
IÈ-T- P. I. IÈc- kaufen
IÈ-WÍE- Handel
IÈ-WÍE-q‰N-R- Handel treiben
IÈC-t- Unruhen, Probleme
IÈP- I. von IP-R-
IÈP-UÈEc- (Geistes)plagen, Befleckungen (des Geistes); skt. kle²as
IÈ`- I. von I`-T-
IÈc-R- P. und I. von IÈ-T-
IÈc-R- gekauft
Glossar
327Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
CI…c- zwei
UIU- 1. zusammen
2. gleich
UIU-Oÿ- 1. zusammen mit (NE-)
2. gleich (seiend); Oÿc-UIU-Oÿ- zur gleichen Zeit
ã…E-R- alt
ã‰N-R- P. (T)ã‰N- finden (siehe Seite 114)
£U-Oÿ-c‰Uc-R- (bei sich) denken
(siehe Seite 187)
£U-R- denken; Denken, Geist
£…E- Herz
£…E-ä‰- Mitgefühl
£…E-ä‰-RÈ- schön
£…E-RÈ- Essenz
£…E-_“c- Hingabe und Ausdauer
£…E-_‰-ä‰- siehe Seite 64
£‰N-R- siehe H…-£‰N-R-
Tã‰N- P. von ã‰N-R-
KU- Finalpartikel der Frage, Seite 165
Lfi- Terminativsuffix, Seite 151
K‰- Semifinalpartikel, Seite 217
Glossar
328Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
KÈ- Finalpartikel der Aussage, Seite 164
LÛ-`]Ã-É-U- Dalai Lama
CKC- N. von ]NÈCc-R-
CKE- N. von CKÈE-R-
CKN- (nach ... hin) gerichtet
CKN-R- wie CKÈN-R-
CKP- beständig, fest
CKU- Rede, Sprache
CK…E- Boden, Grund, Tiefe
CLfiN- I. M—N- N. von ]OÿN-R-
CKÈCc-R- gehören zu, Teil sein von
CKÈE-R- P. TKE- N. CKE- I. MÈE- senden, schicken; freilassen
CKÈN-R- P. I. TKÈN- beginnen, begründen
TKCc- P. von ]NÈCc-R-
TKE- P. von CKÈE-R-
TKT- P. von ]N‰Tc-
TLfiE- N. von ]M—E-T-
TLfiEc- P. von ]M—E-T-
TLfiN- P. von ]OÿN-R-
TLfiT-R- geeignet sein
Glossar
329Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
TKÈN- P. und I. von CKÈN-R-
å- Pferd
å-R- Reiter
åC-R- beständig sein; beständig; Beständigkeit
å‰]“- Fohlen
å‰P- Stütze; religiöse Objekte
(siehe den Beispielsatz auf Seite 165)
å‰P-R- P. Tå‰P- sich stützen auf; abhängen von (`-)
å‰P-]‰`- Zusammentreffen guter Umstände
åÈC-R- P. TåCc- N. TåC- I. åÈCc- 1. nachdenken, untersuchen
2. verstehen
åÈCc-R- 1. realisieren, erkennen, verstehen(siehe Seite 131)
2. I. von åÈC-R-
õ-T- P. Tõc- N. Tõ- I. õÈc- 1. sehen, hinblicken (Objekt mit `-)
2. etwas (ø) ansehen als (Term.)
3. Umgangssprache lesen (Objekt mitNullsuffix)
(siehe Seiten 136,137)
õ_- wie
õ‰-T- 1. Nabel, Mitte
2. Haupt-
õÈc- I. von õ-T-
Glossar
330Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
§C- Tiger
§C-UÈ- Tigerin
§C-]WÂ_- Taktser in Amdo (Geburtsort des 14. Dalai Lama)
§Ec- Art und Weise
§Tc- 1. Art und Weise
2. l…-§Tc-l…c- mittels, weil, wegen, in der Weise
§‰- Semifinalpartikel, Seite 217
§‰E- 1. das Obere
2. l…-§‰E-`- auf (auch auch einen Zeitpunktbezogen)
§‰_-T- P. (T)§‰_- geben (auch im Sinne von schenken)
§ÈE- 1. tausend
2. leer
§ÈE-R- leer sein von (l…c-); leer
§ÈE-R-I…N- Leerheit; skt. ²ÊnyatÀ
§ÈN- 1. der obere Teil von etwas
2. Westtibet
§ÈN-M—E- Bluse
§ÈP-R- P. N. T§P- zeigen, lehren; »Lehrer« Beiname des Buddha
TåC-NoN- Untersuchung, Nachforschung
TåC- N. von åÈC-R-
TåCc- P. von åÈC-R-
Glossar
331Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Tå‰P- 1. gestützt auf; abhängig von; P. von å‰P-R-
2. `-Tå‰P-Pc- basierend auf
Tõ- N. von õ-T-
Tõc- P. von õ-T-
T§P- P. und N. von §ÈP-R- lehren, zeigen
T§P-R- Lehre
T§P-R-p…-N_- die spätere Verbreitung der Lehre
T§‰_- P. von §‰_-T-
T§ÈN-R- loben, preisen; Lobpreis
M-GN- niedrigstes, schlechtestes
M-NN-R- verschieden
Zur Verbkategorie »verschieden« siehe Seite 128.
M-U- letztes, niedrigstes
M-U…-NN-R- nicht verschieden
Zur Verbkategorie »nicht verschieden« siehe Seite 127 und Seiten 288-290.
MC- 1. Entfernung, Abstand
2. U-MC-Lfi- unmittelbar
3. kurz für MC-R-
MC-t- gestreiftes/buntes Seil
MC-CFÈN-R- entscheiden
MC-R- Seil
Glossar
332Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
MC-U…-_…E-T- nicht weit entfernt
ME- Ebene
ME-@- auch ME-B Thangka (tibetisches Rollbild)
MT- Herd
MT-WE- »Herd-Nest« Y Küche
MTc- Mittel, Methode
MU-R- siehe Seite 77
MUc-FN- alle
M_-R- freikommen von/aus (`c-); Befreiung (auch im Sinne von NirvÀÐa)
M…C-`‰- Tropfen, skt. bindu
M…E- tiefblau
M—Cc- höfl. Geist, Verstand, Herz
M—Cc-´È-RÈ- höfl. traurig
M—N- I. von ]OÿN-R-
M—T-T§P- »die Lehre des Fähigen«
Eigenname
M—T-R- 1. können
2. der Fähige (Beiname Buddhas), skt. mÊni
M‰-WÍU- Zweifel, Zögern
MÈC- 1. das Oberste; Dach; Zimmerdecke;Blitz
2. als Postposition auf, mittels
Glossar
333Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
MÈC-U- Anfang, Ursprung
MÈC-U-U‰N-R- ohne Anfang, anfangslos
MÈC-U_- adv. am Anfang
MÈCc- I. von ]NÈCc-R-
MÈE- I. von CKÈE-R-
MÈP- P. und I. ]MÈP-R-
MÈT-R- 1. erlangen, bekommen
2. P. von ]MÈT-
3. I. von ]N‰Tc-
MÈc-R- 1. (unbeabsichtigt) hören (Seite 131)
2. MÈc-R-NC]- »das Gehörte ist erfreulich«
(Name von Milarepa)
UM]- Ende, Grenze
UM]-NC- alle
UM…`- 1. Grund, Boden
2. Fußsohle; Handinnenfläche
3. Zentrum
UM—- 1. Kraft, Macht
2. schwarze Magie
UM—P-R- harmonieren/übereinstimmen mit (NE-)
UMÈ-RÈ- hoch
UMÈ-NUP- Höhe, Niveau, Level
Glossar
334Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
UMÈE-T- (unabsichtlich) sehen
(transitiv, nicht kontrollierbar, Seite 131)
UMÈP-RÈ- wie UMÈ-RÈ-
]MT-R- streiten mit (NE-)
]M—E-T- P. TLfiEc- N. TLfiE- I. ]M—Ec- trinken
]M—Ec- I. von ]M—E-T-
]MÈP-R- P. I. MÈP- 1. herauskommen
2. herausgehen, verlassen
]MÈT-R- P. MÈT- erlangen
(MH 290: meist intransitiv »sich einstellen«)
N- jetzt
N-C-_E- genau das (siehe Seite 86)
N-õ- jetzt
N-õ-T- Gegenwart, Präsens
N-OÿE- 1. bisher, bis dahin, noch
2. zusätzlich, weiterhin
N-xC- »heftig (ausgesprochenes) N-«, Seite 235
NC- Pluralpartikel, Seite 84
Glossar
335Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
