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Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh Einführung in die tibetische Schriftsprache

Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

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German Drikung Text

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iAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Einführung in die tibetische Schriftsprache

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iiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

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iiiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Christine Sommerschuh

Einführung in die tibetische Schriftsprache

Lehrbuch für den Unterricht und das vertiefende Selbststudium

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ivAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Bibliographische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im

Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Januar 2008 Christine Sommerschuh

© 2., durchgesehene Auflage, April 2008 Christine Sommerschuh

Bitte schicken Sie Anregungen und Kritik an:

[email protected]

Korrigenda finden Sie unter: www.tibetischesprache.de

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN-13: 978-3-8370-1214-9

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Für Hannah,

die in der Zeit, in der dieses Buch entstand,

vom Kleinkind zum Schulmädchen heranwuchs.

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viAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

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viiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Inhalt

Abkürzungen zu den Quellenangaben

Weitere Abkürzungen

Technische Daten

Vorwort

1. Die Grundbuchstaben

Die 30 Grundbuchstaben des tibetischen Alphabets

Dialekte und Aussprache

Transliteration und Transkription

Wichtige Begriffe zur Aussprache

Systematik der ersten 19 Grundbuchstaben

Die restlichen Grundbuchstaben

Übungen zu Lektion 1

2. Postskripte

Kombinationsmöglichkeiten der Grundbuchstaben

Ursprüngliche Aussprache

Postskripte

Übungen zu Lektion 2

3. Prä- und Superskripte

Präskripte

Superskripte

Ausspracheregeln bei Prä- und Superskripten

Übungen zu Lektion 3

4. Subskripte

Subskripte

Reihenfolge bei einem Substantiv und seinen Erweiterungen

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xvi

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viiiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Gleichsetzungsverb yin (red)

Übungen zu Lektion 4

5. Sanskrit-Umschrift

Zweites Postskript c / N

Präskripte und Superskripte in der zweiten Silbe eines Wortes

Sanskrit in tibetischer Schrift

Verkürzte Schreibungen

Anordnung im Wörterbuch

Zeichensetzung

Übungen zu Lektion 5

6. Wortbildung

Themen der tibetischen Grammatik

Das Wort im Tibetischen

Bildung von Substantiven und Adjektiven mit dem Nominalsuffix

Verbalnomen: Verbstamm plus Nominalsuffix R- / T-

Zusammensetzung zweier Wörter zu einem Wort mit neuer Bedeutung

Wortbildung durch Suffixe

Spiel mit dem Klang

Innere Ableitung

Fremdwörter und Lehnwörter

Übersetzungen aus dem Sanskrit

Höfliche Sprache

Bescheidenheit in der Schriftsprache

Übungen zu Lektion 6

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ixAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

7. Zahlen

Kardinalzahlen

Kollektivbilder @-, RÈ- und zC-

Das Adjektiv MU-R-

Der Gebrauch von p‰N- oder p‰N-@-

Bruchteile

Kalender und Datumsangaben

Übungen zu Lektion 7

8. Nominalphrase

Pluralsuffixe

»Paar«-Suffix G-

Demonstrativpronomen ]N…- und N‰-

Indefinitsuffix

Personalpronomen

»Selbst, eigen« _E- / I…N-

Aufzählung mit NE-

Die Nominalphrase: Das Substantiv und seine Erweiterungen

Vorangestellte Attribute / Attributsuffix l…-, C…-, n…-, -]Ã-, ^…-

Länder und ihre Bewohner

Übungen zu Lektion 8

9. Satzstrukturen

Tibetisch ist eine Ergativsprache

Die Satzglieder

Kasussuffixe

Fünf wichtige Satzstrukturen

Übungen zu Lektion 9

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xAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

10. Einteilung der Verben

Tibetische Verben

Einteilung der Verben in der tibetischen Tradition:»verschieden« und »nicht verschieden«

Einteilung der Verben in »transitiv« und »intransitiv«

Verben mit verschiedenen Bedeutungen je nach Satzstruktur

Verben mit grundsätzlich verschiedenen Satzstrukturen im Tibetischen und im Deutschen

Stammformen der Verben

Negation

Übungen zu Lektion 10

Lesestück: »Ati²a«

11. Kasussuffixe

Die Kasussuffixe im Einzelnen

Nullsuffix (Absolutiv)

Ergativ-Instrumentalsuffix l…c-, C…c-, n…c-, ^…c-, -c-

Ablativsuffixe Pc- und `c-

Dativ-Lokativsuffix `-, Lokativsuffix P- und Terminativsuffix Lfi-, Oÿ-, -_-, _“-, c“-

Übungen zu Lektion 11

Lesestück: »Ledersohle«

12. Satzabschlüsse

Abschlüsse von einfachen Sätzen

Aussagesätze

Fragesätze

Imperativ, Prohibitiv, Optativ

Dem Satz vorangestellt

Betonung innerhalb des Satzes

Wann übersetzt man in einen Passivsatz?

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xiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übungen zu Lektion 12

13. Adjektiv, Rede

Das Adjektiv: Positiv, Komparativ und Superlativ

Rede

Zitate

Übung zu Lektion 13

Lesestück: »Der Brahmane und die Gauner«

14. Adverbien und Postpositionen

Adverbien und Postpositionen

Adverbien

Postpositionen

Übung zu Lektion 14

Lesestück: »Der Hase, der sich vor ›Platsch‹ erschreckte«

15. Interrogativpronomen

Die Interrogativpronomen CE-, F…-, H…-, c“-, PU-

Korrelative Konstruktionen

Die Interrogativpronomen CE-, F…-, H…-, c“-, PU- als Indefinitpronomen

Umgangssprachliche Ausdrücke, die in Zusammenhang mit CE-, F…-, H…-, c“-, PU- entstanden sind

Übungen zu Lektion 15

16. Satzgefüge

Satzgefüge: Verknüpfte Verbalhandlungen

Die Konjunktion NE-

Die Semifinalpartikel K‰-, §‰-, N‰-

Die Konjunktion F…E-, Z…E-, a…E-

Konzessivpartikel lE-, ^E-, -]E-

»Ob«-Sätze

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xiiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Weitere Konjunktionen

Weitere Möglichkeiten, Verbalhandlungen miteinander zu verbinden

Übung zu Lektion 16

Lesestück: »Die Wiedergeburt des 13. Dalai Lama wird gefunden«

17. Morphologie

Morphologie der Verbstämme

Verbpaare im Tibetischen

Das Konzept von bdag und gzhan in der traditionellen tibetischen Grammatik

Übung zu Lektion 17

Lesestück: »Zehn Dinge, die bloß Worte sind«

18. Analytische Verbformen

Analytische Verbformen in der klassischen Schriftsprache

Die Hilfsverben q‰N-R-, ]nŸ_-T- und ]H“C-R-

Hilfsverben, die den Aspekt anzeigen

^…P- als Hilfsverb

Modalitätsverben

Analytische Verbformen in der Umgangssprache

Übungen zu Lektion 18

Lesestück: »Milarepa«

Lesestück: »Milarepa begegnet Marpa«

19. Das Werk

Ein tibetisches Werk am Beispiel von Gampopas »Schmuck der Befreiung«

Übungen zu Lektion 19

Lesestück: Einführung des »Schmuck der Befreiung«

Lesestück: Kolophon des »Schmuck der Befreiung«

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xiiiAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Anhänge

Partikelübersicht

Graphik versus Phonetik im Tibetischen (von Elmar Kniprath)

Auszug aus einer tibetischen Grammatik zu bdag und gzhan

Auszug aus einer tibetischen Grammatik zu tha mi dad pa »verschieden«

Übersetzung zum Lesestück von Lektion 18: »Milarepa begegnet Marpa«

Glossar

Index

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280

282

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291

299

385

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xivAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Abkürzungen zu den QuellenangabenBCA ³Àntideva. BodhicaryÀvatÀra. Edition von Vidhushekhara Bhattacharya. Asiatic Society. Kalkutta 1960.

Blo Byams-mgon kong-sprul. Byang chub gzhung lam (»Der große Pfad des Erwa-

chens«). Aus dem gDams ngag mdzod. Delhi 1971, Vol. III, Folios 181-213.*

Bodhi H. Eimer. BodhipathapradÅpa. Ein Lehrgedicht des Ati²a (DÅpamkara²rÅjñÀna). Harrasowitz, Wiesbaden 1978.

DhP Dhammapada. Translation of Dharma Verses with the Tibetan Text. Dharma Publishing. Berkeley, California 1985.

DL Dalai Lama (tÀ la‘i bla ma). Ngos kyi yul dang ngos kyi mi dmangs. (Autobiographie) Tibetan Cultural Printing. Dharamsala 1962.

DYSG Dag yig gsar bsgrigs. mTsho sngon mi rigs dpe skrun khang, 1994.

Gam Gampopa Sonam Rinchen. The Jewel Ornament of Liberation. Edition von Khenpo Sonam Gyatso. Sarnath 1999.*

Go M. Goldstein. The New Tibetan-English Dictionary of Modern Tibetan.

Universitiy of California Press, 2001.

Goldstein ET M. Goldstein. English-Tibetan Dictionary of Modern Tibetan. Library of Tibetan Works and Archives. Dharamsala 1984.

FlTi W. A. Magee und E. S. Napper. Fluent Tibetan. Snow Lion Publication. Ithaca, N.Y. 1993.

Jä H. A. Jäschke. Handwörterbuch Tibetisch. Unitätsbuchhandlung. Gnadau 1871. Unveränderter Nachdruck. Biblio Verlag. Osnabrück 1971.

JR J. Rockwell. A Primer for Classical Literary Tibetan. 1991.

KG Kesang Gyurme. Le Clair Miroir. Editions PrajñÀ. Hameua de Saint-Hugon 1992.

KhZhL bSod nams rdo rje. mKhas pa‘i zhal lung – legs bshad ljon dbang gi 'grel ba. Bod gzhung shes rig dpar khang, 1999.

KSM dByang can grub pa'i rdo rje und Bhik¼u dka' chen padma. dKa' gnas gsal ba'i

me long (Sum rtags kyi snying po legs bshad ljon dbang dang dka' gnad gsal ba'i me

long). Karma Lekshey Ling Institute, Kathmandu 2006.*

LTh Losang Thonden. Modern Tibetan Language. Library of Tibetan Works and Archives, Dharamsala 1984. Vol I.

Page 15: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

xvAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

MC E. van Dam. Mi la ras pa‘i rnam thar. (Comic) Drikhung Kagyo Institute.

Dehra Dun 2001. (siehe auch: www.evavandam.com)

MH M. Hahn. Lehrbuch der klassischen tibetischen Schriftsprache. Bonn 1985. (5. Aufl.)

Mil Rus pa'i rgyan (gTsang sMyon Heruka). rNal 'byor gyi dbang phyug chen po

mi la ras pa'i rnam mgur. (Biographie und Gesänge des Milarepa)

mTsho sngon mi rigs dpe skrun khang, 1991

MMK NagÀrjuna. MÊlamadhyamakakÀrikÀ. In: Ed. Lhalungpa. dBu ma rigs tshogs

drug. Delhi 1970.

NL NagÀrjuna's Letter. bShes pa'i spring yig. Karma Lekshey Ling Institute,

Kathmandu.*

NT N. Tournarde und S. Dorje. Manual of Standard Tibetan.

Snow Lion Publications, Ithaca, N.Y. 2003.

PH Paul Hackett. A Tibetan Verb Lexicon. Snow Lion Publications, Ithaca, N.Y.,

2003.

PS dPa' ris sangs rgyas. brDa sprod gsal byed ngag sgron. mTsho sngon mi rigs dpe

skrun khang, 1998.

PSch Peter Schwieger. Handbuch zur Grammatik der klassischen tibetischen Schriftsprache.

IITBS (International Institute for Tibetan and Buddhist Studies), 2006.

Qu T. Naga und T. Rigzin. Tibetan Quadrisyllabics, Phrases and Idioms.

Library of Tibetan Works and Archives, Dharamsala 1994.

SH Stephen Hodge. An Introduction to Classical Tibetan. Orchid Press, 2003.

StB Stephan Beyer. The Classical Tibetan Language.

State University of New York Press, 1992.

Tshig Bod rgya tshig mdzod chen mo. Mi rigs dpe skrun khang, 1996.

Wi Joe B. Wilson. Translating Buddhism from Tibetan. Snow Lion Publications, Ithaca,

N.Y. 1992.

* Die mit Sternchen versehenen Texte stehen als weitere Edition als Download zur

Verfügung unter: www.leksheyling.org

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xviAus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Weitere AbkürzungenI. Imperativstammform

lit. nur in der Schriftsprache

N. Nezessitativstammform1

P. Perfektstammform

skt. sanskrit

Technische DatenFür die tibetischen Fonts wurde das Schreibprogramm Nitartha-Sambhota benutzt. Die Schriftzeichen darin hat Dzogchen Pönlop Rinpoche entworfen. Es ist zu beziehen über www.nitartha.org.

Der Font zur phonetischen Umschrift ist von Elmar Kniprath gestaltet:

www.uni-hamburg.de/Wiss/FB/10/IndienS/Kniprath/INDOLIPI/Indolipi.htm

1. Entgegen den Konventionen benutze ich den Begriff »Nezessitativstammform« für die tibetische Verbstammform ma ongs pa »[noch] nicht gekommen / Futur«. Siehe dazu S. 138.

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1Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

VorwortDas vorliegende Lehrbuch ist aus Unterlagen entstanden, die ich im Laufe der Jahre meiner Lehrtätigkeit an der Universität Hamburg ausgearbeitet und ständig erweitert habe. Von Oktober 2001 bis Juli 2003 gab ich vertiefende Grammatik-Kurse begleitend zur »Einführung in die klassische Schriftsprache Tibets« bei Carola Carstens (Ph.D) und von Oktober 2003 bis Febraur 2008 unterrichtete ich die »Einführung in die klassische Schriftsprache Tibets« selbst. Waren die Ausarbeitungen erst reine Ergänzungen zu anderem Lehrmaterial, so habe ich sie seit Oktober 2004 als einziges Unterrichtsma-terial benutzt.

Das Material ist ganz auf die Studierenden in meinen Kursen abgestimmt. Das be-deutet, dass ich von Anfängern ausgehe, die nur begrenztes Wissen zur Grammatik mitbringen, die sich aber im Laufe ihres Studiums mit weiteren asiatischen Sprachen auseinandersetzen müssen. Deshalb gehe ich sehr genau auf die Grundlagen der Grammatik ein, die für das Erlernen der tibetischen Sprache wichtig sind, und verglei-che sie, wo es hilfreich ist, mit grammatischen Gegebenheiten der deutschen Sprache. Mein Schwerpunkt liegt auf der Vermittlung der wichtigsten Satzstrukturen, wobei ich darauf eingehe, dass Tibetisch eine Ergativ-Sprache ist.

Für Tibetologiestudierende ist es sinnvoll, für einige Zeit in Tibet, Indien oder Nepal in einem tibetischsprachigen Umfeld zu leben. Da sie in dieser Situation mit der traditio-nellen tibetischen Grammatik konfrontiert werden, die sich von dem grammatischen Ansatz der meisten Tibetisch-Lehrbücher unterscheidet, bespreche ich auch zwei Kon-zepte, die eine wichtige Rolle in der traditionellen tibetischen Grammatik spielen: die Einteilung der Verben in tha dad pa und tha mi dad pa und die Unterteilung der Satz-glieder in bdag und gzhan. Im Anhang gibt es dazu zwei Auszüge aus einheimischen Grammatiken.

Dieses Lehrbuch ist aufbauend strukturiert in Schrift, Wort, Satzteile, einfache Sätze, Satzgefüge und Werk. Der Teil zur Wortbildung ist relativ ausführlich für eine Einfüh-rung. So haben die Studierenden die Möglichkeit, einige Zeit das Lesen der tibetischen Schrift zu üben, bevor es in die komplexere Grammatik geht.

Bei den Beispielsätzen habe ich mich darum bemüht, dass sie nicht nur für das jeweili-ge grammatische Phänomen treffend sind, sondern auch inhaltlich lesenswert:

Sie sind informativ: »Mit dem Karmapa begann in Tibet die Tradition, Wiedergeburten von Lamas zu identifizieren.« (Seite 111). Oder sie sind inspirierend: »Wenn die äußere Umgebung und ihre Bewohner mit Schlechtem angefüllt sind, verwandle schlechte

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2Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Umstände in den Weg des Erwachens.« (Seite 127). Oder amüsant: »den Esel reitend den Esel suchen« (Seite 157).

Als Lesestücke zu der klassischen tibetischen Schriftsprache habe ich Abschnitte aus beliebten und bekannten Texten von Autoren wie ³Àntideva oder Gampopa gewählt. Außerdem benutze ich Geschichten aus dem Hitopade²a, und einen Auszug aus der Milarepa-Biographie. Als Beispiel eines moderneren Textes dient ein Abschnitt aus der Autobiographie des 14. Dalai Lama. Zur Auflockerung gibt es Übersetzungsübungen zu Einträgen im tibetisch-tibetisch-chinesischen Wörterbuch Tshig mdzod chen mo, näm-lich zu Ati²a und zu Milarepa. So lernen die Studierenden ein wichtiges Hilfsmittel ken-nen und sie bekommen Einblick in biographische Texte.

Vokabeln gebe ich nur in den ersten fünf Lektionen innerhalb der Lektion. Bis Lektion 13 sind die Vokabeln im Glossar am Ende des Buches zu finden. Ab Lektion 14 müssen die neuen Wörter in den Wörterbüchern nachgeschlagen werden.

Mein Bemühen ist es nicht nur, die Grundlagen der Sprache zu vermitteln, sondern auch die wichtigsten Hilfsmittel eines Tibetologen vorzustellen. Außer der Arbeit mit den Wörterbüchern habe ich deshalb Übungen gestaltet, die das Internet miteinbezie-hen und die Studierenden einige wichtige Websites kennen lernen lassen.

Da im Oktober 2006 das Handbuch zur Grammatik der klassischen tibetischen Schriftspra-

che von Peter Schwieger erschienen ist, hatte ich Gelegenheit, einige Begriffe diesem Nachschlagewerk zur Grammatik anzupassen. Ich gehe davon aus, dass jeder Studie-rende früher oder später auch dieses Handbuch benutzen wird.

Bei zwei Termini halte ich mich nicht an die übliche Konvention in den Lehrbüchern. Für »Futur-Verbstammform« benutze ich den Begriff »Nezessitativ-Verbstammform« und statt »Genitivsuffix« benutze ich »Attributsuffix«.

Dieses Buch ist nur zustande gekommen durch die Hilfe anderer. An erster Stelle möchte ich mich bei allen Teilnehmern in meinen Kursen bedanken, die mit freundli-cher Geduld die Mängel eines Lehrbuchs in der Entstehung hingenommen haben. Leh-ren ist Lernen und ich bedanke mich für die vielen Beiträge, durch die ich dazulernen konnte. So mancher davon fing an mit den Worten: »Ich hätte da mal eine Frage...« Zwei Kursteilnehmer möchte ich besonders erwähnen:

Elmar Kniprath, für seine vielen Hinweise zur Phonetik. Er hat mir freundlicherweise die Übersicht zur Aussprache im Anhang zur Verfügung gestellt. Ich danke ihm auch, dass er über seine Website im Internet Fonts zur Verfügung stellt:

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3Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

www.uni-hamburg.de/Wiss/FB/10/IndienS/Kniprath/INDOLIPI/Indolipi.htm.

Sie enthält Fonts zu zwölf indischen Schriften, zur Transliteration und zur phoneti-schen Umschrift. Letztere habe ich in diesen Unterlagen verwendet.

Es gibt nicht viele Menschen, mit denen man inspirierende Gespräche über Gramma-tik führen kann. Dafür und für viele Ratschläge danke ich Thilo Hobelmann.

Susanne Schefczyk und Rebecca Hufen haben das Tutorium zu meiner Veranstaltung ausgerichtet. Ich danke ihnen für ihre Anregungen und für die gute Zusammenarbeit.

Khenpo Karma Namgyal schenkte mir im Winter 2006/7 kostbare Zeit und öffnete mir die Tür zur traditionellen tibetischen Grammatik. Khenpo Karma Namgyal hat eine Internetseite geschaffen, in der zahlreiche Texte als Download zur Verfügung stehen: www.leksheyling.org. Darunter sind auch Texte, die in diesem Lehrbuch benutzt wer-den. Ich weise an entsprechender Stelle darauf hin.

Bei Dr. Katja Himstedt hatte ich Gelegenheit, im Wintersemster 2006 an einem Kurs zur phonetischen Transkription teilzunehmen. Ich danke ihr, dass sie sich die Mühe ge-macht hat, zusammen mit Mathias Fermer und Pema Kansa meine Beschreibung der tibetischen Aussprache zu überprüfen. Pema, M—Cc-ä‰-G‰- für das geduldige Wiederholen tibetischer Laute!

Ich danke Prof. Dr. David Jackson, Prof. Dr. Franz-Karl Erhard und Prof. Dr. Michael Hahn, die sich die Zeit genommen haben, sich einen Eindruck von meinen Lehrunterlagen zu verschaffen, und mir zur Veröffentlichung geraten haben. Ich danke Dorji Wangchuk (Ph.D.), der Teile eines früheren Manuskriptes mit mir durchgegangen ist.

Mathias Fermer, Alexander Schiller (M.A.) und Achim Bayer (Ph.D.) danke ich für ihre Anmerkungen und Korrekturvorschläge.

Und schließlich danke ich auch meinem Mann Marcel Klovert. Für Vieles.

Hamburg, den 3. Januar 2008

Christine Sommerschuh

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4Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

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5Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

1. Die Grundbuchstaben Die 30 Grundbuchstaben des tibetischen Alphabets | Vokale | Dialekte und Ausspra-che | Transliteration und Transkription | Wichtige Begriffe zur Aussprache | Syste-matik der ersten 19 Grundbuchstaben | Die restlichen Grundbuchstaben

Die 30 Grundbuchstaben des Tibetischen Alphabets

Allgemeine Bemerkung

Es gibt verschiedene tibetische Schriften. Wir lernen die für gedruckte Texte wichtigs-

te Schrift, dBu-can (sprich [úʨʰɛn]) »Mit Kopf«.

In der tibetischen Schrift gibt es keine Wortabgrenzungen aber ein Silbentrennzei-

chen, den sogenannten Tsheg (sprich [ʦʰɛk]). Er wird als kleiner Punkt nach der Silbe

geschrieben. Eine Silbe besteht aus einem oder mehreren Konsonanten und einem Vo-

kal. Für die Vokale »i«, »u«, »e« und »o« gibt es Vokalzeichen. Wenn kein Vokalzeichen

vorhanden ist, hat die Silbe den Vokal »a«. Man spricht vom inhärenten »a«. In der Ta-

belle sind die Grundbuchstaben mit dem inhärenten »a« und dem Silbenabschlusszei-

chen dargestellt sowie mit Transliteration (kursiv) und phonetischer Umschrift nach

dem Internationalen Phonetischen Alphabet (in eckigen Klammern).

1. @- ka [ká] B-kha [kʰá] C- ga [kʰà] E- nga [ŋà]

2. F- ca [ʨá] G- cha [ʨʰá] H- ja [ʨʰà] I- nya [ɲà]

3. K- ta [tá] M- tha [tʰá] N- da [tʰà] P- na [nà]

4. R- pa [pá] S- pha [pʰá] T- ba [pʰà] U- ma [mà]

5. V- tsa [ʦá] W- tsha [ʦʰá] X- dza [ʦʰà] Y- wa [wà]

6. Z- zha [ɕà] \- za [sà] ]- a [ʱà] oder [ʷà] ^- ya [jà]

7. _- ra [rà] `- la [là] a- sha [ɕá] c- sa [sá]

8. d- ha [há] e- a [ʔá]

1.1

1.1.1

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6Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Schreibweise der Grundbuchstaben

Es gibt keine festen Regeln für die Schreibweise der Buchstaben. Im Allgemeinen wer-

den die horizontalen Linien von links nach rechts geführt und die vertikalen von oben

nach unten. Mit einer Kalligraphie-Feder muss man in engen Kurven wie bei G eventu-

ell neu ansetzen. Auf Seite 16 sind Literaturverweise und Adressen von Internetseiten

mit Schreibbeispielen.

Die Vokalzeichen

Die tibetische Schrift kennt Vokalzeichen für i, u, e und o. Hat ein Buchstabe kein extra Vokalzeichen, wird er mit a-Vokal ausgesprochen: @- ka [ká] .

Transliteration Zeichen Beispiel

i … U…- [mì] Mensch, Mann

u — T“- [pʰù] Sohn, Junge

e ‰ U‰- [mè] Feuer

o È cÈ- [só] Zahn

Durch die Kombination von Grundbuchstaben kann sich der Lautwert der Vokalzeichen verändern. Siehe Seite 19.

Dialekte und Aussprache

Im Tibetischen gibt es viele Dialekte. Dieser Kurs folgt den Ausspracheregeln, wie sie

in Manual of »Standard Tibetan« von Nicolas Tournadre und Sangda Dorje beschrie-

ben sind, in vereinfachter Form. »Standard Tibetan« entspricht in etwa dem zentral-

tibetischen Dialekt. Zu Dialekten siehe NT 28 ff. »The Main Tibetan Dialects«.

Transliteration und Transkription

Orthographische Umschrift / Transliteration

Die orthographische Umschrift oder »Transliteration« gibt die Wörter in lateinischen

Buchstaben so wieder, dass man weiß, wie sie im Tibetischen geschrieben werden.

1.2

1.3

Lektion Eins

1.1.2

1.1.3

1.3.1

Page 23: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

7Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Damit könnte man zum Beispiel korrekt geschriebene tibetische Wörter ohne spe-zielles Schreibprogramm in einer E-Mail schreiben. Die Transliteration gibt nicht die Aussprache wieder!

Ich benutze in diesem Buch die Wylie-Umschrift, so benannt nach Turrel Wylie, der sie 1959 entwickelte1. Diese Umschrift ist einfach und logisch und heutzutage die gebräuchlichste, weil sie ohne Sonderzeichen auskommt. Ich setze die Umschrift in kursiven Zeichen hinter die tibetischen Schriftzeichen.

Im Laufe der Zeit zeigten sich einige Unzulänglichkeiten der Wylie-Umschrift, insbe-sondere bei der Transliteration von Sanskritwörtern in tibetische Buchstaben und bei Satzzeichen. In den letzten Jahrzehnten wurden große Mengen an Texten in den Com-puter eingegeben und stehen nun dem Forscher als Recherchematerial zur Verfügung. Die Texteingabe am Computer verlangt ein gleichzeitig präzises und unkomplizier-tes Arbeiten. Dafür wurde ein sogenanntes »Extended Wylie Transliteration Scheme« entwickelt. Es erlaubt die Eingabe auch ungewöhnlicher Fälle der Schreibung, ohne Sonderzeichen benutzen zu müssen. Damit konnten auch Schreibprogramme ent-wickelt werden, die Texte in orthographischer Umschrift in einen tibetischen Font umwandeln können, auch bei ungewöhnlichen Schreibungen. Das »Extended Wylie Transliteration Scheme« ist genauer, als es für eine Einführung nötig ist, und es wird nur in Zusammenhang mit Satzzeichen und Sanskritwörtern in tibetischen Buchsta-ben darauf hingewiesen (Lektion 5). Mehr Information dazu findet man unter:

www.thdl.org

Home > Collections > Language and Linguistics > Tibetan Transliteration > Extended Wylie Transliteration Scheme

Phonetische Umschrift / Transkription

Wenn die Wörter entsprechend ihrer Lautung in eine andere Schrift übertragen wer-den, spricht man von Transkription oder phonetischer Umschrift. Ich benutze zur Tran-skription das IPA (International Phonetic Alphabet) und setze transkribierte Laute in eckige Klammern.2

1. Turrel v. Wylie. »A standard system of tibetan transcription«. Harvard Journal of Asiatic Studies 22. 1959, S. 261-267. Der Artikel ist auch online verfügbar. Eine vergleichende Tabelle der Umschriften findet sich in Helmut Hoffman. Tibet – A Handbook. Asian Studies Research Institute.2. Zu einer Konkordanztabelle der phonetischen Umschriften in verschiedenen Lehrbüchern siehe Bettina Zeisler. Relative Tense and Aspectual Values in Tibetan Languages. De Gruyter, 2004, S.226 ff.

Die Grundbuchstaben

1.3.2

Page 24: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

8Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Wichtige Begriffe zur Aussprache

Lautbildungsorte1. Luftröhre

2. Speiseröhre

3. Stimmlippen (Stimmbänder)

4. Kehldeckel

5. Rachenhöhle

6. Zäpfchen

7. weicher Gaumen

8. harter Gaumen

9. Zahndamm

10. Zähne

11. Lippen

12. Hinterzunge

13. Zungenblatt

14. Zungenspitze

15. Nasenhöhle

Allgemeines

Obwohl alle gesunden Kleinkinder irgendwann in der Lage sind, alle beliebigen Lau-te zu bilden, verlernen sie später wieder die Laute, die in ihrer Muttersprache nicht vorkommen oder nicht bedeutungsunterscheidend sind. Tatsächlich kann man diese Laute später oft nicht nur nicht artikulieren, sondern man nimmt sie auch nicht be-wusst wahr.

Zum Erlernen solch fremder Laute ist es hilfreich, einige Vorgänge der Artikulation zu kennen, und ich habe deshalb im Folgenden einige Begriffe erklärt, die für das Erlernen der Aussprache des Tibetischen hilfreich sind. Wo die Aussprache durch bloßes Nach-sprechen leicht gelernt werden kann, gehe ich auf die Lautbildung nicht weiter ein.

Luftstrom

Beim Sprechen strömt die Luft aus der Lunge durch die Luftröhre und den Kehlkopf durch Mund- und Nasenraum hinaus. Im Kehlkopf kann der Luftstrom in seiner Art verändert werden und im Mund- und Nasenraum findet die eigentliche Artikulation statt.

1.4

Lektion Eins

1.4.1

1.4.2

1.4.3

Page 25: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

9Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Im Kehlkopf wird auch der Glottalverschluss erzeugt, ein Vokaleinsatz, wie zum Bei-spiel vor »ei« im Wort »Spiegel-ei«. »(Eulen)spiegelei« dagegen wird ohne Glottalver-schluss vor »ei« gesprochen. Das phonetische Zeichen für den Glottalverschluss nach IPA ist [ʔ].

Kehlkopf

Am oberen Ende der Luftröhre sitzt der Kehlkopf. Seine wichtigste Aufgabe ist es, mit Hilfe des Kehldeckels zu verhindern, dass Speise in die Luftröhre gelangt. Er hat aber gleichzeitig eine wichtige Rolle beim Sprechen. An seinem oberen Rand befinden sich die Stimmlippen, deren Innenränder Stimmbänder genannt werden. Der Zwischen-raum zwischen den Stimmlippen heißt Stimmritze. Die Stimmlippen können ent-spannt sein, sodass der Luftstrom ungehindert hindurchfließt, sie können sich aber auch zusammenziehen, und die Stimmritze zu einem Spalt verengen.

Für uns sind folgende Veränderungen des Luftstromes wichtig:

1. Die Stimmlippen sind weit geöffnet. Die Luft strömt ungehindert hindurch.

2. Die Stimmlippen sind erst weit geöffnet und schließen sich dann. Es entsteht ein Hauchlaut. Wenn man »ha« sagt und dabei auf den Kehlkopf achtet, fühlt man die Stimmlippen, die sich zusammenziehen.

3. Die Stimmlippen sind soweit zusammengezogen, dass zwischen ihnen nur noch ein winziger Spalt geöffnet ist. Die ausströmende Luft reibt sich an den Stimmbändern und wird in Schwingungen versetzt. Der Laut wird stimmhaft. Legen Sie die Finger auf den Kehlkopf und sagen Sie »pa« (stimmlos) und »ba« (stimmhaft). Sie werden beim stimmhaften Laut deutlich die Schwingungen spüren.

Vokale sind im allgemeinen stimmhaft.

Mund- und Nasenraum

Wichtig sind hier Lautbildungsort, das heißt, der Ort an dem die Zunge bei der Lautbil-dung am nächsten ist, und Lautbildungsart, zum Beispiel nasal, zischend usw.

Die ersten neunzehn Buchstaben des tibetischen Alphabetes sind nach den Laut-bildungsorten angeordnet: Gaumensegel, harter Gaumen, Hinterseite der Zähne, Lippen.

Stimmhaftigkeit

siehe »Kehlkopf«

Die Grundbuchstaben

1.4.4

1.4.5

1.4.6

Page 26: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

10Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Aspiration und Verschlusslaute

Nur bei Verschlusslauten spielen Aspiration und Nichtaspiration eine Rolle, im Tibeti-schen also bei:

k, t, p (nichtaspiriert)

kh, th, ph (aspiriert)

Verschlusslaute sind eine Untergruppe der Konsonanten. Beim Verschlusslaut wird der Luftstrom am Lautbildungsort durch Verschluss kurz gestaut und entweicht dann durch eine plötzliche Öffnung. Die Laute haben etwas knallartiges.

c/ch und ts/tsh sind eine Abfolge von Verschlusslaut und Zischlaut.

Aspirierte und Nichtaspirierte Verschlusslaute

Der Übergang vom stimmlosen Verschlusslaut (entspannte Stimmlippen und geöff-nete Stimmritze) zum folgenden Vokal (stimmhaft, also verengte Stimmritze) erfor-dert zwei Bewegungen, die Lösung des Verschlusses und das Zusammenziehen der Stimmlippen.

• nichtaspiriert

Wird der Verschluss erst gelöst, wenn die Stimmlippen schon zusammengezogen sind, findet keine Aspiration statt. Am Beispiel von R- pa:

1. Die aus der Lunge strömende Luft staut sich am Verschluss am Lautbildungsort, bei p also hinter den Lippen.

2. Die Stimmlippen ziehen sich zusammen und sind bereit zum Schwingen

3. Der Verschluss löst sich, der Luftstrom fließt und die Stimmlippen schwingen sofort mit. Der a-Vokal setzt unmittelbar nach dem p-Laut ein.

Ein nichtaspirierter Verschlusslaut ist vom Klang her einem »hart« ausgesprochenen stimmhaftem Laut sehr ähnlich.

• aspiriert

Wird der Verschluss gelöst, bevor die Stimmlippen zusammengezogen sind, entsteht in dem Zeitraum, in dem sich die Stimmlippen zusammenziehen, zwischen Verschluss-laut und Vokal eine Luftverwirbelung, die als Aspiration zu hören ist. Am Beispiel von S- pha:

1. Die aus der Lunge strömende Luft staut sich am Verschluss am Lautbildungsort, bei p also hinter den Lippen.

Lektion Eins

1.4.7

1.4.8

Page 27: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

11Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

2. Verschluss löst sich Y p, der Luftstrom fließt schon, während die Stimmlippen sich noch zusammenziehen, um den a-Vokal vorzubereiten.

3. Im Zeitraum des Zusammenziehens entsteht eine Luftverwirbelung, die als Aspira-tion zu hören ist.

4. Stimmlippen sind zusammengezogen und schwingen im Luftstrom Y a-Vokal.

Im Deutschen werden Verschlusslaute im Anlaut in Norddeutschland und Mittel-deutschland tendenziell aspiriert und in Süddeutschland tendenziell nicht aspiriert ausgesprochen. In Lautverbindungen sind Verschlusslaute immer nichtaspiriert, zum Beispiel in »Stute«, »Raps«, »Erbse« oder »mopsen«.

Tonhöhe

Im Tibetischen unterscheidet man hohen und niedrigen Ton. Bei den häufigen zweisil-bigen Wörtern spielt die Tonhöhe in der zweiten Silbe keine Rolle mehr. Sie verschleift zu einer mittleren Tonhöhe.

Manche Buchstabenverbindungen bewirken eine Veränderung der Tonhöhe.

Länge

Manche Postskripte bewirken, dass der Vokal gelängt, also etwas gedehnt ausgespro-

chen wird, wie zum Beispiel bei `Cc- [là:].

Umlaut

Manche Postskripte bewirken bei einigen Vokalen eine Umlautung, also »a« zu »ä«,

»o« zu »ö« und »u« zu »ü«, wie zum Beispiel in TÈN- [pøʔ] »Tibet«.

Die Grundbuchstaben

1.4.9

1.4.10

1.4.11

Page 28: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

12Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Systematik der ersten 19 Grundbuchstaben

Anordnung der ersten 19 Grundbuchstaben nach der Aussprache

hochtonignicht aspiriert

hochtonig aspiriert

tieftonigaspiriert (in »Standard Tibetan«)

tieftonignasal

@- ka B- kha C- ga E- nga

F- ca G- cha H- ja I- nya

K- ta M- tha N- da P- na

R- pa S- pha T- ba U- ma

V- tsa W- tsha X- dza

Anordnung der ersten 19 Grundbuchstaben nach den Lautbildungsorten

@- ka B- kha C- ga E- nga velar

F- ca G- cha H- ja I- nya alveolar-palatale Affrikate

K- ta M- tha N- da P- na dental

R- pa S- pha T- ba U- ma labial

V- tsa W- tsha X- dza dentale Affrikate

velar: am weichen Gaumen bzw. Gaumensegel gebildet

alveolar-palatal: am Zahndamm und Gaumen gebildet

dental: an den Zähnen gebildet

labial: an den Lippen gebildet

Affrikate: Verschlusslaut mit folgendem Zischlaut

1.5

Lektion Eins

1.5.1

1.5.2

Page 29: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

13Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Die restlichen Grundbuchstaben

Allgemeine Bemerkung

Die restlichen elf Grundbuchstaben können nicht in eine so klare Unterteilung einge-ordnet werden, wie die ersten neunzehn. Aspiration spielt keine Rolle, denn es kom-men keine Verschlusslaute vor. Wichtig ist die Unterscheidung der Töne.

Ton bei den letzten elf Grundbuchstaben Y- wa

Z- zha \- za ]- 'a ^- ya

_- ra `- la a- sha c- sa

d- ha e- a

fett: tieftonig

nicht fett: hochtonig

d- ha, Z- zha, a- sha, \- za, c- sa, Y- wa

Bei den restlichen Grundbuchstaben wird kein Verschluss, sondern nur eine Ver-engung. Ausnahme ist e , das den Glottalverschluss im Vokaleinsatz repräsentiert. Es wird auf nächsten Seite besprochen. Keiner der restlichen Grundbuchstaben ist aspi-riert.

Lautbildungsort/Ort der Verengung

d- ha Kehlkopf

Z- zha und a- sha Gaumen ( + Zunge)

\- za und c- sa Zahndamm ( + Zunge)

Y- wa beide Lippen

Im Tibetischen wird »w« mit beiden Lippen gebildet, also bilabial, wie im Englischen »water«. Im Deutschen wird »w« mit Unterlippe und oberen Zähnen gebildet, also dental-labial, wie in »Wasser«.

1.6

Die Grundbuchstaben

1.6.1

1.6.2

1.6.3

Page 30: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

14Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Die Vokaleinsatzzeichen ]- 'a und e- a

]- 'a [ʱà] oder [ʷà]

e- a [ʔá]

Die beiden Buchstaben ]- und e- sind ein besonders interessantes Paar. Sie stehen für die Aussprache des inhärenten Vokals »a« bzw. für die des Vokals, mit dem sie markiert sind. e- ist hochtonig und wird mit einem Glottalverschluss (siehe Seite 9 oben) im Anlaut ausgesprochen [ʔá]. In der Wylie-Umschrift steht nur a bzw. der ent-sprechende Vokal.

]- ist tieftonig und wird ohne Glottalverschluss gesprochen. Das führt zu einem Hauch im Anlaut [ʱà] oder, wenn die Lippen näher zusammenkommen, zu einem angedeu-teten »w«-Anlaut [ʷà]. In der Wylie-Umschrift wird es als » ' « dargestellt: ]È-U- 'o ma »Milch«.

Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Zeichen liegt in ihrer Einbindung in Sil-ben und Wörter. ] ist ein häufiges Prä- oder Postskript und bewirkt oft einen weichen nasalen Übergang zwischen Silben. Prä- und Postskripte werden in Lektion Zwei und Lektion Drei besprochen. Einige grammatische Suffixe mit dem Basisbuchstaben ] sind direkt, ohne Trennpunkt dazwischen, an das vorangehende Wort angeschlossen, wie zum Beispiel das Verkleinerungssuffix ]“-: T- [pʰà] »Kuh«, T‰]“- [pʰèu] »Kalb«.

e- ist einer der interessantesten Buchstaben des tibetischen Alphabets und vielleicht auch der schönste. Er steht für den reinen hochtonigen Vokallaut mit einem Glottal-verschluss im Anlaut. Das Zeichen e- gilt als Symbol für »Leerheit«, skt. ²ÊnyatÀ. Tse-pak Rigzin nennt e- in seinem Tibetan-English Dictionary of Buddhist Terminology: »The shortest form of the Perfection of Wisdom. It is explained to contain the meaning of the entire teaching of the Buddha; heavily blessed syllable.« (Die Perfection of Wisdom oder sanskrit PrajñÀpÀramitÀ-Texte befassen sich in erster Linie mit dem Thema Leer-heit. Dazu gehört zum Beispiel auch das HerzsÊtra.)

Übungen zu Lektion 1Lernen Sie von Anfang an konsequent alle neuen Vokabeln!

Leseübung zu den ersten 19 Grundbuchstaben

B- Mund P-W- Krankheit, Schmerz

Lektion Eins

1.6.4

Page 31: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

15Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

C-_‰- was? T- Kuh

E- ich T“- Sohn, Junge

G”- Wasser T“-UÈ- Mädchen, Tochter

H- Tee U…- Mensch, Mann

I- Fisch U‰- Feuer

I…-U- Sonne VÀ-VÀ- Maus

N- jetzt W-RÈ- heiß

Leseübung zu den restlichen Grundbuchstaben

Y-UÈ- Fuchs _È- Leichnam; Geschmack

Z…-U…- Katze `- Gebirgspass; Dativ-Lokativsuffix

]È-U- Milch a- Fleisch

_- Ziege c- Erde

_…- Berg c“- wer?

_…-UÈ- Bild, Zeichnung cÈ- Zahn

Internet-Seiten

1. Zum IPA

• Suchen Sie im Internet eine Seite, auf der das International Phonetic Alphabet (IPA) mit Audiodateien dargestellt ist, zum Beispiel unter www.sil.org (Summer Institute of Linguistics) oder in der »Wikipedia«. In der IPA-Tabelle steht bei Konsonantenpaaren links der stimmlose und rechts der stimmhafte Laut, beide nicht aspiriert. Eine Gegen-überstellung von aspirierten und nicht-aspirierten Lauten gibt es in dieser Darstellung nicht.

Die Grundbuchstaben

Page 32: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

16Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

2. Zum tibetischen Alphabet

• Suchen Sie die Seite www.lrc.cornell.edu/medialib/ti und wählen Sie »Tibetan Wri-ting Course«. Auf dieser Seite finden Sie Videos zu der Schreibweise der tibetischen Grundbuchstaben und ihrer Ligaturen, buchstabiert und geschrieben von Palden Oshoe. Üben Sie die Schreibweise anhand seiner Vorlage. Sie brauchen nicht unbe-dingt mit einer Feder zu üben.

• Suchen Sie im Internet die folgende Seite:www.learntibetan.net/grammar/alphabet.htm

Hier finden Sie das tibetische Alphabet mit Audio-Dateien. Hören Sie sich die Ausspra-che der Grundbuchstaben an und sprechen Sie sie nach. Zur Darstellung des tibeti-schen Fonts muss eine auf der Seite bereitgestellte Software installiert werden.

Literaturempfehlungen

Eine gute Ergänzung zum Thema tibetische Schrift ist:

Wolfgang-Ekkehard Scharlipp und Dieter Back. Einführung in die tibetische Schrift. Buske Verlag. Hamburg, 1996.

Das Buch enthält unter anderem Schreibanleitungen für alle Grundbuchstaben und Ligaturen.

Lektion Eins

Page 33: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

17Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

2. PostskripteKombinationsmöglichkeiten der Grundbuchstaben | Ursprüngliche Aussprache | Postskripte

Kombinationsmöglichkeiten der Grundbuchstaben

Allgemeine Bemerkung

Wie im deutschen Wort »Strumpf« ein Vokal und mehrere Konsonanten eine Silbe

bilden, so kann auch die tibetische Silbe neben dem Vokal mehrere Konsonanten ent-

halten. Vom Klang her kann eine tibetische Silbe einen Anlaut haben, dann einen Vo-

kal als Kern und einen Auslaut. Von der Schreibweise her kann eine tibetische Silbe

erheblich komplizierter aussehen. Sie kann folgende Elemente haben: 2. Superskript 1. Präskript 3. Basisbuchstabe 6. Postskript 7. zweites Postskript 4. Subskript 5. Vokalzeichen (oben oder unten)

Beispiel T±„Tc-

Umschrift: bsgrubs

ausgesprochen: [dɹùp]

Bedeutung: »manifestiert, verwirklicht, praktiziert« u. ä.

T±„Tc-Drei Grundregeln, um den Basisbuchstaben zu erkennen

Für die richtige Aussprache und für die Reihenfolge im Wörterbuch ist es wichtig, den

Basisbuchstaben in der Silbe identifizieren zu können. Es gelten folgende Regeln:

1. Nur der Basisbuchstabe hat Vokalzeichen, Super- oder Subskripte.

2. Bei zwei Buchstaben ist gewöhnlich der erste der Basisbuchstabe und der zweite das

Postskript.

3. Bei drei Buchstaben ist gewöhnlich der mittlere Buchstabe der Basisbuchstabe, es

sei denn, am Ende steht ein c. Dann ist häufig der erste Buchstabe der Basisbuchstabe,

der zweite Buchstabe ist das Postskript und der dritte Buchstabe ist das zweite Post-

skript. (Siehe Seite 35)

2.1

2.1.1

2.1.2

Page 34: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

18Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Lautveränderungen durch Buchstabenkombinationen

Durch die Kombination von Buchstaben können sich Lautveränderungen ergeben hin-sichtlich

Länge des Vokals

Umlaut

Tonhöhe

Stimmhaftigkeit

Palatalisierung (Siehe Seite 28)

Ursprüngliche AusspracheZu der Zeit, als eine Schrift für die tibetische Sprache entwickelt worden ist, also im 7. Jh., wurden viele der Präskripte, Superskripte usw. noch mitgesprochen. Über die Jahrhunderte hat sich die Aussprache der Wörter geändert. Viele Affixe werden nicht mehr mitgesprochen, dafür ist der Ton in der Sprache bedeutungsunterscheidend ge-worden. Die Schreibweise der Wörter ist aber geblieben, das heißt, dass man alte tibe-tische Texte, was die Schreibweise der Wörter angeht, gut verstehen kann.

In vielen tibetischen Dialekten werden die Affixe zum Teil noch mitgesprochen, zum Beispiel in Ladakhi.

PostskripteNur zehn Buchstaben können als Postskript vorkommen: C, E, N, P, T, U, ], _, ` und c. Grundbuchstaben, die als Postskript vorkommen können, verändern nicht ihre Form, sondern werden unverändert nach dem Basisbuchstaben geschrieben.

Zur Aussprache der Postskripte gilt grundsätzlich: Je schneller und ungenauer der Redefluss, desto weniger deutlich werden die Postskripte ausgesprochen und gleich-zeitig werden die Vokale stärker modifiziert. Die Postskripte C und N sind dann nur noch als Glottalverschluss zu hören, E und P als Nasalisierung des Vokals, _ und ` als Längung des Vokals.

Lektion Zwei

2.2

2.3

2.1.3

Page 35: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

19Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Post-skript

als Auslaut zu hören Veränderung desVokals

Beispiel

C Glottalverschluss oder angedeutetes [k]

keine Veränderung `“C- [lùk] oder [lùʔ] Schaf

E [ŋ] evt. nasaliert1 UE-RÈ- [màŋpo] viel

N nicht zu hören

Der Vokal endet bei einsilbigen Wörtern mit Glottalverschluss.

Umlautung TÈN- Tibet [pʰøʔ]

RN-U- [pɛma] Lotos

P [n] oder Nasalierung des Vokals

Umlautungmanchmal nasaliert

TÈP- [pʰøn] Bön

T [b] wird offener2 N‰T- [tʰɛp] Buch

U [m] keine Veränderung `U- [làm] Weg

] wird nicht ausgesprochen. Es dient dazu, in ei-ner Silbe klarzustellen, welches der Basisbuch-stabe sein muss. Der Vokal wird gelängt.

UE- [màŋ] viel sein

UE]- [ŋáː]3 Macht

_ [ɹ] oder kaum zu hören und der Vokal wird lang

manchmal Längung U_- [maː] / [maɹ] Butter

` [l] oder kaum zu hören und der Vokal wird lang

Umlautung

manchmal Längung

^“`- [jyl] oder [jyː]

Land, Region, Objekt

c‰`- [sél] oder [séː]

bereinigen

c nicht zu hören

Vokal endet mitGlottalverschluss

Umlautung _c- [rɛʔ] Baumwolltuch

GÈc- [ ʨʰ ø ʔ]Dharma

1. [u] kann zu [] werden. Beispiel: chung chung [ʨʰŋʨŋ] »klein«2. [a] kann zu [ə] werden und [o] wird zu [ɔ]. Beispiel: khab [kʰəp] »Nadel«; sob sob [sɔpsop] »weich«3. Das Präfix bewirkt, dass nga hochtonig ausgesprochen wird; siehe Lektion 3.

Postskripte

Page 36: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

20Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Für den Einführungskurs in die Schriftsprache des Tibetischen reicht es, die oben ge-nannten Regeln zur Aussprache der Worte mit Postskript zu beachten. Bei NT 433-445 findet man noch differenziertere Regeln zur Aussprache im »Standard Tibetan« mit Hörbeispielen.

Übungen zu Lektion 2

Die Silbe in der tibetischen Sprache

Während im Deutschen in der Schrift die einzelnen Wörter durch einen Leerraum deutlich voneinander getrennt sind, sind im Tibetischen die einzelnen Silben durch den Silbentrennpunkt (WÂC-) voneinander abgesetzt. Wo Wörter anfangen oder aufhö-ren ist dagegen nicht markiert.

Im Tibetischen haben viele Silben eine eigenständige Bedeutung. Häufig sind aber auch zweisilbige Wörter, die entweder aus zwei einsilbigen Wörtern oder aus einem einsilbigen Wort und einem Suffix zusammengesetzt sind. Dabei können neue Bedeu-tungen entstehen.

G‰-G”E- groß-klein Y Größe

EÈ-W- Gesicht-heiß Y Scham, Peinlichkeit

BE-U…C- Haus-Auge Y Zimmer

Versuchen Sie die neue Bedeutung der Wortzusammensetzungen zu erraten:

B-G”- T-cÈ-

B-W-RÈ- T`-^“`-

B-`C- UE-JfiE-

GE-BE- U_-U‰-

G”-U…C- U…C-a‰`-

PE-U…- _…-TÈE-

Lektion Zwei

Page 37: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

21Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Leseübung

B-ac- einige

BE-R- Haus

BT- Nadel

EÈ- Gesicht, Oberfläche

UE]- Macht

GE- tibetisches Bier, Tschang

G”E-G”E- klein

G‰P-RÈ- groß

GÈc- Lehre, Weltgesetz, Phänomen; skt. dharma

I`- sich schlafen legen

JfiE-JfiE- wenig

ME-@- Thangka

NE- (zusammen) mit; und

Oÿc- Zeit

N‰T- Buch

NÈU- Bär

PE- das Innere; Zuhause

RN-U- Lotos

SC-R- Schwein

T`- Wolle

T“U-R- Vase

TÈE-T“- Esel

TÈN- Tibet

TÈN-R- Tibeter

TÈP- Bön

UE-RÈ- viel

U_- Butter

U…C- Auge

U…E- Name

U‰-KÈC- Blume

WE-U- alle

WÀC- Wort

WÂC- Silbentrennpunkt

Z…E- Feld

Postskripte

Page 38: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

22Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Z…U-RÈ- lecker

]ÈN- Licht

^C-RÈ- gut

^“`- Land, Region, Objekt

_c- Baumwolltuch

_“c- Knochen

`C-R- Hand

`U- Weg

`c- Handlung; skt. karma

`“C- Schaf

`“c- Körper

a…E- Holz

a‰`- Kristall, Glas

c‰E-C‰- Löwe

cÈT-cÈT- weich

c‰`- bereinigen

Lektion Zwei

Page 39: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

23Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

3. Prä- und SuperskriptePräskripte | Superskripte | Ausspracheregeln bei Prä- und Superskripten

Präskripte

Als Präskripte können C, N, T, U und ] dienen. Sie werden unverändert vor den Basis-

buchstaben der Silbe geschrieben.

Die Lautveränderungen sind bei Präskripten und Superskripten genau gleich. Deshalb

werden sie weiter unten zusammen besprochen.

Superskripte

Als Superskripte können nur _, ` und c dienen. Zur Schreibweise siehe unter

www.lrc.cornell.edu/medialib/ti : »Tibetan Writing Course«

Ausspracheregeln bei Präskripten und bei Superskripten

Die Regeln zu den Lautveränderungen beziehen sich auch auf die jeweiligen Buchsta-

ben, wenn diese noch zusätzlich ein Vokalzeichen und/oder Affixe haben.

1. Präskripte und Superskripte werden nicht mitausgesprochen, aber sie können einige

Lautveränderungen bewirken. Zu Präskripten in der zweiten Silbe siehe Seite 36.

2. In »Standard Tibetan« werden die Laute der 3. Spalte stimmlos ausgesprochen. Mit

Prä- oder Superskript werden sie stimmhaft. Der Ton bleibt tief.

UCÈ- [gò] Kopf

U- und ]- bewirken vor N als Basisbuchstaben eine Nasalisierung.

UN]- [ⁿdà] Pfeil

3. Die an sich tieftonigen Nasale der 4. Spalte werden hochtonig.

Beispiel: im Vergleich:

â- [ŋá] Trommel E- [ŋà] ich

ò- [ŋá] fünf

4. Präskript C + Basisbuchstabe ^ Y hochtonig

3.1

3.2

3.3

Page 40: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

24Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

zum Beispiel: im Vergleich:

C^C- [ják] Yak ^C-RÈ- [jàkpo] gut

Umschrift: g.yag (siehe auch Seite 28)

5. Die Buchstabenverbindung ü- wird als deutlich stimmloses hochtoniges [á] ausge-

sprochen.

ü-BE- [ákaŋ] Tempel

ü-c- [ása] Lhasa

6.1 Präskript N + Basisbuchstabe T ohne weiteres Vokalzeichen Y hochtoniges [wá]

NTE- [wáŋ] Macht; Ermächtigung, Initiation

6.2 Präskript N + Basisbuchstabe T mit Vokalzeichen Y jeweiliger hochtoniger Vokal

NT“- [ʔú] höfl. Kopf NT“c- [ʔy] Mitte

Übungen zu Lektion 3

Einkreisen

Kreisen Sie die Buchstaben ein, die als Präskript und die als Superskript dienen können.

Benutzen Sie jeweils unterschiedliche Farben.

@- ka B- kha C- ga E- nga

F- ca G- cha H- ja I- nya

K- ta M- tha N- da P- na

R- pa S- pha T- ba U- ma

V- tsa W- tsha X- dza Y- wa

Z- zha \- za ]- 'a ^- ya

_- ra `- la a- sha c- sa

d- ha e- a

Lektion Drei

Page 41: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

25Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Transkribieren Sie in Wylie-Umschrift

Der tsheg wird mit einem Leerzeichen transkribiert.

C^“- Türkis

C^c- rechte Seite/Richtung

C^ÈP- linke Seite/Richtung

C^ÈC-RÈ- Diener

Übersetzen Sie!

Bei einem Substantiv mit Erweiterungen ist die Reihenfolge der Wortarten:

1. Substantiv, 2. Adjektiv, 3. Mengenangabe

â-G‰P-RÈ-Cc“U- drei große Trommeln

Übersetzen Sie!

1. heißes Wasser 5. vier blaue Blumen

2. zwei Hände 6. schwarzes Yak

3. zwei blaue Steine 7. weißes Pferd

4. gelbes Baumwolltuch 8. drei neue Klöster

Vokabeln

ˇN- Stimme, Sprache

ˇ‡- höfl. Körper, Statue

NCÈP-R- Kloster

UCÈ- Kopf

â- Trommel

]HU-RÈ- sanft

]H]- Regenbogen

]H…C-å‰P- Welt

ã…E-R- alt (für Dinge)

£…E-ä‰- Mitgefühl

å- Pferd

UN]- Pfeil

çÈ- Stein

NR`- glorreich, skt. srÅ

Prä- und Superskripte

Page 42: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

26Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

NR‰-G- tibetisches Buch; Petscha

NTE- Macht; Ermächtigung, Initiation

NT“- höfl. Kopf

NT“c- Mitte

]⁄C- Drache

®`- Frosch

ê…-`U- Traum

©ÈP-`U- Wunschgebet

˛- Wurzel

UWÍ- See

UXÂc-RÈ- schön

^C-RÈ- gut

C^C- Yak

C^“- Türkis

C^ÈC-RÈ- Diener

_“c-®`- Schildkröte

`È-Cc_- Neujahr

Cc_-R- neu

ü-BE- Tempel

ü-c- Lhasa; »Ort der Götter«

Vokabeln: Die Farben

B-NÈC- Farbe ¢ÈP-RÈ- blau öE-B‘- grün

N@_-RÈ- weiß NU_-RÈ- rot `…-YE- orange

PC-RÈ- schwarz c‰_-RÈ- gelb

Vokabeln: Zahlen 1-5

CF…C- eins Cc“U- drei ò- fünf

CI…c- zwei TZ…- vier

Lektion Drei

Page 43: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

27Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

4. SubskripteSubskripte | Reihenfolge bei einem Substantiv und seinen Erweiterungen |Gleichsetzungsverb yin

Subskripte

Allgemeine Bemerkung

Als Subskripte kommen Y, , _ und vor. Sie werden in veränderter Form oder verklei-nert unter den Basisbuchstaben geschrieben. Welche Buchstaben welche Subskripte haben können, ist übersichtlich auf Seite 32 zu sehen.

Subskript YAls Subskript wird das Y nur als kleine Ecke an den Buchstaben angehängt. Deshalb spricht man beim Y-Subskript vom Y-\“_-, »wa-Ecke«. Es hat keinen Einfluss auf die Aussprache, sondern dient vor allem dazu, Wörter mit ansonsten gleicher Ausspra-che graphisch voneinander abzugrenzen. Y als Subskript kann an 13 Grundbuchstaben vorkommen:∂- ∑- ∏- π- ª- º- Ω- æ- ø- ¿- ¡- ¬- ƒ-

ë- [ʦá] Wurzel »- [ʦá] Gras

W-RÈ- [ʦʰápo] heiß Ω- [ʦʰá] Salz

_- [rà] Ziege ¿- [rà] Horn

Subskript ^Schreibung

^ als Subskript wird ^-TKCc- [jàtak] genannt. TKCc- bedeutet »angehängt«. Wenn ^ subskribiert wird, erscheint es graphisch als kleines, untergeschriebenes Häkchen. ^ kann an sieben Grundbuchstaben subskribiert werden, drei aus der ersten Zeile im Alphabet, und vier aus der vierten Zeile im Alphabet. ^ als Subskript kann an sieben Grundbuchstaben vorkommen:l- m- n- o- p- q- r-

Aussprache

Subskripte wirken sich in der Aussprache weder auf den Ton noch auf die Aspiration aus, aber sie führen zu anderen Lautveränderungen.

4.1

4.1.1

4.1.2

4.1.3

Page 44: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

28Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Die Ligaturen l- m- n-

Bei l- wird im »Standard Tibetan«ein <j> hinter dem Laut des Grundbuchstabes ein-geschoben und ein palataler Reibelaut entsteht, den man auf Deutsch etwa mit <kj> wiedergeben kann. Das <k> wird dabei weiter vorne am Gaumen gebildet, das heißt »palatalisiert«1. Das Frikativgeräusch ist in einigen Dialekten sehr stark zu hören.

l- [kʲá] m- [kʰʲá] n- [kʰʲà] bzw. stimmhaft [gʲà]2

Die Wylie-Umschrift ist kya, khya und gya.Vergleiche dazu Seite 24 oben.

Die Ligaturen o- p- q- r-o-, p-, q- und r- werden genauso ausgesprochen wie die am Gaumen gebildeten (pa-latalen) Laute F-, G-, H- und I-.

o- [ʨá] p- [ʨʰá] q- [ʨʰà] r- [ɲà]

Die folgende Buchstabenkombination hat eine besondere Ausspracheregel:

Präskr. N + Basisbuchstabe T + subskr. ^ Y hochtoniges ^ mit entsprechendem Vokal

NqEc- [jáŋ] Wohlklang, Klangkraft; skt. gho²a

Nq…Ec- [jíŋ] Bereich, Sphäre; skt. dhÀtu

Umschrift bei ^-Subskript

Wichtig ist, die folgende Besonderheit zur Umschrift von n und C^ zu beachten:

n : Basisbuchstabe C + Subskript ^ Y gy

nÈP- gyon [Kleidung] tragen, anlegen

C^ : Präskript C + Basisbuchstabe ^ Y g.y

C^ÈP- g.yon linke Seite

1. Ein Beispiel für Palatalisierung im Deutschen ist die Verschiebung des Lautbildungsortes von <k> bei »Kuh« und »Kühe«.2. Tournadre hat [c] bzw. aspiriert [cʰ] bzw. stimmhaft [ɟ] (NT 435).

Lektion Vier

Page 45: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

29Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Subskript _

Schreibung

Wenn _ angehängt wird, erscheint es graphisch als kleine, gebogene Linie unter dem Basisbuchstaben. _ kann an vierzehn Grundbuchstaben subskribiert werden:

s- t- u- v- w- x- y- z- - - ~- Ä-

An P und U kann es nur in Kombination mit Superskript c vorkommen: µ- ≤-

Aussprache

s, t, u, v, w, x, y, z und werden alle ähnlich dem »tr« im englischen »true« aus-gesprochen. In Aspiration und Tonhöhe entsprechen sie den Regeln ihrer Spalte, das heißt:

s- v- y- Y hochtonig, nicht aspiriert [tɹá]

t- w- z- Y hochtonig, aspiriert [tɹʰá]

u- x- - Y tieftonig [tɹʰà]; mit Prä- oder Superskripten [dɹà]

P- und U kommen mit subskribiertem _ nur in einigen sehr seltenen Wörtern vor und zwar in Verbindung mit Superskript c: ≤- [ná], µ- [má]. Durch das Superskript werden sie hochtonig ausgesprochen. Das subskribierte _ ist nicht zu hören und bewirkt auch keine weitere Veränderung. Es reicht, die folgende Vokabel zu lernen: µ- sagen

wird nur zur Transliteration von Sanskrit ²rÅ benutzt.

~ wird wie c ausgesprochen1

Ä wird als hochtoniges [r] oder [ʂ] ausgesprochen (NT 440).

Subskript `Schreibung

Wenn ` subskribiert wird, erscheint es graphisch als kleines, aber vollständiges ` unter dem Basisbuchstaben. Die rechte vertikale Linie wird nicht von oben bis unten durchgezogen, sondern die Buchstaben werden getrennt untereinander geschrieben.

` kann an sechs Grundbuchstaben subskribiert werden:

Å- Ç- É- Ö- Ü- Ñ-

Subskripte

4.1.4

4.1.5

1. In der Umgangssprache wird <sr> in einigen Wörtern als hochtoniges [dɹ] ausgesprochen. Diese Aussprache ist im Goldstein-Wörter-buch angegeben. Siehe zum Beispiel sran ma »Erbse« (G1138).

Page 46: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

30Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Aussprache

Å-, Ç-, É-, Ö- und Ü- werden alle wie ein hochtoniges `- ausgesprochen.

Ñ- ist der einzige Sonderfall. Es wird als tieftoniges, deutlich stimmhaftes, »weiches« [dà] ausgesprochen, und bedeutet »Mond«. Gewöhnlich kommt es mit dem Nominal-suffix T- vor: Ñ-T-. Das Nominalsuffix wird aufgrund einer Ausspracheregel, die wir auf Seite 56 kennen lernen, [wa] ausgesprochen: [dàwa]. Der Anlaut von Ñ- ist etwas nasal, was aber nur deutlich zu hören ist, wenn Ñ- als zweite Silbe vorkommt. In einigen zu-sammengesetzten Ausdrücken bedeutet Ñ- auch so etwas wie »Partner«.

ˇ‡-Ñ- [kúnda] Ehegatte

Für Hörbeispiele zu Ñ-T- und ˇ‡-Ñ- siehe www.learntibetan.net/grammar/irregular.htm

Y-\“_- als zweites Subskript

Y- kommt in einigen wenigen Fällen als zweites Subskript vor. Auch in diesem Fall ist es ein rein graphisches Element und hat keinerlei Einfluss auf die Aussprache:

- [ʨʰá] Omen, Glück

Das wichtigste Wort mit dieser Ligatur ist ≈- [tɹʰà] »Ecke; Ort des Zusammenkom-mens«, das in einigen Wortverbindungen vorkommt:

≈-R- »Mönch«, ÜÈT-≈- »Schule«

Reihenfolge bei einem Substantiv und seinen ErweiterungenBei einer Phrase (zusammengehöriger Wortgruppe) aus Substantiv und Erweiterun-gen stehen die Wortarten in einer bestimmten Reihenfolge. An Vokabeln haben Sie bisher Substantive, Adjektive und Mengenangaben kennen gelernt. Dazu kommen jetzt noch die Demonstrativpronomen ]N…- »dieser/diese/dieses« und N‰- »jener/jene/jenes«. N‰- wird im Deutschen auch oft als bestimmter Artikel »der/die/das« wieder-gegeben.

Die Reihenfolge, in der diese Wortarten im Tibetischen zusammengesetzt werden, ist der Reihenfolge im Deutschen genau entgegengesetzt. Also nicht »drei gelbe Blu-men«, sondern »Blumen gelbe drei« U‰-KÈC-c‰_-RÈ-Cc“U-:

1. Substantiv + 2. Adjektiv + 3. Mengenangabe oder ]N…- / N‰-

Eine Phrase aus Substantiv und Erweiterungen nennt man »Nominalphrase«.

Lektion Vier

4.2

4.1.6

Page 47: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

31Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Gleichsetzungsverb ^…P- (_‰N-)

^…P- bedeutet »[etwas] ist [etwas]«. …P- ist ein Verb und steht am Ende des Satzes, also

»[etwas] [etwas] ist«. Es ist inhaltsleer wie ein Gleichheitszeichen und seine einzige

Funktion ist, das erste »etwas«, das Subjekt, mit dem zweiten »etwas«, der Gleichset-

zungsergänzung, gleichzusetzen. Die Struktur zu einem Satz mit ^…P- lautet immer:

Subjekt-Gleichsetzungsergänzung-^…P-. Subjekt und Gleichsetzungsergänzung ste-

hen immer in dieser Reihenfolge. Sie stehen im Absolutiv, das heißt, sie haben keine

weitere grammatische Markierung.

T“U-R-U…-åC-R-^…P, Vasen sind unbeständig.

In der Umgangssprache wird ^…P- nur mit Bezug auf die erste Person benutzt. Bei Sät-

zen mit Bezug auf die zweite oder die dritte Person nimmt man _‰N-.

E-ÜÈT-z⁄C-^…P, Ich bin Schüler.

m‰N-_E-ÜÈT-z⁄C-_‰N, Du bist Schüler/Schülerin.

BÈE-ÜÈT-z⁄C-_‰N, Er ist Schüler. / Sie ist Schülerin.

^…P- und _‰N- als Hauptverb sagen nichts über die Zeit aus. Wenn der Kontext nicht

dagegen spricht, werden sie im Präsens übersetzt. Möchte man ausdrücken, dass

»etwas« in der Vergangenheit »etwas« war und es ist nicht vom Kontext her klar,

dass von der Vergangenheit die Rede ist, muss man ein Zeitwort benutzen. Zeitwörter

stehen im Allgemeinen am Anfang des Satzes.

¢ÈP-U-BÈE-ÜÈT-z⁄C-_‰N, Früher war er Schüler. / Früher war sie Schülerin.

N-BÈE-NC‰-àP-_‰N, Jetzt ist er Lehrer. / Jetzt ist sie Lehrerin.

_‰N- kommt in der Schriftsprache sehr selten vor und ist, wenn es doch vorkommt, als

umgangssprachlicher Einfluss anzusehen. In der Umgangssprache sind ^…P- und _‰N-

wichtige Hilfsverben.

Subskripte

4.3

Page 48: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

32Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übungen zu Lektion 4Kreisen Sie ein, welche Buchstaben als Subskripte dienen können.

@- ka B- kha C- ga E- nga

F- ca G- cha H- ja I- nya

K- ta M- tha N- da P- na

R- pa S- pha T- ba U- ma

V- tsa W- tsha X- dza Y- wa

Z- zha \- za ]- 'a ^- ya

_- ra `- la a- sha c- sa

d- ha e- a

Übersicht der möglichen Kombinationen mit PräskriptenSchreiben Sie zu den Ligaturen die jeweilige Aussprache.

Mögliche Kombinationen mit Präskript C

CF CI CK CN CP CV CZ C\ C^ Ca Cc

Mögliche Kombinationen mit Präskript N

N@ Nl Ns NC Nn Nu NE NR No Ny NT Nq N

NU Nr

Mögliche Kombinationen mit Präskript T

T@ Tl Ts TÅ Tá Tì Tˇ T´ T∞ TC Tn Tu Tà

Tî T° T¨ T± Tâ T¢ TF Tä Tã T£ TK Tå Tõ

T§ TN Tç Tú T• Té T¶ TV T˛ T™ Tí TZ T\

TÑ TÖ Ta Tc T~ TÜ

Lektion Vier

Page 49: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

33Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Mögliche Kombinationen mit Präskript U

UB Um Um UC Un Uu UE UG UH UI UM UN UP

UW UX

Mögliche Kombinationen mit Präskript ]

]B ]m ]t ]C ]n ]u ]G ]H ]M ]N ]x ]S ]p

]z ]T ]q ] ]W ]X

Übung zur Nominalphrase: Übersetzen Sie!einige weiße Lotosblumen leckerer Tee

viel leckerer Tschang wenig Milch

viel gutes Holz alle Tibeter

alle Blumen einige große Häuser

Übung zum Gleichsetzungsverb: Übersetzen Sie!

Er ist Thangka-Maler. Sie ist Nonne.

Alle sind Tibeter. Milch ist weiß.

Fünf Blumen sind blau. Butter ist gelb.

Vokabeln

Subskripte

£…E-ä‰-RÈ- schön

N‰- der/die/das; jener/jene/jenes

]N…- dieser/diese/dieses

NR‰- Beispiel; auch kurz für NR‰-G- Buch

q- Vogel

m…- Hund

m‰N-_E- du/Sie

≈-R- Mönch

NC‰-àP- Lehrer

NE“`- Silber, Geld

Page 50: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

34Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

NqEc- Wohlklang, Klangkraft

Nq_-@- Sommer

Nq…Ec- Bereich, Sphäre

¥„`- Schlange

Ø„-Dÿ- Stift

»- Gras

Ω- Salz

UXÍN- 1. Speicher; 2. Schatz(-kammer)

C^c- rechte Seite

C^c-c“- rechts, nach rechts

Lektion Vier

C^ÈP- linke Seite

C^ÈP-`- links

¿- Horn

ÜÈT-≈- Schule

ÜÈT-z⁄C- Schüler/in, Student/in

ÜÈT-U- (spirituelle/r) Schüler, Schülerin

Cc‰_- Gold

ü-…c-R- Thangka-Maler

e-P‰- Nonne; Tante väterlicherseits

Vokabeln: Zahlen von sechs bis zehn

x⁄C- sechs

TOÿP- sieben

TîN- acht

NDÿ- neun

TF“- zehn

Page 51: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

35Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

5. Sanskrit-UmschriftZweites Postskript | Präskripte und Superskripte in der zweiten Silbe eines Wortes |Sanskrit in tibetischer Schrift | Verkürzte Schreibungen | Anordnung im Wörter-buch | Zeichensetzung

Zweites Postskript

An die Postskripte C, E, T und U kann als zweites Postskript ein c treten. In der Aus-

sprache macht es sich kaum bemerkbar, nur der Vokal wird etwas gelängt: `Cc- [làː]

Wichtig ist es jetzt, die Regeln zur Erkennung der Basisbuchstaben von Seite 17 rich-

tig anzuwenden. Grundsätzlich gilt: Nur der Basisbuchstabe hat Vokalzeichen, Super-

oder Subskripte.

IÈP-UÈEc- Befleckungen (des Geistes), (Geistes)plagen; skt. kle²a

_…Cc- Art, Gruppe, Buddhapotential; skt. gotra

Bei drei Buchstaben ist gewöhnlich der mittlere Buchstabe der Basisbuchstabe, es sei

denn, am Ende steht ein c. Dann ist meistens der erste Buchstabe der Basisbuchstabe,

der zweite Buchstabe ist das Postskript und der dritte Buchstabe ist das zweite Post-

skript.

CEc- Schnee (lit.) ôCc- Eisen, Metall

MUc-FN- alle \Ec- Kupfer

Bei Silben mit vier Zeichen muss das zweite der Basisbuchstabe sein.

]SCc-R- hervorragend, edel; skt. Àrya

Einige wenige Wörter sind Ausnahmen von diesen Regeln und müssen gelernt werden.

CPc- Ort, Platz

]Nc-R- vorübergegangen, jenseits gegangen (von)

In frühesten Texten (vor der Schreibreform im 9. Jh.) kam auch N als zweites Postskript

vor, genannt N-xC-. Es konnte nur nach den Postskripten P, _ und ` vorkommen und

5.1

Page 52: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

36Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

in Texten, die der alten Orthographie folgen, kann es uns noch begegnen. Es ändert weder Aussprache noch Bedeutung der Wörter.

Wichtig ist das N-xC- in Zusammenhang mit der Perfekt- und der Imperativstammform der Verben (siehe Lektion 17). Ein ehemals vorhandenes, heute nicht mehr sichtbares N-xC- bestimmt auch heute noch die Form der grammatischen Partikeln, die direkt auf einen Verbstamm folgen. In der Partikelübersicht im Anhang sind die Formen der jeweiligen Partikeln nach einem ausgefallenen N-xC- in der letzten Spalte aufgeführt.

Präskripte und Superskripte in der zweiten Silbe eines WortesZweisilbige Wörter werden in der Aussprache oft so zusammengezogen, dass die Prä-skripte oder Superskripte mitgesprochen werden oder eine Nasalisierung bewirken. Einige häufig vorkommenden Ausdrücke sind hier aufgeführt. Die genauen Regeln zur Aussprache von zweisilbigen Wörtern sind beschrieben in NT, Seiten 397-399.

Nl…`-]BÈ_- [kʲíŋkɔɹ] MaÐÝala

´Tc-]uÈ- [kʲámdɹo] Zuflucht

UB]-]uÈ-U- [kʰándɹoma] Himmelsläuferin; skt. ÝÀkinÅ

NC‰-]OÿP- [gɛndn] (spirituelle) Gemeinde; skt. saýgha1

çÈ-ä‰- [dɔɹʤɛ] Donnerkeilzepter; skt. vajra

Sanskrit in tibetischer Schrift

Allgemeine Bemerkung

Die Sprache Sanskrit wurde in vielen verschiedenen Schriften geschrieben, zum Bei-spiel in DevanÀgarÅ, der Schrift, die Sanskrit-Studenten an der Universität Hamburg zuerst lernen müssen. Oder in Lantsa, einer in Nepal und Tibet viel verwendeten Schmuckschrift.

1.Beachten Sie, dass die Wörter im Sanskrit wie im Deutschen unterteilt sind in maskulin, feminin und neutrum. »Saýgha« ist maskulin und muss, wenn man das Geschlecht in der Ausgangssprache berücksichtigen möchte, als »der Saýgha« übersetzt werden.

Lektion Fünf

5.2

5.3

5.3.1

Page 53: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

37Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Sanskrit enthält einige Laute, die in der tibetischen Sprache nicht vorkommen, und entsprechend gibt es keine graphischen Zeichen dafür, bzw. sie wurden speziell ent-wickelt, um Sanskrit wiedergeben zu können.

Sanskritsprache in tibetischen Schriftzeichen kann uns insbesondere bei Mantras oder Überschriften von Texten begegnen, die ursprünglich in Sanskrit verfasst waren und ins Tibetische übersetzt worden sind bzw. die den Stil indischer Texte nachempfin-den.

Die Grundbuchstaben des DevanÁgarÆ-Alphabets und seine Entsprechun-gen in der tibetischen Schrift

क ka

@- ka

ख kha

B- kha

ग ga

C- ga

घ gha@- gha

ङ ýa

E- nga

च ca

V- tsa

छ cha

W- tsha

ज ja

X- dza

झ jha1- dzhaञ ña

I- nya

ट ¥a

f- ¥a

ठ ¥ha

˘- ¥ha

ड Ýa

h- Ýa

ढ Ýha

é- Ýha

ण Ða

j- Ða

त ta

K- ta

थ tha

M- tha

द da

N- da

ध dha- dhaन na

P- na

प pa

R- pa

फ pha

S- pha

ब ba

T- ba

भ bhaÆ- bhaम ma

U- ma

य ya

^- ya

र ra

_- ra

ल la

`- la

व va

T- / Y- ba/wa

श sha

a- sha

ष ¼a

˙- ¼a

स sa

c- sa

ह ha

d- ha

Um Buchstaben wiederzugeben, die es im Sanskrit gibt aber ursprünglich nicht im Tibetischen, wurden dem tibetischen Alphabet neue Zeichen hinzugefügt: die aspi-rierten Stimmhaften (4. Spalte) und die Retroflexen (3. Zeile und ¼a).

Sanskrit-Umschrift

5.3.2

Page 54: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

38Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Beachten Sie besonders die zweite Zeile: Wenn wir Sanskrit-Wörter in tibetischer Umschrift lesen, müssen die Zeichen V-, W-, X- und 1- als [ʨa], [ʨʰa], [ʤa] und [ʤʰa] ausgesprochen werden. Aus dieser Unregelmäßigkeit kann man schließen, dass die Tibeter in der Zeit, als das tibetische Alphabet entstanden ist, Sanskrit mit ebendieser Aussprache kennengelernt haben müssen.

Der DevanÀgarÅ-Buchstabe »v« wird tibetisch mit Y- oder T- wiedergegeben. Zwar gibt es im Tibetischen einige wenige Wörter mit dem bilabialen Frikativ [w], sie sind aber sehr selten. Bilabiale und labiodentale Frikative, vereinfacht gesagt »w« oder »f«-Lau-te, sind im Tibetischen also fast unbekannt und tatsächlich kann es Tibetern schwer-fallen, sie beim Hören von den plosiven Bilabialen [p] und [b] zu unterscheiden. Bei Fremdwörtern mit bilabialen oder labiodentalen Frikativen wird in der tibetischen Schreibung deshalb häufig auf S- oder T- ausgewichen. Das ist auch so im modernen Tibetisch: englisch »France« wird zu tibetisch S-_P-c…-, »coffee« wird zu BÈ-S…-.

F-, G-, H-, Z- und \- werden für die Sanskritumschrift nicht benutzt.

Die Tonhöhe spielt im Sanskrit keine Rolle.

Vokale

Vokale werden wie im normalen tibetischen Alphabet als Vokalzeichen über oder un-ter einem Konsonanten (hier als Beispiel e-) dargestellt.

e…- i e—- u e‰- e eÈ- o Wenn kein Konsonantenzeichen vorhanden ist, wird wie im normalen tibetischen Alphabet von einem inhärenten [a] ausgegangen.

e- a

Lange Vokale werden mit Hilfe eines kleinen angehängten ] dargestellt. Man spricht dann von ]-G”E-.

eÓ- À eÓ…- Å eÓ-‡ Ê

Für ai, au, Ï , ¿ und Õ mussten extra Zeichen geschaffen werden.

eË- ai eÌ- au _œ- Ï _Óœ- ¿ `œ- Õ

Lektion Fünf

5.3.3

Page 55: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

39Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

SonderzeichenAnusvÀra (»Nachklang«): ¾ Visarga (»Aushauch«): ã

<- o¾ >- hʾ (Die Tibeter sprechen diese Silbe [huːŋ].) =- Àã

Ausspracheregeln bei der Umschrift von Sanskrit ins Tibetische

Konsonanten in Folge werden untereinander geschrieben. Das heißt, jedes Türmchen wird systematisch von oben nach unten gelesen und dann wird der Vokal eingefügt. Gibt es kein Vokalzeichen, wird ein a-Vokal eingefügt. Die Türmchen entsprechen nicht den Silben eines Wortes. Ein VirÀma, ein kleiner Strich nach unten am letzten Buchstaben des Wortes, zeigt, dass in dieser Silbe kein Vokal eingefügt werden muss, also dass das Wort mit einem Konsonanten endet.

Beispiele T“ t- buddha @ê- karma R+- padma

Beachten Sie die Verwechslungsgefahr von E- und O-. Das Sanskritwort padma »Lotos« ist in das Tibetische eingegangen. Es wird tibetisch RN-U-geschrieben und dann ent-sprechend [pɛma] ausgesprochen.

»Extended Wylie Transliteration Scheme«

Für Sonderfälle der tibetischen Schrift wurde eine erweiterte Wylie-Umschrift ent-wickelt: »Extended Wylie Transliteration Scheme«. Sie ist vor allem wichtig, um sel-tene tibetische Satzzeichen und Sanskrit in tibetischer Schrift einfach und eindeutig in lateinische Buchstaben transliterieren zu können. Das erleichtert zum Beispiel die Eingabe von tibetischen Texten in den Computer. Entweder benutzt man diese Um-schrift oder man stellt die Sanskrit-Wörter mit Hilfe der üblichen Sanskrit-Umschrift dar. Dann hat man zwei Umschrift-Systeme in einem Text und braucht Sonderzeichen. Beide Möglichkeiten sind zur Zeit üblich. Man merke sich an dieser Stelle folgende Re-gel des »Extended Wylie Transliteration Scheme«: Lange Vokale, Retroflexe, AnusvÀra und Visarga werden mit Großbuchstaben wiedergegeben.

eÓ- A (À) eÓ…- I (Å) eÓ-‡ U (Ê) g T (¥) ˘ Th (¥h)

˙ Sh (¼) usw. 'oder & M (¾) : H (ã)

Für weitere Fälle konsultiere man die Internetseite des THDL zum »Extended Wylie Transliteration Scheme« (siehe Seite 7).

Sanskrit-Umschrift

5.3.4

5.3.5

5.3.6

Page 56: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

40Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Verkürzte SchreibungenUm Platz auf dem in Tibet so kostbaren Papier zu sparen, haben sich einige gängige Abkürzungen entwickelt. Sie werden insbesondere in Handschriften benutzt.

åÈCc- Y åÈf- realisieren, verstehen

N@ÈP-UGÈC-Cc“U- Y N@ÌCc'“- die drei »Seltenen und Kostbaren«, die drei Juwelen

TF“-CI…c- Y TF“…c- zwölf

Es gibt Hunderte solcher Zusammenziehungen. Eine ausführliche Auflistung finden Sie in

»L'Écriture Cursive Tibétaine« von Jaques Bacot in Journal Asiatique, Februar-März 1912.