NE-
(zusammen) mit; und
• bei Aufzählungen, Seite 90
• bei Verben, die mit NE- konstruiert werden, Seite 120
• mit Adverbien der Begleitung, Seite 198
• nach dem Verbstamm als Imperativpartikel, Seite 169
• als Verbindung von Verbalhandlungen,Seite 217
NE-RÈ- erster/erste/erstes
NU- Finalpartikel der Frage, Seite 165
NU-z⁄C- Siegel
N_- 1. Seide
2. Moment
N_-T- sich verbreiten; populär werden
¢-N_- die Zeit der früheren Verbreitung(des Buddhismus in Tibet)
p…-N_- die Zeit der späteren Verbreitung(des Buddhismus in Tibet)
Oÿ- Terminativsuffix, Seite 151
Oÿ-T- Rauch
OÿN-]uÈ- Tier
OÿU-T“- Stück
OÿU-T“_- in Stücke; zu Stücken
Glossar
336Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Oÿc- Zeit
Oÿc-ˇTc- 1. Zeit, Epoche
2. (festliche) Gelegenheit
Oÿc-_Tc- 1. Jahrhundert
2. Epoche
N‰- 1. der/die/das; jener/jene/jenes
2. Semifinalpartikel, Seite 217
N‰-£‰N- soviel
N‰-]x- solcher, solche, solches
N‰-Pc- danach
N‰-TZ…P- ebenso
N‰-TZ…P-I…N- Soheit, skt. tathatÀ (siehe Seite 61)
N‰-TZ…P-Ca‰Cc-R- skt. tathÀgataã (siehe Seite 66)
N‰T- Buch
N‰_- dort
NÈ- Finalpartikel der Aussage, Seite 164
NÈ-¶E- Interesse, Aufmerksamkeit
NÈ-RÈ- Ladung
NÈP- 1. Inhalt, Bedeutung, Sinn
2. Nutzen, Zweck, Ziel
3. l…-NÈP-Oÿ- um Willen; zum Nutzen von
4. Kurzform für Siebzig (siehe Seite 74)
Glossar
337Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
NÈP-CPN- 1. Angelegenheit, Belang, Gegebenheit
2. Kernpunkt
NÈP-U‰N-(R-) sinnlos; ohne Zweck/Absicht
NÈU- Bär
ªCc-RÈ-ü-ä‰- »der Arzt von Dwags-po« = Gampopa
xE- N. von ]x‰P-R-
xE(c)- N. xE- I. xÈE(c)- P. von ]x‰P-R-
x⁄C- sechs
x⁄E- 1. Nähe, Gegenwart
2. l…-x⁄E-Oÿ- in die Nähe von
x‰`- Maultier
xÈE(c)- I. von ]x‰P-R-
CNP- Sitz
CNP-t…- Thron
CNP-c- Wohnsitz
CNP-]x‰P-R- »den Sitz ziehen« Y einladen, berufen
CNT- N. von ]N‰Tc-R-
CN]-T- elegant-bescheiden für ]OÿC-R- und •ÈN-R-,
Seite 70
COÿE- 1. höfl. Knochen
2. Familie, Geschlecht väterlicherseits
CNÈE- Gesicht
Glossar
338Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
CNÈN-(U-) Anbeginn
TNC- das Selbst; ich; skt. Àtman
mich/dich/sich selbst
TNC-RÈ- Herr, Besitzer
TNC-U‰N- 1. Ohne-Selbst-Sein; Ichlosigkeit
2. besitzerlos
TNC-U‰N-R- 1. = TNC-U‰N-
2. etwas, bei dem es kein Ich/Selbst gibt
TNU- N. von ]NU-R-
TOÿN- Dämon; skt. mÀra
TOÿN-˛…- »Dämonen-Saft«, Göttertrank, skt. amÏta
TOÿP- sieben
TOÿP-zC- »Siebener«, Woche
TN‰-T- glücklich, heilvoll, wohl (sein); Glück, Heil, Wohl
TN‰-T_-Ca‰Cc-R- skt. sugataã; siehe Seite 66
TN‰P-R- wahr (sein); Wahrheit
UN]- 1. Pfeil
2. Untertal
UNÈ- 1. SÊtra; Lehrreden
2. unterer Teil eines Tals
UNÈ-BUc- Amdo und Kham
Glossar
339Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
]NU-R- P. ]NUc- N. TNU- I. ]NÈUc-
etwas wählen, zwischen etwas wählen
]NUc- P. von ]NU-R-
]N]-T- P. ]Nc- vorübergehen; jenseits gelangen von (`c-)
]Nc-R- P. von ]N]-T-
vorübergegangen; jenseits gegangen von (`c-)
auch für gestorben
]N…- dieser/diese/dieses
]Oÿ-T- P. ]Oÿc- zusammenkommen, sich versammeln,
enthalten sein (in)
]OÿC-R- 1. sitzen, weilen, sich befinden
2. vorhanden sein; ]OÿC- häufig es gibt
3. in der Umgangssprache umschreibend für »haben« bezogen auf die 2. oder 3. Person (Log. Subjekt mit `-)
4. als Hilfsverb in der Umgangssprache
]OÿN-R- P. TLfiN- N. CLfiN- I. M—N- sich verbeugen vor (`-; siehe Seite 117)
]Oÿc- P. von ]Oÿ-
]N‰Tc-R- P. TKT- N. CNT- I. MÈT- 1. werfen, schlagen, treffen
2. (ein Gebet) sprechen
3. (Saat) aussäen, pflanzen
4. (ein Kloster) gründen
]NÈCc-m…- »Anbinde-Hund«; Wachhund, Kettenhund
Glossar
340Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
]NÈCc-R- P. TKCc- N. CKC- I. MÈCc-
anbinden, befestigen, (Schmuck) anlegen
]NÈN-GCc- Begierde (und Anhaftung)
]NÈN-R- etwas (`-) wünschen; Wunsch
]NÈUc- I. von ]NU-R-
]x-T- gleich/ähnlich sein mit (NE-); gleichen
]x‰-T- P. ]x‰c- sich vermischen mit (NE-)
]x‰P-R- P. xE(c)- N. xE- I. xÈE(c)- ziehen, leiten, führen
]x‰c- P. von ]x‰-T-
]x‰c-R- vermischt; Mischung
auch Kreuzung
ç-^E- chinesische Währung
çÈ- Stein
çÈ-ä‰- Vajra, Donnerkeilzepter
çÈ-ä‰-Ç…E- Darjeeling
çÈ-_…E- Steinsäule, Stele
úP-R- versehen sein mit (NE-)
•E-T- hassen; Hass
•_-U- Feigling
•…C-R- Handlung, die negatives Karma nach sich zieht; Sünden
(Gegensatz zu NC‰-T-)
Glossar
341Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
•…C-RÈ-G‰- siehe U…-•…C-RÈ-G‰-
•‡C-R- 1. leiden
2. hübsch
•‡C-T¢`- Leiden
•‡N-R- P. I. •‡c- N. T•‡- 1. zusammenbringen, (Ernte) einbringen,versammeln, um sich scharen
2. zusammenfassen
•‡c- P. und I. von •‡N-R-
•‰-~…N- Titel für Regenten
auf Seite 112: der Regent des 5. Dalai Lama
•‰-~…N-cEc-îc-î-UWÍ- (1653-1705)
•‰_-U- Teller
•ÈE-(RÈ-) Stamm, Stengel
•ÈN-R- P. N. T•N- leben, bleiben, verweilen, sich aufhalten
•ÈU-(WÀC-) Merkvers; Zusammenfassung
T•N- P. und N. von •ÈN-R-
T•‡- N. von •‡N-R-
T•‡-T]…-NEÈc-R-TZ…- vier Dinge, um [Schüler] um sich zu scharen
P- 1. Lokativsuffix, Seite 151
2. verkürzt für »wenn jemand fragt«, Seite 159
P-T- krank sein
P-W- Krankheit, Schmerz
Glossar
342Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
P-^E- auch wenn; Seite 159
PC-RÈ- schwarz
PCc- Wald
PCc-W`- Wald, Hain
PE- 1. das Innere
2. l…-PE-`- in/im (Inneren)
PE-R- »der sich mit dem Inneren befasst«, Buddhist
PE-U…- Familienmitglieder, Haushaltsmitglieder
PN-R- Patient
PU- 1. wann
Interrogativ-, Relativ-, Indefinitpronomen;Lektion 15
2. PU-...P- wenn (»when«)
3. Finalpartikel der Frage, Seite 165
PU-Z…C-(Pc-) irgendwann
Pc- Gerste
Ablativsuffix, Seite 147 ff.
Pc-T\“E-K‰- seit (siehe Seite 148)
P…- Betonungspartikel »was ... angeht«
siehe Seite 109, 175
Q÷c-R- 1. fähig sein; Fähigkeit
2. wagen
PÈ- Finalpartikel der Aussage, Seite 164
Glossar
343Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
PÈ_-T“- Juwel
PÈ_-T“-Ç…E-B- »Juwelenpark«
(Name des Sommerpalastes des Dalai Lama)
CPE-T- höfl. geben; machen, tun
CPU- oder PU-UB]- Himmel
CPU-u⁄- »Himmelsboot«, Flugzeug
CPc- Ort, Platz, Stätte
CPc-R- wohnen, weilen, leben
CPc-W”`- Situation
CPÈN-R- schaden, verletzen; Schaden (siehe Seite 117)
CPÈN-Æ…P- »Schadensbringer« Y Dämon
éU-åÈC- kurz für éU-R_-åÈC-R-
éU-R- 1. Art
2. Erscheinung
éU-R_- 1. ganz, vollkommen
2. Wiedergabe von skt. vi-, Seite 197
éU-R_-åÈC-R- Denken, Vorstellung, Gedanke
(siehe auch Seite 197)
éU-Nq‰- Unterscheidung; Kasus
éUc- Pluralpartikel, Seite 84
é`-]qÈ_- Yoga (siehe Seite 67)
Glossar
344Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
é`-]qÈ_-R- Yogi
é`-]qÈ_-U- YoginÅ
¶-WÍCc- vielfältig, verschieden
¶C-W- Tinte
¶E-T- 1. wahrnehmen, sehen als (Term.)
2. Erscheinung, Bild, Wahrnehmung
3. strahlen, leuchten
¶‡U- Öl
¶ÈN- Behälter
übertragen gebraucht für Schüler und für die äußere Umgebung
¶ÈN-TF“N- der Behälter (die äußere Umgebung) und sein Inhalt (die Bewohner)
¶ÈN-Gc- Behälter
R- Semifinalpartikel, Seite 217
RCc-(R-) Haut, Fell
RE- Schoß
RN-U- Lotos
RN-U-]qŸE-CPc- »der Lotosgeborene« = Padmasambhava
R°≥-K- PaÐÝita (indischer Gelehrter)
R_- Druck, Abguss
R_-Oÿ-∞„P-R- als Druck herausgeben; publizieren
Glossar
345Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
R_-_…c- Bild, Foto
RÈ-LÛ-`- Potala
NRC-Lfi-U‰N-R- unermesslich
NR`- glorreich, skt. ²rÅ
NR`-úP- glorreich; ruhmreich
NR`-U_-U‰-UXN-^‰-a‰c- DÅpa¾kara ³rÅjñÀna (Beiname von Ati²a)
NR‰- 1. Beispiel, Vorlage, Muster
2. Gleichnis, Metapher
3. kurz für NR‰-G-
NR‰-G- Petscha (tibetisches Buch in länglichem Format)
NR‰-UXÍN-BE- Bibliothek
NR‰_-P- zum Beispiel
NRÈP-BC- Anführer, Gebieter, Würdenträger
NRÈP-RÈ- Anführer, Herr, Meister, Vorgesetzter
No…N-@- Frühling
ßE-_…- Alm
߉`-T- (etwas) verbreiten, vermehren, populär machen
≠ P- 1. höfl. Auge
2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68
Glossar
346Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
≠ P-GT- höfl. Tränen
≠À-CV“C- Scheitel
≠À-Ñ- auch p…-Ñ- Monat nach westlicher Kalenderrechnung
≠À-`È- auch p…-`È- Jahr nach westlicher Kalenderrechnung
≠À_- im Allgemeinen, generell
≠À_-TKE- gewöhnlich, allgemein
≠ÈN-R- 1. praktizieren, sich verhalten; Verhalten2. erfahren als (siehe Seite 136)
≥N- P. und N. von ≥ÈN-R-
≥…P- Wolke
≥„`-T- verwandeln in (Term.)
≥„`-ˇ‡- »Wandelkörper«; Tulku, Reinkarnationskt. nirmÀnakÀya
≥‰]“- Affe
≥‰`- Affe (bei Jahresangaben)
≥ÈN-R- P. N. ≥N- geben
≥ÈN-q‰N- Güter zum Verteilen
≥Èc-R- geistige Ausschweifungen
≥Èc-`- frei von geistigen Ausschweifungen
(siehe Seite 121)
S- Vater
Glossar
347Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
S-U- Eltern
S-U‰c- Vorfahren
SC-(R-) Schwein
SP- kurz für SP-R- oder SP-RÈ-
GE-SP- wohltuendes/erfrischendes Bier (Mil)
SP-R- nützlich sein; nützlich
Nutzen (siehe Seite 117)
SP-RÈ- nützlich
S_- hin(über); Gegenteil von W”_-
S`-G‰_- 1. die meisten
2. ungefähr
3. wahrscheinlich
S“-M—E- Ärmel
S“-M—E-U‰N-R- ärmellos
S“E-RÈ- »Anhäufung«, skt. skandha
S—`- P. und N. von ]T“`-T-
S‰Tc-R- 1. höfl. gehen
2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68
SÈ- männlich; männliches Tier
SÈ-E- Palast
Glossar
348Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
pC- 1. höfl. Hand
2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68
pC-TKT- höfl. für TKT-
pC-N‰T- höfl. für N‰T-
pC-]W`-T- P. TV`- I. ]WÍ`- sich niederwerfen, verbeugen
p…- das Außerhalbbefindliche, Hintere, Spätere
(siehe auch Seite 202)
p…-Ñ- (auch ≠À-Ñ-) Monat nach westlicher Kalenderrechnung
p…-Pc- von draußen; in der Zukunft
p…-`È- (auch ≠À-`È-) Jahr nach westlicher Kalenderrechnung
p…P- P. von ]uÈ-T-
p…_- 1. wegen; um ... willen
2. zurück, wieder, wiederum
3. aus ... heraus; nach draußen
pŸ-R- Tschuba (tibetischer Mantel)
pŸC-RÈ- reich
pŸCc- Vieh
pŸCc-í…- Hirte
p‰N- halb
p‰N-@- Hälfte
pÈCc- Richtung
Glossar
349Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
zC- 1. Kollektivbilder, Seite 76
2. Schulter
zC-NÈC- Neid
zC-NÈC-R- neidisch
zN- 1. P. von ]zN-R-
2. grammatische Partikel
zP-(T“-) klein, fein; Partikel
z⁄C- Kind, Tierjunges
z⁄C-Dÿ- auch z⁄-Dÿ- Kind
z‰E-T- oder ]z‰E-T- Gebetskette
]SCc-R- hervorragend, edel; skt. Àrya
]zN-R- P. zN- zusammentreffen mit (NE-)
T- 1. Kuh
2. Nominalsuffix, Seite 50
T-pŸCc- Kühe, Rindvieh
T-cÈ- Elfenbein
TP-N‰- auch Tì–- MönchIn der Milarepa-Biographie wird auch Marpa als TP-N‰- bezeichnet, obwohl er kein Mönch war, sondern das Leben eines Haushälters führte.