Bod yig 'bri tshul mthong ba kun smon von dPa'-ris Sangs-rgyas, Seite 111 f., Lhasa 1997.

Anordnung im WörterbuchDie Wörter sind in den Wörterbüchern unter Berücksichtigung der folgenden Grund-regeln angeordnet:

Basisbuchstaben in alphabetischer Reihenfolge

Vokale in der Reihenfolge a, i, u, e, o.

Weiterordnung innerhalb der einzelnen Basisbuchstaben jeweils in alphabetischer Reihenfolge:

(a) Basisbuchstabe + Postskript ( + zweites Postskript)

(b) Basisbuchstabe + Subskript ( + Postskript/e)

(c) Basisbuchstabe + Präskript ( + Postskript/e) ( + Subskript)

(d) Basisbuchstabe + Superskript ( + Postskript/e) ( + Subskript)

(Prä- und Superskripte bilden eine alphabetische Reihenfolge.)

(e) Basisbuchstabe + Prä- und Superskript ( + Postskript/e) ( + Subskript)

Die Anordnung ist am einfachsten an einem Beispiel zu verstehen und deshalb ist hier die Anordnung der Wörter mit dem Grundbuchstaben @ entsprechend dem Wörter-buch Dag yig gsar bsgrigs (DYSG) wiedergegeben.

Lektion Fünf

5.4

5.5

Page 57: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

41Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

(a) @@-

@C-

@E-

@P-

@T-

@_-

@…-

@…P-

Aÿ-

AÿC-

AÿP-

AÿU-

@Â- (@‰]—-)@‰C-

@‰E-

@‰U-

@‰_-

@È-

@ÈC-

@ÈE-

@È_-

@È`-

@Èc-

(b) ∂∂-

ll-

lC-

lE-

lU-

l_-

l`-

l…-

l…C-

l…E-

l…P-

l…c-

lŸ-

lŸC-

lŸE-

lŸ_-

l‰-

lÈ-

lÈC-

lÈE-

lÈ_-

s-sE-

sN-

sT-

s…-

s…C-

s…P-

s⁄-

s⁄]“-

s⁄E-

s⁄Uc-

s‰-

sÈC-

sÈE-

ÅÅ-

ÅC-

ÅN-

ÅP-

ÅU-

Å`-

Åc-

Ň-

ŇE-

ŇT-

ŇTc-

ÅÈ-

ÅÈC-

ÅÈCc-

ÅÈE-

ÅÈN-

(c) N@N@C-

N@P-

N@]-

N@_-

NAÿ-

N@ÈP-

N@È_-

NlNl_-

Nl…`-

NlŸ-

NlŸc-

Nl‰`-

NlÈC-

NlÈCc-

NsNsT-

Ns…-

Ns…C-

Ns…Cc-

Ns…c-

Ns⁄C-

Ns⁄Cc-

Ns⁄U-

Ns⁄Uc-

Ns‰-

NsÈC-

NsÈCc-

NsÈ`-

T@T@C-

T@E-

T@N-

T@P-

T@T-

T@]-

T@_-

T@`-

T@c-

TAÿ-

TAÿC-

TAÿUc-

TAÿ_-

TAÿc-

T@ÈC-

Sanskrit-Umschrift

Page 58: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

42Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

T@ÈE-

T@ÈN-

T@È`-

TlTlCc-

Tl`-

Tl…C-

Tl…Cc-

Tl‰-

Tl‰N-

Tl‰c-

TlÈP-

TsTs-

TsC-

TsT-

TsTc-

TsU-

Ts`-

Ts…-

Ts…c-

Ts⁄-

Ts⁄Uc-

Ts⁄c-

Ts‰P-

Ts‰c-

TsÈEc-

TsÈ`-

TÅTÅC-

TÅCc-

TÅT-

TÅTc-

(d) áá-

áE-

áP-

áU-

áfl-

áflP-

áflT-

áflc-

á‰-

á‰N-

áÈ-

áÈE-

áÈP-

áÈU-

áÈUc-

áÈc-

ìì-

ìC-

ìE-

ìP-

ì`-

ì‰P-

ìÈE-

ìÈEc-

ìÈ`-

ññC-

ñ‡C-

ñ‡Cc-

ñÈC-

ˇˇC-

ˇE-

ˇN-

ˇP-

ˇTc-

ˇU-

ˇUc-

ˇ_-

ˇ`-

ˇc-

ˇ‡-

ˇ‡C-

ˇ‡Cc-

ˇ‡E-

ˇ‡Ec-

ˇ‡N-

ˇ‡U-

ˇ‡Uc-

ˇ‡_-

ˇ‡`-

ˇ‡c-

ˇ‰-

ˇ‰C-

ˇ‰Cc-

ˇ‰N-

ˇ‰U-

ˇÈ-

ˇÈCc-

ˇÈE-

ˇÈEc-

ˇÈP-

ˇÈT-

ˇÈTc-

ˇÈU-

ˇÈUc-

ˇÈ_-

ˇÈ`-

ˇÈc-

´´-

´C-

ˇE-

´Tc-

´_-

´c-

´…-

´…C-

´…Cc-

´…E-

´…N-

´…P-

´…Tc-

´…`-

´…c-

´„-

´„C-

´„Cc-

´„E-

´„Ec-

´„N-

´„_-

´„c-

´‰-

´‰C-

´‰Cc-

´‰Ec-

´‰N-

´‰P-

´‰Uc-

Lektion Fünf

Page 59: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

43Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

´‰_-

´‰`-

´‰c-

´È-

´ÈC-

´ÈCc-

´ÈE-

´ÈEc-

´ÈN-

´ÈP-

´ÈT-

´ÈTc-

´ÈU-

´ÈUc-

´È_-

´È`-

´Èc-

∞∞-

∞C-

∞E-

∞Ec-

∞P-

∞T-

∞„-

∞„P-

∞„c-

∞ÈC-

∞ÈCc-

∞ÈN-

∞ÈP-

(e) TáTáU-

TáUc-

Táfl-

Táflc-

TáÈ-

TáÈc-

TìTìE-

TìEc-

TˇTˇ-

TˇE-

TˇEc-

TˇU-

TˇUc-

Tˇ`-

Tˇ‡-

Tˇ‡C-

Tˇ‡Cc-

Tˇ‡E-

Tˇ‡Ec-

Tˇ‡U-

Tˇ‡Uc-

Tˇ‡_-

Tˇ‡`-

Tˇ‡c-

TˇÈ-

TˇÈP-

TˇÈ_-

TˇÈ`-

TˇÈc-

T´T´-

T´E-

T´Ec-

T´T-

T´Tc-

T´U-

T´Uc-

T´_-

T´`-

T´c-

T´…-

T´…`-

T´…c-

T´„C-

T´„Cc-

T´„E-

T´„Ec-

T´„N-

T´„_-

T´‰N-

T´ÈC-

T´ÈCc-

T´ÈN-

T´ÈP-

T´ÈU-

T´ÈUc-

T´È_-

T∞T∞N-

T∞„-

T∞„P-

T∞„c-

T∞ÈC-

T∞ÈCc-

Sanskrit-Umschrift

Page 60: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

44Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Zeichensetzung

Wortgrenzen werden im Tibetischen nicht kenntlich gemacht.

Zeichen tibetisch markiert

- WÂC- Silbenabschluss

, aN- Abschluss von längeren Satzteilen oder von Sätzen

Sprechpausen, z. B. nach NE- »und« oder nach einer Apposition.

,, I…c-aN- Abschluss von Sätzen, Absätzen oder Verszeilen

,, ,, TZ…-aN- Abschluss größerer Abschnitte

? ¥„`-aN- Variante des aN-, Beginn oder Abschluss größerer Abschnitte

. _…P-G‰P-߇Ec-aN- Variante des aN- nach der 1. Silbe in einer Zeile1

; CK‰_-WÂC- Variante des aN- in der gTer ma-Literatur2

" NT“-m‹N- am Anfang der Vorderseite eines Folios

Der WÂC- muss hinter jeder Silbe stehen, es sein denn, es folgt ein aN- bzw. ein I…c-aN-. Nach dem Postskript E bleibt der WÂC- erhalten: NE-, »und«

Der Gebrauch des aN- ist nicht streng festgelegt. Er wird gesetzt, wenn ein Satzteil

als selbstständige Einheit empfunden wird. Für uns irritierend ist, das in einer zusam-

menhängenden Aufzählung mit NE- »und« häufig nach NE- ein aN- gesetzt wird (siehe

Seiten 90, 91).

Nach C fällt der aN- aus und es steht eine kleine Lücke.

C\…C NÈU, Y-UÈ-cÈCc-^ÈN, Es gibt Leoparden, Bären, Füchse usw.

1. Siehe zum Beispiel Seite 202.2. Zu gter ma- oder »Schatz«-Texten siehe: Tulku Thondup. Die verborgenen Schätze Tibets. Eine Erklärung der Termatradition der Nying-maschule des Buddhismus. Theseus, 1994. oder Janet Gyatso. »Drawn from Tibetan Treasury. The gTer ma Literature.« in Cabezón und Jackson. Tibetan Literature. Studies in Genre. Snow Lion, 1996.

Lektion Fünf

5.6

Page 61: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

45Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Transliteration von Satzzeichen

Zur Transliteration von Satzzeichen merke man sich an dieser Stelle nur die beiden

wichtigsten Fälle:

- WÂC- Leerzeichen , aN- Punkt oder Schrägstrich »/«

Für weitere Fälle konsultiere man die Internetseite des THDL zum »Extended Wylie

Transliteration Scheme« (siehe Seite 7).

Übungen zur Lektion 5

Ausspracheübung

Beschreiben Sie den Aufbau und die Aussprache der folgenden Silben.

]HU-NR`-NqEc- Mañju²rÅgho¼a

]HU- sanft; skt. mañju

Aufbau:

Aussprache:

NR`- glorreich; skt. ²rÅ

Aufbau:

Aussprache:

NqEc- Wohlklang, Klangkraft; skt. gho¼a

Aufbau:

Aussprache:

Sanskrit-Umschrift

Page 62: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

46Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

e-P‰-GÈc-Nq…Ec- Ani Chöying

e-P‰- Nonne Aufbau: Aussprache:

GÈc- Lehre, Weltgesetz, Phänomen; skt. dharma Aufbau: Aussprache:

Nq…Ec- Bereich, Sphäre; skt. dhÀtu Aufbau: Aussprache:

Ani Chöying hat eine Internetseite: www.choying.de

Leseübung

Wir lesen Beispiele zur Sanskritumschrift ins Tibetische aus Pentaglot Dictionary of Bud-

dhist Terms von Raghu Vira, New Delhi 1961.1

Suchen Sie die Signatur der folgenden Wörterbücher heraus und beant-worten Sie die Fragen dazu.

Diese Übung wurde für den Unterricht an der Universität Hamburg konzipiert. Sie ist nur geeignet, wenn Sie eine Bibliothek mit entsprechenden Beständen in Ihrer Nähe haben. Recherchieren Sie sonst, was Sie im Internet an Informationen zu den Wörter-büchern finden.

In diesem Lehrbuch sind die Vokabeln bis einschließlich Lektion Dreizehn im Glossar angegeben, danach müssen Wörterbücher konsultiert werden. Ich empfehle zur An-schaffung das New Tibetan-English Dictionary of Modern Tibetan von Melvyn Goldstein kombiniert mit dem elektronischen Wörterbuch The Illuminator – Tibetan-English Encyclopaedic Dictionary von Tony Duff. Das Handwörterbuch Tibetisch von H. A. Jäsch-ke ist nach wie vor die sorgfältigste philologische Arbeit und für eine tiefergehende Beschäftigung mit der Sprache eine Fundgrube an Informationen.

Im Internet finden Sie eine Besprechung der Wörterbücher unter:

»Tibetische Wörterbücher – Segen und Fluch zugleich« von Jan-Ulrich Sobisch

1. Eine Auflösung der Lesungen finden Sie in: Alexander Csoma de Körös. »Sanskrit-Tibetan-English Vocabulary« in Memoirs of the Asiatic Society of Bengal. Vol. IV, No. 1, S. 1-127.

Lektion Fünf

Page 63: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

47Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Goldstein, Melvyn. The New Tibetan-English Dictionary of Modern Tibetan

Auf welcher Seite befindet sich das Abkürzungsverzeichnis?

Goldstein, Melvyn. English-Tibetan Dictionary of Modern Tibetan

Was findet man auf der folgenden Internet-Seite?

www.case.edu/affil/tibet/addendum_new.pdf

Jäschke, H. A. Handwörterbuch Tibetisch

Von wann ist diese Ausgabe?

Jäschke, H. A. A Tibetan English Dictionary

Von wann ist diese Ausgabe?

Das, Sarat Chandra. Tibetan English-Dictionary

Von wann ist diese Ausgabe?

Tsepak Rigzin. Tibetan-English Dictionary of Buddhist Terminology

Was steht unter dem Eintrag »e-«?

Tshig mdzod chen mo.

Wo ist das Tshig mdzod chen mo erschienen?

Was gibt es darin für Appendices?

Das Goldstein-Wörterbuch als Hilfsmittel für die Aussprache

Suchen Sie die Bedeutung der folgenden Wörter in Goldsteins New Tibetan-English Dic-

tionary. Wie wird dort die Aussprache beschrieben?

Ein nichtaspirierter Verschlusslaut klingt ähnlich einem »hart« ausgesprochenem stimmhaften Laut. Die Ähnlichkeit ist so groß, dass Melvyn Goldstein in seinem New

Tibetan-English Dictionary als Lautumschrift »g« schreibt für nicht aspiriertes k und g, »d« für nichtaspiriertes t und d und »b« für nichtaspiriertes p und b.

ˇ‡-UOÿP- î-UWÍ- OÿN-]uÈ-

ˇ‡-]T“U- î`-˛‰- NRÂ-UXÍN-BE-

NC]-úP- N-õ-

Sanskrit-Umschrift

Page 64: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

48Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Leseübung

N@ÈP-UGÈC-Cc“U- »die drei Seltenen und Kostbaren«; die drei Juwelen

Nl…`-]BÈ_- MaÐÝala

CEc- Schnee (Schriftsprache)

NC‰-]OÿP- (spirituelle) Gemeinde; skt. saýgha

TF“-CI…c- zwölf

IÈP-UÈEc- Befleckungen (des Geistes), (Geistes)plagen; skt. kle²a

åÈCc-R- realisieren, erkennen

MUc-FN- alle

]Nc-R- vorübergegangen, jenseits gegangen (von)

CPc- Ort, Platz

]SCc-R- hervorragend, edel; skt. Àrya

cEc-îc- Buddha

Lektion Fünf

Page 65: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

49Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

6. WortbildungThemen der tibetischen Grammatik | Das Wort im Tibetischen | Bildung von Sub-stantiven und Adjektiven mit dem Nominalsuffix | Verbstamm plus Nominalsuffix pa oder ba | Zusammensetzung zweier Wörter zu einem Wort mit neuer Bedeutung | Wortbildung durch Suffixe | Spiel mit dem Klang | Innere Ableitung | Fremdwörter und Lehnwörter | Übersetzungen aus dem Sanskrit | Höfliche Sprache | Bescheiden-heit in der Schriftsprache

Themen der tibetischen GrammatikDer Abschnitt zur Schrift ist abgeschlossen. Was kommt jetzt auf Sie zu? Hier ist ein guter Moment, um sich das Inhaltsverzeichnis einmal genau anzusehen. Sie sehen, dass sich die Themen der tibetischen Grammatik von denen der deutschen deutlich unterscheiden. Zum Beispiel wird man, wenn man ein Buch zur deutschen Grammatik aufschlägt, große Abschnitte zur Deklination und zur Konjugation finden. Beides gibt es in dieser Form im Tibetischen nicht. Stattdessen nehmen hier die Kasussuffixe und die Satzstrukturen einen großen Raum ein. In Lektion 11 wird deshalb ausführlich be-sprochen, was Kasussuffixe überhaupt sind.

In diesem Lehrbuch werden die grammatischen Themen möglichst zusammenhän-gend besprochen und sie führen uns vom Einfachen zum Komplexen:

• Das Wort: Wortbildung, Wortarten, Attribute

• Das Verb: Einteilung, Zeit und Aussageweise, Morphologie, analytische Verbformen

• Der Satz: Satzarten, Satzglieder, Kasussuffixe, Satzstrukturen

• Das Satzgefüge: Wie werden Verbalhandlungen miteinander verbunden?

• Das Werk: Autor, Titel, Aufbau, Kolophon

Aus didaktischen Gründen können die Themen nicht immer ganz entsprechend dieser Reihenfolge eingeführt werden.

Das Wort im Tibetischen

Wortarten

Die Wörter werden unterteilt in die beiden großen Gruppen der Inhaltswörter und der Funktionswörter. Inhaltswörter sind Wörter mit kontextunabhängiger lexikalischer Bedeutung: Substantive, Verben, Adjektive und Adverbien. Funktionswörter tragen vor allem grammatische Bedeutung. Sie dienen dazu, Beziehungen in Syntax und Struktur zu klären: Pronomen, Postpositionen und Konjunktionen. Bestimmte Artikel wie »der, die, das« im Deutschen gibt es im Tibetischen nicht, aber die Demonstrativ-

6.1

6.2

6.2.1

Page 66: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

50Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

pronomen N‰- und ]N…- müssen oft als bestimmte Artikel übersetzt werden. »Postpositi-

onen« entsprechen den »Präpositionen« im Deutschen. Sie heißen »Postpositionen«,

da sie anders als im Deutschen dem Bezugswort nachgestellt werden.

Wortbildung

Substantive, Adjektive, Verben, Adverbien und Postpositionen haben einen Wort-

stamm mit lexikalischer Bedeutung, der gewöhnlich aus einer einzigen Silbe besteht.

Aus dem gleichen Wortstamm können durch Suffixe oder durch Komposition Wörter

verschiedener Art gebildet werden.

PE- das Innere, Zuhause (Substantiv)

C…-PE-`- in/im (Postposition)

PE-Oÿ- drinnen/innen/rein (Adverb)

PE-R- »der sich mit dem Inneren befasst«, Buddhist (Substantiv)

Bei der Wortbildung gibt es eine starke Tendenz zur Zweisilbigkeit und wenn zwei

Wörter zu einem neuen Wort zusammengesetzt werden, fallen die Wortbildungssuf-

fixe wieder weg, so dass der neue Ausdruck wieder zweisilbig ist.

Die Bildung von Substantiven und Adjektiven wird in dieser Lektion besprochen. Die

Bildung von Adverbien und Postpositionen wird in Lektion 14 besprochen.

Bildung von Substantiven und Adjektiven mit dem Nominalsuffix

Allgemeine Bemerkung

Wenn man die Wörter N‰T- »Buch«, ü-UÈ- »Göttin«, PE-R- »Buddhist« oder NU_-RÈ- »rot«

anschaut, sieht man, dass das Wort N‰T- ein Substantiv ist, das aus einer einzigen Silbe

besteht, während die anderen noch ein Suffix haben.

Beispiele für Substantive ohne Suffix

m…U- Haus GÈc- Dharma I- Fisch å- Pferd

çÈ- Stein U…- Mensch ^“`- Ort; Objekt _…- Berg

Lektion Sechs

6.3

6.2.2

6.3.1

Page 67: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

51Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Wörter mit Nominalsuffix

ü-UÈ-, PE-R- und NU_-RÈ- haben zweite Silben, die sich alle sehr ähnlich sind. In allen Bei-spielen sind diese zweiten Silben Nominalsuffixe. Sie werden an einen Begriff oder Wortstamm angehängt und das daraus entstandene Wort bezeichnet dann einen ab-strakten Begriff, eine Person oder ein Adjektiv, das mit der Bedeutung des ursprüngli-chen Wortes in irgendeiner Verbindung steht.

Die wichtigsten Nominalsuffixe sind R-, RÈ-, U-, UÈ-, @- und @È-.

Im Folgenden betrachten wir einige Substantive und Adjektive, die auf R-, RÈ-, U-,UÈ-, @- oder @ÈÈ- enden, und untersuchen den Zusammenhang zwischen Grundbedeutung und dem neugebildeten Nomen. Dieser Überblick soll grundsätzliche Prinzipien des Nominalsuffixes aufzeigen. Es ist nicht nötig, die Einteilung auswendigzulernen. Es geht nur darum, die Wörter besser zu verstehen, wenn sie uns begegnen.

Substantive mit R-Mit R- werden häufig Substantive gebildet.

TÈN- + R- Y TÈN-R-

Tibet + jemand aus ... Y Tibeter

Viele tibetische Persönlichkeiten sind bekannt unter dem Namen »jemand aus ...«, zum Beispiel VÍE-B-R- Y der Mann aus Tsong-kha1.

NC‰-`“Cc- + R-

Y NC‰-`“Cc-R-

Art und Weise der Tugend + jemand der zu den ... gehört

Y Angehöriger der Gelug-Schule

_c- + R-

Y _c-R-

Baumwolltuch + jemand, der ... trägt Y der Baumwolltuchgekleidete

Ein ras pa ist ein Yogi, der nur mit einem Baumwolltuch gekleidet ist. Der bekannteste unter ihnen

ist sicherlich der »Baumwolltuchgekleidete [aus der Familie] Mila«, Milarepa (mi-la ras-pa).

°ÈU- + R- Y °ÈU-R-meditier- + Infinitiv, abstrakter Begriff Y meditieren, Meditation

(Verbstamm)

Wortbildung

1. Tsongkhapa (1357-1419) gilt als Begründer der Gelug-Schule des tibetischen Buddhismus.

6.3.2

6.3.3

Page 68: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

52Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Zahlen mit R-Das folgende Prinzip muss man sich merken und aktiv anwenden können:

Grundzahl + R- Y Ordinalzahl

TZ…- + R- Y TZ…-R-vier + Ordinalzahl von ... Y der/die/das vierte

Eine Ordinalzahl, oder deutsch »Ordnungszahl«, bezeichnet einen bestimmten Platz

in einer Zahlenreihe. Sie antwortet auf die Frage »der/die/das wievielte ...?«. Das Prin-

zip der Bildung von Ordinalzahlen gilt für alle Zahlen, allerdings mit einer Ausnahme:

»der/die/das erste ...« heißt »NE-RÈ-«.

Substantive mit RÈ-Auch mit RÈ- können Personenbezeichnungen gebildet werden:

TÈP- + RÈ- Y TÈP-RÈ-Bön + jemand, der zu den ... gehört Y Anhänger der Bön-Schule

Man sieht, dass in diesem Beispiel das Nominalsuffix RÈ- steht, während »Anhänger der

Gelug Schule« mit R- gebildet wird. Letztendlich muss man die abgeleiteten Wörter

also doch wie Vokabeln lernen, aber es wird einem sehr viel leichter fallen, wenn man

ihre Bildung versteht.

Im folgenden Beispiel ist erst mit R- ein abstrakter Begriff aus einem Verbstamm gebil-

det worden, und mit der weiteren Hinzufügung von RÈ- eine Person:

1. q‰N- + R- Y q‰N-R-tu-/mach- + Infinitiv, abstrakter Begriff Y tun/machen; das Tun/Machen

(Verbstamm)

2. q‰N-R- + RÈ- Y q‰N-R-RÈ-

tun/machen, das Tun/Machen + jemand, der ... betreibt Y

der/die Handelnde

RÈ- wird auch häufig benutzt, wenn deutlich ausgedrückt werden soll, das etwas männ-

lichen Geschlechts ist:

Lektion Sechs

6.3.4

6.3.5

Page 69: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

53Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

_- + RÈ- Y _-RÈ-Ziege (geschlechtsneutral) + männliche ... Y Ziegenbock

Adjektive mit RÈ-Die wichtigste Funktion von RÈ- ist, aus dem Verbstamm von Zustandsverben Adjektive

zu bilden:

N@_- + RÈ- Y N@_-RÈ-weiß sein + Adjektiv zu ... Y weiß

Adjektive mit R-Eher untypisch sind Adjektive mit R- als Nominalsuffix wie zum Beispiel in Cc_-R- »neu« oder ã…E-R- »alt«.

Substantive und Adjektive mit UÈ-So wie RÈ- häufig benutzt wird, wenn deutlich ausgedrückt werden soll, das etwas

männlichen Geschlechts ist, wird UÈ- häufig benutzt, um die weiblichen Entsprechun-

gen zu bilden:

ü- + UÈ- Y ü-UÈ-Gottheit + weibliche ... Y Göttin; skt devÅ

_- Ziege (geschlechtsneutral) _-RÈ- Ziegenbock _-UÈ- weibliche Ziege

Wie mit RÈ- so werden auch mit UÈ- viele Adjektive gebildet, besonders bei Namen und

Titeln.

uE-UÈ- kalt

UE_-UÈ- süß (im Geschmack)

ÜÈT-≈-G‰P-UÈ- höhere Schule; Universität,College

Man beachte: Bei den Adjektiven zeigen RÈ- oder UÈ- nicht das Geschlecht an. Sie sind

geschlechtsneutral!

Wortbildung

6.3.6

6.3.7

6.3.8

Page 70: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

54Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Substantive und Adjektive mit U-Auch mit U- werden häufig weibliche Formen von männlichen oder geschlechtsneu-tralen Wörtern gebildet:

±È`- + U- Y ±È`-U-

errett- (Verbstamm) + eine, die ... Y Erretterin; skt. tÀrÀ

Im Lesestück zu Lektion 13 kommt _-U- für »(weibliche) Ziege« vor. Die Wortableitun-gen _-U- und _-UÈ- exisiteren also nebeneinander.

Achtung! Mit U- werden auch geschlechtsneutrale Begriffe gebildet:

H- + U- Y H-U-

Tee + Person, die ... Y Teekoch, Teeköchin Teekoch in einem Kloster (Jä 176)

É- + U- Y É-U-

das Obere, Höhere + Adjektiv/Substantiv Y der, die, das obere, höhere ... / Lama

TFÈc-U- künstlich

CVE-U- sauber

Abstrakte Namen, zum Beispiel Buchtitel oder Namen von Mantras und Gebeten, wer-den häufig mit U- gebildet:

^…-C‰-x⁄C- + U- Y ^…-C‰-x⁄C-U-sechs Silben + das ... enthält Y das Sechssilbige

Zum Beispiel das beliebte Mantra »O¾ maÐi padme hu¾« wird manchmal »das Sechssilbige« genannt.

ã…E-R- alt

ã…E-U- Name der Nyingma-Schule des tibetischen Buddhismus »[Die Schule, die die] alten [Texte anerkennt]«

Lektion Sechs

6.3.9

Page 71: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

55Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

R- ohne zusätzliche Bedeutung

Es gibt auch Wörter, bei denen das R- einfach dazugehört, ohne dass eine besondere

Beziehung zwischen Wortstamm und gebildetem Wort vorhanden ist.

vollständiges Wort BE-R-, Kurzform BE- Y Haus

vollständiges Wort T“U-R-, Kurzform T“U- Y Vase

@-, B- und C- als Nominalsuffixe

@- oder B- (und selten auch C-) kommen oft als zweite Silbe eines Substantivs vor.

No…N-@- Frühling mÈ-C- Mann; Ehemann

Diese Nominalsuffixe werden besonders in umgangssprachlichen Ausdrücken be-

nutzt.

`c- Handlung, Karma `c-@- Arbeit

Manche Wörter findet man sowohl mit @- als auch mit B- oder C- geschrieben. Das

hängt damit zusammen, dass Aspiration und Ton in der zweiten Silbe keine Rolle

spielen.

ME-B- oder ME-@- tibetisches Rollbild (Tshig 1140)

Nq_-@- oder Nq_-B- Sommer (Tshig 1952)

Z…E-B- oder Z…E-C- Feld (Tshig 2388)

Nach Zahlen bilden @-, B- oder C- Kollektivbegriffe. (Siehe Seite 76)

In manchen Ausdrücken sind @- , B- oder C- Betonungssuffixe. (Siehe Seite 86)

Wortbildung

6.3.10

6.3.11

Page 72: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

56Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Verbalnomen: Verbstamm plus Nominalsuffix R- / T-

Allgemeine Bemerkung

Ein Verbalnomen, das heißt ein Verbstamm plus R- / T-, kann je nach Kontext Infinitiv, Verbalsubstantiv oder Partizip sein.

Adjektive sind immer von Zustandsverben abgeleitet. Sie bestehen aus dem Stamm eines Zustandsverbs und einem der Nominalsuffixe R-, RÈ-, T-, TÈ-, U-, UÈ-. Ist das Nominal-suffix R- oder T-, lässt sich das Adjektiv vom Wort allein her nicht vom Verbalnomen unterscheiden.

Sandhi

»Sandhi« nennt man eine lautliche Veränderung, die durch den Einfluss des vorange-gehenden oder folgenden Lautes eintritt wie in »an apple« gegenüber »a banana«.1

Nach Verbstämmen mit Postskript E, ], _ oder ` oder ohne Postskript steht für R- und RÈ- meistens T- und TÈ- , und wird dann [wa] bzw. [wo] ausgesprochen.

]BÈ_-T- sich drehen; Daseinskreislauf, skt. sa¾sÀra

Zu dieser Regel gibt es einige Ausnahmen, z.B. §ÈE-R- »leer sein, leer«.

Diese Regel gilt auch für viele Substantive, z. B. @-T- »Säule«, `È-VÓ-T- »(tibetischer) Übersetzer«, Oÿ-T- »Rauch«, ˛-T- »Wurzel«, @È-T- »Leder«.

Begriffsklärung

Infinitiv

Der Infinitiv ist die Form, in der man ein Verb gewöhnlich nennt, die Grundform. Im Deutschen wird er mit dem Verbstamm und der Endung -en oder -n gebildet, z. B. »les-en«. Einige Tibetisch-Wörterbücher führen die Verben als Infinitive auf. Goldstein führt die Verben unter ihren Stammformen (also ohne R- oder T-) auf.

Verbalsubstantiv

Ein Verbalsubstantiv ist ein von einem Verb abgeleitetes Substantiv oder – einfach ausgedrückt – grammatisch ein Substantiv, inhaltlich eine Handlung, ein Zustand oder ein Vorgang.

Lektion Sechs

1. Der Begriff »Sandhi« (»Verbindung«) stammt aus dem Sanskrit und ist in die sprachwissenschaftliche Terminologie eingegangen. Ein Beispiel für Sandhi im Deutschen ist das Wort empfangen, das eine Zusammensetzung aus der Vorsilbe »ent-« plus dem Verb »fangen« darstellt. Ich danke Elmar Kniprath für diesen Hinweis.

6.4

6.4.1

6.4.2

6.4.3

Page 73: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

57Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Partizip

Partizipien oder Verbaladjektive stehen, eventuell mit Erweiterungen, attributiv zu

Substantiven, »der angebundene Hund«. Im Deutschen, nicht im Tibetischen, können

Partizipattribute immer als Relativsatz aufgelöst werden, was besonders bei komple-

xeren Partizipattributen die Verständlichkeit erleichtert: »der am Pfosten neben der

Tür angebundene Hund« Y »der Hund, der am Pfosten neben der Tür angebunden

ist«.

Partizipien der Gegenwart werden im Deutschen gebildet, indem man -end an den

Verbstamm hängt: »tuend«. Im Tibetischen wird R- an den Präsensstamm des Verbs

gehängt: q‰N-R- »tuend«.

Partizipien der Vergangenheit werden im Deutschen häufig mit ge- am Anfang und -t

oder -n am Ende gebildet: »getan«. Im Tibetischen wird R- an den Perfektstamm des

Verbs gehängt: qc-R- »getan«.

m…-TKCc-R- der angebundene Hund

Beispiele

NC‰- tugendhaft/heilsam [sein] NC‰-T- Infinitiv tugendhaft/heilsam sein

Substantiv die Tugend/das Heilsame

Partizip tugendhaft/heilsam seiend

Adjektiv tugendhaft/heilsam

Bei einigen aus Zustandsverben abgeleiteten Substantiven und Adjektiven wird ein

P- Postskript eingeschoben.

à- alt [werden] à-T- altern, Alter àP-RÈ- alt

àP-R- alter Mann àP-UÈ- alte Frau

Bei der Bildung neuer Wörter durch Wortzusammensetzungen fallen die Nominalsuf-

fixe wieder weg, sodass ein neues zweisilbiges Wort entsteht.

NC‰-àP- Lehrer (tugendhaft + alt)

Wortbildung

6.4.4

Page 74: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

58Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Die Bildungsprinzipien sind zwar recht regelmäßig, aber bei einigen Verben gibt es

auch hier Konventionen in der Verwendung, die es nötig machen, die abgeleiteten

Formen wie Vokabeln zu lernen.

§ÈP-R- Präsensform T§P-R- Perfektform

Infinitiv lehren gelehrt haben

Verbalnomen Lehrer Lehre

Partizip lehrend gelehrt

Zusammensetzung zweier Wörter zu einem Wort mit neuer Bedeutung

Zweisilbigkeit

In der tibetischen Sprache gibt es eine starke Tendenz zu zweisilbigen Substantiven

und Adjektiven. Werden neue Wörter mit Hilfe von Zusammensetzungen aus zweisil-

bigen Wörtern gebildet, fallen bei diesen gewöhnlich die zweiten Silben aus. Oft sind

es Nominalsuffixe, die wegfallen. Das neue Wort ist wieder zweisilbig.

ˇ_-U- + ˛…c- Y ˇ_-˛…c- Stern + rechnen Y Astrologie

EÈ- + W-RÈ- Y EÈ-W- Gesicht + heiß Y Scham, Peinlichkeit

Wortzusammensetzungen unter dem Aspekt »Wortarten« betrachtet

Substantiv + Substantiv Y Substantiv NE“`-G”- Silber + Wasser

Y

Quecksilber

Substantiv + Adjektiv Y Substantiv U…-UE- Mensch + viel Y Volk

Adjektiv + Substantiv Y Substantiv OU_-UGÈO- rot + Opfer Y Blutopfer

Substantiv + Verb Y Verb ˇN-¨„_- Sprache + verändern

Y

übersetzen

Verb + Verb Y Substantiv ]NÈN-GCc- begehren + anhaften

Y

Begierde (und Anhaftung)

Lektion Sechs

6.5

6.5.1

6.5.2

Page 75: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

59Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Wortzusammensetzungen unter dem Aspekt »Bedeutungen« betrachtet

Wörter mit ähnliche Bedeutung

a. Wörter mit ähnlicher Bedeutung werden zusammengesetzt, um der Tendenz zur

Zweisilbigkeit entgegenzukommen (zwei einsilbige zu einem zweisilbigen Wort).

`“Cc-~È`- Art und Weise + Sitte, Gewohnheit Y Tradition

b. Wörter mit ähnlicher Bedeutung werden zusammengesetzt, um die Bedeutung zu

erweitern oder zu betonen.

Diese Begriffe sind eine besondere Herausforderung an den Übersetzenden, denn

meistens lassen sie sich mit einem einzigen Wort nicht in ihrer vollen Bedeutung wie-

dergeben und beide Bedeutungen zu übersetzen macht den Ausdruck oft zu lang.

]NÈN-GCc- begehren + anhaften Y wird meist nur als »Begierde« übersetzt

c. Wörter mit ähnlicher Bedeutung werden zusammengesetzt, um bei Wörtern mit

verschiedenen Bedeutungsmöglichkeiten die hier gemeinte Bedeutung zu klären.

•‡C-R- 1. leiden; 2. hübsch

T¢`-T- erschöpft sein •‡C-T¢`- Leiden

UXÂc-RÈ- schön, hübsch, lieblich UXÂc-•‡C- Schönheit

Wörter mit verschiedener Bedeutung Y zweisilbig und mit eigenständiger neuer Bedeu-tung, die Bezug zu den Ausgangswörtern hat

a…E-å- Holz + Pferd Y Karren S-U- Vater + Mutter Y Eltern

einsilbige Wörter mit gegenteiliger Bedeutung Y zweisilbiger, abstrakter Überbegriff

^C-•‡C- gut + schlecht Y Qualität G‰-G”E- groß + klein Y Größe

UE-JfiE- viel + wenig Y Menge

Wortbildung

6.5.3

Page 76: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

60Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Verkürzte Zusammensetzungen

Bei einigen häufiger vorkommenden Begriffspaaren gibt es verkürzte Zusammenset-zungen, das heißt aus zwei unabhängigen zweisilbigen Wörtern wird ein zweisilbiges Begriffspaar. In jedem der Ausgangswörter ist eine Silbe weggefallen.

NC‰-àP- + ÜÈT-U- Y

NC‰-ÜÈT- Lehrer und Schüler

`È-VÓ-T- + R°≥-L- Y `-ÈRj-

tibetischer Übersetzer und indischer PaÐÝita (Gelehrter)

ü-ä‰- + É-U- Y ü-É- Orakel/Arzt und Lama

Erweiterung von Adjektiven durch Einbindung von Substantiven

Adjektive können erweitert werden, indem ein Substantiv vorangestellt wird. Diese Erweiterungen sind sehr häufig. Es gibt viele gängige Ausdrücke dieser Art, aber auch spontan können neue erweiterte Adjektive gebildet werden.

• ˇN-uCc-G‰P-RÈ- Ruhm-groß Y großer Ruhm; berühmt

UBc-R-ˇN-uCc-G‰P-RÈ- berühmter Gelehrter

• ^ÈP-K‰P-G‰P-RÈ- Qualitäten-groß Y große Qualitäten; von großen Qualitäten, gut

U…-^ÈP-K‰P-G‰P-RÈ- Mensch von großen Qualitäten; guter Mensch

• Ö‡E-W-RÈ- Luft-heiß Y 1. stürmisch, 2. aufbrausend, jähzornig1

NC‰-àP-Ö‡E-W-RÈ- jähzorniger Lehrer

Einbindung von Substantiven in verbale Ausdrücke (Funktionsverbgefüge)

Auch Verben können erweitert werden, indem ein Substantiv vorangestellt wird.

ˇN-¨„_-T- Sprache + verändern Y übersetzen

CNP-]x‰P-R- Sitz + ziehen Y einladen

MC-CFÈN-R- Faden + abschneiden Y entscheiden

Für weitere Beispiele siehe PSch 88, »Funktionsverben«. Siehe auch Seite 105.

Lektion Sechs

1. Wortbildungen mit tsha po sind in der Umgangssprache ein beliebtes Mittel, um Adjektive zu bilden, die heftige, meist negativ be-wertete menschliche Eigenschaften darstellen: rang 'dzin tsha po »eigensinnig«; hur brtshon tsha po »eifrig, strebsam«; 'dod pa tsha po »gierig«. Ich danke Mathias Fermer für diesen Hinweis.

6.5.4

6.5.5

Page 77: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

61Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Wortbildung durch Suffixe

Abstraktsuffix I…N-I…N- bedeutet »gerade, eben, bloß, nur; auch; derselbe (skt. eva); -heit, -tum (skt. -tÀ und -tva)«.

Eine wichtige Funktion von I…N- ist, abstrakte Begriffe zu bilden. Beispiele dafür finden sich vor allem bei Begriffen aus der buddhistischen Philosophie.

§ÈE-R-I…N- Leerheit; skt. sunyatÀ

N‰-TZ…P-I…N- Soheit; skt. tathatÀ

EÈ-TÈ-I…N- wahres Wesen (»Wesenheit«); skt. svabhÀva

GÈc-I…N- wahre Natur der Phänomene (»Phänomenheit«); skt. dharmatÀ

• Zusammen mit TNC- und _E- hat I…N- auch die Funktion eines Reflexivpronomens. (Siehe Seite 89)

• I…N- hat auch betonende Funktion ähnlich lE-, siehe Seite 226.

»Person«-Suffix UBP-UBP- bezeichnet eine Person, die mit etwas davor Genanntem in Zusammenhang steht.

a…E-UBP- Holzarbeiter, Zimmermann

`U-UBP- Wegkundiger

Nach Verbstämmen bezeichnet es die Personen, die die Handlung verrichten.1

^E-~…N-]WÍ`-UBP- diejenigen, die die Reinkarnation suchen

1. In der Umgangssprache wird mkhan auch zur Angabe der Zeitstufe eingesetzt (siehe FlTi Vol. IV, S. 840 und NT 250).

Wortbildung

6.6

6.6.1

6.6.2

Page 78: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

62Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Diminutivsuffix Dÿ- T“- -]“-Mit Hilfe von angehängtem -]“- (nach Wörtern ohne Postskript) oder T“- oder Dÿ- (nach Wörtern mit Postskript) werden Verkleinerungs- oder Diminutivformen (»-lein«, »-chen«) gebildet. Bei angehängtem -]“- verändern sich a- und o-Vokale zu »i« oder »e«. Die beiden Vokale in dem Wort werden voneinander getrennt ausgesprochen, nicht als Diphthong.

Die Diminutivsuffixe sind deutlich verwandt mit dem Wort T“- »Sohn, Kind«.

q- Vogel q…]“- Vögelchen

UWÍ- See UWÂ]“- Teich

å- Pferd å‰]“- Fohlen

U…- Mensch U…]“- Zwerg

Ø„C-U- Bambus Ø„-Dÿ- Stift (»Bambusstöckchen«)

rŸ-Dÿ- Sprössling1

Spiel mit dem Klang

Drei- und Viersilbige

Durch Verdoppelung einer oder zweier Silben entstehen Ausdrücke, die dem Klangbild der tibetischen Sprache einen besonderen Charme verleihen. Sie sind beliebt in der Umgangssprache und als poetisches Sprachspiel.

CE-qŸE-UE-qŸE-alles mögliche (»Was auch immer ist aufgetaucht. Vieles ist aufgetaucht.«)

]“_-]“_-G…`-G…`- Lärm, Tumult

Für eine Zusammenstellung der Viersilber siehe LTh Vol. II, S. 173-178 und Qu.

1. Für weitere Beispiele siehe KG 136.

Lektion Sechs

6.7

6.6.3

6.7.1

Page 79: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

63Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Einfügen einer Silbe mit E- oder I-Vokal: Viersilbige

Viele der viersilbigen Ausdrücke haben ein Ausgangswort (oft in vereinfachter Ortho-graphie) und sind weiter nach folgendem Schema gebildet:

Grundwort mit a-Vokal + Silbe mit e / i-Vokal + Grundwort + Silbe mit e / i-Vokal

G”E-T- klein sein GE-E‰-G”E-E‰- Kleinigkeit, Nichtigkeit

ˇÈ_-T- drehen, kreisen, umkreisen

@-_‰-@È-_‰- + q‰N-R- trödeln, bummeln @-_‰-@È-_‰- + TaN-R- drumherumreden

Diese Art von Viersilbern haben oft eine vereinfachte Schreibweise, das heißt, sie werden ohne die Präfixe oder Superskripte des Ausgangswortes geschrieben. Daher wird vermutet, dass sie erst entstanden sind, als Präfixe und Superskripte nicht mehr mitgesprochen worden sind.

Einfügen einer Silbe mit e-Vokal: Adjektivbildung und Intensivierung

Einige Adjektive sind mit Hilfe einer Silbe mit e-Vokal gebildet.1

]“_-]“_-G…`-G…`- Lärm, Tumult ]“_-G…`-`‰- laut, lärmend

Teilweise wird damit die Bedeutung verstärkt.2

Cc`-RÈ- hell, klar; deutlich

c-`‰- / Cc`-`‰- / Cc`-`‰-T- leuchtend, strahlend

Intensivbildungen durch Verdoppelung (Reduplikation)

Durch Reduplikation kann die Bedeutung verstärkt werden.

P-W- Krankheit P-P-W-W- häufig-Kranksein (Qu 126)

¢È- blau (sein) M…E- tiefblau (sein) ¢È-M…E-M…E- durch und durch blau (Qu 83)

1. Siehe StB 131 »The Formative -E „Adjective“«.2. Siehe MH 173 »Intensivpartikel«.

Wortbildung

6.7.2

6.7.3

6.7.4

Page 80: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

64Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Onomatopoetika

Onomatopoetika sind lautnachahmende Worte.1

VÀ-VÀ- Maus

c…-`…-`…- Ausdruck für den Klang von Zimbeln, für Sternengefunkel u.a.

e…C-@- + îC- hicksen

îC-macht aus dem Substantiv ein Verb, ähnlich wie -en im Deutschen.

Ausrufe: Affekt-Silbe _‰-Zwischen zwei eng verbundene Wörter geschoben, drückt _‰- emotionale Beteiligung aus.2

£…E-ä‰- Mitgefühl £…E-_‰-ä‰- Der Arme! (Ich habe Mitleid mit ihm!)

•‡C-T¢`-U…-\N-ɇP-RÈ-£…E-_‰-ä‰- Unerschöpfliches Leid. Oh, arme Toren!3

Ausrufe: »Wie...!« T-`- / `-An Wörter, meist Stämme von Zustandsverben, angehängtes T-`- drückt einen Ausruf aus, der sich am besten mit »Wie...!« wiedergeben lässt.

dU-R-G‰-T-`- Wie dreist!, Wie arrogant!

£…E-ä‰-T-`- Wie schön!; Wie niedlich!

U…-^C-C-`- Was für ein guter Mensch!

Nach der Biographie von Milarepa ist einer seiner Vorfahren ausgezogen, einen Dä-mon zu bekämpfen. Als der Dämon den Mann kommen sah, rief er voller Schrecken: U…-`-U…-`- »So ein [furchteinflößender] Mann!« (Mil 16). Dieser Vorfahr wurde später »Mila« genannt und seine Nachfahren übernahmen den Namen.4

1. Für eine Zusammenstellung von Interjektionen und Onomatopoetika siehe KG 143 ff. oder StB 147-152 »Interjections«, »Onomatopoeia« und »Poetic word play«.2. Siehe Jä 552, Eintrag re und StB 385 »Exclamations in -re-«.3. Aus Tilopas MahÀmudropade²a (rdo rje tshig rkang). Dieser kurze aber wichtige MahÀmudrÀ-Text ist mit einem Kommentar vonThrangu Rinpoche versehen ins Englische übersetzt worden. Khenchen Thrangu Rinpoche. The Life of Tilopa and the Ganges Maha-mudra. Zhiysil Chokyi Ghatsal Trust Publications, 2002.4. Siehe Lobsang Lhalungpa. The Life of Milarepa. Arkana. 1992, S. 13 und Fußnote 6 auf S. 208.

Lektion Sechs

6.7.5

6.7.6

6.7.7

Page 81: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

65Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Innere AbleitungInnere Ableitungen sind im Wort selbst enthaltene bedeutungsgebende Morpheme. Entstanden sind sie ursprünglich aus bedeutungsgebenden Vorsilben, Anlauten usw., die mit dem Wort verschmolzen sind. Hier werden wir nicht weiter darauf eingehen und nur zwei Beispiele geben, die auch helfen, Vokabeln leichter zu lernen.1

Viele Wörter, die menschliche Körperteile bezeichnen, haben ein U-Präfix.

UCÈ- Kopf dagegen °È- Tür

Viele Tiernamen haben ein c-Superskript.

®`- Frosch dagegen T`- Wolle

Fremdwörter und LehnwörterFremdwörter sind Wörter, die aus anderen Sprachen stammen und durch ihre Schreib-weise, Aussprache oder Betonung immer noch als Fremdwort erkannt werden.

R°≥-L- skt. paÐÝita; Gelehrter

Ein Lehnwort ist ein Fremdwort, das nicht mehr als solches empfunden wird.

H- »Tee« von chin. <cha>

Lehnwörter und Fremdwörter sind im Tibetischen eher selten. Die Wörter sind meis-tens übersetzt worden. Bei dem Wort ]XU-T“-Ç…E- sind die ersten beiden Silben direkt aus dem Sanskrit übernommen: jambu [ʤambu] »Rosenapfel«. Die letzte Silbe ist eine Übersetzung von skt. dvÅpa »Insel, Kontinent«, auf tibetisch Ç…E-. Nach der alten indi-schen Vorstellung der Kosmologie gibt es vier Kontinente um den Berg Meru. Jambu-dvÅpa oder »Rosenapfelkontinent« ist der Name des südlichen Kontinents. ]XU-T“-Ç…E- wird allgemein in der Bedeutung »Welt« gebraucht. Es wird nicht nach den Regeln der Umschrift aus dem Sanskrit ausgesprochen, sondern tibetisch, also [ʣàmbuliŋ].

Heutzutage werden in Tibet viele chinesische Ausdrücke in die tibetische Sprache auf-genommen und bei den in der tibetischen Diaspora lebenden Tibetern werden viele Ausdrücke aus dem Englischen und aus dem Hindi aufgenommen.2

1. Siehe auch StB 111-119.2. Mehr dazu bei StB 138-146, NT 450-454 und Berthold Laufer »Loan Words in Tibetan« in T'oung Pao 17/1916.

Wortbildung

6.8

6.9

Page 82: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

66Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übersetzungen aus dem SanskritIn der Zeit der frühen Übersetzungen musste für viele buddhistische Begriffe aus dem Sanskrit das entsprechende Wort im Tibetischen gefunden oder ein neues gebildet werden. Dabei sind zwei Arten von Übersetzungen entstanden:

• direkte Übersetzung

• interpretierende Übersetzung

Anfang des 9. Jahrhunderts sind zwei wichtige Werke entstanden, in denen die Begrif-fe standardisiert worden sind. Das eine ist die MahÀvyutpatti, ein Wörterbuch1. Das andere heißt ±-ÆÈ_-TU-RÈ-CI…c-R- und ist ein Kommentar zur MahÀvyutpatti mit Erklä-rungen zur Übersetzungstheorie.2

Beispiele für direkte Übersetzungen

N‰-TZ…P-Ca‰Cc-R- so + gegangen; skt. tathÀgata »der Sogegangene«

TN‰-T_-Ca‰Cc-R- zur Glückseligkeit + gegangen; skt. sugata »der Gutgegangene« oder »der Zum-Guten-Gegangene«

`c- Handlung; skt. karma »Handlung«

Beispiele für interpretierende Übersetzungen

Im ±-ÆÈ_-TU-RÈ-CI…c-R- sind Definitionen zu finden, die die Grundlage bilden, um Begrif-fe interpretierend zu übersetzen.

N@ÈP-UGÈC- selten und kostbar + höchste, für skt. ratna »Juwel«3

]BÈ_-T- Kreis, kreisen, für skt. sa¾sÀra »Lauf (der Welt)«

NC‰-]OÿP- Tugend + Streben, für skt. saýgha »Versammlung«

1. Es sei folgende Ausgabe empfohlen: Kyoo Nishio. A Tibetan Index to the MahÀvyutpatti (with its Sanskrit Equivalents).Isseido Publishing, Kyoto, ca. 1936. Diese Ausgabe besteht aus zwei Bänden, a. dem Index auf Sanskrit und auf Tibetisch, b. den Einträ-gen.Die MahÀvyutpatti steht auch online zur Verfügung.2. Siehe Mie Ishikawa. A Critical Edition of the sGra sbyor bam po gnyis pa. The Toyo Bunko, 1990. Siehe auch StB 143-145 »Loan creati-ons«.3. dKon mchog gsum wird häufig übersetzt als »die drei Juwelen« (=Buddha, Dharma, Saýgha). Der Missionar Jäschke, der sich mit der tibetischen Sprache befasst hat, um die Übersetzung der Bibel ins Tibetische möglich zu machen, schlägt dkon mchog gsum als tibetisches Wort für »Gott« im christlichen Sinne vor. Siehe dazu seine ausführliche Diskussion unter dem entsprechenden Eintrag(Jä 9-10). Ich danke Mathias Fermer für diesen Hinweis.

Lektion Sechs

6.10

Page 83: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

67Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

TFÈU-úP-]Nc- besiegt + besitzend + jenseits gegangen, für skt. bhagavant »der Gesegnete«

é`-]qÈ_- ursprüngliche Ruhe + verbunden sein, für skt. yoga »Bindung«

qE-G”T- rein gewordem + verinnerlicht, für skt. bodhi »Erwachen«

qE-G”T-l…-c‰Uc- Geist der bodhi, für skt. bodhicitta »Geist des Erwachens«

qE-G”T-c‰Uc-NR]- rein geworden + verinnerlicht + Geist/Wesen + Held,

für skt. bodhisattva »Erwachenswesen«

É-U- höher + Nominalsuffix, für skt. guru »der Gewichtige«

r-EP-`c-]Nc-R- Leiderfahrung + von + jenseits gegangen,

für skt. nirvÀÐa »Erlöschen«

cEc-îc- erwacht + entfaltet, für skt. buddha »der Erwachte«

Höfliche Sprache

Höflichkeitsebenen in Schrift- und Umgangssprache

In der tibetischen Sprache gibt es verschiedene Höflichkeitsebenen. In der Schriftspra-

che bildet die höfliche Sprache keine Schwierigkeit, da man sie nur passiv erkennen

muss. In Texten kann man manchmal anhand der Höflichkeitsebene erkennen, ob

gerade von der höher- oder von der niedrigergestellten Person die Rede ist. In der Um-

gangssprache finden wir ein viel komplexeres Feld zu den Höflichkeitsebenen, denn

Umgangssprache bedeutet Sprache im Dialog. Das heißt, der Redende muss den an-

gemessenen Ton gegenüber dem Angeredeten finden bzw. gegenüber demjenigen,

über den geredet wird. Gleichzeitig spielen hier die unterschiedlichen Gebräuche in

den unterschiedlichen Regionen Tibets eine Rolle. Darauf werden wir hier nicht einge-

hen. Die Prinzipien sind in Schrift- und Umgangssprache gleich. Zur Höflichkeit in der

Umgangssprache siehe NT 446-449.

Wortbildung

6.10

6.11.1

Page 84: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

68Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Bildung höflicher Ausdrücke

Es gibt einige Wörter, die zur gewöhnlichen Form eine eigene höfliche Entsprechung

haben.

höflich gewöhnlich höflich gewöhnlich

ˇ‡- `“c- Körper ZTc- áE-R- Fuß

öCc- ô‰- Zunge NT“- UCÈ- Kopf

≠P- U…C- Auge pC- `C-R- Hand

NCÈEc- ÉÈ- Verstand, c‰Uc- Geist S‰Tc-R- ]uÈ-T- gehen

Z`- B Mund, CNÈE- Gesicht TZ‰c-R- `‰P-R- nehmen

GT- G”- Wasser UWP- U…E- Name

C\…Cc-R- õ-T- sehen, betrachten, IÈ-T- kaufen

Diese höflichen Wörter bilden zusammengesetzt mit gewöhnlichen Wörtern neue

höf liche Ausdrücke. Meistens haben die Höflichkeitswörter und die neugebildeten

höflichen Ausdrücke einen gewissen Bedeutungszusammenhang.

höflich gewöhnlich

pC-N‰T- N‰T- Buch

NT“-æ- æ-UÈ- Hut

Z`-`C- B-`C- Mahlzeit

Es können auch mehrere Bestandteile eines Wortes aus der höflichen Sprache kommen.

höflich gewöhnlich

≠P-GT- U…C-G”- Tränen

Lektion Sechs

6.11.2

Page 85: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

69Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Mit CcÈ`- »bitten« und TZ‰c- »nehmen« werden viele höfliche Ausdrücke zum Thema »Essen und Trinken« gebildet.

H- Y höfl. CcÈ`-H- Tee UÈC-UÈC- Y höfl. TZ‰c-UÈC- Momo (gefüllte Teigtasche)

Bei den Verben »geben« und »sagen« unterscheidet man eine gewöhnliche, eine bescheidene und eine höfliche Ebene. Von bescheidener Ebene sprechen wir, wenn ein Niedrigergestellter einem Höhergestellten zum Beispiel etwas gibt. Noch feinere Unterscheidungen sind möglich durch die Kombination der Ausdrücke (siehe NT 447).

gewöhnlich höflich bescheiden

≥ÈN-R- / §‰_-T- CPE-T- ]T“`-T- geben

`T-R- / \‰_-T- / µ-T- Cc“E-T- [÷-T- sagen, fragen, bitten

CcÈ`-T- bitten, sagen

Bescheidenheit in der SchriftspracheIn der Schriftsprache gibt es einige Ausdrücke, die auf elegante Weise Respekt gegen-über dem Angesprochenen ausdrücken oder gegenüber dem, was gesagt wird. Wäh-rend die höfliche Sprache niemals zusammen mit der 1. Person benutzt werden darf, können sich die elegant-bescheidenen Ausdrücke durchaus auf die 1. Person beziehen. Die elegant-bescheidenen Ausdrücke findet man nicht in der Umgangssprache.1

gewöhnlich elegant-bescheiden

E- TNC- ich

^…P-R- `Cc-R- [etwas] sein

^ÈN-R- UG…c-R- [vorhanden] sein, existieren

Als Marpa und Milarepa sich zum erstenmal begegnen, erklärt Milarepa demütig:

TNC-U…-•…C-RÈ-G‰-Z…C-`Cc,Ich bin ein Mensch, der viele Sünden begangen hat. (Mil, gekürzt)

Wortbildung

6.12

Page 86: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

70Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

gewöhnlich höflich elegant-bescheiden

]OÿC-R- / •ÈN-R- T[÷Cc-R- CN]-T- sitzen, weilen, sich befinden

q‰N-R- CPE-T- / UXN-R- Tn…N-R- machen, tun1

]uÈ-T- / ]ÈE-T- S‰Tc-R- UG…-T- gehen/kommen

In der buddhistischen Zufluchtsformel heißt es:

cEc-îc-`-´Tc-c“-UG…]È,[Ich] gehe zu Buddha als Schutz/ in den Schutz. Y Ich nehme Zuflucht zu Buddha.

Übungen zu Lektion 6

Nominalsuffixe

Was könnten die Wörter mit den Nominalsuffixen bedeuten?

1. å- å-R-

2. Z…E- Z…E-R- Z…E-C-

3. î`- î`-RÈ- î`-UÈ- î`-T-

4. é`-]qÈ_- é`-]qÈ_-R- é`-]qÈ_-U-

5. §C- §C-UÈ-

6. MÈC- MÈC-U-

7. NC‰-]OÿP- NC‰-]OÿP-R-

8. ©P- ©P-R-

Lektion Sechs

1. Stephan Beyer schreibt: »As early as in the ninth-century translation guide sGra-sbyor bam-po gnyis-pa we read that zhe-sa ›honorific words‹ must always be used in translating from Sanskrit any reference to the Buddha. That this rule was thenceforth followed can be seen by comparing the old Khotanese manuscript translation of the SaddharmapuÐÝarÅka with the revised canonical version: the revi-sers of the text took care to replace such verbs as the older skye ›be born‹ with its honorific equivalent ltam, the older bgyi ›do‹ with the honorific mdzad .« (StB 153)

Page 87: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

71Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Wortbildung

Was könnten die folgenden Wortzusammensetzungen bedeuten?

CcE-≠ÈN- geheim-Verhalten

U…-àÈN- Mensch-wild

UMÈ-NUP- hoch-tief

c‰Uc-´È-RÈ- Geist-arm

M—Cc-´È-TÈ- höfl. Geist-arm

çÈ-_…E- Stein-lang

CPU-u⁄- Himmel-Boot

£…E-_“c- Herz-Knochen

ÜÈT-ÆÈE- lernen/lehren-üben

]H…C-å‰P- vergehen-Stütze

UGÈN-å‰P- Opfer-Stütze

Ts-a…c-TN‰-`‰Cc- Glück-Glück-Wohlsein-gut

c‰Uc-FP- Geist-besitzend

]⁄C-ˇN- Drache-Stimme

Wortbildung

Page 88: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

72Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Lektion Sechs

Page 89: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

73Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

7. ZahlenKardinalzahlen | Kollektivbilder ka, po und phrag | Das Adjektiv tham pa |

Der Gebrauch von phyed oder phyed ka | Bruchteile | Kalender und Datumsangaben

Kardinalzahlen

Allgemeine Bemerkung

Kardinalzahlen sind Grundzahlen, also zum Beispiel »eins«, »zwei« usw. Ordinal- oder

Ordnungszahlen dagegen sind zum Beispiel »erste«, »zweite« usw. Zur Bildung von

Ordinalzahlen siehe Seite 52 oben.

Null

0 ÅN-@È_- null

Einer: Die Zahlen eins bis neun

1 CF…C- eins 4 TZ…- vier 7 TOÿP- sieben

2 CI…c- zwei 5 ò- fünf 8 TîN- acht

3 Cc“U drei 6 x⁄C- sechs 9 NDÿ- neun

Die Zahlen elf bis neunzehn

Bildungsweise: TF“- zehn + Einer

TF“-CF…C- elf TF“-TZ…- vierzehn TF“-TOÿP- siebzehn

TF“-CI…c- zwölf TFÈ-ò- fünfzehn TFÈ-TîN- achtzehn

TF“-Cc“U- dreizehn TF“-x⁄C- sechzehn TF“-NDÿ- neunzehn

Man beachte die Vokalassimilation in der Schreibung bei fünfzehn und achtzehn.

7.1

7.1.1

7.1.2

7.1.3

7.1.4

Page 90: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

74Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Die Zehner

Bildungsweise: Zehneranzahl + TF“- oder Varianten F“- und b÷-

I…-b÷- zwanzig ò-TF“- fünfzig TîN-F“- achtzig

c“U-F“- dreißig x⁄C-F“- sechzig NDÿ-TF“- neunzig

TZ…-TF“- vierzig TOÿP-F“- siebzig

Man beachte die Schreibweisen I…- und c“U-! Nach Zahlen mit Postskript wird TF“- zu F“-. Nach I…- wird TF“- zu b÷-.

Die Zahlen einundzwanzig bis neunundneunzig

Jeder Zehner hat eine eigene Kurzform, die eingefügt werden muss zwischen Zehner

und Einer:

Zehner + Kurzform + Einer Zehner + Kurzform + Einer

I…-b÷- ˛- + CF…C- etc. x⁄C-F“- _‰- + CF…C- etc.

c“U-F“- cÈ- TOÿP-F“- NÈP-

TZ…-TF“- Z‰- TîN-F“- n-

ò-TF“- E- NDÿ-TF“- CÈ-

Beispiel: c“U-F“-cÈ-ò- fünfunddreißig

In der Schriftsprache kann ˛- als Kurzform bei allen Zehnern benutzt werden. Manch-

mal werden nur die letzen beiden Silben benutzt, das heißt die Kurzform und der

Einer. Für I…-b÷-˛- ist die Kurzform I‰_-. Verkürzte Zahlen sind üblich bei der Nummerie-

rung der Folios am Seitenrand, der Paginierung.

I‰_-CF…C- einundzwanzig cÈ-Cc“U- dreiunddreißig

Lektion Sieben

7.1.5

7.1.6

Page 91: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

75Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Die Zahlen ab hundert

Die auf zehn folgenden Zehnerpotenzen lauten:

Tî- hundert §ÈE- tausend t…- zehntausend

]T“U- hunderttausend c-^- eine Million

Es gibt Namen für noch sehr viel höhere Zahlen. Man findet sie in den Wörterbü-chern.1

Vielfache der obigen Zahlen werden traditionellerweise folgendermaßen gebildet:

Einer + Zehnerpotenz

TZ…-§ÈE- viertausend

Man beachte: Für vorangestellte CF…C-, CI…c- und Cc“U- gelten die Schreibweisen G…C-, I…-oder I…c- und c“U-.

G…C-§ÈE- eintausend I…c-]T“U zweihunderttausend

Bildungsweise Hoher Zahlen

100.000er 10.000er 1.000er 100er 10er 1er

1-9 ]T“U- 1-9 t…- 1-9 §ÈE- Tî-NE- Einer

2-9 Tî- TF“-/TFÈ- Einer

2-9 b÷-/F“-/TF“- + Kurzform Einer

G…C-]T“U-NDÿ-t…-TOÿP-§ÈE-Tî-NE-ò-hundertsiebenundneunzigtausendeinhundertundfünf

1. Für eine Zusammenstellung siehe StB 224 oder in der MahÀvyutpatti Kapitel CCXLIX (siehe S. 66).

Zahlen

7.1.7

7.1.8

Page 92: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

76Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

- Bei Zahlen von 101 bis 199 sagt man Tî-NE- und nicht G…C-Tî-.

- Wenn eine Zehnerpotenz nicht genannt wird, weil sie null mal vorkommt, kann die entsprechende Zehnerpotenz + U‰N- eingefügt werden:

G…C-§ÈE-Tî-U‰N-TF“-x⁄C- tausendundsechzehn

Ergänzungen

• Als Suffix kann NDÿ- »neun« auch »viele« bedeuten. Siehe auch PSch 251, 252.

MTc-NDÿ- viele Mittel1

• Cc“E-]T“U- bedeutet »Gesamtwerk«

• nach Aufzählungen steht eine Zahl für die Gesamtmenge.

U-T—-Cc“U- die Mutter und die beiden Söhne

• Durch Verdoppelung der Zahl wird der Ausdruck distributiv (»jeweils«).

U…-_‰-`-`“C-ò-ò-^ÈN- Jeder Mann hat fünf Schafe.

• Zu Vervielfältigungszahlen (»zweifach«) und Wiederholungszahlen (»zweimal«) siehe PSch 62,63.

Zusammenfassung der Schreibabweichungen bei Zahlen

TFÈ-ò- fünfzehn TFÈ-TîN- achtzehn

Bei den Zehnern wird TF“- nach I…- zu b÷- und nach allen anderen Zahlen mit Postskript zu F“-.

Für vorangestellte CF…C-, CI…c- und Cc“U- gelten die Schreibweisen G…C-, I…-oderI…c- und c“U-.

Kollektivbilder @- / B- / C- , RÈ- und zC-zC- bildet Kollektivbegriffe von Zahlen selbst.

§ÈE-zC-CF…C- ein Tausender

1. Das volle Beispiel lautet: thabs dgus bsags pa »durch viele Mittel, mit vieler Mühe gesammelt« (Jä 85).

Lektion Sieben

7.2

7.1.9

7.1.10

Page 93: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

77Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

ç-^E-§ÈE-zC-c“U-Tî- dreihundert Tausender Dayang (chinesische Silbermünzen)

oder dreihunderttausend Dayang

TOÿP- sieben TOÿP-zC- »Siebener« Y Woche

@- / B- / C- und RÈ- bilden nach Zahlen Kollektivbegriffe von einer Gruppe von Dingen. @- / B- / C- kommen selten nach größeren Zahlen als drei vor.

S“E-RÈ-ò-RÈ- die (Gruppe der) fünf Skandhas

z‰E-T-CI…c-@- die beiden Gebetsketten

Zu weiteren Beispielen und zu WÍ- und \“E- als Kollektivbilder siehe PSch 58, 59.

Das Adjektiv MU-R-MU-R- kann nach Zehnern und Zehnerpotenzen stehen und drückt aus, dass die Zahl genau der Zehner ist, nicht mehr und nicht weniger.

Tî-MU-R- volle/genau hundert

Der Gebrauch von p‰N- »halb« oder p‰N-@- »hälfte«p‰N-@- bedeutet »Hälfte« und p‰N- bedeutet »halb«. In Zahlen können sie uns auf zwei Arten begegnen:

• CF…C-NE-p‰N-@- »eins und einhalb«, anderthalb

• p‰N-NE-CI…c- »Mit einem Halben dazu sind es zwei.«, anderthalb1

In Wortzusammensetzungen wird das zweisilbige p‰N-@- zum einsilbigen p‰N- abge-kürzt.

I…P-p‰N- ein halber Tag (für I…-U]Ã-p‰N-@-)

1. Der deutsche Ausdruck »anderthalb« bedeutet wörtlich »das Zweite halb«. Ich danke Elmar Kniprath für diesen Hinweis.

Zahlen

7.3

7.4

Page 94: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

78Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

BruchteileBruchteile werden mit Hilfe von G- »Teil« gebildet.1

TZ…-G- ein Viertel TZ…-G-Cc“U- drei Viertel

Tî-G- ein Hundertstel, ein Prozent Tî-G-ò- fünf Prozent

Kalender und Datumsangaben

Der tibetische Kalender und Jahresangaben

Der tibetische Kalender kombiniert fünf Elemente mit zwölf Tierzeichen zu einem 60-Jahreszyklus.

Element

U‰- Feuer, c- Erde, ôCc- Eisen, G”- Wasser, a…E- Holz

Tierzeichen

^Èc- Hase, ]⁄C- Drache, ¥„`- Schlange, å- Pferd, `“C- Schaf, ≥‰`- Affe, q- Vogel, m…- Hund,

SC- Schwein, q…- Ratte, ÇE- Ochse, §C- Tiger

Jedem neuen Jahr wird ein neues Tier zugeordnet und jedem zweiten neuen Jahr ein Element. Weiterhin werden die Jahre abwechselnd in männlich SÈ- und weiblich UÈ- ein-geteilt. Diese Einteilung gibt keine weitere Information zur Jahreszahl.

G—-SÈ-q…- männliches Wasser-Ratten (-Jahr)

G”-UÈ-ÇE- weibliches Wasser-Ochsen (-Jahr)

Der erste Zyklus von 60 Jahren beginnt 1027, dem Jahr, das traditionellerweise mit der Einführung und ersten Übersetzung des KÀlacakra-Tantras in Verbindung gebracht wird.

Die Angabe zum 60-Jahreszyklus wird vorangestellt und mit dem Attributsuffix -]Ã- an die weitere Angabe angeschlossen2.

_T-qŸE-NE-RÈ]Ã- des ersten 60-Jahreszyklus‘

_T-qŸE-NE-RÈ]Ã-U‰-UÈ-^Èc- das weibliche Feuer-Hasen (-Jahr) des ersten 60-Jahreszyklus‘ (=1027)

1. PSch 57: In modernen Texten wird statt cha auch zur verwendet.2. Das Attributsuffix und seine weiteren Formen werden auf Seite 93 ff. besprochen.

Lektion Sieben

7.5

7.6

7.6.1

Page 95: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

79Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Jahresangaben stehen gewöhnlich am Anfang des Satzes und können mit `È_- »im Jahre« in den Satz eingebunden werden. (`È- heißt »Jahr«. -_- ist ein Terminativsuffix; hier »im«)

_T-qŸE-NE-RÈ]Ã-U‰-UÈ-^Èc-`È_-im weiblichen Feuer-Hasen-Jahr des ersten 60-Jahreszyklus

Das tibetische Neujahr liegt jedes Jahr an unterschiedlichen Tagen im Februar oder März. Aus diesem Grunde lassen sich tibetische Jahresangaben nur mit einer gewissen Ungenauigkeit in Jahresangaben nach westlicher Kalenderrechnung umrechnen.

Datumsangaben

Wichtige Begriffe zur tibetischen Kalenderrechnung sind:

_T-qŸE- für »60-Jahreszyklus«, `È- »Jahr«, Ñ-T- »Monat«, WÂc- »(Datums-)Tag« (immer mit Kardinalzahl: WÂc-CFÃC- etc.)

Wichtige Begriffe zur westlichen Kalenderrechnung sind:

Oÿc-_Tc- »Jahrhundert«, p…-Ñ- oder ≠À-Ñ- für »Monat« (nach westlicher Kalenderrech-nung), p…-`È- oder ≠À-`È- für »Jahr« (nach westlicher Kalenderrechnung)

Datumsangaben nach westlicher Kalenderrechnung konstruiert man folgendermaßen:

1. Jahr + Zahl, 2. Monat + Ordinalzahl + -]Ã-, 3. Tag + Zahl

p…-`È-CF…C-§ÈE-NDÿ-Tî-TOÿP-F“-NÈP-ò-p…-Ñ-TF“-CI…c-R]Ã-WÂc-TF“-TZ…-»Tag 14 des 12. Monats, Jahr 1975 (nach westlicher Kalenderrechnung)«; 14. 12. 1975

Beispiel für eine Angabe nach westlicher und nach tibetischer Kalenderrechnung. Be-achten Sie, dass die Zahlen unter das Wort geschrieben werden, auf das sie sich bezie-hen.

p…-`È-1935 TÈN-a…E-SC-Ñ- 5

WÂc- 5-- I…P-E-´‰c,

Am 5. Tag des 5. Monats des tibetischen Holz-Schwein-Jahres, nach westlicher Kalen-derrechnung 1935, wurde ich (= der 14. Dalai Lama) geboren. (DL 5)

Das obige Beispiel wird so gelesen:

p…-`È-G…C-§ÈE-NDÿ-Tî-c“U-F“-cÈ-ò-TÈN-a…E-SC-Ñ-T]Ã-ò-R]Ã-WÂc-ò-I…P-E-´‰c,

Zahlen

7.6.2

Page 96: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

80Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übungen zu Lektion 7

Übung zu Jahresangaben

Achtung! -]Ã- und C…- sind Attributsuffixe und können hier als Genitiv übersetzt werden. Zu den weiteren Formen und zur Aussprache siehe Seite 93 und 94.

Übersetzen Sie!

Übersetzen Sie die folgenden Sätze und finden Sie die Jahresangaben entsprechend der westlichen Zeitrechnung! Benutzen Sie als Hilfe zum Beispiel den Anhang im Tshig

mdzod chen mo. Auch im Internet findet man Möglichkeiten zum umrechnen, z. B.:

www.phlonx.com/resources/tibetan-calender

Beispiel:

_T-qŸE-NE-RÈ]Ã-ôCc-¥„`-`È_-ä‰-TV“P-U…-`-_c-R-ˇ‡-]t‹Ec,

Im Eisen-Schlangen-Jahr des ersten 60-Jahreszyklus (1040) wurde der ehrwürdige Mi-larepa geboren. (ˇ‡-]t‹Ec- = sehr höflich für ´‰c-)

1. _T-qŸE-NE-RÈ]Ã-G”-å-`È_-HÈ-TÈ-ä‰-NR`-úP-e-K…-a-UE]-_…c-`-S‰Tc,jo bo rje Ehrentitel von Ati²a

mnga ris la »nach Ngari« (in Westtibet)

2. _T-qŸE-NE-RÈ]Ã-U‰-¥„`-`È_-ä‰-TV“P-U…-`-_c-R-U_-R]Ã-x⁄E-Oÿ-qÈP,

mar pa‘i drung du byon »gelangte zu Marpa«

3. _T-qŸE-NE-RÈ]Ã-c-`“C-`È_-ªCc-RÈ-ü-ä‰-]t‹Ec,

4. _T-qŸE-CI…c-R]Ã-G”-^Èc-`È_-ä‰-TV“P-U…-`-_c-R-]Nc,

Übersetzen Sie!

Wie die Jahreszahlen angegeben werden, insbesondere wenn westliche und tibeti-sche Kalenderrechnung kombiniert werden, ist nicht genau festgelegt. Das folgende Beispiel stammt aus Political History of Tibet von W. D. Shakabpa, Vol I, Seite 248 (Zhwa sgabs pa dbang phyugs bde ldan. Bod kyi srid don rgyal rabs. Bod gzhung shes dpar. Kalimpong 1976).

Lektion Sieben

Page 97: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

81Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übersetzen Sie die folgende Angabe des Jahres, in dem der bengalische Gelehrte Ati²a seine Heimatuniversität Vikrama²Åla in Indien verließ, um nach Tibet zu gehen.

_T-qŸE-NE-RÈ]Ã-c-SÈ-§C-C…-`È, ≠À-`È- 1038 `È_,

Formulieren sie nach dem folgenden Beispiel den Neujahrsgruß für das kommende Jahr!

_T-qŸE-TF“-TOÿP-R]Ã-U‰-m…]Ã-`È-Cc_-`-Ts-a…c-TN‰-`‰Cc-[÷,[Ich] wünsche Glück und Wohlsein im neuen Jahr, dem Feuer-Hunde[-Jahr] des sieb-zehnten 60-Jahreszyklus!

Übung zu den Zahlen

Übersetzen Sie!

1. Oÿc-_Tc-TF“-TZ…-R-

2. `È-TZ…-NE-p‰N-@-

3. @ê-R-ˇ‡-z‰E-TZ…-R-

4. LÛ-`]Ã-É-U-ˇ‡-z‰E-TF“-TZ…-R-

5. LÛ-`]Ã-É-U]Ã-ˇ‡-z‰E-NE-RÈ-p…-`È-1391-`È_-]t‹Ec,

6. `‰]“-NE-RÈ-

7. `‰]“-TF“-CF…C-R-

8. `‰]“-TF“…c-R- siehe Seite 40

9. ˇ‡-]T“U-NCÈP-R-

10. U…-ò-TF“-VU-NE-, å-x‰`-c“U-Tî-ò-TF“-

11. GÈc-~…N-CI…c-

Zahlen

Page 98: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

82Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

12. Tî-MU-R]Ã-p‰N-@-ò-TF“-_‰N, (Goldstein ET 194)

13. Der Dalai Lama beschreibt seine Brüder (Tubden Jigme Norbu und Losang Samten):

CF‰P-RÈ-àP-R-M—T-T§P-]H…Cc-U‰N-PÈ_-T“-_‰N,

CF‰P-RÈ-Cc“U-R-ÉÈ-T\E-TcU-CKP-_‰N,

Schlagen Sie im Glossar nach!

NE-RÈ- CF…C-

CF…C-R- CF…C-R“-

CF…C-RÈ-

Lektion Sieben

Page 99: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

83Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

8. NominalphrasePluralsuffixe | »Paar«- Suffix cha | Demonstrativpronomen 'di und de |Indefinitsuffix | Personalpronomen | Possessivpronomen | »selbst, eigen« rang und nyid | Die Nominalphrase: Das Substantiv und seine Erweiterungen |Vorangestellte Attribute | Länder und ihre Bewohner

Pluralsuffixe

Allgemeine Bemerkung

Pluralsuffixe sind an ein Wort bzw. an eine Wortgruppe angehängte Partikeln, die »mehr als ein« markieren.

Besonderheiten

• Anders als im Deutschen muss der Plural nicht unbedingt gekennzeichnet werden. Die Pluralsuffixe werden im allgemeinen nur benutzt, wenn eine bestimmte Gruppe von Menschen oder Dingen gemeint ist (also insbesondere nach Demonstrativprono-men und nach Personalpronomen) und um Übersetzungen genau wiederzugeben. Bei Übersetzungen aus dem Sanskrit kann NC- für den Dual stehen.

• Ist ein Wort nicht markiert, kann es sowohl Singular als auch Plural sein.

• Das Pluralsuffix kann als Zeichen des Respekts bei der Anrede einer einzelnen Person benutzt werden.

m‰N-FC- ihr/Ihr

Stellung

Das Pluralsuffix steht ganz am Ende einer Nominalphrase. Nur grammatische Parti-keln bzw. Suffixe können noch dahinter stehen.

Pluralsuffix WÍ-Für den aktiven Gebrauch merke man sich WÍ- als Pluralsuffix, denn WÍ- wird in der Um-gangssprache gewöhnlich benutzt. Es ist aber auch in der Schriftsprache zu finden. Die Grundbedeutung geht zurück auf WÍCc-: »Ansammlung, Menge, Schar, Schwarm«.

E-WÍ- wir

m‰N-_E-WÍ- ihr

]N…-WÍ- diese

8.1.1

8.1

8.1.2

Page 100: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

84Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Pluralsuffixe éUc- und NC-éUc- und NC- sind die häufigsten Pluralsuffixe in der Schriftsprache. éUc- geht zu-

rück auf éU-R- »Teil, Art, Erscheinungsweise« und impliziert beim Plural »mehrere (ver-

schiedene)«. NC- hat eher Kollektivfunktion.

_…-éUc- Berge _…-NC- Gebirge (MH 43)

éUc- und NC- kommen auch zusammen vor: éUc-NC-

Sonderfunktionen von NC- • Wiedergabe des Sanskrit-Duals

• E-NC- »Leute wie ich« (siehe Jä 251 und MH 45)

• Unbestimmtheit hinsichtlich der Menge, Dauer etc.

^“P-_…E-RÈ-NC- eine ganze Zeit lang

c-§‰E-]N…-NC- die (ganze) Erdoberfläche; die (ganze) Erde (Lesestück Lektion Elf)

Pluralsuffix FC-FC- kann als Pluralsuffix von Pronomen vorkommen.

m‰N-FC- ihr

Pluralsuffix ]È-FÈC-]È-FÈC- ist ein altes Pluralsuffix, das häufig in den alten zentralasiatischen Manuskrip-

ten zu finden ist und nicht mehr in jüngerem Material.1 Es wird mit dem Buchstaben

des Postskripts angeschlossen.

r…]È-FÈC- Leute (r…- ist eine alte Form für U…-)

Nach Verbstämmen bedeutet ]È-FÈC- »alle die...«.

^ÈN-NÈ-FÈC- alle die vorhanden sind

Kollektivsuffix zC-Siehe Seite 76.

Lektion Acht

1. Siehe StB 230.

8.1.3

8.1.4

8.1.5

8.1.6

Page 101: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

85Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

HInweise zum Lernen

Für den umgangssprachlichen aktiven Gebrauch reicht das Pluralsuffix WÍ-. Für ge-wöhnlich wird es nur nach Personalpronomen, Demonstrativpronomen oder bei Be-tonung des Plurals benutzt. Die anderen Pluralsuffixe sollte man als solche erkennen können. Meistens drücken sie einfach Mehrzahl aus und bereiten keine Schwierigkei-ten beim Übersetzen.

»Paar«-Suffix G-G- hat viele Bedeutungen. Wir haben schon die Bedeutung »Bruchteil« kennen gelernt (Seite 78). Weiterhin bedeutet es »ein Paar«, auch im Sinne von »zwei ähnliche«.

]H]-G‰P-G-CF…C- ein Paar 'ja' chen-Filzstiefel (]H]-G‰P- »großer Regenbogen«)

z‰E-T-PC-RÈ-G-CF…C- ein Paar/zwei gleich aussehende schwarze Gebetsketten

Demonstrativpronomen ]N…- und N‰-Die Demonstrativpronomen ]N…- und N‰- haben hinweisende Funktion. Sie können auf ein Wort folgen oder alleine für eine bestimmte, meist vorher genannte, Person oder Sache stehen.

]N…- und N‰- in Gegenüberstellung

Wenn ]N…- und N‰- im gleichen Kontext vorkommen, bezeichnet ]N…- das räumlich Nahe oder das zeitlich Nahe, also das Gegenwärtige. N‰- bezeichnet das räumlich Fernere oder das zeitlich Fernere, also Vergangenes oder in der Zukunft Liegendes.

]N…- oder N‰- alleinstehend

Wenn ]N…- oder N‰- unabhängig voneinander vorkommen, bezeichnet ]N…- etwas Be-stimmtes, Vorliegendes, Gegenwärtiges und ist als »dieser, diese, dieses« oder »der, die, das« zu übersetzen. N‰- ist meist als bestimmter Artikel »der, die, das« zu überset-zen.

Plural

Der Plural von ]N…- oder N‰- wird mit NC-, éUc- oder WÍ- gebildet.

1. Für eine Abbildung von 'ja' chen-Filzstiefel siehe den Bildteil des Tshig mdzod chen mo.

Nominalphrase

8.2

8.3

8.1.7

Page 102: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

86Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Stellung

]N…- oder N‰- stehen am Ende der Nominalphrase vor dem Pluralsuffix. Bei Zeitangaben

können sie vorangestellt sein (siehe PSch 47). Am Ende von nominalisierten Sätzen, die

wiederum in ein größeres Satzgefüge eingebunden werden sollen, steht häufig N‰-.

Betonungssuffix @-, B- oder C- Nach ]N…- und N‰- haben die Suffixe @-, B- oder C- betonende Funktion.