TU- Finalpartikel der Frage, Seite 165
T_- Zwischenraum
Glossar
350Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
T_-GN- Hindernis, Behinderung
T_-Oÿ- 1. bis
2. U- Verbstamm T_-Oÿ- solange nicht ...; Seite 154
T`- Wolle
T`-^“`- Nepal
T“- Sohn, Junge
T“-z⁄C- Kind
T“-UÈ- Mädchen, Tochter
T“N-U‰N- Frau
T“U-R- Vase
TÈ- Finalpartikel der Aussage, Seite 164
TÈE-Dÿ- umgangssprachlich für TÈE-T“-
TÈE-T“- Esel (Schriftsprache)
TÈN- Tibet
TÈN-ˇN- Tibetisch
TÈN-H- tibetischer Tee
TÈN-R- Tibeter
TÈP- Bön
TÈP-RÈ- Anhänger der Bön-Schule
Glossar
351Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
q- 1. Vogel
2. N. von q‰N-R-
3. kurz für q-T-
q-T- Tat, Handlung
q-WÀC- Verb
qE- 1. P. von ]qE-T-; rein geworden
2. Norden
qE-G”T- Erleuchtung, Erwachen
(siehe Seite 67)
qE-G”T-l…-c‰Uc- Erleuchtungsgeist, Geist des Erwachens
(siehe Seite 67)
qE-G”T-l…-c‰Uc-NR]- Bodhisattva (siehe Seite 67)
qUc-R- Liebe; skt. maitrÅ; maitreya
qc- P. von q‰N-R-
q…- Ratte (bei Jahresangaben)
q…P- 1. P. von Æ…P-R-
2. Pracht
3. Segen
q…]“- Vögelchen, kleiner Vogel
q…c-R- Kind; kindlich
qŸE- P. von ]qŸE-T-
q‰-C-Lfi- im Einzelnen, detailliert
Glossar
352Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
q‰N-R- P. qc- N. q- I. qÈc- machen, tun; sagen, siehe Seite 185
q‰N-±- »Agens-Instrument-Partikel«,Ergativ-Instrumentalsuffix, Seite 144
qÈP- P. und I. von ]qÈP-R-
qÈc- I. von q‰N-R-
C- Felsen
U-\‰- Brahmane
`- ohne; getrennt/frei von (NE-); P. von ]`-T-
…- N. von ]…-T-
…c- P. und I. von ]…-T-
Èc- P. und I. von ]Èc-T-
É- das Hohe, Höhere
É-U- spiritueller Lehrer; Lama (siehe Seite 67)
ÉEc- P. von `‰P-R-
ɇP-RÈ- Tor, Narr
ÉÈ- Verstand, Geist
ÉÈ-]nÈN- Reue, Bedauern
ÉÈ-T\E- »von gutem Verstand«; Eigenname
ÉÈ-TcU- kurz für ÉÈ-T\E-TcU-CKP-
NTE- 1. Macht, Ermächtigung, Initiation
2. l…-NTE-C…c- durch
Glossar
353Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
NT…P-H…- Engländer, Westler
kurz für NT…P-H…-ˇN- Englisch
NT“- 1. höfl. Kopf
2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68
NT“-FP- »mit Kopf«; eine Art tibetische Druckschrift
NT“-U‰N- »ohne Kopf«; eine Art tibetische Schreibschrift
NT“-æ- höfl. Hut
NT“`- N. von ]T“`-T-
NT“`-R- arm sein an (l…c-)
NT“`-RÈ- arm
NT“c- Mitte; Ü (Provinz in Tibet, in der auch Lhasa liegt. Ü und Tsang werden manchmal als Zen-traltibet zusammengefasst.)
NT‰P-R- entfernt sein von, weg von (l…c-)
NqEc- Wohlklang
Nq_-@- auch Nq_-B- Sommer
Nq…Ec- Bereich, Sphäre
]TN-R- veranlassen;sich anstrengen/bemühen/einsetzen
Anstrengung, Bemühung
]T_- brennen
]T“U- hunderttausend
Glossar
354Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
]T“`-T- P. I. S—`- N. NT“`- 1. jemand Höherstehendem geben, anbieten
2. Gabe
]qE-T- P. qE- 1. sauber/rein werden
2. geübt/erfahren sein
]qŸE-B‘Ec- Quelle, Ursprung
]qŸE-B‘Ec-l…-±- »Partikeln der Herkunft«, Ablativsuffix,Seite 147
]qŸE-CPc- »Hervorkommensort«; Quelle, Ursprung
]qŸE-T- Element
]qŸE-T- P. qŸE- 1. hervorkommen, aufkommen, entstehen
2. geschehen
3. werden zu (Term.)
4. als Hilfsverb siehe Seite 258
]qÈP-R- P. I. qÈP- höfl. kommen; erscheinen, auftreten
]qÈ_-T- 1. ankommen
2. bekommen
3. Reichtum, Wohlstand
]`-T- frei sein von (NE-)
]c- 1. Frucht
2. Resultat
3. Reis
]c-öÈEc- »Reisland« Y Sikkim
]c-T“- Frucht
Glossar
355Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
]…- Dri (weibliches Yak)
]…-T- P. I. …c- N. …- schreiben, zeichnen, malen
]⁄- 1. Getreide
2.Gerste
3. Korn, Körnchen, Same
]⁄C- Drache
]⁄C-ˇN- 1. Donner
2. Bhutanesisch
]⁄C-R- Bhutanese
]⁄C-^“`- Bhutan
]‰`-T- verbunden sein mit (NE-); Verbindung
]Èc-R- P. I. Èc-R- fliehen
è-ÖTc- Welle, Woge
®`- Frosch
ÆE- N. von ÆÈE-T-
ÆEc- P. von ÆÈE-T-
Æ_- P. und N. von ÆÈ_-T-
Æ…P-R- P. q…P- (Gaben, Spenden) geben; Gabe
ÆÈE-T- P. ÆEc- N. ÆE- I. ÆÈEc- 1. sich üben in, studieren (siehe Seite 117)
2. reinigen
ÆÈEc- I. von ÆÈE-T-
Glossar
356Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
ÆÈ_-T- P. N. Æ_- zusammenfügen/zusammenkleben mit (NE-); verfassen
¥„`- Schlange
U- 1. Negationspräfix, Seite 139
2. Mutter
U-T_-Oÿ- solange nicht (siehe Seite 133)
... U-\N- »es erschöpft sich nicht darin, dass ...«
(von ]XN-R-) Y nicht nur ...
U-]ÈEc-R- 1. »noch nicht gekommen«; Zukunft, Futur
2. tibetischer Terminus für die Verbstamm-form von Nezessitativ bzw. Voluntativ (Siehe auch Seite 138)
U-_“Ec-R- grausig, furchteinflößend
UE-JfiE- Menge, Quantität
UE-RÈ- viel
UU- Finalpartikel der Frage, Seite 165
U_- Butter
U_-R- Marpa (1012-1097; Lehrer von Milarepa)
U_-U‰- Butterlampe
U…- 1. Mensch
2. Negationspräfix, Seite 139
U…-àÈN- »wilder Mensch«, Yeti
U…-åC-R- unbeständig
Glossar
357Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
U…-•…C-RÈ-G‰- siehe Seite 291
U…-UE- Volk
U…-\N-R- unerschöpflich
U…-`-_c-R- Milarepa (1040-1123)
U…C- Auge
U…C-G”- Tränen
U…C-a‰`- Brille
U…C-a‰c- Augenbewusstsein
U…E- Name (siehe auch Seite 116)
U…E-VU- »bloß der Name«, Nullsuffix, siehe Seite 143
U…P- = U-^…P- ist nicht
U…]“- Zwerg
U—P-R- Dunkel, Finsternis
U‰- Feuer
U‰-KÈC- Blume
UÈ- 1. Nominalsuffix, Seite 53
2. Finalpartikel der Aussage, Seite 164
3. weiblich ; weibliches Tier
UÈ-_E- sie; 3. Person, Singular, fem. (siehe Seite 89)
r-EP-`c-]Nc-R- NirvÀÐa (siehe Seite 67)
Glossar
358Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
rE- P. von rÈE-T-
rEc- P. von rÈE-T-
rŸ-Dÿ- Sprössling
rŸ_-Oÿ- schnell
rÈE-T- 1. widerfahren
2. als Hilfsverb
rÈE-T- P. rEc- N. rE- I. rÈEc- 1. schmecken, kosten
2. durchstehen, erfahren
rÈEc- P. von rÈE-T-
NUC-U…- Soldat
NUP-R- tief, niedrig, gering
NU]-TÈ- wie NUP-R-
NU_-RÈ- rot
NU…Cc-Tc`- besonders, speziell
ê…-`U- Traum
©N- der untere Teil von etwas
©P- Arzt
©P-BE- Krankenhaus
©P-R- Arzt
©ÈP-`U- Wunschgebet
©ÈP-`U-]N‰Tc-R- ein Wunschgebet sprechen
Glossar
359Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Ø„-Dÿ- Stift
Ø„C-U- Bambus
µ-T- P. µc- I. µÈc- sagen
µc- P. von µ-T-
µÈc- I. von µ-T-
VP-NP- Sandelholz
VU- 1. ungefähr
2. nur, bloß
VÀ-VÀ- Maus
CVE- Tsang (Provinz in Tibet, in der auch Shigatse liegt. Ü und Tsang werden manchmal als Zen-traltibet zusammengefasst.)
CVE-U- sauber
CV“C-`C-BE- Tempel(schule), skt. vihÀra
CV“C-`C- Wissenschaften
CV“C-`C-CPc-G‰P- buddhistische Universitäten im alten Indien (wie zum Beispiel NÀlandÀ oder Vikrama²Åla)
CVÍ-TÈ- wichtigste/r/s; Haupt-
TV`- P. und N. von ]WÍ`-
TV“Cc- P. von ]X“Cc-R-
˛- 1. Energiebahnen, skt. nÀÝÅ
2. kurz für ˛-T-
3. Kurzform für Zehn, Seite 74
Glossar
360Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
˛-T- Wurzel, Basis
˛-T-Pc- »von der Wurzel her«, von Grund auf
mit Negation Y nie u. ä.
˛…- Saft, Extrakt
˛…-T- P. T˛…c- N. T˛…- I. ˛…c- 1. rechnen
2. etwas (`-) ansehen als (Term.)