N‰-@- (auch B- oder C-) eben derselbe N‰-@-õ_- gerade so

In dem folgenden Ausdruck aus der Umgangssprache ist der Vokal verschliffen:

N-C-_E- genau das

Als Milarepa einen Hirtenjungen erst nach dem großen Übersetzer Marpa fragt und dann auf eine Häuseransammlung zeigt und fragt: »Wer wohnt dort drüben?«, antwortet der Hirtenjunge:

U_-R-\‰_-T-N‰-C-^ÈN, »[Dort] lebt eben jener ›Marpa‹.« (Mil)

Indefinitsuffix

Formen

Das Indefinitsuffix hat je nach Postskript des vorangehenden Wortes die Formen F…C-, Z…C- oder a…C-.

nach Postskript C N T Y F…C-

ohne Postskript und nach Postskript E P U ] _ ` Y Z…C-

nach Postskript c Y a…C-

nach ehemaligem N-xC- Y F…C-

Bedeutung

Das Indefinitsuffix ist ähnlich dem unbestimmten Artikel im Deutschen aber mit et-

was stärkerem Unbestimmtheitsgrad: »ein/e, irgendein/e«

uÈE-Cc‰T-G”E-G”E-Z…C- ein kleines Dorf

NCÈP-R-CI…c-R-Z…C- ein zweites Kloster

Lektion Acht

8.4

Page 103: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

87Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Wenn vom Kontext her klar ist, dass es sich um mehrere handelt, kann man das In-definitsuffix mit »einige« übersetzen.

E]Ã-S-U‰c-a…C- einige meiner Vorfahren (DL) (E]Ã-= »mein«, siehe Seite 96)

Stellung

Das Indefinitsuffix steht am Ende der Nominalphrase.

Besonderheiten

• Häufig ist die Funktion des Indefinitsuffixes, eine längere Nominalphrase abzuschlie-

ßen, und man kann es nicht direkt übersetzen. Es kann auch nach Mengenangaben

oder Pluralsuffixen vorkommen und drückt dann eine gewisse Zusammengehörigkeit

aus.

T“N-U‰N-NC-F…C- einige Frauen (Jä 144)

UE-RÈ-Z…C- viele (Jä 144)

pŸCc-í…-UE-RÈ-Z…C-]OÿC- Es gab [dort] eine größere Gruppe Hirten. (Mil 55)

G”-U…C-TZ…-Z…C-^ÈN- [Da] gibt es vier Quellen. (Jä 144)

• Zum Indefinitsuffix nach CE-, F…-, H…-, PU- und c“- siehe Lektion 15.

Personalpronomen

Die wichtigsten Personalpronomen

Die für die Schrift- und Umgangssprache wichtigsten Personalpronomen sind:

Singular Plural

1. Person E- ich E-WÍ- wir

2. Person m‰N-_E- du/Sie m‰N-_E-WÍ- ihr/Sie

3. Person BÈE- er/sie BÈE-WÍ- sie

Nominalphrase

8.5

8.5.1

Page 104: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

88Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Es gibt noch sehr viel mehr Ausdrücke für Personalpronomen, die aber leicht in den Wörterbüchern zu finden sind und hier nicht im Einzelnen besprochen werden müs-sen. Eine Zusammenstellung findet man bei MH 101-102 oder PSch 45 und bei NT 92-93 (zum umgangssprachlichen Gebrauch) und NT 407-408.

Höflichkeitsebenen

Interessant ist der Umgang mit den Höflichkeitsebenen. In Bezug auf sich selbst pfle-gen tibetische Erzähler oder Sprecher gewöhnlich eine bescheidene Selbstherabset-zung.1 Der 14. Dalai Lama zum Beispiel betont immer wieder, er sei nur ein einfacher Mönch. Einige überspitzten diese Etikette und setzten sich damit humorvoll von ihr ab. Der zweite Dalai Lama (1475-1542) zum Beispiel signierte seine Schriften mit »Der verrückte Bettler Gendün Gyatso«.2

Dementsprechend benutzen Erzähler oder Sprecher keine höflichen Ausdrücke in Be-zug auf sich selbst. Bei den Personalpronomen für die 1. Person finden wir eine be-scheidene Selbstdistanzierung, wenn für »ich« Wörter wie TNC- benutzt werden. TNC- bedeutet »das Selbst«,skt. »Àtman«; »mich/dich/sich selbst«. Für ein Beispiel siehe Seite 69.

Auch EÈc- wird als Personalpronomen der 1. Person benutzt, bedeutet aber gleichzeitig »Seite, Seitenfläche«.

EÈc-l…-^“`-NE-EÈc-l…-U…-UE- Mein Land und mein Volk (DL Titel)

(EÈc-l…- ähnlich E]Ã- »mein«, siehe Seite 96)

E‰N- steht elegant-bescheiden für »ich, wir«. Es ist gegenüber der dabei einbezogenen Person höflich.3

1. Siehe auch »Autobiography in Tibetan Religious Literature: Reflections on its Modes of Self-Presentation« von Janet Gyatso in Tibetan Studies – Proceedings of the 5th Seminar of the International Association for Tibetan Studies NARITA 1989. Edt. Ihara und Yamaguchi. Naritasan Shinshoji, 1992. Vol I.2. Siehe Der ›verrückte‹ Weise auf Tibets Königsthron – Mystische Verse und Visionen des Zweiten Dalai Lama von Glenn H. Mullin.O. W. Barth, 1994.3. Stephan Beyer gibt Beispiele aus der Milarepa-Biographie, in denen nged »ich« im Kontext von »mein« oder »wir« vorkommt und gegenüber der dabei einbezogenen Person höflich ist. So lautet die Bitte eines einfachen Bauernpaares an Milarepa: Nged kyi bu dod mdzod »Habe die Güte unser Pflegesohn zu werden!« StB 208. Auch Jä 130. Interessant ist auch das Beispiel, in dem sowohl nged gnyis als auch nga in einem einzigen Satz vorkommen. Ersteres bezieht sich auf den Erzähler Milarepa zusammen mit Marpas Frau, letzteres auf Milarepa allein: Nged gnyis kyis gros byas nas ngas phye sgye chung du ma cig gi khar dpe cha dang chas phran tshegs yod pa sbrags »Nachdem wir uns beraten hatten, lud ich [meine] Bücher und Habseligkeiten auf einige kleine Tsampasäcke.« Siehe StB 208-209.John Bray beschreibt, wie der Missionar Francke bei seinem Bemühen, die Bibel in die tibetische Sprache zu übersetzen, mit den Feinhei-ten der Wortbedeutung ringt: »In the course of his academic research Francke reportes the discovery of a hitherto unrecognised Tibetan grammatical rule concerning the pronoun nged, meaning ›we‹ which he believed could only be used in an ›inclusive‹ sense. He had first noticed this while working on the Kesar Saga in 1906 and after checking other sources came to the conclusion that: ›the pronoun nged ›we‹ is used when some person included in the ›we‹ is respected; as for instance ›the King and I, we (nged) will go to town ... ‹ Now if this pronoun is used for ›we‹ in the Lord's Prayer it suggests the idea in this ›we‹ the father in heaven (the respected person) is always included. And this is particularly offensive in the fifth petition, ›forgive us our sins‹. Francke therefore proposed that the Bible Society should replace nged with bdag in subsequent editions of the New Testament.« In: »A History of the Moravian Church's tibetan Bible translations« in Wissenschaftsgeschichte und gegenwärtige Forschungen in Nordwest-Indien, Staatliches Museum für Völkerkunde Dresden, 1990, Seiten 66-79.

Lektion Acht

8.5.2

Page 105: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

89Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Kennzeichnung des Genus

Ungewöhnlich für deutsche Muttersprachler ist, dass im Tibetischen »er« und »sie«

kaum unterschieden wird. Tatsächlich fällt es vielen Tibetern schwer, »he« und »she«

im Englischen richtig zu benutzen. Es gibt aber Personalpronomen für die 3. Person, die

anzeigen, ob über eine weibliche oder über eine männliche Person geredet wird. Diese

Personalpronomen sind nicht höflich (Siehe NT 92).

maskulin BÈ-, BÈ-_E-

feminin UÈ-, UÈ-_E-

Für Respektspersonen benutze man BÈE-.

BÈ-TÈ- (»ich«, männlich) und BÈ-UÈ- (»ich«, weiblich) sind genusunterscheidende Personal-

pronomen für die 1. Person (siehe Jä 44 und StB 212-213).

Vorkommen der Personalpronomen

In der 3. Person werden häufig statt der Personalpronomen die Demonstrativprono-

men N‰- oder ]N…- benutzt.

Plural

Der Plural wird in der Umgangssprache mit WÍ- gebildet. In der Schriftsprache auch mit

NC-, éUc- und -selten- FC-.

»selbst, eigen« _E- / I…N-• _E- »selbst, eigen«

_E-qŸE- selbstentstanden _E-TZ…P- Eigennatur u. ä.; skt. svabhÀva

_E-cEc- von selbst rein geworden (sein)

• _E- in Verbindung mit Personalpronomen

_E- hat in einigen Personalpronomen wie zum Beispiel m‰N-_E- die Bedeutung »selbst«

verloren.

E-_E- ich selbst m‰N-_E-_E- du selbst

Nominalphrase

8.6

8.5.3

8.5.4

8.5.5

Page 106: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

90Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

E-WÍ- wir (der Angesprochene eingeschlossen)

E-_E-WÍ- wir (der Angesprochene nicht eingeschlossen)

• _E- als Personalpronomen

_E- oder I…N-_E- höfl. für 2. Person _E-FC- wir

• _E- betonend »eben/genau (das)«

N-C-_E genau das N‰-_E-^…P- Grade das ist‘s! Allerdings!

_E- hat in der Umgangssprache noch weitere Bedeutungen in Redewendungen. Diese

sind in Goldsteins Wörterbuch aufgeführt.

I…N- ist ähnlich wie _E- in Verbindung mit Personalpronomen, als Reflexivpronomen

und als betonendes Suffix. I…N- hat auch noch die Funktion eines Abstraktsuffixes

(Siehe Seite 61).

CF‰P-RÈ-I…N- [als mein] älterer Bruder selbst [hierher kam] (DL)

I…N- höfl. du m‰N-I…N- du (selbst)

Aufzählungen mit NE-

Allgemeine Bemerkung

NE- »(zusammen) mit« kann bei der Aufzählung von Nomen oder Pronomen als ver-

bindende Konjunktion dienen und wird dann als »und« übersetzt. Es ist immer dem

Bezugswort nachgestellt. Die Übersetzung solcher Aufzählungen bereitet im Allge-

meinen keine Probleme, aber die Stellung von NE- ist für uns teilweise ungewöhnlich

und deshalb sollen hier einige Beispiele gegeben werden. Außerdem kann NE- distri-

butive Bedeutung (wie »Tag für Tag«) haben.

Aufzählung

Mit NE- aneinandergereihte Elemente haben gewöhnlich die gleiche syntaktische

Rolle, das heißt, eine Partikel dahinter bezieht sich auf die ganze Auflistung. NE- kann

nach jedem Element der Aufzählung (oft mit zusammenfassendem Begriff dabei)

oder nur einmal (meist vor dem letzten Element der Aufzählung) vorkommen. Meist

Lektion Acht

8.7

8.7.1

8.7.2

Page 107: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

91Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

folgt auf NE- ein aN- , ohne dass der Satzfluss unterbrochen wird. Die Tibeter machen allerdings eine kurze Sprechpause nach NE-.

MÈC-öE-B‘-NE-, c‰_-RÈ-éUc- die grünen und gelben Dächer [des Kumbum-Klosters] (DL 15)

NE- mit Zahlen

Mit Zahlen bedeutet NE- »plus«.

TF“-NE-Cc“U- dreizehn

TF“-zC-TF“-NE-TF“-CI…c- zehn Zehner plus zwölf Y hundertzwölf

CF…C-NE-p‰N-@- eins plus einhalb Y eineinhalb

Zu p‰N-NE-CI…c- siehe Seite 77.

NE- in distributiver Funktion

»Distributiv« bedeutet, eine sich wiederholende Verteilung angebend, wie in Ausdrü-cken wie »Tag für Tag« oder »Haus für Haus«.

ZC-NE-ZC- Tag für Tag (Jä 252)

Die Nominalphrase: Das Substantiv und seine Erweiterungen

Bestandteile einer Nominalphrase

Der Begriff »Nominalphrase« bezeichnet das Substantiv mit all seinen Erweiterungen. Eine Phrase ist ein Teil eines Satzes, der aus mehreren zusammengehörigen Wörtern besteht. Wenn man diesen Satzteil innerhalb des Satzes verschieben wollte, würde man die gesamte Phrase unverändert verschieben. Zum Beispiel: »Ich gebe dir das rote Buch.« und »Das rote Buch gebe ich dir.« Eine Nominalphrase ist eine Phrase, in der das Kernwort ein Substantiv ist.

Einem Substantiv können Attribute, Mengenangaben, Demonstrativpronomen und Pluralsuffixe beigefügt sein. Attribute sind nähere Informationen zu dem Substantiv. Sie können aus einem einfachen Adjektiv bestehen, aber auch aus komplexeren Aus-sagen.

Nominalphrase

8.8

8.7.3

8.7.4

8.8.1

Page 108: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

92Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Aufbau einer Nominalphrase

Wie im Deutschen muss man auch im Tibetischen bei der Nominalphrase eine be-stimmte Reihenfolge der Wortarten einhalten.

1. Substantiv

2. Adjektiv

3. Mengenangabe

4. Demonstrativpronomen oder Indefinitpronomen

5. Pluralsuffix

MÈC-¢ÈP-RÈ- blaues Dach

aÈC-ü‰-ü‚C-U-UE-RÈ- viele lose Seiten

Die Pluralsuffixe stehen am Ende der Phrase. Allerdings werden sie nur gesetzt, wenn der Plural betont werden soll oder eine bestimmte Gruppe von Dingen oder Personen gemeint ist. Insbesondere stehen sie nach N‰- und ]N…-.

U…-UE-RÈ-]N…-WÍ- diese vielen Leute

Die Attribute können selbst aus Nominalphrasen bestehen.1

BE-R-MÈC-¢ÈP-RÈ-Z…C- ein Haus mit blauem Dach

NR‰-G-aÈC-ü‰-ü‚C-U-UE-RÈ- Petscha mit vielen losen Seiten

Bei Zahlen und Demonstrativpronomen kann die Reihenfolge auch umgekehrt zu der oben angegebenen sein.

•‡C-T¢`-N‰-Cc“U- die drei (Arten von) Leid (Gam)

In satzeinleitenden Adverbialbestimmungen der Zeit kann das Demonstrativprono-men voranstehen (1. Demonstrativpronomen, 2. Substantiv).

N‰-I…P- an dem Tag

Lektion Acht

1. Siehe auch »Erweiterung von Adjektiven durch Einbindung von Substantiven«, S. 60.

8.8.2

Page 109: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

93Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Erst hinter der kompletten Phrase steht die grammatische Markierung (z. B. ein Kasus-suffix), die die Funktion der Phrase innerhalb des ganzen Satzes anzeigt.

BE-R-MÈC-¢ÈP-RÈ-`-õ-T-zu dem Haus mit blauem Dach blicken; das Haus mit blauem Dach anschauen

(`- = Dativ-Lokativsuffix; hier hin zu)

Vorangestellte Attribute/Attributsuffix

Allgemeine Bemerkung

Eine wichtige Rolle spielen im Tibetischen dem Substantiv vorangestellte Attribute. Zwischen Attribut und Substantiv muss das Attributsuffix stehen.

Attribut – Attributsuffix – Substantiv

BÈE-C…-NR‰-G- sein Petscha

Das Attributsuffix knüpft die engste Verbindung zwischen zwei Wörtern bzw. Wort-gruppen. Die tibetische Bezeichnung für das Attributsuffix ist sehr treffend ]‰`-±- »Verbindungspartikel«. Da so ein vorangestelltes Attribut häufig als Genitivattribut wiedergegeben werden kann, wird das Attributsuffix auch »Genitivpartikel« bzw. »Genitivsuffix« genannt.

Ein Substantiv kann gleichzeitig vorangestellte und nachgestellte Attribute haben.

BÈE-C…-NR‰-G-aÈC-ü‰-ü‚C-U-UE-RÈ- sein Petscha mit vielen losen Seiten

Das Attributsuffix kann nicht nur an nominale, sondern auch an verbale Ausdrücke angehängt werden. Die Bedeutung ist dann eine andere. Siehe dazu Seite 98.

Formen

Das Attributsuffix hat je nach Postskript des vorangehenden Wortes die Formen l…-, C…-, n…-, -]Ã- oder ^…-. Bei Postskript -] wird das Attributsuffix als i-Vokal über dem -] rea-lisiert.

nach Postskript N T c Y l…-

nach Postskript C E Y C…-

nach Postskript P U _ ` Y n…-

nach Postskript ] Y i-Vokal über dem -]

Nominalphrase

8.9

8.9.1

Page 110: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

94Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

]H]- »Regenbogen«; ]H]Ã-WÍP- »die Farben des Regenbogens«; ]H]Ã- gilt metrisch

als eine Silbe, wird jedoch nicht als Diphthong gesprochen, sondern als schnelle

Vokalfolge ohne Glottalverschluss dazwischen [ʥà].

ohne Postskript Y -]Ã- oder ^…-

U‰]Ã-W-T- »die Hitze des Feuers«; U‰]Ã- gilt metrisch als eine Silbe, wird aber nicht als

Diphthong ausgesprochen, sondern als schnelle Vokalfolge ohne Glottalverschluss

dazwischen [mɛ]. Nach a-, u- und o-Vokal bewirkt -]Ã Umlautung: T“- »der Junge«,

T“]Ã- »des Jungen« [pʰ].

^…- wird benutzt, wenn für das Versmaß eine Silbe mehr gebraucht wird.

nach ehemaligem N-xC- Y l…-

Beispiele für nominale vorangestellte Attribute

Nominale vorangestellte Attribute bereiten bei der Übersetzung gewöhnlich keine

Schwierigkeiten. Sie lassen sich im Deutschen meist mit dem Genitiv oder als Kom-

positum wiedergeben. Weiter unten sehen wir auch deutsche Adjektive, die im Tibeti-

schen mit einem vorangestellten Attribut konstruiert werden müssen.

• Besitzer

e-B‘-§ÈP-R]Ã-m…U- das Haus von A-khu ston-pa; A-khu ston-pas Haus

• Zugehörigkeit

NCÈP-R-N‰]Ã-`c-q‰N-CI…c- zwei Arbeiter des Klosters

• Teil eines Ganzen

a…E-•ÈE-C…-^`-C- die Zweige des Baumes (KG 8)

• Ort , Herkunft

c‰-_]Ã-É-U- der Lama aus Sera

TÈN-l…-GÈc- der Dharma Tibets; tibetischer Dharma

Beachten Sie, dass es keine andere Möglichkeit gibt, »tibetisch« auszudrücken.

Lektion Acht

8.9.2

Page 111: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

95Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

• Handelnder/Handelnde (Agens)

cEc-îc-l…-UNÈ- die Lehrreden Buddhas

Manchmal lassen sich die vorangestellten Attribute im Deutschen nicht mit einem Genitiv-Attribut wiedergeben. Hier bietet sich als Übersetzung ein Kompositum an, ein Adjektiv, ein Relativsatz oder eine treffende Präposition.

• Material

Cc‰_-nÀ-T“U-R- Vase aus Gold; goldene Vase; Goldvase

@È-T]Ã-üU- Schuhe aus Leder; lederne Schuhe; Lederschuhe

Beachten Sie, dass es keine andere Möglichkeit gibt, »golden« oder »ledern« auszu-drücken.

• Gleichsetzung

Die mit Attributsuffix konstruierte Gleichsetzung ist zu verstehen als:

B, das (wie) A ist.

I‰c-R]Ã-Nu- die Feinde, die [bestehen in den] Fehlern

~…N-R]Ã-î-UWÍ- der Ozean der Existenzen

´‰-à-P-]G…]Ã-è-ÖTc- die Wellen, [die bestehen in] Geburt, Alter, Krankheit, Tod

p…-¶ÈN-l…-]H…C-å‰P, die Welt, der Behälter außen

PE-TF“N-l…-c‰Uc-FP, die Lebewesen, die Essenz innen

• weitere Beispiele

CcÈ-_…C-C…-C[÷E- Texte zur Wissenschaft vom Heilen

qE-G”T-`U-n…-±ÈP-U- Lampe des Erleuchtungsweges

( = Titel eines berühmten Werkes von Ati²a; siehe Lesestück Lektion 10)

Nominalphrase

Page 112: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

96Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Wiedergabe als Possessivpronomen

Indem an die Personalpronomen das Attributsuffix gefügt wird, werden Ausdrücke

gebildet, die man im Deutschen mit Possessivpronomen wiedergibt. In dieser Weise

können alle möglichen Personalpronomen mit Attributsuffix versehen sein.

Singular Plural

1. Person E]Ã- mein E-WÍ]Ã- unser

2. Person m‰N-_E-C…- dein m‰N-_E-WÍ]Ã- euer

3. Person BÈE-C…- sein/ihr BÈE-WÍ]Ã- ihr

Vorangestellte Partizip-Attribute

Ein Partizip wird im Tibetischen aus Verbstamm plus R- / T- gebildet.

Partizip-Attribute sind aus einem Verb abgeleitete Attribute: »der lesende Mensch«,

»das gelesene Buch«. Dabei können sie aufgrund ihrer Verbherkunft alle Ergänzungen

zu dem Verb haben, von dem sie abgeleitet sind: »der die Zeitung lesende Mensch«.

Deshalb sind Partizip-Attribute oft komplex und verwirrend. Längere Partizip-Attri-

bute werden gewöhnlich vorangestellt. Kürzere können auch nachgestellt sein. Das

Attribut wird an das Nominalsuffix des Partizips immer direkt angeschlossen: R]Ã- oder

T]Ã-.

]x‰P-R]Ã- führend ܉Tc-R]Ã- reichend ]x-T]Ã- ähnelnd

Im Deutschen bietet sich oft eine Übersetzung mit einem Relativsatz an.

m…-]x‰P-R]Ã-U-\‰-ein Brahmane, der einen Hund (mit sich) führt (Lesestück Lektion 13)

UCÈ-îT-Pc-á‰N-UWUc-T_-܉Tc-R]Ã-îP-G-Schmuck, der vom Hinterkopf bis zur Taille reicht (DL 8) (... Pc- ... T_- von ... bis ...)

LÛ-`]Ã-É-U-]x-T]Ã-NC‰-]OÿP-R-Z…C-ein Mönch, der dem Dalai Lama ähnelte (DL 47)

Beachten Sie: -]Ã- in LÛ-`]Ã- ist kein Attributsuffix, sondern hier wird das mongolische

Wort Dalai (»Ozean«) in tibetischer Schrift wiedergegeben.

Lektion Acht

8.9.3

8.9.4

Page 113: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

97Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Verschachtelte vorangestellte Attribute

Vorangestellte Attribute sind im Tibetischen sehr häufig und es können mehrere zu-

sammen in einer Phrase auftreten.

MC-U…-_…E-T]Ã-CcE-T]Ã-CPc-ein geheimer Ort, nicht weit entfernt (Lesestück Lektion 13)

Beachten Sie: Wenn für das Versmaß eine weitere Silbe gebraucht wird, kann ^…- für

-]Ã- stehen.

´‰-à-P-]G…]Ã-è-ÖTc-]t‹Cc-R-^…-~…N-R]Ã-î-UWÍ-der Ozean der Existenzen, der besteht in den aufgewühlten Wellen von Geburt, Alter, Krankheit und Tod

Komposita

Das Attributsuffix kann wegfallen, sodass ein Kompositum entsteht.

_…]Ã-UCÈ- Gipfel des Berges

_…-UCÈ- Berggipfel

Dies ist besonders in gängigen Ausdrücken der Fall.

TÈN-H- »Tibet-Tee«, tibetischer Tee

Apposition

Eine Apposition ist ein Attribut wie in »Mañju²rÅ, Bodhisattva der Weisheit«. Im Deut-

schen steht eine Apposition im gleichen Fall wie das Substantiv, auf das es sich be-

zieht: »des Mañju²rÅ, des Bodhisattvas der Weisheit«. Im Tibetischen steht eine Appositi-

on immer im Absolutiv, das heißt, sie hat ein Nullsuffix.

cEc-îc-bl-M—T-R- Buddha ³Àkyamuni

~ÈC-CFÈN-q‰N-UBP-TaP-R-WÍ- die das Leben nehmen, die Schlachter (DL 7)

Nominalphrase

8.9.5

8.9.6

8.9.7

Page 114: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

98Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Kasusmarkierungen stehen am Ende der gesamten Wortgruppe.

cEc-îc-bl-M—T-R]Ã- des Buddha ³Àkyamuni

Zwischen Substantiv und Apposition kann ein aN- stehen.

cEc-îc-l…-î‡, N‰-TZ…P-Ca‰Cc-R]Ã-£…E-RÈ-die Ursache der Buddhaschaft, die Essenz eines TathÀgatas (Gam)

Adverbialbestimmung

Das Attributsuffix spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung von Postpositionen. Für den aktiven Gebrauch merke man sich das Schema

Bezugswort + Attributsuffix + Kernwort der Postposition + `-

BE-R]Ã-PE-`- im Inneren des Hauses, im Haus

Postpositionen werden in Lektion 14 besprochen.

Die Attributsuffixe nach Verbstamm

Eine weitere Funktion hat das Attributsuffix, wenn es einem Verbstamm angehängt ist. Dann stellt es das Verhältnis des Satzes zu dem Verb, dem es nachgestellt ist, zu dem folgenden Satz dar. Es drückt Gegensatz, Widerspruch oder Einschränkung aus und ist häufig mit »aber« zu übersetzen.

WÀC-a‰c-l…-NÈP-U…-CÈ]È,[Ich] kenne das Wort, aber den Sinn verstehe ich nicht. (MH 121)

Länder und ihre Bewohner

î-C_- Indien î-C_-T- Inder

î-PC- China î-U…- Chinese

I…-dÈE- Japan I…-dÈE-C…-U…- Japaner

]⁄C-^“`- Bhutan ]⁄C-R- Bhutanese

cÈC-^“`- Mongolei cÈC-RÈ- Mongole

Lektion Acht

8.10

8.9.8

8.9.9

Page 115: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

99Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übungen zu Lektion 8

Übersetzen Sie!

1. _…-ªCc-éUc-

2. `È-Tî-zC-UE-RÈ-

3. NUC-U…-N‰-NC-

4. ç-^E-§ÈE-zC-Tî-MU-R- ç-^E- chinesische Silbermünze

5. CF‰_-T“-éUc-

6. Ts‰c-R-éUc-

7. ˇÈU-R-éUc-

8. É-U-CZP-Z…C-

9. IÈC-t-Z…C-`Ec,

10. cEc-îc-GÈc-NE-NC‰-]OÿP-

11. ]qŸE-T-TZ…-P…, c-NE-G”-NE-U‰-NE-Ö‡E-NE-TZ…-^…P,

12. Tî-zC-p‰N-NE-Cc“U- (Jä 356)

Nominalphrase

Page 116: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

100Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Der Dalai Lama beschreibt die Tierwelt in der Umgebung seines Heimatdorfes.

^“`-N‰_-q-NE-, q…]“-¶-WÍCc-NE-, _…-ªCc-¬-T, ìE-, ≥‰]“-NE-,

CFP-C\P-C\…C NÈU, Y-UÈ-cÈCc-^ÈN-... (DL 6)

^“`-N‰_- in der Region

Übersetzen Sie!

Die Formen des Attributsuffixes richten sich nach dem Postskript des vorangehenden

Wortes. (Siehe Seiten 93, 94)

1. die goldene Statue ( ‡-) 6. tibetischer Tee (H-)

2. der silberne Vajra (çÈ-ä‰-) 7. indischer Reis (]c-)

3. ein eiserner Behälter (¶ÈN-) 8. bhutanesisches Papier (aÈC-T“-)

4. ein kupfernes Dach (MÈC-) 9. chinesisches Porzellan (N@_-^È`-)

5. lederne Schuhe (üU-)

1. ]BÈ_-T]Ã-TN‰-T-

2. CZP-n…-•‡C-T¢`-

3. _T-qŸE-CI…c-R]Ã-G”-^Èc-`È-

4. ü-c]Ã-RÈ-LÛ-`]Ã-SÈ-E- (DL 13)

5. @È-T]Ã-üU-^“-_…E- (DL 7)

6. ˇ‡-]T“U-NCÈP-R]Ã-MÈC-öE-B‘-NE-, c‰_-RÈ-éUc- (DL 15)

Lektion Acht

Page 117: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

101Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

9. SatzstrukturenTibetisch ist eine Ergativsprache | Die Satzglieder | Kasussuffixe |Fünf wichtige Satzstrukturen

Tibetisch ist eine Ergativsprache

Was ist ein »Ergativ«?

Aus der deutschen Sprache und aus weiteren Sprachen, die man gewöhnlich in der Schule lernt, kennen wir es, dass bei einer Handlung bzw. einem Vorgang die tätige Person bei transitiven Verben ebenso wie bei intransitiven Verben in dem Subjektka-sus erscheint, dem Nominativ.

»Ich gebe dir das Buch.« (transitives Verb)

»Ich gehe in den Garten.« (intransitives Verb)

Dieser Sprachtyp (»Subjektsprache« oder »Nominativsprache«) ist weltweit verbreitet. Auch Sprachen wie zum Beispiel Chinesisch, Japanisch oder Arabisch gehören dazu.

Weniger bekannt sind Ergativsprachen, da sie erst in jüngerer Zeit gründlicher er-forscht worden sind. Ergativsprachen gibt es in Amerika, Ozeanien, Australien und Asien. In Europa ist das Baskische eine Ergativsprache. Auch Tibetisch ist eine Ergativ-sprache.

Ergativsprachen gehen nicht davon aus, dass der/die Handelnde (das Agens) zu einem Verb bei transitiven und bei intransitiven Verben im gleichen Kasus stehen muss. Bei transitiven Verben steht das Agens im Kasus »Ergativ« und ist mit einer Ergativmar-kierung versehen, im Tibetischen mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix.

In Sätzen mit intransitiven Verben steht das Subjekt im Kasus »Absolutiv«. Die Markie-rung des Absolutivs ist das Nullsuffix, das heißt die Abwesenheit eines Suffixes.

Formen des Ergativ-Instrumentalsuffixes

Das Ergativ-Instrumentalsuffix hat je nach Postskript des vorangehenden Wortes die Formen l…c-, C…c-, n…c-, -c-oder ^…c-.

nach Postskript N T c Y l…c-

nach Postskript C E Y C…c-

nach Postskript P U _ ` Y n…c-

nach Postskript ] Y -] fällt weg und -c- wird eingesetzt.

9.1

9.1.1

9.1.2

Page 118: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

102Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

ohne Postskript Y -c oder ^…c-

-c wird als leichte Längung/Betonung des Vokals realisiert: U…-N‰- [mi dɛ] »der Mensch«, U…-N‰c- [mi deː] »der Mensch (Agens)«. Nach a-, u- und o-Vokal bewirkt -c Umlautung: UN]- [ⁿdàː] »Pfeil«, UNc- [ⁿdɛː] »mit dem Pfeil«.

^…c- wird benutzt, wenn für das Versmaß eine Silbe mehr gebraucht wird.

nach ehemaligem N-xC- Y l…c-

Transitive und intransitive Verben verlangen unterschiedliche Begriff-lichkeiten

• intransitiv

]GN-R- P. GN- zerfallen, zuende gehen, verrotten

a…E-

OÿU-T“_- GN-NÈ,

Subjekt

Das Holz ist in Stücke zerfallen.1

aus dem Beispiel a…E-

Satzglied Subjekt

Kasus Absolutiv

Markierung Nullsuffix

• transitiv

CFÈN-R- P. TFN- N. CFN- I. GÈN- zerhacken, fällen

a…E-UBP-n…c- a…E- OÿU-T“_- TFN-NÈ,Agens Patiens transitives Verb

Der Holzfäller hat das Holz in Stücke zerhackt.

aus dem Beispiel a…E-UBP- a…E-

Satzglied Agens Patiens (direktes Objekt)

Kasus Ergativ Absolutiv

Markierung Erg.-Instrumentalsuffix n…c- Nullsuffix

Lektion Neun

9.1.3

1. Zu dum bur siehe Seiten 117, 118. Zur Finalpartikel do siehe Seite 164.

Page 119: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

103Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Die Satzglieder

Allgemeine Bemerkung

Jeder Satz lässt sich durch Einteilung in seine Bausteine, die Satzglieder, leicht und

vollständig erfassen. Es ist daher wichtig, dass man lernt, die Satzglieder zu erkennen.

In der Grammatik der deutschen Sprache gibt es die Satzglieder »Prädikat«, »Subjekt«,

»Objekt« und »Adverbialbestimmung«. In Bezug auf die tibetische Sprache benutze

ich den Begriff »Subjekt« nur bei Sätzen mit intransitivem Verb oder bei der Gleich-

setzung.

Zur Beschreibung der Satzglieder im Tibetischen müssen noch einige Begriffe dazuge-

nommen werden: »Agens«, »Patiens« und »logisches Subjekt«.

Die einzelnen Satzglieder

Prädikat

»Satzaussage«. Das Prädikat besteht aus dem Verb und eventuell dazugehörigen

Elementen wie Hilfsverb oder Modalitätsverb. Versuchen Sie immer als erstes, das

Prädikat im Satz zu finden, denn das Verb im Prädikat bestimmt die Satzstruktur. Wer

das Prädikat versteht, hat also schon den ersten Schritt getan, um die Satzstruktur zu

verstehen.

Im Tibetischen steht das Prädikat immer am Satzende.

Ergänzungen zum Prädikat

Das Prädikat fordert bestimmte Ergänzungen, um einen korrekten und vollständigen,

sinnvollen Satz zu bilden. Das heißt, diese Ergänzungen können (im Deutschen) nor-

malerweise nicht weggelassen werden, sonst fragt man unwillkürlich »Wem?» oder

»Wer?» usw. Ergänzungen sind das Subjekt bzw. das Agens und die Objekte. Manche

Verben verlangen auch Adverbialbestimmungen als Ergänzung, zum Beispiel verlangt

das Verb »gehen« gewöhnlich eine Adverbialbestimmung des Ortes oder der Art und

Weise.

Die tibetische Sprache bezieht den allgemeinen Kontext sehr viel mehr in die Satzbil-

dung ein als das Deutsche. Wenn der Sinnzusammenhang schon die Antworten auf

diese unwillkürlichen Fragen gibt, werden Ergänzungen zum Prädikat häufig wegge-

lassen.

Satzstrukturen

9.2

9.2.1

9.2.2

Page 120: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

104Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Subjekt

Im Deutschen steht das Subjekt immer im Nominativ, sowohl bei transitiven als auch bei intransitiven Verben. In Bezug auf die tibetische Sprache benutze ich den Begriff »Subjekt« nur bei Sätzen mit intransitivem Verb oder bei Gleichsetzungen (»etwas ist etwas«).

Im Deutschen gibt es eine Übereinstimmung (Kongruenz) von Prädikat und Subjekt in Person und Zahl, das heißt, man kann aus dem Prädikat schließen, ob das Subjekt in der ersten, zweiten oder dritten Person steht, und ob es Singular oder Plural ist, und so kann man das Subjekt zum Prädikat leicht bestimmen.

Im Tibetischen ist das nicht so. Nur in der tibetischen Umgangssprache kann man teil-weise auf die Person des Subjekts schließen. In der tibetischen Schriftsprache lässt das Prädikat keine Rückschlüsse auf Person und Zahl des Subjekts zu.

Verwechseln Sie nicht die Begriffe »Subjekt« (= Satzglied-Art) und »Substantiv« (= Wortart)!

Agens

Das Agens ist der/die Handelnde zu einem transitiven Verb, typischerweise eine Person.

U-\‰c-UGÈN-R-]T“`, Der Brahmane bringt ein Opfer dar.

Ein Agens kann auch unbelebt sein. Durch die Formulierung mit einem transitiven Verb kann es dabei einen aktiven, belebten Aspekt erhalten. Vergleichen Sie:

»Schnee liegt auf den Bergen.« (intransitives Verb)

»Schnee bedeckt die Berge.« (transitives Verb)

Diese Erwartungshaltung in Bezug auf die semantische Ebene (aktiv handelnde Per-son) bei einem Element der syntaktischen Ebene (Agens) kann als Stilmittel eingesetzt werden, um Unbelebtes zu beleben.

`‰Cc-TaN-±ÈP-U‰c-U-_…C-U—P-R-c‰`,Die Leuchte der schönen Aussprüche erhellt das Dunkel der Unwissenheit. (PS 46)

Ob etwas Unbelebtes tatsächlich grammatisch als Agens bezeichnet werden sollte oder ob man es hier eher mit einer Adverbialbestimmung des Mittels zu tun hat, ist nicht eindeutig festlegbar und wird unterschiedlich interpretiert.1

1. Siehe dazu zum Beispiel die Anmerkungen von Stoddard und Tournardre in KG 14.

Lektion Neun

Page 121: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

105Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Patiens (direktes Objekt)

Das Patiens ist das direkt an der Handlung beteiligte Objekt, im Deutschen das Ak-kusativobjekt. Im Tibetischen steht es im Absolutiv, das heißt, es mit dem Nullsuffix markiert (= kein Suffix wird angehängt). Es ist unmittelbar und vollständig von der Handlung betroffen.

Vergleichen Sie:

U-\‰c-_-U-TåCc,Der Brahmane untersuchte/begutachtete die Ziege. (Ziege = direktes Objekt)

U-\‰c-_-U-`-C\…Cc,Der Brahmane blickte zur Ziege. (Ziege = indirektes Objekt)

Das direkte Objekt kann von der Handlung sogar so unmittelbar betroffen sein, dass der ganze Ausdruck als ein Verb wiedergegeben werden kann.

`c-@-q‰N-R- »Arbeit machen« Y arbeiten

EÈ-a‰c-R- »das Gesicht kennen« Y (jemanden) erkennen

Im zweiten Fall wäre der/die Erkannte wiederum direktes Objekt zu dem Gesamtaus-druck.

Siehe auch »Einbindung von Substantiven in verbale Ausdrücke«, Seite 60.

Dativobjekt (indirektes Objekt)

Das Dativobjekt ist weniger eng mit der Handlung verbunden als das Patiens. Es ist niemals das direkt betroffene Objekt, sondern eine von der Handlung unabhängige Größe. Typischerweise ist es eine Person, in deren Richtung die Handlung geht (Adres-sat) oder die von der Handlung Nutzen oder Schaden hat (Benefaktiv). Markiert wird es mit dem Dativ-Lokativsuffix `- oder -_-.

U-\‰c-ü-éUc-`-UGÈN-R-]T“`,Der Brahmane bringt den Göttern ein Opfer dar.

Das Dativobjekt kann auch unbelebt sein.

cN-c‰_-n…c-`È-KÈC-`-CPÈN, Frost und Hagel schadet der Ernte. (Tshig 1553)

Satzstrukturen

Page 122: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

106Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Logisches Subjekt

Einige deutsche Verben wie »haben« oder »brauchen« werden im Tibetischen mit Umschreibungen wiedergegeben: »es gibt bei Tashi« für »Tashi hat« usw. Dabei ist das Satzglied, das im Deutschen das Subjekt zum Verb ist (Tashi), im Tibetischen mit dem Dativ-Lokativsuffix `- oder -_- markiert. In so einem Fall benutze ich den Aus-druck »logisches Subjekt«.

Gleichsetzungsergänzung

Die Gleichsetzungsergänzung ist die vom Verb geforderte Ergänzung bei Gleichset-zungen, also das zweite »etwas« bei »etwas ist etwas«. (Siehe Seite 31)

Adverbialbestimmung

»Umstandsbestimmung«. Die Adverbialbestimmung erläutert die näheren Umstän-de, zum Beispiel den Ort, die Zeit, die Art und Weise oder den Grund. Sie beantwortet Fragen wie »wo?«, »wann?«, »wie?«, »warum?« und ähnliches.

Ob der Satz sinnvoll und vollständig bleibt, auch wenn man die Adverbialbestimmung wegfallen lässt, hängt vom Verb und vom Kontext ab.

Adverbialbestimmungen werden im Tibetischen mit Hilfe unterschiedlicher gramma-tischer Partikeln gebildet, insbesondere auch der Kasussuffixe. Adverbialbestimmun-gen werden in Lektion 14 besprochen.

Verwechseln Sie nicht die Begriffe »Adverbialbestimmung« ( = Satzglied-Art) und»Adverb« ( = Wortart)!

Kasussuffixe

Was bedeutet Kasus und was Kasussuffix?

Welches Satzglied wir vor uns haben, erkennen wir im Deutschen anhand des Kasus‘, in dem es steht. So steht das Subjekt immer im Nominativ, das direkte Objekt im Ak-kusativ und das indirekte Objekt im Dativ. Den Kasus wiederum erkennen wir anhand der Deklination (ebenso Person und Anzahl).

»Der Hase überholt den Igel.« (Der Hase ist schneller.)

»Den Hasen überholt der Igel.« (Der Igel ist schneller.)

In jedem dieser Sätze ist der inhaltliche Bezug eines jeden Satzglieds zu den anderen Satzgliedern eindeutig erkennbar anhand des Kasus‘, in dem es steht. In welchem Ka-sus die Objekte zu stehen haben, bestimmt das Verb. Es »regiert den Satz«.

Lektion Neun

9.3

9.3.1

Page 123: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

107Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Im Tibetischen gibt es keine Deklination wie im Deutschen. Die syntaktische Rolle ei-nes Satzglieds wird mit Suffixen markiert, das heißt mit grammatischen Partikeln, die an das unveränderte letzte Wort des Satzglieds angehängt werden. Da die Markierung der Satzglieder die wichtigste Funktion dieser Partikeln ist, werden sie Kasussuffixe genannt, tibetisch éU-Nq‰]Ã-zN- »Partikel der Kategorie; Kasussuffix«. Sie haben aber noch weitere Funktionen: Sie beziehen sich nicht nur auf Subjekt/Agens und Objekte, sondern sie können auch Adverbialbestimmungen in den Satz mit einbinden, Adverbi-en und Postpositionen bilden, ja, sie können sogar Sätze verbinden, also als Konjunkti-on dienen. Im letzten Fall stehen sie nach einem Verbstamm oder Verbalnomen.

• Kasussuffixe zur Markierung der Satzglieder werden in dieser Lektion besprochen.

• Kasussuffixe zur Bildung von Adverbialbestimmungen, Adverbien und

Postpositionen werden in Lektion 14 besprochen.

• Kasussuffixe als Verbindung von Verbalhandlungen werden in Lektion 11 unter dem jeweiligen Kasussuffix besprochen.

Welche Kasussuffixe gibt es?

Wir unterscheiden hier die folgenden Kasussuffixe bzw. im ersten Fall die Satzglied-markierung:

Nullsuffix

Ergativ-Instrumentalsuffix l…c-, C…c-, n…c-, -c- und ^…c-

Ablativsuffix Pc- und `c-

Dativ-Lokativsuffix `- (-_-)

Lokativsuffix P-

Terminativsuffix Lfi-, Oÿ-, _“-, -_- und c“-

NE- als Suffix der Begleitung (Komitativsuffix)

Auch das Attributsuffix l…-, C…-, n…-, -]Ã- und ^…- wird traditionell zu den Kasussuffixen ge-zählt. Es markiert aber nicht die syntaktische Rolle von Satzgliedern, sondern in erster Linie die Beziehung von Wörtern innerhalb einer Nominalphrase. Das Attributsuffix wurde in Lektion 8 besprochen.

Formen der Kasussuffixe

Die Formen des Ergativ-Instrumentalsuffixes, des Attributsuffixes und des Terminativ-suffixes variieren je nach Postskript des vorangehenden Wortes. Zum Ergativ-Instru-

Satzstrukturen

9.3.2

9.3.3

Page 124: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

108Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

mentalsuffix siehe Seite 101. Zum Attributsuffix siehe Seite 93. Eine Partikelübersicht

findet sich im Anhang auf den Seiten 280, 281 .

Formen des Terminativsuffixes

nach Postskript C T Y Lfi-

nach Postskript E N P U _ ` Y Oÿ-

nach Postskript ] und ohne Postskript Y -_- oder _“-

_“- wird benutzt, wenn für das Versmaß eine Silbe mehr gebraucht wird.

nach Postskript c Y c“-

nach ehemaligem N-xC- Y Lfi-

-_ als Dativ-Lokativsuffix und als Variante von NE-

Nach Wörtern ohne Postskript kann -_- anstelle von `- oder von NE- stehen.

Agglutination

Wird in einer Sprache der Kasus markiert, indem an den unveränderten Wortstamm

ein Präfix oder Suffix tritt, das zum Teil des Wortes wird, so spricht man von Aggluti-

nation. Da im Tibetischen Suffixe den Kasus markieren, spricht man von Tibetisch als

agglutinierender Sprache.

Fünf wichtige Satzstrukturen

Allgemeine Bemerkung

Beim Übersetzen geht man in folgenden Schritten vor:

1. Man sucht das Verb.

2. Man überlegt sich, welche Satzstruktur man bei diesem Verb zu erwarten hat.

3. Man sucht die entsprechenden Satzglieder.

Die Kasussuffixe sind die Informationsträger zu dem Aufbau des Satzes. Lernen Sie,

diese Informationen zu erkennen! Da die Funktionen der Kasussuffixe vielfältig sind,

erscheinen sie am Anfang unübersichtlich.

Lektion Neun

9.4

9.3.4

9.4.1

Page 125: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

109Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Die Begriffe »transitiv« und »intransitiv«

Die Begriffe »transitiv« und »intransitiv« sind nicht in der ganzen Bedeutung zu über-nehmen, die sie in der deutschen Grammatik haben. Bei »transitiv« und »intransitiv« geht es bei tibetischen Verben allein darum, dass ein transitives Verb ein Agens und ein direktes Objekt hat, ein intransitives dagegen nur ein Subjekt und kein direktes Objekt. Eine regelmäßige Bildung von Passiv-Verbformen wie im Deutschen gibt es im Tibetischen nicht.

Übersicht der fünf wichtigen Satzstrukturen

Welche Satzstrukturen sind möglich? Die folgende Einteilung gibt eine Übersicht der grundlegenden Satzstrukturen.

1. Gleichsetzung

2. Sätze mit intransitiven Verben: Subjekt – Verb

3. Sätze mit transitiven Verben: Agens – Patiens – Verb

4. Umschreibungen (log. Subjekt mit `-)

»haben«, »brauchen«, »erhalten«, »finden«, »gebären/zur Welt bringen«

5. Sonderkonstruktionen

1. mit `- (-_-) (Dativ-Lokativobjekt)

a. Verben des Fühlens

b. »etwas nennen/bezeichnen«

c. Verben mit Agens und Dativ-Lokativobjekt

2. mit Terminativsuffix

a. Verben der Umwandlung »zu«

b. Wiedergabe als Präpositionalobjekt/Adverbialbestimmung mit »als«

3. mit `c- »von was/wovon/woraus«

4. mit l…c-»an«, »wovon«, »wovor« u. a.

5. mit NE- »mit« u. a.

Ziel dieser Einteilung ist es, Satzstrukturen schnell zu erfassen und Abweichungen von den Grundstrukturen erkennen und interpretieren zu können. Wir lernen hier die ty-pische Satzstruktur der jeweiligen Kategorien kennen. Abweichungen davon können zum Beispiel eine Betonungsverschiebung ausdrücken. Ich benutze das Zeichen ø, um deutlich zu machen, dass ein Satzglied mit dem Nullsuffix markiert ist.

Satzstrukturen

9.4.2

9.4.3

Page 126: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

110Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Satzstruktur Eins: Gleichsetzung

Im Tibetischen wird häufig von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, zwei Satzglieder

im Absolutiv gleichzusetzen, indem sie einfach hintereinandergestellt werden: Satz-

glied 1 [=] Satzglied 2. Die beiden Satzglieder können einzelne Wörter sein, sie können

aber duchaus auch komplex sein. Sie können sogar aus ganzen Sätzen bestehen, die

mit Hilfe des Nominalsuffixes R- / T- nach dem Verbstamm nominalisiert worden sind.

Häufig folgt nach dem R- / T- ein N‰- oder das Betonungssuffix P…- (»was ... angeht«).

Das Subjekt kann auch aus Sätzen bestehen, die mit Verbstamm + P- enden: »Wenn

jemand das und das macht, dann ist das ...« (Zu P- als »wenn« siehe Seite 159).

Satzglied 1 ist immer das Subjekt, Satzglied 2 ist immer die Gleichsetzungsergänzung.

Diese Reihenfolge ist unveränderlich. Eine Gleichsetzung muss nicht unbedingt mit ei-

nem Verb abschließen, es kann auch direkt dahinter eine Finalpartikel oder eine Semi-

finalpartikel stehen. Das wird an entsprechender Stelle besprochen (Seiten 164, 220).

An dieser Stelle wird das Verb ^…P- besprochen. In der Schriftsprache können nur ^…P- und seine elegant-bescheidene Form Cc- als Gleichsetzungsverb vorkommen, selten

auch _‰N-.

Das Gleichsetzungsverb ^…P- stellt grammatisch gesehen einen Sonderfall dar. Es ist

inhaltsleer wie ein Gleichheitszeichen und hat einzig und allein die Funktion, Subjekt

und Gleichsetzungsergänzung miteinander zu verbinden. ^…P- gibt es nur in einer ein-

zigen Stammform. Steht es als Hauptverb im Satz, so sagt es nichts über die Zeit aus.

Gewöhnlich wird es als Präsens verstanden. Andere Zeiten müssen mit Hilfe von Zeit-

angaben oder Kontext deutlich gemacht werden.

Zu ^…P- als Hilfsverb siehe Seite 255.

Die typische Satzstruktur ist:

Subjekt ø + Gleichsetzungsergänzung ø + ^…P-

NC‰-àP-Ö‡E-W-RÈ-^…P, Der Lehrer ist aufbrausend.

Die Gleichsetzungsergänzung kann auch aus komplexeren Phrasen bestehen.

`“E-R-N‰-UXÂc-•‡C-NE-úP-R-Z…C-^…P,Die Region ist voller Schönheit (mit Schönheit versehen). (DL 5)

Lektion Neun

9.4.4

Page 127: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

111Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Häufig ist das Subjekt mit dem Betonungssuffix P…- (»was ... angeht«) verdeutlicht, das

im Deutschen aber selten direkt wiedergegeben wird.

m…-N‰-P…-a…P-Lfi-U-_“Ec-R-^…P, Dieser Hund ist [wirklich] sehr grausig! (Lesestück Lektion 13)

@ê-R-P…-TÈN-PE-É-U]Ã-^E-~…N-EÈc-]XÀP-q‰N-R]Ã-MÈC-U-^…P, (DL 6)

»Der Karmapa war der Beginn des Identifizierens von Wiedergeburten von Lamas in Tibet.« Y Mit dem Karmapa begann in Tibet [die Tradition,] Wiedergeburten von La-mas zu identifizieren.

Das elegant-bescheidenene `Cc- hat wie ^…P- nur eine einzige Stammform.

]N…-]CÈC-R-P…-M_-R-`Cc-Diese (Ursachen des Leidens) zu beenden ist Befreiung. (NL 114)

`Cc- ist auch Höflichkeitssilbe. An Namen gehängt drückt es eine höfliche Anrede aus.

e-U-`Cc- (Werte) Mutter

Bei Antworten macht es die Antwort höflich.

`Cc-^…P- Ja, es ist so. `Cc-U…P- Nein, es ist nicht so.

In der Umgangsprache benutzt man für Gleichsetzungen, die sich nicht auf die erste

Person beziehen, _‰N-.

m‰N-_E-NC‰-àP-_‰N, Du bist Lehrer. BÈE-TÈN-R-_‰N, Er ist Tibeter.

Satzstruktur Zwei: Sätze mit intransitiven Verben

Intransitive Verben sind hauptsächlich Verben der Bewegung, des sich Aufhaltens, des

Vorhandenseins und des Zustandes. Die typische Satzstruktur ist:

Subjekt ø + intransitives Verb

T-pŸCc-TîN-NE-, UXÍ-UÈ-TOÿP-^ÈN,Es gibt acht Kühe und sieben weibliche Dzos. (DL 12)

Subjekt: »acht Kühe und sieben weibliche Dzos«

Zusätzliche Adverbialbestimmungen können in allen Satzstrukturen vorkommen, sind

für intransitive Verben aber besonders typisch.

Satzstrukturen

9.4.5

Page 128: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

112Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

p…-`È-1935 î`-WT-GÈc-]BÈ_-î`-Oÿ-ü-UÈ]Ã-É-UWÍ_-S‰Tc,

Im Jahre 1935 begab sich der Regent zu dem (Orakelsee) Lhamo Lhatso bei Chos-‘khor-rgyal.1

Subjekt: »der Regent«

Adverbialbestimmung der Zeit: »im Jahre 1935«

Adverbialbestimmung der Richtung: »zu dem (Orakelsee) Lhamo Lhatso bei Chos-‘khor-rgyal«

Satzstruktur Drei: Transitive Verben

Die typische Satzstruktur in Sätzen mit transitiven Verben ist:

Agens l…c- etc. + Patiens ø + transitives Verb

mÈ-Cc-RCc-æ-NE-, @È-T]Ã-üU-^“-_…E-nÈP, Die Männer tragen Fellmützen und lederne Schuhe mit hohem Schaft. (DL 7)

Unbelebtes in der Position des Agens erhält einen belebten Aspekt.

I…-Uc-U—P-R-c‰`, Die Sonne erhellt das Dunkel. (KG 14)

In der Autobiographie des Dalai Lama findet man auch Pc- als Agensmarkierung.

Nachdem der 5. Dalai Lama 1682 gestorben war, wollte der damalige Regent, der »Desi«, den Tod vor dem Volk verbergen.2

•‰-~…N-Pc-LÛ-`]Ã-É-U-]x-T]Ã-NC‰-]OÿP-R-Z…C-TV`,

Der Desi suchte einen Mönch, der dem Dalai Lama ähnelte. (DL 47)

Peter Schwieger schreibt: »In höflicher Redeweise kann zur Markierung des Subjekts das Suffix Pc- gewählt werden.« (PSch 76). Er bringt mehrere Beispiele in Verbindun-gen mit Verben des Sagens und des Aufforderns (PSch 76, 284).

Zusätzlich können Dativobjekte vorkommen. Sie werden mit dem Dativ-Lokativsuffix `- markiert, nach Wörtern ohne Postskript auch mit -_-.

1. Das Kloster Chos-‘khor-rgyal wurde vom 2. Dalai Lama (1475-1542) gegründet. Siehe dazu Der »verrückte« Weise auf Tibets Königsthron von Glenn Mullin, Barth Verlag, 2004.2. Zum historischen Hintergrund siehe zum Beispiel: Karl-Heinz Everding: Tibet. Lamaistische Klosterkulturen, nomadische Lebensfor-men und bäuerlicher Alltag auf dem »Dach der Welt«. Dumont 1993, S. 62.

Lektion Neun

9.4.6

Page 129: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

113Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Satzstruktur Vier: Umschreibungen (Log. Subjekt mit `- / -_-)Die Kategorie »Satzstruktur Vier: Umschreibungen« kommt allein dadurch zustande,

dass die Konstruktionen mancher Verbalhandlungen im Tibetischen und im Deut-

schen nicht übereinstimmen. Gemeint sind die Fälle, in denen das Subjekt des deut-

schen Satzes im Tibetischen grammatisch als Dativobjekt wiedergegeben wird, also

»Mir ein Buch existiert.« Y »Ich habe ein Buch.« Würde man mit Tibetern die tibeti-

schen Satzstrukturen besprechen, wäre diese Kategorie überflüssig. Für deutschspra-

chige Studenten des Tibetischen ist sie aber hilfreich.

In diese Kategorie fallen Aussagen, die im Deutschen mit »haben«, »brauchen«, »er-

halten«, »finden« und »gebären/zur Welt bringen« wiedergegeben werden.

Das Satzglied, welches im Deutschen als Subjekt (also im Nominativ) wie-

dergegeben wird, und im Tibetischen mit dem Dativ-Lokativsuffix `- (-_-)markiert ist, wird als »logischen Subjekt« bezeichnet. Analog dazu nenne ich das Satz-

glied, das im Deutschen als Objekt wiedergegeben wird, »logisches Objekt«. Meistens

lässt sich die Verwendung des Dativ-Lokativsuffixes nachvollziehen.

Die typische Satzstruktur ist:

logisches Subjekt `- + logisches Objekt ø + Verb

• »haben« und »brauchen«

Im Tibetischen gibt es die Verben »haben« und »brauchen« nicht. Für »haben« wird

das Verb ^ÈN-R- »vorhanden sein« mit der Satzstruktur Vier benutzt.

E-`-N‰T-UE-RÈ-^ÈN, »Bei mir gibt es viele Bücher.« Y Ich habe viele Bücher.

Um »brauchen« auszudrücken, wird das Verb NCÈc-R- »notwendig sein« mit der Satz-

struktur Vier benutzt.

m‰N-_E-`-C-_‰-NCÈc,

»Was ist notwendig für Sie/Dich?« Y Was brauchen Sie? / Was brauchst Du?

Statt `- steht nach Wörtern ohne Postskript häufig -_-.

E-WÍ_-e-ZE-Z…C-^ÈN, Wir haben/hatten einen Onkel. (DL 22)

Satzstrukturen

9.4.7

Page 130: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

114Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

C[÷E-C…-ˇ‡-WT-WÍ_-ç-^E-§ÈE-zC-Tî-MU-R-NCÈc,Die Regierungsabgeordneten benötigten hunderttausend Dayang (chin. Währung). (DL 20)

• Die Verben _C- »erhalten«, ã‰N- »finden« und ´‰- »geboren werden«

Die Verben _C-R- »erhalten«, ã‰N-R- »finden« und ´‰-T- / höfl. ]t‹E-T- »geboren werden,

entstehen« werden im Tibetischen als intransitiv aufgefasst und entsprechen ihrer

grammatischen Struktur nach deutschen Passivkonstruktionen: »(Geld) wird erhal-

ten«, »(die Wiedergeburt des 13. Dalai Lamas) wird gefunden«, »(ein Kind) wird gebo-

ren«.

E-´‰c, ich wurde geboren

p…-`È-1935 TÈN-a…E-SC-Ñ- 5

WÂc- 5-- I…P-E-´‰c,

Am 5. Tag des 5. Monats im tibetischen Holz-Schwein-Jahr, nach westlicher Kalender-

rechnung 1935, wurde ich geboren. (DL 5)

Kommt als zusätzliche Information in dem Satz auch noch die Person vor, die etwas

erhalten, erlangt, gefunden oder geboren hat, wird das entsprechende Satzglied mit

dem Dativ-Lokativsuffix markiert.

NE“`-ã‰N-R-_‰N, Geld wurde gefunden.

BÈ-`-NE“`-ã‰N-R-_‰N, Er hat Geld gefunden. (Go 432)

( ã‰N-R-_‰N- = Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion; siehe Seiten 257-259)

T“-z⁄C-TF“-x⁄C-]t‹Ec, Sechzehn Kinder wurden geboren.

E]Ã-´‰N-U_-T“-z⁄C-TF“-x⁄C-]t‹Ec, (DL 10)

Die wörtliche Übersetzung »Meiner Mutter wurden sechzehn Kinder geboren.« ist nur

als Hilfsübersetzung akzeptabel. Es ist zwar nachvollziehbar, gibt aber nicht treffend

wieder, was gemeint ist. Entsprechend muss man im Deutschen mit »gebären; zur

Welt bringen« übersetzen: »Meine Mutter hat sechzehn Kinder geboren/zur Welt ge-

bracht.«

Lektion Neun

Page 131: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

115Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Ist Agens-Aktivität und kontrollierbares Handeln impliziert beim Erhalten oder Finden, kann die handelnde Person auch mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix markiert sein und die Satzstruktur entspricht dann der Satzstruktur Drei (transitive Verben).

In seiner Autobiographie beschreibt der Dalai Lama die Situation, als Suchtrupps ausgeschickt wurden, um die Wiedergeburt des 13. Dalai Lama ausfindig zu machen. Als ein Suchtrupp zum Haus seiner Eltern gelangt, werden die als Diener verkleideten Anführer des Trupps in die Küche gebracht.

N‰_-BÈE-WÍc-z⁄C-Dÿ-G”E-G”E-N‰-Tã‰N ... Dort fanden sie das kleine Kind. (Lesestück L. 16)

diejenigen, die etwas finden: BÈE-WÍc- was gefunden wird: z⁄C-Dÿ-G”E-G”E-N‰-

Satzstruktur Fünf: Sonderkonstruktionen

Alle Konstruktionen, die von den Satzstrukturen Eins bis Vier abweichen, nenne ich Sonderkonstruktionen. In diese Gruppe fallen viele Verben, die im Deutschen mit einem Präpositionalobjekt oder mit einer Adverbialbestimmung wiedergegeben werden: »abhängen von«, »werden zu« usw. Außerdem gibt es Verben, die in ihrer Grundbedeutung die Satzstruktur Drei (Agens-Patiens-Verb) verlangen und mit ei-ner Sonderkonstruktion abgeleitete Bedeutungen haben. (Im Deutschen werden die abgeleiteten Bedeutungen auch mit Hilfe von Vorsilben wie »zer-«, »er-«, »be-« usw. ausgedrückt.) So bedeutet ]XÀP-R-»ergreifen, halten« mit einer Sonderkonstruktion »begreifen/auffassen als«.

Auch diese Verben sind entweder transitv oder intransitiv. Wenn in den Sätzen das Subjekt bzw. das Agens erwähnt ist, so steht es bei intransitiven Verben im Absolutiv und bei transitiven Verben im Ergativ.

Sonderkonstruktion Eins: Ergänzung mit `- (-_-) (Dativ-Lokativobjekt)

a. Verben des Fühlens (intransitiv)

Bei Verben des Fühlens ist das, worauf das Gefühl sich richtet, mit `- markiert:

der/die Fühlende ø + das, worauf das Gefühl sich richtet `- + Verb des Fühlens

Verben des Fühlens werden im Tibetischen also nicht als transitiv aufgefasst.

NRÈP-RÈ-S`-G‰_-EÈ-T§ÈN-`-NC], É-U-S`-G‰_-]T“`-T-`-NC],

q…c-R-S`-G‰_-˛‰N-UÈ-`-NC],Die meisten Vorgesetzten mögen Schmeicheleien. Die meisten Lamas mögen Gaben. Die meisten Kinder mögen das Spiel. (Tshig 439)

Satzstrukturen

9.4.8

9.4.9

Page 132: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

116Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

]nÈN-R- bereuen, Reue ¢_-qc-`-]nÈN-R- das vorher Gemachte bereuen (DYSG)

b. Verben des Sagens (transitiv)

\‰_-T- »sagen«, Cc“E-T- höfl. »sagen« und ähnliche können in der Bedeutung »sagen zu, nennen, bezeichnen« vorkommen. Das, zu dem etwas gesagt wird, ist mit `- markiert. Wenn das Agens nicht erwähnt wird, können \‰_-T- oder Cc“E-T- auch mit »heißen« übersetzt werden. Ein eigenes Wort für »heißen« gibt es im Tibetischen nicht.

UÈ-`-]…-\‰_,Zum weiblichen [Yak] sagt man »Dri«. / Weibliche [Yaks] werden »Dri« genannt. / Weibliche [Yaks] bezeichnet man als »Dri«. / Weibliche Yaks heißen »Dri«. (DL 12)

Die Konstruktion ist häufig erweitert mit C…-U…E-`- »als Namen von«, das in der Überset-zung ins Deutsche nicht wiedergegeben wird.

_…-TÈ-N‰]Ã-U…E-`-e-U‰c-´‰-_…-\‰_, ^“`-U…-WÍc-_…-CPU-`-C\“Cc-UBP-^E-\‰_,

Der Berg wurde A-mes-skye-Berg genannt. Die Einheimischen sagten auch »Berg, der den Himmel durchstößt«. (DL 5)

Das höfliche Wort für U…E- ist UWP-.

COÿE-C…-UWP-`-U…-`-Z‰c-uCc-Die Familie väterlicherseits ist bekannt unter dem Namen Mi-la. (Mil)

Eine höfliche Art, jemanden nach seinem Namen zu fragen, ist:

m‰N-_E-C…-UWP-`-C-_‰-[÷-C…-^ÈN, Wie heißen Sie?1

Zu einem Kind sagt man:

m‰N-_E-C…-U…E-`-C-_‰-\‰_-l……-^ÈN, Wie heißt Du?1

Für die Antwort benutzt man immer die gewöhnliche Sprache:

E]Ã-U…E-`- ... \‰_-l…-^ÈN, Mein Name ist ... / Ich heiße ...

q-T- im Sinne von »heißen« oder »nennen«, wird wie \‰_-T- konstruiert.

Cc“U-R-`- ... Z‰c-q]È, Das dritte wird ... genannt. / Das dritte heißt ...

Lektion Neun

1. Zhu gi yod und zer kyi yod sind Hauptverb-Hilfsverbkonstruktionen. Siehe S. 257-259.

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117Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

c. Verben mit Agens und Dativ-Lokativobjekt, aber ohne direktes Objekt

Einige wenige Verben haben ein Agens, aber kein Patiens (bzw. das Patiens ist im Verb impliziert wie bei ]OÿN-R- »sich verbeugen«). Sie verlangen als Ergänzung ein mit dem Dativ-Lokativsuffix markiertes Objekt.

Dazu gehören õ-T- »(an)sehen; den Blick richten (auf)«, ]OÿN-R- »sich verbeugen«, CPÈN-R- »schaden; Schaden zufügen«, SP-R- »nützen; von Nutzen sein«.

Ec-TcU-CKP-`-Tõc, Ich schaute zu Samten.

É-U-`-]OÿN-R- sich vor dem Lama verbeugen

cN-c‰_-n…c-`È-KÈC-`-CPÈN, Frost und Hagel schadet der Ernte. (Tshig 1553)

ÆÈE-T- kommt mit direktem Objekt konstruiert vor und bedeutet dann »(etwas) üben« (Eine weitere Bedeutung ist »reinigen«.). Mit einem Dativ-Lokativobjekt konstruiert, bedeutet es »sich üben in«.

Der Übersetzende muss diese grammatischen Feinheiten erkennen und dann ent-scheiden, ob es bei der Wiedergabe ins Deutsche besser ist, die Originalstruktur des tibetischen Satzes zu bewahren oder hier zum Beispiel mit »etwas studieren« anstelle von »sich üben in« zu übersetzen.

Ebenso bei °ÈU-R-: mit direktem Objekt »kultivieren; sich angewöhnen« und mit Dativ-Lokativobjekt »sich gewöhnen an; meditieren über«.1

Sonderkonstruktion Zwei: Terminativobjekt wiedergegeben als Adverbi-albestimmung oder Präpositionalobjekt

a. Verben der Umwandlung »zu« (transitiv und intransitiv)

Bei Veränderung einer Sache zu etwas, wird das Satzglied, das das Resultat der Verän-derung darstellt, mit dem Terminativsuffix markiert. Peter Schwieger bezeichnet diese Ergänzung als Resultativbestimmung (PSch 263), Herforth nennt diesen Fall »Illativ«.2

]t‹`-R-^‰-a‰c-c“-PU-]nŸ_- Wann wird die Täuschung zu Weisheit? (Gam)

1. Zu dieser Gruppe von Verben siehe auch Rudolf Kaschewsky »Zur Frage des sogenannten ›Akkusativs‹ im Tibetischen« in Proceedings of the Csoma de Körös Memorial Symposium, Hrsg. Louis Ligeti, Budapest 1978.2. Tillemans und Herforth. Agents and Actions in Classical Tibetan – The Indigenous Grammarians on bdag and gzhan and bya byed las gsum. Wien 1989, S. 88.

Satzstrukturen

9.4.10

Page 134: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

118Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

cEc-îc-l…-UNÈ-TÈN-ˇN-Oÿ-T¨„„_,Die Lehrreden Buddhas wurden ins Tibetische übersetzt. (Wi 636)

a…E-UBP-n…c-a…E-OÿU-T“_-TFN,Der Holzfäller hat das Holz in Stücke zerschnitten.

CPÈN-Æ…P-Z…C-C…c-_-U-m…_-≥„`,Ein Dämon hat die Ziege in einen Hund verwandelt. (Lesestück Lektion 13)

b. Wiedergabe als Adverbialbestimmung/Präpositionalobjekt mit »als« (transitiv und intransitv)

Ein Terminativsuffix nach einem Nomen lässt sich häufig mit »als« wiedergeben.

R_-Oÿ-∞„P-R- als Druck herausgeben; publizieren

Diese Konstruktion drückt häufig aus, dass etwas mit der jeweiligen Wahrnehmung

zusammenhängt, also nicht: »etwas ist etwas«, sondern »etwas wird bezeichnet, dar-

gestellt, wahrgenommen, sich vorgestellt etc. als etwas«.

• Beispiel mit intransitivem Verb

Die Schneeberge sind weiß, aber von Ferne betrachtet erscheinen sie bläulich:

CEc-_…-U…C-a‰c-`-¢ÈP-RÈ_-¶E-,Die Schneeberge erscheinen dem Augenbewußtsein als blau. (Wi 601)

• Beispiele mit transitiven Verben

N‰-P…-´‰c-T“-M-U_-a‰c, Diese eben sind als die niedersten Wesen bekannt. (Bodhi)

N‰-P…-§ÈE-R-I…N-Oÿ-TaN, (Eben) das wird als Leerheit bezeichnet. (MMK, siehe Seite 213)

≥…P-CÈc-c“-nÈP- Wolken als Kleider tragen1

Lektion Neun

1. Beispiel aus der unveröffentlichten Einführung in das klassische autochthone Tibetisch von Jan Sobisch (Ph.D.).

Page 135: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

119Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

• ]XÀP-R-

Bei ]XÀP-R- im Sinne von »etwas begreifen/auffassen als« wird das, was als etwas be-griffen oder aufgefasst wird, mit `-/-_- markiert.

MC-t-`-¥„`-Oÿ-]XÀP-R- ein gestreiftes Seil als Schlange ansehen

TNC-U‰N-R-`-TNC-Lfi-]XÀP-R-etwas, bei dem es kein »Selbst/Ich«gibt, als »Selbst/Ich« auffassen

• õ-T-

õ-T- »ansehen« kann im Sinne von »etwas (`-/-_-) ansehen als (Term.)« konstruiert werden.

a-tÈU-Pc-IÈc-R-`-I‰c-NU…Cc-c“-U…-õ,Fleisch auf dem Markt zu kaufen wird nicht als falsche Verhaltensweise angesehen. (DL 7)

• ˛…-T-

˛…-T- »rechnen, zählen« kann im Sinne von »etwas (`-/-_-) zählen zu/ansehen als (Term.)« konstruiert werden.

^ÈP-KP-`-´ÈP-Oÿ-˛…-T- gute Eigenschaften als Fehler ansehen (Jä 446)

Sonderkonstruktion Drei: Adverbialbestimmung mit `c- »von was/wovon/woraus« (transitiv und intransitiv)

Bei Verben der Bewegung weg von, des Abrückens und des Trennens ist das, wovon abgerückt wird etc. mit dem Ablativsuffix `c- markiert.

I‰c-R-AÿP-`c-M_-R- von allen Übeln freikommen

r-EP-`c-]Nc-R- »jenseits der Leiderfahrungen gekommen sein«, skt. nirvÀÐa

Nu-`c-î`-T- siegreich sein über die Feinde

•‡C-T¢`-n…-î-UWÍ-`c-±È`-T- aus dem Ozean des Leidens befreien

Satzstrukturen

9.4.11

Page 136: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

120Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Sonderkonstruktion Vier: Adverbialbestimmung mit l…c- etc. »an«, »wo-von«, »wovor« (intransitv)

Einige Verben verlangen mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix konstruierte Ergänzun-gen.

mT-R- durchdrungen sein (von) (Was durchdrungen wird kann mit `- markiert sein.)

§ÈE-R- leer sein (von)

CE-T- voll/gefüllt sein (mit)

NT‰P-R- entfernt sein (von), weg (von)

NT“`-R- arm sein (an)

`E-T- genug sein (an)

TcU-l…c-U…-mT-R-[Etwas ist] vom Geist nicht zu durchdringen. Y unvorstellbar

`“E-R-G”c-§ÈE-R-»ein Tal, das leer ist von Wasser« Y ein Tal, in dem es kein Wasser gibt (Tshig)

¶ÈN-TF“N-•…C-Rc-CE-T]Ã-WÂ,, ì‰P-EP-qE-G”T-`U-Oÿ-T¨„„_,,Wenn der Behälter (die äußere Umgebung) und sein Inhalt (ihre Bewohner) mit Schlechtem angefüllt sind, verwandle schlechte Umstände in den Weg des Erwachens. (Blo)

Sonderkonstruktion Fünf: Adverbialbestimmung mit NE- »mit« u.ä. (tran-sitiv und intransitiv)

Die Grundbedeutung von NE- ist »(zusammen) mit«. Einige Verben verlangen eine mit NE- konstruierte Ergänzung. Häufig sind es Verben, die im Deutschen ein Präpositio-nalobjekt mit »mit« verlangen. Mit NE- werden vor allem Verben der Begleitung, der Trennung, des Gleichseins, der Übereinstimmung, der Nichtübereinstimmung, der Nähe und der Ferne konstruiert.

É-U-NE-UH`-T- zusammentreffen mit dem Lama, dem Lama begegnen

^…N-TN‰-NE-]uÈCc-R- verbunden mit einem freudvollen Geist

Lektion Neun

9.4.12

9.4.13

Page 137: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

121Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

U-\‰-_-U-NE-úP-R- »der mit der Ziege versehene Brahmane«; der Brahmane mit der Ziege

Statt NE- kann nach Wörtern ohne Postskript -_- stehen.

Häufig werden die Konstruktionen verkürzt zu zweisilbigen Ausdrücken.

≥Èc-R-NE-`-T- Y ≥Èc-`- frei von geistigen Ausschweifungen

ÉÈ-NE-úP-R- Y ÉÈ-úP- versehen mit Verstand

Wichtige Verben aus dieser Kategorie sind:

]C`-T- im Widerspruch stehen (zu)

]uÈCc-R- sich umgeben (mit), befreundet sein (mit)

UH`-T- zusammentreffen (mit), begegnen

UM—P-R- übereinstimmen (mit)

]MT-R- streiten (mit)

]x-T- gleich/ähnlich sein (mit)

]x‰-T- vermischt sein (mit)

úP-R- versehen (mit)

]zN-R- zusammentreffen (mit), treffen (auf)

]`-T- frei sein (von)

]‰`-T- verbunden sein (mit)

ÆÈ_-T- zusammenfügen (mit)

Satzstrukturen

Page 138: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

122Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

UW”Ec-R- gleich/ähnlich sein (mit)

_…E-T- »weit weg sein (von)« und I‰-T- »nah sein (an)« werden manchmal mit NE- kon-

struiert.

`U-NE-MC-U…-_…E-T]Ã-CcE-T]Ã-CPc-ein geheimer Ort, nicht weit vom Weg entfernt (Lesestück Lektion 13)

Auch andere Konstruktionen sind möglich. Im folgenden Beispiel steht Pc- statt NE-.

_E-C…-uÈE-Pc-MC-U…-_…E-T]Ã-uÈE-m‰_-G‰P-RÈ-eine vom eigenen Dorf nicht weit entfernte große Stadt (Lesestück Lektion 13)

Übungen zu Lektion 9

Übersetzen Sie!

1. UXÍ-UÈ-Z‰c-R-C^C-NE-, T-pŸCc-]x‰c-R-_‰N,

C^C-F‰c-R-SÈ-U…E-NE-, UÈ-`-]…-\‰_, (DL )

]x‰c-R- Kreuzung

2. NCÈP-R]Ã-^E-MÈC-Lfi-Cc‰_-\Ec-l…-î-S…Tc-NE-, N‰-TZ…P-GÈc-l…-]BÈ_-`È-^ÈN-R-_‰N,

(^ÈN-R-_‰N-= Allgemeinaussage »gibt es/gab es«; siehe Seiten 257, 258)

3. I‰-ˇÈ_-Oÿ-NCÈP-R-NE-, ü-BE-UE-RÈ-^ÈN-R-_‰N,

Oÿ- hier im

4. _…-UCÈ-CEc-l…c-C^ÈCc, (KG 14)

5. áflP-RÈ-N‰c-áflP-RÈ-CZP-éUc-`-_E-C…-uÈc-TaN,

uÈc- Plan

Lektion Neun

Page 139: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

123Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

6. CPÈN-Æ…P-Z…C-C…c-_-U-m…_-≥„` ,

7. ~ÈC-CFÈN-q‰N-UBP-TaP-R-WÍ_-•…C-FP-NE-, _…Cc-EP-M-GN-F…C-Lfi-T …-T-_‰N,(DL7)

T˛…-T-_‰N- »sind als ... anzusehen (Nezessitativstammform)« Y gelten als

Der Dalai Lama thematisiert in seiner Autobiographie, dass es in Tibet nicht als falsche Verhaltens-

weise gilt, Fleisch zu kaufen und zu essen, aber dass diejenigen, die Tiere für den Fleischverzehr töten,

schlecht angesehen sind.

8. RÈ-LÛ-`]…-]ÈC-Lfi-≥ÈN-q‰N-H, U_, ¶‡U-_…Cc-cÈCc-l…c-CE-T]Ã-UXÍN-UE-RÈ- ÈN,(DL 48)

9. Oÿc-_Tc-TîN-R]Ã-PE-î`-RÈ-t…-~ÈE-ú‰-TVP-NE-, UBP-G‰P-Z…-T-]WÍ,

ÜÈT-NRÈP-RN-U-]qŸE-CPc-Cc“U-n…c-TcU-^c-CV“C-`C-BE-TZ‰Ec,

t…-~ÈE-ú‰-TVP-, UBP-G‰P-Z…-T-]WÍ-, ÜÈT-NRÈP-RN-U-]qŸE-CPc- Eigennamen (siehe Glossar)

TcU-^c- Samye; Name eines Klosters

10. _T-qŸE-NE-RÈ]Ã-G”-ÇE-`È_-]BÈP-N@ÈP-UGÈC-î`-RÈc-c-´-TKT,

]BÈP-N@ÈP-UGÈC-î`-RÈ- Eigenname (siehe Glossar) c-´- Sakya; Name eines Klosters

Satzstrukturen

Page 140: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

124Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Page 141: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

125Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

10. Einteilung der VerbenTibetische Verben | Einteilung der Verben in der tibetischen Tradition: »verschie-den« und »nicht verschieden« | Einteilung der Verben in »transitiv« und »intran-sitiv« | Verben mit verschiedenen Satzstrukturen und Bedeutungen | Verben mit grundsätzlich verschiedenen Satzstrukturen im Tibetischen und im Deutschen | Stammformen der Verben | Negation

Tibetische Verben

Allgemeine Bemerkung

Das Verb ist die zentrale Aussage eines Satzes. Anhand des Verbs erfasst man auf ei-nen Blick die Art des Geschehens. Geht es um eine Handlung, um einen Zustand oder um einen Vorgang? Wiederholt es sich beständig oder ist es ein einmaliger Vorgang? Ist es ein Vorgang, zu dem eine willentlich handelnde Person gehört, oder findet er statt, ohne dass jemand ihn willentlich durchführt? Zielt die Handlung auf ein Objekt? Nützt sie zum Beispiel jemandem? Läuft die Handlung in eine bestimmte Richtung?

Man hat nicht nur inhaltlich etwas über die Handlung oder den Zustand oder den Vor-gang erfahren, sondern man kann am Verb auch erkennen, was im Satz grammatisch zu erwarten ist. Man kann »Erwartungsfragen« stellen, zum Beispiel nach einem Ob-jekt beim Verb »geben« oder nach einer Orts- oder Zeitangabe beim Wort »gehen«.

Was bedeutet »Verb« oder »q-WÀC-«?

Der Begriff »Verb« leitet sich ab vom lateinischen verbum »das Wort«. Im Deutschen wird es auch »Tätigkeitswort«, »Tuwort« oder »Zeitwort« genannt, womit herausge-hoben wird, dass mit dem Verb häufig Tätigkeiten beschrieben werden. »Zeitwort« wird es genannt, weil man in der deutschen Sprache anhand des konjugierten Verbs die Zeit erkennen kann.

Im Tibetischen ist das Wort für »Verb« q-WÀC- »Tat-Wort«. Es kann bis zu vier Stamm-formen haben, die uns Informationen geben können, ob eine Handlung andauert oder abgeschlossen ist, ob sie zu tun ist, oder ob sie als Befehl gemeint ist. Für alle weiteren Informationen dienen Hilfsverben, Zeitangaben oder der Kontext allgemein.

10.1

10.1.1

10.1.2

Page 142: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

126Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Stellung und Bedeutung des Verbs im Tibetischen

Im Tibetischen steht das Verb am Ende des Satzes. Das heißt: Alle Informationen, die wir zu der Handlung finden wollen, das »wer, wie, was, warum, etc.« zum Verb, müs-sen wir vor dem Verb suchen. Nichts was nach dem Verb kommt, bezieht sich gram-matikalisch noch darauf.

Das Verb regiert die Syntax. Das heißt: Wie »wer, wie, was, warum, etc.« gekennzeich-net sein müssen, bestimmt das Verb.

Weglassung der Satzglieder (Ellipse)

Im Gegensatz zum Deutschen vermeidet das Tibetische jeden unnötigen Aufwand und jede Redundanz, nicht nur bei der grammatischen Markierung, sondern auch auf der inhaltlichen Ebene. Wenn etwas schon aus dem Kontext bekannt ist, wird es nicht mehr erwähnt. Satzglieder, die vom Verb verlangt werden, sind im Geiste gegenwär-tig, müssen deshalb aber noch lange nicht im Satz niedergeschrieben sein.

Das tibetische Verb ist wie eine Bühne. Es bestimmt, welche Rollen in der Handlung besetzt sein müssen. Die Satzglieder sind die Protagonisten. Sie sind immer da und sie sind immer entsprechend der Rolle markiert, die das Verb ihnen vorgibt. Aber – der Bühnenscheinwerfer erfasst nur diejenigen, die als neue Information gebraucht wer-den oder auf die die Aufmerksamkeit gelenkt werden soll. Die anderen sind zwar da, aber sie sind nicht zu sehen.

Um so wichtiger ist es, das Verb richtig zu erfassen und die Satzglieder, die zu ihm ge-hören. Dabei hilft uns die Einteilung der Verben nach den zu erwartenden Satzstruk-turen.

^…C-p‰N-CÈ-Tc-ÅÈC- »Die Hälfte der Wörter werden durch Vorwissen gelesen.«1

Einteilung der Tibetischen Verben

Da Verben so komplex sind, gibt es viele Möglichkeiten, sie einzuteilen. Wir werden sie unter drei Gesichtspunkten betrachten:

• Zu erwartende Satzstruktur (wird in dieser Lektion besprochen)

• Bildungsweise (Morphologie; Lektion 17)

• Stellung im Prädikat (Vollverben, Hilfsverben und Modalitätsverben; Lektion 18)

1. Aus Essentials of Modern Literary Tibetan von Melvyn Goldstein, University of California Press, 1991, S. XIX.

Lektion Zehn

10.1.3

10.1.4

10.1.5

Page 143: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

127Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Hat ein Verb mehrere Bedeutungen, so geht man bei der Einteilung von der Grundbe-

deutung aus. In diesem Lehrbuch werden zwei Systeme zur Einteilung der Verben in

Bezug auf die Satzstruktur vorgestellt. Jedes dieser Systeme hat seine Vor-und Nach-

teile. Das eine System ist das der tibetischen Grammatiker und richtet seinen Fokus

auf das mögliche Vorhandensein eines von der Handlung nicht selbst direkt betrof-

fenen Agens. Das andere System ist die Unterteilung in »transitiv« und »intransitv«

(kombiniert mit »kontrollierbar« und »nicht kontrollierbar«) und richtet seinen Fokus

auf das mögliche Vorhandensein eines direkten Objekts.

Einteilung der Verben in der tibetischen Tradition: »verschie-den« und »nicht verschieden«

Allgemeine Bemerkung

In der tibetischen Grammatik werden die Verben eingeteilt in M-NN-R- »verschieden«

und M-U…-NN-R- »nicht verschieden«. Die »verschieden«-Verben verlangen ein mit dem

Ergativ-Instrumentalsuffix markiertes Agens. Meistens, aber nicht immer, haben sie

ein direktes Objekt.

Im Wörterbuch Tshig mdzod chen mo gibt es im Anhang eine Liste, in der die tibetischen

Verben mit ihren Stammformen und einer Zuordnung zu »verschieden« und »nicht

verschieden« aufgelistet sind. Oft genug ist es nicht sofort möglich, ein tibetisches

Verb in transitiv oder intransitv einzuordnen, zum Beispiel wenn im Deutschen meh-

rere Übersetzungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen wie bei IP-R- »anhören« (tran-

sitiv) oder »zuhören« (intransitiv). In solchen Fällen schaut man in der Liste des Tshig

mdzod chen mo nach, findet dort das Verb kategorisiert als M-NN-R- und weiß, dass das

Verb ein mit Ergativ-Instrumentalsuffix markiertes Agens verlangt.

Eine Ausnahme bilden die transitiven-nicht kontrollierbaren Verben wie MÈc-R- »(unbe-

absichtig) hören«, denn sie werden als »nicht verschieden« klassifiziert, obwohl sie ein

Agens verlangen. Siehe dazu Seite 131.

Dieses wichtige Hilfsmittel, die Verbliste im Tshig mdzod chen mo, kann man also nur

benutzen, wenn man die Verb-Einteilung in M-NN-R- »verschieden« und M-U…-NN-R- »nicht

verschieden« verstanden hat. Zur Vertiefung findet sich im Anhang ein Ausschnitt aus

der tibetischen Grammatik Si tu'i zhal lung zur Definition von M-U…-NN-R-.

Einteilung der Verben

10.2

10.2.1

Page 144: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

128Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

M-NN-R- »verschieden«

Am Ende fast eines jeden tibetischen Satzes finden wir ein Verb. Wenn dieses Verb

eine Handlung beschreibt, die von einer Person ausgeführt wird, die von der Handlung

selbst nicht direkt betroffen ist (»verschieden«) und die diese Handlung kontrolliert/

willentlich/bewusst ausführt, dann gehört das Verb in die Kategorie »verschieden«.

Zum Beispiel in dem Satz »Der Holzfäller hackt Holz.« ist der Holzfäller nicht direkt

betroffen von der Handlung (Holz hacken). Es ist das Holz, das durch das Holzhacken

zersplittert und in Stücke zerfällt und damit direkt betroffen ist. Gleichzeitig ist die

Handlung kontrollierbar. Man könnte zum Beispiel jemanden auffordern: »Hacke

Holz!«. Die grammatische Rolle des Holzfällers ist das »Agens«. Das Agens steht im

Kasus »Ergativ« und wird markiert mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix. Die meisten

»verschieden«-Verben können ein direktes Objekt nehmen, im Falle des Holzhackens

ist »Holz« das direkte Objekt. Dieses nennt man »Patiens« und es steht im Kasus »Ab-

solutiv«. Auch dieser Fall hat eine Markierung, nämlich ein »Nullsuffix« (das heißt, die

Abwesenheit eines Suffixes).

a…E-UBP-nÀc-a…E-CFÈN,

Agens + Ergativ-Instrumentalsuffix – direktes Objekt + Nullsuffix – Verb

»Der Holzfäller ( = Agens) Holz ( = Patiens) hackt.« Y Der Holzfäller hackt Holz.

Bis auf wenige Ausnahmen fallen die Verben der Kategorie »verschieden« zusammen

mit den Verben der Kategorie »transitiv, kontrollierbar«.

M-U…-NN-R- »nicht verschieden«

»Nicht verschieden« sind alle Verben, die nicht in die Kategorie »verschieden« fallen.

Zwei Kriterien gibt es dafür:

1. »Nichtverschiedenheit«

• kontrollierbare Verben: Handelnder und Handlung fallen zusammen (z. B. »gehen«)

• nicht kontrollierbare Verben: Zustand bzw. Vorgang und davon betroffenes Subjekt

fallen zusammen (z. B. »krank sein«, »sich drehen«)

»Nicht verschieden«-Verben haben kein direktes Objekt, entsprechend müssen auch

nicht Agens und Patiens voneinander abgehoben werden und das Subjekt eines in-

transitiven Satzes (Handelnder oder Betroffener) steht im Absolutiv mit »Nullsuffix«.

Lektion Zehn

10.2.2

10.2.3

Page 145: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

129Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Das entspricht dem Prinzip der tibetischen Sprache, jede überflüssige grammatische Markierung wegzulassen.

TNC-]uÈ, Ich gehe.

]BÈ_-`È-]BÈ_, Die Scheibe dreht sich.

2. Handelnder und Handlung sind »verschieden«, aber die Handlung ist nicht kontrol-lierbar

Dass der Handelnde die Handlung bewusst ausführt, ist ein Kriterium dafür, dass ein Verb als »verschieden« klassifiziert wird. Transitive, nicht kontrollierbare Vorgänge dagegen, wie »etwas vergessen« oder unabsichtlich »etwas sehen«, »etwas hören« usw. werden als M-U…-NN-R- »nicht verschieden« klassifiziert, wobei die grammatische Terminologie an dieser Stelle etwas unglücklich ist.

Bei den Verben der Wahrnehmung gibt es unterschiedliche Verben für das absichtli-che Wahrnehmen ( = »verschieden«) oder das unabsichtliche ( = »nicht verschieden«).

õ-T- (absichtlich) hinschauen Y »verschieden«

UMÈE-T- (unabsichtlich) sehen Y »nicht verschieden«

Auch wenn die Verben dieser Kategorie als »nicht verschieden« klassifiziert werden, entspricht ihre Satzstruktur den »verschieden«-Verben.

Einteilung der Verben in »transitiv« und »intransitiv«Zu den Begriffen »transitiv« und »intransitiv« siehe Seite 109.

Die Imperativform im Tibetischen

Es ist nützlich, die Einteilung der Verben in »transitiv« und »intransitiv« zu kombi-nieren mit den Kriterien »kontrollierbar« und »nicht kontrollierbar«. Im Tibetischen gibt es nur bei kontrollierbaren Verben eine Imperativform und die Unterscheidung in »kontrollierbar« und »nicht kontrollierbar« wurde hier nach dem Kriterium gemacht, ob das Verb im Tshig mdzod chen mo mit oder ohne Imperativform aufgelistet ist.

Im Deutschen dagegen kann man von jedem Verb einen Imperativ bilden. Bei nicht kontrollierbaren Verben verändert sich dann allerdings der Sinn: »Bleib gesund!« zum Beispiel drückt den Wunsch aus »Mögest Du gesund bleiben.« oder »Pass auf dich auf!«

Einteilung der Verben

10.3

10.3.1

Page 146: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

130Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übersicht der Verb-Einteilung in »transitv/intransitiv« und »kontrollier-bar/nicht kontrollierbar«

transitiv intransitiv

Verben der Tätigkeit und der Wahrneh-mung bzw. geistiger Prozesse

Verben der Bewegung, des Zustandes, Geschehensverben

Typische Satzstruktur:

Agens l…c- etc.-Patiens-Verb

Adverbialbestimmungen sind möglich.

Typische Satzstruktur:

Subjekt (Nullsuffix)-Verb

Adverbialbestimmungen sind typisch.

Satzelemente mit Ergativ-Instr.-Suffix sind gewöhnlich als Adverbialbestimmun-gen aufzufassen.

kontrollierbar

Imperativ ist möglich

(M-NN-R-)

nicht kontrollierbar

kein Imperativ

(M-U…-NN-R-)

kontrollierbar

Imperativ istmöglich

(M-U…-NN-R-)

nicht kontrollierbar

kein Imperativ

(M-U…-NN-R-)

≥ÈN-R- geben Tä‰N-R- vergessen ]uÈ-T- gehen P-T- krank sein

Besonderheiten bei den intransitiven-kontrollierbaren Verben:

Das Subjekt kann zur Betonung der Kontrollierbarkeit der Handlung mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix markiert sein. (Seite 132)

Besonderheiten bei den intransitiven, nicht kontrollierbaren Verben:

a. Umschreibungen, z.B. »haben«, »brauchen« (log. Subjekt mit `- / -_-)

b. Verben des Fühlens (Objekt mit `- / -_-)

Ausnahme:

Verben, die ein Agens verlangen und ein Dativ-Lokativobjekt ohne ein direktes Objekt (Seite 117) kann man in dieses Schema nicht einordnen.

Lektion Zehn

10.3.2

Page 147: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

131Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Die einzelnen Kategorien

Transitiv, kontrollierbar

In diese Gruppe von Verben fallen vor allem Verben der Tätigkeit und der beabsichtig-ten Wahrnehmung.

a…E-Rc-a…E-TFN, Der Holzfäller hat das Holz zerhackt.

Bei den Verben der Wahrnehmung ist zu beachten, dass der Vorgang der Wahrneh-mung absichtlich passiert. Beim »Hören« zum Beispiel bedeutet das, dass der Hörende irgendetwas bewusst anhört (»to listen«). Im Deutschen ist diese Verbkontrollierbar-keit oft nicht ausdrückbar.

BÈc-Ö‡E-]z…P-IP-n…-]OÿC- Er hört Radio. (He is listening to the radio.)

(IP-n…-]OÿC- = Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion; siehe Seiten 257-259)

Transitiv, nicht kontrollierbar

In dieser Gruppe von Verben finden sich die Verben geistiger Prozesse und der un-beabsichtigten Wahrnehmung. Beim »Sehen« zum Beispiel bedeutet das, dass dem Sehenden zufällig etwas vor Augen kommt, wie englisch (»to see«).

UMÈE-T- sehen

MÈc-R- hören

áflP-RÈ-ò-RÈc-U-\‰-UMÈE-, Die fünf Gauner sahen den Brahmanen.

e‰-U-dÈ, ]N…-ˇN-TNC-C…c-MÈc-

Oh Freude! Diese Worte wurden von mir vernommen.1

Zu den Verben geistiger Vorgänge gehören CÈ-T- »verstehen, hören«, Tä‰N-R- »verges-sen«, åÈCc-R- »verstehen, realisieren«, a‰c-R- »wissen«.

1. Beginn des ersten Hauptabschnittes der Milarepa-Biographie. Der ganze Ausdruck lautet: e ma ho. 'di skad bdag gis thos pa'i dus gcig na. Diese formale Einleitung zu Erzählungen bedeutet: » Oh Freude! Diese Worte wurden von mir vernommen. Einst ...«

Einteilung der Verben

10.3.3

Page 148: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

132Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

BÈ]Ã-NT…P-H…-]N…-Ec-CÈ-C…-U…-]OÿC- Sein Englisch verstehe ich nicht. (Go)

(CÈ-C…-U…-]OÿC- = Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion; siehe Seiten 257-259)

Die Gruppe der transitiven, nicht kontrollierbaren Verben wird von den tibetischen

Grammatikern als »nicht verschieden« kategorisiert, braucht aber als Sondergruppe

unter den »nicht verschieden«-Verben eine Ergativmarkierung. (Siehe zum Beispiel

LT 226)

Intransitiv – kontrollierbar

In diese Gruppe von Verben fallen vor allem Verben der Bewegung und des sich Auf-

haltens: ]uÈ-T- »gehen«, I`-T- »sich hinlegen, schlafen legen«, •ÈN-R- »leben, bleiben,

verweilen, sich aufhalten«, T[÷Cc-R- höfl. »sitzen, weilen«.

U-\‰-Z…C-çÈ-ä‰-Ç…E-`-cÈE-, Ein Brahmane ging nach Darjeeling.

Eine Ergativmarkierung ist möglich, wenn die Absicht des/der Handelnden betont

werden soll. Davon wird vor allem in der Umgangssprache gebraucht gemacht.1

Ec-]uÈ-NCÈc, Ich sollte gehe. (Du kannst hierbleiben. Es ist besser, wenn ich gehe.)

Intransitiv – nicht kontrollierbar

In diese Gruppe von Verben fallen vor allem Verben des Zustands, Geschehensverben

und Verben des sich Befindens.

]G…-T- sterben

]OÿC-R- bleiben, weilen; vorhanden sein

P-T- krank sein

CPc-R- wohnen, weilen, leben

]qŸE-T- aufkommen, hervorkommen, entstehen, geschehen, werden (zu)

^ÈN-R- vorhanden sein, existieren

_“E-T- geeignet/angemessen sein

܉T-R- ankommen

Lektion Zehn

1. Bei Peter Schwieger finden sich auch Beispiele aus der Schriftsprache (PSch 78).

Page 149: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

133Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

U-\‰-N‰-`-M‰-WÍU-G”E-T-qŸE-,Bei dem Brahmanen kamen leise (»kleine«) Zweifel auf.

Besonderheiten:

a. Umschreibende Ausdrücke (log. Subjekt mit `-; siehe Seite 113); z. B. »haben«

b. Verben des Fühlens (Ergänzung mit `-; siehe Seite 115)

Was nützt uns die Einteilung der Verben in »kontrollierbar« und »nicht kontrollierbar«?

Die Unterscheidung der Verben in »kontrollierbar« und »nicht kontrollierbar« gibt keine Informationen über die Satzstruktur, aber sie ist unabdingbar für den aktiven Gebrauch der Sprache, denn bei kontrollierbaren und nicht kontrollierbaren Verben werden jeweils andere Hilfsverben benutzt. Und nur kontrollierbare Verben haben eine Imperativform.

Abweichungen von der üblichen Agens/Subjekt-Markierung können mit Kontrollier-barkeit bzw. Nichtkontrollierbarkeit erklärt werden. Siehe zum Beispiel Seite 114 oben oder Seite 132 Mitte.

Im Deutschen hat man nicht immer die Möglichkeit, Verben in kontrollierbar und nicht kontrollierbar zu unterscheiden. Dann gebraucht man Wörter wie »aus Verse-hen«, »mit Absicht« usw. oder man benutzt andere Satzstrukturen.

Im Tibetischen werden für kontrollierbare und nicht kontrollierbare Verben unter-schiedliche Hilfsverben benutzt (siehe Seiten 257-259), zum Beispiel:

Hilfsverb R-^…P- Y mit kontrollierbarem Verb (Ich habe etwas absichtlich gemacht.)

Hilfsverb q’E- Y mit nicht kontrollierbarem Verb (Mir ist etwas passiert.)

Ec-N@_-^È`-]N…-TFC-R-^…P, Ich habe die Tasse (absichtlich) zerbrochen.

E-P-qŸE-, Ich bin krank geworden.

Ec-UMÈE-qŸE-, Ich habe gesehen.

Im Goldstein-Wörterbuch sind die Verben in »kontrollierbar« und »nicht kontrollier-bar« eingeteilt. »va.« bedeutet »active verb« und entspricht »kontrollierbar«. »vi.« be-deutet »involuntary/inactive verb« und entspricht »nicht kontrollierbar«.

Einteilung der Verben

10.3.4

Page 150: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

134Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

In Einzelfällen können tibetische Verben in bestimmten Kontexten kontrollierbar und in anderen nicht kontrollierbar sein. So finden wir zum Beispiel in der Verbtabelle im Tshig mdzod chen mo das Verb ´ÈN-R- einmal mit Imperativform aufgeführt (kontrollier-bar) und einmal ohne (nicht kontrollierbar). Im ersten Fall hat es die Bedeutung von »reisen, sich begeben« im zweiten Fall die Bedeutung von »davongetragen werden«.

m‰N-éUc-rŸ_-Oÿ-CPc-CZP-Oÿ-´ÈN-F…C,

Ihr! Geht schnell an einen anderen Ort. (Tshig 168)

(F…C- ist eine Imperativpartikel, ähnlich dem Ausrufezeichen im Deutschen; siehe Sei-te 169.)

N_-NU_-Ö‡E-C…c-´ÈN,

Die rote Seide wird vom Wind davongetragen. (Tshig 168)

Selbstverständlich ist diese Unterscheidung in kontrollierbar und nicht kontrollierbar nur relevant für Bedeutungszusammenhänge, in denen von einem bewussten Willen ausgegangen werden kann. Knurrt zum Beispiel ein Tier absichtlich oder nicht?

§C-C\…C-C…c-E_-ˇN-E‰_-T-ein Knurren von sich geben (»knurren«) durch Tiger oder Leoparden. (Tshig 654)

Zu E‰_-T- gibt es keine Imperativform.

Zusammenfassung

Ein transitives Verb hat immer ein Agens und ein Objekt. Insofern hat man eine grund-legende Vorstellung von der zu erwartenden Satzstruktur, sobald das Verb eines Sat-zes als transitiv erkannt worden ist. Diese unterscheidet sich deutlich von der Satz-struktur, die bei einem intransitiven Verb zu erwarten ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass einzelne Satzglieder weggelassen werden, wenn sie aus dem Kontext bekannt sind.

Die Einteilung der tibetischen Verben in transitiv und intransitiv muss von der gram-matischen Struktur des Tibetischen ausgehen. Das kann zu Problemen führen, wenn die grammatische Struktur des Deutschen zu einer Verbalhandlung nicht mit der des Tibetischen übereinstimmt oder wenn man ein Verb nicht sofort eindeutig einordnen kann. In so einem Fall konsultiert man die Verbliste im Tshig mdzod chen mo und richtet sich nach der Einteilung in »verschieden« und »nicht verschieden«.

Lektion Zehn

10.3.5

Page 151: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

135Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Im Allgemeinen fallen die transitiven Verben mit den »verschieden« Verben überein und die intransitiven mit den »nicht verschieden«. Zwei Gruppen von Verben, die aus diesem Prinzip herausfallen, müssen extra gelernt werden:

•Transitive, nicht kontrollierbare Verben/»nicht verschieden«

Die wichtigsten sind sind auf Seite 131 zu finden.

•Verben, die ein Agens und ein Dativ-Lokativobjekt verlangen, aber kein direktesObjekt haben können/»verschieden«

Die wichtigsten sind auf Seite 117 zu finden.

Verben mit verschiedenen Bedeutungen je nach Satzstruktur

Allgemeine Bemerkung

Es gibt Verben, die eine Grundbedeutung haben, zum Beispiel »nehmen, ergreifen« und mit leicht veränderter Satzstruktur abgeleitete Bedeutungen ausdrücken, zum Beispiel »begreifen, auffassen«. Die Möglichkeit, Wörter mit Hilfe von Vorsilben in ih-rer Bedeutung zu modifizieren, so wie im Deutschen bei »greifen«, »begreifen«, »er-greifen« gibt es im Tibetischen nicht.

Andere Verben haben mehrere, ganz unterschiedliche Bedeutungen. Welche Bedeu-tung gemeint ist, ist an der Satzstruktur zu erkennen.

Beispiel ]XÀP-R-

1. ]XÀP-R- mit der Bedeutung »halten, ergreifen«

Wer etwas hält/ergreift – das Agens – ist mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix mar-kiert (oder mit Pc-). Was gehalten/ergriffen wird – das Patiens – ist mit Nullsuffix mar-kiert.

U‰-KÈC-]XÀP-R- eine Blume halten

2. ]XÀP-R- mit der Bedeutung »auffassen, begreifen als«

Was aufgefasst wird als etwas, ist mit `- markiert. Als was es aufgefasst wird, ist mit dem Terminativsuffix markiert.

MC-t-`-¥„`-Oÿ-]XÀP-R- ein buntes Seil für eine Schlange halten

Einteilung der Verben

10.4

10.4.1

10.4.2

Page 152: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

136Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Beispiel GCc-R-

1. GCc-R- mit der Bedeutung von »werden«

U‰-KÈC-]N…-G‰P-RÈ-GCc, Diese Blume wird groß.

2. GCc-R- mit der Bedeutung von »anhaften an, lieben«

T“-UÈ-`-GCc-R- das Mädchen lieben (KG 26)

3. GCc-R- mit der Bedeutung von »gelegen sein«

NCÈP-R-N‰-ME-G”E-G”E-Z…C-C…-§‰E-`-GCc-c,- Das Kloster ist auf einer kleinen Ebene gelegen

(C…-§‰E-`- Postposition »auf«)

Beispiel ≠ÈN-R-

1. ≠ÈN-R- mit der Bedeutung »praktizieren«, »sich verhalten«

NC‰-T-≠ÈN-R- Tugend/Heilsames praktizieren

2. ≠ÈN-R- mit der Bedeutung »erfahren«, »erleben als«

•‡C-T¢`-`-≠ÈN-R- erfahren als Leid (Gam)

Beispiel õ-T-

1. õ-T- mit der Bedeutung »sehen, betrachten«

Bei õ-T- »(hin/an)sehen« wird das Objekt des Sehens mit `- markiert.

_…-`-õ-T- zum Berg hinsehen/den Berg ansehen

(Bei UMÈE-T- invol. »sehen« ist das Objekt des Sehens mit Nullsuffix gekennzeichnet

oder mit Terminativsuffix. )

Lektion Zehn

10.4.3

10.4.4

10.4.5

Page 153: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

137Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

2. õ-T- mit der Bedeutung »lesen«

õ-T- kann auch mit einem direkten Objekt im Absolutiv vorkommen. Mit dieser Struk-tur hat es in der Umgangssprache die Bedeutung »lesen« angenommen.

NR‰-G-õ, ein Petscha lesen (KG 26)

3. õ-T- mit der Bedeutung »ansehen als«

a-tÈU-Pc-IÈc-R-`-I‰c-NU…Cc-c“-U…-õ, (DL 7)

Fleisch auf dem Markt zu kaufen (gekauft zu haben) wird nicht als falsche Verhaltens-weise angesehen.

Verben mit grundsätzlich verschiedenen Satzstrukturen im tibetischen und im Deutschen

Manche Verbalhandlungen werden im Tibetischen anders konstruiert als im Deut-schen. So ist zum Beispiel bei ]HÈ-T- »melken« die Milch das direkte Objekt zur Hand-lung: T-`c-]È-U-]HÈ-T- »aus der Kuh Milch melken«. Oder anders gesagt: Im Deutschen melkt man die Kuh, im Tibetischen die Milch.1

]NU-R- P. ]NUc- N. TNU- I. ]NÈUc- bedeutet »[etwas] wählen«

]uÈ-`U-_E-C…c-]NU, ]c-T“-_E-C…c-rÈE-,Den Weg, den man geht, wählt man selbst. Die Frucht erfährt man selbst. (Tshig 1391)

]NU-R- bedeutet aber auch »zwischen [etwas] wählen«.

Als Milarepa Marpa ganz entsprechend der Tradition bittet, als Schüler angenommen und im Haushalt aufgenommen zu werden, stellt Marpa ihn vor die Wahl: Entweder Kleidung und Essen oder Dharma-Belehrungen. Marpa sagt:

N‰-CI…c-]NÈUc, Wähle zwischen den beiden! (Mil)

Stammformen der Verben

Tibetische Verben haben bis zu vier unterschiedliche Stammformen. Sie drücken für sich alleine nur die unten genannten Aspekte (Präsens und Perfekt) und Modi (Nezes-sitativ/Voluntativ und Imperativ) aus. Soll in einem Satz mehr ausgedrückt werden, als die Stammformen hergeben, sind Hilfs- und Modalitätsverben, Umschreibungen oder Zeitangaben nötig.

Einteilung der Verben

10.5

10.6

1. Wahrscheinlich war die ursprüngliche Bedeutung von dem deutschen »melken« (das Euter) »abstreifen, wischen« und das Substantiv »Milch« ist in Zusammenhang mit dem Verb entstanden. Siehe Duden – Das Herkunftswörterbuch. Dudenverlag, 1997, Seite 452.

Page 154: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

138Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Präsens N-õ-T-

Allgemeinaussage; laufende Handlung; sich wiederholende Handlung;historisches Präsens

Im Satzgefüge zeigt die Präsensform Gleichzeitigkeit mit der folgenden Verbalhand-lung an, egal ob Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft.

q‰N- jemand tut etwas

õ- jemand betrachtet etwas

Perfekt ]Nc-R-

Abgeschlossenheit der Handlung

Im Satzgefüge zeigt die Perfektform, dass die Handlung zum Zeitpunkt der folgenden Handlung abgeschlossen oder ihr untergeordnet ist.

qc- jemand hat etwas getan/etwas wurde getan

Tõc- jemand hat etwas betrachtet/etwas wurde betrachtet

Nezessitativ/Voluntativ U-]ÈEc-R-

Notwendigkeit (etwas ist zu tun); mit 1. Person: Vorsatz (Voluntativ)

Achtung! Das tibetische Wort für diese Stammform bedeutet »[noch] nicht gekom-men, Zukunft«, und deshalb wird sie in den Lehrbüchern auch als »Futurstammform« bezeichnet. Dieser Begriff ist aber irreführend und trifft nicht das grammatische Phä-nomen, für das diese Verbstammform steht. Daher benutze ich den Begriff »Nezessi-tativstammform«. Um ein Futur auszudrücken, wird diese Stammform nicht benutzt, sondern typischerweise die Präsensstammform (Futur I) oder die Perfektstammform (Futur II) eines Verbs in Verbindung mit ]nŸ_- »werden«, ]ÈE-T- »kommen« oder ähnli-chen als Hilfsverb (siehe Seiten 249, 250).

q- etwas ist zu tun/ich nehme mir vor, ... zu tun

Tõ- etwas ist zu betrachten/anzusehen

_E-CZP-NÈP-Oÿ-…, will ich zu meinem Nutzen und zum Nutzen anderer verfassen (Gam)

Lektion Zehn

Page 155: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

139Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Imperativ ˇ‡`-WÀC-

Aufforderung; Wunsch (siehe Seiten 168 f.)

qÈc- tu! õÈc- betrachte!/sieh!

Negation

Negationspräfixe U- und U…-

Verben werden negiert, indem U- oder U…- vor den Verbstamm gesetzt wird, wobei ge-

wöhnlich vor Präsens- und Futurstamm U…- steht und vor dem Perfektstamm U-.

U…-q‰N- tut nicht U-qc- hat nicht getan U…-q- ist zu unterlassen

Für negierte Aufforderungen, also Verbote, wird nicht die Imperativform, sondern die

Präsensform benutzt mit vorgestelltem U- oder U….

U-]uÈ- geh nicht! U-q‰N- tu nicht! (Jä 414)

Als Milarepa Marpa sein Herz ausschütten und die Last seiner schlechten Taten loswerden möchte, sagt Marpa zu ihm:

E-`-U…-]uÈ,Komm [damit] nicht zu mir! (Mil)

Die negierte Form von ^…P- ist U…P- oder U-^…P-. Die negierte Form von ^ÈN- ist U‰N- oder

^ÈN-R-U-^…P-.

Verbalnomen werden negiert, indem U- oder U…- vorangestellt wird. Manchmal lässt

sich die Negation gut mit »Un-« wiedergeben, insbesondere bei Redewendungen, die

zu festen Begriffen geworden sind.

_…C-R- wissen; Wissen, Gewahrsein

U-_…C-R- nicht wissen; Unwissenheit, Nicht-Gewahrsein

åC-R- beständig sein; beständig; Beständigkeit

U…-åC-R- unbeständig sein; unbeständig; Unbeständigkeit

Einteilung der Verben

10.7

10.7.1

Page 156: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

140Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Es scheint bei dem Gebrauch von U- oder U…- vor Nomen keine festen Regeln, sondern eher Konventionen zu geben.

U- zwischen zwei Substantiven bedeutet »weder A noch B«. Es werden also zwei Sub-stantive mit einem einzigen Negationssuffix negiert.

å-U-TÈE- weder Pferd noch Esel

Der Ausdruck _-U-`“C- »weder Ziege noch Schaf« drückt aus, dass etwas unpassend kombiniert worden ist, zum Beispiel bei Farbzusammenstellungen oder bei Kleidung.

U‰N- und U…P- als Negationssuffix

Substantive und Adjektive können auch negiert werden, indem ein U‰N-, U-^…P- oder U…P- als Suffix nachgestellt wird.

ü-U-^…P- oder ü-U…P- »die Nicht-Götter« = die Halbgötter

]x-U…P- »ungleich«, unterschiedlich

U‰N- ist häufig als »ohne« oder »-los« zu übersetzen.

NÈP-U‰N- sinnlos

TNC-U‰N- ohne Selbst (Nicht »selbstlos« im Sinne von »nicht egoistisch«!)

Übungen zu Lektion 10

Übung zur Verb-Einteilung

Suchen Sie die Bedeutung und die Perfektstammform für folgende Verben aus dem Glossar. Welche Satzstruktur erwarten Sie?

]t‹E-T- ]N]-T- ]qÈP-R- T[÷Cc-R-

äÈN-R- ߉`-T- ˛ÈU-R- ^…P-R-

CKÈN-R- ]TN-R- UXN-R-

Lektion Zehn

10.7.2

Page 157: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

141Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Lesestück: »Ati³a«

Der folgende Text ist eine vereinfachte Fassung des Eintrags zu Ati²a im Tshig mdzod

chen mo. Übersetzen Sie!

Wie oft wird das Agens genannt?

Beachten Sie die Übersetzungshilfen auf der nächsten Seite.

1. e-K…-a, î-C_-a_-pÈCc-\-dÈ_-î`-RÈ]Ã-~c-c“-G”-å-`È_-]t‹Ec,

2. UWP-NR`-U_-U‰-UXN-^‰-a‰c-^…P,

3. U-C-]Ã-CV“C-`C-CPc-G‰P-]C]Ã-WÍCc-l…-TNC-RÈ-UXN,

4. ü-É-U-^‰-a‰c-]ÈN-NE-qE-G”T-]ÈN-l…c-]TN-Rc-CNP-xEc-Pc-TÈN-Oÿ-qÈP,

5. qE-G”T-`U-n…-±ÈP-U-Z‰c-q-T-T˛Uc,

6. C[÷E-I…-b÷-üC-VU-UXN,

7. T§P-R-p…-N_-NE-T@]-CNUc-R]Ã-~È`-TKÈN,

8. CZP-^E-CcÈ-_…C-C…-C[÷E-^P-`C-TîN-R-T˛Uc,

9. UE]-_…c-c“-`È-Cc“U-NE-, NT“c-CVE-Oÿ-`È-NDÿ-T[÷Cc,

10. NDÿE-`È-TOÿP-F“-˛-Cc“U-R-a…E-å-`È_-]Nc,

Einteilung der Verben

Page 158: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

142Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Vokabelhilfen

\-dÈ_- Zahor (Region in Indien)

~c-c“- als Sohn

NR`-U_-U‰-UXN-^‰-a‰c- = tib. für DÅpa¾kara ³rÅjñÀna, (ein weiterer Name für Ati²a)

U-C-- Magadha (in Indien)

CV“C-`C-CPc-G‰P- buddhistische Universität (im alten Indien)

]C]Ã- = B-ac-l…-

WÍCc-l…-TNC-RÈ- »Herr der Gemeinde«, Abt, Vorsteher

ü-É-U-^‰-a‰c-]ÈN-, qE-G”T-]ÈN- Eigennamen

]TN-Rc-CNP-xEc-Pc- nachdem (Ati²a) aufgrund der Bemühungen von ... eingeladen wurde

CNP-xEc- P. von CNP-]x‰P-R- »den Sitz ziehen« Y einladen; Einladung

TÈN-Oÿ- nach Tibet

qE-G”T-`U-n…-±ÈP-U- tib. für »BodhipathapradÅpa«; »Lampe des Erleuchtungsweges«

T§P-R-p…-N_- »die spätere Verbreitung der Lehre«

T@]-CNUc- die bKa‘-gdams-Schule; »an das (Buddha)wort gebunden«

CcÈ-_…C- Heilkunde, Medizin = eines der fünf großen Wissensgebiete (_…C-CPc-)

^P-`C-TîN-R- achtgliedrig

UE]-_…c- Ngari (Region in Westtibet)

UE]-_…c-c“- in Ngari

NT“c-CVE- Ü und Tsang (Ü-Tsang = Zentraltibet)

NT“c-CVE-Oÿ- in Ü-Tsang

Lektion Zehn

Page 159: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

143Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

11. KasussuffixeDie Kasussuffixe im Einzelnen | Nullsuffix (Absolutiv) | Ergativ-Instrumentalsuffix |Ablativsuffixe nas und las | Dativ-Lokativsuffix la, Lokativsuffix na und Termina-tivsuffix tu, du, -r, ru, su

Die Kasussuffixe im einzelnenIn dieser Lektion werden die Kasussuffixe jeweils mit all ihren Funktionen gelehrt. Grundsätzlich können Kasussuffixe nicht nur an Nomen, sondern auch an Verben (Verbalnomen oder Verbstamm) angefügt werden. Der zu dem Verb gehörige Satz wird im Deutschen dann als untergeordneter Nebensatz wiedergegeben. Auch das Attributsuffix (Genitivsuffix) zählt zu den Kasussuffixen. Es wurde bereits in Lektion Acht besprochen.

Nullsuffix (Absolutiv)

Bezeichnungen und allgemeine Bemerkung

Wenn ein Satzglied dadurch markiert ist, dass kein Suffix angehängt ist, spricht man von »Nullsuffix«. Die tibetische Bezeichnung ist U…E-VU- »bloß der Name«.

Satzgliedmarkierende Funktionen des Nullsuffix

bei intransitiven Verben: Subjekt (Siehe Seite 111)

bei transitiven Verben: direktes Objekt (Patiens) (Siehe Seite 112)

bei Gleichsetzung: a. Subjekt b. Gleichsetzungsergänzung (Siehe Seite 109)

Thema, Betonung, Hervorhebung (oft mit P…-) (Siehe Seite 172)

Anrede (Vokativ) (Siehe Seite 173)

Attribut

Eine Apposition steht immer im Absolutiv. (Siehe Seite 97)

Adverbialbestimmung

Zeitangaben stehen häufig ohne weitere Partikel am Anfang eines Satzes.

I…P-CF…C- eines Tages

N‰-I…P-e-B‘-§ÈP-R-NE-pŸC-RÈ-BÈE-CI…c-I…P-CE-T´ÈN,Diesen Tag gingen A-khu ston-pa und der Reiche den ganzen Tag.

11.1

11.2

11.2.4

11.2.3

11.2.2

11.2.1

Page 160: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

144Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Ergänzungen

Wenn keine Verwechslungsmöglichkeiten bestehen, können Suffixe weggelassen

werden. In diesen Fällen sind die Satzglieder nicht mit dem Nullsuffix markiert, son-

dern man muss im Geiste die fehlenden Partikeln ergänzen. Das ist besonders bei

Postpositionen der Fall.

TÈN-PE-≥„`-ˇ‡-UE-RÈ-^ÈN, In Tibet gibt es viele Tulkus. (DL 17) statt TÈN-l…-PE-`-

Nullsuffix nach Verbalnomen

Ganze Sätze können nominalisiert werden (Verbstamm + R- / T-) und in das größere

Satzgefüge eingebunden werden. Siehe dazu auch Seite 231.

Im folgenden Beispiel hat der nominalisierte Satz die grammatische Position eines

Subjekts.

Z…-TN‰-^ÈE-M—T-R-N@],

Es ist schwer, dass Frieden und Glück kommen können.

(Zu dem den ganzen Satz siehe Seite 230)

In Verbindung mit Verben wie »sehen«, »denken« usw. sind sie häufig als »dass«-Satz

wiederzugeben. Im folgenden Beispiel hat der nominalisierte Satz die grammatische

Position eines direkten Objekts.

pŸC-RÈ-N‰c-_E-I…N-l…-˛U-R-NÈ-RÈ-T•N-U‰N-R-UMÈE-,

Der Reiche sah, dass seine eigene Ladung Tsampa nicht [mehr] da war.

Die nominalisierten Sätze können so lang sein, dass sie besser als eigener Satz wieder-

gegeben werden. Für ein Beispiel siehe Seite 231.

Lektion Elf

11.2.6

11.2.5

Page 161: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

145Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Ergativ-InstrumentalsuffixBezeichnungen und allgemeine Bemerkung

Wir benutzen die Bezeichnung »Ergativ-Instrumentalsuffix«. Im Tibetischen heißt es q‰N-±- »Agens-Instrument-Partikel«. Die Grundaussage des Ergativ-Instrumentalsuffi-xes ist »durch, aufgrund, mittels«. Das Ergativ-Instrumentalsuffix kommt in verschie-denen Formen vor, je nach Endung des vorangehenden Wortes (Siehe Seite 101 oder Partikelübersicht).

Satzgliedmarkierende Funktionen des Ergativ-Instrumentalsuffixes

bei transitiven Verben: Agens (Handelnde/r) (Siehe Seite 112)

Sonderkonstruktion: Einige Verben verlangen mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix konstruierte Ergänzungen. (Siehe Seite 120)

Adverbialbestimmung

Instrument, Mittel, Ursache

Neben der Markierung des Agens ist die Markierung des Mittels die wichtigste Funkti-on des Ergativ-Instrumentalsuffixes.

¶C-Wc-]…-T- mit Tinte schreiben.

GE-Z‰c-R-Pc-l…c-T\Èc-R-Z…C- »Tschang«, ein aus Gerste hergestelltes [Bier] (DL 7)

Teilweise lässt sich das markierte Satzglied auch als Ursache verstehen.

`c-NC‰-T-éUc-l…c-qE-G”T-MÈT,Durch seine /aufgrund seiner guten Werke erlangte (er) die Erleuchtung. (nach MH 54)

Adverbialbestimmung der Art und Weise

Mit Hilfe des Ergativ-Instrumentalsuffixes können aus Substantiven Adverbien der Art und Weise gemacht werden.

_…U-R- Reihe, Reihenfolge, Stufe, Rang, Grad

_…U-n…c- oder _…U-Rc- der Reihe nach, stufenweise

ˇN-F…C- Moment, Augenblick

ˇN-F…C-C…c- momenthaft, momentan, augenblicklich

Kasussuffixe

11.3.3

11.3.2

11.3

11.3.1

Page 162: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

146Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

]TN-R- sich anstrengen; Anstrengung, Fleiß ]TN-Rc- sich anstrengend, fleißig1

TNC-C…c-Dÿc-Rc-pC-]W`-`È,, Ich verneige mich mit Ehrfurcht/ehrfürchtig.2

É-U-N‰c-NÈ-¶E-G‰P-RÈc-Tõc,Der Lama beobachtete [das Kind] mit großem Interesse.

Grund

Mit einigen Wörtern bildet das Ergativ-Instrumentalsuffix Postpositionen des Grun-des.

NTE- Macht l…- etc. + NTE-C…c- durch

ì‰P- Bedingungen l…- etc. + ì‰P-n…c- bedingt durch

Ergativ-Instrumentalsuffix nach Verben

Nach Verben lässt sich das Ergativ-Instrumentalsuffix häufig mit »weil« oder »als« übersetzen, also kausal oder temporal/modal. Meistens kommt es nach Verbalnomen vor und wird dann in der Form -c- an das Nominalsuffix R- bzw. T- gehängt Y Rc- / Tc-.

E-`-˛‰N-UÈ-˛‰N-_ÈCc-U‰N-Rc- weil ich niemanden zum Spielen hatte (DL 22)

¢_-õ_-x…c-Rc, als ich wie vorher fragte (Mil)

Seltener wird das Ergativ-Instrumentalsuffix direkt dem Verbstamm angeschlossen.

NCÈc-l…c- weil nötig ist (Jä 5)

Für weitere Beispiele siehe PSch 242-244.

Ergänzungen zum Ergativ-Instrumentalsuffix

• Beim Komparativ kann in der Schriftsprache statt `c- auch Tc- stehen (Siehe S. 179).

• Auf das Ergativ-Instrumentalsuffix kann P- folgen. Es hat keine weitere Bedeutung und muss für die Übersetzung nicht berücksichtigt werden.

• l…c- oder n…c- nach Verbstamm kann Voluntativ ausdrücken (Siehe Seite 171 unten).

Lektion Elf

11.3.4

11.3.5

1. Für ein Beispiel siehe Seite 221. Zu 'bas pas im Sinne von »aufgrund der Bemühung; weil sich ... bemühten« siehe Lesestück Lektion 10.2. Zur Finalpartikel lo siehe Seite 164.

Page 163: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

147Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Ablativsuffixe Pc- und `c-

Bezeichnungen und allgemeine Bemerkung

Wir benutzen die Bezeichnungen »Ablativsuffix Pc-« und »Ablativsuffix c-«. Im Tibe-

tischen heißen sie ]qŸE-B‘Ec-l…-±- »Partikeln der Herkunft«.

Die Grundaussage der Ablativsuffixe ist »von her«.

Beachten Sie: `c- bedeutet auch »Karma, Handlung«. Pc- bedeutet auch »Gerste«.

Satzgliedmakierende Funktionen der Ablativsuffixe

Pc- kann als Agensmarkierung dienen (siehe Seite 112).

Sonderkonstruktionen

Bei Verben der Bewegung weg von, des Abrückens und des Trennens ist das, wovon

abgerückt wird etc. mit dem Ablativsuffix `c- markiert (siehe Seite 119).

Adverbialbestimmung

Herkunft, Ursprung, Quelle

a-tÈU-Pc-IÈ-T- Fleisch auf dem (vom) Markt kaufen

T-`c-]È-U-]HÈ-T- Milch von der Kuh melken. (KG 45)

ôCc-çÈ-`c-ôCc--T[÷-T- Eisen aus Eisenerz schmelzen.

Ursache

Die Grundbedeutung »von her« kann eventuell als »aufgrund« übersetzt werden. Mi-

chael Hahn bringt in seinem Lehrbuch ein Beispiel für eine Übersetzung aus dem Sans-

krit, indem ein eindeutig kausales Verhältnis (-tvena) mit `c- wiedergegeben wird.

•_-U]Ã-W”`-`c-»aufgrund des Verhaltens eines Feiglings« für skt. kÀtaratvena (MH 99)

räumlicher oder zeitlicher Ausgangspunkt (meist Pc-; bei Zitaten nur `c-)

TcU-CKP-E-CI…c-BE-R-Pc-Èc,[Wenn der Onkel zornig wurde,] flohen Samten und ich aus dem Haus. (DL 22)

Kasussuffixe

11.4

11.4.4

11.4.3

11.4.2

11.4.1

Page 164: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

148Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

^“P-_…E-RÈ-Pc- seit langem

`È-G”E-G”E-Pc- von klein auf

CNÈN-Pc- seit Anbeginn

p…-Pc- von draußen; in der Zukunft

Beachten Sie den Ausdruck: a_-Pc-I…-U-]G_-_È, Im Osten geht die Sonne auf.

Statt Pc- wird manchmal auch Pc-T\“E-K‰- (wörtlich »genommen seit«) oder – abge-

kürzt – Pc-T\“E- gesagt, insbesondere wenn auf genaue Ausgangspunkte hingewiesen

wird.

Dauer oder Ausdehnung »von ... bis ...«

Pc- ... l…- etc. + T_- Oÿ- (manchmal verkürzt zu ... Pc- ... T_-)

Ñ-T-NE-RÈ-Pc-TF“-R]Ã-T_-Oÿ- vom ersten bis zum zehnten Monat

ü-c-Pc-î`-˛‰-T_- von Lhasa bis Gyantse

¢_-Pc-N-T_- von früher bis jetzt

Zitate

Titel `c- ... Zitat ... Z‰c-Cc“Ec-cÈ,, »im Werk ... heißt es: ... «

Wird ein Autor zitiert, so ist das Schema:

Autor + Ergativ-Instrumentalsuffix ... Zitat Z‰c-Cc“Ec-cÈ,, » ... sagte: ... «

Wird eine mündliche Überlieferung eines Lamas zitiert, so ist das Schema:

É-U]Ã-Z`-Pc, ... Cc“Ec, »Aus dem Mund des Lamas ... sagte«; Der Lama sprach: ...

Lektion Elf

Page 165: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

149Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Adverbialbestimmung der Art und Weise (Pc-)

Viele Adverbien und Postpositionen, die zu Adverbialbestimmungen der Art und Wei-

se gehören, werden mit Pc- gebildet. Sie müssen als Vokabeln gelernt werden. Auch

mit Substantiv + Pc- können Adverbialbestimmungen der Art und Weise gebildet wer-

den.

• Adverbien

AÿP-Pc- ganz und gar CÈE-Pc- bevor

cÈ-cÈ-Pc- einzeln, individuell PU-Z…C-Pc- irgendwann

˛-T-Pc- »von der Wurzel her« Y von Grund auf

• Postpositionen

l…- etc. + °È-Pc- mittels N‰-`-Tå‰P-Pc- basierend darauf

WÀC-B-ac-l…-MÈC-Pc- in einigen (wenigen) Worten

ÉÈ-TN‰]Ã-EE-Pc- »im Zustand der Zufriedenheit«, wohlgemut (Lesestück Lektion Fünfzehn)

• Substantiv + Pc- Y Adverbialbestimmung der Art und Weise

`C-R-Pc-]XÀP-R- bei der Hand nehmen

U…E-Pc-äÈN-R- beim/mit Namen nennen

Ausschluss: `c- + folgendes negiertes Verb

»Nichts ... als«, »niemand außer ...« usw. wird mit `c- und folgendem negierten Verb

ausgedrückt.

[E-`-]]N…-`c-U‰N- [Ich] habe nichts als dieses. (Go 1068)

Kasussuffixe

Page 166: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

150Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Als Milarepa sich umbringen will, beschwört ihn Lama rNgog-pa, davon abzulassen. Nach den geheimsten Lehren Buddhas gebe es in den Bestandteilen der Lebewesen nichts anderes als Göttliches. Sich umzubringen hieße, ein göttliches Wesen zu töten. Er sagt:

_E-~ÈC-_E-C…c-TFN-R-`c-•…C-G‰-T-U‰N,Es gibt keine größere negative Tat als das eigene Leben selbst abzuschneiden. (Mil 92)

1

Ablativsuffix nach Verben

`c- nach Verbalnomen

Nach einem Verbalnomen bedeutet `c-, dass etwas aus einer Situation heraus ge-schieht. Das kann im Deutschen auf unterschiedliche Weise wiedergegeben werden, zum Beispiel mit dem Partizip Präsens (machend), mit einer kausalen Konjunkti-on (»weil« u.ä.) oder mit »und«. Wichtig ist, die Stammform des Verbs zu beachten. Steht vor `c- ein Verbalnomen in seiner Präsensstammform, so bedeutet dies, dass die Handlung andauert, während die nächste eintritt: »Als die Eltern den Lama in die Küche führten, erblickte er das kleine Kind.« Steht vor `c- ein Verbalnomen in seiner Perfektstammform, so bedeutet dies, dass die Handlung beendet ist, wenn die nächs-te Handlung folgt: »Nachdem der Lama von den Eltern in die Küche geführt worden war, erblickte er das kleine Kind.«

Verbalnomen + `c- Y zugrundeliegende Situation

Präsensstamm + R- + `c- Y aus einer laufenden Situation heraus/während

Perfektstamm + R- + `c- Y aus einer abgeschlossenen Handlung heraus

Häufig haben die Verben keine unterschiedlichen Stammformen. Dann muss aus dem Kontext heraus entschieden werden, mit welcher Zeitform übersetzt wird.

]NÈN-R-`c- weil (er/sie) wünschte; aus dem Wunsch heraus

Oÿ-T-UMÈE-T-`c- Vom Sehen des Rauches her [kann man auf Feuer schließen]. (Wi 644)

T˛ÈP-]u⁄c-qc-R-`c-u⁄T-]c-MÈP,»Aus dem Gemachthaben von Fleiß zeigte sich Zustandegekommensein und Resul-tat.«; Als Ergebnis der fleißigen Arbeit zeigte sich ein gelungenes Resultat. (KhZhL 59)

Nu-TÈ-]ÈE-T-UMÈE-T-`c-U…-MUc-FN-]Èc-cÈ,Die kommenden Feinde sehend/gesehen habend, flüchten alle Menschen. (MH 98)

1. Übersetzt in: Lobsang Lhalungpa. The Life of Milarepa. Arkana. 1992, S. 70; und in: Thomas Roth. Herr der Yogis – Das Leben von Jetsün Milarepa. Edition Mandarava. Gutenstein 2006.

Lektion Elf

11.4.5

Page 167: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

151Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Pc- nach Verbstamm

Pc- steht in ähnlicher Funktion nur direkt nach dem Verbalstamm und bedeutet dann »nachdem, indem«

• zeitliche oder logische Abfolge (»nachdem, von daher«)

¢_-UM—-TÜTc-Pc-Nu-UE-RÈ-TcN,

Nachdem [Milarepa] vorher schwarze Magie studiert hatte, tötete er viele Feinde. (L 18)

_…-TÈE-∞C-Pc-Èc, Der Hase erschrak sich und floh.

• modal (»-end«, »indem«)

TÈE-T“-TZÈP-Pc-TÈE-T“-]WÍ`, den Esel reitend den Esel suchen (Qu 148)

dativ-lokativsuffix `-, Lokativsuffix P- und Terminativsuffix Lfi-, Oÿ-, -_-, _“-, c“-

Bezeichnungen und allgemeine Bemerkung

Wir benutzen die Bezeichnungen »Dativ-Lokativsuffix -«, »Lokativsuffix P-« und »Ter-minativsuffix« ( Lfi-, Oÿ-, -_-, _“-, c“-). Die tibetische Grammatik fasst alle diese Suffixe zu-sammen unter der Bezeichnung -NÈP-TOÿP- »Sieben Partikeln mit der Funktion von -«. Die Grundaussage des Dativ-Lokativsuffix `- ist »hin zu, in, bei, für«. Die Grundaus-sage des Lokativsuffixes P- ist »in, hin zu«. Die Grundaussage des Terminativsuffixes ist »hin zu, in«. Die Suffixe haben teilweise spezifische Funktionen, teilweise sind sie austauschbar.

Beachten Sie: `- bedeutet auch »Bergpass«. P- bedeutet auch »krank (sein)«. c“- bedeu-tet auch »wer«.

Das Terminativsuffix kommt in verschiedenen Formen vor, je nach Endung des voran-gehenden Wortes. (Siehe Seite 107 oder Partikelübersicht)

Für `- kann nach Wörtern ohne Postskript auch -_- stehen.

Satzgliedmarkierende Funktionen (nur `- oder -_-)Logisches Subjekt (Satzstruktur Vier)

Umschreibende Ausdrücke für »haben«, »brauchen«, »erhalten«, »(zufällig) finden«, »gebären/zur Welt bringen« haben ein logisches Subjekt mit `- oder -_-. (Siehe S. 113)

Kasussuffixe

11.5

11.5.2

11.5.1

Page 168: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

152Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Dativobjekt

Das Dativobjekt ist typischerweise das Zielobjekt, zu dem die Handlung hingeht oder für das die Handlung geschieht (»wem, für wen, für was«). Es wird mit `- markiert, nach Wörtern ohne Postskript auch mit -_-.

ü-éUc-`-UGÈN-R-q‰N-R- den Göttern ein Opfer darbringen

Sonderkonstruktion

Einige Verben verlangen ein Agens und eine Objektergänzung mit Dativ-Lokativsuffix. (Siehe Seite 117)

Bei Verben des Fühlens ist das, auf das sich das Gefühl richtet, mit dem Dativ-Lokativ-suffix markiert. (Siehe Seite 115)

Bezug, Thema

Siehe Seite 172 ff.

Adverbialbestimmung

(Für ausführliche Erklärungen zu Adverbien und Postposition siehe Lektion 14.)

Angaben zu Raum oder Zeit

Adverbien, die sich auf Raum oder Zeit beziehen, können mit allen Lokativ- und Termi-nativsuffixen vorkommen. Tendenziell wird - bei weiter gefassten Angaben gemacht (»im/beim Haus«), P- bei umgrenzteren Angaben (»im Haus«) und das Terminativsuf-fix bei Richtungsangaben (»zum Haus«). Tatsächlich sind sie oft austauschbar und welches Suffix benutzt wird, ist dann eine Frage des Stils, der Konvention oder – bei Versen – der benötigten Silbenanzahl.

]N…-P- hier ]N…-`- in Bezug auf dieses, bei diesem, hier

]N…_- hierher, hier

E-´‰c-R]Ã-ZÈCc-R-N‰_- am Morgen meiner Geburt (DL 21)

Postpositionen können mit allen Terminativ- und Lokativsuffixen gebildet werden.

BE-R]Ã-PE-`- / P- / Oÿ- in dem Haus/bei dem Haus/zu dem Haus

BE-R]Ã-C^ÈP-`- / P- / Oÿ- links vom Haus

BE-R]Ã-C^c-c“- rechts vom Haus

Lektion Elf

11.5.3

Page 169: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

153Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Richtungsangaben

Richtungsangaben werden mit dem Terminativsuffix oder mit `- gekennzeichnet,

selten mit P-.

PÈ_-T“-Ç…E-B_- im/zum Norbulingka

Der Leichnam des verstorbenen 13. Dalai Lama war im Norbulingka mit dem Gesicht nach Süden auf einen Thron gesetzt worden. Wenige Tage später schien es, als blicke er nach Osten.

a_-EÈc-c“-C\…Cc- blickte nach Osten (DL 14)

Der Suchtrupp gelangt zu dem Elternhaus des Dalai Lama. Um unerkannt zu bleiben, tauschte der Anführer der Gruppe, Ke'utsang Lama, die Kleidung mit dem Diener Lobsang.

E]Ã-S-U-WÍc-ÉÈ-T\E-Z‰c-R-N‰-PE-Oÿ-]t…N-S‰Tc,

@‰]“-WE-É-U-NE-, CZP-NC-MT-WE-Oÿ-TZCMeine Eltern geleiteten den [Diener] namens Lobsang hinein (in die gute Stube).

Ke‘utsang Lama und die anderen brachten sie in der Küche unter. (Lesestück Lektion 16)

Angaben, die sich nicht auf Raum, Zeit oder Richtung beziehen

Adverbien, die sich nicht auf Raum oder Zeit beziehen, können mit dem Terminativ-

suffix gebildet werden.

• Adverbien der Art und Weise (modal)

≠…_- im Allgemeinen q‰-C-Lfi- im Einzelnen, detailliert _…U-R_- stufenweise

`P-Oÿ- als/zur Antwort WE-U_- alles in allem mN-R_-Oÿ- inbesondere

TÈN-^…C-ÜÈT-ÆÈE-N‰-éUc-WE-U_-`È-ò-VU-]CÈ_,Die Studien zur tibetischen Schrift dauerten alles in allem ungefähr fünf Jahre. (DL 36)

• Postpositionen zur Bildung von Adverbialbestimmungen des Zwecks und des Grun-

des (final und kausal)

l…-NÈP-Oÿ- um Willen, zum Nutzen von

l…-p…_- wegen, um Willen des

Kasussuffixe

Page 170: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

154Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Mit Hilfe des Terminativsuffixes können aus Adjektiven Adverbien gebildet werden.

å-UnÈCc-RÈ-î‡C- Das schnelle Pferd läuft.

å-UnÈCc-RÈ_-î‡C- Das Pferd läuft schnell.

Dauer oder Ausdehnung »von ... bis ...« (... Pc-... T_-Oÿ-)

î-PC-Pc-TÈN-T_-Oÿ- von China bis Tibet

Solange nicht

U- Verbstamm + l…- etc. + T_-Oÿ- Y solange nicht ...

E-U-a…]Ã-T_-Oÿ- solange ich nicht gestorben bin Y bis zu meinem Tode

cEc-îc-l…-CÈ-]SE-U-]MÈT-l…-T_-Oÿ-solange ich nicht den Erleuchtungszustand eines Buddhas erlangt habe (DL 42)

]BÈ_-T-U-§ÈEc-l…-T_-Oÿ- solange Sa¾sÀra nicht leer geworden ist

»in Bezug auf«, »hinsichtlich« ( -, -_- )Einem Satz kann mit `- ein Thema vorangestellt werden oder ein allgemeiner Bezug zu der vorangegangenen Aussage geschaffen werden kann. Siehe dazu Seite 172. Auch innerhalb eines Satzes kann - den Bezug zu etwas ausdrücken. Die erste Hilfsüberset-zung wäre »in Bezug auf; hinsichtlich«. Der ganze Ausdruck muss oft umschreibend wiedergegeben werden.

TÈN-^…C-`-UBc-R-gelehrt in Bezug auf die tibetische Schrift; gelehrt in tibetischer Schrift

GÈc-`-£…E-_“c-UXN-R-in Bezug auf den Dharma fleißig und ausdauernd sein; mit ganzem Herzen Dharma praktizieren (JR 176)

ÜÈT-ÆÈE-`-N@]-E`- Schwierigkeiten in Bezug auf das Studium

•‡C-T¢`-`-T\ÈN-R-Geduld/Durchhaltekraft in Bezug auf Leid; Leiden aushalten können

Lektion Elf

Page 171: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

155Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Lokativ- und Terminativsuffix nach Verben

Lokativsuffix `- / P- nach Verbalnomen Y zugrundeliegende Situation

Nach einem Verbalnomen bedeuten `- oder P-, dass in einer laufenden Situation et-

was geschieht (bei Präsensstamm), bzw. auf eine abgeschlossene Handlung unmittel-

bar eine weitere folgt (bei Perfektstamm). Das kann im Deutschen auf unterschiedli-

che Weise wiedergegeben werden, zum Beispiel mit dem Partizip (machend/gemacht

habend) oder mit »und«.

Präsensstamm + R- + `- / P- ... Y in der Situation des Machens

während jemand etwas macht

Perfektstamm + R- + `- / P- ... Y in der Situation des Gemachthabens

jemand hat gemacht und (unmittelbar darauf) ...

\P-\-T-`-]N…-ˇN-F‰c-µc- Während er sein Essen aß, sagte er diese Worte ...

\P-\Èc-R-`-]N…-ˇN-F‰c-µc-Nachdem er sein Essen gegessen hatte, sagte er diese Worte ... (MH 87)

Das Terminativsuffix nach Verben

Die wichtigste Funktion des Terminativsuffixes ist es, Verben miteinander zu verbin-

den. Das erste Verb kann allein aus dem Verbstamm bestehen und das Terminativsuf-

fix folgt direkt: Verbstamm + Terminativsuffix + Verb.

Oder das erste Verb besteht aus einem Verbalnomen. Dann wird das Terminativsuffix

-_- an das Nominalsuffix gehängt: Verbstamm + R_- / T_- + Verb.

Das Terminativsuffix zwischen zwei Verben kann Folgendes ausdrücken:

1. Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion

2. Infinitv mit »zu« (Modalitätsverben)

3. Infinitiv mit »um zu«, »zu« (Zweck)

4. Art und Weise (modal)

5. temporal »als«

6. Verbalnomen + -_- + ]uÈ-T- Y »gehen, um zu ...« u. ä.

7. Verbalnomen + -_- + UMÈE-T- Y »sehen, wie ...«, »sehen, dass ...«

Kasussuffixe

11.5.4

Page 172: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

156Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

• Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion

Bei einer Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion haben die Hilfsverben keine eigene inhaltliche Bedeutung, sondern sie haben allein die Funktion, die Zeit oder den Ne-zessitativ deutlich zu machen. Das Hilfsverb muss bei der Übersetzung nicht wieder-gegeben werden, sondern das Verb in der entsprechenden Form in der Zielsprache. Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktionen werden in Lektion 18 »Analytische Verbformen« besprochen.

rÈE-T_-]nŸ_- »es kommt zum Erfahren« Y [ich] werde erfahren

³Àntideva mahnt in einer Verszeile, dass man sich des Todes bewusst sein muss und das Leben spirituell nutzen soll. Bei der Erfahrung des eigenen Todes ist man ganz auf sich allein gestellt.

~ÈC-GN-R-^…-WÍ_-T-NC , TNC-I…N-CF…C-R“c-rÈE-T_-]nŸ_ , ,Die Empfindungen des Abgeschnittenseins der Lebenskraft wird man selbst ganz al-lein erfahren. (BCA II, 40)

• Infinitv mit »zu« (Modalitätsverben)

Hauptverben und Modalitätsverben (Modalverben und modifizierende Verben) wer-den mit dem Terminativsuffix angeschlossen.

åÈCc-R_-N@], [etwas] ist schwer zu verstehen

ü-éUc-`-UGÈN-R-q‰N-R_-]NÈN-R-wünschen, den Göttern ein Opfer darzubringen

qE-G”T-l…-`U-`-]H“C-R_-N@],,Es ist schwer, den Pfad des Erwachens zu betreten. (Gam)

Vergleichen Sie dazu die nominale Konstruktion von Seite 230:

Z…-TN‰-^ÈE-M—T-R-N@]- »Das Kommenkönnen von Frieden und Glück ist schwer.«

• Infinitv mit »um zu«, »zu« (Zweck)

Bei finalen Konstruktionen muss das Hauptverb in der Nezessitativstammform ste-hen.

c-§‰E-]N…-NC-@Èc-C^ÈC-Lfi-`E-genug sein, um die (ganze) Erde mit Leder zu bedecken

Lektion Elf

Page 173: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

157Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Milarepa erzählt:

e-Uc-TNC-UM—-ÜÈT-Lfi-TíEc-Die Mutter sandte mich fort, schwarze Magie zu lernen/damit ich schwarze Magie lerne. (Mil)

Mit dieser Konstruktion können auch Adjektive gebildet werden:

NRC-Lfi-U‰N-R- »Es gibt nichts, [es] zu messen.« Y nicht messbar, unermesslich

TäÈN-Oÿ-U‰N-R- »Es gibt nichts, [es] auszudrücken.« Y unaussprechlich, unbeschreiblich

• Art und Weise (modal)

Generell bildet das Terminativsuffix häufig modale Ausdrücke, also Angaben, die sa-

gen, in welcher Weise etwas stattfindet. Ein Terminativsuffix nach einem Verbalno-

men kann ausdrücken: während/in der Weise, dass die voranstehende Verbalhand-

lung stattfindet, findet die nachfolgende statt.

`P-U…-]N‰Tc-R_-áflP-RÈ-N‰-`c-]Nc,[Der Brahmane] ging ohne eine Antwort zu geben an dem Gauner vorbei. (Lesestück L. 13)

Als der kleine Dalai Lama ohne weitere Spielkameraden im Kumbum-Kloster lebt, beobachtet er heimlich seinen Bruder beim Unterricht.

NC‰-àP-n…c-U-C\…Cc-R_-^È`-T]Ã-c‰E-Pc-TcU-CKP-`-Tõc,So, dass der Lehrer [mich] nicht sah, schaute ich durch die Vorhänge zu Samten. /

Ohne dass der Lehrer mich sah, ... (DL 22)

• Temporal »als«

Manchmal geht die modale Funktion über in eine temporale und ist besser mit »als« zu übersetzen.

x…c-R_, in der Weise, dass er fragte Y als er fragte

c‰E-C‰c- ... x…c-R_, Als der Löwe fragte: ...

Kasussuffixe

Page 174: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

158Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

• Verbalnomen + -_- + ]uÈ-T-

In Verbindung mit ]uÈ-T- »gehen« und ähnlichen Verben steht das Hauptverb in der Präsensstammform.

©ÈP-`U-]N‰Tc-R_-]uÈ-T- (zum Tempel etc.) gehen, um zu beten (DL 8)

E-`c-@-q‰N-R_-]uÈ-C…-^ÈN, Ich gehe arbeiten. (LT 217)

(]uÈ-C…-^ÈN- = Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion; siehe Seiten 257-259)

• Verbalnomen + -_- + UMÈE-T- Y »sehen, wie ...«, »sehen, dass...«

UMÈE-T- »(unabsichtlich) sehen« wird mit direktem Objekt oder mit Dativ-Lokativsuffix konstruiert. Letzteres besonders wenn das, was gesehen wird, ein längerer Vorgang ist: »sehen, wie ...«, »sehen, dass ...«

áflP-RÈ-ò-RÈc-U-\‰-îE-U-Pc-]ÈE-T_-UMÈE-,Die fünf Gauner sahen, wie der Brahmane aus der Ferne (näher) kam.

In allen Funktionen gilt: Wenn für das Versmaß eine zusätzliche Silbe gebraucht wird, steht _“- für -_-.

M_-R-]MÈT-R-_“-TNC-U‰N-°ÈU-R-um Erlösung zu erlangen, über die Ichlosigkeit meditieren (MH 108)

Dativ-Lokativsuffix `- nach einem Verbstamm

• lockere Aneinanderreihung (»und«)

Nach einem Verbstamm drückt `- eine lockere Aneinanderreihung von zwei Verbal-handlungen aus und kann mit »und« oder mit zwei getrennten Sätzen wiedergege-ben werden: ... Verbstamm `- ... Verb.

]BÈ_-T-`-•‡C-T¢`-G‰-`-qE-G”T-U‰N,,Im Sa¾sÀra ist das Leiden groß und es gibt kein Erwachen. (SH 73)

• enge Verbindung von Imperativen

`- kann eine enge Verbindung zwischen Imperativen darstellen.

`‰Cc-R_-IÈP-`-^…N-`-\“Ec-a…C- Höre gut zu und nimm es dir zu Herzen!

Lektion Elf

Page 175: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

159Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

• enge Verbindung von Adjektiven bzw. Zustandsverben

`- kann eine enge Verbindung zwischen Adjektivstämmen (= Stämme von Zustands-

verben) darstellen: Adjektivstamm + `- + Adjektiv.

Cc`-`-чU-R]Ã-Ñ-T, klarer, runder Mond (KG 40)

GE-SP-`-Z…U-R-Z…C- ein erfrischendes, wohlschmeckendes Bier (Mil)

Lokativsuffix P- nach einem Verbstamm

Nach einem Verbstamm drückt P- Zeit oder Bedingung (»wenn«) aus. Gewöhnlich

steht davor ein Perfektstamm.

U‰-^ÈN-P-Oÿ-T-]qŸE-, Wenn es Feuer gibt, erscheint Rauch.

• Bedingung: C`-K‰- / F…-§‰- ... P- »falls«

Will der Autor deutlich machen, dass es sich um einen Bedingungssatz handelt (»if«),

kann er C`-K‰- oder F…-§‰- »falls« an den Satzanfang stellen, und am Ende steht P-.

C`-K‰-U-a…-P- wenn [ich] nicht gestorben bin

• Zeitpunkt: PU- ... P-

Will der Autor deutlich machen, dass es sich um einen Satz handelt, der einen Zeit-

punkt angibt (»when«), kann er das mit PU- im vorderen Satzteil und P- am Satzende

machen.

• ... P-^E- »obwohl«, »auch wenn ...«

P- mit Konzessivpartikel ^E- bedeutet »obwohl«, »auch wenn«.

BÈ-©P-BE-`-p…P-P-^E-a…-T-_‰N,Obwohl er ins Krankenhaus gegangen ist, ist er gestorben. (Go 602)

Ergänzungen zu `-

Ausruf

Am Ende eines Ausrufs bedeutet `- »wie ...!«. (Siehe Seite 64)

Kasussuffixe

11.5.5

Page 176: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

160Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Ergänzungen zu P-

P- für »wenn jemand fragt .«

P- steht oft verkürzt für Z‰c-µ-P- oder Z‰-P- (bzw. a‰-P-oder F‰-P-).

CE-C…c-P, »wenn jemand fragt: Wodurch?« Y

Wodurch? (DL 46)

Oÿc-PU-Pc-]t‹`-P-Wenn jemand fragt: Seit wann findet Täuschung statt?, [so lautet die Antwort: ...] (Gam)

F…-Z…C-Tn…c-P- »wenn jemand fragt, was haben [sie] gemacht« ist Einleitung zu einem

Konsekutivsatz: »was haben [sie] gemacht, dass ... «. Für Beispiele siehe MH 123,124

und PSch 187.

P- nach anderen Suffixen

Das Suffix P- findet sich gelegentlich an das Instrumental- oder das Terminativsuffix

angehängt. Es hat dann keine inhaltliche Bedeutung und muss bei der Übersetzung

nicht berücksichtigt werden.

p…_-P- weil

N‰c-P- weil das [so ist]; deshalb

Ergänzung zu -_-Bei Verben, die mit NE- konstruiert werden kann nach Wörtern ohne Postskript -_- an-

stelle von NE- stehen.

T•‡-T]Ã-NEÈc-RÈ-TZ…_-úP-

versehen mit den vier Dingen, um [Schüler um sich] zu scharen1

Lektion Elf

1. Siehe unter bsdu ba‘i dngos po bzhi in Tibetan-English Dictionary of Buddhist Terminology von Tsepak Rigzin.

11.5.6

Page 177: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

161Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übungen zu Lektion 11

Übung zu den Kasussuffixen

Übersetzen Sie die Beispiele aus dem tibetischen Kommentar zum Grammatiktext Legs bshad ljon dbang von Bhikshu dKa‘-can Padma.

1. a_-pÈCc-c“-]uÈ- 6. T-`c-]È-U-]HÈ-

2. U…C-C…c-Tõc- 7. ≠À-CV“C-Pc-áE-UM…`-T_-

3. I…-U-]G_-B-_“-]uÈ- 8. `C-R]Ã-cÈ_-UÈ-

4. å_-»-q…P- 9. ü-BE-Oÿ-å‰P-Cc“U-^ÈN-

5. c-Pc-»-´‰c-

Lesestück: »Ledersohle«

Wurzeltext und Kommentar

Der folgende Vers stammt aus dem BodhicaryÀvatÀra von ³Àntideva, einem indischen Gelehrten aus dem 7. Jh. Die buddhistischen Grundwerke aus dem alten Indien wa-ren oft in Versen verfasst, um das Auswendiglernen zu erleichtern. Dadurch waren sie knapp und schwer verständlich und es entwickelte sich eine reichhaltige Kommentar-literatur dazu. Bei der Übersetzung ins Tibetische wurden die Sanskrit-Verse in Ver-se in der tibetischen Sprache übertragen. Eine unglaubliche Leistung, wenn man be-denkt, dass sich Sanskrit als indoeuropäische Sprache vom Tibetischen genauso stark unterscheidet wie das Deutsche. In unserem Beispiel liegt ein Ausschnitt aus einem tibetischen »Wort-Kommentar« (WÀC-]u‰`-) vor. In dieser Art Kommentar kommen alle Wörter aus dem Originaltext vor, und dazwischen sind erklärende und ergänzende Zusätze eingeschoben. Den Originaltext nennt man »Wurzeltext« (˛-C[÷E-).

Kasussuffixe

Page 178: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

162Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Wurzeltext

Aus dem BodhicaryÀvatÀra (qE-G”T-c‰Uc-NR]Ã- ≠ÈN-R-`-]H“C-R-) von ³Àntideva,Kapitel V, Vers 13

c-§‰E-]N…-NC-@Èc-C^ÈC-Lfi , , N‰-£‰N-@È-Tc-C-`-`E-, ,

üU-UM…`-VU-n…-@È-Tc-P… , , c-§‰E-MUc-FN-C^ÈCc-NE-]x , ,Wort-Kommentar

Aus dem Kommentar von rDzogs-chen mKhen-po Kun-bzang dpal-ldan

Titel:1

qE-G”T-c‰Uc-NR]Ã-≠ÈN-R-`-]H“C-R]Ã-WÀC-]u‰`- (= Hinweis auf die Art des Textes)

]HU-NqEc-É-U]Ã-Z`-`“E- (= Hinweis auf den Autor)

TOÿN-˛…]Ã-M…C-R- (= Schmucktitel)

Textausschnitt:

1. NR‰_-P-WÂ_-U-`-cÈCc-R]Ã-CPÈN-R-T~⁄E-T]Ã-NÈP-Oÿ-

2. c-^…-§‰E-]N…-UM]-NC-

3. @Èc-Z‰c-@È-T-]HU-RÈc-C^ÈC-Lfi-]NÈN-lE-

4. N‰-£‰N-l…-@È-Tc-C-`-`E-§‰-U…-`E-`,

5. _E-C…-üU-UM…`-VU-n…-@È-Tc-P…-_E-_E-C…-áE-R-C^ÈCc-P-

6. c-§‰E-MUc-FN-@È-Tc-C^ÈCc-R-NE-]x- ...

Übersetzungshilfen

N‰-£‰N-@È-Tc-C-`-`E-Wie könnte es genug geben an soviel Leder? (Rhetorische Frage; siehe Seite 168)

P…- hier mit betonender Funktion: »durch ... aber« ... ]Ã-NÈP-Oÿ- um zu ...

@Èc-Z‰c-@È-T-]HU-RÈc- »durch Leder«, das heißt durch weiches Leder,

]NÈN-lE- auch wenn man wünscht §‰- hier das heißt _E-_E-C…- (jeweils) eigenen

Lektion Elf

1. Zu Titeln siehe S. 272.

Page 179: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

163Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

12. SatzabschlüsseAbschlüsse von einfachen Sätzen | Aussagesätze | Fragesätze | Imperativ, Prohibitiv, Optativ | Dem Satz vorangestellt | Betonung innerhalb des Satzes |Wann übersetzt man in einen Passivsatz?

Satzabschlüsse von einfachen SätzenIn diesem Kapitel wird besprochen, wie einfache Sätze abgeschlossen werden. »Einfa-che Sätze« bedeutet hier, dass sie nicht mit anderen Sätzen verbunden sind, sondern nur eine Verbalhandlung mit den dazugehörigen Ergänzungen enthalten. An einfa-chen Sätzen gibt es Aussage-, Frage- und Aufforderungssätze. Diese sind anhand der Satzendungen zu erkennen, Fragen auch anhand von Fragewörtern.

Typisch für die tibetische Schriftsprache sind aber nicht einfache Sätze, sondern kom-plexe Satzgefüge, wie sie in Lektion 16 beschrieben werden.

Sätze können auch ineinander verschachelt sein.

Aussagesätze

Allgemeine Bemerkung

Einfache Aussagesätze können auf zwei Arten abgeschlossen werden: mit einer Final-partikel der Aussage oder mit dem Verbstamm bzw. der Verbphrase1 am Ende ohne weitere abschließende Partikel.

Aussagesätze mit dem Verb bzw. der Verbphrase am Ende

Ein einfacher Aussagesatz kann mit dem Verbstamm allein enden.

Y-UÈ-N‰-^E-UIU-Oÿ-Èc, Auch der Fuchs floh mit. (Lesestück Lektion 14)

Marpa spricht zu Milarepa:

`“c-EC-^…N-Cc“U-]T“`-T-N‰-T\E-, Dass [du mir] Körper, Rede und Geist darbringst, ist gut. (Mil 57)

Am Ende von einfachen Aussagesätzen kann auch eine Hauptverb-Hilfsverb-Kon-struktion stehen. In der klassischen Schriftsprache sind die wichtigsten Konstruktio-nen mit q‰N-R-, ]nŸ_-T- oder ]H“C-R- als Hilfsverb gebildet. Für ein Beispiel siehe Seite 156. In der Umgangssprache ist das Hilfsverbsystem komplexer (siehe Lektion 18). In der modernen Schriftsprache und in sehr lebendigen Erzählungen wie der Milarepa-Biographie findet man umgangssprachliche Einflüsse.1. Eine Verbphrase ist das Hauptverb mit den dazugehörigen Hilfs- oder Modalverben.

12.1

12.2

12.2.2

12.2.1

Page 180: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

164Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Aussagesätze mit der Finalpartikel der Aussage

Die Finalpartikel der Aussage ist typisch für die klassische Schriftsprache. Sie markiert

das Ende eines Satzes, Gedankens oder Abschnitts.

Die Form der Finalpartikel variiert je nach Postskript des vorangehenden Wortes.

nach Postskript C Y CÈ-

nach Postskript E Y EÈ-

nach Postskript N Y NÈ-

nach Postskript P Y PÈ-

nach Postskript T Y TÈ-

nach Postskript U Y UÈ-

nach Postskript ] Y o-Vokal über dem ] (N@]È, »es ist schwer«)

nach Postskript _ Y _È-

nach Postskript ` Y `È-

nach Postskript c Y cÈ-

ohne Postskript Y -]È- (TZ…]È, »es sind vier«)

nach ehemaligem N-xC- Y KÈ-

N@]È, und TZ…]È, gelten metrisch als eine Silbe, werden aber nicht als Diphthonge aus-

gesprochen, sondern als schnelle Vokalfolge ohne Glottalverschluss dazwischen, [káo]

und [ɕìo].

Die Finalpartikel steht direkt nach dem Verbstamm.

U-\‰-Z…C-çÈ-ä‰-Ç…E-`-cÈE-EÈ-, Ein Brahmane ging nach Darjeeling.

]HU-NR`-NqEc-`-pC-]W`-`È, [Ich] verneige [mich] vor Mañju²rÅ.

Bei einer Gleichsetzung können Subjekt und Gleichsetzungsergänzung hintereinan-

dergestellt werden und es folgt ein Satzabschluss. Das kann mit dem Gleichsetzungs-

verb ^…P- sein, aber auch ohne Verb nur mit der Finalpartikel oder mit der Semifinal-

partikel (siehe Seiten 164, 220).

Lektion Zwölf

12.2.3

Page 181: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

165Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

]qŸE-T-TZ…-P…, c-NE-G”-NE-U‰-NE-Ö‡E-NE-TZ…]È, ,Die vier Elemente sind Erde, Wasser, Feuer und Luft (diese vier). (Jä 250)

Aus dem Tshig mdzod chen mo zu »rten gsum«

å‰P-Cc“U, ˇ‡]Ã-å‰P-cEc-îc-l…-C\“Cc, Cc“E-C…-å‰P-GÈc-l…-NR‰-G, M—Cc-l…-å‰P-

UGÈN-å‰P-TFc-Cc“U-UÈ, ,Die »drei Stützen« sind die Stütze des Körpers, (d.h.) Abbildungen des Buddha, die Stüt-ze der Rede, (d.h.) Dharmatexte, die Stütze des Geistes, (d.h.) StÊpas, (diese drei). (Tshig)

(TFc- markiert das Ende einer Aufzählung; siehe Seite 198 unten)

Die Finalpartikel nach p…_- kann eine Begründung abschließen. Für ein Beispiel siehe Seite 221.... l…- etc. + p…_-_È, (es ist so,) weil ...

Fragesätze

Allgemeine Bemerkung

Fragen werden entweder mit Fragewörtern oder mit Fragepartikeln gebildet. Die Fra-gepartikel der klassischen Schriftsprache ist die Finalpartikel der Frage -]U- usw. Das Prinzip der Fragen ist in der Schriftsprache und in der Umgangssprache gleich, die For-men unterscheiden sich aber erheblich! Wir behandeln hier die Schriftsprache. Zu Fra-gepartikeln in der Umgangssprache siehe NT 85, 86.

Im Deutschen werden Fragen gebildet, indem die Satzglieder umgestellt werden (»In-version«). Zum Beispiel wird die Aussage »Das ist dein Hund.« in der Frage zu »Ist das dein Hund?«. Im Tibetischen dagegen ist die Anordnung der Satzglieder bei Fragen und Aussagen gleich.

Formen der Finalpartikel der Frage

nach Postskript C Y CU-

nach Postskript E Y EU-

nach Postskript N Y NU-

nach Postskript P Y PU-

nach Postskript T Y TU-

nach Postskript U Y UU-

Satzabschlüsse / Thema, Betonung

12.3

12.3.1

Page 182: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

166Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

nach Postskript ] Y U nach dem ] (N@]U, »Ist es schwer?«)

nach Postskript _ Y _U-

nach Postskript ` Y `U-

nach Postskript c Y cU-

ohne Postskript Y -]U- (T“]U-T“-UÈ- »Junge oder Mädchen?«)

nach ehemaligem N-xC- Y KU-

N@]U, und T“]U- gelten metrisch als eine Silbe, werden aber nicht als Diphthonge ausgesprochen, sondern als schnelle Vokalfolge ohne Glottalverschluss dazwischen, [káam] und [pʰùam].

Entscheidungsfragen: Fragen mit Fragepartikeln

Entscheidungsfragen verlangen als Antwort »ja« oder »nein«. Im Tibetischen werden sie gebildet wie Aussagen, aber am Satzende steht eine Fragepartikel und markiert den Satz als Frage.

m…-]N…-Ts-a…c-l…-m…-_‰N, Dieser Hund ist Tashis Hund.

m…-]N…-Ts-a…c-l…-m…-_‰N-NU, Ist dieser Hund Tashis Hund?

]t‹`-R-`-_E-cEc-^ÈN-NU- Gibt es bei der Täuschung Selbstreinigung? (Gam)

Ergänzungsfragen: Fragen mit Fragewort

Ergänzungsfragen fordern eine Antwort, die über »ja« oder »nein« hinausgeht. Sie werden mit Fragewörtern gebildet.

]N…-C-_‰-_‰N, Was ist dieses?

BÈE-c“-_‰N, Wer ist er/sie?

Die wichtigsten Fragewörter in der klassischen Schriftsprache sind in Lektion 15 be-schrieben. Die wichtigsten Fragewörter in der Umgangssprache sind

c“- wer C-R_- wo

C-_‰- was C-WÍN- wieviele

C-Oÿc- wann C-]xc- wie

Lektion Zwölf

12.3.3

12.3.2

Page 183: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

167Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

C-C…- welcher, welche, welches c“]Ã- wessen

C-Pc- von wo

Zu einer Gegenüberstellung der Fragewörter in der Umgangssprache und in der

Schriftsprache siehe NT 408.

Wahlfragen

Wahlfragen sind »oder«-Fragen. Die beiden Alternativen werden hintereinanderge-

stellt. Zwischen ihnen steht eine Fragepartikel.

TN‰P-PU-U…-TN‰P- Ist es wahr oder nicht? (KG 66)

^…P-PU-U…P- Ist es oder nicht?

N‰-NC-CU, ]N…-NC- Die dort oder die hier?

In der Umgangssprache werden die beiden Möglichkeiten direkt hintereinanderge-

stellt:

T“-_‰N, T“-UÈ-_‰N, Ist es ein Junge oder ein Mädchen?

rhetorische Fragen

Mit Verb + -]U- oder -]U-F…- werden rhetorische Konstruktionen gebildet, die mit

»etwa« wiedergegeben werden können.

U_-U‰]Ã-]ÈN-`-]XÀE-T-^…c , , ¥E-T“-NR]-T_-]uÈ]U-F… , ,Wird etwa eine Fliege zum Held, dadurch dass sie mit dem Butterlampenlicht kämpft? (Sakya Pandita nach StB 358)

Häufig werden diese Konstruktionen mit negiertem Verb gebildet.

... U-^…P-PU- Ist es etwa nicht ... ?; Ist es nicht so, dass ...

... U…P-PU-F…- Ist es etwa nicht ... ?; Ist es nicht so, dass ...