˛…c- 1. I. von ˛…-T-
2. Berechnung, Kalkulation
3. Verbstamm + ˛…c- zu tun planen/vorhaben
˛‰-(UÈ-) Spitze, Gipfel
˛‰N-UÈ- Spiel
˛‰N-UÈ-˛‰-T- »ein Spiel spielen«, spielen
˛‰N-_ÈCc- Spielkamerad
˛ÈU-R- P. T˛Uc- N. T˛U-
I. ˛ÈUc-
1. verfassen
2. anfangen, beginnen
˛ÈUc- I. von ˛ÈU-R-
»- Gras
T˛U- N. von ˛ÈU-R-
T˛Uc- P. von ˛ÈU-R-
T˛…- N. von ˛…-T-
T˛…c- P. von ˛…-T-
Glossar
361Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
T˛ÈP-]u⁄c- Fleiß
W-RÈ- heiß
auch kurz für Ö‡E-W-RÈ- u.ä.
W-T- heiß (sein); Hitze
WE-U- alle, alles
WE-U_- alles in allem
WT- Stellvertreter, Ersatz
WÀC- 1. Wort
2. P. von ]WÀC-
WÀC-]u‰`- Wort-Kommentar; Seite 161
W”Cc- I. von ]X“Cc-R-
W”_- her(über); Gegenteil von S_-
W”`- Art und Weise
W”`-`“Cc- Tradition
WÂ- 1. Leben
2. Zeitpunkt, Zeitraum
3. Konjunktion wenn; zu der Zeit, als
WÂ_-U- Dorn
WÂc- Datumstag
WÍ- Pluralsuffix, Seite 83
WÍCc- Ansammlung, Menge, Schar, Schwarm
Glossar
362Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
WÍP- Farbe
WÍ_-T- fühlen; Gefühl
WÍ`- I. von ]WÍ`-T-
Ω- Salz
UWP- 1. höfl. Name, Titel
2. Nacht
UWP-I…N- (Wesens-)Merkmal
UWUc- 1. Zwischenraum, Grenzlinie
2. Abgrenzung
3. Retreat
UW”Ec-R- gleich/ähnlich (sein) mit (NE-)
UWÂ]“- Teich (siehe Seite 62)
UWÍ- See
]WÀC-R- P. WÀC- verbrennen, sich verbrennen (intransitiv)
]WÍ`-T- P. N. TV`- I. WÍ`- suchen
CX“Cc- auch C\“Cc- N. von ]X“Cc-R-
UXN-R- I. UXÍN- höfl. machen, tun
UXÂc-•‡C- Schönheit
UX‰c-RÈ- schön
UXÍ- Dzo (Kreuzung zwischen Yak und Kuh)
UXÍ-UÈ- weibliches Dzo
Glossar
363Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
UXÍN- 1. Speicher
2. Schatz, Schatzkammer
3. I. von UXN-R-
]XN-R- P. \N- dahinschwinden, verbraucht/aufgebrauchtwerden; sich erschöpfen (in)
]XU-T“-Ç…E- Welt (siehe Seite 65)
]XU-Ç…E- kurz für ]XU-T“-Ç…E-
]XÀP-R- P. T\“E- N. C\“E- I. \“Ec- 1. halten, ergreifen
2. etwas (`-) auffassen als (Term.), begreifen als
siehe Seite 135
]X“Cc-R- P. TV“Cc- N. CX“Cc-
I. W”Cc-
1. gründen, etablieren
2. pflanzen
3. (Pfosten) aufstellen
4. durchstoßen, durchbohren
íÈE-T- P. TíEc- N. TíE- I. íÈEc- senden, schicken
íÈEc- I. vom íÈE-T-
TíE- N. vom íÈE-T-
TíEc- P. vom íÈE-T-
Y-UÈ- Fuchs
ZC- 1. Tag (24 Stunden)
2. Fett
ZTc- 1. höfl. Fuß
2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68
Glossar
364Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Z`- 1. höfl. Mund, Gesicht
2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68
Z`-`C- höfl. Mahlzeit, Essen
Z`-`“E- mündliche Unterweisung
Z…-T- Frieden; skt. ²Ànti
Z…-T-]WÍ- ³Àntarak¼ita (8. Jh.)
Z…-U…- Katze
Z…C- 1. Indefinitsuffix, Seiten 86, 208
2. Imperativpartikel, Seite 169
Z…E- 1. Feld
2. Konjunktion Z…E-, Seite 222
Z…E-B- auch Z…E-C- Feld (Umgangssprache)
Z…E-R- Bauer
Z…U-RÈ- lecker
[÷-T- schmelzen (intransitiv)
[÷-T- P. I. [÷c- bescheiden sagen, fragen, bitten;
Bitte, Anliegen
[÷Cc- P. und I. von ]H“C-R-
[÷c- P. und I. von [÷-T-
Z‰- Kurzform für Vierzig (siehe Seite 74)
Glossar
365Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Z‰-•E- Hass
Z‰-P- »wenn jemand sagt/fragt«, Seite 160
Z‰P-R- begehren, sich sehnen nach
Z‰]È, »sagt man«, Seite 183
Z‰c- 1. so
2. Redeabschlusspartikel, Seite 181
Z‰c-R- genannt; wie Anführungszeichen
Z‰c-q-T- genannt; wie Anführungszeichen
Z‰c-q]È, ist ... genannt
ZÈC- I. von ]HÈC-R-
ZÈCc-R- Morgen
ZÈP-R- reiten
æ-UÈ- Hut
CZC- N. von ]HÈC-R-
CZP- anderer, andere, anderes
C[÷C- N. von ]H“C-R-
C[÷E- 1. Mitte, Zentrum, Kern, Haupt-
2. Regierung
3. (religiöser) Grundtext
CZÈU- N. von ]HÈUc-R-
TZC- P. von ]HÈC-R-
Glossar
366Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
TZ…- vier
TZ…C- P. von ]H…C-R-
TZ…P- wie, gemäß
T[÷-T- P. I. T[÷c- schmelzen, gewinnen aus (transitiv)
T[÷Cc-R- höfl. sitzen, weilen, sich befinden
T[÷c- P. und I. von T[÷-T-
TZ‰E-T- P. TZ‰Ec- höfl. errichten, gründen
TZ‰Ec-R- P. von TZ‰E-T-
TZ‰c-R- 1. höfl. nehmen; essen, trinken
2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68
TZÈ- N. von ]HÈ-T-
TZÈc- P. von ]HÈ-T-
\-BE- Restaurant
\-Gc- Nahrungsmittel
\-T- P. T\c- / \Èc- N. T\]- I. \È- essen
\-dÈ_- Zahor (Region in Indien)
\Ec- Kupfer
\N- 1. P. von ]XN-R-
2. siehe U-\N-
\N-R- aufgebraucht sein; zuende sein
Glossar
367Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
\P- Essen, Speise
\c- Essen
\…-`…E- Name einer Stadt in Amdo, Osttibet
\…`- Glanz, Pracht
\…`-G‰-T- glänzend, prächtig, strahlend
\“Ec- I. von ]XÀP-R-
\‰_-T- sagen, nennen (siehe Seite 116)
auch genannt (evt. als Anführungszeichenwiederzugeben)
\È- I. von \-T-
\Èc- P. von \-T-
Ñ- 1. kurz für Ñ-T-
2. in einigen zusammengesetzten Ausdrücken ähnlich wie »Partner«
Ñ-T- Mond
чU-R- rund
C\…C- Leopard
C\…Cc-R- 1. höfl. sehen; kaufen
2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68
C\“E- I. \“Ec- N. von ]XÀP-R-
T\E-T- gut (sein)
Glossar
368Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
T\E-RÈ- gut
T\]- N. von \-T-
T\]-T- Essen
T\c- P. von \-T-
T\“E- P. von ]XÀP-R-
T\È-T- P. I. T\Èc- herstellen, machen
T\ÈN-R- aushalten/ertragen können; Geduld, Ausdauer, Durchhaltekraft
T\Èc- P. und I. von T\È-T-
-]E- Konzessivpartikel, Seite 224
- ]U- Finalpartikel der Frage, Seite 165
-]Ã- Attributsuffix (Genitivsuffix), Seite 93
-]È- Finalpartikel der Aussage, Seite 164
]È-FÈC- Pluralsuffix, Seite 84
]È-U- Milch
]ÈC-Lfi- unter, unterhalb
]ÈE-T- P. ]ÈEc- N. ]ÈE- wie ^ÈE-T-
]ÈN- Licht
^C-•‡C- Qualität
^C-RÈ- gut
Glossar
369Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
^E- 1. Betonung »nun, aber«
2. auch, wieder
3. zur Bildung von Indefinitpronomen, Seite 209
4. Konzessivpartikel, Seite 224
5. intensivierend, Seiten 226, 227
6. satzeinleitend, Seite 227
^E-MÈC- ganz oben
oberstes Stockwerk/Dach
^E-~…N- Wiedergeburt
^Ec- weit, weiträumig, groß, geräumig
^P-`C- Zweig, Glied, Teil
^`-C- Ast, Zweig
^`-T- verschwinden; verblassen
verschwunden; verblasst
^…- 1. Attributsuffix (Genitivsuffix), Seite 93
2. kurz für ^…N-
^…-C‰- Buchstabe, Schrift, Brief
^…C- kurz für ^…-C‰-
^…N- Geist, Sinn, Herz
^…N-TN‰- freudvoller Geist
^…N-`-]XÀP-R- zu Herzen nehmen; sich merken
Glossar
370Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
^…P- In der Schriftsprache für alle Personen; in der Umgangssprache nur auf die erste Person bezogen und auch als Hilfsverb.
1. Gleichsetzungsverb:
[etwas] ist [etwas], Seiten 109, 110
2. als Hilfsverb, Seite 255
3. Durativpartikel, Seite 254
^…P-P-^E- »auch wenn es so sein sollte/ist«
aber; trotzdem
^…P]E- kurz für ^…P-P-^E-
^…c- Ergativ-Instrumentalsuffix, Seiten 101, 144 ff.
^“- Schaft
^“P- Zeit(raum)
^“`- Land, Region, Objekt
^“`-U…- Menschen der Region, Einheimische
^“`-ü- Ortsgottheit; Schutzgottheit einer Region
^‰-a‰c- Weisheit; ursprüngliche Bewusstheit
^ÈE-T- kommen
^ÈN-R- 1. vorhanden sein, existieren (^ÈN, es gibt)
2. umschreibend für »haben«, Seite 113
3. als Hilfsverb, Seite 253
^ÈP-KP- Qualität, (gute) Eigenschaft
^ÈP-KP-G‰P-RÈ- von guter Eigenschaft; gut (siehe Seite 60)
Glossar
371Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
^È`-T Vorhang
^Èc- Hase (bei Jahresangaben)
^Èc-`È- Jahr des Hasen
C^C- Yak
C^c- rechte Seite
C^c-c“- rechts
C^“- Türkis
C^ÈC-R- P. I. C^ÈCc- bedecken
C^ÈC-RÈ- Diener
C^ÈCc- P. und I. von C^ÈC-R-
C^ÈP- linke Seite
C^ÈP-`- links
_- 1. Ziege
2. Umzäunung, Umgrenzung
_-U- auch _-UÈ- (weibliche) Ziege
_C-R- 1. erhalten (siehe Seite 114)
2. berühren
_C-`c-R- abhängen von (`-)
_E- »selbst, eigen«, Seite 89
_E-î‡N- der eigene (Geistes)strom
Glossar
372Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
_E-I…N- selbst, eigen
_E-qŸE- selbstentstanden, natürlich
_E-TZ…P- Eigennatur, skt. svabhÀva
wie EÈ-TÈ-I…N-
_E-_E- jeweils eigene
_E-cEc- von selbst bereinigt (sein); Eigenbereinigung
_T-qŸE- 1. 60-Jahres-Zyklus
2. kurz für _T-Lfi-qŸE-T-
in ein Kloster eingetreten sein
3. Mönch
_U- Finalpartikel der Frage, Seite 165
_c- Baumwolltuch
_c-R- Siehe Seite 51
_…- Berg
_…-UCÈ- Berggipfel
_…-ªCc- nichtfleischfressende Wildtiere
_…-TÈ- wie _…-
_…-TÈE- Hase
_…-UÈ- Bild, Zeichnung
_…C-CPc- Wissensgebiete
Glossar
373Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
_…C-R- wissen; Wissen, Kenntnis, Klugheit; Gewahrsein
_…Cc- 1. Art, Gruppe, Sorte
2. cEc-îc-l…-_…Cc- Art [des Potentials zur] Bud-dhaschaft; für skt. gotra
3. Geschlecht, Herkunft, Volk, Stamm
_…Cc-EP- schlechte (unreine) Kaste/Gruppe
wie die »Unberührbahren« in Indien und die Schlachter und Schmiede in Tibet
_…Cc-R- 1. Schlussfolgerung, Logik
2. Ehrentitel für Lamas, die als Reinkarnatio-nen gelten
_…E-RÈ- 1. lang
2. (MD-) _…E-RÈ- weit weg
_…E-T- 1. lang sein
2. weit weg sein von (NE- u.a.; siehe Seite 122)
_…P- Wert
_…P-ME- Preis, Wert
_…P-RÈ-G‰- 1. kostbar
2. Titel für Lamas, die als Reinkarnation gelten
_…U-(R-) Reihe, Reihenfolge, Stufe, Rang, Grad
_…U-n…c- der Reihe nach, stufenweise
_…U-R_- wie _…U-n…c-
_…U-Rc- wie _…U-n…c-
Glossar
374Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
_…`-T“- Kugel, Pille
_“- Terminativsuffix, Seite 151
_“E-T- 1. geeignet, angemessen sein
2. siehe auch Seiten 210 und 228
_“c-®`- Schildkröte
_‰- 1. je, jeweils, jeder (auch _‰-_‰-)
2. Affekt-Silbe, Seite 64
3. Kurzform für Sechzig (siehe Seite 74)
zu weiteren Bedeutungen siehe z.B. Jäschkes Handwörterbuch
_‰N- [etwas] ist [etwas], Seite 111
In der Schriftsprache steht _‰N- für ^…P- bei Bezug auf die 2. oder 3. Person und als Hilfs-verb. In der klassischen Schriftsprache kommt _‰N- kaum vor.
_È- 1. Leichnam
2. Geschmack
3. Finalpartikel der Aussage, Seite 164
¿- Horn
Ö‡E- Wind
Ö‡E-]z…P- »Wind-Botschaft« Y Radio
Ö‡E-W-RÈ- 1. aufbrausend, jähzornig
2. stürmisch
Ö‡E-`Ec-RÈ- aufbrausend
Glossar
375Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
`- 1. Gebirgspass
2. Dativ-Lokativsuffix; Seite 151
`-NÈP-TOÿP- »Sieben Partikeln mit der Funktion von `-«, Seite 151
`C-(R-) Hand; Arm
`Cc- Höflichkeitspartikel, Seiten 111, 174
`Cc-R- eleg.-bescheiden für …P-R-; siehe Seite 69
`E-T- P. `Ec- 1. sich erheben, aufstehen (kontrollierbar; I. `ÈEc-)
2. aufkommen (nicht kontrollierbar)
`E-T- P. `ÈEc- genug sein an (l…c-), die richtige Menge sein, genügen, ausgleichen
`Ec- P. von `E-T-
`P- 1. Antwort, Erwiderung, Vergeltung
2. Mal (einmal etc.)
`T-R- sagen
`U- 1. Weg
2. Finalpartikel der Frage, Seite 165
`U-B- wie `U-
`U-UBP- Wegkundiger
`c- 1. Handlung; skt. karma
2. Ablativsuffix, Seiten 147 ff.
`c-@- Arbeit
+ q‰N-R- arbeiten
Glossar
376Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
`c-q‰N- Arbeiter
`…-YE- orange
`“C- Schaf
`“Cc- Art und Weise
`“Cc-~È`- Tradition
`“E- 1. autoritative Schrift
2. rituelle Textübertragung
3. `—E-§ÈP-R- prophezeien
`“E-R- Region, Ort, Land
`“c- Körper
`‰Cc-R- gut; gut sein
`‰Cc-RÈ- gut
`‰P-R- P. ÉEc- N. ÉE- I. `ÈEc- nehmen
`‰]“- Kapitel
`È- 1. Jahr
2. Finalpartikel der Aussage, Seite 164
`È-G”E-G”E- jung, klein
`È-KÈC- Ernte
`È-P- Alter
`È-Rj- `È-VÓ-T- und R°≥-K- (siehe Seite 60)
`È-VÓ- kurz für `È-VÓ-T-
Glossar
377Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
`È-VÓ-T- LotsÀwa (tibetischer Übersetzer)
`È-Cc_- Neujahr
`È_- im Jahre
a- Fleisch
a-]qÈ_-T- stattlich, stämmig, dick
höfl. ˇ‡-a-]qÈ_-T-
aN- Trennstrich
a_- 1. P. von ]G_-T-
2. Osten
a…- P. von ]G…-T-
a…C- 1. Indefinitsuffix, Seiten 86, 208
2. Imperativpartikel, Seite 169
a…E- 1. Holz
2. Konjunktion a…E-, Seite 222
b…E-UBP- Holzfäller, Zimmermann
a…E-å- »Holz-Pferd«, Karren
a…E-•ÈE- Baum
a…E-PCc- Wald
a…P-Lfi- sehr (dem Bezugswort vorgestellt)
b÷- Variante von TF“- (siehe Seite 74)
a‰-P- »wenn jemand sagt/fragt«, Seite 160
Glossar
378Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
a‰]È, »sagt man«, Seite 183
a‰`- Kristall, Glas
a‰c- 1. so
2. Redeabschlusspartikel, Seite 181
a‰c-R- wissen (siehe Seite 131); Wissen
aÈC-ü‰- Buchseite, Blatt
aÈN- I. von ]GN-R-
¬-T- Rehwild
bl- ³Àkya (Name der Familie, in die der historische Buddha geboren wurde)
TaN-R- P. und N. von ]GN-R-;
das Gesagte, Ausspruch, Darlegung
TaP-R- Schlachter
c- Erde
c-´- »graue/helle Erde«
Sakya (Name eines 1073 gegründeten Klosters)
c-B‘`- Region
c-§‰E- Erdoberfläche, Erde, Land
c-CPc- Region
c-^- Million
cEc-îc- Buddha, Buddhaschaft
cEc-îc-l…-£…E-RÈ- »Buddhaessenz«, Buddhanatur
Glossar
379Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
cN- Frost
cU- Finalpartikel der Frage, Seite 165
c…-`…-`… onomatopoetischer Ausdruck für den Klang von Zimbeln, für Sternengefunkel u.a.