Satzabschlüsse / Thema, Betonung

12.3.4

12.3.5

Page 184: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

168Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Auf die Frage, ob denn auch einfache Wesen wie wir die Erleuchtung erlangen können, antwortet Gampopa mit einer rhetorischen Fragen, die mit »warum nicht?« konstruiert ist:

]TN-Rc-T±„Tc-P-qE-G”T-F…c-K‰-U…-MÈT,

Wenn man fleißig praktiziert (praktiziert hat), warum sollte man nicht Erleuchtung erlangen? (Gam)

Auch mit Hilfe von Fragewörtern werden rhetorische Fragen gebildet. C-`- bedeutet »wie (könnte)?«.

@È-Tc-C-`-`E-, Wie könnte es genug geben an Leder?

^…N-´È-T]Ã-`U-Oÿ-U-cÈE-P , , c‰Uc-NC]-T]Ã-uÈCc-NE-C-`-]zN , ,

Wenn man nie den Weg der Traurigkeit ginge (gegangen ist), wie träfe man [jemals] den Freund, der einen aufheitern kann?

Die Finalpartikel der Frage mit der Bedeutung »und« und »oder«

Die Finalpartikel der Frage kann bei Aufzählung an die jeweiligen Nomen gehängt und mit »und« oder »oder« übersetzt werden.

pÈCc-TZ…-P…-a_-_U-üÈ]U-Q÷T-TU-qE-TFc-cÈ,,

Die vier [Himmels]richtungen sind Osten, Süden, Westen und Norden. (KG)

G”-TÈ]U-UWÍ]U-î-UWÍ-P-I-^ÈN-NÈ,

In Flüssen oder Seen oder Ozeanen gibt es Fische. (MH 40)

Imperativ, Prohibitiv, Optativ

Imperativ

Allgemeine Bemerkung

Der Imperativ, also eine Aufforderung oder ein Befehl, kann im Tibetischen nur von kontrollierbaren Verben gebildet werden. Im Deutschen dagegen kann man auch von nicht kontrollierbaren Verben einen Imperativ bilden, allerdings hat es dann einen ver-änderten Sinn (siehe Seite 129). Hat ein tibetisches Verb eine eigene Imperativform, so muss diese benutzt werden. Wenn nicht, fallen andere Formen mit der Imperativform zusammen. Die Verbtabelle im Anhang des Tshig mdzod chen mo bietet eine Übersicht über den gängigen Gebrauch der Stammformen in der Schriftsprache.

Lektion Zwölf

12.4

12.3.6

12.4.1

Page 185: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

169Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Imperativ mit Imperativpartikel

Der Imperativ kann gebildet werden, indem an den Verbstamm eine Imperativpartikel gefügt wird. In der klassischen Schriftsprache ist die Finalpartikel der Aufforderung die wichtigste Imperativpartikel.

Formen der Finalpartikel der Aufforderung

Die Finalpartikel der Aufforderung hat je nach Postskript der vorangehenden Verbstammform die Formen F…C-, Z…C- oder a…C-.

nach Postskript C N T Y F…C-

nach Postskript E P U ] _ ` und ohne Postskript Y Z…C-

nach Postskript c Y a…C-

nach ehemaligem N-xC- Y F…C-

õÈc-a…C- Sieh!

Marpa sagt zu Milarepa:

mÈN-E]Ã-z⁄-]N…-ÜÈCc-a…C- Du! Ziehe meinen Pflug. / Ziehe du meinen Pflug! (Mil)

Der Gauner erzählt seinen Kumpanen, wie man den Brahmanen überlisten kann, und sagt:

m‰N-FC-`-µc-R-N‰-TZ…P-Oÿ-qÈc-a…C-

Macht es so, wie [ich es] euch gesagt habe. (Lesestück Lektion Dreizehn)

Auch NE- kann als Imperativpartikel fungieren und drückt eine höfliche Aufforderung aus.

q-N‰-t‹E-t‹E-N@_-UÈ , , E-`-CaÈC-˛`-C^_-NE-, ,Weißer Kranich! Leihe mir die Fähigkeit [deiner] Flügel.

Die Imperativpartikel _ÈCc- bedeutet »Hilfe« und ist verwandt mit _ÈCc-R- oder uÈCc-RÈ- »Freund«. Sie ist wichtig in der Umgangssprache – auch als _ÈCc-CPE- »bitte!« –,ist aber auch in der Schriftsprache zu finden.

Kaum erkennt das Kind die Gebetskette in der Hand des Lama, ruft es:

]N…-E-`-≥ÈN-_ÈCc- Bitte gib sie mir! (DL 16)

Zum Imperativ in der Umgangssprache siehe NT 243-245.

Satzabschlüsse / Thema, Betonung

Page 186: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

170Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Imperativ/Aufforderung ohne Imperativpartikel

Imperative/Aufforderungen können auch ohne Imperativpartikel ausgedrückt wer-den.

CcÈ`-H-UGÈN- Trink Tee!/Bitte trinken Sie Tee!

Als Milarepa seine einzige Habe, einige Bücher, auf Marpas Altar legen will, fährt dieser ihn an:

mÈN-l…-NR‰-CÈC-N‰-p…_-MÈP,

Bring deine schäbigen Bücher nach draußen! (Mil)

Wunsch/Bitte ohne Aufforderungspartikel

Einige Verben drücken eine Bitte aus und werden mit dem Terminativsuffix konstru-iert.

... R_-[÷- (ich) bitte, zu ...

... R_-CcÈ`- (ich) bitte, zu ...

Prohibitiv

Der Prohibitiv ist eine Aufforderung, etwas zu unterlassen. Er wird mit den Negations-suffixen U- oder U…-und dem Präsensstamm gebildet. Der Prohibitiv kann mit oder ohne Finalpartikel der Aufforderung gebildet werden.

U-q‰N-F…C- tu nicht

Milarepa singt zu seinem eigenen Geist:

c‰Uc-U-≥È-U-≥È-_E-c_-ZÈC , ≥Èc-P-NÈP-U‰N-¶-WÍCc-xP , ,

Geist, zerstreue dich nicht, zerstreue dich nicht. Bleibe bei dir selbst.

Wenn du zerstreut bist, denkst du [nur] an alles mögliche Bedeutungslose.1

UXÍ-B`-ÇE-`-U…-]qÈ, , Lade nicht eine Dzo-Last einem Ochsen auf. (Blo)2

1. Das vollständige Lied und eine Übersetzung findet sich in StB 364.2. Ein Dzo ist eine Kreuzung aus Yakvater und Kuhmutter. In der guten, aber eher freien Übersetzung aus dem Theseus Verlag ist diese Zeile interpretierend übersetzt: »Belade ein Pony nicht mit der Last eines Pferdes« (Jamgon Kongtrul. Der große Pfad des Erwachens. Theseus Verlag, 1996, S. 35).

Lektion Zwölf

12.4.3

12.4.2

Page 187: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

171Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Optativ

Optativ mit nŸ_-F…C-Nichtkontrollierbare Verben können im Tibetischen keine Imperative bilden, aber Op-tative (»Möge ... «). Die Konstruktion Verbalnomen + -_- + nŸ_-F…C- wird benutzt um auszudrücken, dass etwas eintreten möge. nŸ_- ist die Perfektform von ]nŸ_-T- »wer-den, sich verändern«.

]u⁄T-R_-nŸ_-F…C- möge ... zur Verwirklichung kommen

Ein verneinter Optativ kann mit U-nŸ_- ausgedrückt werden. F…C- fällt dann weg.

PU-^E-TN‰-`c-IUc-U-nŸ_, , Mögen [sie] niemals vom Glück getrennt sein. (BCA)

Optativ mit aÈC-aÈC- bedeutet »komm!« und wird in der traditionellen tibetischen Grammatik als Im-perativ von ^ÈE-T- »kommen« gesehen. Naheliegender ist aber eine Verbindung mit Ca‰Cc-R- höfl. »kommen« (siehe auch Jä 585).

]N…_-aÈC- Komm her!

Wenn es nicht als Imperativ benutzt wird, drückt es den Wunsch aus, dass etwas ein-treten möge.

Ts-a…c-aÈC- Möge Glück kommen!

Als Hilfsverb drückt es den Optativ aus: »Möge es dazu kommen, dass ...« Y Möge ...

NC‰-T-CE-N‰c-]uÈ-T-AÿP , , qE-G”T-≠ÈN-`-]H“C-R_-aÈC ,Mögen aufgrund dieses heilvollen Handelns alle Wesen in das Verhalten eines Bo-dhisattvas eintreten. (BCA)

Aufforderung und Vorsatz mit l…c-, n…c- oder GÈC-

Mit l…c- oder n…c- am Satzende kann Aufforderung oder, in der 1. Person, Vorsatz ausge-drückt werden.

B-^‰E-U-q‰N-NÈ-¶E-n…c, Sei nicht abgelenkt! Sei interessiert! (KhZhL 45)

Satzabschlüsse / Thema, Betonung

12.4.4

12.4.5

Page 188: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

172Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Der Mann auf dem Feld verspricht Milarepa:

]È-P-Ec-U_-R-NE-≥N-l…c, Nun, ich werde dich mit Marpa zusammenbringen. (Mil)

Für ein Beispiel mit GÈC- siehe Seite 185.

n…c- ist auch die Form des Imperativstammes des Verbs Tn…N-R-, die elegant-bescheide-

ne Form von q‰N-R- »machen, tun«.1

Dem Satz vorangestellt

Übergeordnetes Thema

Einem vollständigen Satz kann ein Element vorangestellt werden, das das übergeord-

nete Thema beschreibt. Es ist in der Regel markiert mit dem Betonungssuffix P…- »was

... angeht«, mit `- »hinsichtlich, in Bezug auf« oder mit lE- / ^E- / -]E- »nun, aber«.

Die Formen der letzten Partikel sind abhängig von dem Postskript des vorangehenden

Wortes (siehe Partikelübersicht). Die deutschen Bedeutungen sind nur als erste Hilfs-

übersetzung gedacht. In den meisten Fällen werden sich andere Möglichkeiten finden,

die Konstruktion schöner und treffender wiederzugeben.

zC-NÈC-R]Ã-r…-P…-Z‰-•E-r‰-õ_-]T_-_È , ,»Was einen neidischen Menschen angeht: Der Hass brennt wie Feuer.«

Bei einem neidischen Menschen brennt der Hass wie Feuer. (StB 277)

Dieses Beispiel stammt aus einem alten Text der Tunhuang-Manuskripte. Myi ist eine alte Schreibweise für mi und mye ist eine alte Schreibweise für me.

K…`-`-K…`-U_-T±„T-Lfi-TLfiT-R-õ_-

»So wie bei Sesamkörnern: [Sie] sind geeignet, um Sesamöl zu erzeugen.«So wie Sesamkörner geeignet sind, Sesamöl hervorzubringen.

]BÈ_-T_-]t‹`-R-]N…-^E-c“-]t‹`-P , BUc-Cc“U-n…-c‰Uc-FP-MUc-FN-]t‹`-`È , ,Was die Täuschung im Sa¾sÀra angeht: Wer täuscht sich? Alle Lebewesen der dreiDaseinsbereiche täuschen sich. (Gam)

(P- steht für »wenn jemand fragt«; siehe Seite 160)

Lektion Zwölf

12.5

12.5.1

1. PSch 245: »Gelegentlich findet sich statt des Suffixes gyis auch das Suffix gyi. « Zu Futurstamm + Attributsuffix oder Ergativ-Instru-mentalsuffix siehe PSch 120 und 245.

Page 189: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

173Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Strukturierende Elemente in Texten wie Kapitelüberschriften und Nummerierungen sind häufig mit `- markiert.

NE-RÈ-`- in Bezug auf das Erste

Voranstellung eines Satzsgliedes

Ein Satzglied kann zum Zwecke der Betonung aus der Satzstruktur herausgenommen und dem Satz vorangestellt werden: »Die Gäste, sie kommen gleich!«. Unabhängig von der syntaktischen Rolle im Satzgefüge steht das vorangestellte Satzglied im Tibe-tischen immer im Absolutiv, das heißt ohne Kasussuffix. Häufig folgt das Betonungs-suffix P…-(»was ... angeht«).

In dem folgenden Beispiel ist ein Satzglied herausgehoben, indem es dem Satz vor-angestellt und mit P…- markiert wurde. Im Satz selbst wird dieses Satzglied mit dem bloßen Hinweis N‰-`- »jenem« wiederaufgenommen.

U-\‰-NT“`-RÈ-P…-m…U-TNC-C…c-N‰-`-T\]-T-NE-TCÈ-T-q…P-PÈ , ,Was den armen Brahmanen angeht, so gab ihm der Hausherr Essen und Kleidung. (MH 49)

In dem folgenden Beispiel hat das Agens keine Ergativ-Instrumentalmarkierung, son-dern steht markiert mit P…- am Satzanfang.

]SCc-R-éUc-P…-TNC-U‰N-UEÈP-c“U-Oÿ-UMÈE-,

Die Áryas sehen die Ichlosigkeit auf direkte Weise.

Anrede (Vokativ)

Die Anrede wird ohne weitere Partikel meistens an den Anfang des Satzes gestellt.

e-U-e-U-e-B‘]Ã-m…U-CK…Tc-Pc-U…-UE-RÈ-a…-]OÿCMutter, Mutter! Das Haus des Onkels ist zusammengebrochen und viele Menschen sind gestorben. (Mil)

Oft wird eine Interjektion vorangestellt (selten nachgestellt), die verdeutlicht, dass es sich um einen Vokativ handelt.

l‰-î`-RÈ- Oh, König!

Satzabschlüsse / Thema, Betonung

12.5.3

12.5.2

Page 190: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

174Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Interjektionen

Interjektion (»Dazwischenwurf«) sind kleine, partikelähnliche Wörter, die keine be-stimmte Stellung im Satz haben. Im Tibetischen stehen sie fast immer am Anfang. Sie geben uns wichtige Informationen. Zum einen werden sie manchmal geradezu als Vokativmarkierer eingesetzt, zum anderen können sie die Höflichkeitsebenen anzei-gen (ob eine einfache Person zu einer höherrangigen spricht usw.) und welches Gefühl hinter dem Ausruf steht (Freude, Trauer, Überraschung usw.).1

• Anrede

l‰- wichtigste Partikel in Zusammenhang mit dem Vokativ

»Oh! He! Heda!« oder einfach zur Markierung des Vokativs

höflich (gegenüber älteren und höhergestellten Personen)

∂-^‰- für Gleichgestellte

Y-^…- für Kinder und Niedriggestellte

`Cc- höfliche Anrede (wird dem Bezugswort nachgestellt)

(auch höflich für ^…P-)

• Gefühl

l‰-U- Oh weh!

e-B-B- Verachtung

e-`-`- freudige Überraschung

e‰-U-dÈ- Glückseligkeit

l‰-U-m…-N‰-P…-a…P-Lfi-U-_“Ec-R-^…P,

Oh weh! Dieser Hund ist wirklich grausig! (Lesestück Lektion Dreizehn)

1. Eine ausführliche Auflistung von Interjektionen findet sich bei KG 143, 144.

Lektion Zwölf

12.5.4

Page 191: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

175Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Betonung innerhalb des Satzes

Allgemeine Bemerkung

Jedes beliebige Satzglied kann auch innerhalb des Satzes mit Hilfe von P…- »was ...

angeht« oder mit lE- / ^E- / -]E- »aber« betont werden. Diese betonenden Partikeln

stehen noch hinter den Kasussuffixen.

Betonungssuffix P…-Stellung

P…- steht hinter allen anderen Partikeln im Satzglied, zu dem es gehört.

üU-UM…`-VU-n…-@È-Tc-P… , , c-§‰E-MUc-FN-C^ÈCc-NE-]x , ,Durch das Leder von der Schuhsohle allein, ist es, als wäre die ganze Erde [mit Leder]

bedeckt. (BCA)

Funktionen

Wie oben beschrieben, dient P…- der Betonung oder Heraushebung einzelner Wörter

oder Satzteile. Die erste Hilfsübersetzung ist »was ... angeht«, »nun«, »aber«, »eben«.

Manchmal lässt sich die Betonung im Deutschen nicht wiedergeben. P…- steht insbe-

sondere nach einem Subjekt in einer Gleichsetzung, zur Betonung nach einzelnen

Wörtern oder Satzteilen innerhalb eines Satzes, bei Subjektwechsel nach dem neuen

Subjekt, nach Überschriften (wie ein Doppelpunkt) und nach einem dem Satz voran-

gestelltem Thema.

Milarepa hat sich auf den Weg nach Lho-brag gemacht, um Marpa aufzusuchen. Jeden, den er trifft fragt er nach dem großen Übersetzer Marpa, aber niemand kann ihm weiterhelfen. Schließlich, in der Nähe von Marpas Wohnort Gro-bo-lung, antwortet jemand:

U_-R-\‰_-T-P…-^ÈN, ´‰c-UGÈC-U_-R-`È-VÓ-\‰_-T-P…-U‰N,Einen, der Marpa genannt wird, gibt es.

Einen, der Höchstes Wesen, Marpa, der Übersetzer genannt wird, gibt es nicht. (Mil)

P…- wird auch als metrisches Füllsel benutzt, wenn in einem Vers für das Versmaß eine

weitere Silbe gebraucht wird. In solchen Fällen steht P…- an so unbetonter Stelle, dass es

leicht als reines Füllwort zu erkennen ist. In dieser Funktion wird es in der Übersetzung

nicht wiedergegeben.

Satzabschlüsse / Thema, Betonung

12.6

12.6.2

12.6.1

Page 192: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

176Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Vorgehen beim Übersetzen

Beim Übersetzen sucht man immer als erstes das Prädikat im Satz (und zwar am Satz-

ende), um zu wissen, welche Satzstruktur zu erwarten ist. Nur bei P…- im Satz wird da-

von abgewichen, denn P…- markiert eventuell das Thema und kann von daher auf noch

wichtigere Informationen hinweisen. Hilfsweise kann man P…- mit »was ... angeht«

übersetzen, letztendlich bleibt es aber meistens unübersetzt. Steht P…- in Versen an un-

betonter Stelle, ist es ein bloßer Silbenfüller und wird nicht wiedergegeben.

Wann übersetzt man in einen Passivsatz?

Aktiv und Passiv sind im Deutschen Möglichkeiten, die Perspektive auf die Handlung

eines Satzes darzustellen. Im einem gewöhnlichen Aktivsatz wird kein Satzteil beson-

ders herausgehoben. Im deutschen Satz »Der Holzfäller hat das Holz in Stücke zer-

hackt.« ist das Agens (»der Holzfäller«) Subjekt und steht im Nominativ. Im Passivsatz

wird die Handlung aus der Sicht der betroffenen Sache oder Person aus gesehen. Hier

steht das Geschehen selbst bzw. das Ergebnis der Handlung im Vordergrund: »Das

Holz wurde vom Holzfäller in Stücke zerhackt.« Jetzt ist die betroffene Sache (»das

Holz«) Subjekt und steht im Nominativ. Die handelnde Person hat die grammatische

Rolle einer Adverbialbestimmung.

Im Tibetischen gibt es keine regelmäßige Bildung von Passivformen der Verben wie im

Deutschen. Es gibt aber auch hier die Möglichkeit, verschiedene Perspektiven auf die

Handlung auszudrücken. Schauen wir uns die folgenden Beispielsätze an:

a…E-UBP-n…c-a…E-OÿU-T“_-TFN-NÈ,Der Holzfäller hat das Holz in Stücke zerhackt.

a…E-a…E-UBP-n…c-OÿU-T“_-TFN-NÈ,Das Holz wurde durch den Holzfäller in Stücke zerhackt.

Wir sehen, dass die Verbformen bei allen Sätzen identisch sind. Auch ist in allen Sätzen

der Handelnde mit dem Ergativ-Instrumentalsuffix versehen und die betroffene Sache

(das Patiens) mit dem Nullsuffix. Dennoch ist es möglich, einen Unterschied in der Per-

spektive auf die Handlung zu erkennen und zwar durch die Satzstellung.

Ein Satz mit der Stellung Agens-Patiens-Prädikat sollte gewöhnlich als Aktivsatz über-

setzt werden, ein Satz mit der Stellung Patiens-Agens-Prädikat mit einem Passivsatz.

Lektion Zwölf

12.7

Page 193: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

177Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Im Deutschen ist Passivbildung eine Möglichkeit, die handelnde Person in den Hinter-grund zu rücken oder sogar unerwähnt zu lassen, zum Beispiel wenn man sie nicht kennt oder nicht erwähnen möchte: »In der Bibliothek werden häufig Sachen gestoh-len.« Im Deutschen gibt es auch die Möglichkeit, von einigen wenigen intransitiven Tätigkeitsverben Passivsätze zu bilden (und so die Handlung in den Blickpunkt zu rü-cken), zum Beispiel »tanzen«, »lachen«. Da diese Verben kein direktes Objekt haben, das im Passivsatz das Subjekt sein könnte, wird als »Scheinsubjekt« das unpersönliche Pronomen »es« benutzt: »Es wird getanzt.«

Im Tibetischen kann das Agens (und ebenso das Subjekt) einfach weggelassen wer-den. Auch hier bietet sich eine Wiedergabe als Passivsatz an.

a…E-OÿU-T“_-TFN-NÈ, Das Holz wurde in Stücke zerhackt.

NU-z⁄C-éUc-E-`-≥N, Die Siegel wurden mir gegeben. (DL 31)

Übungen zu Lektion 12

Übung zum übergeordneten Thema

Übersetzen Sie den Text und analysieren Sie seine Struktur!

Aus der Einleitung von Gampopas Schmuck der Befreiung.

Gampopa. Der kostbare Schmuck der Befreiung. Theseus Verlag, 2000, Seite 21.

1. GÈc-MUc-FN-]BÈ_-T-NE-r-EP-`c-]Nc-R-CI…c-c“-]Oÿc-cÈ, , N‰-`-]BÈ_-T-Z‰c-q-

2. T-P…-_E-TZ…P-§ÈE-R-I…N-^…P , éU-R-]t‹`-R-^…P , UWP-I…N-•‡C-T¢`-Oÿ-a_-T-

3. ^…P-PÈ , , r-EP-`c-]Nc-R-Z‰c-q-T-P…-_E-TZ…P-§ÈE-R-I…N-^…P , éU-R-]t‹`-R-

4. MUc-FN-\N-F…E-^`-T-^…P , UWP-I…N-•‡C-T¢`-MUc-FN-`c-uÈ`-T-^…P-PÈ , ,

Übung zur finalpartikel der Frage

Anhand von Beispielen illustriert Gampopa im Schmuck der Befreiung auf welche Art Buddhanatur in allen Lebewesen vorhanden ist.

Eine Übersetzung finden Sie zum Beispiel in:

Gampopa. Der kostbare Schmuck der Befreiung. Theseus Verlag, 2000, Seite 30.

Satzabschlüsse / Thema, Betonung

Page 194: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

178Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Ende des 1. Kapitels: »Buddhanatur«

1. c‰Uc-FP-MUc-FN-`-cEc-îc-l…-£…E-RÈ-^ÈN-R_-T§P-KÈ, ,

2. N‰-^E-NR‰-H…-õ_-^ÈN-P-

3. NE“`-çÈ-`-NE“`-CPc-R]U , K…`-`-K…`-U_-CPc-R]U ,

]È-U-`-U_-CPc-R-õ_-^ÈN-NÈ , ,

4. N‰c-P-NE“`-çÈ-`-NE“`-T±„T-Lfi-TLfiT-R]U , K…`-`-K…`-U_-T±„T-Lfi-TLfiT-R]U ,

]È-U-`-U_-T±„T-Lfi-TLfiT-R-õ_ , c‰Uc-FP-`-cEc-îc-T±„T-Lfi-TLfiT-R-^…P-PÈ , ,

Übung zum Optativ

Der Optativ wird besonders in Widmungen benutzt.

1. ∞C-R-éUc-P…-]H…Cc-U‰N-aÈC , TF…Ec-R-éUc-P…-uÈ`-T_-nŸ_ , ,

UM—-U‰N-éUc-P…-UM—-úP-Z…E-, ,c‰Uc-P…-SP-W”P-CI‰P-nŸ_-F…C , (BCA X, 22)

2. T§P-R-NE-c‰Uc-FP-`-SP-TN‰-î-G‰P-RÈ-]BÈ_-T-U-§ÈEc-l…-T_-Oÿ-

]qŸE-T_-nŸ_-F…C , , , cè-UE-`' , (Mil)

3. TcÈN-PUc-]N…-^…c-MUc-FN-C\…Cc-R-I…N , ,

MÈT-Pc-I‰c-R]Ã-Nu-éUc-SU-qc-Pc , ,

´‰-à-P-]G…]Ã-è-ÖTc-]t‹C-R-^… , ,

~…N-R]Ã-UWÍ-`c-]uÈ-T-uÈ`-T_-aÈC ,

Lektion Zwölf

Page 195: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

179Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

13. Adjektiv, RedeDas Adjektiv: Positiv, Komparativ und Superlativ | Rede | Zitate

Das Adjektiv: Positiv, Komparativ und Superlativ

Positiv

Bildungsweise

1. Stamm eines Zustandsverbs + Nominalsuffix:

§ÈE-R- P. §ÈEc- leer sein, leer werden

§ÈE-R- leer

Bei einigen Adjektiven ist ein P-Postskript eingefügt.

G‰-T- groß sein Y G‰P-RÈ- groß

à-T- alt sein; Alter Y àP-RÈ- alt

Unterschiedliche Formen können nebeneinander existieren.

UMÈ-RÈ-, UMÈ-T-, UMÈP-RÈ- hoch

2. Verdoppelung des Stammes eines Zustandsverbs: JfiE- wenig sein Y JfiE-JfiE- wenig

Komparativ

Bildungsweise

Stamm des Zustandsverbs + R- / T-: G‰-T- groß sein Y im entsprechenden Kontext: größer

Satzstruktur beim Vergleich (`c-)

Nomen + `c- – verglichenes Nomen + Adjektiv in Komparativform – Verb

å-`c-m…-G”E-T-^…P, Der Hund ist kleiner als das Pferd.(»Vom Pferd aus gesehen ist der Hund klein.«) (MH 97)

_…-TÈ-CZP-`c-UMÈ-T-Z…C- ein Berg höher als die anderen

Statt `c- kann in der Schriftsprache auch Tc- stehen.

13.1

13.1.1

13.1.2

Page 196: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

180Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Lama rNgog-pa spricht zu Milarepa:

ô‰Tc-P-N‰-Tc-•…C-G‰-T-F…-^ÈN,Wenn man sich töten würde, was gäbe es für eine größere Sünde? (Mil 92)

Komparativ ausgedrückt allein durch die Satzstruktur und ohne Komparativform

m…-`c-å-UnÈCc-RÈ_-î‡C-CÈ, Das Pferd läuft schneller als der Hund.(»Vom Hund aus gesehen läuft das Pferd schnell.«) (MH 97)

^…-C‰-U…-a‰c-P-Ø„-Dÿ-UN]-`c-_…E-,Wenn man die Schrift nicht kennt, ist der Stift länger als ein Pfeil.

Superlativ

Bildungsweise

Stamm des Zustandsverbs + aÈc-: G‰-T- groß sein Y G‰-aÈc- am größten

TÈN-l…-É-U-UMÈ-aÈc-a…C- einer der höchsten Lamas in Tibet (DL 21)

ü-UÈ]Ã-É-UWÍ-Z‰c-R-N‰-ˇN-uCc-G‰-aÈc-a…C-^…P-Der »Lhamo Latso« ist einer der berühmtesten [Orakelseen]. (DL 15)

Satzstruktur bei der Heraushebung aus einer Menge (Pc-)Gesamtmenge + Pc- verglichenes Nomen + Superlativform Verb

EP-cÈE-Cc“U-Pc-OÿN-]uÈ-T\E-aÈc-^…P,Von den drei niederen Daseinsbereichen ist der Tier[daseinsbereich] der beste.

Das verglichene Nomen kann auch an anderer Stelle im Satz stehen, zum Beispiel vor der Gesamtmenge oder nach dem Superlativ.

EP-cÈE-Cc“U-Pc-T\E-aÈc-OÿN-]uÈ-^…P,Von den drei niederen Daseinsbereichen ist der beste der Tier[daseinsbereich].

Superlativ ausgedrückt allein durch die Satzstruktur und ohne Superlativform

Gesamtmenge + l…- etc. + PE-Pc- verglichenes Nomen + Adjektiv Verb

a…E-C…-PE-Pc-VP-NP-_…P-ME-G‰, Unter den Hölzern ist Sandelholz das kostbarste. (KG)

Lektion Dreizehn

13.1.3

Page 197: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

181Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Rede

Formen der Partikeln

nach Postskript C N T Y F‰c-, F‰-P-, F‰]È,

nach Postskript E P U ] _ ` und ohne Postskript Y Z‰c-, Z‰-P-, Z‰‰]È,

nach Postskript c Y Z‰c- oder a‰c-, a‰-P-, a‰‰]È,

nach ehemaligem N-xC- Y F‰c-, F‰-P-, F‰]È,

Einbettung in den Satz

Rede wird ohne Markierung durch Satzzeichen als direktes Objekt in den Rahmensatz eingebettet. Vor der Rede steht typischerweise ein Agens. Hinter der Rede kennzeich-net häufig die Partikel F‰c-, Z‰c- oder a‰c- (in der Umgangssprache \‰_- / höfl. [÷-) das Ende der Rede und darum soll sie hier »Redeabschlusspartikel« genannt werden. Sie markiert auch das Ende von Zitaten, Gedanken usw. Danach folgt ein Verb des Sagens. Die Rede selbst wird vollständig wiedergegeben, kann also auch aus mehreren Sätzen bestehen. Sie kann wie gewöhnliche Sätze mit oder ohne Finalpartikel abschließen oder mit Hilfsverben.

Typisch ist die Konstruktion:

Agens – [Rede] – Redeabschlusspartikel – Verb des Sagens

WE-Uc- [Rede] F‰c-µc-R-_‰N, Alle riefen: »...«

(µc-R-_‰N- = Hauptverb-Hilfsverbkonstruktion; siehe Seiten 257-259)

Der Rahmen zur Rede kann variieren. Er hat aber immer vor der Rede eine Einleitung und nach der Rede einen Abschluss.

Redeeinleitung [Rede] Redeabschluss

(vor der Rede) (nach der Rede)

1. Sprecher + Ergativmarkierung

2. Sprecher + Nullsuffix + P-_‰-

3. Sprecher + l…-Z`-Pc-

4. Adverbialbestimmung wie ]N…-ˇN-Oÿ-

5. Verb des Sagens + R,

6. Verb des Sagens + -]È,

Adjektiv / Rede

13.2

13.2.2

13.2.1

Page 198: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

182Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Redeeinleitung [Rede] Redeabschluss

(vor der Rede) (nach der Rede)

a. F‰c- / Z‰c- / a‰c- + Verb des Sagens

b. Verb des Sagens

c. F‰c-cÈ, bzw. Z‰c-cÈ, bzw. a‰c-cÈ,

d. F‰]È, bzw. Z‰]È, bzw. a‰]È,

Redeeinleitung (vor der Rede)

1. Sprecher + Ergativmarkierung [Rede] Redeabschluss

Wie im Beispiel oben.

Das Agens kann zusätzlich mit P…- markiert sein.

U…-CZP-n…c-P…- [Rede] F‰c-µc-cÈ, , Ein anderer sagte: »...«

2. Sprecher + Nullsuffix + P-_‰- [Rede] Redeabschluss

Der Sprechende kann statt mit dem Ergativsuffix mit P-_‰- (höfl. Z`-P-_‰-) markiert sein.

^E-CF…C-P-_‰, [Rede] \‰_, Und einer sagte: »...«

3. Sprecher + l…-Z`-Pc- [Rede] Redeabschluss

Direkte Rede oder mündliche Überlieferung kann mit der Formulierung l…-Z`-Pc- »aus dem Mund von« eingeleitet werden. Z`- ist das höfliche Wort für »Mund« oder »Ge-sicht«.

Milarepa benutzt in seiner Biographie diese Formulierung, um deutlich zu machen, dass sein verehrter Lehrer Marpa spricht.

É-U]Ã-Z`-Pc, [Rede] Cc“Ec, Lama (Marpa) sprach: »...«

4. Adverbialbestimmung wie ]N…-ˇN-Oÿ- [Rede] Redeabschluss

Vor der wörtlichen Rede können Adverbialbestimmungen wie ]N…-ˇN-Oÿ- »in dieser Rede« stehen.

5. Verb des Sagens + R, [Rede] Redeabschluss

Ein Verb des Sagens kann zusätzlich noch vor der Rede stehen.

Lektion Dreizehn

13.2.3

Page 199: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

183Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

U…-Z…C-C…c-µc-R- [Rede] F‰c-µc-cÈ, , Einer sagte: »...«

6. Verb des Sagens + -]È, [Rede] Redeabschluss

Ein vollständiger, mit einer Finalpartikel abgeschlossener Satz kann als Einleitung zur Rede dienen.

SP-W”P-`-]N…-ˇN-F‰c-µc-cÈ, , [Rede] Z‰c-µc-cÈ, , [Sie] sagten (dieses) zueinander: »...«

É-U-U_-Rc-Ts-a…c-UE]-CcÈ`-n…-UDÿ_-]N…-Cc“Ec-cÈ, , [Lied]

F‰c-Cc“Ec-R]Ã-ä‰c-c“,Lama Marpa sang dieses Lied, das Glück und Erfolg [für Milarepa] erbittet: [Lied]. Nach-dem er so gesungen hatte, ...

Redeabschluss (nach der Rede)

a. Redeeinleitung [Rede] F‰c- bzw. Z‰c- bzw. a‰c- + Verb des Sagens

Typischerweise wird das Ende der Rede mit F‰c-, Z‰c- oder a‰c- (in der Umgangssprache \‰_-) gekennzeichnet.

b. Redeeinleitung [Rede] Verb des Sagens

Die Kennzeichnung des Endes der Rede durch F‰c-, Z‰c- oder a‰c- kann ausfallen.

^E-CF…C-P-_‰, U…-`-_c-R-N‰-N-õ-CE-P-T[÷Cc-\‰_,Und einer sagte: »Wo hält sich jener Milarepa jetzt auf?« (Mil)

c. Redeeinleitung [Rede] F‰c-cÈ, , bzw. Z‰c-cÈ, , bzw. a‰c-cÈ, ,Die Partikeln F‰c-, Z‰c- oder a‰c- mit Finalpartikel können verkürzt für »so heißt es«, »so wird gesagt« u. ä. stehen.

d. Redeeinleitung [Rede] F‰]È, , oder Z‰‰]È, , oder a‰‰]È, ,F‰]È, , oder Z‰‰]È, , oder a‰‰]È, , bedeuten »sagen zu«, »heißen« u. ä.

ˇ_-U-N‰]Ã-U…E-`-MÈ-_Ec-ˇ_-îP-Z‰]È, ,Zu diesem Stern sagt man »Sternschmuck des Sonnenaufgangs«. /

Dieser Stern heißt »Sternschmuck des Sonnenaufgangs«. (KG 86)

Adjektiv / Rede

13.2.4

Page 200: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

184Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Angesprochene mit Dativ-Lokativsuffix

Angesprochene werden mit dem Dativ-Lokativsuffix markiert.

c‰E-C‰c-§C-`- [Rede] x…c-Rc, §C-C…c-C\…C-`-x…c,

Als der Löwe den Tiger fragte: »...«, fragte der Tiger den Leoparden. (Lesestück Lektion 14)

Übersetzung in direkte oder indirekte Rede

Direkte Rede gibt das Gesagte im direkten Wortlaut wieder. Personalpronomen der 1. und der 2. Person (»ich«,»du«) und Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktionen am Ende der Aussage weisen auf ein direkt wiedergegebenes Gespräch hin. Wörtliche Rede macht den Stil lebendiger, indirekte Rede macht ihn distanzierter. Direkte und indirekte Rede lässt sich im Tibetischen nicht immer klar unterscheiden.

UM_-_…-TÈE-C…c-Ec-NEÈc-c“-UMÈE-qŸE-Z‰c-µc-R-P,Als am Ende der Hase sagte: »Ich habe [Platsch] direkt gesehen« ... (Lesestück Lektion 14)

(UMÈE-qŸE- = Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion; siehe Seite 257-259)

Indirekte Rede wird ohne weiteres Suffix vor F‰c-uCc- »es heißt, dass ...; es ist bekannt, dass ...« gestellt oder mit dem Terminativsuffix an das Verb des Redens, Lehrens usw. angebunden.

TÈN-^“`-NT“c-l…-î`-RÈ-UGÈC-CPU-_…-~ÈE-TVP-^P-GN-`-TÈN-`-^…-C‰-U‰N-F‰c-uCc-Es heißt, dass es bis zu der Zeit des höchsten Königs von dBus in Tibet, gNam-ri Srong-btsan, in Tibet keine Schrift gab.1

c‰Uc-FP-MUc-FN-`-cEc-îc-l…-£…E-RÈ-^ÈN-R_-T§P-KÈ , ,Es wird gelehrt, dass alle Wesen Buddhanatur besitzen. (Gam)

Peter Schwieger schreibt: »In Ausnahmen findet man Mischformen zwischen direk-ter und indirekter Rede. Diese Mischformen machen deutlich, dass im Tibetischen der Unterschied zwischen direkter und indirekter Rede nicht scharf gezogen wird.« Im Fol-genden gibt er Beispiele dazu (PSch 200-201).

1. Aus: A. Rona-Tas. Wiener Vorlesungen zur Sprach- und Kulturgeschichte Tibets. Arbeitskreis für tibetische und buddhistische Studien. Wien, 1985, S. 245.

Lektion Dreizehn

13.2.6

13.2.5

Page 201: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

185Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Gebrauch der Verben des Sagens

Verschiedene Verben des Sagens

]x…-T- P. I. x…c- fragen, sich erkundigen

µ-T- P. µc- sagen

\‰_-T- sagen

äÈN-R- P. N. TäÈN- sagen

`T-R- umgangssprachlich sagen

P. qc-R- sagte; qc-R- ist die Perfektform von q‰N-R-, wird aber in der Bedeutung von »sa-gen« nicht im Präsens gebraucht. Die Futurform (Z‰c-)q-T- bedeutet »sogenannt«.

[÷-T- P. [÷c- bescheiden sagen, bitten

CcÈ`-T- bescheiden bitten

Cc“Ec-R- höflich sagen

T@]-™`-T- »das Wort gewähren«; sehr höflich für sagen

]NÈN-R- wünschen; auch im Sinne von sagen, eine Lehrmeinung vertreten

Je nach Kontext lassen sich die Wörter auch mit »rufen«, »erwidern«, »behaupten« usw. wiedergeben.

Höflichkeitsebenen

Tibetische Autoren benutzen die Höflichkeitsebenen, um deutlich zu machen, wer spricht, zum Beispiel der Lama oder der Schüler.

Wie erhofft trifft der Anführer des Suchtrupps, Ke'utsang Lama aus Sera, in der Küche auf den kleinen Jungen. Er trägt eine Gebetskette bei sich, die dem 13. Dalai Lama gehört hatte. Der 14. Dalai Lama beschreibt die Situation, wie sie ihm geschildert wurde:

z⁄C-Dÿc-]N…-E-`-≥ÈN-_ÈCc-`T-§Tc-É-Uc-E-EÈ-a‰c-P-≥N-GÈC-Cc“Ec,Das Kind rief: »Bitte gib sie mir!«.

Der Lama antwortete: »Wenn Du mich erkennst, will ich sie dir wohl geben!«

In Milarepas Biographie wird konsequent im Rahmensatz zur Rede die höfliche Ebene benutzt, wenn Marpa spricht, und die bescheidene, wenn Milarepa spricht.

N‰-Pc-Ec- [Rede] [÷c-R, Danach sprach ich [zu Marpa]: »...«

É-U]Ã-Z`-Pc, [Rede] Cc“Ec, Lama [Marpa] sprach: »...«

Adjektiv / Rede

13.2.7

Page 202: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

186Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Das Agens kann weggelassen werden und allein anhand des Verbs kann man erken-

nen, wer spricht.

Verdeutlichung des Sprechers durch das Verb des Sagens

Auch auf der gleichen Höflichkeitsebene können mit Hilfe der Verben des Sagens die

Sprecher auseinandergehalten werden. Im folgenden Dialog nennt Milarepa nicht die

Sprecher, benutzt aber für sich selbst immer qc-R- und für den Hirtenjungen, mit dem

er sich unterhält, das Verb \‰_-T-.

]È-P-uÈ-TÈ-`“E-CE-P-^ÈN-qc-Rc, uÈ-TÈ-`“E-S-C…-^…P-\‰_-T§P-qŸE-,

S-C…-P-c“-T[÷Cc-qc-Rc, U_-R-\‰_-T-N‰-C-^ÈN-\‰_,Als ich fragte: »Wo liegt dann Gro-bo-lung?« , zeigte [er mir die Richtung und] sagte »Gro-bo-lung ist das dort drüben.« Als ich fragte: »Wer wohnt dort drüben?«, sagte er: »Es ist eben jener, der Marpa genannt wird.«

Erweiterungen zwischen Agens und Rede

Zwischen Agens und Rede steht häufig eine Erweiterung mit der Semifinalpartikel

oder mit Pc- und beschreibt, in welcher Weise oder aus welchem Anlass heraus etwas

gesagt wird.

z⁄C-Dÿc-z‰E-T-N‰-EÈc-]XÀP-qc-K‰-]N…-E-`-≥ÈN-_ÈCc-`T,Das Kind erkannte die Kette und rief: »Bitte gib sie mir!«

Wörtliche Rede in der Umgangssprache

In der Umgangssprache wird als Redeabschlusspartikel \‰_- benutzt. Da die Umgangs-

sprache hier nicht näher besprochen werden soll, verweise ich auf KG 80, 81 und NT

214-216.

Gedanken

Gedanken werden genau wie die Rede in einen Rahmen aus Einleitung und Redeab-

schlusspartikel + Abschluss gebettet.

U-\‰c- [Gedanke] Z‰c-TcUc-cÈ, , Der Brahmane dachte: ...

Lektion Dreizehn

13.2.10

13.2.9

13.2.8

Page 203: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

187Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Häufig kommt in der Einleitung TcU-R_- »in Gedanken« u. ä. vor, was man mit »bei sich« wiedergeben kann oder nicht explizit übersetzt.

_…-TÈE-C…-TcU-R_, [Gedanke] TcUc, Der Hase dachte (bei sich): »...«

So eine Formulierung kann auch der Rede nachgestellt sein.

U-\‰c- [Gedanke] F‰c-£U-Oÿ-TcUc-cÈ, , Der Brahmane dachte (bei sich) »...«

»sogenannt«, »namens«

Z‰c-R-, Z‰c-q-T-, Z‰c-Tn…-T- und \‰_-T- (in der Umgangssprache) bedeuten »sogenannt« oder »namens«. Sie kommen auch in den Varianten mit F‰c- oder a‰c- vor (Siehe Seite 181). Sie stehen zum Beispiel nach Begriffen, die näher erklärt werden, oder Namen, die zum ersten Mal vorkommen. Im Deutschen gibt es verschiedene Wiedergabemög-lichkeiten:

• Anführungszeichen

• keine explizite Wiedergabe

• »sogenannt«, »namens« u. ä.

UXÍ-UÈ-Z‰c-R-C^C-NE-, T-pŸCc-]x‰c-R-_‰N,Ein »Dzomo« ist eine Kreuzung aus Yak und Kuh.

çÈ-ä‰-Ç…E-Z‰c-q-T]Ã-uÈE-m‰_-N‰-`-in der Stadt Darjeeling; in einer Stadt namens Darjeeling

c‰E-C‰c-F`-\‰_-T-c“-_‰N-N_…c-Rc- Als der Löwe fragte: »Wer ist dieser ›Platsch‹?«

»wenn jemand sagt/fragt«

F‰-P- / Z‰-P- / a‰-P- sind Verkürzungen von F‰c-µc-R-P- »wenn jemand sagt/fragt« u. ä. Sie folgen auf eine Frage, die einen möglichen Einwand darstellt, oder einen Punkt, der zu klären ist. In der Umgangssprache benutzt man dafür \‰_-P-.

]È-P-î‡-UWP-F…]Ã-p…_-c‰Uc-FP-cEc-îc-l…-£…E-RÈ-FP-^…P-Z‰-P,»Warum nun sind alle Lebewesen Buddhanatur besitzend?«

Y Warum nun haben alle Lebewesen Buddhanatur? (Gam)

Adjektiv / Rede

13.2.12

13.2.11

Page 204: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

188Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Häufiger noch wird F‰-P- / Z‰-P- / a‰-P- noch weiter abgekürzt zu P-.

c“-]t‹`-P , Wenn (jemand fragt:) »Wer täuscht sich?«, (so lautet die Antwort:)

Ähnliche Konstruktionen kommen vor mit Verben des Denkens usw.

£U-P- wenn jemand denkt

§ÈE-R-I…N-P…-GN-R]È-£U-P-Wenn jemand denkt, »Leerheit« sei »Nihilismus«, ... (JR 146)

Nominalisierte Rede

Die Rede kann mit Hilfe von (Z‰c-) R- nominalisiert werden und als Satzglied in den Satz eingebaut werden. Entsprechend dem Verb übersetzt man »die Worte ...«, »das von Gesagte ...« usw. oder benutzt Anführungszeichen.

P-UÈ-Dÿ-_“-UN-≈@’-˙-^, Z‰c-R-î-C_-`‰Cc-Æ_-n…-ˇN-^…P ,

N‰-TÈN-ˇN-Oÿ-T¨„_-P-É-U-]HU-R]Ã-NqEc-`-pC-]W`-`È , ,»Na mo gu ru mañju gho ¼a ya« ist Sanskrit.

Ins Tibetische übersetzt bedeutet es »Ich verneige mich vor Mañjugho¼a«. (KSM 11)

mÈN-`-UM—-G‰P-RÈ-^ÈN-\‰_-T-N‰-TN‰P-R_-]OÿC-Es ist wahr, was gesagt wird: Dass du große magische Kräfte hast. (Mil nach StB 390)

Bei dem Satzglied kann es sich auch um eine Person handeln, die etwas sagt.

î‡c-^ÈN-\‰_-T-Z…C-Jemand der sagte:»[Marpa] ist mir bekannt.« [ist mir nicht begegnet.] (Mil)

Lektion Dreizehn

13.2.13

Page 205: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

189Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Zitate

Gebrauch von Zitaten

Zitate sind in tibetischen Texten ein beliebtes Mittel, um Aussagen und eigene The-

sen zu untermauern. Zitiert wird dabei aus den autoritativen Schriften, insbesondere

Schriften, die als Buddha-Wort gelten oder Schriften indischer buddhistischer Meister.

Generell ist es den Autoren wichtig darzustellen, dass ihre Sichtweisen ganz in der

alten Tradition des Buddhismus stehen und keine eigene Neuerfindung sind. Gleich-

zeitig zeigt sich durch die Menge der Zitate die Gelehrtheit des Autors und die Fun-

diertheit seiner Argumente. Da diese grundlegenden Texte häufig in Versen verfasst

sind – das erleichtert das Auswendiglernen – kann man den Beginn eines Zitats auch

häufig daran erkennen, dass im Prosatext unvermittelt Verse auftauchen.

Einbettung in den Satz

Vor den Zitaten kann ein Hinweis auf das Werk stehen, aus dem zitiert wird, oder auf

den Autor des Werkes. Manches wird aber auch als so bekannt vorausgesetzt, dass gar

keine Hinweise gegeben werden. Nach dem Zitat steht die Redeabschlusspartikel und

es folgt ein höfliches Verb des Sagens u. ä.

• Zitat aus einem Werk: Kurztitel `c- [Zitat] F‰c-Cc“Ec-cÈ,,

cÓ-`“-öE-R]Ã-UNÈ-`c , [Zitat] Z‰c-Cc“Ec-cÈ , , Im SÊtra vom Reissprössling heißt es:

`c- kann verkürzt sein zu -_-

TîN-§ÈE-R_ , In der A¼¥asÀhasrikÀ (JR 142)

• Zitat eines Autors: Autor l…c- [Zitat] F‰c-Cc“Ec-cÈ , ,

Unvollständige Zitate

Zitate, insbesondere wenn der Inhalt als bekannt vorausgesetzt wird, können abge-

kürzt werden mit F‰c-cÈCc- »so und so weiter«

Mehrere Zitate hintereinander

[Zitat], Z‰c-NE-, [Zitat] ...

TîN-§ÈE-R_ , c‰Uc-l…-_E-TZ…P-P…-]ÈN-Cc`-T]È , , Z‰c-NE-, ...

In der A¼¥asÀhasrikÀ heißt es: »Die Eigennatur des Geistes ist klares Licht.« und ... (JR 142)

Adjektiv / Rede

13.3

13.3.2

13.3.1

Page 206: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

190Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übungen zu Lektion 13

Lesestück: »Der Brahmane und die Gauner«

Der folgende Text ist eine Geschichte aus der indischen mittelalterlichen Textsamm-

lung Hitopade²a »Die Unterweisung in dem, was nützlich ist«. Ich danke Prof. Michael

Hahn für die freundliche Genehmigung, die Edition aus seinem Lehrbuch der klassischen

tibetischen Schriftsprache zu übernehmen (Lesestück zu Lektion Dreizehn) und Frau Dr.

Ulrike Roesler danke ich für Informationen zu der Quelle dieser Edition. Eine Überset-

zung zu diesem und den anderen Lesestücken aus seinem Lehrbuch gibt Prof. Hahn im

Schlüssel zum Lehrbuch der klassischen tibetischen Schriftsprache.

Bedenken Sie beim Übersetzen, dass ein Brahmane strengen Reinheitsgeboten unter-

liegt und dass ein Hund in Indien als etwas Schmutziges angesehen wird.

1. U-\‰-Z…C-ü-éUc-`-UGÈN-R-q‰N-R_-]NÈN-R-`c-

NE“`-NE-TFc-R_-_E-C…-uÈE-Pc-MC-U…-_…E-T]Ã-uÈE-m‰_-G‰P-RÈ]Ã-PE-Oÿ-cÈE-EÈ- , ,

2. çÈ-ä‰-Ç…E-Z‰c-q-T]Ã-uÈE-m‰_-N‰-`-NE“`-TOÿP-n…c-_-U-Z…C-IÈc-R-NE-

_E-C…-uÈE-C…-pÈCc-c“-cÈE-EÈ- , ,

3. _E-C…-uÈE-Oÿ-úÈC-R]Ã-`U-n…-T_-P-CPc-R]Ã-áflP-RÈ-ò-RÈc-U-\‰-_-U-NE-úP-N‰-

îE-U-Pc-]ÈE-T_-UMÈE-EÈ- , ,

4. U-\‰-N‰c-áflP-RÈ-éUc-UMÈE-T]Ã-¢ÈP-`-

U…-ò-RÈ-N‰-P…-`U-NE-MC-U…-_…E-T]Ã-CcE-T]Ã-CPc-P-]Oÿc-R-NE-

SP-W”P-`-]N…-ˇN-F‰c-µc-cÈ , ,

Lektion Dreizehn

Page 207: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

191Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

5. U-\‰-N‰]Ã-_-U-P…-E-WÍ-`-a…P-Lfi-]NÈN-R]Ã-\P-^…P-Rc-

N‰-Tã‰N-R]Ã-G‰N-Oÿ-H…-õ_-q-Z‰c-µc-cÈ , ,

6. U…-Z…C-C…c-µc-R-

_-U-Táfl-T-P…-E-WÍc-N‰-§ÈTc-xC-RÈc-]XÀP-R_-U…-_“E-T]Ã-p…_-

q-T-N‰-P…-q-T_-a…P-Lfi-N@]-T-^…P-F‰c-µc-cÈ , ,

7. N‰-Pc-U…-CZP-n…c-P…-TNC-C…c-TN‰-ÉC-Lfi-ã‰N-R]Ã-MTc-a‰c-cÈ , ,

N-H…-õ_-TNC-C…c-m‰N-FC-`-µc-R-N‰-TZ…P-Oÿ-qÈc-a…C-F‰c-µc-cÈ , ,

8. U…-N‰c-áflP-RÈ-CZP-éUc-`-_E-C…-uÈc-TaN-R-NE-

GÈU-áflP-NE-RÈc-U-\‰-_-U-]t…N-R]Ã-x⁄E-Oÿ-]uÈ-T-`-

ˇN-G‰P-RÈc-l‰-U-m…-]x‰P-R]Ã-U-\‰-TNC-C…c-PU-^E-U-UMÈE-EÈ-Z‰c-µc-cÈ , ,

9. U-\‰c-U…-N‰-P…-ÉÈ-êÈEc-R-^…P-F‰c-c‰Uc-R-NE-

`P-U…-]N‰Tc-R_-áflP-RÈ-N‰-`c-]Nc-cÈ , ,

10. áflP-RÈ-CI…c-R-NE-]zN-R-P-

N‰c-P…-m…-]N…-_T-Lfi-U…-•‡C-R-^…P-F‰c-µc-R-NE-

U-\‰c-U…-N‰-^E-NÈP-U‰N-R]Ã-CKU-q‰N-NÈ-Z‰c-TcUc-cÈ , ,

11. áflP-RÈ-Cc“U-R-NE-TZ…-R-NE-N‰-TZ…P-Oÿ-µc-R-NE-

U-\‰-N‰-`-M‰-WÍU-G”E-T-qŸE-EÈ- , ,

12. _-U-EÈc-AÿP-Pc-TåCc-R-NE-m…-`-S`-G‰_-UH“C-U…-_…E-RÈ-NE-ê…C-R-U‰N , ,

Adjektiv / Rede

Page 208: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

192Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

_-U-`-S`-G‰_-E-NE-@Èc-@]Ã-߇-^ÈN-Rc-

N‰-E‰c-R_-_-U-^…P-F‰c-£U-Oÿ-TcUc-cÈ , ,

13. ^“P-_…E-RÈ-U-`ÈP-R_-GÈU-áflP-ò-Rc-_-U-N‰-UMÈE-T]Ã-ˇTc-

]H…Cc-R-G‰P-RÈ-NE-TFc-R-TZ…P-Oÿ-

l‰-U-m…-N‰-P…-a…P-Lfi-U-_“Ec-R-^…P-F‰c-µc-R-NE-Èc-cÈ , ,

14. N‰-Pc-U-\‰c-

U…-MUc-FN-l…c-m…-Z‰c-qc-R]Ã-OÿN-]uÈ-]N…-`-TNC-C…c-_-U_-]XÀP-lE-

N‰-_-U-U-^…P-R_-¶E-EÈ- , ,

E‰c-R_-CPÈN-Æ…P-TNC-C…-UGÈN-R-]C‰Cc-R_-]NÈN-R-Z…C-C…c-

TNC-C…c-IÈc-R]Ã-_-U-m…_-≥„`-KÈ-Z‰c-TcUc-R-NE-_-U-TKE-EÈ- , ,

15. áflP-RÈ-éUc-l…c-U-\‰c-TKE-T]Ã-_-U-T\“E-T-NE-N‰-P…-\c-_T-Lfi-Z…U-RÈ_-\Èc-cÈ , ,

Lektion Dreizehn

Page 209: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

193Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

14. Adverbien und PostpositionenAdverbien und Postpositionen | Adverbien | Postpositionen

Adverbien und Postpositionen

Allgemeine Bemerkung

Adverbien und Postpositionen geben nähere Informationen zu Zeit, Ort, Umständen

usw. Anders als im Deutschen, bestehen im Tibetischen die Adverbien und Postposi-

tionen nicht aus einem einzigen Wort, sondern aus zusammengesetzten Ausdrücken

mit einem Kernwort und grammatischen Partikeln.

Bezug

Adverbien

Adverbien beziehen sich auf den ganzen Satz, auf das Verb oder auf ein Adjektiv.

• Bei Bezug auf den ganzen Satz steht das Adverb gewöhnlich am Anfang des Satzes.

≠À_- im Allgemeinen, generell

≠À_-GÈc-MUc-FN-]BÈ_-T-NE-r-EP-`c-]Nc-R-CI…c-c“-]Oÿc-cÈ,, Generell sind alle Phänomene enthalten in den beiden, Sa¾sÀra und NirvÀÐa. (Gam)

• Bei Bezug auf das Verb steht das Adverb direkt davor.

î‡P-Oÿ- beständig

...`-î‡P-Oÿ-Tå‰P- stütze dich beständig auf ...

• Bei Bezug auf ein Adjektiv stehen einige Adverbien direkt davor, einige werden nachge-

stellt.

a…P-Lfi- sehr (dem Bezugswort vorangestellt) ]T]-Z…C- nur, allein, einzig (nachgestellt)

°U-a…P-Lfi-ô…-T-Z…C- eine sehr schwere Kiste (Go 1098)

^…N-TN‰-]T]-Z…C- ein rein freudvoller Geist (Blo)

14.1

14.1.2

14.1.1

Page 210: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

194Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Postpositionen

Postpositionen beziehen sich immer auf ein vorangestelltes Substantiv.

BE-R]Ã-PE-`- im Haus

Adverbien

Typische Bildungsweise von Adverbien

Kernwort + adverbbildende Partikel

Als adverbbildende Partikel kommen alle Kasussuffixe außer `c- und l…- etc. in Frage oder eine Semifinalpartikel1 oder GN- / \N- / Z…C-.

Auflistung von Adverbien

AÿP-Lfi- überall(hin), all- N‰-õ_- so, in solcher Weise

q‰-C-Lfi- insbesondere NR‰_-P- zum Beispiel

î‡P-Lfi-2 beständig ]T]-Z…C- nur, allein, einzig

F“E-\N- ein wenig _…U-n…c-, _…U-Rc-, _…U-R_- der Reihe nach

^“P-_…E-Oÿ- für lange Zeit _‰-Z…C- einige Zeit lang, vorläufig

åC-Lfi- / åC-R_- beständig, immer a…P-Lfi- sehr

NE-RÈ_- zuerst cÈ-cÈ-Pc- einzeln, gesondert

^…N-TN‰-]T]-Z…C-[`-] î‡P-Oÿ-Tå‰P-

Stütze dich immer auf einen rein freudvollen Geist. (Blo)

Einige Einleitungsfloskeln

C`-K‰- ... P- falls ...

F…-§‰- wenn nun, falls

H…-§‰- wenn nun, falls

N-§‰- nun, jetzt (also)

1. Die Semifinalpartikel wird in Lektion 16 besprochen.2. In moderneren Texten findet man die Schreibung rgyun du. Während bei Verben ein früher vorhandenes da drag immer die Form der Suffixe bestimmt, wird diese Regel bei Adverbien nicht so konsequent angewandt (Siehe S. 235).

Lektion Vierzehn

14.2

14.2.3

14.2.2

14.2.1

Page 211: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

195Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

N‰-Pc- danach, später

N‰-p…_- / N‰]Ã-p…_- deshalb

N‰-Tc-P- deshalb

N‰-WÂ- / N‰]Ã-WÂ- zu der Zeit

N‰-^E- weiterhin

N‰_-U-\N- damit nicht genug

]N…-õ-§‰- nämlich, in solcher Weise

N‰-TZ…P-K‰- ebenso, in ebensolcher Weise

N‰c-P- / N‰-Tc-P- deshalb

]È-P- nun (oft bei einem Einwand: »Wenn nun jemand sagt ...«)

]ÈP-lE- aber, zwar

]ÈP-K‰- in diesem Fall nun, jedoch

^E- weiterhin

^E-P- ... ^E-P- ... entweder ... oder ...

CZP-^E- außerdem

Ergänzungen

• Die folgenden Beispiele weichen von der typischen Adverbbildung ab. Beide Beispie-

le stehen vor dem Adjektiv, auf das sie sich beziehen.

d-FE- sehr Z‰-xC- sehr

• G‰- / G‰-T- nach Adjektiven bedeutet »sehr«

z‰E-T-G‰P-RÈ-ö…N-G‰-T-Z…C- eine große, sehr schwere Gebetskette

• H‰- vor einem Adjektiv bedeutet »immer ...-er« (Komparativ des Adjektivs).

MÈC-U_-^…C-C\“Cc-G‰P-RÈ-NE-, N‰-Pc-H‰-G”E-Oÿ-…c,Anfangs schrieb ich die Buchstaben groß, später immer kleiner. (DL 36)

TNC-CF‰c-]XÀP-H‰-G”E-Oÿ-]uÈ-NCÈc, Die Eigenliebe muss kleiner werden. (Blo 198)

Adverbien und Postpositionen

14.2.4

Page 212: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

196Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

• UE-Oÿ-, das von seiner Wortform her wie ein Adverb ist, ist häufig als Adjektiv zu über-

setzen. Jäschke vermutet deshalb, dass es sich um eine Zusammenziehung von UE-RÈ- »viel« und Oÿ-U- »viel« handelt (Jä 416)1.

IUc-UDÿ_-UE-Oÿ-T˛Uc- [Milarepa] verfasste viele mystische Gesänge. (Tshig)

• Die Grundbedeutung von WN- ist »Maß«.

WN-U‰N-R- unermesslich

WN-úP- »das Maß besitzend« Y autoritativ, kompetent

Nach Verbstämmen bedeutet es »was auch immer ...«, »alles, was ...«.

U…-zN-WN-`- [Milarepa fragte] jeden, den er traf ... (Mil)

TNC-]XÀP-n…-CI‰P-RÈ_-U-cÈE-P-GÈc-qc-WN-NÈP-U‰N-Oÿ-cÈE-T-^…P,Wenn [sie] nicht zu einem Gegenmittel zur »Ich«-Auffassung geworden ist, ist alle Dharmapraxis sinnlos gewesen. (Blo)

Adverbien der Zeit

Adverbien der Zeit werden häufig ohne weitere adverbbildende Partikel an den Satz-

anfang gestellt.

N- jetzt N-õ- jetzt N‰-I…P- an dem Tag

Reziproke Konstruktionen

Im Tibetischen wird die wechselseitige Beziehung ausgedrückt durch

SP-W”P- gegenseitig oder CF…C-C…c-CF…C-`- (mit-/zu-) einander.

CF…C-C…c-CF…C-`-^…-C‰-CKÈE-T- einander Briefe schicken

U…-ò-RÈ-N‰-P…-]Oÿc-R-NE-SP-W”P-`-]N…-ˇN-F‰c-µc-cÈ , ,Die Fünf kamen zusammen und sprachen dieses zueinander: ...

Lektion Vierzehn

1. Ich danke Alexander Schiller für diesen Hinweis.

14.2.6

14.2.5

Page 213: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

197Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Sanskrit-Präfixe

Bei der Übersetzung aus dem Sanskrit sind die Präfixe der Sanskrit-Wörter oft me-chanisch mit bestimmten Modaladverbien wiedergegeben worden. Das heißt, für ein bestimmtes Sanskrit-Präfix wurde immer ein bestimmtes tibetisches Modaladverb eingesetzt. Teilweise wird die Wortbedeutung dadurch deutlicher. Teilweise wird sie durch diese mechanische Übersetzung eher unklarer, und das Adverb sollte nicht mitübersetzt werden.

1. Möglichkeit

Das Sanskrit-Präfix gibt dem Verb eine neue, nachvollziehbare Bedeutung.

`‰Cc-c“- gut, in guter Weise

TaN-R- gesagt

`‰Cc-c“-TaN-R- skt. subhÀ¼ita »gut gesagt«; schöne Aussprüche, Sentenz

2. Möglichkeit

Das Sanskrit-Präfix des ursprünglichen Wortes bzw. seine Wiedergabe im Tibetischen ist rein mechanisch. Es fügt dem Wort an Bedeutung nichts hinzu und kann für die Übersetzung ignoriert werden. Dennoch bildet das Wort in seiner Zusammensetzung einen Terminus der buddhistischen Philosophie, der auf bestimmte Kontexte und Konventionen hinweist.

éU-R_- skt. vi- Y weg, auseinander, zer-, ver-

åÈC-R- nachdenken, verstehen

éU-R_-åÈC-R- / éU-åÈC- skt. vikalpa; (diskursives) Denken, Vorstellung, Gedanke

3. Möglichkeit

Das Sanskrit-Präfix des ursprünglichen Wortes bzw. seine Übersetzung ins Tibetische hat zusammen mit dem Verb eine bestimmte Bedeutung, die aus den Bestandteilen Präfix + Verb nicht bzw. nicht mehr zu erkennen ist. Diese Ausdrücke müssen als Vo-kabeln gelernt werden.

_T-Lfi- skt. pra- Y fort, vor, vorwärts

]qŸE-T- hervorkommen, geschehen,werden zu

_T-Lfi-qŸE-T- skt. pravrajita »fortgegangen«; in das Kloster eingetreten

Für weitere Beispiele siehe PSch 89.

Adverbien und Postpositionen

14.2.7

Page 214: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

198Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Eine gute Zusammenstellung der Sanskrit-Präfixe mit Beispielen findet sich in An In-

troduction to Classical Tibetan von Stephen Hodge, Orchid Press, Bangkok 2003, Seiten

66-68.

Wenn man an einem tibetischen Text zur buddhistischen Philosophie arbeitet, der

aus dem Sanskrit übersetzt wurde, sollte man für eine sorgfältige Übersetzung die

ursprünglichen Sanskritwörter hinter den tibetischen Ausdrücken erkennen bzw. in

der MahÀvyutpatti 1 nachschlagen und die Bedeutung im Sanskrit überprüfen.

Die Adverbien der Begleitung UIU-Oÿ- und üP-F…C-Lfi-

Die Adverbien UIU-Oÿ- »zusammen (mit)« und üP-F…C-Lfi- elegant-bescheiden »zusammen

(mit)« werden mit NE- konstruiert.

BÈE-WÍ-NE-UIU-Oÿ-]uÈ-C…-^…P, Ich werde mit ihnen gehen. (Lesestück Lektion 16)

(]uÈ-C…-^…P- = Hauptverb-Hilfsverb-Konstruktion; siehe Seiten 257-259)

E-G”E-G”E-ˇTc-Pc-U…-àP-R-NE-UIU-Oÿ-T•N- ...Ich lebte von klein auf mit älteren Menschen zusammen ... (DL 46)

TFc-R- »zusammen mit«

Auch TFc-R- wird mit NE- konstruiert. Die Grundbedeutung ist »zusammen mit«.

Auf Thangkas sieht man oft eine Hauptfigur (CVÍ-TÈ-) mit Gefolge (]BÈ_-).

CVÍ-TÈ-]BÈ_-NE-TFc-R- Hauptfigur zusammen mit Gefolge

TFc- kann auch das Ende einer Liste markieren und wird dann in der deutschen Über-

setzung nicht explizit wiedergegeben.

§C-]WÂ_-P…-cÈ-PU-R]Ã-c-B‘`-Z…C-§‰, \-Gc-CVÍ-TÈ-uÈ, uÈ-Z…T, ˛U-R-, a, U_, H,

GE-Z‰c-R-Pc-l…c-T\Èc-R-Z…C-TFc-_‰N, (DL 7) §‰- hier »und« (Semifinalpartikel)

Taktser ist eine bäuerliche Region und die Hauptnahrungsmittel sind Weizen, Weizen-mehl, Tsampa, Fleisch, Butter, Tee und »Tschang«, ein aus Gerste gebrautes [Bier].

Lektion Vierzehn

1. Siehe S. 66, Fußnote 1.

14.2.9

14.2.8

Page 215: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

199Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

FP- »versehen sein mit«

Wie NE-TFc-R- und NE-úP-R- bedeutet auch FP- »besitzend« oder »versehen sein mit«.

Es wird aber ohne NE- konstruiert und vor allem zur Bildung von Adjektiven und Sub-

stantiven benutzt.

c‰Uc-FP- »Geist besitzend« Y Lebewesen

WÂ_-U-FP- dornig (Jä 142)

Postpositionen

Typische Bildungsweise von Postpositionen

Postpositionen beziehen sich immer auf ein Substantiv bzw. auf eine Nominalphrase.

(Subst./Nominalphr. als Bezugswort +) Attributsuffix + Kernwort + `-, P- oder Lfi- etc.

(BE-R)]Ã-îT-`- hinter (dem Haus) (TÈN-)l…-PE-`- in (Tibet)

Die Partikeln sowohl vor als auch nach dem Kernwort fallen häufig aus.

TÈN-PE- in Tibet

Auflistung von wichtigen Postpositionen

Postpositionen mit Angaben im Raum

l…- etc. + UOÿP- + `- / P- / Oÿ- vor

l…- etc. + îT- + `- / P- / Lfi- hinter

l…- etc. + UM_- am Ende; auch zeitlich: endlich, schließlich

l…- etc. + §‰E- + `- / P- / Oÿ- auf

l…- etc. + ]ÈC- + `- / P- / Lfi- unter

l…- etc. + UCÈ- + `- / P- / -_- am Anfang von

l…- etc. + UH“C- + `- / P- / Oÿ- am Ende von

Adverbien und Postpositionen

14.3

14.2.10

14.3.2

14.3.1

Page 216: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

200Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Postpositionen mit Angaben zur Zeit

l…- etc. + ¢ÈP- + `- / P- / Oÿ- vor, bevor

l…- etc. + ä‰c- + `- / P- / c“- nach, nachdem

l…- etc. + T_- + `- / P- / Oÿ- zwischen

l…- etc. + ^“P- + `- / P- / Oÿ- während

l…- etc. + WÂ- + `- / P-/ -_- zu der Zeit

Postpositionen mit Angaben zum Zweck

l…- etc. + G‰N-Oÿ um ... willen

l…- etc. + NÈP-Oÿ- zum Nutzen von, um ... willen

l…- etc. + ÜN-Oÿ- um ... willen

Postpositionen mit Angaben zur Art und Weise

NE-UIU-Oÿ- gemeinsam, zusammen mit

NE-üP-F…C-Lfi- eleg.-bescheiden gemeinsam, zusammen mit

l…- etc. + °È-Pc- mittels

ausser

U-CKÈCc- »außer« wird ohne weitere Partikel eingebunden.

U…-Cc“U-U-CKÈCc-U…-]OÿC-Außer drei Menschen sind keine da. Y Es sind nur drei Leute da. (Go 784)

Ableitungen von S-, W”-, U-, ^-, p…-Es ist hilfreich, sich die Grundbedeutung von S-, W”-, U-, ^- und p…- einzuprägen, denn

von ihnen werden zahlreiche Ableitungen gebildet. Häufig sind Ableitungen mit an-

gehängtem -P- oder -_-.

S- Stamm für abgeleitete Begriffe für »das Jenseitige«

S-C…- jenes dort

SP- / SP-GN- nach etwas hin, auf ... zu, bis

S_- dorthin

Sc- von der Gegenseite, als Gegner

Lektion Vierzehn

14.3.4

14.3.3

Page 217: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

201Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

P-P…E-Pc-N-SP-GN-`È-CF…C-cÈE-Seit dem letzten Jahr bis jetzt ist ein Jahr vergangen. (Gam)

uÈ-TÈ-`“E-S-C…-^…P- Gro-bo-lung ist das dort drüben. (Mil)

S-C…-P-c“-T[÷Cc- Wer wohnt dort drüben? (Mil)

U- Stamm für abgeleitete Begriffe für »das unten Befindliche«

UP- / UP-GN- unten, unterhalb, von ... bis hierhin, von ... ab

NU]-T- niedrig sein NUP-R- niedrig

©N- der untere Teil von etwas, Unter-

©N-R- jemanden herabsetzen

N‰-UP-GN- darunter; von da ab

W”- Stamm für abgeleitete Begriffe für »das Diesseitige«

W”P- innerhalb von

W”_- hierhin

S-_…]Ã-ô…-T-U‰N, W”-_…]Ã-܉`-RÈ-U‰N,Auf der anderen Seite des Berges gibt es keinen Yakdung. Auf dieser Seite des Berges gibt es keinen Korb.

^- Stamm für abgeleitete Begriffe für »das oben Befindliche«

^P- / ^P-GN- oben, oberhalb, von hier ab weiter

^_- nach oben

^c- oben, oberhalb, über

UP-^P- »unten-oben«, auf und ab, oben und unten

^P-GN-UP-GN- mehr oder weniger, ungefähr

`È-TîN-^P-GN- über acht Jahre [alt] (Jä 522)

î`-RÈ-CPU-_…-~ÈE-TVP-^P-GN-`- bis zu der Zeit des Königs gNam-ri Srong-btsan

Adverbien und Postpositionen

Page 218: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

202Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

p…- Stamm für abgeleitete Begriffe für »das außerhalb befindliche; das Hintere, das Spätere«

p…-P- Außen-; später

p…_- wegen, um ... willen; aus heraus, nach außen; zurück, wieder

p…c- hinten, hinter; später

Übung zu Lektion 14

Lesestück: »Der Hase, der sich vor ›Platsch‹ erschreckte«

Der folgende Text ist eine leicht vereinfachte Fassung eines Textes aus dem tibeti-

schen Schulbuch für die 4. Klasse 'Dzin grwa bzhi pa'i slob deb rig pa'i nyan byed, Bod

gzhung shes rig dpar khang, Dharamsala, 1996. Grammatische Formen, die noch nicht

besprochen worden sind, sind in den Übersetzungshilfen angegeben.

_…-TÈE-F`-]xÈCc,

1. a…E-•ÈE-Z…C-C…-]ÈC-Lfi-UWÂ]“-Z…C-C…-B_ , _…-TÈE-Z…C-C…c-G”-]M—E-TZ…P-R]Ã-

2. ˇTc . F`-Z‰c-R]Ã-±-MÈc-K‰ , _…-TÈE-d-FE-∞C-Pc-Èc-R-_‰N , `U-Oÿ-Y-UÈ-

3. Z…C-C…c-_…-TÈE-`-Èc-NCÈc-R]Ã-î‡-UWP-x…c-R_ , _…-TÈE-C…c , Èc , Èc ,

4. F`-^ÈE-C…-]OÿC-qc-Rc-Y-UÈ-N‰-^E-UIU-Oÿ-Èc , ^E-`U-Z…C-Lfi- ≠E-@…-Z…C-

5. NE-]zN-N‰-F…-`c-Èc-x…c-Rc , F`-]OÿC F`-]OÿC Èc , Èc , µc-Rc- ≠E-

6. @…-^E-UIU-Oÿ-Èc-cÈ , ,N‰-TZ…P-Oÿ-≥‰]“ , SC-R , NÈU , U-d‰ , ¬-T , ÇE-G‰P , C\…C

7. DÿE- . §C-cÈCc-MUc-FN-l…c-F`-]OÿC-F‰c-µc-R_-Èc-]uÈ-T-c‰E-C‰c-UMÈE-

8. §‰ . mÂN-FC-Èc-NCÈc-R]Ã-î‡-UWP-CE-_‰N-x…c-R_ , WE-Uc , F`-]OÿC

9. F`-]OÿC F‰c-µc-R-_‰N, c‰E-C‰c-§C-`-F`-\‰_-T-c“-_‰N, CE-Oÿ-]OÿC-x…c-

10. Rc. §C-C…c-C\…C-`-x…c, C\…C-C…c-DÿE-`-x…c, DÿE-C…c-ÇE-G‰P-cÈCc-

Lektion Vierzehn

Page 219: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

203Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

11. CF…C-C…c-CF…C-`-_…U-TZ…P-x…c-Rc-UM_-_…-TÈE-C…c-Ec-NEÈc-c“-UMÈE-qŸE-

12. Z‰c-µc-R-P , c‰E-C‰c-c‰Uc-FP-WE-U-t…N-Pc-G”-B_-TåC-NoN-q‰N-Oÿ-p…P-

13. Rc . G”-PE-a…E-C…-^`-C-Z…C-C^‰E-TZÀP-^ÈN-R-`c-CZP-c“-^E-U‰N-§Tc ,

14. a…E-C…-^`-C-G”-PE-\Cc-Pc-F`-Z‰c-R]Ã-±-qŸE-T_ , _…-TÈE-C…c-TåC-NoN-

15. U-qc-R_-]xÈCc-K‰-Èc-R-CZ…-Pc-a‰c-a…E- , _…-ªCc-WE-U-ÉÈ-TN‰]Ã-EE-Pc-

16. cÈ-cÈ_-n‰c-R-_‰N ,

Übersetzungshilfen

F`- Platsch

UWÂ]“- siehe Seite 63

]M—E-TZ…P-R]Ã-ˇTc- als es gerade dabei war zu trinken

MÈc-K‰- hörte und

Èc-R-_‰N- floh

^ÈE-C…-]OÿC- kommt

]zN-N‰- trafen und/als (sie) trafen

µc-R-_‰N- sie riefen

UMÈE-qŸE- ich habe gesehen

C^‰E-TZ…P- treibend

... `c-CZP-c“-^E-U‰N-§Tc- während es außer ... niemand anderes gab (siehe Seite 149 unten)

]xÈCc-K‰- erschrocken (seiend)

CZ…-Pc-a‰c-a…E- es wurde ihnen klar, dass ..., und

ÉÈ-TN‰]Ã-EE-Pc- wohlgemut

cÈ-cÈ_-n‰c-R-_‰N- zerstreuten sich/ging jedes seines Wegs

Adverbien und Postpositionen

Page 220: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

204Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Page 221: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

205Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

15. InterrogativpronomenDie Interrogativ- und Relativpronomen gang, ci, ji, su, nam | Korrelative Konstruk-tionen | Die Interrogativpronomen gang, ci, ji, su, nam als Indefinitpronomen | Umgangssprachliche Ausdrücke, die in Zusammenhang mit gang, ci, ji, su, nam entstanden sind

Die Interrogativpronomen CE-, F…-, H…-, c“-, PU-

Allgemeine Bemerkung

Die Bezeichnung »Pronomen« bedeutet »für ein Nomen«. Sie kommt daher, dass

die Pronomen häufig stellvertretend für Nomen stehen (pronominal): »Bitte gib mir

dieses.« Sie können aber auch attributiv zu einem Nomen stehen: »Bitte gib mir dieses

Buch.«

Bisher wurden Personalpronomen und Demonstrativpronomen besprochen. Dieses

Kapitel bespricht die Interrogativ-, Relativ- und Indefinitpronomen, die alle auf die

Wörter CE-, F…-, H…-, c“- und PU- zurückgehen.

»Interrogativpronomen« ist ein anderer Begriff für »Fragewörter«.

Die traditionelle tibetische Grammatik nennt diese Pronomen ≠À-±- »allgemeine Parti-

kel«, zählt aber PU- nicht mit dazu.

Grundbedeutung von CE-, F…-, H…-, c“- und PU-CE-, F…-, H…-, c“- und PU- dienen als Interrogativ- und Relativpronomen. Ihre jeweilige

Funktion ist allein aus dem Kontext zu erkennen, nicht anhand des Wortes allein.

CE- was, wer, welches (Dinge und Personen)

F…- was, welches (Dinge; typischerweise bei Fragen nach einem Objekt)

H…- wie F…-, aber typischerweise als Relativpronomen gebraucht,

oder bei Fragen nach der Art und Weise oder der Beschaffenheit

H…- kommt nicht alleine vor, sondern nur in zusammengesetzten Ausdrücken

c“- wer

PU- wann

15.1

15.1.2

15.1.1

Page 222: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

206Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

CE-, F…-, H…-, c“- und PU- können anstelle eines Nomens (pronominal) stehen:

CE-^…P-R- was [auch immer] es ist

CE-, F…-, H…-, c“- und PU- können attributiv sein:

CE-C…-Oÿc- welche Zeit (Jä 66)

pÈCc-CE-Pc- aus welcher Richtung (Jä)

CE-, F…-, H…-, c“- und PU- können sich auf ein Verb beziehen (adverbiell):

CE-Oÿ-]t‹Ec- wo geboren

Verwechseln Sie das Pronomen CE- nicht mit CE-T- »voll werden« und CE- »ein gan-

zes«: N@_-^È`-CE- eine ganze Tasse voll, I…P-CE- der ganze Tag/den ganzen Tag

CE-, F…-, H…-, c“-, PU- + Erweiterung (Kasussuffix o. ä.)

CE-, F…-, H…-, c“- und PU- können durch alle möglichen Partikeln erweitert werden:

CE-P- wo

CE-`- wo, wohin, bei wem

CE-Pc- / CE-`c- von wo

F…-]x- gleich wem/was

F…]Ã-p…_- wegen was Y weshalb

F…-VU- wieviel

H…-ˇN- wie, entsprechend (bezogen auf Worte)

H…-õ-T“- wie beschaffen

H…-õ_- wie, in welcher Weise

H…-£‰N- (alles) was es gibt

H…-~…N- wielange

PU-VU- wann

c“-`- bei wem, zu wem

c“c- wer (Agens), durch wen

Lektion Fünfzehn

15.1.3

Page 223: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

207Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Beispiele für CE-, F…-, H…-, c“-, PU- als Interrogativpronomen

Milarepa fragt auf der Suche nach Marpa jeden, der ihm begegnet:

´‰c-UGÈC-U_-R-`È-VÓ-CE-P-T[÷Cc- Wo lebt das Höchste der Wesen, Marpa, der Übersetzer? (Mil)

Marpa mustert Milarepa eine Weile, ohne etwas zu sagen. Dann fragt er:

mÈN-CE-Pc-^…P, Woher bist du? (Mil)

Beispiele für CE-, F…-, H…-, c“-, PU- als Relativpronomen

Die Interrogativpronomen werden auch zur Bildung von Ausdrücken benutzt, die im Deutschen mit Hilfe eines Relativpronomens wiedergegeben werden.

CE-^…P- was ist

N‰-ˇTc-S-U-WÍc-BÈE-WÍ]Ã-NÈP-CPN-õ‰-T-CE-^…P-Um‰P-^ÈN-R-U…P- (DL 16)

Zu der Zeit wussten [meine] Eltern nicht, was ihr (des Suchtrupps) Hauptanliegen war.

H…-ˇN- wie, entsprechend (bezogen auf Worte)

î-C_-n…-UBc-R-Z…-T-üc-H…-ˇN-Cc“Ec-R-N‰- (DL 38)

Wie es der indische Gelehrte ³Àntideva gesagt hat, das [habe ich es selbst erfahren.]

Der Dalai Lama bezieht sich auf den Inhalt des Zitats von Seite 209 unten.

Korrelative Konstruktionen

»Wer das liest, der ist schlau.«

Bei korrelativen Konstruktionen enthalten die Relativsätze ein Relativpronomen, das sich auf ein Pronomen im Hauptsatz bezieht. Der Relativsatz wird dabei vorangestellt. Im Deutschen wird das Pronomen im Hauptsatz gewöhnlich weggelassen: »Wer das liest ist schlau.«

Im Tibetischen werden korrelative Konstruktionen gebildet, um Relativkonstruktionen aus dem Sanskrit nachzuvollziehen. Man findet sie auch in Redensarten.

CE-TcU-R-N‰-TaN-R- welchen Gedanken [auch immer], den sagenY reden, was einem gerade in den Kopf kommt (Qu 55)

Interrogativpronomen

15.2

15.2.1

15.1.5

15.1.4

Page 224: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

208Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

CE-`-CÈUc-R-N‰-`-UBc, Worin man geübt ist, darin ist man geschickt. Y Übung macht den Meister.

Typische Pronomen-Paare

c“- ... N‰- wer ... der H…-õ_- ... N‰-õ_- / N‰-TZ…P- wie ... so

CE- ... N‰- wer/was ... der/das H…-VU- ... N‰-VU- wieviel ... soviel

CE-WÂ- ... N‰]Ã-WÂ- zu welcher Zeit ... zu der Zeit H…-~…N- ... N‰-~…N- wielange ... solange

å‰P-F…E-]‰`-T_-]qŸE-T-CE-, , N‰-P…-§ÈE-R-I…N-Oÿ-TaN, ,

Was Entstehen in Abhängigkeit ist, das eben wird »Leerheit« genannt. (MMK)

Die Pronomen können nicht nur in diesen Paaren vorkommen, sondern alle logischen Kombinationen sind möglich. Ebenso sind alle Erweiterungen der Partikeln möglich: c“-`-, CE-C…c-, N‰]Ã- usw.