c“- 1. wer
2. Terminativsuffix, Seite 151
c“U- Variante von Cc“U-, Seite 76
c‰-_- Sera (Name eines Klosters nahe Lhasa)
c‰E- auch Cc‰E- Spalte, Ritze
c‰E-C‰- Löwe
c‰Uc- Geist
c‰Uc-´È-RÈ- »Geist-arm« Y traurig
c‰Uc-FP- Lebewesen
c‰_- kurz für c‰_-RÈ- oder c‰_-T-
c‰_-´- »gelb-hell« Y Klerus und Laien
c‰_-RÈ- gelb
c‰_-T- Hagel
c‰`-T- P. N. Tc`- I. cÈ`- (Unreinheit) beseitigen, bereinigen
(Dunkelheit) beseitigen, erhellen
cÈ- 1. Zahn
2. Kurzform für Dreißig, Seite 74
3. Finalpartikel der Aussage, Seite 164
Glossar
380Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
cÈ-cÈ- jeder/jede Einzelne
cÈ-cÈ-Pc- einzeln, individuell
cÈ-PU-R- Bauer
cÈC-R- Mongole
cÈC-^“`- Mongolei
cÈCc- usw. (kurz für `-cÈCc-R-)
cÈE- 1. P. und I. von ]uÈ-T-
2. als Hilfsverb siehe Seite 133
cÈT-cÈT- weich
cÈ_-UÈ- Finger, Zehe
cÈ`- I. von c‰`-T-
~c- höfl. Sohn
~…N- 1. Politik, Regierung
2. Länge
~…N-R- 1. Existenz, Leben
2. möglich sein
~⁄E-T- P. T~⁄Ec- N. T~⁄E- I. ~⁄Ec- beschützen, bewachen
~ÈC- Leben, Lebenskraft
~ÈC-CFÈN-R- »die Lebenskraft abschneiden« Y töten
~È`- Sitte, Gewohnheit
܉T- P. ܉Tc- ankommen
Glossar
381Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
ÜÈT-≈- Schule
ÜÈT-≈-G‰P-UÈ- höhere Schule; Universität, College
ÜÈT-R- P. TÜTc- N. TÜT-
I. ÜÈT(c)-
lernen, lehren
ÜÈT-NRÈP- Lehrer, Meister, Professor
ÜÈT-z⁄C- Schüler, Student
ÜÈT-ÆÈE- Studium
ÜÈT-U- (spiritueller) Schüler
CcE- ÈN- »geheim-Verhalten«; Toilette
CcE-T- geheim
Cc_-R- neu
Cc`-RÈ- klar, hell, deutlich
Cc“E-T- P. Cc“Ec- N. Cc“E-
I. Cc“E-
höfl. sagen u. ä. (siehe Seite 116)
Cc“E-]T“U- »100 000 Reden/Belehrungen«;
Gesamtwerk
Cc“Ec- P. von Cc“E-
Cc“U- drei
Cc‰_- Gold
CcÈ-T- P. CcÈc- N. CcÈ- I. CcÈc- 1. heilen
2. füttern, ernähren, aufziehen
Glossar
382Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
CcÈ-_…C- Heilkunde, Medizin
CcÈN-R- P. TcN- N. CcN- I. cÈN- töten
CcÈ`-H- höfl. Tee
CcÈ`-]N‰Tc- Bittgebet
CcÈ`-T- bescheiden bitten, sagen
Bitte
siehe Seiten 69, 170
TcU-l…c-U…-mT-R- unvorstellbar
TcU-CKP- »stabile Gedanken«
skt. samÀdhi (= meditative Konzentration);
Eigenname
TcU-R- Gedanken
TcU-^c- kurz für TcU-^“`-`c-]Nc-R-
»Objekte des Denkens übersteigend«
Samye (Name eines im 8. Jh. gegründeten Klosters)
Tc`- P. und N. von c‰`-T-
dU-R- Dreistigkeit, Arroganz
ü-BE- Tempel
ü-ä‰- Orakel; Titel für traditionelle tibetische Ärzte
ü-…c-R- Maler von buddhistischen Motiven auf Thangkas oder Wandmalereien
Thangka-Maler
Glossar
383Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
ü-É- kurz für ü-ä‰- und É-U- Orakel/Arzt und Lama
ü-U-^…P- auch ü-U…P- »die Nicht-Götter« Y Halbgötter, Asuras
(einer der sechs Daseinsbereiche)
ü-UÈ- Göttin
ü-UÈ]Ã-É-UWÍ- Name eines Orakelsees
ü-c- Lhasa, »Ort der Götter«
üP-F…C-Lfi- elegant-bescheiden zusammen mit (NE-)
üU- Schuhe
üU-UM…`- Schuhsohle
ü‚C-U- lose
ü‚C-ü‚C- wie ü‚C-U-
üÈ- Süden
e-B‘- Onkel väterlicherseits
e-B‘-§ÈP-R- Schelmenfigur aus der tibetischen Literatur
e-K…-a- Ati²a (982-1054)
e-P‰- Nonne; Tante väterlicherseits
e-U-`Cc- Mutter
(insbesondere in der Anrede)
e-U‰c- Großvater väterlicherseits; Ahnen väterlicher-seits
e-U‰c-´‰-_…- Name eines Berges
Glossar
384Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
e-ZE- Onkel mütterlicherseits
eU-ÄC- Tasche; Taschenfalte
e…-@-îC- hicksen
e‰-U-dÈ- Ausruf der Freude
Glossar
385Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Index
Zu tibetischen Wörtern siehe die Hinweise unter dem entsprechenden Eintrag im Glossar.