Die Interrogativpronomen CE-, F…-, H…-, c“-, PU- als Indefinitpro-nomen

Allgemeine Bemerkung

»Indefinitpronomen« bezeichnen eine nicht näher bestimmte Menge: »alle«, »einer«, »einige«, »etwas«, »jeder«, »jemand«, »keiner«, »man«, »niemand«, »nichts« usw.

CE-, F…-, H…-, c“- und PU- haben in bestimmten Konstruktionen eben diese Bedeutung. Häufig müssen sie das Gesamte betreffend übersetzt werden: »alle«, »nichts«, »über-all«, »nirgendwo« usw. Im Folgenden wird erst eine Übersicht gegeben und dann werden die einzelnen Konstruktionen besprochen.

Übersicht von CE-, F…-, H…-, c“- und PU- als Indefinitpronomen

1. mit Z…C- etc.Y »irgend...«, »... auch immer«

+ Neg. Y »nichts« etc.

2. mit ^E- etc. Y »... auch immer«

typischerweise mit Neg. Y »(überhaupt) nichts« etc.

3. mit Verben : ohne Erweiterung Y oft indefinit (z. B. CE-^…P-R-)

+ lE- etc. Y »... auch immer« (z. B. c“-`-T§P-lE-)

Lektion Fünfzehn

15.3

15.2.2

15.3.1

15.3.2

Page 225: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

209Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

4. _“E-T- »geeignet, angemessen, passend sein«

CE-, F…-, H…-, c“- und PU- + _“E- Y »... auch immer«

_“E- nach Verbstamm: a. indefinit, b. konzessiv

5. weitere Indefinitpronomen

6. Iteration (c“-c“- »wer alles«)

1. CE-, F…-, H…-, c“-, PU- + Z…C- etc. Y »irgend...«, »... auch immer«

CE-Z…C- irgendwer, irgendein, irgendwelche; was/wer auch immer

F…-Z…C- was für ein?, welch ein?

PU-Z…C- irgendwann

c“-Z…C- irgendwer, irgendwelche, wer auch immer, jeder

CE-Z…C-C…c-]N…-a‰c-Rc- Wer auch immer/ jeder, der dies verstanden hat, der ...

Erweiterungen treten zwischen das Pronomen und Z…C-:

F…-VU-Z…C- wieviel

H…-õ-T“-Z…C- was für ein

U…-NE-~ÈC-GCc-H…-]x-Z…C- Menschen und Tiere gleichwie auch immer (DL 43)

plus folgendem negierten Verb Y »überhaupt nichts« und entsprechend

2. CE-, F…-, H…-, c“-, PU- mit ^E- etc.Y »... auch immer« u. ä.

typischerweise mit nachfolgendem negierten Verb

+ Negation

CE-^E- wer/was auch immer (überhaupt) niemand/nichts

F…-^E- was auch immer (überhaupt) nichts

PU-^E- wann auch immer nie

c“-^E- wer auch immer (überhaupt) niemand

CÈUc-P-Ü-T_-U…-]nŸ_-T]Ã,,NEÈc-N‰-CE-^E-^ÈN-U-^…P,,Etwas, das nicht leichter würde, wenn man es übt (geübt hat), so etwas gibt es über-haupt nicht. (Zitat von ³Àntideva) (DL 38)

Interrogativpronomen

15.3.3

15.3.4

Page 226: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

210Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Erweiterungen treten zwischen das Pronomen + ^E-

CE-`-^E- wo auch immer, bei wem auch immer etc.

3. CE-, F…-, H…-, c“-, PU- + Verben

ohne Erweiterung: oft indefinit

CE-^…P-R- [alles,] was [auch immer es] ist

CE-^ÈN-R- [alles,] was [auch immer es] gibt

Die Nominalsuffix kann ausfallen: CE-^…P-, CE-^ÈN-

`‰Cc-I‰c-CE-TcCc-R- alles was man angesammelt hat, ob Positives oder Negatives

U-N‰c-UM—-F…-^ÈN-Rc-T“-`-xEc-cÈ, Die Mutter zog mit aller Kraft am Jungen. (MH)

E‰N-_E-C…-PÈ_-CE-^ÈN- alles an unserem Vermögen (Mil)

CE-, F…-, H…-, c“-, PU- (+ Erweiterung) + Verbst. + lE- etc. Y »... auch immer«

c“-`-T§P-lE-wem auch immer [er] gezeigt hat Y allen, denen [er] gezeigt hat

CE-]x-^…P-^E- wie auch immer es ist (DL 42)

ì‰P-EP-CE-qŸE-^E-N‰-`-NC]-T-T°ÈU,Man soll sich Freude angewöhnen an [allen] schlechten Umständen, welche auch im-

mer auftauchen (aufgetaucht sind). (Blo)

]H…Cc-∞C-^…-U—C-PU-^E-U-´‰-T_-ohne jemals Angst oder Niedergeschlagenheit zu verspüren (Blo)

Lektion Fünfzehn

15.3.5

Page 227: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

211Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

4. CE-, F…-, H…-, c“-, PU- + _“E-T-

• Die Grundbedeutung von _“E-T- ist »geeignet, angemessen, passend sein«.

CVÍE-Oÿ-_“E- verkäuflich (Jä 550)

U…-_“E-T- unerlaubt, unstatthaft (Jä 551)

• Nach CE-, F…-, H…-, c“- und PU- bedeutet _“E- »auch immer«.

F…-_“E- / F…-^E-_“E- was auch immer

CE-_“E- / CE-^E-_“E- welcher/was es auch sei (Jä 551)

• Verbstamm + _“E-a. indefinit

F…-`-M—C-_“E- was mir auch begegnen mag (Jä 550)

F…-^…P-_“E- was es auch sei (Jä 550)

b. konzessiv

Verbstamm + _“E- ist gleich wie Verbstamm + Konzessivpartikel (siehe Seite 225).

5. weitere Indefinitpronomen

]C]- jeder (einzelne); irgendein, einige

]C]-Z…C- irgendein

]C]E- / ]C]-^E- irgendwelche ; mit Negation Y (überhaupt) kein, nicht ein einziges

]C]-ac- einige

`-`- irgendeiner, einige

Nach Michael Hahn bedeuten CE-c“-, CE-c“-^E-, CE-`-`-Z…C-, CE-`-`-NC-, c“-CE-

alle »wer/was auch immer« (MH 165).

6. Iteration

»Iteration« bedeutet »Verdoppelung«. Durch Iteration bei Fragewörtern, werden Fra-gen nach einer Gesamtmenge gebildet.

c“-c“- wer alles C-_‰-C-_‰- was alles

Interrogativpronomen

15.3.7

15.3.6

15.3.8

Page 228: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

212Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Umgangssprachliche Ausdrücke, die in Zusammenhang mit CE-, F…-, H…-, c“- und PU- entstanden sind

C-Oÿc-^…P-P]E- wann es auch sei Y immer

C-R_-^…P-P]E- wo auch immer Y überall

C-_‰-qc-Pc- was gemacht habend Y warum, weshalb

C-_‰-^…P-P]E- was es auch sei Y alles

C-c-C-`- überall

CE-UnÈCc-F…-UnÈCc- so schnell wie möglich

CE-M—T-M—T- so gut wie nur möglich

CE-M—T-F…-M—T- so gut wie nur möglich

CE-qŸE-UE-qŸE- alles mögliche

CE-\T-\T- sehr sorgfältig

CE-^…P-\‰_-P- wenn jemand fragt: warum? Y weil

CE-a‰c- wer weiß (das schon)? Y ich weiß nicht

c“-^…P-P]E- wer es auch sei Y alle, jeder

Übungen zu Lektion 15

Analysieren Sie die Übersetzung!

Der folgende Text ist ein Abschnitt aus dem Lojong-Text qE-G”T-C[÷E-`U- von

]HU-UCÈP-@ÈE-≥„`-ÉÈ-uÈc-UM]-^c- aus dem CNUc-EC-UXÍN-, Delhi 1971, Vol. III, Folios

181-213. Der Text steht auch als Download zur Verfügung unter www.leksheyling.

org. Diese Textstelle findet man in der Download-Version auf den Seiten 24, 25. Eine

deutsche Übersetzung ist erhältlich: Jamgon Kongtrul. Der große Pfad des Erwachens.

Theseus Verlag, 1996. Der folgende Abschnitt ist auf Seite 30 zu finden.

Jamgön Kongtrul kommentiert die Verszeile

^…N-TN‰-]T]-Z…C- [`-] î‡P-Lfi-Tå‰P , ,

»Stütze dich beständig auf einen rein freudvollen Geist. «

Lektion Fünfzehn

15.4

Page 229: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

213Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

ì‰P-EP-•‡C-T¢`-F…-qŸE-^E-]H…Cc-∞C-^…-U—C-PU-^E-U-´‰-T_ , ÉÈ-ÆÈE-C…-uÈCc-

c“-cÈE-Pc-^…N-TN‰-]T]-Z…C-R-NE-î‡P-Lfi-]uÈCc-R-P…-ÉÈ-]qEc-R]Ã-WN-^…P-Rc ,

ì‰P-EP-CE-qŸE-^E-N‰-`-NC]-T-T°ÈU-Pc , N‰]Ã-§‰E-Nÿ-CZP-n…-ì‰P-EP-MUc-FN-

lE-NC]-TZ…P-Lfi-`‰P-R-`-TÜT-R_-q]È , , (Blo, Folio 198)

»Indem [dir] schlechte Umstände und Leiden, was auch immer auftauchen mag, ohne

dass jemals Angst oder Traurigkeit aufkäme, zur Hilfe bei der Geistesübung geworden

sind, bist du beständig verbunden mit einem rein freudvollen Geist. Eben das ist das

Maß des Geübtseins des Geistes. Deshalb gewöhne [dir] Freude an hinsichtlich aller

schlechten Umstände, welche auch immer auftauchen. Danach übe [dich] obendrein

darin, auch alle schlechten Umstände anderer mit Freude [auf dich] zu nehmen.«

Analysieren Sie die korrelative Konstruktion!

NagÀrjuna: MÊlamadhyamakakÀrikÀ, Kapitel XXIV

Vers 18

å‰P-F…E-]‰`-T_-]qŸE-T-CE- , ,N‰-P…-§ÈE-R-I…N-Oÿ-TaN , ,

N‰-P…-Tå‰P-Pc-CNCc-R-§‰ , ,N‰-I…N-NT“-U]Ã-`U-^…P-PÈ , ,Was abhängiges Entstehen ist, das wird als Leerheit bezeichnet.

Das, [selbst] eine abhängige Bezeichung seiend, eben das ist der mittlere Weg.

Vers 19

CE-p…_-Tå‰P-]qŸE-U-^…P-R]à , , GÈc-]C]E-^ÈN-R-U-^…P-PÈ , ,

N‰-p…_-§ÈE-R-U-^…P-R]à , , GÈc-]C]E-^ÈN-R-U-^…P-PÈ, ,Weil es nicht ein einziges Phänomen gibt, das nicht abhängig entstanden wäre,

(deshalb) gibt es auch kein einziges Phänomen, das nicht leer wäre.

å‰P-F…E-]‰`-T_- gestützt und verbunden Y abhängig

Tå‰P-Pc-CNCc-R-§‰- [selbst] eine abhängige Bezeichnung seiend

Interrogativpronomen

Page 230: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

214Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Zitat aus dem Sutra vom Reissprössling

Gampopa zitiert im Schmuck der Befreiung aus dem SÊtra vom Reissprössling.1

1. cÓ-`“-öE-R]Ã-UNÈ-`c ,

2. NC‰-ÜÈE-CE-Z…C-C…c-cÓ-`“-öE-R-]N…-a‰c-Rc-å‰P-F…E-]‰`-T_-]qŸE-T-a‰c-c È, ,

3. CE-C…c-å‰P-]‰`-T_-]qŸE-T-a‰c-R-N‰c-GÈc-a‰c-cÈ , ,

4. CE-C…c-GÈc-a‰c-R-N‰c-cEc-îc-a‰c-cÈ , ,

5. Z‰c-Cc“Ec-c È, ,

Zum SÊtra vom Reissprössling (³ÀlistambasÊtram) siehe Frauwallner: Die Philosophie des Buddhismus. Akademie Verlag 1994, Seite 49.

Aus Gampopas Einführung im Schmuck der Befreiung

1. ]BÈ_-T_-]t‹ -R-]N…-^E-c“-]t‹ -P , BUc-Cc“U-n…-c‰Uc-FP-MUc-FN-]t‹ - È,,

2. CZ…-F…-`c-]t‹`-P , §ÈE-R-I…N-`c-]t‹`-`È , ,

3. î‡-F…-`c-]t‹`-P , U-_…C-R-G‰P-RÈc-]t‹`-`È , ,

4. W”`-H…-õ_-]t‹`-P , ]uÈ-T-_…Cc-x⁄C-C…-≠ÈN-^“`-Oÿ-]t‹`-`È , ,

5. NR‰-H…-õ_-]t‹`-P , CI…N-NE-ê…-`U-õ_-]t‹`-`È , ,

6. Oÿc-PU-Pc-]t‹`-P , ]BÈ_-T-MÈC-U-U‰N-R-Pc-]t‹`-`È , ,

Beachten Sie: P- steht für »wenn jemand fragt (... , so lautet die Antwort)«. Sie müssen hier relativ frei übersetzen, um den Absatz auf eine schöne Art wiederzugeben.

1. Übersetzt in Gampopa. Der kostbare Schmuck der Befreiung. Theseus Verlag, 2000, S. 205.

Lektion Fünfzehn

Page 231: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

215Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

16. SatzgefügeSatzgefüge: Verknüpfte Verbalhandlungen | Die Konjunktion dang | Die Semifi-nalpartikel te, ste, de | Die Konjunktion cing, zhing, shing | Die Konzessivpartikel kyang, yang, -‘ang | »Ob«-Sätze | Postpositionen nach Verben und weitere Konjunk-tionen | Weitere Möglichkeiten, Verbalhandlungen miteinander zu verbinden

Satzgefüge: Verknüpfte Verbalhandlungen

Allgemeine Bemerkung

Mit Verbalhandlungen bezeichne ich Verben und die dazugehörigen Ergänzungen.

Mit Hilfe grammatischer Partikeln zwischen den Verbalhandlungen kann die Bezie-

hung zwischen den beiden Handlungen ausgedrückt werden. Oder anders gesagt,

einfache Sätze ohne satzabschließende Partikeln werden mit Hilfe von grammati-

schen Partikeln zueinander in Beziehung gesetzt. Werden mehrere Sätze miteinan-

der verbunden, so spricht man im Deutschen von einem »Satzgefüge« bei Haupt- und

Nebensätzen und von einer »Satzreihe« bei aneinandergereihten Hauptsätzen. Im

Deutschen lassen sich Satzgefüge also immer in Hauptsätze und dazugehörige Ne-

bensätze auflösen. Im Tibetischen ist das nicht so. Oft werden über lange Abschnitte

Verbalhandlungen aneinandergereiht, in Beziehung zueinander gesetzt, übergeord-

net, untergeordnet oder verschachtelt, ohne eine Finalpartikel, die das Satzende mar-

kieren würde. Bei der Wiedergabe ins Deutsche muss man längere Abschnitte daher

in einzelne, kürzere unterteilen.

Als Partikeln, die an Verben angehängt werden können und dann die Funktion von

Konjunktionen haben, kommen in Frage:

• Kasussuffixe

• Komitativsuffix NE-; Semifinalpartikel K‰-, §‰-, N‰-; Konjunktion F…E-, Z…E-, a…E-; Konzessivpartikel lE-, ^E-, -]E-• Postpositionen nach Verben und weitere Konjunktionen

Auch satzeinleitende Partikeln wie N‰-Pc- »von daher« können das Verhältnis zur vor-

angegangenen Verbalhandlung klären.

Die Satzstellung wird von diesen Partikeln nicht beeinflusst. Das Schema eines länge-

ren Abschnitts in einem tibetischen Text ist also:

evt. satzeinleitende Partikel – Verbalhandlung – Partikel, die die Beziehung zur kom-

menden Verbalhandlung ausdrückt ... usw. ... Finalpartikel

16.1

16.1.1

Page 232: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

216Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Diese Abschnitte können lang und verschachtelt sein. Peter Schwieger, der in seinem

Handbuch zur Grammatik der klassischen tibetischen Schriftsprache eine nützliche Samm-

lung an Beispielen von solchen längeren Textabschnitten gibt, hat deshalb als Kapitel-

überschrift sehr treffend »Kleine und große Ungetüme« gewählt (Psch 202).

Zeitverhältnis

Meistens gilt: Der Präsensstamm drückt Gleichzeitigkeit mit der folgenden Handlung

aus: »Als der Lama ins Haus ging, sah er das kleine Kind.« Der Perfektstamm drückt

aus, das die Handlung abgeschlossen war, als die nächste Handlung eintrat: »Als der

Lama ins Haus gegangen war, sah er das kleine Kind.« Die Stammform der vorange-

henden Handlung gibt also an, ob die Handlung noch in Gange ist (Präsensstamm)

oder schon abgeschlossen (Perfektstamm), wenn die nächste Handlung eintritt bzw.

als sie eintrat bzw. wenn sie eintreten wird.

Wenn Präsens- und Perfektstamm gleiche Formen haben, kann man nur vom Kontext

her auf den zeitlichen Zusammenhang schließen.

Diese Regel gilt nicht für alle Konjunktionen. Und der Kontext geht immer vor.

Welche Konjunktionen gibt es?

Die wichtigsten aneinanderreihenden bzw. unterordnende Konjunktionen sind NE-,

K‰- und F…E-. Nicht die einzige, aber die wichtigste Funktion von ihnen ist, Verbalhand-

lungen miteinander zu verbinden. Alle drei können eigenständige Sätze aneinander-

reihen, aber die Verbindung kann auch enger sein. F…E- und K‰- können Verben so eng

miteinander verbinden, dass das erste Verb modal zu verstehen ist. Das heißt, dass es

die Art und Weise angibt, in der die andere Verbalhandlung ausgeführt wird, und am

besten mit einem Partizip übersetzt wird (»das Kind auf dem Rücken tragend zum Feld

gehen«). F…E- und K‰- können auch Haupt- und Hilfsverben miteinander verbinden.

Gibt es in einem Satzzusammenhang mehrere dieser Konjunktionen, dann bil-

det F…E- die engste Verbindung. Die schwächste aneinanderreihende Verbindung stellt

`- nach Verbstamm dar.

Lektion Sechzehn

16.1.3

16.1.2

Page 233: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

217Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Die Konjunktion NE-

Allgemeine Bemerkung

NE- hatten wir schon kennengelernt

• bei Aufzählungen (Seite 90)

• als kasusanzeigendes Suffix bei Verben, die mit NE- konstruiert werden (Seite 120)

• mit Adverbien der Begleitung (Seite 198)

• nach dem Verbstamm als Imperativpartikel (Seite 169)

NE- als Verbindung von Verbalhandlungen

NE- nach einem Verbalnomen lässt sich oft mit »und« übersetzen. Ist die vorange-

hende Handlung im Präsens, ist sie noch in Gange, während die folgende Handlung

eintritt. Ist die vorangehende Handlung im Perfekt, ist sie abgeschlossen, und unmit-

telbar darauf tritt die folgende Handlung ein.

Präsensstamm + R-NE- ... Y macht und ...

Perfektstamm + R-NE- ... Y hat gemacht und (unmittelbar darauf) ...

z⁄C-Dÿ-G”E-G”E-N‰c-É-U-UMÈE-T-NE-É-U]Ã-RE-Oÿ-•ÈN-]NÈN- (Lesestück Lektion 16)

Das kleine Kind sah den Lama und wollte gleich auf seinem Schoß sitzen.

Im Beispiel von UMÈE-T- sind Präsens- und Perfektverbstammform gleich und nur vom

Kontext her kann man auf den zeitlichen Zusammenhang schließen.

Eventuell drückt NE- einen kausalen Zusammenhang aus.

Oÿ-T-^ÈN-R-NE-U‰-^ÈN-R_-a‰c,

»Es gibt Rauch und man weiß, dass es Feuer gibt.«

Weil es Rauch gibt, weiß man, dass es Feuer geben muss.

Satzgefüge

16.2

16.2.2

16.2.1

Page 234: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

218Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Die Semifinalpartikel K‰-, §‰-, N‰-

Allgemeine Bemerkung

Nach Verbstämmen hat die Semifinalpartikel häufig eine Mittelstellung zwischen Verbindung und Satzende, ähnlich wie ein Semikolon.

Die Grundfunktionen der Semifinalpartikel sind:

• Verbindung von Verbalhandlungen: ... Verbstamm K‰- ... Verb

a. als Partizip

b. wie Semikolon

c. Verbindungspartikel zwischen Hauptverb und Hilfsverb

d. Gleichsetzung

• Ankündigung (ähnlich P…-)

a. erklärende Aufzählung/Erläuterung

b. Begründung ; Beweis (oft am Ende mit p…_-_È-)

c. zusammenfassender Begriff; Überbegriff

• Bildung von Adverbien

In dieser Lektion werden die ersten beiden Grundfunktionen besprochen. Die Bildung von Adverbien mit Hilfe der Semifinalpartikel wurde auf Seite 194 besprochen.

Formen der Semifinalpartikel

Die Semifinalpartikel hat je nach Postskript des vorangehenden Wortes die Formen K‰-, §‰- und N‰-.

Formen des Terminativsuffixes

nach Postskript P _ ` c Y K‰-

nach Postskript C E T U ] und ohne Postskript Y §‰-

nach Postskript N Y N‰-

nach ehemaligem N-xC- Y K‰-

Die Semifinalpartikel als Verbindung von Verbalhandlungen

Allgemeine Bemerkung

Wenn die Semifinalpartikel Verbalhandlungen verbindet, ist gewöhnlich die vorange-hende Handlung der nachfolgenden untergeordnet. Der Grad der Verbindung kann

Lektion Sechzehn

16.3

16.3.1

16.3.2

Page 235: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

219Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

sehr eng sein, zum Beispiel bei der Verbindung von Haupt- und Hilfsverb oder bei Aus-drücken, die am besten als Partizip wiedergegeben werden.

Es kommt aber auch vor, dass die Semifinalpartikel eine bloße Aneinanderreihung ausdrückt und mit »und« oder als Punkt oder Satzende wiederzugeben ist.

Aneinanderreihung von Verbalhandlungen durch die Semifinalpartikel

Die Semifinalpartikel kann eine bloße Aneinanderreihung von Sätzen ausdrücken, die man je nach Kontext mit »und«, »als«, »und dabei« und ähnlichem wiedergeben kann.

Im folgenden Beispiel haben die aneinandergereihten Verbalhandlungen unter-schiedliche Subjekte.

I…P-CF…C-Ec-BÈE-C…-NR‰-G-éUc-Tõc-K‰-aÈC-ü‰-]C]-ac-]t‹Cc-cÈE-, (DL 22)

Als [ich] eines Tages seine Petschas anschaute, gerieten einige Blätter durcheinander.

Teilweise ist die Verbindung so locker, dass man sie als zwei getrennte Sätze wieder-geben kann.

Ein implizierter Gegensatz oder eine implizierte Schlussfolgerung ist möglich und wird je nach Kontext mitübersetzt oder nicht.

pÈCc-CF…C-UMÈE-K‰-CI…c-U-UMÈE-, Man sieht eine Seite und/aber nicht zwei. (KG63)

Die Semifinalpartikel als Partizipbilder

Typisch für die Semifinalpartikel ist eine enge Verbindung von Verben, die sich auf das gleiche Subjekt/Agens beziehen. Das vorangehende Verb drückt aus, in welcher Weise die nachfolgende Handlung vor sich geht. Das ist oft am besten mit einem Partizip wiederzugeben: das vordere Verb tuend oder getan habend das hintere Verb tun. Ob mit Partizip Präsens oder mit Partizip Perfekt übersetzt wird, bzw. andere Anknüpfun-gen wie »und«, »und dabei«, »nachdem«, »indem« etc. benutzt werden, entscheidet bei der Semifinalpartikel der Kontext und nicht die Verbstammform.

_‰-NÈCc-ßEc-K‰-T°ÈU- Man soll Hoffnung und Furcht abgelegt habend meditieren. (Blo)

Für ein schöneres Deutsch in der Übersetzung sollte das Verb eventuell weggelassen werden.

Satzgefüge

Page 236: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

220Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

z„C-Dÿ-îT-`-m‰_-K‰-Z…E-C_-]uÈ-T-das Kind auf dem Rücken tragend zum Feld gehen Y mit dem Kind auf dem Rücken ...

Der Leichnam des verstorbenen 13. Dalai Lama war im Norbulingka mit dem Gesicht nach Süden

auf einen Thron gesetzt worden.

Z`-üÈ_-Tõc-K‰-T[÷Cc-R-das Gesicht nach Süden blickend sitzen Y mit dem Gesicht nach Süden ... (DL 14)

EÈ-PC-K‰-Ca‰-T-»das Gesicht schwarz seiend schimpfend« Y mit bösem Gesicht schimpfen (KG)

Die Semifinalpartikel als Verbindungspartikel zwischen Hauptverb und Hilfsverb

Die Semifinalpartikel kann Haupt- und Hilfsverben miteinander verbinden.

NCÈP-îT-_…-`-Tå‰P-K‰-^ÈN-Die Rückwand des Klosters war an den Berg gestützt. (DL 6)

Gleichsetzung ohne Gleichsetzungsverb mit der Semifinalpartikel

Die Semifinalpartikel, wie auch die Finalpartikel, kann eine Gleichsetzung abschließen, ohne dass ^…P- am Satzende stehen muss.

Der 14. Dalai Lama beschreibt seinen Geburtsort.

§C-]WÂ_-P…-cÈ-PU-R]Ã-c-B‘`-Z…C-§‰, \-Gc-CVÍ-TÈ-uÈ- ... _‰N,Taktser ist eine bäuerliche Region und die Hauptnahrungsmittel sind Weizen ... (DL 7)

Die Semifinalpartikel in ankündigender Funktion

a. Ankündigung einer erklärenden Aufzählung, Erläuterung u. ä.

Die Semifinalpartikel kann ähnlich einem Doppelpunkt anzeigen, dass eine erklärende Aufzählung folgt.

]uÈ-T-P…-_…Cc-x⁄C-§ ‰,

ü-NE- , ü-U-^…P-NE- , U…-NE- , OÿN-]uÈ-NE- , ^…-ªCc-NE- , Nr`-T-éUc-cÈ , ,Was die Wesen angeht, so sind es sechs Gruppen: Götter, Halbgötter, Menschen, Tiere, Hungergeister und Höllenbewohner.

Lektion Sechzehn

16.3.3

Page 237: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

221Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Die Semifinalpartikel kann auch, ähnlich unserem »das heißt«, Erklärungen zu einem

Begriff ankündigen.

y-UÓ-j-§‰, WN-U- PramÀÐa, das heißt Erkenntnistheorie (DL 41)

Im Tshig mdzod chen mo kündigt die Semifinalpartikel an, dass der eigentliche Eintrag

zum Lemma1 folgt.

e-K…-a , S“`-Oÿ-qŸE-T-§‰ , î-C_-a_-pÈCc-\-dÈ_-î`-RÈ]Ã-~c-c“- G”-å-`È_-]t‹Ec , ...

Ati²a, »der Hervorragende«. Er wurde als Sohn eines Königs im Wasserpferde-Jahr in

Zahor in Indien geboren. (Tshig)

b. Ankündigung einer Begründung (oft am Ende mit p…_-_È-)Nach einer Behauptung (These) kündigt die Semifinalpartikel an, dass eine Begrün-

dung oder ein Beweis folgt.

... R]Ã-p…_-_È- steht am Ende dieser Konstruktionen und bedeutet »Es ist so, weil ...«.

Zu der zweifelnden Frage, ob man selbst als einfaches Wesen denn wohl auch in der Lage sei, Buddhaschaft zu erlangen, stellt Gampopa – mit Hilfe einer rhetorischen Frage – die These auf, dass jeder Erleuchtung erlangen kann, und begründet das mit der Buddhanatur in allen Lebewesen:

]TN-Rc-T±„Tc-P-qE-G”T-F…c-K‰-U…-MÈT-§‰ ,

TNC-FC-`-cÈCc-R]Ã-c‰Uc-FP-MUc-FN-`-

cEc-îc-l…-î‡ , N‰-TZ…P-Ca‰Cc-R]Ã-£…E-RÈ-^ÈN-R]Ã-p…_-_È , ,

Wenn man fleißig praktiziert, warum sollte man dann nicht Erleuchtung erlangen?

Denn wir selbst usw., alle Lebewesen, haben die Ursache zur Buddhaschaft, die Bud-

dhanatur. (Gam)

N‰-TZ…P-Ca‰Cc-R]Ã-£…E-RÈ- bedeutet wörtlich »die Essenz eines Sogegangenen«/»Essenz eines

TathÀgatas«. Dieser Ausdruck wird auch mit »Buddhanatur« wiedergegeben.

Man beachte die Stellung des aN- nach dem î‡-. Hier werden Substantiv und Appositi-

on durch den aN- miteinander verbunden.

Satzgefüge

1. Ein »Lemma« ist ein Stichwort in einem Nachschlagewerk.

Page 238: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

222Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Typisch sind Argumente nach der Struktur:

A ist B weil C. Y A B (^…P-) K‰- C p…_-_È ,

T“U-R-U…-åC-R-^…P-K‰-qc-R-^…P-R]Ã-p…_-_È , ,Vasen sind unbeständig, weil sie hergestellt sind. (Wi 310)

Ankündigung eines zusammenfassenden Überbegriffs, Resümees

Nach einer Aufzählung einzelner Begriffe kann die Semifinalpartikel ankündigen, dass

ein zusammenfassender Überbegriff folgt.

Gampopa gibt die Gliederung seines Schmuck der Befreiung mit folgendem Vers:

î‡-NE-å‰P-NE-ì‰P-NE-P…, , MTc-NE-]c-T“-]z…P-`c-K‰ , ,

É-U‰N-qE-G”T-≠…-•ÈU-x⁄C , ÉÈ-úP-éUc-l…c-a‰c-R_-q , ,

Ursache, Basis, Bedingungen, Methode, Frucht und Buddha-Aktivität, diese sechs

zusammenfassenden Begriffe zur unübertrefflichen Erleuchtung sollen von den Ver-

ständigen gewusst werden. (Gam)

Die Konjunktion F…E-, Z…E-, a…E-

Allgemeine Bemerkung

F…E- ist die engste unter den Konjunktionen. Ihre Grundfunktionen sind:

• Verknüpfung von Verben oder Adjektiven ähnlicher Bedeutung

• Enge Verknüpfung von Sätzen oder Prädikatsphrasen

• Verbindungspartikel zwischen Hauptverb und Hilfsverb

Formen

Je nach Postskript des vorangehenden Wortes kommen die Formen F…E-, Z…E- oder a…E- vor.

nach Postskript C N T Y F…E-

nach Postskript E P U ] _ ` und ohne Postskript Y Z…E-

nach Postskript c Y a…E-

nach ehemaligem N-xC- Y F…E-

Lektion Sechzehn

16.4

16.4.1

Page 239: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

223Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

1. Verknüpfung von Verben oder Adjektiven ähnlicher Bedeutung

Als stilistisches Mittel zur Heraushebung oder Betonung der Bedeutung verbindet F…E- Verben oder Adjektive ähnlicher Bedeutung mit folgender Konstruktion:

Stamm eines Zustandsverbs + F…E- + Zustandsverb

å‰P-F…E-]‰`-T_-]qŸE-T-gestützt und verbunden entstehen Y Entstehen in Abhängigkeit

\N-F…E-^`-T- aufgebraucht und verschwunden

Enge Verknüpfung von Sätzen oder Prädikatsphrasen

Mit F…E- verbundene Verbalhandlungen haben typischerweise den gleichen Bezug und

F…E- kann mit »und«, »und so« und ähnlichem wiedergegeben werden.

Im folgenden Beispiel ist die durch a…E- ausgedrückte Verbindung so eng, dass sich der

konjunktionale Ausdruck ]Ã-§ÈTc-l…c- »kraft dessen, dass; weil« auf beide Verbalhand-

lungen bezieht.

¢_-n…-q-T-EP-R-`-CÈUc-a…E-, TC-GCc-Tåc-R]Ã-§ÈTc-l…c-

qE-G”T-l…-`U-`-]H“C-R_-N@]È , ,Kraft dessen, dass [man sich] an frühere schlechte Handlungen gewöhnt hat und so die karmischen Einprägungen angewachsen sind, ist es schwer, den Pfad der Erleuch-tung zu betreten. (Gam)

Man beachte, dass der aN- wie bei NE- gesetzt wird.

Die miteinander verbundenen Verben können aber auch unterschiedliche Bezüge ha-

ben. Je nach Kontext kann man die Sätze mit »und« verbinden oder als zwei getrennte

Sätze wiedergeben.

BÈE-WÍc-z⁄C-Dÿ-G”E-G”E-N‰-Tã‰N-F…E- ,

z⁄C-Dÿ-G”E-G”E-N‰c-É-U-UMÈE-T-NE-É-U]Ã-RE-Oÿ-•ÈN-]NÈN ,

[Dort in der Küche] fanden sie das kleine Kind. Und das kleine Kind sah den Lama und

wollte gleich auf seinem Schoß sitzen. (Lesestück Lektion 16)

Satzgefüge

16.4.3

16.4.2

Page 240: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

224Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

^“`-U…-WÍc-_…-CPU-`-C\“C-UBP-^E-\‰_-Z…E-, _…-N‰_-^“`-ü-CPc-R_-uCc ,Die Einheimischen nennen [ihn] auch »Berg, der den Himmel durchbohrt«. Es heißt,

dass auf dem Berg die Ortsgottheit wohne. (DL 5)

3. Verbindungspartikel zwischen Hauptverb und Hilfsverb

Noch mehr als bei der Semifinalpartikel ist die mit F…E- ausgedrückte Verbindung zwi-

schen Verben sehr eng, und F…E- kann – wie die Semifinalpartikel – auch Hauptverben

und Hilfsverben miteinander verbinden. So eine Konstruktion drückt den Durativ (die

andauernde Handlung) aus (Siehe Seite 253).

...]x…-Z…E-p…P-R- ... fragend gegangen sein (Mil)

`-`c- ... \‰_-Z…E-]OÿC Einige sagen ... (Mil)

Konzessivpartikel lE-, ^E-, -]E-

Allgemeine Bemerkung

»Konzessiv« bedeutet »einräumend«. Da lE- nach Verbstämmen ein konzessives Ver-

hältnis ausdrückt (»obwohl«), wird es hier »Konzessivpartikel« genannt. Nach Sub-

stantiven hat lE- die Funktion der Hervorhebung oder von »auch« und mit Adjektiven

hat es verstärkende Funktion (»besonders«). Je nach Postskript des vorangegangenen

Wortes kommt es in den Formen lE-, ^E- und -]E- vor. Die Grundfunktionen sind:

• nach einem Verbstamm:

a. Verbstamm + lE- Y obwohl

b. Verbstamm + P-^E- Y obwohl, auch wenn

• nach einem Nomen:

a. neues Thema; Subjektwechsel (ähnlich P…-)

b. sogar, aber, selbst; wie sanskrit eva

mit Negation: nicht einmal

c. auch, ebenso, oder auch

d. sowohl ... als auch; ... und auch

mit Negation: weder ... noch ...

Lektion Sechzehn

16.5

16.5.1

16.4.4

Page 241: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

225Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

• Intensivierung oder Verstärkung

• satzeinleitend: ^E- u. ä.

• Bildung von Indefinitpronomen (siehe Seite 209)

Formen der Konzessivpartikel

Die Konzessivpartikel hat je nach Postskript des vorangehenden Wortes die Formen lE-, ^E- oder -]E-.

nach Postskript C N T c Y lE-

nach Postskript E P U _ ` Y ^E-

nach Postskript ] und ohne Postskript Y ^E- oder -]E-

-]E- wird benutzt, wenn für das Versmaß eine Silbe eingespart werden soll.

nach ehemaligem N-xC- Y lE-

Die Konzessivpartikel lE-, ^E-, -]E- nach einem Verbstamm

a. Verbstamm + lE-, ^E-, -]E- Y obwohl

Nach Verbstämmen hat lE- konzessive (einschränkende) Bedeutung und kann mit »obwohl«, »zwar« »auch wenn« und ähnlichem wiedergegeben werden.

UE-RÈ-^ÈN-lE- obwohl es viel gibt

N-P…-a…-^E-U…-]nÈN-NÈ ,Nun aber, auch wenn ich sterben sollte (auch gestorben), bereue ich nichts. (Blo 208)

q…-`-CI…N-B‘C-lE-VÀ-VÀ-^…N-`-]BÈ_-]BÈ_ ,Auch wenn die Katze schläft, kreisen Mäuse in ihrem Geist. (Qu 149)

CZP-`-õ-T]Ã-U…C-^ÈN-lE- , _E-I…N-[`-]õ-P-U‰-`ÈE-NCÈc ,Obwohl man Augen hat, um andere zu sehen, braucht man, wenn man sich selbst sehen [will], einen Spiegel. (Tshig 1082)

b. Verbstamm + P-^E- Y obwohl, auch wenn

BÈ-©P-BE-`-p…P-P-^E-a…-T-_‰N ,

Obwohl er ins Krankenhaus gegangen ist, ist er gestorben. (Go)

Satzgefüge

16.5.2

Page 242: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

226Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Oft ist bei dieser Konstruktion die Bedeutung hypothetisch:

»Auch wenn es so wäre,...«

Die Konzessivpartikel lE-, ^E-, -]E- nach einem Nomen

Nach Nomen bzw. Nominalphrasen steht die Konzessivpartikel ganz am Ende, also

nach der Kasusmarkierung.

a. neues Thema; Subjektwechsel (ähnlich P…-)bleibt unübersetzt oder zum Beispiel »was ... angeht«, »nun, aber«

]BÈ_-T_-]t‹`-R-]N…-^E-c“-]t‹`-P, BUc-Cc“U-n…-c‰Uc-FP-MUc-FN-]t‹`-`È,,Was nun die Täuschung im Sa¾sÀra angeht:

Wer täuscht sich? Alle Lebewesen der drei Bereiche täuschen sich. (Gam)

Ec-lE-üÈ-C-C…-UN]-Pc- ... ]x…-Z…E-p…P-Rc-Weil/als ich nun aus dem unteren Tal von Lho-brag [nach Marpa] fragend gegangen kam, ... (Mil)

b. sogar, aber, selbst; wie sanskrit eva

U‰-`c-lE-W-T- heißer sogar als Feuer (Tshig 2770)

mit Verneinung Y nicht einmal; nicht ein einziges

BÈc-WÀC-CF…C-lE-TaN-U-cÈE-, Er hat nicht einmal ein einziges Wort gesagt. (Go)

î‡c-^ÈN-\‰_-T-Z…C-lE-U-qŸE-,Es tauchte nicht ein einziger auf, der sagte: » [Marpa] ist mir bekannt.« (Mil)

c. auch, ebenso, oder auch

`-`c-É-U-U_-R]E-\‰_-Z…E-]OÿC Einige sagen auch »Lama Marpa«. (Mil)

P…èj, Z‰c-R-M_-R-`]E-UMÈ-NU]-_…U-R-UE-RÈ-^ÈN,

In Bezug auf »NirvÀÐa«, oder auch »Befreiung«, gibt es viele Grade von hoch bis niedrig.

(DL 43)

Lektion Sechzehn

16.5.3

Page 243: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

227Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

d. sowohl ... als auch; ... und auch (mit Verneinung Y nicht einmal)Milarepa spricht zu Marpa:

`“c-EC-^…N-Cc“U-^E-]T“`, õÈ-CÈc-GÈc-Cc“U-^E-É-U-`-[÷,Ich bringe dir Körper, Rede und Geist (die drei) dar. Und auch bitte ich den Lama um Essen, Kleidung und Dharmabelehrungen (die drei). (Mil)

Intensivierung und Verstärkung

Intensivierung durch lE-, ^E-, -]E- zwischen zwei Adjektiven

lE-, ^E-, -]E- kann zur Intensivierung oder Verstärkung eines Adjektivs benutzt werden.

U‰-KÈC-UXÂc-RÈ- eine schöne Blume

U‰-KÈC-UXÂc-lE-UXÂc- eine wunderschöne Blume

^E- als Intensivierungspräfix

^E- kann einem Adjektiv oder Substantiv vorangestellt sein, um Intensivierung oder

Verstärkung auszudrücken. Da es vorangestellt wird, kommt es nur in dieser Form vor.

G”E-G”E- klein ^E-G”E- noch kleiner (Jä 521)

NC-R- rein ^E-NC-R- vollkommen rein, richtig

^E-NC-R]Ã-õ-T- die richtige Sichtweise

^E-^E- oft, wieder und wieder

Vermutlich abgeleitet von ^- als Stamm für Begriffe für »das oben Befindliche« (siehe

Seite 201) ist ^E- in den folgenden Begriffen:

^E-U‰c- Urgroßvater, Begründer einer Familienlinie

^E-˛‰- oberste Spitze

^E-MÈC- oberstes Dach

_…]éN-`-a…E-PCc-NE-, N‰]Ã-MÈN-Oÿ-ßE-_…, N‰]Ã- ‰_-C-_…, ^E- ‰_-CEc-zPT“- ÈN- ...

Am Fuße des Berges befand sich Wald, darüber Grasflächen, am Gipfel Fels und ganz

oben am Gipfel Schneefelder, [die auch im Sommer nicht schmolzen]. (DL 5,6)

Satzgefüge

16.5.4

Page 244: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

228Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Satzeinleitende adverbielle Ausdrücke: ^E- und ähnliche

Es gibt einige adverbielle Ausdrücke mit der Konzessivpartikel, die immer am Satz-anfang stehen. Direkt am Satzanfang hat sie die Form ^E-, sonst entsprechend dem Postskript des vorangehenden Wortes.

^E- (am Anfang eines Satzes) weiterhin

CZP-^E- außerdem, weiterhin, obendrein

N‰-Pc-lE-^_- auch danach wieder

^E-P- ... ^E-P- ... entweder ... oder ... (mit Verneinung Y weder ... noch ...)

]ÈP-lE- aber, dennoch

Und was antwortet Marpa auf Milarepas Bitte?

`“c-EC-^…N-Cc“U-]T“`-T-N‰-T\E-, õÈ-CÈc-GÈc-Cc“U-AÿP-U…-]ÈE-,

^E-P-õÈ-CÈc-§‰_-GÈc-CZP-Pc-WÍ`, ^E-P-GÈc-§‰_-õÈ-CÈc-CZP-Pc-WÍ`,

Dass du mir Körper, Rede und Geist darbringst, ist gut. Du bekommst nicht alle drei, Essen, Kleidung und Dharmabelehrungen. Entweder ich gebe dir Essen und Kleidung, und du suchst [dir] Dharmabelehrungen von woanders. Oder ich gebe dir Dharmabe-lehrungen, und du suchst [dir] Essen und Kleidung von woanders. (Mil)

Bildung von Indefinitpronomen mit lE-, ^E-, -]E-

Zur Bildung von Indefinitpronomen mit Hilfe von lE-, ^E-, -]E- siehe Lektion 15.

Ergänzungen

Verbstamm + _“E- ist gleich wie Verbstamm + Konzessivpartikel (siehe Seite 225).

a…-_“E-Ü_-´‰-T-`‰P-R- obwohl gestorben wieder Geburt annehmen (DL 43)

N‰-VU-Z…C-T•N-_“E- obgleich ich solange gesessen (Jä 550)

»Ob«-Sätze»Ob«-Sätze werden im Tibetischen konstruiert, indem man einem Verb direkt seine negierte Form nachstellt.

cEc-î-U…-î- ob [du] Buddhaschaft erlangst oder nicht

Lektion Sechzehn

16.6

16.5.5

16.5.7

16.5.6

Page 245: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

229Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Als Milarepa Marpa um Belehrungen bittet, die ihn Buddhaschaft in diesem Leben erreichen lassen, antwortet Marpa:

WÂ-]N…_-cEc-î-U…-î-mÈN-_E-C…-£…E-_“c-`-_C-`c-Ob du in diesem Leben Buddhaschaft verwirklichst oder nicht, hängt von deiner eige-nen Hingabe und Ausdauer ab. (Mil)

Eventuell lässt man in der Übersetzung die negierte Form besser weg.

^ÈN-U‰N- ob es gibt (oder nicht)

Der Suchtrupp, der die Wiedergeburt des 14. Dalai Lama finden soll, erkennt in dem Dorf Taktser ein Haus, das zu der Beschreibung des Orakels passen würde.

]CÈ-]t…N-N‰c-BE-R-N‰]Ã-PE-`-z⁄C-Dÿ-^ÈN-U‰N-]x…-ˇTc-z⁄C-Dÿ-`È-CI…c-\…P-VU-Z…C-

^ÈN-TäÈN-]OÿCAls der Anführer sich erkundigte, ob es in dem Haus ein Kind gebe, wurde ihm gesagt, es gebe ein Kind von knapp zwei Jahren. (Lesestück Lektion 16)

Postpositionen nach Verben und weitere KonjunktionenEs gibt eine Reihe von Postpositionen und weiteren Ausdrücken, die Verbalhandlun-gen zueinander in Beziehung setzen. Sie sind in den Wörterbüchern gut erfasst und deshalb werden hier nur einige Beispiele gegeben.

Entweder stehen sie direkt nach dem Verbstamm oder sie stehen nach einem Verbal-nomen und sind konstruiert wie eine Postposition.

(R]Ã-)ì‰P-(n…c-) »durch die Bedingungen«, weil

e-Bÿ-§ÈP-R]Ã-m…U-n…-˛U-R-íÈCc-ì‰P- weil das Tsampa in Akhu Tönpas Haus aufgebraucht war

E-`-ÜÈT-ÆÈE-q‰N-NCÈc-R]Ã-ì‰P-n…c- (DL 44)

Weil ich studieren musste [, hatte ich nicht oft Gelegenheit, nach draußen zu gehen.]

• kausal

VE- weil

Ca…c- »auf der Grundlage/Ausgangslage«, weil

NTE-C…c- »durch die Macht/Kraft«, kraft, weil (auch gemäß)

Satzgefüge

16.7

Page 246: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

230Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

• temporal

Oÿc- »zu der Zeit«, als

ˇTc- »in der Situation«, als

_…E- »Zeit lang«, während

U-MC-Lfi- »ohne Zwischenraum«, unmittelbar

]z`- sofort

• final

G‰N- »zum Zwecke«, um zu

NÈP-Oÿ- »zum Nutzen«, um zu

• kausal/modal

§Tc- weil; in der Weise

CPc-W”`-N‰-MÈc-]z`- sobald er gehört hatte, wie es ist (Lesestück Lektion 16)

î`-°È]Ã-]t…c-c“-]qÈ_-ˇTc- als sie in die Nähe der Eingangstür kamen (Lesestück L. 16)

E]Ã-S-U-WÍc-N‰-¢ÈP-EÈ-U-a‰c-§Tc-weil meine Eltern sie vorher noch nicht kennengelernt hatten (Lesestück Lektion 16)

pŸC-RÈ-N‰-c‰_-¶-G‰P-RÈ-^…P-VE- weil der Reiche sehr geizig war

Weitere Möglichkeiten, Verbalhandlungen miteinander zu verbinden

Satzeinleitende Adverbien

Auch mit Hilfe von satzeinleitenden Adverbien kann die Beziehung einer Verbalhand-lung zu der vorangegangenen dargestellt werden. Siehe auch die Auflistungen auf Seite 194 .

]ÈP-lE- aber N‰-Pc- danach CZ…-Pc- erst danach

qc-VE- deshalb ^…P-P-^E- auch wenn es so ist /so wäre; aber

Lektion Sechzehn

16.8

16.8.1

Page 247: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

231Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Nominalisierte Sätze als Satzglieder und Attribute

Mit dem Nominalsuffix R- bzw. T- können Verbalhandlungen mitsamt ihren Ergänzun-gen nominalisiert werden und so die Stellung irgendeines Satzgliedes einnehmen. Die entsprechende Kasusmarkierung steht wie bei allen Nominalphrasen im Tibetischen am Ende. Längere nominalisierte Sätze lassen sich am besten mit Nebensätzen wie-dergeben, zum Beispiel mit »dass«-Sätzen.

• als Subjekt

]XU-Ç…E-PE-Z…-TN‰-^ÈE-M—T-In die Welt kann Frieden und Glück kommen.

c‰Uc-`-TN‰-T-U‰N-P-]XU-Ç…E-PE-Z…-TN‰-^ÈE-M—T-R-N@], Wenn im Geist [der Lebewesen] kein Glück ist, (ist es schwer, dass) kann nur schwer-lich Glück und Frieden in die Welt kommen. (DL 42)

• als Gleichsetzungsergänzung

]t‹`-R-MUc-FN-\N-F…E-^`-Alle Täuschung ist aufgebraucht und verschwunden.

éU-R-]t‹`-R-MUc-FN-\N-F…E-^`-T-^…P,,Die äußere Erscheinung [des NirvÀÐa] ist, dass alle Täuschung aufgebraucht und ver-schwunden ist. (Gam)

• als direktes Objekt

üC-F“E-\N-F…C-]OÿC-Es gibt einen kleinen Rest.

üC-F“E-\N-F…C-]OÿC-R-N‰-TÜÈCc,Den kleinen Rest, den es noch gab, pflügte ich [zuende]. (Mil)

˛U-¨‰-§ÈE-R-ü-ˇ‡]Ã-`C-Lfi-^ÈN-

Der leere Tsampa-Sack befindet sich in der Hand der Statue.

BÈE-CI…c-RÈc-˛U-¨‰-§ÈE-R-ü-ˇ‡]Ã-`C-Lfi-^ÈN-R-UMÈE-,Sie beide sahen, dass sich der leere Tsampa-Sack in der Hand der Statue befand.

Satzgefüge

16.8.2

Page 248: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

232Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

• als AttributIm folgenden Beispiel stellt der nominalisierte Satz ein Attribut zu U…E- dar. Zusammen mit dem Ausdruck -]Ã-U…E-`- bildet er das Dativobjekt zu \‰_- »sagen«. Derart verschach-telte, komplexe Sätze gibt man im Deutschen mit Hilfe von Nebensätzen, meist Rela-tivsätzen, oder als mehrere Sätze wieder.

uÈE-Cc‰T-N‰]Ã-üÈ-EÈc-_…-TÈ-CZP-`c-UMÈ-T-Z…C-^ÈN-Auf der Südseite des Dorfes gab es einen Berg, der höher war als alle anderen.

uÈE-Cc‰T-N‰]Ã-üÈ-EÈc-_…-TÈ-CZP-`c-UMÈ-T-Z…C-^ÈN-R-N‰]Ã-U…E-`-e-U‰c-´‰-_…-\‰_, Der Berg, der sich auf der Südseite des Dorfes befand [und] der höher war als alle an-deren, wurde A-mes-skye-Berg genannt.

oder

Auf der Südseite des Dorfes gab es einen Berg, der höher war als alle anderen.

Er wurde A-mes-skye-Berg genannt. (DL 5)

Zu längeren vorangestellten Partizip-Attributen siehe Seite 96.

Übungen zu Lektion 16

Die Wiedergeburt des 13. Dalai Lama wird gefunden

Der folgende Text ist der Abschnitt aus der Autobiographie des 14. Dalai Lama, in dem er beschreibt, wie nach dem Tod des 13. Dalai Lama ein Lama und seine Diener auf der Suche nach der Reinkarnation in sein Elternhaus kommen und ihm zum ersten Mal begegnen. Der Dalai Lama schreibt nicht aus eigener Erinnerung, sondern wie es ihm erzählt worden ist. Die Autobiographie ist ins Deutsche übersetzt: Dalai Lama. Mein

Leben und mein Volk. Knaur, 1962. Der vorliegende Abschnitt ist auf den Seiten 17-18 in einer freien Übersetzung zu finden.

Im Orakelsee Lhamo Latso hat der Regent die Buchstaben e, @ und U gesehen, ein Kloster mit grünen und gelben Dächern und ein Haus mit türkisfarbenem Dach. Weitere Zeichen wurden gedeutet und Suchtrupps aus Lamas, Beamten und Gelehrten wurden durch das ganze Land geschickt, um die Wiedergeburt zu finden. Einer davon kommt nach Amdo.

1. É-U-NE-, NRÈP-BC , UBc-R-N‰-éUc-E-WÍ]Ã-^“`-pÈCc-UNÈ-BUc-c“-NDÿP-B_-

2. ܉Tc-a…E-, N‰_-BÈE-WÍc-ˇ‡-]T“U-NCÈP-R]Ã-MÈC-öE-B‘-NE-, c‰_-RÈ-éUc-UMÈE-

Lektion Sechzehn

Page 249: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

233Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

3. T-NE-, §C-]WÂ_-n…-uÈE-Cc‰T-PE-MÈC-¢ÈP-RÈ-qc-R]Ã-uÈE-Cc‰T-N‰-^E-_…U-R_-

4. UMÈE-qŸE-T-_‰N, N‰_-]CÈ-]t…N-N‰c-BE-R-N‰]Ã-PE-z⁄-Dÿ-^ÈN-U‰N-]x…-ˇTc-z⁄-Dÿ-`È-

5. CI…c-\…P-VU-Z…C-^ÈN-`“Cc-TäÈN-]OÿC ,

6. CPc-W”`-N‰-MÈc-]z`-^E-~…N-]WÍ`-U…-CI…c-NE-, C^ÈC-RÈ-CF…C-TFc-l…c-

7. NCÈP-R-N‰]Ã-`c-q‰N-CI…c-`U-î‡c-c“-]t…N-N‰-BE-R-N‰_-T´ÈN-F…E-, N‰]Ã-ˇTc-

8. BÈE-WÍ]Ã-]CÈ-]t…N-õ‰-T-c‰-_-d_-CNÈE-@‰]“-WE-_…P-RÈ-G‰-^…P-lE-BÈE-C…c-C^ÈC-

9. RÈ-^…P-B‘`-NE-, ˛‰-x⁄E-ÉÈ-T\E-WÂ-NTE-Pc-]CÈ-]t…N-^…P-B‘`-n…c-nÈP-Gc-lE-

10. EÈ-C^ÈC-Tí’c-K‰-T´ÈN-]BÈN-qc, BÈE-WÍ-BE-R]Ã-î`-°È]Ã-]t…c-c“-]qÈ_-ˇTc-

11. E]Ã-S-U-WÍc-N‰-¢ÈP-EÈ-U-a‰c-§Tc-ÉÈ-T\E-Z‰c-R-N‰-BÈE-WÍ]Ã-]CÈ-]t…N-_‰N-

12. NCÈEc-K‰-PE-Oÿ-]t…N-S‰Tc, @‰]“-WE-É-U-NE-, CZP-NC-MT-WE-Oÿ-TZC-§‰,

13. N‰_-BÈE-WÍc-z⁄-Dÿ-G”E-G”E-N‰-Tã‰N-F…E-, z⁄-Dÿ-G”E-G”E-N‰c-É-U-UMÈE-T-NE-É-U]Ã-

14. RE-Oÿ-•ÈN-]NÈN-qc-]OÿC , RCc-WC-F…C-nÈP-K‰-^ÈN-R]Ã-É-U]Ã-ˇ‰-`-7î`-

15. NTE-CÈE-U]Ã-pC-z‰E-Z…C-TZ‰c-^ÈN-]OÿC-R-z⁄-Dÿc-z‰E-T-N‰-EÈc-]XÀP-qc-K‰-

16. ]N…-E-`-≥ÈN-_ÈCc-`T-§Tc-É-Uc-E-EÈ-a‰c-P-≥N-GÈC-Cc“Ec-R_, z⁄-Dÿc-`P-

17. Oÿ-^“`-ˇN-MÈC-c‰-_]Ã-e-@-_‰N-TäÈN, NÈP-P…-c‰-_]Ã-É-U-_‰N-TäÈN-]OÿC , N‰-Pc-

18. É-Uc-_ÈCc-NRÈP-RÈ-N‰-c“-_‰N-F‰c-]x…-ˇTc-z⁄-Dÿ-N‰c-]N…]Ã-U…E-ÉÈ-T\E-_‰N,

19. ^E-ZTc-p…-EÈ-U-N‰]Ã-U…E-`-e-UNÈ-ˇ`-T\E-\‰_-T-_‰N-F‰c-`T-R-qŸE-]OÿC ,

20. É-U-N‰c-I…P-CE-z⁄-Dÿ-U-I`-T_-Oÿ-NÈ-¶E-G‰P-RÈc-Tõc-K‰-BÈE-WÍ-N‰]Ã-NCÈE-UÈ-N‰_-

Satzgefüge

Page 250: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

234Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

21. T•N. cE-¢-xÈ-BÈE-WÍ-MÈP-˛…c-q‰N-ˇTc-z⁄-Dÿ-I`-c-Pc-MÈP-K‰-BÈE-WÍ-UIU-Oÿ-

22. ]uÈ-^…-^…P-Z‰c-TäÈN-]OÿC-R]Ã-z⁄-Dÿ-N‰-E-_E-_‰N, , (DL 15,16)

Übersetzungshilfen

UNÈ-BUc- Amdo und Kham (Osttibet)

ˇ‡-]T“U-NCÈP-R- das Kloster Kumbum

§C-]WÂ_- Taktser (Geburtsort des 14. Dalai Lama)

UMÈE-qŸE-T-_‰N- tauchte (vor ihnen) zu sehen auf; bekamen sie zu sehen; sahen sie

^ÈN-`“Cc-TäÈN-]OÿC- wurde ihm gesagt, es gebe ...1

c‰-_-d_-CNÈE-@‰]“-WE-_…P-RÈ-G‰- Sera Hardong Ke‘utsang Rinpoche

^…P-B‘`- gaben vor zu sein

ÉÈ-T\E-WÂ-NTE- Eigenname

nÈP-Gc-lE-EÈ-C^ÈC-Tí’c-K‰-T´ÈN-]BÈN-qc- Auch mit der Kleidung [die Rollen von] Herr und Diener vertauscht habend, gingen sie los (und behielten die Rollen bei).

N‰- = ]WÍ`-U…-

PE-Oÿ- nach drinnen (in die gute Stube)

@‰]“-WE-É-U- = c‰-_-d_-CNÈE-@‰]“-WE-_…P-RÈ-G‰-

TZC- hier brachten (sie) unter

•ÈN-]NÈN-qc-]OÿC- »hat Sitzenwollen gemacht«; wollte sitzen; bettelte darum zu sitzen

RCc-WC-F…C-nÈP-K‰-^ÈN-R]Ã-É-U- der Lama, der in den Fellmantel [des Dieners] gekleidet war

7î`-NTE-CÈE-U- der frühere »Siegmächtige«; hier der 13. Dalai Lama

TZ‰c-^ÈN-]OÿC-R- höfl. die sich befand

≥N-GÈC- so will ich [dir] geben; bin ich bereit zu geben

NÈP-P…- ... TäÈN-]OÿC- von der Bedeutung her sagte (es) ...

`T-R-qŸE-]OÿC- »die Worte sind aufgetaucht«; sagte es (ohne Nachzudenken)

U-I`-T_-Oÿ- siehe Seite 154

MÈP-˛…c-q‰N- vorhaben aufzubrechen; losgehen wollen

Lektion Sechzehn

1. Lugs »Art und Weise« steht hier in der Funktion der Redeabschlusspartikel. Eine ähnliche Funktion beschreibt Peter Schwieger für tshul, das auch »Art und Weise« bedeutet (Psch 198, 301; siehe auch G 882).

Page 251: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

235Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

17. MorphologieMorphologie der Verbstämme | Verbpaare im Tibetischen | Das Konzept von bdag und gzhan in der traditionellen tibetischen Grammatik

Morphologie der Verbstämme

Allgemeine Bemerkung

Die Verben weisen gewisse Regelmäßigkeiten bei der Bildung der verschiedenen Stammformen auf und es ist nützlich, sich mit den wichtigsten Paradigmen ver-traut zu machen. So kann man anhand der Morphologie oft schon vermuten, welche Verbstammform vorliegt. In korrupten Texten kann man fehlerhafte Schreibungen schneller identifizieren. Die morphologischen Merkmale beziehen sich auf die Vo-kale, die Prä-, Super- und Postskripte und die Basisbuchstaben. Hier werden nur die wichtigsten Paradigmen vorgestellt, ohne den Zusammenhang zur Bedeutung der jeweiligen Verben, also der semantischen Ebene, zu untersuchen. Für tiefergehende Untersuchungen siehe

András Róna-Tas. Wiener Vorlesungen zur Sprach- und Kulturgeschichte Tibets. Wien 1985, Seiten 166-181.

Michael Hahn. Lehrbuch der tibetischen Schriftsprache. Lektion 19.

Stephan Beyer. The Classical Tibetan Language. 1992. Seiten 110-112.

Kesang Gyurme. Le Clair Miroir. Seiten 182 ff.

(Siehe im Abkürzungsverzeichnis unter MH, StB und KG.)

In Texten mit alter Orthographie gab es neben c als weiteres zweites Postskript N, genannt N-xC-. Es wurde bei den Imperfekt- und Imperativ-Verbstammformen nach den Postskripten P, _ und ` geschrieben und ein ausgefallenes N-xC- beeinflusst auch heute noch die Schreibweise grammatischer Partikeln.

T§P-KÈ, es wurde/wird gelehrt

Auch bei Adverbien gilt die Regel.

AÿP-Lfi- überall(hin), all-

Aber während sich ein ausgefallenes N-xC- nach Verbstamm immer auf die Schreib-weise der folgenden grammatischen Partikel auswirkt, wird die Regel bei Adverbien nicht so konsequent angewandt. So findet man î‡P-Lfi- und î‡P-Oÿ-, TZ…P-Lfi- und TZ…P-Oÿ-.

17.1

17.1.1

Page 252: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

236Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Die wichtigsten ParadigmenPräsens Perfekt Nezessitativ Imperativ

• Vokalwechsel

1. a

à`-

a

Tà`(N)-

a

Tà`-

o

àÈ`(N)- überqueren

2. o

àÈ`-

a

Tà`(N)-

a

Tà`-

o

àÈ`(N)- sich widersetzen

3. e

`‰P-

a

ÉEc-

a

ÉE-

o

`ÈEc- nehmen

• Präskripte und 2. Postskript

1. -...-

°ÈU-

±„T-

b...s

T°ÈUc-

T±„Tc-

b...-

T°ÈU-

T±„T-

-...s

°ÈUc-

±„Tc-

meditieren

verwirklichen

2. -...-

ˇÈ_-

b...(d)

TˇÈ_(N)-

b...-

TˇÈ_-

-...(d)

ˇÈ_(N)- kreisen

3. '...-

]T“`-

-...(d)

S“`(N)-

d...-

NT“`-

-...(d)

S“`(N)- geben (bescheiden)

4. g...-

CKÈE-

b...-

TKE-

g...-

CKE-

-...-

MÈE- senden, schicken

• Basisbuchstaben (Wechsel von Aspiration und Stimmhaftigkeit)

1. Imperativform hat häufig einen aspirierten Konsonanten (siehe CKÈE-)

2. asp.

]M—E-

]WÍ`-

nicht asp.

TLfiE-

TV`(N)-

nicht asp.

TLfiE-

TV`-

asp.

]M—E-

WÍ`(N)-

trinken

suchen

3. stimmhaft

]CÈC-nicht asp.

T@C-stimmhaft

NCC-asp.

BÈC- stoppen

Lektion Siebzehn

17.1.2

Page 253: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

237Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Präsens Perfekt Nezessitativ Imperativ

4. stimmhaft

]CÈC-

]NÈCc-

nicht asp.

T@C-

TKCc-

stimmhaft

NCC-

CNCc-

asp.

BÈC-

MÈCc-

stoppen

befestigen, anbinden

• Wandel bei Zischlauten

1. G verändert sich manchmal zu a

]G…-

]G_-

a…-

a_-

sterben

aufgehen

2. H verändert sich manchmal zu F / Z / a

]H“C-

]H“C-

]HÈC-

TF“C-

[÷Cc-

TZC-

C[÷C-

]H“C-

CZC-

G”C-

[÷Cc-

ZÈC-

eintreten lassen;zu etwas veranlassen

eintreten, beginnen

setzen, stellen, legen

3. X verändert sich manchmal zu \ / V

]XÀP- T\“E- C\“E- \“E- ergreifen, begreifen

Die wichtigsten Regeln

Typisch für die Präsens-Verbstammform:

]-Präskript, aspirierter oder stimmhafter Konsonant

Typisch für die Perfekt-Verbstammform:

nicht aspirierter Konsonant, T-Präskript und zweites Postskript

Typisch für die Nezessitativ-Verbstammform:

nicht aspirierter oder stimmhafter Konsonant, C/N/T-Präskript

Typisch für die Imperativ-Verbstammform:

o-Vokal, aspirierter Konsonant, zweites Postskript

Morphologie

Page 254: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

238Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Verbpaare im TibetischenEs gibt im Tibetischen viele Verbpaare, die morphologisch sehr ähnlich sind, und von denen eines typischerweise transitiv/kontrollierbar/ M-NN-R- (häufig mit c-Superskript) ist und das andere intransitiv/nicht kontrollierbar/ M-U…-NN-R- ist. Eine ausführliche Liste der Verbpaare findet man bei KG auf den Seiten 258-2611. Ich gebe hier nur drei Bei-spiele:

typischerweise transitiv/kontrollierbar/ M-NN-R- intransitiv/nicht kontrollierbar/ M-U…-NN-R-¨„_- ]nŸ_-[jemand] verändert [etwas] [es] kommt zu einer Veränderung [von etwas]

±„T- ]u⁄T-[jemand] verwirklicht [etwas] [es] kommt zu der Verwirklichung [von etwas]

Stammformen am Beispiel von ±„T- / ]u⁄T-

Präsens ±„T- ]u⁄T-

Perfekt T±„Tc- u⁄T-

Nezessitativ T±„T-

Imperativ ±„Tc-

Das Konzept von bdag und gzhan in der traditionellentibetischen Grammatik

Allgemeine Bemerkung

Das Konzept von bdag und gzhan spielt eine große Rolle in der tibetischen Grammatik, vor allem wenn es darum geht, in richtiger Weise Substantive von Verben abzuleiten. bdag und gzhan bezieht sich immer auf transitive Verben bzw. Sätze mit transitiven Verben. In Bezug auf intransitve Verben gibt es kein bdag und gzhan.

Die Bedeutung der tibetischen Begriffe (»selbst« und »anderes«) hat keinerlei Bezug zu dem grammatischen Phänomen, für das sie stehen, und ist in diesem Zusammen-hang nur verwirrend. Aus diesem Grund übersetze ich die Begriffe nicht, sondern blei-be bei den tibetischen Ausdrücken.

1. In KG werden die Gruppen als »kausativ« und »resultativ« bezeichnet.

Lektion Siebzehn

17.2

17.3

17.3.1

Page 255: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

239Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Zur Vertiefung findet sich im Anhang ein Abschnitt zu bdag und gzhan aus der tibeti-

schen Grammatik dKa‘ gnad gsal ba‘i me long mit Übersetzung (Seiten 285-287).

bdag und gzhan im tibetisches Modell eines Satzes

Die Tabelle zeigt das Modell eines transitiven Satzes. Wir sehen, dass Agens und In-

strument bdag zugeordnet werden, Benefaktiv usw. und Patiens gehören zu gzhan.

Die ersten beiden werden unter q‰N-zusammengefasst, da ihre Bezeichnungen beide

ein q‰N- enthalten. Die letzteren plus das Verb werden unter q- zusammengefasst, da

ihre Bezeichnungen alle ein q- enthalten. Kann man in einem Satz unterscheiden zwi-

schen q- und q‰N-, so ist das zugehörige Verb unter q-q‰N-M-NN-R- »q-q‰N--verschieden«

einzuordnen.

bdag-Satzglieder

NEÈc-RÈ-TNC-

gzhan-Satzglieder

NEÈc-RÈ-CZP-

Verb

Fall Ergativ Instrumental Dativ/Lokativ Absolutiv

Markierung Ergativ-Instrumentalsuffix

]‰`-±-

Dativ-Lokativ und Terminativsuffixe

`-NÈP-TOÿP-

Nullsuffix

U…E-VU-

Semantische Rolle

Agens Instrument Benefaktiv,Adressat, Ort,Resultat

Patiens

TibetischeBezeichnung

q‰N-R-RÈ- `c-l…-q‰N-R- q-T]Ã-^“`- q-T]Ã-`c- q-WÀC-

q‰N- q-

Y q-q‰N-M-NN-R- (q-q‰N--verschieden)

Beispielaus tibetischen Grammatiken

a…E-UBP-n…c-

(CFÈN-R-RÈ-)

§-_‰c- OÿU-T“_- a…E-

(CFN-R_-q-)

TFN-NÈ,

Der Holzfäller mit der Axt in Stücke Holz zerhackte

a…E-CFÈN-R-

(Yq-T- Handlung)

Morphologie

17.3.2

Page 256: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

240Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Sätze mit Präsensstammform: Betonung auf bdag

Hat das Verb zum Satz die Präsensstammform, so liegt die Betonung in der Aussage bei dem Handelnden und seinem Instrument, das heißt bei der Aktivität des Holzfäl-lers, dem Heben der Axt, dem Niedergehenlassen der Axt usw. Deshalb sprechen die Grammatiker von q‰N-`c- »Handlung, die im Ausgeführtwerden ist.«

a…E-UBP-n…c-§-_‰c-a…E-OÿU-T“_-CFÈN-NÈ,Der Holzfäller zerhackt das Holz in Stücke.

a…E-UBP-n…c-§-_‰c-a…E-OÿU-T“_-CFÈN-R_-]nŸ_-_È,Der Holzfäller wird das Holz in Stücke zerhacken.

Sätze mit Nezessitativstammform: Betonung auf gzhan

Eine mit dem Nezessitativstammform ausgedrückte Handlung, stellt die Notwendig-keit, das zu bearbeitende Objekt und das Resultat der Handlung in den Vordergrund. Deshalb sprechen die Grammatiker von q-T]Ã-^“`-NE-]‰`-T]Ã-q-T- »Handlung, die mit dem Objekt der Handlung verbunden ist.«

a…E-OÿU-T“_-CFN-NÈ, Das Holz ist in Stücke zu zerhacken.

Gampopa zählt in einem Merkvers sechs Punkte auf, in die sein Schmuck der Befreiung gegliedert ist.

î‡-NE-å‰P-NE-ì‰P-NE-P…, MTc-NE-]c-T“-]z…P-`c-K‰,

É-U‰N-qE-G”T- ≠…-•ÈU-x⁄C ÉÈ-úP-éUc-l…c-a‰c-R_-q , ,

Ursache, Basis, Bedingungen, Methode, Frucht und Buddha-Aktivität,

diese sechs unübertrefflichen Punkte sollen von den Verständigen gewusst werden. (Gam)

Sätze mit Perfektstammform: neutral

Sätze, in denen das Verb die Perfektstammform hat, werden als neutral empfunden. Sie betonen weder die bdag-Seite des Satzes noch die gzhan-Seite. Deshalb werden die Beispiele in den tibetischen Grammatiken normalerweise mit Perfektstammform gegeben. Die Perfektstammform betont einzig die Abgeschlossenheit, das zum Ende Gekommensein der Handlung.

Neutrale Aussage:

Lektion Siebzehn

Page 257: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

241Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

a…E-UBP-n…c-§-_‰c-a…E-OÿU-T“_-TFN-NÈ,Der Holzfäller hat das Holz in Stücke zerhackt.

Betonungsverschiebung mit Hilfe der Wortstellung:

a…E-a…E-UBP-n…c-OÿU-T“_-TFN-NÈ,Das Holz wurde vom Holzfäller in Stücke zerhackt.

bdag und gzhan in Bezug auf die Wortbildung

Allgemeine Bemerkung

Im Folgenden ist ein wichtiges Prinzip der Wortbildung dargelegt. Es gibt aber auch Fälle der Wortbildung, in denen dieses Prinzip nicht greift.

Von Verben abgeleitete Nomen, die Personen beschreiben oder das Instrument/Mit-tel ( = bdag-Satzglieder), um die Handlung des Verbs durchzuführen, werden von dem Präsensstamm abgeleitet.

Beispiel zu einer bdag-Ableitung

1. Von einem Verb soll ein Nomen abgeleitet werden, zum Beispiel »Suchtrupp« von ]WÍ`-T- P. TV`-, N. TV`-, I. WÍ`- »suchen«

2. In Bezug auf dieses Verb beschreibt das abgeleitete Wort die Handelnden, also ein bdag-Satzglied Y Der Suchtrupp (Agens) sucht jemanden.

3. Für Wortableitungen mit bdag-Satzgliedern muss der Präsensstamm benutzt werden Y ]WÍ`-

4. Ein Suffix oder ein Wort wird hinzugefügt, um aus dem Verbstamm ein Nomen zu bilden Y ]WÍ`-U…- »Such-Mensch, Such-Menschen« Y »Suchtrupp«

Jetzt lässt sich das Wort entsprechend dem Verb, aus dem es abgeleitet ist, noch erweitern: Wen sucht der Suchtrupp? ^E-~…N- »die Wiedergeburt«. Also ist es ein ^E-~…N-]WÍ`-U…- »ein Suchtrupp, der die Wiedergeburt [auffinden soll]« (DL 15).

Beispiel zu einer gzhan-Ableitung

Von Verben abgeleitete Nomen, die gzhan-Satzglieder zur Verbalhandlung beschrei-ben, werden vom Nezessitativstamm gebildet.

1. Von einem Verb soll ein Nomen abgeleitet werden, zum Beispiel »Bettler« von ]T“`-T- P. S“`- N. NT“`- I. S“`- bescheiden für »geben«. 1

1. Es wird deutlich, dass Betteln in Tibet anders betrachtet wird als im deutschsprachigen Raum. Das deutsche Wort »Bettler« ist eine Iterativform (Formen für wiederholt stattfindende Handlungen) von »bitten«, also »wieder und wieder bitten«.

Morphologie

17.3.3

Page 258: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

242Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

2. In Bezug auf dieses Verb beschreibt das abgeleitete Wort das Dativobjekt, also ein

gzhan-Satzglied Y Jemand gibt dem Bettler.

3. Für Wortableitungen mit gzhan-Satzgliedern muss der Nezessitativstamm benutzt

werden Y NT“`-

4. Ein Suffix oder ein Wort wird hinzugefügt, um aus dem Verbstamm ein Nomen zu

bilden Y NT“`-RÈ- »Bettler«

Warum ist das so?

Eine mit Präsensstammform ausgedrückte Verbalhandlung, also die Handlung im

Ausführen, stellt den Handelnden, sein Instrument und seine Aktivität in den Vorder-

grund. Eine mit der Nezessitativstammform ausgedrückte Handlung stellt die Not-

wendigkeit, das zu bearbeitende Objekt und das Resultat der Handlung in den Vor-

dergrund.

Diese Regeln beziehen sich nur auf die Wortbildung selbst. Das fertig gebildete Wort

kann in beliebigen Sätzen an beliebigen Positionen stehen, also als Agens, direktes

oder indirektes Objekt, je nach Kontext. Diese Sätze können in allen drei Zeiten vor-

kommen.

Der Bettler ist ein Pilger auf dem Weg zum Kailash. (= Subjekt)

Der Bettler rezitiert Mantras. (= Agens)

Sie gibt dem Bettler einen Apfel. (= Dativobjekt)

Beispiele für Wortableitungen aus Verben

• Beispiele zu bdag-Verbableitungen

`c-q‰N-R- Arbeiter

§ÈP-R- Lehrer

˛ÈU-R-RÈ- Verfasser

• Beispiele zu gzhan-Verbableitungen

TLfiE-T- Trinken, Getränk (abgeleitet von ]M—E-T- »trinken«)

Lektion Siebzehn

Page 259: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

243Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Häufig werden gzhan-Verbableitungen mit zusätzlichem q- gebildet.

TÜT-q- »was geübt werden muss« Y Ratschlag, Anweisung

(abgeleitet von ÜÈT-R- »lernen, lehren«)

ßE-q- »was aufgegeben werden muss« Y das Aufzugebende

(abgeleitet von ßÈE-T- »aufgeben«)

COÿ`-q- »der/die zu Diziplinierende« Y Schüler/Schülerin

(abgeleitet von ]Oÿ`-T- »zähmen, disziplinieren«)

• Weitere Beispiele

C\“E-T-NE-]XÀPR-skt. grÀhyagrÀhaka; Zuerfassendes [= Objekt] und Erfassendes [= Subjekt]

äÈN-q‰N-l…-WÀC- das Wort, das etwas ausdrückt; signifiant

TäÈN-q]Ã-NÈP- die Bedeutung, die ausgedrückt werden muss; signifié

ÉE-NÈ_- das Anzunehmende und das Aufzugebende

W”_-ÉE-q-NE-S_-NÈ_-q- das Anzunehmende und das Vonsichzuweisende (Tshig 1916)

• Wortableitungen mit der Perfektstammform eines Verbs

Auch mit der Perfektstammform eines Verbs können Wörter abgeleitet werden. Diese Wörter sind neutral in Bezug auf die jeweilige Verbalhandlung, aus der sie abgeleitet sind. Sie betonen weder besonders das Agens noch das Patiens, aber sie drücken das Vollendetsein aus.

`c-qc-R- die getane Arbeit

T§P-R- Lehre

Morphologie

Page 260: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

244Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übungen zu Lektion 17

Übung zu den Verbpaaren

Suchen Sie die Bedeutung und die Stammformen der folgenden Verben heraus. Welche Verbpaare gehören zusammen? Ordnen Sie die Verben den Kategorien »transitiv/intransitiv«, »kontrollierbar/nicht kontrollierbar« und »verschieden/nicht verschieden« zu.

ˇÈ_-T- ±È`-T- UMÈE-T-

]BÈ_-T- IP-R- ]Oÿ-T-

CÈ-T- CFÈN-R- •‡N-R-

CÈUc-R- GN-R- ]qE-R-

]uÈ`-T- õ-T- ÆÈE-R-

°ÈU-R- MÈc-R-

Übersetzen Sie!

Aus Sa skya legs bshad von Sakya Pandita (1182-1251)

ɇP-RÈc-q-T-T\E-u⁄T-lE- , , §‰c-NTE-^…P-n…-T±„Tc-Rc-U…P , ,

~…P-T“]Ã-B-G”-N_-ˇ‡N-Oÿ , , ]uÈ-T-UBc-Pc-qŸE-T-U…P , , (Sa-skya legs-bshad III,3)

Aus Chu shing gi bstan bcos von dKon-mchog bstan-pa‘i-sgron-me (1762-1823)

PCc-W`-S“P-c“U-WÍCc-R-N‰_ , , NÈP-U‰N-PU-UB]Ã-q-^E-]BÈ_ , ,

CE-`-TN‰-´…N-]XÍUc-R-N‰_ , , U-T•‡c-R_-^E-´‰-TÈ-]Oÿ , , (PS 58)

Aus dem BodhicaryÀvatÀra von ³Àntideva (Kapitel X: Widmung)

CF‰_-T“-éUc-l…c-CÈc-NC-NE- , , Ts‰c-R-éUc-l…c-\c-NE-P… , ,

ˇÈU-R-éUc-l…c-G”-NC-NE- , , TLfiE-T-Z…U-RÈ-MÈT-R_-aÈC , (BCA X, 19)

Lektion Siebzehn

Page 261: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

245Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Lesestück: »Zehn Dinge, die bloß Worte sind«

Im folgenden Textbeispiel benutzt Gampopa das Prinzip von bdag und gzhan zur spontanen Wortbildung. Ich folge der Edition aus: Dschetsün Gampopa. Die kostbare

Girlande für den höchsten Weg. Theseus. 1999. Der vollständige tibetische Titel lautet ä‰-°U-RÈ-R]Ã-Z`-CNUc, `U-UGÈC-_…P-G‰]Ã-z‰E-T-. Das Werk ist bekannt unter dem Kurztitel _…P-G‰P-z‰E-T-. In der Ausgabe vom Theseus-Verlag ist auf der linken Seite jeweils der tibetische Text abgedruckt und auf der rechten eine Übersetzung von Lama Lhündrub.Der tibetische Text steht als Download zur Verfügung unter: www.leksheyling.org

Beachten Sie die Übersetzungshilfen auf der nächsten Seite.

Kapitel 27: U…E-VU-GÈc-TF“-P…, Zehn Dinge, die bloß Worte sind

1. CZ…]Ã-CPc-`“Cc-T§P-Oÿ-U‰N-Rc-CZ…-U…E-VU-^…P , ,

2. `U-`-TuÈN-q-TuÈN-q‰N-U‰N-Rc-`U-U…E-VU-^…P , ,

3. CPc-`“Cc-`-Tõ-q-õ-q‰N-U‰N-Rc-åÈCc-R-U…E-VU-^…P , ,

4. CJfiC-U-`-T°ÈU-q-°ÈU-q‰N-U‰N-Rc-IUc-rÈE-U…E-VU-^…P , ,

5. Ca…c-`- ≠N-q- ≠ÈN-q‰N-U‰N-Rc- ≠ÈN-R-U…E-VU-^…P , ,

6. NÈP-`-T~⁄E-q-~⁄E-q‰N-U‰N-Rc-NU-WÀC-U…E-VU-^…P , ,

7. NÈP-`-TcC-q-CcÈC-q‰N-U‰N-Rc-WÍCc-CI…c-U…E-VU-^…P , ,

8. NÈP-`-ÆE-q-ÆÈE-q‰N-U‰N-Rc-±…T-CI…c-U…E-VU-^…P , ,

9. NÈP-`-ßE-q-ßÈE-q‰N-U‰N-Rc-]BÈ_-T-U…E-VU-^…P , ,

10. NÈP-`-MÈT-q-MÈT-q‰N-U‰N-Rc-]c-T“-U…E-VU-^…P , ,

11. N‰-P…-U…E-VU-n…-GÈc-TF“-^…P , , , ,

Morphologie

Page 262: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

246Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Vokabelhilfen

CZ…]Ã-CPc-`“Cc- die Basis, der natürliche Zustand

CPc-`“Cc- der natürliche Zustand

åÈCc-R- realisieren; Realisation

CJfiC-U- hier: der natürliche unbelassene Geisteszustand

IUc-rÈE- (Meditations-)Erfahrung

Ca…c- die wahre Natur (wird ähnlich wie CPc-`“Cc- gebraucht.)

NÈP-`- in Wirklichkeit

NU-WÀC- Samaya-Gelübde

WÍCc-CI…c- »die zwei Ansammlungen«

±…T-CI…c- »die zwei Verschleierungen«

Zu WÍCc-CI…c- und ±…T-CI…c- siehe Tsepak Rigzin: Tibetan-English Dictionary of Buddhist

Terminology.

Ergänzung zu Zeile 10:

Die Ausgabe des Leksheyling Institute (www.leksheyling.org) liest ]MÈT-q-.

Lektion Siebzehn

Page 263: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

247Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

18. Analytische VerbformenAnalytische Verbformen in der klassischen Schriftsprache | Hilfsverben byed pa, 'gyur ba, 'jug pa | Hilfsverben, die den Aspekt anzeigen | yin als Hilfsverb | Modali-tätsverben | Analytische Verbformen in der Umgangssprache

Analytische Verbformen in der klassischen Schriftsprache

allgemeine Bemerkung

»Analytische« Verbformen bedeutet »zusammengesetzte« Verbformen. Indem Ver-

ben mit Verben kombiniert werden, können die verbalen Ausdrucksmöglichkeiten

erweitert oder präzisiert werden. Zum Beispiel hat das Deutsche nur analytische Bil-

dungsmöglichkeiten für Futur, Perfekt und Passiv.

Im Folgenden geht es um analytische Verbformen, in denen im Tibetischen ein Haupt-

verb mit einem Hilfsverb zusammengesetzt wird, um Zeit und Aussageweise auszu-

drücken. Die verschiedenen Aussageweisen oder »Modi« sind: Nezessitativ, Volunta-

tiv, Optativ und Irrealis. Da es im Tibetischen nur die Flexion der Verbstämme gibt aber

keine Konjugation wie im Deutschen, spielen Hilfsverben, Angaben zur Zeit und der

Kontext eine viel größere Rolle als im Deutschen.

Verbindung von Haupt- und Hilfsverb

Die typische Verbindung von Haupt- und Hilfsverb ist die Konstruktion:

Hauptverbstamm + R_- / T_- + Hilfsverb

R_- / T_- kann wegfallen, ohne dass die Bedeutung sich ändert.

Es gibt weitere Verbindungspartikeln, die insbesondere in Zusammenhang mit dem

Durativ benutzt werden. (Siehe Seiten 253,254)

Die Hilfsverben q‰N-R-, ]nŸ_-T- und ]H“C-R-

Allgemeine Bemerkung

Wichtige Hilfsverben sind q‰N-R-, ]nŸ_-T- und ]H“C-R-. Statt q‰N-R- kann auch die höfliche

Entsprechung UXN-R- oder die elegant-bescheidene Entsprechung Tn…N-R- vorkommen.

Ihre Grundbedeutungen und Stammformen sind in der folgenden Tabelle dargestellt.

18.1

18.2

18.1.2

18.1.1

18.2.1

Page 264: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

248Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Präsens Perfekt Nezessitativ Imperativ

q‰N- qc- q- qÈc- machen, tun

UXN- UXN- UXN- UXÍN- höflich für q‰N-R-

Tn…N- Tn…c- Tn…- n…c- eleg.-bescheiden für q‰N-R-

]nŸ_- nŸ_- werden zu; sich verändern

]H“C-1 TF“C- C[÷C- G”C- eintreten lassen,zu etwas veranlassen

Übersicht Der Funktionen von q‰N-R-, ]nŸ_-T- und ]H“C-R- als Hilfsverben

• Darstellung der Zeiten mit q‰N-R- und ]nŸ_-T-

• Kausativbildung mit q‰N-R- und ]H“C-R-

• Bildung von irrealen Bedingungssätzen mit ]nŸ_-T-

• Mechanische Übersetzung des Sanskrit-Passivs mit ]nŸ_-T-

• Verwendung von q‰N-R- oder ]nŸ_-T- aus metrischen Gründen

In welcher Funktion die Hilfsverben ]nŸ_-T- oder q‰N-R- stehen und wie wortwörtlich sie mitübersetzt werden müssen, entscheidet der Kontext.

Darstellung der Zeiten und Modi mit hilfe von q‰N-R- oder ]nŸ_-T-Allgemeine Bemerkung

Wenn Verben keine unterschiedlichen Stammformen haben, können q‰N-R- oder ]nŸ_-T- benutzt werden, um die Zeitstufe deutlich zu machen. q‰N-R- wird verwendet, wenn Agensaktivität vorhanden ist. ]nŸ_-T- impliziert, dass etwas aufgrund vorher ge-nannter Bedingungen geschieht.

1. In der Tabelle steht die transitive Form von 'jug pa, die man nicht verwechseln darf mit dem intransitiven 'jug pa (Perfekt zhugs) »eintreten«.

Lektion Achtzehn

18.2.3

18.2.2

Page 265: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

249Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

]N…-P-PU-^E-tÈ-T-^…c , , Nu-éUc-Z…-T_-U…-q‰N-lE- , ,

tÈ-T-U‰N-Rc-Z…-T_-]nŸ_ , , ]N…-P…-C^“E-x⁄E-GÈc-^…P-PÈ , ,Hier (in der Welt) wird man aber niemals durch Zorn die Feinde zu Frieden bringen.

Durch die Abwesenheit von Zorn stellt sich Frieden ein. Dies ist das ewige Gesetz. (DhP 4)

Bei einer Konstruktion mit ]nŸ_-T- bietet sich eventuell eine Übersetzung mit einem

Passivsatz an.

ÜÈT-U-T\E-RÈ-qE-G”T-]ÈN-l…c-Tˇ‡`-nŸ_-Rc- (Bodhi)

Weil [ich] von dem guten Schüler Byang-chub-‘od [dazu] aufgefordert worden bin

In beiden Fällen übersetzt man mit den entsprechenden Formen der deutschen Spra-

che, ohne ausdrücklich q‰N-R- oder ]nŸ_-T- wiedergeben zu müssen.

Häufig wird mit Hilfe von R_-q- der Nezessitativ »man soll« ausgedrückt bzw. bei Be-

zug auf die 1. Person der Voluntativ, also der Vorsatz »ich will«.

TN‰-•‡C-CI…c-RÈ-CE-qŸE-^E-T\ÈN-R_-q,Glück und Leid, was auch immer auftaucht, beides soll angenommen werden. (Blo 204)

MTc-P…-TaN-R_-q, [Ich] will die Methoden erklären. (Bodhi)

Darstellung der Zeiten und Modi mit q‰N-R-Die erste Hilfsübersetzung bei q‰N-R- lautet entsprechend der Verbstammform: „... ma-

chen“, „... gemacht haben“, „... ist zu tun“. Der zweite Übersetzungsschritt ist, die ent-

sprechende konjugierte Form im Deutschen zu benutzen.

Präsensverbstamm R_- / T_-q‰N-R- Y Verb im Präsens

Perfektverbstamm R_- / T_-qc- Y Verb im Perfekt

Präsensverbstamm R_- / T_-q- Y das Verb ist zu tun (Nezessitativ/Voluntativ)

Darstellung der Zeiten und Modi mit ]nŸ_-T-Die erste Hilfsübersetzung bei ]nŸ_-T- lautet entsprechend der Verbstammform:

»kommt dazu, dass ...« bzw. »kam dazu, dass ...« Der zweite Übersetzungsschritt ist,

die entsprechende konjugierte Form im Deutschen zu benutzen.

Analytische Verbformen

Page 266: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

250Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Präsensform + R_- / T_-]nŸ_-

Y Geschehen in der Zukunft oder allgemeingültige Aussage

Perfektform + R_- / T_-]nŸ_-

Y Abschluss einer Handlung bzw. eines Vorgangs in der Zukunft

Präsensform + R_- / T_-nŸ_-

Y laufende Handlung bzw. Vorgang in der Vergangenheit

Perfektform + R_- / T_-nŸ_-

Y abgeschlossene Handlung bzw. Vorgang in der Vergangenheit

Nezessitativform + R_- / T_-]nŸ_-

Y etwas wird zu tun sein

Verbstamm (+ R_- / T_-) nŸ_-F…C- Y Optativ (Siehe Seite 171)

Oÿ-T-UMÈE-T_-]nŸ_- Rauch wird gesehen werden

... qc-Rc, ... R_-]nŸ_-_È,, durch gemacht haben von ... kommt es zu ...

TÜT-q-N‰-`-PP-KP-qc-Rc,qE-G”T-c‰Uc-NR]Ã-c-`U-éUc-_…U-n…c-TuÈN-R_-

]nŸ_-_È,,Wenn man entsprechend diesen Ratschlägen hingebungsvoll praktiziert (hat), wird man stufenweise die Stufen und Wege eines Bodhisattvas durchqueren. (Gam)

Darstellung des Futurs mit ]uÈ-T- und ^ÈE-T- / ]ÈE-T-

Auch ]uÈ-T- und ^ÈE-T- / ]ÈE-T- können als Hilfsverben Futur ausdrücken.

]uÈ-T- drückt Wahrscheinlichkeit aus (»es wird dazu kommen, dass ...«) und impliziert, dass die Handlung sich vom Sprecher weg bewegt. ^ÈE-T- / ]ÈE-T- kann implizit ausdrü-cken, dass die Handlung sich auf den Sprecher zu bewegt.1

܉T-^ÈE- wird ankommen (KG 205)

TÖC-]uÈ- wird verlieren (KG 205)

Lektion Achtzehn

1. Zu 'ong gis siehe PSch 130.

Page 267: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

251Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Als der 6. Dalai Lama gezwungen wurde, nach China abzureisen, schrieb er das Gedicht:

q-N‰-t‹E-t‹E-N@_-UÈ , , E-`-CaÈC-˛`-C^_-NE-, ,

MC-_…E-T´Ec-`-U…-]uÈ , …-ME-TˇÈ_-Pc-܉Tc-^ÈE-, ,Weißer Kranich! Leihe mir die Fähigkeit [deiner] Flügel.

Ich fliege nicht in weite Ferne. Bei Lithang werde ich umkehren und wieder zurück-kommen (zurückgekommen sein).

(Auf der Reise nach China kam der 6. Dalai Lama um. Seine Reinkarnation wurde in Lithang gefunden.)1

Marpa fährt Milarepa an, er solle seine Bücher nicht auf seinem Schrein ablegen.

E]Ã-å‰P-UGÈN-éUc-`-GU-R-]ÈE-,Meine heiligen Objekte und Opfergaben werden infiziert. (Mil)

Kausativbildung mit q‰N-R- und ]H“C-R-Mit q‰N-R- oder ]H“C-R- als Hilfsverben kann der Kausativ gebildet werden. Der »Kausa-tiv« drückt aus, dass ein Tun veranlasst wird. »Tränken« zum Beispiel ist der Kausativ von »trinken«.In dieser Funktion müssen q‰N-R- und ]H“C-R- in der Übersetzung zum Ausdruck ge-bracht werden, wenn das deutsche Verb keine entsprechende Kausativform hat. Zum Beispiel benutzt man das Verb »tränken« für Tiere, aber nicht für Menschen. Hierfür müsste man eine umschreibende Form benutzen.Bilden q‰N-R- oder ]H“C-R- Kausativkonstruktionen, kann direkt auf den Stamm des Hauptverbs das Terminativsuffix folgen.

PN-R_-©P-]M—E-Oÿ-G”C- Bringe den Kranken dazu, die Medizin zu trinken! (KG 254)

Die erste Hilfsübersetzung lautet: »veranlasst zu tun«, »bewirkt, dass getan wurde« und so weiter entsprechend der Zeiten. Der zweite Übersetzungsschritt ist, die treffen-de Übersetzung im Deutschen zu finden.

å-`-»-\-_“-]H“C- sorgt dafür, dass das Pferd Gras frisst (KG 254)

1. Zu dem historischen Hintergrund siehe zum Beispiel: Karl-Heinz Everding: Tibet – Lamaistische Klosterkulturen, nomadische Lebens-formen und bäuerlicher Alltag auf dem »Dach der Welt«. Dumont 1993, S. 63. Zu dem Gedicht selbst siehe: Per Soensen. Divinity Secularized. An Inquiry into the Nature and Form of the Songs ascribed to the Sixth Dalai Lama. Wien, 1990, S. 251.

Analytische Verbformen

18.2.4

Page 268: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

252Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

É-Uc-~c-UB_-NDÿ-MÈC-T˛…Cc-R-cÈCc-GÈc-p…_-N@]-G‰P-`È-x⁄C-Ñ-TîN-VU-

≠ÈN-Oÿ-TF“C-Lama [Marpa] ließ [Milarepa] um des Dharma Willen ungefähr sechs Jahre und acht Monate asketische Übungen machen, wie zum Beispiel einen neunstöckigen Turm für seinen Sohn zu bauen. (Tshig)

bildung von Irrealen Bedingungssätzen mit ]nŸ_-T-Mit Hilfe von ]nŸ_-T- können irreale Bedingungssätze gebildet werden. Die erste Hilfs-

übersetzung lautet:

Verb + nŸ_-P-: wenn es so wäre, (dann ...)

... P-, ... Verb ]nŸ_-_È-: wenn ..., dann käme es dazu, dass ...

Im Deutschen wird für irreale Bedingungssätze der Konjunktiv II benutzt.

Mechanische Übersetzung des Sanskrit-Passivs mit ]nŸ_-T-Da es im Tibetischen keine regelmäßige Bildung von Passivformen der Verben gibt,

wurde eine umschreibende Form mit ]nŸ_-T- benutzt, um eine Passivform aus dem

Sanskrit ins Tibetische zu übertragen. Michael Hahn schreibt in seinem Lehrbuch:

»Als Besonderheit der Übersetzungsliteratur muss die sehr häufige Wiedergabe eines

Sanskritpassivs mit Hilfe von ]nŸ_-T- erwähnt werden.« (MH 152)

UMÈE-T_-U…-]nŸ_-_È- skt. na Åk¼yate Y er wird nicht gesehen

Verwendung von q‰N-R- oder ]nŸ_-T- aus metrischen Gründen

Hilfsverben können aus rein metrischen Gründen eingefügt worden sein. Sie spielen

dann für die Übersetzung überhaupt keine Rolle.

c‰Uc-FP-NU-R-qE-G”T-UGÈC , ]NÈN-R_-nŸ_-R-N‰-NC-` , ,

É-U-éUc-l…c-T§P-R-^… , , E-NC-MTc-P…-TaN-R_-q , ,

Den edlen Wesen, die die höchste Erleuchtung wünschen, will ich die von den Lamas

gelehrten vollkommenen Methoden erklären. (Bodhi)

Lektion Achtzehn

18.2.7

18.2.6

18.2.5

Page 269: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

253Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Hilfsverben, die den Aspekt anzeigen

Allgemeine Bemerkung

»Aspekt« bedeutet andauernde Handlung (Durativ) oder abgeschlossene Handlung

(Perfektiv). »Aspekt« sagt nichts darüber aus, ob eine Handlung in der Vergangenheit,

in der Gegenwart oder in der Zukunft liegt. Im Tibetischen drücken Präsens- und Per-

fektstammform der Verben vor allem den Aspekt einer Handlung aus. Wenn der As-

pekt stark betont werden soll, wenn zum Beispiel das lange Andauern einer Handlung

ausgedrückt werden soll (das Warten von Marpa, der sich aufs Feld begeben hat, um

einen neuen Schüler zu empfangen), oder wenn die Abgeschlossenheit einer Hand-

lung betont werden soll (Die Arbeit wird in drei Tagen fertig sein.), dann gibt es im Ti-

betischen die Möglichkeit, Verben so zu kombinieren, dass der Aspekt noch deutlicher

wird.

Durativ

Einige Verben des Verweilens drücken in der Position des Hilfsverbs aus, dass eine

Handlung andauert:

]OÿC-R- sich befinden, vorhanden sein; weilen, leben

CN]-R- elegant-bescheiden für ]OÿC-R-

•ÈN-R- wohnen, leben, weilen, sitzen

CPc-R- wohnen, weilen, leben, sich befinden

T[÷Cc-R- höfl. für ]OÿC-R-, •ÈN-R- und CPc-R-

Ebenso Verben des Vorhandenseins:

^ÈN-R- »es gibt«; UE]- R- höflich für ^ÈN-R-; UG…c- R- elegant-bescheiden für ^ÈN- R-

Beim Durativ können zwischen Hauptverb und Hilfsverb folgende Partikeln stehen:

R_- / T_-, C…-, C…P- und Konjunktionen, die gerundial ausgelegt werden können: K‰- / §Â- /N‰- , Pc- oder F…E- / Z…E- / a…E-.

U_-R-°‡C-CPE-Pc-T[÷Cc,

Marpa befand sich wartend auf dem Feld. Y Marpa wartete auf dem Feld.

Analytische Verbformen

18.3

18.3.2

18.3.1

Page 270: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

254Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

`-`c-É-U-U_-R]E-\‰_-Z…E-]OÿC-Einige sagen auch »Lama Marpa«. (Mil)

Ist das Hauptverb im Perfektstamm, wird ausgedrückt, dass die Handlung in der Ver-gangenheit getan/abgeschlossen wurde und das Ergebnis zum Zeitpunkt der Erzäh-lung andauert.

TKCc-R_-^ÈN- befindet sich/ist angebunden

Ist das Hauptverb im Nezessitativstamm, wird eine bestehende Notwendigkeit aus-gedrückt:

TNC-C…c-F…-q-T_-^ÈN, Was gibt es für mich zu tun? (SH 93)

Hauptverb und Hilfsverb können auch ohne Verbindungspartikel direkt nacheinander stehen.

TKCc-^ÈN-

Durativ ausgedrückt durch C…P- und TZ…P-C…P- und TZ…P- können als Verbindungspartikel zwischen Haupt- und Hilfsverb (häufig ^ÈN- oder ]OÿC-) den Durativ ausdrücken. C…P- kommt je nach Postskript des vorange-henden Wortes in den Formen l…P-, C…P- oder n…P- vor. Nach Verben ohne Postskript kann auch ^…P- stehen. (Siehe Seiten 280, 281)

Nomen + TZ…P- (Oÿ-) bedeutet »wie, gemäß«.

Verb + TZ…P- (Oÿ-) bedeutet »in der Weise, dass/während gerade ... getan wird«.

]uÈ-^…P-]OÿC- geht/ist dabei zu gehen (KG 87)

àÈN-RÈ-Z…C-PU-UB]-`-ú…E-C…P-]OÿC- Ein Geier fliegt/kreist am Himmel. (KG 88)

©ÈP-`U-]N‰Tc-l…P-^ÈN- is praying (just now) (Jä 6)

U_-R-z⁄-ÜÈC-R]Ã-WÂ-`U-n…-pÈCc-`-^E-^E-C\…Cc-TZ…P-T[÷Cc,Während er pflügte, schaute Marpa wieder und wieder in Richtung des Weges.

Lektion Achtzehn

18.3.3

Page 271: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

255Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Abgeschlossenheit der Handlung

Einige Verben können als Hilfsverben an das Hauptverb angeschlossen werden um

auszudrücken, dass die Handlung vollendet wurde. Meistens werden sie direkt an den

Verbstamm angeschlossen.

W_- beendigt, fertig sein (Perfekt von ]W_-T-)

\…P- beendet, fertig sein (auch für ]XÀP- in allen Stammformen1)

^ÈEc-c“-íÈCc-R_-W_-K‰- als ganz fertig/vollendet war (Jä 469)

mÈN-l…c-Z…E-]N…-]z⁄-ÜÈC-W_-P- wenn du dieses Feld fertig gepflügt hast (MC 25)

Sanskrit Partizip Perfekt Passiv

Nach Michael Hahn wird das Sanskrit Partizip Perfekt Passiv (PPP) nicht selten mit der

Hilfe von \…P- wiedergeben (MH 156):

MÈT-\…P- (R-) skt. prÀpta; erlangt q…P-\…P- (R-) skt. datta; gegeben

^…P- als Hilfsverb

^…P- und seine elegant-bescheidene Entsprechung `Cc- stehen als Hilfsverb immer

nach dem Verbalnomen. Ihre Bedeutung als Hilfsverb ist am besten zu verstehen,

wenn man zurückgeht auf die nominale Ursprungsbedeutung (z. B. \‰_-T-^…P- »(Es) ist

Reden.«). ^…P- und `Cc- geben selbst keine Hinweise auf die Zeit.

Präsensform + R- / T- ^…P- Y andauernde Handlung oder allgemeingültige Aussage

Perfektform + R- / T- ^…P- Y eine Handlung ist abgeschlossen; Allgemeingültigkeit bis

in die Gegenwart

E‰N-l…-S-HÈ-`-\‰_-T-^…P-PU- Ist es Reden über meinen Vater? Y

Sprichst du über meinen Vater? / Hast du über meinen Vater gesprochen? (Mil)

BUc-Z‰c-R-TÈN-a_-pÈCc-c“-^ÈN-F…E-, c-CPc-N‰_-BUc-R-éUc-•ÈN-R-^…P,

»Kham« liegt im Osten Tibets und in dieser Region leben die Khampas. (DL 5)

Analytische Verbformen

18.4

18.3.5

18.3.4

1. Laut Jäschke steht zin in älterer Literatur (Jä 469).

Page 272: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

256Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Modalitätsverben

Modalitätsverben werden mit R_- / T_- oder ohne weitere Partikel an das Hauptverb

angebunden. Für eine ausführliche Liste siehe KG 202-204.

]M—E-T_-]NÈN-R- / ]M—E-]NÈN-R- zu trinken wünschen

q‰N-R_-N@]-T- / q‰N-N@]-T- schwer sein zu tun

N‰-`c-UE-T-a‰c-]NÈN, [Ich] wollte mehr als das wissen. (DL 38)

Analytische Verbformen in der Umgangssprache

Allgemeine Bemerkung

Ein wesentlicher Unterschied zwischen der klassischen Schriftsprache und der Um-

gangssprache zeigt sich in den analytischen Verbformen. Der folgende Abschnitt soll

diese Unterschiede deutlich machen, auf die einzelnen analytischen Verbformen in

der Umgangssprache wird hier aber nicht eingegangen.

In der klassischen Schriftsprache nehmen analytische Verbformen eine untergeordne-

te Rolle ein. Meistens enden die Sätze mit einer Finalpartikel oder mit einer Konjunkti-

on als Übergang zur nächsten Verbalhandlung. In der Umgangssprache dagegen gibt

es ein komplexes System an Hilfsverben und die Sätze enden fast immer mit einer

analytischen Verbform. Gleichzeitig werden die verschiedenen Verbstammformen in

der Umgangssprache kaum noch unterschiedlich ausgesprochen. Bei den meisten Ver-

ben werden die Stammformen entsprechend der Perfektstammform ausgesprochen,

bei einigen auch entsprechend der Präsensstammform. Die Imperativstammform al-

lerdings hebt sich meistens in der Aussprache von den anderen Verbstammformen ab,

häufig durch einen o-Vokal. Da außer beim Imperativ die Stammformen anhand der

Aussprache nicht mehr zu erkennen sind, werden Hilfsverben und Kontext noch wich-

tiger, ebenso wie Redegewohnheiten (Was sagt man in bestimmten Situationen?).

In der tibetischen Umgangssprache kann man mit Hilfe der Hilfsverben Aspekte der

Aussage wiedergeben, die man im Deutschen umschreibend wiedergeben muss. Das

Hilfsverb qŸE- zum Beispiel kann ausdrücken, dass der/die Redende etwas erhalten hat,

bzw. dass ihm/ihr etwas zugestoßen ist:

Lektion Achtzehn

18.5

18.6

18.6.1

Page 273: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

257Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

BÈc-B-R_-TKE-qŸE-, Er/sie hat mich angerufen.

Dagegen:

BÈc-B-R_-TKE-cÈE-, Er/sie hat (jemand anderes als mich) angerufen.

Auch Absichtlichkeit wird am Hilfsverb deutlich:

Ec-N@_-^È`-TFC-R-^…P, Ich habe die Tasse (absichtlich) zerbrochen.

Ec-N@_-^È`-TFC-cÈE-, Ich habe die Tasse (aus Versehen) zerbrochen.

Anhand der Hilfsverben, die ein Sprecher benutzt, erkennt der Zuhörende die Gewiss-

heit des Sprechers über seine Aussage (gehört, selbst gesehen, allgemein bekannt),

die Richtung der Handlung in Bezug auf den Sprecher (einen Brief wegschicken oder

einen Brief erhalten) und mehr. Für eine Vertiefung der Umgangssprache im Allge-

meinen und der analytischen Verbformen insbesondere empfehle ich das »Manual of

Standard Tibetan« (NT). Man beachte auch die Übersicht zu analytischen Verbformen

in der Umgangssprache (NT 460-463) und den Abschnitt »Outlines of the Differences

between Literary and Spoken Tibetan«, in dem die Unterschiede zwischen klassischer

tibetischer Schriftsprache und gesprochener Sprache in Bezug auf Wortschatz, Aus-

sprache und grammatischen Konstruktionen im Detail besprochen werden. (NT 395-

429).

Übersicht der wichtigsten analytischen Verbformen in der Umgangssprache

An dieser Stelle soll nur eine grobe Übersicht der wichtigsten analytischen Verbfor-

men gegeben werden, um die Konstruktionen zu erklären, die in den Beispielsätzen

vorkamen:

Gegenwart

1. Person: Verbstamm (Präsens) +

C…-^ÈN- (Ich mache etwas) (Beispiele 2, 8)

C…-]OÿC- (Ich stelle etwas durch eigene Wahrnehmung fest)

(Beispiel 4)

2. + 3. P. C…-]OÿC- (selbst gesehen) (Beispiel 3)

^ÈN-R-_‰N- ( 1. nicht selbst gesehen; 2. Allgemeinaussage »es gibt«)

Analytische Verbformen

18.6.2

Page 274: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

258Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Vergangenheit

1. Person: Verbstamm (Perfekt) +

R-^…P- (Ich habe etwas gemacht) (Beispiele 6, 11)

qŸE- (1. Ich habe etwas erhalten;

2. mit nicht kontroll. Verb) (Beispiele 7, 10)

cÈE- (Mir ist etwas passiert)

2. + 3. P. R-_‰N- (nicht selbst gesehen; allgemein bekannt) (Beispiele 1, 9)

qŸE- (Ich habe etwas von 2. bzw. 3. Person erhalten.)

cÈE- ( 1. selbst gesehen;

2. jemand anderes hat etwas von 2. oder 3. P. erhalten)

^ÈN-R-_‰N- (1. sich wiederholend; 2. Allgemeinaussage »es gab«)

Zukunft

1. Person: Verbstamm (Präsens) +

C…-^…P- (Ich werde etwas machen) (Beispiel 12)

(`-]uÈ-C…-^…P, »ich gehe zu ...«)

NCÈc- (Ich werde das besser machen.) (Beispiel 5)

2. + 3. P. C…-_‰N- (Du wirst etwas machen.

Er/sie/es wird etwas machen)

]ÈE- (Etwas wird eintreten.)

Habituell

Verbstammform + C…-_‰N- Y machen/machten immer1

Lektion Achtzehn

1. Siehe auch NT 277: »The auxiliary of general or habitual truth.«

Page 275: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

259Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Beispielsätze mit analytischen Verbformen in der Umgangssprache

1 . BÈ-`-NE“`-ã‰N-R-_‰N, Er hat Geld gefunden. (Seite 114)

2. E]Ã-U…E-`- ... \‰_-l…-^ÈN, Ich heiße ... (Seite 116)

3. BÈc-Ö‡E-]z…P-IP-n…-]OÿC- Er hört Radio. (Seite 131)

4. BÈ]Ã-NT…P-H…-]N…-Ec-CÈ-C…-U…-]OÿC- Sein Englisch verstehe ich nicht. (Seite 132)

5. Ec-]uÈ-NCÈc, Ich gehe. (Du kannst hierbleiben.) (Seite 132)

6. Ec-N@_- È -]N…-TFC-R- …P, Ich habe die Tasse (absichtlich) zerbrochen. (S. 133)

7. E-P-qŸE-, Ich bin krank geworden. (Seite 133)

Ec-UMÈE-qŸE, Ich habe gesehen. (Seite 133)

8. E-`c-@-q‰N-R_-]uÈ-C…-^ÈN, Ich gehe arbeiten. (Seite 158)

9. WE-Uc- [Rede] F‰c-µc-R-_‰N, Alle riefen: »...« (Seite 181)

10. Ec-NEÈc-c“-UMÈE-qŸE-, Ich habe [Platsch] direkt gesehen. (Seite 184)

11. BÈE-WÍ-NE-UIU-Oÿ-]uÈ-C…-^…P, Ich werde mit ihnen gehen. (Seite 198)

Bei Fragen benutzt man die Hilfsverbkonstruktion, die man in der Antwort erwartet.

Fragen mit »Du/Sie« stellt man also mit der Verbform entsprechend der ersten Per-

son.

m‰N-_E-C…-UWP-`-C-_‰-[÷-C…-^ÈN, Wie heißen Sie? (Seite 116)

m‰N-_E-C…-U…E-`-C-_‰-\‰_-l……-^ÈN, Wie heißt Du? (Seite 116)

Analytische Verbformen

18.6.3

Page 276: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

260Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übungen zu Lektion 18

Lesestück: »Milarepa«

Eintrag aus dem Tshig mdzod chen mo zu mi la ras pa.

1. U…-`-_c-R,

2. MÈc-R-NC]-§‰, _T-qŸE-NE-RÈ]…-ôCc-]⁄C-`È_-`-§ÈN-DÿE-ME-´-â-˛-_“-

3. ]t‹Ec. ¢_-UM—-TÜTc-Pc-Nu-UE-RÈ-TcN, ÜN-Pc-•…C-R-`-]nÈN-N‰-GÈc-

4. qc-Rc-cEc-îc-R-Z…C-§‰, BÈE-C…c-U_-R-`È-VÓ]Ã-£P-uCc-MÈc-Pc-üÈÈ-C-

5. Lfi-qÈP, É-Uc-~c-UB_-NDÿ-MÈC-T˛…Cc-R-cÈCc-GÈc-p…_-N@]-G‰P-`È-x⁄C-

6. Ñ-TîN-VU- ≠ÈN-Oÿ-TF“C-UM_-NTE-NE-CNUc-EC-íÈCc-R_-CPE-, NDÿE-`È-

7. Z‰-ò-a…E-q-`È_-§ÈN-pÈCc-´…N-uÈE-NE-CI]-PE-B‘`-Oÿ-S‰Tc-K‰-`È-NDÿ]Ã-_…E-

8. `-P-T\]-_c-ìE-NE-\c-ø-WÍN-VU-`-Tå‰P-R-cÈCc-N@]- ≠ÈN-NE-£…E-_“c-xC-

9. RÈc-T°ÈUc-Rc-ˇ‡-WÂ-N‰-I…N-`-UGÈC-C…-NEÈc-u⁄T-Tã‰c, N‰-Pc-c-pÈCc-

10. CZP-Oÿ-]qÈP-T[÷N-UXN-Pc-¶ÈN-Oÿ-_“E-T-éUc-`-CcE-¢Cc-l…-CNUc-R-

11. CPE-. IUc-UDÿ_-UE-Oÿ-T˛Uc, _c-G”E-R-NE-, ªCc-RÈ-ü-ä‰-cÈCc-ÜÈT-U-

12. UE-Oÿ-T∞„P, ±„T-Tî‡N-l…-T§P-R]Ã-~È`-TV“Cc, _T-qŸE-CI…c-R]Ã-G”-^Èc-`È-

13. `-]Nc,

Lektion Achtzehn

Page 277: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

261Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übersetzungshilfen

`-§ÈN-DÿE-ME-´-â-˛- Ortsname

UM—- hier schwarze Magie

üÈÈ-C- Region in Südtibet

~c-UB_-NDÿ-MÈC- neunstöckiger Turm [für Marpas] Sohn

NTE- hier Initiationen

§ÈN- Westtibet

´…N-uÈE- Ortsname

CI]-PE- Ortsname

`-Tå‰P-R- sich stützen auf; hier im Sinne von bekleidet sein mit und leben von

¶ÈN-Oÿ-_“E-T- »geeignet als Behälter«; guter Schüler

siehe dazu unter ¶ÈN-l…-´ÈP-Cc“U- bei Tsepak Rigzin Tibetan-English Dict. of Buddhist Terminology

±„T-Tî‡N- »Praxislinie«

_c-G”E-R- Eigenname

ªCc-RÈ-ü-ä‰- Titel für Gampopa, der seine Herkunft und seinen Berufsstand anzeigt

Recherche

Schauen Sie unter: www.tbrc.org

Wer war Rus-pa‘i-rgyan-can?

Wann lebte er?

Wieviele Namen sind aufgeführt?

Was bedeuten diese Namen?

Welches ist wohl sein bekanntestes Werk?

Wer ist Ras-chung-pa? Wann lebte er?

Wann lebte Milarepa?

Analytische Verbformen

Page 278: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

262Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übung zu den analytischen Verbformen

Die folgenden Verbformen stammen aus dem Lesestück »Milarepa begegnet Marpa«, das der Milarepa-Biographie entnommen ist. Im tibetischen Schriftgut sticht dieseBiographie an Lebendigkeit heraus. Nicht nur, dass es inhaltlich um emotionale Höhen und Tiefen geht, wie es ganz untypisch ist für tibetische schriftliche Literatur, auch die Sprache ist außergewöhnlich lebendig und von der Umgangssprache beeinflusst. Sie ist verschachtelt, komplex und reich an analytischen Verbformen und direkter Rede.

Bevor Sie das Lesestück selbst übersetzen, analysieren Sie die aufgeführten Verbfor-men und versuchen Sie, diese zu übersetzen, soweit es ohne weiteren Kontext möglich ist. Die Formen kommen in der Reihenfolge vor, in der sie auch im Lesestück erschei-nen.

1. ]x…-Z…E-p…P- 12. `ÈC-cÈE- (3. Person)

2. T§P-qŸE- 13. ]TÈN-Oÿ-qŸE- (3. Person; qŸE- ist Hauptverb)

3. \‰_-Z…E-]OÿC- 14. Cc“E-C…P-]OÿC-

4. ]x…-Z…E-]ÈEc- 15. £U-(R_-)Tõc-

5. m‰_-[Pc-]]uÈ- 16. CcÈC-Lfi-TKE-

6. (z⁄-)ÜÈC-C…P-^ÈN- 17. ]WÍ`-T_-[÷-

7. £U-Pc-]ÈEc- 18. GU-R-]ÈE-

8. ÜÈC-F…E-]OÿC-

9. `“c-]OÿC-

10. [÷-_“-]ÈEc-R-`Cc-

11. CPE-qŸE-

Lektion Achtzehn

Page 279: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

263Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

»Milarepa begegnet Marpa«

Das folgende Lesestück ist ein Abschnitt aus dem ersten Kapitel des zweiten Teils der

Milarepa-Biographie: »Begegnung mit dem Lama«. Es gibt Übersetzungen zur Milare-

pa-Biographie, die jedoch teilweise sehr frei sind bzw. aufgrund der Sprache frei sein

müssen. Ich empfehle die Übersetzung von Thomas Roth. Herr der Yogis – Das Leben von

Jetsün Milarepa. Edition Mandarava im Sequoyah Verlag. Gutenstein 2006. Eine mög-

lichst wortgetreue Übersetzung dieses Textabschnitts ist im Anhang wiedergegeben

(Seiten 291-298). Bitte benutzen Sie sie nur zur Kontrolle!

Der Text enthält viel direkte Rede und oft wird das Agens dazu, der Redende, nicht

genannt. Orientieren Sie sich ganz systematisch daran:

qc- Y Milarepa sagte zu jemand Gleichgestelltem

\‰_- Y jemand Gleichgestelltes sagte zu Milarepa

[÷c- Y Milarepa sagte zu Marpa

Cc“Ec- Y Marpa sagte zu Milarepa

Der Hauptteil der Milarepa-Biographie ist in Ich-Form geschrieben (Ich = Milarepa)

Beachten Sie auch die Übersetzungshilfen auf Seiten 267-69.

1. Ec-lE-üÈ-C-C…-UN]-Pc,

2. U…-zN-WN-`-´‰c-UGÈC-U_-R-`È-VÓ-CE-P-T[÷Cc-Z‰c-]x…-Z…E-p…P-Rc,

3. î‡c-^ÈN-\‰_-T]Ã-U…-CF…C-lE-U-qŸE-T-`,

4. uÈ-TÈ-`“E-UMÈE-T]Ã-`-B_-܉Tc-R]Ã-WÂ-U…-Z…C-qŸE-T-`-

5. ¢_-õ_-x…c-Rc, U_-R-\‰_-T-P…-^ÈN, ´‰c-UGÈC-U_-R-`È-VÓ-\‰_-T-P…-U‰N-\‰_,

6. ]È-P-uÈ-TÈ-`“E-CE-P-^ÈN-qc-Rc, uÈ-TÈ-`“E-S-C…-^…P-\‰_-T§P-qŸE-,

7. S-C…-P-c“-T[÷Cc-qc-Rc, U_-R-\‰_-T-N‰-C-^ÈN-\‰_,

8. N‰-`-CZP-UWP-U‰N-NU-qc-Rc, `-`c-É-U-U_-R]E-\‰_-Z…E-]OÿC-\‰_,

Analytische Verbformen

Page 280: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

264Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

9. É-U]Ã-CNP-c-^…P-R_-MC-GÈN-N‰,

10. `-B-]N…-`-F…-\‰_-qc-Rc, ]N…-`-GÈc-`-°E-\‰_,

11. GÈc-`-°E-Pc-É-U]Ã-CNP-c-UMÈE-T-å‰P-]‰ -a…P-Lfi- ‰Cc-£U-NC]-T-Z…C-qŸE-,

12. N‰-Pc-lE-^_-]x…-Z…E-]ÈEc-Rc, pŸCc-í…-UE-RÈ-Z…C-]OÿC

13. N‰-éUc-`-x…c-Rc, àP-R-éUc-P-_‰-î‡c-U‰N-\‰_-T-`,

14. N‰-éUc-l…-PE-Pc-q…c-R-^…N-Oÿ-]ÈE-`-TZ…P-NE-îP-T\E-T,

15. µ-ô‰-TN‰-T,¶‡U-n…-_`-T-a…C-C‰-T-Z…C-P-_‰,

16. E‰N-l…-S-HÈ-`-\‰_-T-^…P-PU,

17. N‰-^…P-P-E‰N-l…-S-HÈ-P…-E‰N-_E-C…-PÈ_-CE-^ÈN-l…c-Cc‰_-IÈc-Pc-î-C_-`-m‰_-]uÈ,

18. W”_-]mÈc-U-`-RÈ-K…-z-_…E-T-UE-RÈ-m‰_-Pc-܉Tc-]ÈE-T-Z…C-^ÈN,

19. ¢_-`c-î‡-Pc-U…-q‰N-R]Ã-N‰-_…E-S-HÈ-z⁄-ÜÈC-C…P-^ÈN-\‰_-T-`,

20. _…Cc-Rc-TåCc-P-]x-UÈ-^…P-K‰,

21. BÈE-`È-VÓ-T-G‰P-RÈ-Z…C-z⁄-ÜÈC-C…P-_E-U‰N-NU-£U-Pc-]ÈEc-Rc,

22. `U-B-Z…C-P-TP-N‰-ˇ‡-G‰-`-ˇ‡-a-]qÈ_-T,

23. ≠P-^Ec-`-\…`-G‰-T-CF…C-z⁄-ÜÈC-F…E-]OÿC-R-`,

24. UMÈE-U-MC-Lfi-µ_-U‰N-R]Ã-NC]-TN‰-TcU-n…c-U…-mT-R]Ã-EE-`,

25. WÂ-]N…]Ã-¶E-T-Lfi_-Lfi_-RÈ-N‰-]CCc-Pc-N_-F…C-`“c-]OÿC

26. N‰-Pc-Ec-x⁄E-R-`Cc, ^“`-]N…-P-NR`-Q-_È-R]Ã-NEÈc-ÜÈT,

Lektion Achtzehn

Page 281: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

265Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

27. ±-¨„_-U_-R-`È-VÓ-Z‰c-q-T-T[÷Cc-\‰_-T-N‰-CE-P-T[÷Cc-[÷c-Rc,

28. TP-N‰-N‰c-E]Ã-UCÈ-UH“C-U‰N-R-`-^“P-_…E-RÈ-Z…C-Tõc-K‰,

29. mÈN-CE-Pc-^…P, F…-q‰N-Cc“Ec-Rc,

30. TNC-CVE-`-§ÈN-l…-U…-•…C-RÈ-G‰-Z…C-`Cc-K‰,

31. BÈE-£P-R-a…P-Lfi-G‰-T_-CN]-Tc-NU-R]Ã-GÈc-a…C-[÷-_“-]ÈEc-R-`Cc-[÷c-Rc,

32. ]È-P-Ec-U_-R-NE-≥N-l…c, mÈN-E]Ã-z⁄-]N…-ÜÈCc-a…C-Cc“Ec-

33. NT“-æ]Ã-]ÈC-Pc-GE-c-`-Tˇ‡Ec-R-TKÈP-K‰-CPE-qŸE-Tc-SP-`-Z…U-R-Z…C-qŸE-,

34. z⁄-]N…-_‰U-`-ÜÈCc-a…C-\‰_-TP-N‰-N‰-`ÈC-cÈE-T-NE-,

35. GE-üC-U-`“c-R_-TLfiEc-K‰-z⁄-_‰U-Pc-TÜÈCc-Rc,

36. N_-F…C-Pc-pŸCc-í…]Ã-Cc‰T-Pc-G-§ÈP-R]Ã-T“-G”E-N‰-]TÈN-Oÿ-qŸE-§‰,

37. É-U]Ã-Z`-K-`-PE-Oÿ-aÈC-Cc“E-C…P-]OÿC-\‰_-Tc-NC]-§‰,

38. BÈE-C…c-E]Ã-UH`-¶]Ã-CÈ-GÈN-]OÿC-Rc,

39. Ec-lE-BÈE-C…-z⁄-ÜÈC-]zÈ-]N…-CÈ-GÈN-F…C-q‰N-qc-

40. üC-F“E-\N-F…C-]OÿC-R-N‰-TÜÈCc,

41. Z…E-N‰c-É-U-NE-UH`-T]Ã-UM—P-ì‰P-qc-Rc,

42. Z…E-C…-U…E-`]E-UM—P-ì‰P-Oÿ-GCc-K‰,

43. Nq_-Z…E-C…-UM], NDÿP-Nl…`-`-`U-^ÈN-R-Z…C-^ÈN-NÈ,,

44. N‰-Pc-E-T“-G”E-N‰-NE-T•‰Tc-K‰-PE-Oÿ-p…P-Rc,

Analytische Verbformen

Page 282: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

266Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

45. ¢-Pc-l…-TP-N‰-N‰-c-CNP-n…-§‰E-P-]TÈ`-I…c-˛‰C-u⁄U-VÂ-NE-

46. c“U-˛‰C-£‰c-]TÈ`-NE-TFc-R]Ã-§‰E-P-

47. ¶‡U-p…c-a…C-qc-R-`-©…P-zC-NE-¶]Ã-q-CaÈC-C…-CaÈEc,

48. ©-_-NE-eC-WÍU-éUc-]p…-T-U-qŸE-T_-

49. c-B`-`‰-T-Z…C-qc-Pc-õÈ-W…`-ü‚C-C‰-]OÿC-R-`,

50. ]N…-P…-¢_-n…-N‰-@-^…P-R_-]OÿC É-U-CE-P-T[÷Cc-R-P-£U-Tõc-Rc,

51. É-U]Ã-Z`-Pc, EÈ-U…-a‰c-R-TN‰P-]ÈE-, U_-R-E-_E-^…P-pC-]W`-F…C-Cc“Ec,

52. N‰_-pC-TV`-ZTc-≠À-TÈ_-ÉEc-K‰,

53. É-U-_…P-RÈ-G‰-TNC-I…-U-`-§ÈN-Pc-l…-U…-•…C-RÈ-G‰-Z…C-`Cc-Rc,

54. “c-EC-^…N-Cc“U-^E-]T“`, õÈ-CÈc-GÈc-Cc“U-^E-É-U-`-[÷,

55. WÂ-]N…_-cEc-î-T-Z…C-M—Cc-ä‰c-]XÀP-R_-[÷-[÷c-Rc,

56. É-U]Ã-Z`-Pc, •…C-RÈ-G‰-^…P-R]Ã-^“c-E-`-U…-]uÈ,

57. E]Ã-G‰N-Oÿ-•…C-R-CcÈC-Lfi-TKE-T-P…-U…P,

58. mÈN-l…c-•…C-R-F…-qc-R-Cc“Ec,

59. î‡-UWP-éUc-îc-R_-[÷c-Rc,

60. ]OÿC-CE-õ_-P]E-`“c-EC-^…N-Cc“U-]T“`-T-N‰-T\E-,

61. õÈ-CÈc-GÈc-Cc“U-AÿP-U…-]ÈE-,

62. E-P-õÈ-CÈc-§‰_-GÈc-CZP-Pc-WÍ`, ^E-P-GÈc-§‰_-õÈ-CÈc-CZP-Pc-WÍ`,

Lektion Achtzehn

Page 283: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

267Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

63. N‰-CI…c-]NÈUc,

64. Ec-GÈc-§‰_-T-]NUc-P-WÂ-]N…_-cEc-î-U…-î-mÈN-_E-C…-£…E-_“c-`-_C-`c-

65. Cc“Ec,

66. ]È-P-É-U]Ã-x⁄E-Oÿ-

67. õÈ-CÈc-CZP-Pc-]WÍ`-T_-[÷-[÷c-Pc-

68. NR‰-G-CF…C-^ÈN-R-N‰-UGÈN-BE-Oÿ-T´`-Tc-

69. mÈN-l…-NR‰-CÈC-N‰-p…_-MÈP, E]Ã-å‰P-UGÈN-éUc-`-GU-R-]ÈE-Cc“Ec,

70. E]Ã-NR‰-G]Ã-tÈN-P-UM—]Ã-NR‰-G-^ÈN-Rc-`P-£U-R-qŸE-,

71. E-_E-]OÿC-c_-WCc-qc-Pc-ZC-ac-N‰_-T•N-N‰, ^“U-n…c-\-U-´…N-RÈ-q…P,

(Mil 55-58)

Übersetzungshilfen

2. U…-zN-WN- siehe Seite 196

3. î‡c-^ÈN- ist mir bekannt

4. uÈ-TÈ-`“E- Ortsname `-B- Pass

7. S-C…-P- siehe Seite 200 N‰-C- siehe Seite 86

9. ^…P-R_-MC-GÈN- Es war nun gewiss, dass ... ist.

10. GÈc-`-°E- Name des Passes

11. å‰P-]‰`-a…P-Lfi-`‰Cc- besonders glücksverheißendes Zeichen

12. lE-^_- wieder

13. P-_‰- siehe Seite 182 î‡c-U‰N- ist uns nicht bekannt

14. ^…N-Oÿ-]ÈE- betörend, bezaubernd TZ…P- Gesicht

15. ¶‡U-n…-_`-T-a…C-C‰-T- Haarsträhnen mit Öl gepflegt

18. ]mÈc-U-`- an Geschenken ܉Tc-]ÈE-T-Z…C-^ÈN, übersetze: er kam zurück

Analytische Verbformen

Page 284: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

268Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

19. î‡-Pc- = ˛-T-Pc- Beachten Sie, dass z⁄-ÜÈC-C…P-^ÈN- ohne Agens konstruiert ist: »Er ist am Pflügen.« Betont wird der Zustand, nicht die Aktivität.

20. _…Cc-Rc-TåCc-P-]x-UÈ-^…P-K‰, Als ich es mir recht überlegte, schien es mir nur wahrscheinlich.

21. BÈE- Er, ein ... z⁄-ÜÈC-C…P-_E-U‰N-NU- wird wohl [normalerweise] nicht pflügen

22. TP-N‰- bedeutet »Mönch«, aber Marpa war kein Mönch. Er hatte Frau und Kinder. Vielleicht wäre »Mann in Lamaroben« eine mögliche Übersetzung.

24. µ_-U‰N-R- unaussprechlich TcU-n…c-U…-mT-R- unvorstellbar

l…- etc. + EE-`- im Zustand von

25. Lfi_-Lfi_-RÈ- vielfältig/flüchtig `“c-]OÿC- blieben zurück

26. x⁄E-R-`Cc, Verehrter Herr! Q-_È-R- NÀropa NEÈc-ÜÈT- direkter Schüler

27. T[÷Cc-\‰_-T- von dem es heißt/mir gesagt wurde, dass er [hier] lebt

28. E]Ã-UCÈ-UH“C-U‰N-R-`- mich von Kopf bis Fuß

32. ≥N-l…c- siehe Seite 172

34. _‰U-`- tüchtig

35. _‰U-Pc- wie _‰U-`-

36. G-§ÈP-R]Ã- der mir was (=den Weg) gezeigt hatte

37. É-U]Ã-Z`-K-`- ...Cc“E-C…P-]OÿC- Der Lama weist dich an .../Der Lama sagt, du sollst ...

38. BÈE-C…c-E]Ã-UH`-¶]Ã-CÈ-GÈN-]OÿC-Rc, Ec-lE-BÈE-C…-z⁄-ÜÈC-]zÈ-]N…-CÈ-GÈN-F…C-q‰N- Weil er mir den Gefallen getan hat, ein Treffen von mir [und dem Lama zu vermitteln], will auch ich ihm einen Gefallen tun und seine Pflugarbeit noch zu Ende bringen.41., 42. Einschub, der den Namen des Feldes betrifft

UM—P-ì‰P-qc-Rc, weil es die guten Bedingungen bot

Nq_- = Nq_-B-`- NDÿP- = NDÿP-B-`- `U-^ÈN-R-Z…C-^ÈN-NÈ, gibt es einen Weg

44., 45. ]TÈ`-I…c-˛‰C- zwei aufgestapelte Kissen u⁄U-VÂ- [mit] einem Teppich

NE-c“U-˛‰C-£‰c-]TÈ`- und einem dreieckigen Rückenkissen NE-TFc-R- versehen

47. ¶‡U-p…c- »Fettabwischen« ]p…-T-U-qŸE-T_- beim Abwischen nicht erreicht habend

49. c-B`-`‰-T-Z…C- Staub, Dreck õÈ-W…`- Essensreste, Fett

50. ... R-P-£U-[R_-] als ich mich ... fragend

51. TN‰P-]ÈE-, es ist wahr/richtig

55. WÂ-]N…_-cEc-î-T-Z…C-M—Cc-ä‰c-]XÀP-R_-[÷- Ich bitte [euch], habt Mitleid [und lehrt mich ein Mittel zur] Buddhaschaft in diesem Leben.

Lektion Achtzehn

Page 285: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

269Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

56. R]Ã-^“c- übersetze: um dich zu beschweren, dass

57. E]Ã-G‰N-Oÿ-•…C-R-CcÈC-Lfi-TKE-T-P…-U…P, Die grammatische Konstruktion muss frei wiedergegeben werden.

60. ]OÿC-CE-õ_-P]E- wie auch immer es sei

61. U…-]ÈE-, hier: wirst du nicht bekommen

66. GÈc-`-CKN-]ÈEc-R-`Cc-Rc, weil ich gekommen bin in Hinblick auf den Dharma

68. NR‰-G-CF…C- hier: einige Bücher

69. CÈC- schäbig GU-R-]ÈE- werden infiziert/verdorben

70. UM—]Ã-NR‰-G- Buch über schwarze Magie `P- [der Lama] antwortet/reagiert [so]

71. WCc- Unterbrechung, Pause \-U- Essen

Analytische Verbformen

Page 286: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

270Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Page 287: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

271Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

19. Das Werk

Ein tibetisches Werk am Beispiel von Gampopas »Schmuck der Befreiung«

Autor ˛ÈU-R-RÈ-Gampopa, der Autor des »Schmuck der Befreiung«, lebte von 1079-1153.

Sucht man bei www.tbrc.org unter »sgam po pa«, so findet man folgende Namen:

Hauptname: TcÈN-PUc-_…P-G‰P-

Haupttitel: °U-RÈ-R-TcÈN-PUc-_…P-G‰P-

Titel: ªCc-RÈ-ü-ä‰-TcÈN-PUc-_…P-G‰P-

Persönliche Namen: N_-U-uCc-R-, °U-RÈ-R-, Ñ-T-CZÈP-Q÷-

Weiterhin wird Gampopa auch UIU-U‰N-ªCc-RÈ-ü-ä‰- oder ]XU-Ç…E-uCc-R- genannt.

Hält man einen traditionellen tibetischen Text in der Hand und möchte herausfinden,

wer der Autor ist, so sollte man in den Kolophon schauen, den Schlussvermerk am

Ende des Textes. Eventuell finden sich auch Hinweise im Titel wie beim »Schmuck der

Befreiung« im Kurztitel.

Aufbau eines tibetischen Textes

Tibetische Texte folgen häufig dem folgenden Schema:

1. Titel UWP-

2. Einführung ÅN- / T§P-TFÈc-l…-¢ÈP-]uÈ-TaN-R-, kann folgende Elemente enthalten:

Glücksformel Ts-a…c-TäÈN-R-

Lobpreis UGÈN-TäÈN-

Vorsatz [, den Text zu verfassen] NU-TF]-T-

Gliederung [des Textkörpers] c-TFN-

3. Textkörper `“c- / C[÷E- (dagegen: einzelne Abschnitte ^P-`C-; Kapitel `‰]“-)

4. Kolophon qE-

5. Widmung/Glücksformel ¢È-T- / Ts-a…c-TäÈN-R-

19.1

19.1.1

19.1.2

Page 288: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

272Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Titel UWP-Die Titel eines Werkes können an mehreren Stellen innerhalb des Werkes vorkommen und sich dabei unterscheiden. Die wichtigsten sind:

1. Titel auf der Titelseite oder am Textanfang (Langer Titel, der endet in Z‰c-q-T-T[÷Cc-cÈ,,)

2. Titel im Kolophon

3. Kurztitel (inoffizieller allgemein bekannter Titel)

4. Marginaltitel (Angabe am Seitenrand der Recto-Seite eines Folios zusammen mit der Seitenzahl)

Wenn man verschiedene Ausgaben von Gampopas »Schmuck der Befreiung« ver-gleicht, wird man feststellen, dass die Titelangaben durchaus nicht einheitlich sind. Die Arbeit von Tibetologen besteht häufig darin, Texte zu identifizieren. Mit Titeln um-gehen zu können, gehört also zur Grundausbildung. Anhand von Gampopas »Schmuck der Befreiung« soll hier ein langer Titel und ein Kurztitel besprochen werden.

Siehe auch: Orna Almogi. »Analysing Tibetan Titles: Towards a Genre-based Classifica-tion of Tibetan Literature« in Cahiers d’Extréme-Asie 15. 2005, Seiten 27-58.

Aus dem Sanskrit übersetzte Werke haben oft folgende Titel:

1. Titel auf Sanskrit in Lañtsa-Schrift1

2. Titel auf Sanskrit in tibetischer Schrift

3. Titel auf Tibetisch in tibetischer Schrift

Einige tibetische Autoren haben für ihr Werk einen Sanskrit-Titel rekonstruiert, um es in die Tradition des indischen Gelehrtentums zu stellen.2

Langer Titel

Lange Titel sind oft in zwei Abschnitte zu unterteilen. Im ersten Abschnitt kommt der Sachtitel, der oft die Art des Werkes andeutet (Für ein Beispiel siehe Seite 272). Im zweiten Abschnitt kommt der Schmucktitel, in dem das Werk einem kostbaren Ge-genstand gleichgesetzt wird. Im folgenden Beispiel ist der Schnitt zwischen PÈ_-T“- und M_-R-. Im Fall des »Schmuck der Befreiung« sind beide Abschnitte poetische Titel und stehen in Apposition zueinander.

Lektion Neunzehn

19.1.3

1. Lañtsa ist eine indische Schmuckschrift, die zum Beispiel bei Zierinschriften in Tempeln benutzt wird.2.Siehe zum Beispiel: Mipham Rinpoche. Gateway to Knowledge. Rangjung Yeshe Publications, Vol I, Hongkong 1997, Seite 14. Diese Aus-gabe des Werkes ist auch zum weiteren Selbststudium zu empfehlen, denn es hat jeweils auf der linken Seite den Text auf Tibetisch und auf der rechten Seite eine Übersetzung ins Englische. Inhaltlich ist es eine Einführung in buddhistische Grundbegriffe und Konzepte.

Page 289: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

273Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

NU-GÈc- ^…N-TZ…P- n…- PÈ_-T“- M_-R- _…P-RÈ-G‰]Ã- îP-

edle Lehre wunscherfüllend Juwel Befreiung kostbar Schmuck

wunscherfüllendes Juwel der edlen Lehre kostbarer Schmuck der Befreiung

Kurztitel

In diesem Beispiel weist der Kurztitel auf den Verfasser hin.

ªCc-RÈ- M_- îP-

Dwags-po

(Gegend in Zentraltibet)

Befrei[ung] Schmuck

Kolophon qE-

Allgemeine Bemerkung

Tibetische Texte schließen gewöhnlich mit einem Kolophon ab, der bibliographische

Informationen zum Text enthält. Erst in modernen gedruckten und gebundenen Tex-

ten gibt es ein Impressum. Moderne tibetische Texte im Petscha-Format können auf

einer dem Werk vorangestellten Seite Informationen zu Verfasser, Druck, Auflage und

Erscheinungsjahr des Textes enthalten.

Wenn Sie einen unbekannten Text im traditionellen Stil vor sich haben, lesen Sie zu-

erst den Titel und versuchen Sie anschließend, den Kolophon zu finden und zu verste-

hen. Nur so können Sie herausfinden, von wem der Text verfasst ist usw.

Kolophon-Arten

Der Kolophon kann vom Verfasser des Textes, dem Herausgeber oder anderen Perso-

nen verfasst sein. Inhaltlich kann der Kolophon Informationen zur Verfasserschaft ent-

halten, bei gedruckten Manuskripten auch zusätzlich Informationen zur Drucklegung.

Neben dem Verfasserkolophon und dem Druckkolophon lassen sich weitere Schluss-

vermerke unterscheiden wie Übersetzerkolophon, Schreiberkolophon oder Kolophon

zur Textsammlung.

Das Werk

19.1.4

Page 290: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

274Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Inhalt der Kolophone

Der vom Verfasser geschriebene Kolophon kann Informationen enthalten zu:

Titel

Person, auf deren Aufforderung hin der Text geschrieben wurde

Autor

Zeitpunkt und Ort der Niederschrift

begleitende Umstände der Textniederlegung

Schreiber

Editor/Korrektor u.a.

Der Druckkolophon enthält Informationen zum Druck, zum Beispiel:

Auftraggeber und Geldgeber

am Druck beteiligte Personen

Zeitpunkt und Ort der Drucklegung

begleitende Umstände des Drucks u. ä.

Wichtige Formulierungen in Kolophonen

... l…c-Tˇ‡`-T-`-Tå‰P- basierend auf der Aufforderung durch ...

... l…c-Tˇ‡`-T]Ã-EÈ_- angesichts der Aufforderung durch ...

... n…c-T@ÈN-R-íÈCc-cÈ,, ist das von ... Verfasste beendet./Hier endet das ...

Übungen

Sekundärliteratur

• Lesen Sie die beiden Artikel in Claudius Müller und Walter Raunig. Der Weg zum Dach

der Welt. Pinguin Verlag, 1998.

Günter Grönbold: »Die Schrift- und Buchkultur Tibets« (Seiten 363-380)

Andreas und Monika Kretschmar. »Abriss der Literaturgattungen Tibets« (Seiten 381-386)

• In welche Genres kann man die tibetische Literatur unterteilen? Schauen Sie unter

Cabezon und Jackson. Tibetan Literature – Studies in Genre. Snow Lion Publications, 1996. »Editors Introduction« (insbesondere Seiten 30, 31)

Lektion Neunzehn

Page 291: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

275Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

• Im tibetischen Kulturraum ist es durchaus nicht selbstverständlich, dass Bücher zum Lesen gemacht werden. Sie sind vor allem auch Verehrungsobjekt. Allein sie zu be-rühren oder zum Beispiel zu ihrer Herstellung beizutragen, indem man Geld spendet, verschafft spirituelles Heil. Zum Buch als Verehrungsobjekt lesen Sie:

Jan-Ulrich Sobisch. »Bemerkungen zur Vorgeschichte des Buches im Buddhismus und zur materiellen Kultur des Buches in Tibet« in Die Welt des tibetischen Buddhismus. Mu-seum für Völkerkunde, Hamburg, 2005. (Seiten 99-131)

Recherchieren

Der »Schmuck der Befreiung« ist ein beliebter Text.

Wieviele Ausgaben finden Sie in der Bibliothek?

Schauen Sie sich die Ausgaben im traditionellen Stil an. Welche Randvermerke finden Sie? Unterscheiden sich Folio-Vorderseite (recto) und Folio-Rückseite (verso)? Wo ste-hen die Seitenzahlen?

Schauen Sie sich die Druckausgaben im modernen Stil an? Gibt es ein Inhaltsver-zeichnis? Wurden Zwischenüberschriften eingefügt? Gibt es ein Vorwort oder einen Anhang mit weiteren Informationen zum Text?

Übersetzen Sie die Einführung des »Schmuck der Befreiung«

Der folgende Abschnitt gibt den Beginn des »Schmuck der Befreiung«, vom Titel über die Einführung bis zum Beginn des ersten Kapitels. Teile davon kamen bereits vor. Übersetzen Sie die gesamte Einführung! Identifizieren Sie Titel, Lobpreis, Vorsatz, einführende Bemerkungen, Gliederung, Übergang zum nächsten Kapitel, Beginn des ersten Kapitels!

Vergleichen Sie eine Ausgabe, die Sie in der Bibliothek gefunden haben, mit diesem Abschnitt. Stimmt alles überein?

1. " , , NU-GÈc-^…N-TZ…P-PÈ_-T“-M_-R-_…P-RÈ-G‰]Ã-îP-F‰c-q-T-T[÷Cc-cÈ , ,

2. " , , ]SCc-R-]HU-NR`-CZÈP-Q÷_-nŸ_-R-`-pC-]W`-`È , ,

3. î`-NE-N‰-~c-éUc-NE-NU-R]Ã-GÈc-éUc-NE-, ,

4. N‰]Ã-^E-˛-T_-nŸ_-R-É-U-`-TLfiN-Pc , ,

Das Werk

Page 292: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

276Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

5. ^…N-TZ…P-PÈ_-T“-õ-T“]Ã-NU-GÈc-_…P-G‰P-]N… , ,

6. U…-`-ä‰-^…-x…P-`-Tå‰P-Pc-_E-CZP-NÈP-Oÿ- …, ,

7. ≠À_-GÈc-MUc-FN-]BÈ_-T-NE-r-EP-`c-]Nc-R-CI…c-c“-]Oÿc-cÈ , ,

8. N‰-`-]BÈ_-T-Z‰c-q-T-P…-_E-TZ…P-§ÈE-R-I…N-^…P ,

9. éU-R-]t‹`-R-^…P ,

10. UWP-I…N-•‡C-T¢`-Oÿ-a_-T-^…P-PÈ , ,

11. r-EP-`c-]Nc-R-Z‰c-q-T-P…-_E-TZ…P-§ÈE-R-I…N-^…P ,

12. éU-R-]t‹`-R-MUc-FN-\N-F…E-^`-T-^…P ,

13. UWP-I…N-•‡C-T¢`-MUc-FN-`c-uÈ`-T-^…P-PÈ , ,

14. N‰-`-]BÈ_-T_-]t‹`-R-]N…-^E-c“-]t‹`-P ,

15. BUc-Cc“U-n…-c‰Uc-FP-MUc-FN-]t‹`-`È , ,

16. CZ…-F…-`c-]t‹`-P , §ÈE-R-I…N-`c-]t‹`-`È , ,

17. î‡-F…-`c-]t‹`-P , U-_…C-R-G‰P-RÈc-]t‹`-`È , ,

18. W”`-H…-õ_-]t‹`-P , ]uÈ-T-_…Cc-x⁄C-C…-≠ÈN-^“`-Oÿ-]t‹`-`È , ,

19. NR‰-H…-õ_-]t‹`-P , CI…N-NE-ê…-`U-õ_-]t‹`-`È , ,

20. Oÿc-PU-Pc-]t‹`-P , ]BÈ_-T-MÈC-U-U‰N-R-Pc-]t‹`-`È , ,

21. ]t‹`-R-`-´ÈP-F…-^ÈN-P , •‡C-T¢`-]T]-Z…C-`-≠ÈN-NÈ , ,

22. ]t‹`-R-^‰-a‰c-c“-PU-]nŸ_-P , É-U‰N-l…-qE-G”T-MÈT-V-P-]nŸ_-_È , ,

Lektion Neunzehn

Page 293: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

277Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

23. ]t‹`-R-`-_E-cEc-^ÈN-NU-£U-P , ]BÈ_-T-UM]-U‰N-R_-uCc-R-N‰-^…P-PÈ , ,

24. N‰-õ_-P-]BÈ_-T-]N…-]t‹`-R-^…P-`“Cc-cU , •‡C-T¢`-G‰-WÍN-NU ,

25. ^“P-n…-_…E-`“Cc-cU , _E-uÈ`-U‰N-`“Cc-N‰-õ_-`Cc-Rc ,

26. Oÿc-N‰-_…E-Pc-T\“E-§‰-É-U‰N-l…-qE-G—T-F…-MÈT-`-]TN-]W`-`È , ,

27. N‰-õ_-]TN-R-`-F…-NCÈc-a‰-P , •ÈU-P… ,

28. î‡-NE-å‰P-NE-ì‰P-NE-P… , ,MTc-NE-]c-T“-]z…P-`c-K‰ , ,

29. É-U‰N-qE-G”T- …-•ÈU-x⁄C , ÉÈ-úP-éUc-l…c-a‰c-R_-q , , Z‰c-R-§ ‰,

30. É-U‰N-l…-qE-G”T-N‰]Ã-î‡-NE-, N‰-±„T-R]Ã-å‰P-n…-CE-\C-NE-,

31. N‰-T±„T-R-`-Tˇ‡`-T]Ã-ì‰P-NE-, N‰-±„T-R]Ã-MTc-NE-,

32. N‰-u⁄T-R]Ã-]c-T“-NE-, N‰-u⁄T-Pc-cEc-îc-l…-]z…P-`c- éUc-a‰c-NCÈc-R]È , ,

33. N‰-NC-_…U-R_-T§P-R-P… ,

34. î‡-P…-TN‰-Ca‰Cc-£…E-RÈ-§‰ , , å‰P-P…-U…-`“c-_…P-G‰P-UGÈC ,

35. ì‰P-P…-NC‰-T]Ã-Ta‰c-CI‰P-^…P , ,MTc-P…-N‰-^…-CNUc-EC-§‰ , ,

36. ]c-T“-íÈCc-cEc-îc-l…-ˇ‡ , ,]z…P-`c-åÈC-U‰N-]uÈ-NÈP-UXN , ,

37. F‰c-R-éUc-^…P-PÈ , ,

38. N‰-éUc-l…c-P…-`“c-éU-TZC-T§P-R-VU-^…P-PÈ , ,

39. N-P…- ^P-`C-îc-R_-]GN-NÈ , ,

40. N‰-`-NE-RÈ , î‡-P…-TN‰-Ca‰Cc-£…E-RÈ-§‰ , , Z‰c-R-P… ,

Das Werk

Page 294: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

278Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übersetzen Sie den Kolophon des »Schmuck der Befreiung«

Ende des letzten Kapitels

NU-GÈc-^…N-TZ…P-n…-PÈ_-T“-M_-R-_…P-RÈ-G‰]Ã-îP-`c-cEc-îc-l…-]z…P-`c-T§P-R]Ã-

`‰]“-§‰-I…-b÷-˛-CF…C-R]È , ,

Kolophon

NU-GÈc-^…N-TZ…P-n…-PÈ_-T“-M_-R-_…P-RÈ-G‰]Ã-îP-Z‰c-q-T , M_-R-G‰P-RÈ]Ã-`U-n…-_…U-

R-TaN-R-]N…-P…-

Tì–-N_-U-´Tc-l…c-Tˇ‡`-T]Ã-EÈ_ , ü-ä‰-TcÈN-PUc-_…P-G‰P-n…c-T@ÈN-R-íÈCc-cÈ , ,

^…-C‰-R-^E-N_-U-´Tc-l…c-Tn…c-R]È , ,

Lernen, mit Übersetzungen umzugehen

Zum »Schmuck der Befreiung« gibt es mehrere Übersetzungen ins Deutsche oder ins

Englische.

NACHDEM Sie selbst Einführung und Kolophon übersetzt haben, vergleichen Sie Ihre

Übersetzung mit den entsprechenden Abschnitten in:

1. Übersetzer: Herbert V. Guenther

sGam.po.pa. The Jewel Ornament of Liberation. Shambala Publications, 1959.

2. Übersetzer: Khenpo Konchog Gyaltsen Rinpoche

Gampopa. The Jewel Ornament of Liberation. Snow Lion Publications, 1998

3. Übersetzer: Lama Sönam Lhündrub

Gampopa. Der kostbare Schmuck der Befreiung. Theseus Verlag, 2000.

Sie werden feststellen, dass die Übersetzungen sich unterscheiden. Welche Überset-

zung finden Sie am gelungensten? Warum?

Lektion Neunzehn

Page 295: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

279Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Anhänge

Page 296: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

280Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Partikelübersicht

ä‰c-]H“C- Postskripte C E N P

íÈCc-WÀC- Fp. Aussage S. 164 CÈ EÈ-, NÈ, PÈ,

`-NÈP- Terminativsuffix S.151 Lfi- Oÿ- Oÿ- Oÿ-

]‰`-±- Attributsuffix S. 93

(Genitivsuffix)

C…- C…- l…- n…-

q‰N-±- Ergativ-Instru. S. 145 C…c- C…c- l…c- n…c-

]q‰N-•‡N- Fp. Frage S. 165 CU- EU- NU- PU-

îP-•‡N- Konzessivpart. S. 224 lE- ^E- lE- ^E-

üC-TFc- Semifinalpart. S. 217 §‰- §‰- N‰- K‰-

TNC-±- Nominalsuffix S. 50 R- T- R- R-

N-õ-Cc`-q‰N- Durativpartikel S. 254 C…P- C…P- l…P- n…P-

WÀC-zN-CZP-éUc-

Konjunktion cing

S. 222

F…E- Z…E- F…E- Z…E-

Redeabschluss-partikel S. 183

F‰c- Z‰c- F‰c- Z‰c-

»sagt man« S. 183 F‰]È, Z‰]È, F‰]È, Z‰]È,

»wenn jemand sagt«

S. 187

F‰-P- Z‰-P- F‰-P- Z‰-P-

Indefinit/Imperativp.

S. 86, 208, 169

F…C- Z…C- F…C- Z…C-

Anhänge

Page 297: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

281Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

T U ] _ ` c UM]-U‰N- N-xC-

TÈ, UÈ, -]È, _È, `È, cÈ, -]È, KÈ,

Lfi- Oÿ- -_ _“- Oÿ- Oÿ- c“- -_ _“- Lfi-

l…- n…- … n…- n…- l…- -]Ã- ^…- l…-

l…c- n…c- -c ^…c- n…c- n…c- l…c- -c ^…c- l…c-

TU- UU- -]U- _U- `U- cU- -]U- KU-

lE- ^E- -]E- ^E- ^E- ^E- lE- -]E- ^E- lE-

§‰- §‰- §‰- K‰- K‰- K‰- §‰- K‰-

R R T T T R T

l…P- n…P- ^…P- n…P- n…P- l…P- ^…P-

F…E- Z…E- Z…E- Z…E- Z…E- a…E- Z…E- F…E-

F‰c- Z‰c- Z‰c- Z‰c- Z‰c- a‰c-/Z‰c- Z‰c- F‰c-

F‰]È, Z‰]È, Z‰]È, Z‰]È, Z‰]È, a‰]È, Z‰]È, F‰]È,

F‰-P- Z‰-P- Z‰-P- Z‰-P- Z‰-P- a‰-P- Z‰-P- F‰-P-

F…C- Z…C- Z…C- Z…C- Z…C- a…C- Z…C- F…C-

Anhänge

Page 298: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

282Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Graphik versus Phonetik im Tibetischen(Aussprache von Lhasa)Ich danke Elmar Kniprath, der diese Tabelle entwickelt und mir zur Verfügung gestellt hat.Beachten Sie: Die Aussprache bezieht sich nur auf die Buchstaben im Anlaut.Zu einer Konkordanztabelle der Umschriften in verschiedenen Lehrbüchern sieheBettina Zeisler. Relative Tense and Aspectual Values in Tibetan Languages. de Gruyter, 2004, S. 226 ff.

stimmhaftAspirationNasalTon

---hoch

-+-hoch

- / ++ / --tief / hoch

+-+tief / hoch

TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.+ <y> + Prä-/Superskr.+ <r> + Prä-/Superskr.

@-<ka>[ká][ká][kʲá]1

[kʲá]1

[tɹá][tɹá]

B-<kha>[kʰá][kʰá][kʰʲá]2

[kʰʲá]2

[tɹʰá][tɹʰá]

C-<ga>[kʰà][gà][kʰʲà]2

[gʰʲà]3

[tɹʰà][dɹà]

E-<nga>[ŋà][ŋá]----

TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.

F-<ca>[ʨá][ʨá]

G-<cha>[ʨʰá][ʨʰá]

H-<ja>[ʨʰà][ʤà]

I-<nya>[ɲà][ɲá]

TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.+ <y>+ <r> + Prä-/Superskr.

K-<ta>[tá][tá][tá][tɹá][tɹá]

M-<tha>[tʰá][tʰá][tʰá][tɹʰá][tɹʰá]

N-<da>[tʰà][dà]-[tɹʰà][dɹà]

P-<na>[nà][ná]---

1. Tournadre: [c] (NT 435)

2. Tournadre: [ch] (NT 436)

3. Tournadre: [ ɟ] (NT 435) für IPA [ ɟ]

Anhänge

Page 299: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

283Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

stimmhaftAspirationNasalTon

---hoch

-+-hoch

- / ++ / --tief / hoch

+-+tief / hoch

TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.+ <y> + Prä-/Superskr.+ <r> + Prä-/Superskr.

R-<pa>[pá][pá][ʨá][ʨá][tɹá][tɹá]

S-<pha>[pʰá][pʰá][ʨʰá][ʨʰá][tɹʰá][tɹʰá]

T-<ba>[pʰà][bà]1

[ʨʰà][ʥà] / [já]2

[tɹʰà][dɹà]

U-<ma>[mà][má][ɲà][ɲá]-[má]

TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.

V-<tsa>[ʦá][ʦá]

W-<tsha>[ʦʰá][ʦʰá]

X-<dza>[ʦʰà][ʣà]

TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.

a-<sha>[ɕá][ɕá]

Z-<zha>[ɕà][ɕà]

TransliterationIPA+ Prä-/Superskr.+ Subskript <r>

c-<sa>[sá][sá][sá]

\-<za>[sà][sà]-

TransliterationIPA

+ Prä-/Superskr.

e-<a>[ʔá]

-

NT“- etc.

<dbu>[ʔú](nicht vor -a!)-

]-<'a>[ʷà] / [ɦà]

TransliterationIPA

Ä-<hra>[rá]3

_-<ra>[rà] oder [rà]4

1. mit Präskript N <d> Hochton (siehe unten!) 3. Tournadre: [ʂ]

2. [já] für die Zeichenfolge Nq <dby> 4. Tournadre: [ɹ]

Anhänge

Page 300: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

284Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

stimmhaftAspirationNasalTon

---hoch

-+-hoch

- / ++ / --tief / hoch

+-+tief / hoch

TransliterationIPAals Subskript

ü-<lha>[lá]

`-<la>[là][lá]1

TransliterationIPAals Subskript nach <d> + <b>

^-<ya>[jà][já]

TransliterationIPA

Y-<wa>[wà]

NT-<dba>[wá](nur vor -a!)

TransliterationIPA

d-<ha>[há]

1. Sonderfall <zla>: [dà] (siehe Seite 30)

Anhänge

Page 301: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

285Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Auszug aus einer tibetischen Grammatik zu bdag und gzhanAuszug aus dem Kommentar von dKa'-chen Padma zum »Spiegel, der die schwierigen Punkte des rtags kyi 'jugs pa deutlich macht«

Aus rTags 'jugs dka' gnas gsal ba'i me long gi 'grel pa rigs lam gser gyi lde mig von bKa'-chen Padma. In: Yanchen Drupai Dorji und Bikshu Kachen Pema. Sum rtags kyi snying

po legs bshad ljon dbang dang dka' gnad gsal ba'i me long. Karma Lekshey Ling Institu-te, Kathmandu 2004, Seiten 34-35. Der Text steht als Download zur Verfügung unter:www.leksheyling.org.

Eine Übersetzung des Grundtextes von dByang-can Grub-pa‘i rDo-rje (1809-1887) ins Deutsche finder sich in: Johannes Schubert. »Tibetische Nationalgrammatik« in Ost-

asiatische Studien, 1928.

Die Zwischenüberschriften (kursiv) wurden eingefügt.

Wann wird die Einteilung in bdag und gzhan gemacht?

`c-CE-Z…C-`-q‰N-R-RÈ,,

CZP-NE-NEÈc-c“-]‰`-T-^…,,

NTE-Oÿ-qc-Pc-q‰N-RÈ-NE-,,

N‰-^…-q‰N-R-CI…c-RÈ-P…,,

NEÈc-RÈ-TNC-^…P-q-^“`-NE-,,

q-T-CI…c-RÈ-NEÈc-RÈ-CZP,, ...

Wenn man bei einer Handlung davon spricht, dass ein Agens direkt verbunden ist mit gzhan, so sind das Agens und dessen Instrument (byed pa) bdag-Satzteile (dngos po).

Objekte und Handlung, sind gzhan-Satzteile.

`c-cU-q-^“`-`-q-T-Z…C-q‰N-î‡-^ÈN-P-

TNC-CZP-Oÿc-Cc“U-n…-Nq‰-T-]H“C-`,

`c-cU-q-^“`-`-q-T-q‰N-î‡-U‰N-P-

TNC-CZP-Oÿc-Cc“U-n…-Nq‰-T-U…-]H“C

Wenn es hinsichtlich der Objekte eine Handlung zu tun gibt, wendet man die Einteilung in bdag, gzhan und die drei Zeiten an.Wenn es hinsichtlich der Objekte keine Handlung zu tun gibt ( = Zustand), wendet man die Einteilung in bdag, gzhan und die drei Zeiten nicht an.

Welche Satzteile sind bdag und welche sind gzhan?

Anhänge

Page 302: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

286Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

N‰-`-q‰N-RÈ-CZP-NE-NEÈc-c“-]‰`-T]Ã-

NTE-Oÿ-qc-Pc-

q‰N-RÈ-CE-\C-NE-N‰]Ã-q‰N-R-P…-

a…E-CFÈN-R-õ-T“_-UWÍP-P-§-_‰-^…P-Rc-

N‰-CI…c-Q…, TNC-CZP-CI…c-l…-PE-Pc-TNC-^…P,

Wenn man dabei davon spricht, dass die byed po-Satzteile direkt verbunden sind mit gzhan, so ist byed po die Person und das Instrument, beim Beispiel vom Holz- zerschlagen die Axt.Daher sind diese beiden (Holzfäller und Axt) unter den beiden (Kategorien), bdag und gzhan, bdag.

N‰c-T±„T-R_-q-T]Ã-^“`-n…-NEÈc-RÈ-

NE-q-T-CI…c-RÈ-P…-

TNC-CZP-CI…c-l…-PE-Pc-CZP-^…P,

Satzteil des Objektes, das durch diese (Agens und Instrument) zu bearbeiten ist, und die Handlung, diese beiden sind unter den beiden (Kategorien), bdag und gzhan, gzhan.

N‰-^E-q-T]Ã-^“`-n…-NEÈc-RÈ-P…-a…E-^…P,

q-T-P…-a…E-CFÈN-R]Ã-`c-@-

§-_‰]Ã-]N‰Cc-]HÈC-NE-

a…E-OÿU-T“_-TLfiT-1R-cÈCc-^…P,

Das Objekt-Satzteil ist »Holz«.Die Handlung ist die Arbeit des Holzzerhackens,das Anheben der Axt, das Plazieren und das Holz in Stücke zerhauen usw.

NR‰-TäÈN-l…-ˇTc-c“,

a…E-CFÈN-R-RÈ, a…E-CFÈN-RÈ, Z‰c-R]Ã-±-]N…-õ-T“c-

q‰N-RÈ-CE-\C-a…E-UBP-CÈ-Tc-

TNC-CZP-CI…c-Pc-TNC-^…P,

Mit dem Beispiel [des Holzzerhackens] ausgedrückt:Weil man bei dem Wort »der Holzzerhackende«, »der Holzzerhacker« das Agens (byed po), die Person, den Holzfäller versteht,ist es unter den beiden (Kategorien), bdag und gzhan, bdag.

Präsens-Verbform betont Instrument und Ausführen der Handlung Y bdag

CFÈN-R_-q‰N, CFÈN-NÈ,, õ-T“-

q‰N-`c-Cc`-q‰N-l…-±-\‰_-T-^…P-PÈ,,

[Verbformen] wie »zerhackt« werden zur Verdeutlichung bezeichnet als byed las (»Handlung, die im Machen/im Ausgeführtwerden ist«).

NÈP-Oÿ-q‰N-R-§-_‰-NE-N‰-]N‰Cc-R]Ã-q-T-CÈ-NCÈc, Als Bedeutung ist das Instrument der Handlung zu verstehen, die Axt und das Anheben von dieser.

Anhänge

1. gtub?

Page 303: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

287Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

TNC-CZP-CI…c-Pc-N‰-^E-TNC-^…P, Unter den beiden (Kategorien), bdag und gzhan, ist es bdag.

Nezessitativ-Verbform betont Objekt und Resultat Y gzhan

CFN-q, CFN-R_-q-T, CFN-q]Ã-a…E-, õ-T“-

]N…-éUc-WÀC-TäÈN-W”`-U…-]x-T-qŸE-^E-

NÈP-CF…C-F…E-

q-^“`-Cc`-q‰N-l…-±-\‰_-T-^…P,

Auch wenn es viele verschiedene Arten gibt, es auszudrücken, wie »das Zuzerhackende«, »zuzerhackendes Holz« usw.,ist die Bedeutung gleichund wird zur Verdeutlichung bezeichnet als bya yul (»Handlungsobjekt«).

]N…-ˇTc-q-^—`-a…E-CÈ-NCÈc-a…E-

TNC-CZP-CI…c-Pc-CZP-^…P,

Hier ist das Handlungsobjekt »Holz«zu verstehenund unter den beiden (Kategorien), bdag und gzhan, ist es gzhan.

CFN-R_-q, CFN-NÈ,, õ-T“-]N…-éUc-`-

q-T]Ã-^“`-NE-]‰`-T]Ã-q-T-

Cc`-q‰N-l…-±-\‰_-T-^…P,

[Verbformen] wie »ist zu zerhacken« werden zur Verdeutlichung bezeichnet als bya ba'i yul dang 'brel ba'i bya ba (»Handlung, die mit dem Objekt der Handlung verbunden ist«).

]N…-ˇTc-

§-_‰-]N‰Cc-R]Ã-q-T-a…E-C…-§‰E-Oÿ-TTc-Pc-

a…E-T@c-R-NE-OÿU-T“_-]uÈ-T-cÈCc-CÈ-NCÈc-a…E-

TNC-CZP-CI…c-Pc-CZP-^…P,

Hier ist das zerspaltene und in Stücke zerfallene Holz als Folge der Handlung des Anhebens der Axt und des Niedergehens auf das Holz usw. zu verstehenund unter den beiden (Kategorien), bdag und gzhan, ist es gzhan.