Ablativsuffixe nas und las 147
nach Verben 150
Abstraktsuffix nyid 61
Adjektiv 179
Erweiterung durch Einbindung von Substantiven 60
Adressat
Dativobjekt 105
im tibetischen Modell eines Satzes 239
Adverbialbestimmung 106
Adverbien 193, 194
der Begleitung 198
Affekt-Silbe re 64
Agens 104 (239)
Agglutination 108
analytische Verbformen 247
in der Umgangssprache 256
Anordnung im Wörterbuch 40
Anrede siehe Vokativ
Apposition 97
Aspekt 253
Aspiration 10
Attribute siehe Vorangestellte Attribute
386Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Attributsuffix 93
Formen 93
als Possessivpronomen 96
nach Verbstamm 98
Aufforderung mit kyis, gyis oder chog 171
Aufzählungen
Ende der (bcas) 198
mit dang 90
Ausdehnung (von ... bis) 148
Ausrufe 64
Aussagesätze 163
Ausschluss 149
Basisbuchstaben erkennen 17
bdag und gzhan 238
Betonung je nach Verbstammform 240
im Modell eines Satzes 239
Wortbildung 241
Benefaktiv
Dativobjekt 105
im tibetischen Modell eines Satzes 239
Bescheidenheit in der Schriftsprache 69
Betonung innerhalb des Satzes 175
Betonungssuffix ni 175
»brauchen« 113
Bruchteile 78
Dativ-Lokativsuffix la 151
nach Verbalnomen 155
nach Verbstamm 159
387Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Dativobjekt 105
Datumsangaben 79
Demonstrativpronomen 85
DevanÀgarÅ-Alphabet 37
Diminutivsuffix 62
Direktes Objekt siehe Patiens
Durativ 253
Verbindungspartikel 254
Einbindung von Substantiven
bei Adjektiven 60
bei verbalen Ausdrücken 60
Einleitungsfloskeln 194, 230
yang u.ä. 228
Ellipse 126
Entscheidungsfragen 166
Ergänzungen zum Prädikat 103
Ergänzungsfragen 166
Ergativ 101
Ergativ-Instrumentalsuffix 145
als Voluntativ-Markierung 171
bei rnyed 114
beim Komparativ 179
Formen 101
nach Verben 146
plus na 146
Extended Wylie Transliteration Scheme 39
Index
388Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Finalpartikel
der Aussage 165
der Frage 165
»und«, »oder« 168
Fragesätze 165
Fremdwörter 65
Funktionsverbgefüge 60
Futurstammform siehe Nezessitativ/Voluntativ
Gedanken 186
Genitivsuffix, -partikel siehe Attributsuffix
Gleichsetzung (Satzstruktur Eins) 110
Gleichsetzungsergänzung 106
Gleichsetzungsverb yin (red ) 30
Grundbuchstaben des tibetischen Alphabets 5
Systematik der ersten 19 Grundbuchstaben 12
gzhan siehe bdag und gzhan
»haben« 113
»halb«, »Hälfte« 77
»heißen« 116
Hilfsverben 247
byed pa und 'gyur ba 248
Analytische Verbformen in der Umgangssprache 256
Höfliche Sprache 67
Bildung höflicher Ausdrücke 37
Imperativ (139), 168
Imperativpartikel 169
Indefinitsuffix 86
Indirektes Objekt siehe Dativobjekt
389Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Infinitiv 56
Innere Ableitung 65
Instrument im tibetischen Modell eines Satzes 239
Intensivierung
mit e-Vokal 63
durch Verdoppelung 63
durch yang 227
Interjektionen 174
Interrogativpronomen 205
als Indefinitpronomen 208
als Relativpronomen siehe Korrelative Konstruktionen
Intransitiv 109
Intransitive Verben
Begrifflichkeiten 102
Einteilung 129
Sätze mit intransitiven Verben (Satzstruktur Zwei) 111
Irreale Bedingungssätze 252
Iteration von Fragewörtern 211
Kalender 78
Kardinalzahlen 73
Kasussuffixe 106, 143 ff.
Kausativ 251
Kehlkopf 9
Kollektivbilder ka, kha, ga, po, phrag 76
Konjunktionen 216
dang 217
cing, zhing, shing 222
weitere 229
Index
390Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Konzessivpartikel kyang, yang, -'ang 224
Formen 255
nach Verbstamm 225
nach Nomen 226
Komparativ 179
Komposita 97
»kontrollierbar«-Verben 129, 130,133
Korrelative Konstruktionen 207
Länder und ihre Bewohner 98
Lautbildungsort 8
Lehnwörter 65
Lesestücke
»Ati²a« 141
»Der Hase, der sich vor ›Platsch‹ erschreckte« 203
»Die Wiedergeburt des 13. Dalai Lama wird gefunden« 232
»Ledersohle« 161
»Zehn Dinge, die bloß Worte sind« 245
Liste (Ende der) 198
Logisches Subjekt 106
Lokativsuffix na 151
nach anderen Suffixen 160
nach Verbalnomen 155
nach Verbstamm 159
Luftstrom 8
Modell eines Satzes 239
Morphologie der Verbstämme 235
da drag 235
391Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Negation 139
Negationspräfixe ma und mi 139
Negationssuffix med und min 140
Nezessitativ 138
»nicht kontrollierbar«-Verben (tha mi dad pa) 129, 130, 133
»nicht verschieden« 128, 239
Nominalisierte Rede 188
Nominalisierte Sätze 231
Nominalphrase 91
Nominalsuffix 50
Adjektive mit po 53
ka, kha und ga 55
Nomen mit mo 53
Nomen mit ma 54
Ordinalzahlen 52
pa ohne zusätzliche Bedeutung 55
Substantive mit pa 51
Substantive mit po 52
Verbalnomen 56
Nullsuffix 143
nach Verbalnomen 144
»Ob«-Sätze 228
Onomatopoetika 64
Optativ 171
Ordinalzahl 52
Orthographische Umschrift siehe Transliteration
»Paar«-Suffix cha 85
Partizip 57
Index
392Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Passivsatz (Übersetzung in) 176
Patiens (102) 105
Perfekt 138
»Person«-Suffix mkhan 61
Personalpronomen 87
Phonetische Umschrift siehe Transkription
Pluralsuffixe 83
cag 84
dag 84
rnams 85
tsho 83
Positiv (Adjektiv) 179
Postpositionen 193
Stämme für Ableitungen 200
nach Verben 229
Postskripte 18
Prädikat 103
Präsens 138
Präskripte 23
Ausspracheregeln 23
in der zweiten Silbe eines Wortes 36
Prohibitiv 170
Rede 180
direkte oder indirekte 184
Höflichkeitsebenen 185
nominalisiert 188
Redeabschluss 182, 183
Redeeinleitung 181, 182
393Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Relativpronomen siehe Korrelative Konstruktionen
Resultat
im tibetischen Modell eines Satzes 239
Verben der Umwandlung »zu« 117
Reziproke Konstruktionen 196
Rhetorische Fragen 167
Sandhi 56
Sanskrit
Sanskrit in tibetischer Schrift 36
Vokale 38
Sonderzeichen 39
Sanskrit-Passiv 252
Sanskrit-Präfixe 197
Übersetzungen aus dem Sanskrit 66
Satzabschlüsse 163
bei Aussagesätzen 163
bei Fragesätzen 165
bei Imperativ, Prohibitiv und Optativ 168
Satzeinleitende Adverbien (siehe auch Einleitungsfloskeln) 230
Satzgefüge 215
Zeitverhältnis 216
Satzglieder 103
Satzstrukturen 101
Gleichsetzung 110
grundsätzlich verschieden im Tibetischen und im Deutschen 137
mit intransitiven Verben 111
mit transitiven Verben 112
tibetisches Modell eines Satzes 239
Index
394Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Übersicht 109
Umschreibungen 113
Semifinalpartikel 218
Formen 218
als Verbindung von Verbalhandlungen 218
in ankündigender Funktion 220
»sogenannt«, »namens« 187
Sonderkonstruktionen (Satzstruktur Fünf) 115
mit dang 120
mit kyis etc. 120
mit la 115
mit las 119
Terminativobjekt wiedergegeben als Adverbialb./Präpositionalobjekt 117
Stammformen der Verben 137
Subjekt (102) 104
Logisches Subjekt 106
Subskripte 27
Suffixe 61
Abstraktsuffix nyid 61
Diminutivsuffix 62
Indefinitsuffix 86
Superlativ 180
Superskripte 23
Ausspracheregeln 23
in der zweiten Silbe eines Wortes 36
Terminativsuffix 151
Formen 107
nach Verben 155
395Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
Thema 172
Tibetisches Modell eines Satzes 239
Transitiv 109
Transitive Verben
Begrifflichkeiten 102
Einteilung 129
Sätze mit transitiven Verben (Satzstruktur Drei) 112
Transliteration 6
Transkription 7
Umschreibungen 113
Verben 125
des Sagens 185
Einteilung 126
nach der tibetischen Tradition 127
in »kontrollierbar« und »nicht kontrollierbar« 129
in »transitiv« und »intransitiv« 129
Übersicht der Verb-Einteilung 130
Stammformen
Stellung 126
Verbalnomen 56
Verbalsubstantiv 56
Verben der Umwandlung »zu« 117
Verben des Fühlens 115
Verben des Sagens 116
Verben mit Agens und Dativ-Lokativobjekt, aber ohne direktes Objekt 117
Verbpaare 238
Verkürzte Schreibungen 40
Verkürzte Zusammensetzungen 60
Index
396Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh
»verschieden« (tha dad pa) 128, 239
Verschlusslaute 10
Vokalzeichen 6
Vokativ 173
Voluntativ 138, 249
Vorangestellte Attribute 93
vorangestellte Partizipattribute 96
verschachtelte 97
Voranstellung eines Satzgliedes 173
Wahlfragen 167
Weglassung der Satzglieder siehe Ellipse
»wenn jemand sagt/fragt« 187
»Wort-Kommentar« 161
Wortzusammensetzungen 58
Wurzeltext 161
Wylie-Umschrift 7
Zahlen 73
Kardinalzahlen 73
Ordinalzahlen 52
Zweisilbigkeit 58
Zweites Postskript 35
zweites Postskript –s 35
da drag (36) 235
Zeichensetzung 44
Zitate (148) 189