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288Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Auszug aus einer tibetischen Grammatik zu Tha mi dad paAuszug aus dem Grammatik-Werk von dNgul-chu Dharma Bhadra (1772-1851) namens»Si tu‘i zhal lung«

Aus: Yul gangs can gyi skad kyis brda sprod pa’i bstan bcos sum cu pa dang rtags kyi ‘jug pa’i

rnam bshad mkhas mchog si tu’i zhal lung. Karma Lekshey Ling Institute, Kathmandu 2006, Seiten 30, 31.

Der Text steht als Download zur Verfügung unter www.leksheyling.org.

Die Zwischenüberschriften (kursiv) wurden eingefügt.

Allgemeine Definition von »nicht verschieden«-Verben:

1. anderes Agens (ist nicht vorhanden)

2. zum Zeitpunkt des Vorgangs (keine Agensaktivität)

3. (Auslösender Impuls des Vorgangs ist) nicht offensichtlich

]È-P-q‰‰N-R-RÈ-U‰N-R]Ã-q-q‰N-M-U…-NN-R-N‰-CE-^…P-Z‰-P,

Wenn man nun fragt, was ist das Handlung/Vorgang-Agens-Nichtverschiedene, bei dem es kein Agens gibt:

q-T-q‰N-R]Ã-CPc-ˇTc-c“-q‰N-R-RÈ-CZP-NEÈc-c“-U…-¶E-T-Z…C-§‰,

Etwas bei dem zum Zeitpunkt des Machens/Stattfindens einer Handlung/Vorgangs kein anderes Agens offensichtlich erscheint.

1. Kategorie: Agens und Tatobjekt fallen zusammen Y keine bdag-gzhan-Unterteilung

N‰-^E-q‰N-R-RÈ-CZP-U…-¶E-Z‰c-Rc, Weiterhin, weil hier gesagt wurde: »Ein anderes Agens erscheint nicht.«

NR‰_-P,

TNC-]uÈ]È,, õ-T“]Ã-WÂ,

Zum Beispiel wenn man sagt:»Ich gehe.«

]uÈ-T-N‰-q-WÀC-^…P-lE-,

]uÈ-q-]uÈ-q‰N-CI…c-@-TNC-^…P-Rc-

]uÈ-q-`c-CZP-R]Ã-]uÈ-q‰N-U‰N-Rc-P-

]N…-`-TNC-CZP-n…-Nq‰-T]E-U…-q‰N-R-^…P-PÈ,,

Zwar ist »gehen« ein Handlungswort, aberweil das zu Gehende und das Gehende [beides] »ich« ist, [und]weil es keinen Gehenden gibt, der ein anderer wäre, als das zu Gehende,wird hierbei die Unterteilung in bdag und gzhan nicht gemacht.

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Page 305: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

289Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

2. Kategorie: Agens gab vorher Anstoß zum Vorgang, ist zum Zeitpunkt des Stattfindens

aber nicht mehr beteiligt

^E-q-T-q‰N-R]Ã-CPc-ˇTc-c“-q‰N-R-RÈ-CZP-U…-¶E-Z‰c-Rc,

Und weil gesagt wurde:»Zum Zeitpunkt des Machens/Stattfindens einer/eines Handlung/Vorgangs erscheint kein anderes Agens.«

NR‰_-P, í-UBP-n…-]BÈ_-`È-]BÈ_-_È,, õ-T“]Ã-WÂ,

Zum Beispiel wenn man sagt:»Die Scheibe des Töpfers dreht sich.«

NE-RÈ_-ˇÈ_-q‰N-CZP-^ÈN-lE-,

]BÈ_-TZ…P-R]Ã-CPc-ˇTc-c“-ˇÈ_-q‰N-CZP-U‰N-R_-_E-I…N-EE-C…c-

]BÈ_-Tc-CPc-ˇTc-N‰_-q-q‰N-M-U…-NN-R]Ã-G-Pc-TˇÈ_-Z‰c-U…-TäÈN-R_-]BÈ_-Z‰c-TäÈN-R-^…P-PÈ,,

Zwar gibt es zuerst einen Anderen, der das Drehen bewirkt, aber weil zum Zeitpunkt des sich Drehens das Drehen von selbst spontan stattfindet, ohne das jemand da wäre, der das Drehen bewirkt,zu solchem Zeitpunkt sagt man angesichts der Nichtverschiedenheit von Handlung/Vorgang und Agens,»sich drehen« und nicht »in Drehung versetzt haben«.

3. Kategorie: Agens ist nicht offensichtlich; Vorgang findet scheinbar von selbst statt

^E-q‰N-R-RÈ-CZP-NEÈc-c“-U…-¶E-Z‰c-Rc, Weiterhin weil gesagt wurde »ein anderes Agens erscheint nicht offensichtlich«.

NR‰_-P, ´‰c-T“-Z…C-C…-UOÿP-Oÿ-

ôCc-a…C-_E-TZ…P-n…c-Cc‰_-Oÿ-nŸ_-R]Ã-WÂ,

Zum Beispiel wenn man sagt:»Vor einem Lebewesen verwandelte sich Eisen von selbst in Gold.«

´‰c-T“-N‰]Ã-TcÈN-PUc-I…N-q‰N-R-RÈ-CZP-^…P-UÈN-l…-N‰-NEÈc-c“-U…-¶E-T-NE-

ôCc-_E-I…N-l…-]qŸE-T-éUc-l…-q‰N-Rc-

]nŸ_-T]Ã-G-Pc-ôCc-Cc‰_-c“-T¨„_-F‰c-

U…-TäÈN-R_-nŸ_-F‰c-TäÈN-R-§‰,

Zwar ist das spirituelle Verdienst des Lebewesens ein anderes Agens, aberdieses erscheint nicht offensichtlich. Undbezogen auf das Werden [zu etwas] aufgrund des Tätigseins der Elemente des Eisens selbst,sagt man nicht »Eisen wurde in Gold verwandelt«, sondern »Eisen hat sich in Gold verwandelt«.

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290Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

N‰-^E-Z…T-Lfi-NoÈN-R]Ã-WÂ-

NEÈc-RÈ]Ã-_E-UWP-cÈ-cÈ-Pc-_E-C…c-_E-`-

q-T-q‰N-R-]C`-^E-,

Weiterhin, wenn man genau betrachtet,auch wenn es ein Widerspruch zu sein scheint, dass das Eigenmerkmal einer Sache jeweils durch sich selbst bei sich selbst eine Handlung bewirkt,

≠À-úÈC-_Cc-R]Ã-M-£N-VU-`-]C`-T-U‰N-NÈ,, gibt es doch keinen Widerspruch bei dem bloßen allgemeinem groben Begriff. (Das heißt, der Begriff »Agens« wird hier im Sinne von »auslösender Impuls zu einem Vorgang« als Wort aus dem allgemeinen Sprachgebrauch benutzt, nicht in seinem speziellen grammatischen Sinn.)

Schlussfolgerung:

Man spricht von Handlung/Vorgang-Agens-Nichtverschieden (bya byed tha mi dad pa)

1. wenn Agens und Tatobjekt zusammenfallen

2. wenn die Agensaktivität vor dem Zeitpunkt des Stattfindens der Handlung/des

Vorgangs lag

3. wenn das Agens nicht offensichtlich ist und der Vorgang scheinbar ohne Agens

stattfindet.

Zu diesem Textausschnitt nimmt Peter Schwieger in dem Kapitel »Transitivität und Kontrollierbarkeit« Bezug (PSch 30,31).

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291Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übersetzung zum Lesestück von Lektion Neunzehn: »Milarepa begegnet Marpa«Ich übersetze TP-N‰- »Mönch« mit »Mann in Lama-Roben«, denn Marpa war kein Mönch. In der bKa'-'gyud-Linie gibt es drei Lebensläufe, die exemplarisch dafür stehen, dass man mit unterschiedlichen Lebensweisen den Weg zum Erwachen gehen kann: Marpa als Haushälter, Milarepa als Yogi und Gampopa als Mönch.

Ich übersetze U…-•…C-RÈ-G‰- »Mensch von großer Sünde« als »jemand, der viele Sünden be-gangen hat«, um eine Assoziation mit der christlichen Vorstellung von »der Sünde« zu vermeiden, mit der jeder Mensch von seinem natürlichen Zustand her behaftet wäre, einer Störung in seiner Beziehung zu Gott. Befreiung aus dem Zustand der Sünde aus eigener Kraft ist nach christlichem Verständnis nicht möglich, sondern es bedarf der Gnade Gottes. »Sünden« oder »sündige Taten« sind Folgen des gestörten Zustands.

Nach dem tibetischen Buddhismus ist der natürliche Zustand eines jeden Lebewesens das potentielle Erwachtsein, aber geistige Befleckungen hindern diese am Realisieren dieses Zustands. Der Heilsweg ist, diese geistigen Befleckungen zu entfernen bzw. umzuwandeln. Der spirituelle Zustand ist direkte Folge des eigenen Karmas, also der eigenen Handlungen und Gedanken, und somit ist jedes Wesen für seine spirituelle Entwicklung selbst verantwortlich.

Gerade Milarepas Lebensgeschichte ist ein Beispiel dafür, dass selbst jemand, der sehr viel negatives Karma angesammelt hat, wenn er einen geeigneten Lehrer trifft und die richtigen Methoden kennenlernt, mit Hingabe und Anstrengung das negative Karma bereinigen kann, bis hin zum Erwachen.

•…C-R- steht für »Handlung, die negatives Karma nach sich zieht« und wird auch mit »negative Tat« übersetzt. Das würde aber nicht die Last an emotionaler Verwirrung und Angst wiedergeben, mit der Milarepa vor Marpa tritt.

1-3. Ec-lE-üÈ-C-C…-UN]-Pc,

U…-zN-WN-`-»´‰c-UGÈC-U_-R-`È-VÓ-CE-P-T[÷Cc-«Z‰c-]x…-Z…E-p…P-Rc,

»î‡c-^ÈN-«\‰_-T]Ã-U…-CF…C-lE-U-qŸE-T-`,

Als ich aus dem Untertal von Lho-brag kam und dabei jeden, den ich traf, fragte: »Wo wohnt das höchste der Wesen, Marpa, der Übersetzer?«, gab es nicht einen einzigen Menschen, der sagte: »Er ist mir bekannt.«

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292Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

4. uÈ-TÈ-`“E-UMÈE-T]Ã-`-B_-܉Tc-R]Ã-WÂ-U…-Z…C-qŸE-T-`-

Als ich an den Pass kam, von dem aus man Gro-bo-lung sieht, war [dort] ein Mann.

5. ¢_-õ_-x…c-Rc, »U_-R-\‰_-T-P…-^ÈN, ´‰c-UGÈC-U_-R-`È-VÓ-\‰_-T-P…-U‰N-« \‰_,

Als ich ihn wie vorher [schon die anderen nach dem Übersetzer Marpa] fragte, sagte er: »Es gibt hier einen, der ›Marpa‹ genannt wird. Einen, der ›Höchstes Wesen, Mar-pa, der Übersetzer‹ genannt wird, gibt es nicht.«

6. »]È-P-uÈ-TÈ-`“E-CE-P-^ÈN-« qc-Rc, »uÈ-TÈ-`“E-S-C…-^…P-« \‰_-T§P-qŸE-,

Als ich fragte: »Nun denn, wo liegt Gro-bo-lung?« ,

zeigte [er mir die Richtung und] sagte: »Gro-bo-lung ist das dort drüben.«

7. »S-C…-P-c“-T[÷Cc-« qc-Rc, »U_-R-\‰_-T-N‰-C-^ÈN-« \‰_,

Als ich fragte: »Wer wohnt dort drüben?«,

sagte er: »Es ist eben jener, der ›Marpa‹ genannt wird.«

8. »N‰-`-CZP-UWP-U‰N-NU-«qc-Rc, »`-`c-É-U-U_-R]E-\‰_-Z…E-]OÿC-« \‰_,

Als ich fragte: »Hat er keine anderen Namen?«,

sagte er: »Einige nennen ihn auch ›Lama Marpa‹.«

9.-10. É-U]Ã-CNP-c-^…P-R_-MC-GÈN-N‰,»`-B-]N…-`-F…-\‰_-«qc-Rc,

»]N…-`-GÈc-`-°E-[\‰_-]«\‰_,

Es war [nun] gewiss, dass das des Lamas Wohnsitz sein müsse, und

ich fragte: »Wie heißt dieser Pass?«.

Daraufhin sagte er: »Er heißt ›Chos-la-sgang‹ (Dharma-Pass-Bergrücken?)«

11. GÈc-`-°E-Pc-É-U]Ã-CNP-c-UMÈE-T-å‰P-]‰`-a…P-Lfi-`‰Cc-£U-NC]-T-Z…C-qŸE-,

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Page 309: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

293Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Ich dachte, dass ich vom Chos-la-sgang aus den Wohnsitz des Lamas gesehen habe, ist ein Zusammentreffen besonders glücklicher Umstände, und Freude stieg in mir auf.

12. N‰-Pc-lE-^_-]x…-Z…E-]ÈEc-Rc, pŸCc-í…-UE-RÈ-Z…C-]OÿC

Als ich dann wieder [die Leute nach Marpa] fragend weiterging,

stieß ich auf eine größere Gruppe von Hirten.

13. N‰-éUc-`-x…c-Rc, àP-R-éUc-P-_‰-»î‡c-U‰N-«\‰_-T-`,

Als ich sie fragte, sagten die älteren: »Er ist uns nicht bekannt.«

14.-19. N‰-éUc-l…-PE-Pc-q…c-R-^…N-Oÿ-]ÈE-`-TZ…P-NE-îP-T\E-T,

µ-ô‰-TN‰-T, ¶‡U-n…-_`-T-a…C-C‰-T-Z…C-P-_‰,

»E‰N-l…-S-HÈ-`-\‰_-T-^…P-PU,

N‰-^…P-P-E‰N-l…-S-HÈ-P…-E‰N-_E-C…-PÈ_-CE-^ÈN-l…c-Cc‰_-IÈc-Pc-î-C_-`-m‰_-]uÈ,

W”_-]mÈc-U-`-RÈ-K…-z-_…E-T-UE-RÈ-m‰_-Pc-܉Tc-]ÈE-T-Z…C-^ÈN,

¢_-`c-î‡-Pc-U…-q‰N-R]Ã-N‰-_…E-S-HÈ-z⁄-ÜÈC-C…P-^ÈN-« \‰_-T-`,

Unter ihnen [befand sich] ein bezauberndes Kind mit schönem Gesicht und wohl-geschmückt. Es sprach auf angenehme Art und seine Haarsträhnen waren mit Öl gepflegt (shig ge ba?). Es sagte: »Hast du von meinem Vater gesprochen?

Wenn es so ist: Mein Vater hatte all unsere Reichtümer in Gold getauscht und ist damit nach Indien gegangen.

Er kam als einer zurück, der an Geschenken viele längliche Bücher mit sich brachte. Heute ist mein Vater am Pflügen, eine Arbeit, die er früher nie gemacht hat. «

20.-21. _…Cc-Rc-TåCc-P-]x-UÈ-^…P-K‰,

BÈE-`È-VÓ-T-G‰P-RÈ-Z…C-z⁄-ÜÈC-C…P-_E-U‰N-NU-£U-Pc-]ÈEc-Rc,

Als ich es mir recht überlegte, schien es mir [nur] wahrscheinlich. Ein großer Über-setzer wie er würde wohl [gewöhnlich] nicht am Pflug arbeiten? In dem Gedanken ging ich weiter.

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Page 310: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

294Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

22.-23. `U-B-Z…C-P-TP-N‰-ˇ‡-G‰-`-ˇ‡-a-]qÈ_-T, P-^Ec-`-\…`-G‰-T-CF…C-z⁄-ÜÈC-F…E-]OÿC-R-`,

Auf einem der Wege war ein in Lamaroben gekleideter Mann (TP-N‰-) von großer stattlicher Gestalt und mit weiten strahlenden Augen gerade am Pflügen.

24.-25. UMÈE-U-MC-Lfi-µ_-U‰N-R]Ã-NC]-TN‰-TcU-n…c-U…-mT-R]Ã-EE-`,

WÂ-]N…]Ã-¶E-T-Lfi_-Lfi_-RÈ-N‰-]CCc-Pc-N_-F…C-`“c-]OÿC

Kaum dass ich ihn sah, [erfüllte mich] ein Zustand unaussprechlicher Freude und un-vorstellbaren Glücks und alle klaren Erscheinungen dieses Lebens standen still und blieben einen Moment zurück.

26.-27. N‰-Pc-Ec-»x⁄E-R-`Cc, ^“`-]N…-P-NR`-Q-_È-R]Ã-NEÈc-ÜÈT,

±-¨„_-U_-R-`È-VÓ-Z‰c-q-T-T[÷Cc-\‰_-T-N‰-CE-P-T[÷Cc-« [÷c-R,

Dann sagte ich: »Verehrter Herr, wo hier in der Gegend lebt der direkte Schüler des ruhmreichen NÀropa, der Übersetzer, den man ›Marpa Lo-tsÀ‹ nennt und von dem mir gesagt wurde, dass er hier lebt? «

28.-29. TP-N‰-N‰c-E]Ã-UCÈ-UH“C-U‰N-R-`-^“P-_…E-RÈ-Z…C-Tõc-K‰,

»mÈN-CE-Pc-^…P, F…-q‰N-« Cc“Ec-Rc,

Der Mann in Lamaroben musterte mich längere Zeit von Kopf bis Fußund sprach: »Von wo bist du? Was machst du?«

30.-32. »TNC-CVE-`-§ÈN-l…-U…-•…C-RÈ-G‰-Z…C-`Cc-K‰,

BÈE-£P-R-a…P-Lfi-G‰-T_-CN]-Tc-NU-R]Ã-GÈc-a…C-[÷-_“-]ÈEc-R-`Cc-« [÷c-Rc,

»]È-P-Ec-U_-R-NE-≥N-l…c, mÈN-E]Ã-z⁄-]N…-ÜÈCc-a…C-« Cc“Ec-

Als ich antwortete: »Ich bin ein Mensch, der viele Sünden begangen hat, aus dem oberen Tsang. Da es ihn (Marpa) gibt als [jemanden] von höchstem Ruhm, bin ich gekommen um [Belehrungen zum] heiligen Dharma zu erbitten.« sprach er: »Nun, ich will dich mit Marpa zusammenbringen. Ziehe du meinen Pflug.«

33. NT“-æ]Ã-]ÈC-Pc-GE-c-`-Tˇ‡Ec-R-TKÈP-K‰-CPE-qŸE-Tc-SP-`-Z…U-R-Z…C-qŸE-,

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295Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Er holte unter einem Hut Tschang hervor, das in der Erde eingegraben war, und gab es mir. Es war erfrischend und wohlschmeckend.

34.-35. »z⁄-]N…-_‰U-`-ÜÈCc-a…C-« \‰_-TP-N‰-N‰-`ÈC-cÈE-T-NE-,

GE-üC-U-`“c-R_-TLfiEc-K‰-z⁄-_‰U-Pc-TÜÈCc-Rc,

Der Mann in Lamaroben sagte: »Pflüge tüchtig!« und ging zurück [nach Hause].

Und nachdem ich das Tschang bis zum letzten Rest ausgetrunken hatte, pflügte ich tüchtig.

36. N_-F…C-Pc-pŸCc-í…]Ã-Cc‰T-Pc-G-§ÈP-R]Ã-T“-G”E-N‰-]TÈN-Oÿ-qŸE-§‰,

Nach einer Weile kam der kleine Junge, der unter den Hirten derjenige gewesen war, der [mir den Weg] gezeigt hatte, um [mich] zu rufen.

37. »É-U]Ã-Z`-K-`-PE-Oÿ-aÈC-Cc“E-C…P-]OÿC-«\‰_-Tc-NC]-§‰,

Als er rief: »Der Lama sagt, du sollst ins Haus kommen!«, stieg Freude in mir auf.

38.-40. »BÈE-C…c-E]Ã-UH`-¶]Ã-CÈ-GÈN-]OÿC-Rc, Ec-lE-BÈE-C…-z⁄-ÜÈC-]zÈ-]N…-CÈ-GÈN-F…C-q‰N-«qc-

üC-F“E-\N-F…C-]OÿC-R-N‰-TÜÈCc,

Ich sagte: »Weil er mir den Gefallen getan hat, ein Treffen von mir [und dem Lama zu vermitteln], will auch ich ihm einen Gefallen tun und sein Pflugarbeit noch zuende bringen.«

So pflügte ich noch den kleinen Rest [zuende].

41.-42. Z…E-N‰c-É-U-NE-UH`-T]Ã-UM—P-ì‰P-qc-Rc, Z…E-C…-U…E-`]E-UM—P-ì‰P-Oÿ-GCc-K‰,

Weil dieses Feld die guten Bedingungen des Zusammentreffens mit dem Lama ge-boten hat, wurde sein Name zu »Gute Bedingungen«.

43. Nq_-Z…E-C…-UM], NDÿP-Nl…`-`-`U-^ÈN-R-Z…C-^ÈN-NÈ,,

Im Sommer gab es einen Weg, der sich am Rand des Feldes befand, im Winter verlief der Weg durch die Mitte.

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Page 312: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

296Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

44. N‰-Pc-E-T“-G”E-N‰-NE-T•‰Tc-K‰-PE-Oÿ-p…P-Rc,

Danach ging ich dem kleinen Jungen folgend zum Haus.

45.-49. ¢-Pc-l…-TP-N‰-N‰c-

CNP-n…-§‰E-P-]TÈ`-I…c-˛‰C-u⁄U-VÂ-NE-c“U-˛‰C-£‰c-]TÈ`-NE-TFc-R]Ã-§‰E-P-

¶‡U-p…c-a…C-qc-R-`-©…P-zC-NE-¶]Ã-q-CaÈC-C…-CaÈEc,

©-_-NE-eC-WÍU-éUc-]p…-T-U-qŸE-T_-c-B`-`‰-T-Z…C-qc-Pc-õÈ-W…`-ü‚C-C‰-]OÿC-R-`,

Der Mann in Lamaroben [saß] auf einem Thron, auf zwei aufgestapelten Kissen mit einem Teppich und einem dreieckigen Rückenkissen.

[Er] hatte sich Fett-Schmutz abgewischt, aber die Augenbrauen, die Stellen neben den Nasenflügeln, Oberlippen- und Kinnbart beim Abwischen nicht erreicht.

Er hatte Staub [im Gesicht verschmiert] und Essensreste hingen [am Mund].

50. ]N…-P…-¢_-n…-N‰-@-^…P-R_-]OÿC É-U-CE-P-T[÷Cc-R-P-£U-Tõc-Rc,

Ich dachte, dass er eben der von vorher sei, und fragte mich, wo der Lama sei. [So] schaute ich mich um.

51. É-U]Ã-Z`-Pc, »EÈ-U…-a‰c-R-TN‰P-]ÈE-, U_-R-E-_E-^…P-pC-]W`-F…C-« Cc“Ec,

Der Lama sprach: »Es ist richtig, dass du mich nicht erkennst.

Marpa, das bin ich. Mach [deine] Niederwerfung!«

52.-55. N‰_-pC-TV`-ZTc- ≠…-TÈ_-ÉEc-K‰,

»É-U-_…P-RÈ-G‰-TNC-I…-U-`-§ÈN-Pc-l…-U…-•…C-RÈ-G‰-Z…C-`Cc-Rc,

`“c-EC-^…N-Cc“U-^E-]T“`, õÈ-CÈc-GÈc-Cc“U-^E-É-U-`-[÷,

WÂ-]N…_-cEc-î-T-Z…C-M—Cc-ä‰c-]XÀP-R_-[÷-« [÷c-Rc,

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Page 313: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

297Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Ich warf mich zu seinen Füßen in ganzer Länge nieder, und sagte: »Kostbarer Lama! Ich bin ein Mensch, der viele Sünden begangen hat, aus Nyi-ma-la-stod. Ich bringe [Euch] Körper, Rede und Geist dar und bitte den Lama um Essen, Kleidung und Dhar-ma. Ich bitte [Euch], lasst Mitgefühl walten [und lehrt mich] ein [Mittel] zur Verwirk-lichung von Buddhaschaft in diesem Leben.«

56.-58. É-U]Ã-Z`-Pc, »•…C-RÈ-G‰-^…P-R]Ã-^“c-E-`-U…-]uÈ,

E]Ã-G‰N-Oÿ-•…C-R-CcÈC-Lfi-TKE-T-P…-U…P, mÈN-l…c-•…C-R-F…-qc-R-« Cc“Ec,

Der Lama sprach: »Komm nicht zu mir mit Beschwerden, was du für viele Sünden begangen hast. Es ist nicht so, dass [ich dich] losgeschickt hätte, um meinetwillen Sünden anzusammeln. Was für Sünden hast du begangen?«

59.-65. î‡-UWP-éUc-îc-R_-[÷c-Rc,

»]OÿC-CE-õ_-P]E-`“c-EC-^…N-Cc“U-]T“`-T-N‰-T\E-, õÈ-CÈc-GÈc-Cc“U-AÿP-U…-]ÈE-,

^E-P-õÈ-CÈc-§‰_-GÈc-CZP-Pc-WÍ`, ^E-P-GÈc-§‰_-õÈ-CÈc-CZP-Pc-WÍ`,

N‰-CI…c-]NÈUc,

Ec-GÈc-§‰_-T-]NUc-P-WÂ-]N…_-cEc-î-U…-î-mÈN-_E-C…-£…E-_“c-`-_C-`c-« Cc“Ec,

Nachdem ich ihm die Gründe ausführlich erzählt hatte, [sprach er:]

»Wie auch immer es sei. Dass du mir Körper, Rede und Geist darbringst, ist gut.

Alles drei, Essen, Kleidung und Dharma, bekommst du nicht. Entweder ich gebe dir Essen und Kleidung und du suchst Dir Dharma von woanders.

Oder ich gebe dir Dharma[-Belehrungen] und du sucht dir Essen und Kleidung von woanders. Entscheide dich zwischen den beiden.

Entscheidest du dich dafür, dass ich dir Dharma-Belehrungen gebe, hängt es von deiner eigenen Hingabe und Ausdauer ab, ob du in diesem Leben Buddhaschaft ver-wirklichst oder nicht.«

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298Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

66.-67. »]È-P-É-U]Ã-x⁄E-Oÿ-GÈc-`-CKN-]ÈEc-R-`Cc-Rc,

õÈ-CÈc-CZP-Pc-]WÍ`-T_-[÷-« [÷c-Pc-

[Ich] bat: »Da ich zum Lama gekommen bin in Hinblick auf den Dharma (dass er mir Dharma geben möge), bitte ich, Essen und Kleidung woandersher zu suchen.«

68.-69. NR‰-G-CF…C-^ÈN-R-N‰-UGÈN-BE-Oÿ-T´`-Tc-

»mÈN-l…-NR‰-CÈC-N‰-p…_-MÈP, E]Ã-å‰P-UGÈN-éUc-`-GU-R-]ÈE-«Cc“Ec,

Als ich einen [Stapel] Bücher, den ich hatte, in den Schreinraum bringen wollte, rief er: »Bring deine schäbigen Bücher nach draußen! Sie verderben meine heiligen Objekte und Opfergaben!«

70. E]Ã-NR‰-G]Ã-tÈN-P-UM—]Ã-NR‰-G-^ÈN-Rc-`P-£U-R-qŸE-,

[Mir] kam der Gedanke, er reagiere so (lan), weil in meinem Bücherstapel Bücher zu schwarzer Magie waren.

71. E-_E-]OÿC-c_-WCc-qc-Pc-ZC-ac-N‰_-T•N-N‰,

Ich blieb, eine Unterbrechung einlegend, einige Tage in meiner Unterkunft.

^“U-n…c-\-U-´…N-RÈ-q…P,

[Marpas] Frau gab mir gutes Essen.

Anhänge

Page 315: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

299Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Glossar

Das Glossar enthält die Vokabeln bis einschließlich Lektion Dreizehn.

Bei den Verben ist immer die Präsensstammform mit R- bzw. T- angegeben. Perfekt-, Nezessitativ- und Imperativstammform sind nur angegeben, sofern sie von der Prä-sensstammform abweichen.

P. steht für »Perfektstammform«

N. steht für »Nezessitativstammform«

I. steht für »Imperativstammform«

ø steht für das Nullsuffix

l…- steht stellvertretend für alle Formen des Attributsuffixes (Genitivsuffix)

l…c- steht stellvertretend für alle Formen des Ergativ-Instrumentalsuffixes

`- steht für das Dativ-Lokativsuffix

Page 316: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

300Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

@- Nominalsuffix, Seite 55

Kollektivbilder, Seite 76

Betonungssuffix, Seite 86

@-T- Säule

@-_‰-@È-_‰- + q‰N-R- trödeln, bummeln

+ aÈN-R- drumherumreden

siehe Seite 63

@ê-R- Karmapa

AÿP- alle, All-, gesamt

AÿP-Pc- ganz und gar; von überall her

@‰]“-WE-É-U- Eigenname

@È-(T-) Leder

lE- Konzessivpartikel, Seite 225

l…- Attributsuffix (Genitivsuffix), Seite 93

l…P- Durativpartikel, Seite 254

l…c- 1. Ergativ-Instrumentalsuffix, Seite 101, 144 ff.

2. am Ende des Satzes: Vorsatz, Seite 171

l‰- Oh! He! Heda!

Vokativ-markierende Partikel, die nicht unbe-dingt mitübersetzt werden muss. (Siehe Seite 174)

ÅC- auch TÅC- N. von ÅÈC-

ÅCc- auch TÅCc P. von ÅÈC-

Glossar

Page 317: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

301Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

ÅN-@È_- Null

ÅÈC-R- P. (T)ÅCc- N. (T)ÅC-

I. ÅÈCc-

lesen

ÅÈCc- I. von ÅÈCc-

N@]-E`- Schwierigkeit

N@]-G‰P- hier ähnlich N@]-M—T-

N@]-M—T- Askese, asketische Übungen

+≠ÈN- Askese praktizieren

N@]-T- schwierig/schwer (sein)

N@_-RÈ- weiß

N@_-^È`- (weißes) Porzellan, Geschirr, Tasse

N@ÈP-UGÈC- selten/kostbar + höchstes

für skt. ratna »Juwel«, siehe Seite 66

N@ÈP-UGÈC-Cc“U- »die drei Seltenen und Kostbaren«,

die drei Juwelen Y Buddha, Dharma, SaÐgha

Nl…`-]BÈ_- MaÐÝala

T@C- P. von ]CÈC-R-

T@]-CNUc- »an das Buddhawort gebunden« Y

die bKa‘-gdams-Schule des tibet. Buddhismus

Ts-a…c- Glück; Eigenname

Ts-a…c-TN‰-`‰Cc- Glück und Wohl

tibetischer (Neujahrs-)Gruß

Glossar

Page 318: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

302Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Ts‰c- Hunger

Ts‰c-R- hungrig (sein); Hungernder

TsÈ`- P. von ]uÈ`-T-

TÅCc- P. von ÅÈC-

áE-UM…`- Fußsohle

áE-R- Fuß, Bein

áflP-RÈ- Räuber, Gauner, Dieb

á‰N-R- auch ˇ‰N-R- 1. Taille

2. Mitte

á‰N-UWUc- Taille

ìE- 1. tibetischer Wildesel

2. nur, ausschließlich

ì‰P- 1. Bedingungen, Umstände

2. l…-ì‰P-n…c- bedingt durch

ˇN- 1. Stimme, Laut, Lärm

2. Sprache

3. ]N…-ˇN-Oÿ- Redeeinleitung

ˇN-uCc- Ruhm, Bekanntheit

ˇN-uCc-G‰P-RÈ- berühmt

ˇN-¨„_-T- übersetzen

ˇN-F…C- Moment, Augenblick

Glossar

Page 319: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

303Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

ˇN-F…C-C…c- momenthaft, momentan, augenblicklich

ˇTc- 1. Zeit, Gelegenheit, Situation, Umstände

2. Konj. als

ˇTc-_‰- manchmal

ˇ_-U- Stern

ˇ_-˛…c- Astrologie, Sternenberechnung

ˇ‡- 1. höfl. Körper, Statue

2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68

ˇ‡-]t‹E- sehr höfl. für geboren werden

ˇ‡-UOÿP- 1. (in) Gegenwart (von)

2. Titel des Dalai Lama

ˇ‡-z‰E- »Körperkette«

1. Reinkarnationslinie

2. Verkörperung in einer Inkarnationslinie

ˇ‡-]T“U- »100 000 Statuen«

1. großer begehbarer StÊpa mit Nischen, indenen religiöse Objekte stehen

2. Name eines Klosters in Amdo

ˇ‡-WT- Stellvertreter

ˇ‡-Ñ- Ehegatte

ˇ‡`- P. N. Tˇ‡`- auffordern, anspornen

ˇ‡`-WÀC- Imperativ

Glossar

Page 320: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

304Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

ˇ‰-_Cc- oder ˇ‰N-_Cc- Gürtel

ˇÈU-R- P. ˇÈUc- durstig (sein); Durstiger

ˇÈ_-T- P. N. TˇÈ_- drehen; um etwas herumgehen

´-(TÈ-) 1. hell, hellgrau

2. Laie

´Tc- Schutz, Zuflucht

´Tc-]uÈ- Zuflucht

´Tc-c“-UG…-T- Zuflucht nehmen (siehe Seite 70)

´‰-à-P-]G…- Geburt, Alter, Krankheit, Tod

´‰-T- P. ´‰c- 1. geboren werden; entstehen

2. umschreibend für gebären (Log. Subjekt mit `-; siehe Seite 114)

´‰-TÈ- Lebewesen, Mensch, Person; skt. jana

´‰-NUP- oder ´‰c-NUP- Frau

´‰N-U- »Hervorbringerin« Y Mutter

´‰N-NUP- andere Schreibung für ´‰-NUP-

´‰`-T- P. N. T´`- I. ´È`- 1. bringen, liefern

2. verabschieden

3. Zeit verbringen

´‰c- P. von ´‰-T-

´‰c-UGÈC- »höchstes Wesen«

Ehrentitel (für Lamas)

Glossar

Page 321: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

305Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

´‰c-R- 1. geboren; Geburt

2. Mann

´‰c-T“- (Lebe)wesen, Mensch

´È-RÈ- arm

´ÈN-R- P. T´ÈN- 1. gehen

2. in Bewegung setzen (z.B. der Wind die Zweige), erschüttern

∞C-R- sich erschrecken

´È`- I. von ´‰`-T-

∞„P-R- P. N. T∞„P- hervorbringen, herausbringen, produzieren

Tˇ‡`- P. und N. von ˇ‡`-T-

TˇÈ_- P. und N. von ˇÈ_-T-

´‰`-T- P. N. T´`- I. ´È`- P. und N. von ´‰`-T-

T´ÈN- P. von ´ÈN-R-

T∞„P- P. und N. von ∞„P-R-

B-G”- Speichel

B-NÈC- Farbe

B-W-RÈ- 1. scharf gewürzt, 2. scharfzüngig

B-ac- einige

B-`C- Essen, Mahlzeit

BE-R- Haus

Glossar

Page 322: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

306Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

BE-U…C- Zimmer

BT- Nadel

BUc- Khams (Region in Osttibet)

B‘`- Region

BÈ-TÈ- ich (männlich)

BÈ-UÈ- ich (weiblich)

BÈ-_E- er

BÈC- I. von ]CÈC-R-

BÈE- er, sie

B‘_- P. und I. von ]B‘_-T-

mN-R_- Unterschied, Vorzug

mN-R_-Oÿ- insbesondere

mT-R- 1. durchdrungen sein von (l…c-; siehe Seite 120)

2. TcU-n…c-U…-mT-R- unvorstellbar

m…- Hund

m…U- Haus, Zuhause

m…U-TNC- Hausherr

m‰N-FC- ihr/Sie; 3. Person Plural

m‰N-_E- du/Sie, 3. Person Singular

m‰_- P. und I. von ]m‰_-T-

Glossar

Page 323: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

307Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

t…- 1. zehntausend

2. Thron

t…-~ÈE-ú‰-TVP- Trisong Detsen (tibetischer König des 8. Jh.)

t…N- P. und I. von ]t…N-R-

tÈ`- I. von ]uÈ`-T-

UBP- kurz für UBP-RÈ-

»Person«-Suffix, Seite 61

UBP-G‰P- kurz für UBP-RÈ-G‰P-RÈ- großer Abt;

Ehrentitel für Äbte

UBP-RÈ- Abt

UB]-]uÈ-U- »Himmelsläuferin«, ÞÀkinÅ

UBc-R- gelehrt (sein)

UBÈ-Gc- Gebrauchsgüter, Alltagsgegenstände

]B‘_-T- P. I. B‘_- tragen

]BÈP-N@ÈP-UGÈC-î`-RÈ- (1034-1102) Begründer des Klosters Sakya

]BÈ_- Gefolge

]BÈ_-T- kreisen; Kreis, Rad; skt. sa¾sÀra

]BÈ_-`È- Rad, Kreis, Scheibe

]m‰_-T- P. I. m‰_- tragen, bringen

]t…N-R- P. I. t…N- führen

]t…N-S‰Tc-R- geleiten

Glossar

Page 324: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

308Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

]t‹C-R- P. ]t‹Cc- in Unordnung/Aufregung/Aufruhr sein

aufgewühlt werden

]t‹Cc- aufgewühlt

P. von ]t‹C-

]t‹E-R- P. ]t‹Ec- höfl. für ´‰-T-

]t‹Ec- P. von ]t‹E-

]t‹`-R- 1. sich täuschen; Täuschung

2. irren; skt. bhram; Umherirren, Verirrung

]tÈ`-]m…`- Überschuss

C- Nominalsuffix, Seite 55

Kollektivbilder, Seite 76

Betonungssuffix, Seite 86

C-R_- wo?

C-_‰- was?

C-`- wie (könnte); zur Bildung rhetorischer Fragen,Seite 168

CE- 1. wer, was, welches

Interrogativ-, Relativ-, Indefinitpronomen(Seite 163)

2. gefüllt/voll sein mit (l…c-)

3. ein ganzer

CE-qŸE-UE-qŸE- alles Mögliche (siehe Seite 62)

CE-c_- überall

CEc- Schnee (lit.)

Glossar

Page 325: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

309Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

CEc-zP-T“- Schneefelder, Schneeflecken

CU- Finalpartikel der Frage, Seite 165

C`-K‰- falls

C…- Attributsuffix (Genitivsuffix), Seite 93

C…P- Durativpartikel, Seite 254

C…c- 1. Ergativ-Instrumentalsuffix, Seite 101, 144 ff.

Dÿ-_“- spiritueller Lehrer; skt. guru

Dÿc-R- Respekt, Ehrfurcht

Dÿc-Rc- respektvoll, ehrfürchtig

CÈ- 1. Kurzform für Neunzig, Seite 74

2. Finalpartikel der Aussage, Seite 164

CÈ-]SE- Erleuchtungszustand

CÈ-T- verstehen, hören (siehe Seite 131); Verständnis

CÈE- 1. das Obere, das Frühere

2. Preis, Wert

CÈE-Pc- 1. bevor

2. von oben

CÈE-U- 1. höhere, vorherige, frühere, verstorbene

2. Kaiser

CÈUc-]x…c- Vertrautheit, Gewöhnung

CÈUc-R- vertraut werden mit,

sich gewöhnen an (Nullsuffix)

Glossar

Page 326: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

310Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

CÈc- Kleider

n- Kurzform für Achtzig, Seite 74

n…- Attributsuffix (Genitivsuffix), Seite 93

n…P- Durativpartikel, Seite 254

n…c- 1. Ergativ-Instrumentalsuffix, Seite 101, 144 ff.

2. am Ende des Satzes: Vorsatz, Seite 171

3. I. von Tn…N-R-

nŸ_- P. von ]nŸ_-T-

nÈP- (Kleidung) tragen

uCc- (guter) Ruf, Ruhm; bekannt/gerühmt sein

bekannt sein als (Term.)

... F‰c-uCc- bekannt als ...

uE-UÈ- kalt

u⁄T- P. von ]u⁄T-R-

u⁄T-]c- »Zustandegekommensein und Resultat«;

gelungenes Resultat

uÈ- Weizen

uÈ-Z…T- Weizenmehl

uÈE- Haus, Wohnung, Häuseransammlung, Dorf

uÈE-m‰_- Stadt

uÈE-Cc‰T- Dorf

uÈEc- P. von ]uÈEc-R-

Glossar

Page 327: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

311Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

uÈ`- P. von ]uÈ`-T-; befreit

uÈ`-T- befreit (sein); Befreitsein

≈- Ecke, Ort des Zusammenkommens

≈-R- Mönch

ÇE- Ochse

Ç…E- Insel; Kontinent

Ç…E-C- Park

NCC- N. von ]CÈC-R-

NC]-úP- »Freude besitzend«

Ganden (Kloster in Zentraltibet); skt. tu¼ita

NC]-T- 1. sich freuen an (`-), etwas (`-) mögen; Freude

(siehe Seite 115)

2. gut/richtig sein

NDÿ- 1. neun

2. viele (siehe Seite 76)

NDÿP-B- Winter

NC‰-àP- Lehrer

NC‰-T£‰P- gelübdehaltende männliche Laien

NC‰-T£‰P-U- gelübdehaltende weibliche Laien

NC‰-]OÿP- spirituelle Gemeinde; skt. saÐgha (maskulin)

NC‰-]OÿP-R- SaÐgha-Mitglied, Mönch

Glossar

Page 328: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

312Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

NC‰-T- heilsam/tugendhaft (sein); Heilsames, Tugend

(Gegensatz zu •…C-R-)

NC‰-W”`- Novize

NC‰-W”`-U- Novizin

NC‰-ÜÈE- vollordinierter Mönch

NC‰-ÜÈE-U- vollordinierte Nonne

NC‰-ÜÈT- kurz für NC‰-àP- und ÜÈT-U-; Lehrer und Schüler

NC‰-ÜÈT-U- Nonnenanwärterin

NCÈEc-R- höfl. denken, betrachten als;Gedanke, Intention

NCÈP-R- Kloster

NCÈc-R- 1. notwenig sein; Notwendigkeit

2. brauchen (log. Subjekt mit `-, Seite 113)

3. Verb + NCÈc-R- müssen

Nu- Feind

Nu-TÈ- wie Nu-

NuÈ`- N. von ]uÈ`-T-

TCÈ-T- Kleidung

Tn…- N. von Tn…N-R-

Tn…N-R- P. Tn…c- N. Tn…- I. n…c- elegant-bescheiden machen, tun

Tn…c- P. von Tn…N-R-

Glossar

Page 329: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

313Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

UCÈ- 1. Kopf

2. wie ]CÈ-

UnÈCc-RÈ- schnell

]C]- einige

]C`-T- im Widerspruch stehen zu (NE-)

]CÈ- Beginn, Anfang

]CÈ-]t…N- Anführer

]CÈC-R- P. T@C- N. NCC- I. BÈC- beenden, blockieren, behindern, zurückweisen

]CÈ_-T- dauern, (Zeit) brauchen

]nŸ_-T- P. nŸ_- (sich) verändern, werden zu (Term.)

]nÈN-R- etwas (`-) bereuen, bedauern; Reue, Bedauern

(siehe Seite 115)

]u⁄T-R- P. u⁄T- sich verwirklichen; zustande kommen

]uÈ-T- P. cÈE- (p…P-) I. cÈE- 1. gehen

2. werden zu (Term.)

3. »das, was geht«; Wesen, Lebewesen

]uÈCc-R- sich umgeben/befreundet sein mit (NE-)

hier: verbunden sein mit (NE-)

]uÈEc-R- P. uÈEc- höfl. sterben

]uÈ`-T- P. TsÈ`- N. NuÈ`- I. tÈ`- lösen, aufbinden (transitiv)

]uÈ`-T- P. uÈ`- freikommen aus/von (`c-)(intransitiv)

à-T- P. àc- altern, alt werden; Altern

Glossar

Page 330: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

314Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

àP-R- alt, älter

älterer/alter Mann

àP-RÈ- alt

àP-UÈ- alte Frau

àÈN-R- wild

î- Ausdehnung, Weite

î-C_- Indien

î-C_-T- Inder

î-G‰-T- von großer Ausdehnung; groß, riesig

î-PC- China

î-S…Tc- chinesische Dächer

î-U…- Chinese

î-UWÍ- Ozean

îE-U- Entfernung, Ferne

îP- Schmuck

îP-G- Schmuck

îT- Rücken, Rückseite

îT-pÈCc-R- den Rücken zuwenden; sich abkehren

î`-RÈ- König

î`-T- siegen über (`c-); Sieger; Beiname des Buddha

Glossar

Page 331: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

315Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

î`-NTE- Titel für höchste Lamas, hier für den 13. Dalai Lama

î`-UÈ- Königin

î`-˛‰- Gyantse (Stadt in Tibet)

î`-WT- Regent

î‡- Ursache

î‡-UWP- Grund

î‡C-R- P. Tî‡Cc- N. Tî‡C-

I. î‡Cc-

rennen, laufen, galoppieren

î‡Cc- I. von î‡C-R-

î‡P- Fluss; Fortdauer, Andauer

î‡PLfi- auch î‡P-Oÿ- fortwährend, stetig

°È- Tür, Tor

°È-B- Türschwelle

°È-B_- an der Türschwelle

°È-Pc- mittels

°ÈU- Meditation

°ÈU-R- P. T°ÈUc- N. T°ÈU- I. °ÈUc- etwas (ø) kultivieren, sich angewöhnen;meditieren über (`-)

(siehe Seite 117)

°ÈUc- I. von °ÈU-R-

Glossar

Page 332: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

316Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

¨„_-T- P. N. T¨„_- (etwas) verändern; übersetzen

±- 1. Laut; Aussprache; Stimme

2. (grammatische) Partikel

±-ÆÈ_- (mögliche) Kombinationen von Lauten

±„T-R- P. T±„Tc- N. T±„T- I. ±„Tc- 1. verwirklichen, manifestieren

2. (SÀdhana) praktizieren

±„Tc- I. von ±„T-R-

±ÈP-U- Lampe, Leuchte

±È`-T- P. N. T±`- befreien, erretten aus (`c-); Befreiung

±È`-U- »die Erretterin«; TÀrÀ

Tî- Hundert

TîN- acht

Tî‡C- N. von î‡C-R-

Tî‡Cc- P. von î‡C-R-

T°ÈU- N. von °ÈU-R-

T°ÈUc- P. von °ÈU-R-

T¨„_- P. und N. von ¨„_-T-

T±`- P. und N. von ±È`-T-

T±„T- N. von ±„T-R-

T±„Tc- P. von ±„T-R-

bewirkt, erreicht, praktiziert

Glossar

Page 333: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

317Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

E- 1. ich

2. Kurzform für Fünfzig (siehe Seite 74)

E-î`- Stolz

EC- Rede

EE- 1. Zustand, Natur, Wesen (einer Person)

2. l…-EE-`- / l…-EE-Pc- »im Zustand von«

bildet Adverbien der Art und Weise und des Mittels

EP-R- schlecht

EP-cÈE-Cc“U- die drei niederen Daseinsbereiche

(Höllenwesen, Hungergeister, Tiere)

EU- Finalpartikel der Frage, Seite 165

E_-ˇN- Knurren, Fauchen

+ E‰_-T- knurren, fauchen

E‰O- ich, wir; Seite 88

respektvoll gegenüber dem Einbezogenen

EÈ- 1. Oberfläche, Gesicht

2. wie EÈ-TÈ-

3. wie EÈc-

4. Finalpartikel der Aussage, Seite 164

EÈ-T§ÈN- »Gesicht – Lobpreis«, Schmeichelei

EÈ-TÈ- Wesen, wahre Natur

EÈ-TÈ-I…N- wahres Wesen; skt. svabhÀva

wie _E-TZ…P-

Glossar

Page 334: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

318Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

EÈ-W- »Gesichtshitze«, Scham

EÈ-a‰c-R- erkennen, kennen, bekannt sein mit

EÈc- 1. Seite, Seitenfläche, Oberfläche, Gesicht

2. bescheiden für »ich«, Seite 88

EÈc-]XÀP- Erkennen, Anerkennen; Identifikation

EÈc-]XÀP-q‰N-R- erkennen, anerkennen; identifizieren

NE“`- Silber, Geld

NE“`-G”- Quecksilber

NEÈc-RÈ- Ding

NEÈc-c“- direkt, leibhaftig

NEÈc-ÜÈT- direkter Schüler

UE]-_…c- Ngari (Region in Westtibet)

UE_-G- Süßigkeit

UE_-UÈ- süß

UEÈP-c“U-Oÿ- direkt

â- Trommel

ò- fünf

¢_- früher, vorher

¢_-qc- etwas früher/vorher Gemachtes

¢È- blau

Glossar

Page 335: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

319Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

¢ÈP-RÈ- blau

T¢`-T- erschöpft, ermüdet (sein)

FP- besitzend, versehen mit

F…-§‰- falls

F…C- 1. Indefinitsuffix, Seite 86, 208

2. Imperativpartikel, Seite 169

F…E- Konjunktion F…E-, Seite 222

F“- Kurzform für Zehn (siehe Seite 74)

F‰-P- »wenn jemand sagt/fragt«, Seite 160

F‰]È, »sagt man«, Seite 183

F‰c- 1. so

2. Redeabschlusspartikel, Seite 181

F‰c-R- »sogenannt/namens«, Seite 187

F‰c-q-T- »sogenannt/namens«, Seite 187

CFC- N. von CFÈC-R-

CFN- N. von CFÈN-R-

CFP-C\P- Raubtiere

CF…C- eins

CF…C-R- gleich

CF…C-R“- allein

CF…C-RÈ- allein, als einzige/r/s

Glossar

Page 336: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

320Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

CF‰P-RÈ- älterer Bruder

CF‰P-UÈ- ältere Schwester

CF‰_-T“- nackt

CFÈC-R- P. TFC- N. CFC- I. GÈC- (etwas absichtlich) zerbrechen

(siehe Seite 133)

CFÈN-R- P. TFN- N. CFN- I. GÈN- 1. schneiden, durch-/zerschneiden, zerhacken

2. MC-CFÈN-R- sich entscheiden

TFC- P. von CFÈC-R-

TFN- P. von CFÈN-R-

TFc-(R-) 1. zusammen mit (NE-)

2. Ende einer Liste

TF…E- N. von ]G…E-T-

TF…Ec- P. von ]G…E-T-

TF“- zehn

TF“C- P. von ]H“C-R-

TF“N- Extrakt, Essenz

TFÈ- Variante von TF“- (siehe Seite 73)

TFÈU- P. von ]HÈUc-R-

TFÈU-úP-]Nc- Bhagavant; Beiname des Buddha

(siehe Seite 67)

Glossar

Page 337: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

321Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

TFÈc-U- künstlich

ôCc- Eisen; Metall

ôCc-çÈ- Eisenerz

ô‰- Zunge

ô‰T-R- P. I. ô‰Tc- Selbstmord begehen

ô‰Tc- P. von ô‰T-R-

G- 1. Paar (auch zwei ähnliche) (Seite 85)

2. Teil, Bruchteil (Seite 78)

3. Partikel, die Substantive von Adjektivenbildet (siehe UE_-G-)

GC-R- kaputtgehen, zerbrechen

GCc-R- 1. lieben, anhaften an (`-); Anhaftung

2. werden; werden zu (Term.)

3. gelegen sein

(Siehe Seite 136)

GE- Tschang (tibetisches Gerstenbier)

GE-BE- Kneipe

GN- P. von ]GN-R-

GN-R- 1. abgeschnitten/durchtrennt (sein)

2. Strafe

Glossar

Page 338: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

322Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

GT- 1. höfl. Wasser

2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68

G…C- Variante von CF…C-, Seite 75

G…Ec- I. von ]G…E-T-

G”- Wasser

G”-U…C- Quelle

G”C- I. von ]H“C-R-

G”E-G”E- klein

G‰-G”E- Größe

G‰-T- 1. groß

2. Komparativ größer

3. nach Adjektiven sehr

G‰P-RÈ- groß

GÈC- 1. I. von CFÈC-R-

2. nach Verbstamm Y Aufforderung; Seite 171

siehe im Goldstein nach weiteren Bedeutungen

GÈN- I. von CFÈN-R-

GÈU- I. von ]HÈUc-R-

GÈc- Lehre; Weltgesetz; Phänomen; skt. dharma

GÈc-l…-]BÈ_-`È- Dharmarad

GÈc-]BÈ_-î`- Name eines Klosters in der Nähe des Orakelsees Lha-mo‘i bla-mtsho

Glossar

Page 339: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

323Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

GÈc-I…N- wahre Natur der Phänomene; skt. dharmatÀ

UG…-T- P. UG…c- 1. kommen, gehen; sagen

2. ´Tc-c“-]G…-T- Zuflucht nehmen zu (`-)

UG…c-R- 1. eleg.-bescheiden für ^ÈN-R-, Seite 69

2. P. von UG…-T-

UGÈC- höchstes; bestes

UGÈN-å‰P- StÊpa, Reliquienschrein

UGÈN-R- 1. opfern; Opfergabe

2. höfl. essen

UGÈN-R-]T“`-T- Opfergaben darbringen

]GN-R- P. GN- 1. zerschnitten werden, zerfallen, zugrunde ge-hen, verrotten

2. ~ÈC-]GN-R- sterben

]GN-R- P. N. TaN- I. aÈN- sagen; erzählen; lehren

]G_-B- (Sonnen-)Aufgang

]G_-T- P. a_- aufgehen (Sonne)

aufkommen, hochkommen (Gedanken etc.)

]G…- kurz für ]G…-T-

]G…-B_- im Sterben, an der Schwelle des Todes

]G…-T- P. a…- sterben; Sterben, Tod

]G…E-T- P. TF…Ec- N. TF…E- I. G…Ec- binden, schnüren, fesseln

H- Tee

Glossar

Page 340: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

324Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

H-U- Teekoch, Teeköchin

H…-£‰N-R- alles was es gibt

HÈ-TÈ-ä‰- Ehrentitel für Ati²a

UH`-T- begegnen/zusammentreffen mit (NE-)

]HU-RÈ- sanft

]HU-NqEc- »sanft-Wohlklang«

Mañjugho¼a (= Mañju²rÅ)

]H]- Regenbogen

]H…C-å‰P- Welt

]H…C-R- P. TZ…C- zugrunde gehen, verfallen, vergehen

]H…Cc-R- sich fürchten

]H…Cc-U‰N- furchtlos

]H“C-R- P. TF“C- N. C[÷C- I. G”C- 1. eintreten lassen; hineinstecken in

2. Kausativbilder, Seite 214

]H“C-R- P. I. [÷Cc- eintreten, betreten

]HÈ-T- P. TZÈc- N. TZÈ- I. ]HÈc- melken (siehe Seite 137)

]HÈC-R- P. TZC- N. CZC- I. ZÈC- setzen, stellen, legen

]HÈUc-R- P. TFÈU- N. CZÈU- I. GÈU- besiegen, überwinden, zerstören

]HÈc- I. von ]HÈ-T-

ä‰-TV“P- »der Ehrwürdige«, Ehrentitel

Glossar

Page 341: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

325Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

ä‰c- 1. Spur

2. danach

äÈN-R- P. N. TäÈN- sprechen, reden (über)

öCc- 1. höfl. Zunge

2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68

öE-B‘- grün

ö…N-RÈ- schwer (an Gewicht)

Tä‰N-R- vergessen (siehe Seite 131)

TäÈN- P. und N. von äÈN-R-

TäÈN-Oÿ-U‰N-R- unaussprechlich, unbeschreiblich

I- Fisch

IP-R- I. IÈP- anhören, zuhören, hören (siehe Seite 131)

I`-T- I. IÈ`- sich hinlegen, schlafen gehen

hier ins Bett gebracht werden

I`-c- Schlafplatz

I…-U- 1. Sonne

2. Tag (a. tagsüber; b. wie ZC-: 24 Stunden)

I…b÷- zwanzig

I…-dÈE- Japan

I…-dÈE-C…-U…- Japaner

Glossar

Page 342: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

326Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

I…N- 1. Abstraktsuffix, Seite 61

2. »selbst/eigen«, Seiten 89, 90

I…P- kurz für I…-U- Tag

adverbiell am Tage

JfiE-JfiE- wenig

I‰-ˇÈ_- auch I‰-]BÈ_- Umkreis; nahe Umgebung

I‰-B‘`- nahe Umgebung

I‰-T- nahe (sein) bei (NE- u. a.; siehe Seite 122)

I‰c-R- Fehler, Vergehen, falsche Verhaltensweisen

I‰c-NU…Cc- 1. Fehler, Vergehen

2. Unzulänglichkeit

IÈ-T- P. I. IÈc- kaufen

IÈ-WÍE- Handel

IÈ-WÍE-q‰N-R- Handel treiben

IÈC-t- Unruhen, Probleme

IÈP- I. von IP-R-

IÈP-UÈEc- (Geistes)plagen, Befleckungen (des Geistes); skt. kle²as

IÈ`- I. von I`-T-

IÈc-R- P. und I. von IÈ-T-

IÈc-R- gekauft

Glossar

Page 343: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

327Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

CI…c- zwei

UIU- 1. zusammen

2. gleich

UIU-Oÿ- 1. zusammen mit (NE-)

2. gleich (seiend); Oÿc-UIU-Oÿ- zur gleichen Zeit

ã…E-R- alt

ã‰N-R- P. (T)ã‰N- finden (siehe Seite 114)

£U-Oÿ-c‰Uc-R- (bei sich) denken

(siehe Seite 187)

£U-R- denken; Denken, Geist

£…E- Herz

£…E-ä‰- Mitgefühl

£…E-ä‰-RÈ- schön

£…E-RÈ- Essenz

£…E-_“c- Hingabe und Ausdauer

£…E-_‰-ä‰- siehe Seite 64

£‰N-R- siehe H…-£‰N-R-

Tã‰N- P. von ã‰N-R-

KU- Finalpartikel der Frage, Seite 165

Lfi- Terminativsuffix, Seite 151

K‰- Semifinalpartikel, Seite 217

Glossar

Page 344: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

328Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

KÈ- Finalpartikel der Aussage, Seite 164

LÛ-`]Ã-É-U- Dalai Lama

CKC- N. von ]NÈCc-R-

CKE- N. von CKÈE-R-

CKN- (nach ... hin) gerichtet

CKN-R- wie CKÈN-R-

CKP- beständig, fest

CKU- Rede, Sprache

CK…E- Boden, Grund, Tiefe

CLfiN- I. M—N- N. von ]OÿN-R-

CKÈCc-R- gehören zu, Teil sein von

CKÈE-R- P. TKE- N. CKE- I. MÈE- senden, schicken; freilassen

CKÈN-R- P. I. TKÈN- beginnen, begründen

TKCc- P. von ]NÈCc-R-

TKE- P. von CKÈE-R-

TKT- P. von ]N‰Tc-

TLfiE- N. von ]M—E-T-

TLfiEc- P. von ]M—E-T-

TLfiN- P. von ]OÿN-R-

TLfiT-R- geeignet sein

Glossar

Page 345: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

329Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

TKÈN- P. und I. von CKÈN-R-

å- Pferd

å-R- Reiter

åC-R- beständig sein; beständig; Beständigkeit

å‰]“- Fohlen

å‰P- Stütze; religiöse Objekte

(siehe den Beispielsatz auf Seite 165)

å‰P-R- P. Tå‰P- sich stützen auf; abhängen von (`-)

å‰P-]‰`- Zusammentreffen guter Umstände

åÈC-R- P. TåCc- N. TåC- I. åÈCc- 1. nachdenken, untersuchen

2. verstehen

åÈCc-R- 1. realisieren, erkennen, verstehen(siehe Seite 131)

2. I. von åÈC-R-

õ-T- P. Tõc- N. Tõ- I. õÈc- 1. sehen, hinblicken (Objekt mit `-)

2. etwas (ø) ansehen als (Term.)

3. Umgangssprache lesen (Objekt mitNullsuffix)

(siehe Seiten 136,137)

õ_- wie

õ‰-T- 1. Nabel, Mitte

2. Haupt-

õÈc- I. von õ-T-

Glossar

Page 346: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

330Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

§C- Tiger

§C-UÈ- Tigerin

§C-]WÂ_- Taktser in Amdo (Geburtsort des 14. Dalai Lama)

§Ec- Art und Weise

§Tc- 1. Art und Weise

2. l…-§Tc-l…c- mittels, weil, wegen, in der Weise

§‰- Semifinalpartikel, Seite 217

§‰E- 1. das Obere

2. l…-§‰E-`- auf (auch auch einen Zeitpunktbezogen)

§‰_-T- P. (T)§‰_- geben (auch im Sinne von schenken)

§ÈE- 1. tausend

2. leer

§ÈE-R- leer sein von (l…c-); leer

§ÈE-R-I…N- Leerheit; skt. ²ÊnyatÀ

§ÈN- 1. der obere Teil von etwas

2. Westtibet

§ÈN-M—E- Bluse

§ÈP-R- P. N. T§P- zeigen, lehren; »Lehrer« Beiname des Buddha

TåC-NoN- Untersuchung, Nachforschung

TåC- N. von åÈC-R-

TåCc- P. von åÈC-R-

Glossar

Page 347: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

331Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Tå‰P- 1. gestützt auf; abhängig von; P. von å‰P-R-

2. `-Tå‰P-Pc- basierend auf

Tõ- N. von õ-T-

Tõc- P. von õ-T-

T§P- P. und N. von §ÈP-R- lehren, zeigen

T§P-R- Lehre

T§P-R-p…-N_- die spätere Verbreitung der Lehre

T§‰_- P. von §‰_-T-

T§ÈN-R- loben, preisen; Lobpreis

M-GN- niedrigstes, schlechtestes

M-NN-R- verschieden

Zur Verbkategorie »verschieden« siehe Seite 128.

M-U- letztes, niedrigstes

M-U…-NN-R- nicht verschieden

Zur Verbkategorie »nicht verschieden« siehe Seite 127 und Seiten 288-290.

MC- 1. Entfernung, Abstand

2. U-MC-Lfi- unmittelbar

3. kurz für MC-R-

MC-t- gestreiftes/buntes Seil

MC-CFÈN-R- entscheiden

MC-R- Seil

Glossar

Page 348: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

332Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

MC-U…-_…E-T- nicht weit entfernt

ME- Ebene

ME-@- auch ME-B Thangka (tibetisches Rollbild)

MT- Herd

MT-WE- »Herd-Nest« Y Küche

MTc- Mittel, Methode

MU-R- siehe Seite 77

MUc-FN- alle

M_-R- freikommen von/aus (`c-); Befreiung (auch im Sinne von NirvÀÐa)

M…C-`‰- Tropfen, skt. bindu

M…E- tiefblau

M—Cc- höfl. Geist, Verstand, Herz

M—Cc-´È-RÈ- höfl. traurig

M—N- I. von ]OÿN-R-

M—T-T§P- »die Lehre des Fähigen«

Eigenname

M—T-R- 1. können

2. der Fähige (Beiname Buddhas), skt. mÊni

M‰-WÍU- Zweifel, Zögern

MÈC- 1. das Oberste; Dach; Zimmerdecke;Blitz

2. als Postposition auf, mittels

Glossar

Page 349: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

333Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

MÈC-U- Anfang, Ursprung

MÈC-U-U‰N-R- ohne Anfang, anfangslos

MÈC-U_- adv. am Anfang

MÈCc- I. von ]NÈCc-R-

MÈE- I. von CKÈE-R-

MÈP- P. und I. ]MÈP-R-

MÈT-R- 1. erlangen, bekommen

2. P. von ]MÈT-

3. I. von ]N‰Tc-

MÈc-R- 1. (unbeabsichtigt) hören (Seite 131)

2. MÈc-R-NC]- »das Gehörte ist erfreulich«

(Name von Milarepa)

UM]- Ende, Grenze

UM]-NC- alle

UM…`- 1. Grund, Boden

2. Fußsohle; Handinnenfläche

3. Zentrum

UM—- 1. Kraft, Macht

2. schwarze Magie

UM—P-R- harmonieren/übereinstimmen mit (NE-)

UMÈ-RÈ- hoch

UMÈ-NUP- Höhe, Niveau, Level

Glossar

Page 350: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

334Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

UMÈE-T- (unabsichtlich) sehen

(transitiv, nicht kontrollierbar, Seite 131)

UMÈP-RÈ- wie UMÈ-RÈ-

]MT-R- streiten mit (NE-)

]M—E-T- P. TLfiEc- N. TLfiE- I. ]M—Ec- trinken

]M—Ec- I. von ]M—E-T-

]MÈP-R- P. I. MÈP- 1. herauskommen

2. herausgehen, verlassen

]MÈT-R- P. MÈT- erlangen

(MH 290: meist intransitiv »sich einstellen«)

N- jetzt

N-C-_E- genau das (siehe Seite 86)

N-õ- jetzt

N-õ-T- Gegenwart, Präsens

N-OÿE- 1. bisher, bis dahin, noch

2. zusätzlich, weiterhin

N-xC- »heftig (ausgesprochenes) N-«, Seite 235

NC- Pluralpartikel, Seite 84

Glossar

Page 351: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

335Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

NE-

(zusammen) mit; und

• bei Aufzählungen, Seite 90

• bei Verben, die mit NE- konstruiert werden, Seite 120

• mit Adverbien der Begleitung, Seite 198

• nach dem Verbstamm als Imperativpartikel, Seite 169

• als Verbindung von Verbalhandlungen,Seite 217

NE-RÈ- erster/erste/erstes

NU- Finalpartikel der Frage, Seite 165

NU-z⁄C- Siegel

N_- 1. Seide

2. Moment

N_-T- sich verbreiten; populär werden

¢-N_- die Zeit der früheren Verbreitung(des Buddhismus in Tibet)

p…-N_- die Zeit der späteren Verbreitung(des Buddhismus in Tibet)

Oÿ- Terminativsuffix, Seite 151

Oÿ-T- Rauch

OÿN-]uÈ- Tier

OÿU-T“- Stück

OÿU-T“_- in Stücke; zu Stücken

Glossar

Page 352: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

336Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Oÿc- Zeit

Oÿc-ˇTc- 1. Zeit, Epoche

2. (festliche) Gelegenheit

Oÿc-_Tc- 1. Jahrhundert

2. Epoche

N‰- 1. der/die/das; jener/jene/jenes

2. Semifinalpartikel, Seite 217

N‰-£‰N- soviel

N‰-]x- solcher, solche, solches

N‰-Pc- danach

N‰-TZ…P- ebenso

N‰-TZ…P-I…N- Soheit, skt. tathatÀ (siehe Seite 61)

N‰-TZ…P-Ca‰Cc-R- skt. tathÀgataã (siehe Seite 66)

N‰T- Buch

N‰_- dort

NÈ- Finalpartikel der Aussage, Seite 164

NÈ-¶E- Interesse, Aufmerksamkeit

NÈ-RÈ- Ladung

NÈP- 1. Inhalt, Bedeutung, Sinn

2. Nutzen, Zweck, Ziel

3. l…-NÈP-Oÿ- um Willen; zum Nutzen von

4. Kurzform für Siebzig (siehe Seite 74)

Glossar

Page 353: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

337Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

NÈP-CPN- 1. Angelegenheit, Belang, Gegebenheit

2. Kernpunkt

NÈP-U‰N-(R-) sinnlos; ohne Zweck/Absicht

NÈU- Bär

ªCc-RÈ-ü-ä‰- »der Arzt von Dwags-po« = Gampopa

xE- N. von ]x‰P-R-

xE(c)- N. xE- I. xÈE(c)- P. von ]x‰P-R-

x⁄C- sechs

x⁄E- 1. Nähe, Gegenwart

2. l…-x⁄E-Oÿ- in die Nähe von

x‰`- Maultier

xÈE(c)- I. von ]x‰P-R-

CNP- Sitz

CNP-t…- Thron

CNP-c- Wohnsitz

CNP-]x‰P-R- »den Sitz ziehen« Y einladen, berufen

CNT- N. von ]N‰Tc-R-

CN]-T- elegant-bescheiden für ]OÿC-R- und •ÈN-R-,

Seite 70

COÿE- 1. höfl. Knochen

2. Familie, Geschlecht väterlicherseits

CNÈE- Gesicht

Glossar

Page 354: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

338Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

CNÈN-(U-) Anbeginn

TNC- das Selbst; ich; skt. Àtman

mich/dich/sich selbst

TNC-RÈ- Herr, Besitzer

TNC-U‰N- 1. Ohne-Selbst-Sein; Ichlosigkeit

2. besitzerlos

TNC-U‰N-R- 1. = TNC-U‰N-

2. etwas, bei dem es kein Ich/Selbst gibt

TNU- N. von ]NU-R-

TOÿN- Dämon; skt. mÀra

TOÿN-˛…- »Dämonen-Saft«, Göttertrank, skt. amÏta

TOÿP- sieben

TOÿP-zC- »Siebener«, Woche

TN‰-T- glücklich, heilvoll, wohl (sein); Glück, Heil, Wohl

TN‰-T_-Ca‰Cc-R- skt. sugataã; siehe Seite 66

TN‰P-R- wahr (sein); Wahrheit

UN]- 1. Pfeil

2. Untertal

UNÈ- 1. SÊtra; Lehrreden

2. unterer Teil eines Tals

UNÈ-BUc- Amdo und Kham

Glossar

Page 355: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

339Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

]NU-R- P. ]NUc- N. TNU- I. ]NÈUc-

etwas wählen, zwischen etwas wählen

]NUc- P. von ]NU-R-

]N]-T- P. ]Nc- vorübergehen; jenseits gelangen von (`c-)

]Nc-R- P. von ]N]-T-

vorübergegangen; jenseits gegangen von (`c-)

auch für gestorben

]N…- dieser/diese/dieses

]Oÿ-T- P. ]Oÿc- zusammenkommen, sich versammeln,

enthalten sein (in)

]OÿC-R- 1. sitzen, weilen, sich befinden

2. vorhanden sein; ]OÿC- häufig es gibt

3. in der Umgangssprache umschreibend für »haben« bezogen auf die 2. oder 3. Person (Log. Subjekt mit `-)

4. als Hilfsverb in der Umgangssprache

]OÿN-R- P. TLfiN- N. CLfiN- I. M—N- sich verbeugen vor (`-; siehe Seite 117)

]Oÿc- P. von ]Oÿ-

]N‰Tc-R- P. TKT- N. CNT- I. MÈT- 1. werfen, schlagen, treffen

2. (ein Gebet) sprechen

3. (Saat) aussäen, pflanzen

4. (ein Kloster) gründen

]NÈCc-m…- »Anbinde-Hund«; Wachhund, Kettenhund

Glossar

Page 356: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

340Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

]NÈCc-R- P. TKCc- N. CKC- I. MÈCc-

anbinden, befestigen, (Schmuck) anlegen

]NÈN-GCc- Begierde (und Anhaftung)

]NÈN-R- etwas (`-) wünschen; Wunsch

]NÈUc- I. von ]NU-R-

]x-T- gleich/ähnlich sein mit (NE-); gleichen

]x‰-T- P. ]x‰c- sich vermischen mit (NE-)

]x‰P-R- P. xE(c)- N. xE- I. xÈE(c)- ziehen, leiten, führen

]x‰c- P. von ]x‰-T-

]x‰c-R- vermischt; Mischung

auch Kreuzung

ç-^E- chinesische Währung

çÈ- Stein

çÈ-ä‰- Vajra, Donnerkeilzepter

çÈ-ä‰-Ç…E- Darjeeling

çÈ-_…E- Steinsäule, Stele

úP-R- versehen sein mit (NE-)

•E-T- hassen; Hass

•_-U- Feigling

•…C-R- Handlung, die negatives Karma nach sich zieht; Sünden

(Gegensatz zu NC‰-T-)

Glossar

Page 357: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

341Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

•…C-RÈ-G‰- siehe U…-•…C-RÈ-G‰-

•‡C-R- 1. leiden

2. hübsch

•‡C-T¢`- Leiden

•‡N-R- P. I. •‡c- N. T•‡- 1. zusammenbringen, (Ernte) einbringen,versammeln, um sich scharen

2. zusammenfassen

•‡c- P. und I. von •‡N-R-

•‰-~…N- Titel für Regenten

auf Seite 112: der Regent des 5. Dalai Lama

•‰-~…N-cEc-îc-î-UWÍ- (1653-1705)

•‰_-U- Teller

•ÈE-(RÈ-) Stamm, Stengel

•ÈN-R- P. N. T•N- leben, bleiben, verweilen, sich aufhalten

•ÈU-(WÀC-) Merkvers; Zusammenfassung

T•N- P. und N. von •ÈN-R-

T•‡- N. von •‡N-R-

T•‡-T]…-NEÈc-R-TZ…- vier Dinge, um [Schüler] um sich zu scharen

P- 1. Lokativsuffix, Seite 151

2. verkürzt für »wenn jemand fragt«, Seite 159

P-T- krank sein

P-W- Krankheit, Schmerz

Glossar

Page 358: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

342Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

P-^E- auch wenn; Seite 159

PC-RÈ- schwarz

PCc- Wald

PCc-W`- Wald, Hain

PE- 1. das Innere

2. l…-PE-`- in/im (Inneren)

PE-R- »der sich mit dem Inneren befasst«, Buddhist

PE-U…- Familienmitglieder, Haushaltsmitglieder

PN-R- Patient

PU- 1. wann

Interrogativ-, Relativ-, Indefinitpronomen;Lektion 15

2. PU-...P- wenn (»when«)

3. Finalpartikel der Frage, Seite 165

PU-Z…C-(Pc-) irgendwann

Pc- Gerste

Ablativsuffix, Seite 147 ff.

Pc-T\“E-K‰- seit (siehe Seite 148)

P…- Betonungspartikel »was ... angeht«

siehe Seite 109, 175

Q÷c-R- 1. fähig sein; Fähigkeit

2. wagen

PÈ- Finalpartikel der Aussage, Seite 164

Glossar

Page 359: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

343Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

PÈ_-T“- Juwel

PÈ_-T“-Ç…E-B- »Juwelenpark«

(Name des Sommerpalastes des Dalai Lama)

CPE-T- höfl. geben; machen, tun

CPU- oder PU-UB]- Himmel

CPU-u⁄- »Himmelsboot«, Flugzeug

CPc- Ort, Platz, Stätte

CPc-R- wohnen, weilen, leben

CPc-W”`- Situation

CPÈN-R- schaden, verletzen; Schaden (siehe Seite 117)

CPÈN-Æ…P- »Schadensbringer« Y Dämon

éU-åÈC- kurz für éU-R_-åÈC-R-

éU-R- 1. Art

2. Erscheinung

éU-R_- 1. ganz, vollkommen

2. Wiedergabe von skt. vi-, Seite 197

éU-R_-åÈC-R- Denken, Vorstellung, Gedanke

(siehe auch Seite 197)

éU-Nq‰- Unterscheidung; Kasus

éUc- Pluralpartikel, Seite 84

é`-]qÈ_- Yoga (siehe Seite 67)

Glossar

Page 360: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

344Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

é`-]qÈ_-R- Yogi

é`-]qÈ_-U- YoginÅ

¶-WÍCc- vielfältig, verschieden

¶C-W- Tinte

¶E-T- 1. wahrnehmen, sehen als (Term.)

2. Erscheinung, Bild, Wahrnehmung

3. strahlen, leuchten

¶‡U- Öl

¶ÈN- Behälter

übertragen gebraucht für Schüler und für die äußere Umgebung

¶ÈN-TF“N- der Behälter (die äußere Umgebung) und sein Inhalt (die Bewohner)

¶ÈN-Gc- Behälter

R- Semifinalpartikel, Seite 217

RCc-(R-) Haut, Fell

RE- Schoß

RN-U- Lotos

RN-U-]qŸE-CPc- »der Lotosgeborene« = Padmasambhava

R°≥-K- PaÐÝita (indischer Gelehrter)

R_- Druck, Abguss

R_-Oÿ-∞„P-R- als Druck herausgeben; publizieren

Glossar

Page 361: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

345Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

R_-_…c- Bild, Foto

RÈ-LÛ-`- Potala

NRC-Lfi-U‰N-R- unermesslich

NR`- glorreich, skt. ²rÅ

NR`-úP- glorreich; ruhmreich

NR`-U_-U‰-UXN-^‰-a‰c- DÅpa¾kara ³rÅjñÀna (Beiname von Ati²a)

NR‰- 1. Beispiel, Vorlage, Muster

2. Gleichnis, Metapher

3. kurz für NR‰-G-

NR‰-G- Petscha (tibetisches Buch in länglichem Format)

NR‰-UXÍN-BE- Bibliothek

NR‰_-P- zum Beispiel

NRÈP-BC- Anführer, Gebieter, Würdenträger

NRÈP-RÈ- Anführer, Herr, Meister, Vorgesetzter

No…N-@- Frühling

ßE-_…- Alm

߉`-T- (etwas) verbreiten, vermehren, populär machen

≠ P- 1. höfl. Auge

2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68

Glossar

Page 362: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

346Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

≠ P-GT- höfl. Tränen

≠À-CV“C- Scheitel

≠À-Ñ- auch p…-Ñ- Monat nach westlicher Kalenderrechnung

≠À-`È- auch p…-`È- Jahr nach westlicher Kalenderrechnung

≠À_- im Allgemeinen, generell

≠À_-TKE- gewöhnlich, allgemein

≠ÈN-R- 1. praktizieren, sich verhalten; Verhalten2. erfahren als (siehe Seite 136)

≥N- P. und N. von ≥ÈN-R-

≥…P- Wolke

≥„`-T- verwandeln in (Term.)

≥„`-ˇ‡- »Wandelkörper«; Tulku, Reinkarnationskt. nirmÀnakÀya

≥‰]“- Affe

≥‰`- Affe (bei Jahresangaben)

≥ÈN-R- P. N. ≥N- geben

≥ÈN-q‰N- Güter zum Verteilen

≥Èc-R- geistige Ausschweifungen

≥Èc-`- frei von geistigen Ausschweifungen

(siehe Seite 121)

S- Vater

Glossar

Page 363: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

347Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

S-U- Eltern

S-U‰c- Vorfahren

SC-(R-) Schwein

SP- kurz für SP-R- oder SP-RÈ-

GE-SP- wohltuendes/erfrischendes Bier (Mil)

SP-R- nützlich sein; nützlich

Nutzen (siehe Seite 117)

SP-RÈ- nützlich

S_- hin(über); Gegenteil von W”_-

S`-G‰_- 1. die meisten

2. ungefähr

3. wahrscheinlich

S“-M—E- Ärmel

S“-M—E-U‰N-R- ärmellos

S“E-RÈ- »Anhäufung«, skt. skandha

S—`- P. und N. von ]T“`-T-

S‰Tc-R- 1. höfl. gehen

2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68

SÈ- männlich; männliches Tier

SÈ-E- Palast

Glossar

Page 364: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

348Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

pC- 1. höfl. Hand

2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68

pC-TKT- höfl. für TKT-

pC-N‰T- höfl. für N‰T-

pC-]W`-T- P. TV`- I. ]WÍ`- sich niederwerfen, verbeugen

p…- das Außerhalbbefindliche, Hintere, Spätere

(siehe auch Seite 202)

p…-Ñ- (auch ≠À-Ñ-) Monat nach westlicher Kalenderrechnung

p…-Pc- von draußen; in der Zukunft

p…-`È- (auch ≠À-`È-) Jahr nach westlicher Kalenderrechnung

p…P- P. von ]uÈ-T-

p…_- 1. wegen; um ... willen

2. zurück, wieder, wiederum

3. aus ... heraus; nach draußen

pŸ-R- Tschuba (tibetischer Mantel)

pŸC-RÈ- reich

pŸCc- Vieh

pŸCc-í…- Hirte

p‰N- halb

p‰N-@- Hälfte

pÈCc- Richtung

Glossar

Page 365: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

349Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

zC- 1. Kollektivbilder, Seite 76

2. Schulter

zC-NÈC- Neid

zC-NÈC-R- neidisch

zN- 1. P. von ]zN-R-

2. grammatische Partikel

zP-(T“-) klein, fein; Partikel

z⁄C- Kind, Tierjunges

z⁄C-Dÿ- auch z⁄-Dÿ- Kind

z‰E-T- oder ]z‰E-T- Gebetskette

]SCc-R- hervorragend, edel; skt. Àrya

]zN-R- P. zN- zusammentreffen mit (NE-)

T- 1. Kuh

2. Nominalsuffix, Seite 50

T-pŸCc- Kühe, Rindvieh

T-cÈ- Elfenbein

TP-N‰- auch Tì–- MönchIn der Milarepa-Biographie wird auch Marpa als TP-N‰- bezeichnet, obwohl er kein Mönch war, sondern das Leben eines Haushälters führte.

TU- Finalpartikel der Frage, Seite 165

T_- Zwischenraum

Glossar

Page 366: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

350Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

T_-GN- Hindernis, Behinderung

T_-Oÿ- 1. bis

2. U- Verbstamm T_-Oÿ- solange nicht ...; Seite 154

T`- Wolle

T`-^“`- Nepal

T“- Sohn, Junge

T“-z⁄C- Kind

T“-UÈ- Mädchen, Tochter

T“N-U‰N- Frau

T“U-R- Vase

TÈ- Finalpartikel der Aussage, Seite 164

TÈE-Dÿ- umgangssprachlich für TÈE-T“-

TÈE-T“- Esel (Schriftsprache)

TÈN- Tibet

TÈN-ˇN- Tibetisch

TÈN-H- tibetischer Tee

TÈN-R- Tibeter

TÈP- Bön

TÈP-RÈ- Anhänger der Bön-Schule

Glossar

Page 367: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

351Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

q- 1. Vogel

2. N. von q‰N-R-

3. kurz für q-T-

q-T- Tat, Handlung

q-WÀC- Verb

qE- 1. P. von ]qE-T-; rein geworden

2. Norden

qE-G”T- Erleuchtung, Erwachen

(siehe Seite 67)

qE-G”T-l…-c‰Uc- Erleuchtungsgeist, Geist des Erwachens

(siehe Seite 67)

qE-G”T-l…-c‰Uc-NR]- Bodhisattva (siehe Seite 67)

qUc-R- Liebe; skt. maitrÅ; maitreya

qc- P. von q‰N-R-

q…- Ratte (bei Jahresangaben)

q…P- 1. P. von Æ…P-R-

2. Pracht

3. Segen

q…]“- Vögelchen, kleiner Vogel

q…c-R- Kind; kindlich

qŸE- P. von ]qŸE-T-

q‰-C-Lfi- im Einzelnen, detailliert

Glossar

Page 368: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

352Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

q‰N-R- P. qc- N. q- I. qÈc- machen, tun; sagen, siehe Seite 185

q‰N-±- »Agens-Instrument-Partikel«,Ergativ-Instrumentalsuffix, Seite 144

qÈP- P. und I. von ]qÈP-R-

qÈc- I. von q‰N-R-

C- Felsen

U-\‰- Brahmane

`- ohne; getrennt/frei von (NE-); P. von ]`-T-

…- N. von ]…-T-

…c- P. und I. von ]…-T-

Èc- P. und I. von ]Èc-T-

É- das Hohe, Höhere

É-U- spiritueller Lehrer; Lama (siehe Seite 67)

ÉEc- P. von `‰P-R-

ɇP-RÈ- Tor, Narr

ÉÈ- Verstand, Geist

ÉÈ-]nÈN- Reue, Bedauern

ÉÈ-T\E- »von gutem Verstand«; Eigenname

ÉÈ-TcU- kurz für ÉÈ-T\E-TcU-CKP-

NTE- 1. Macht, Ermächtigung, Initiation

2. l…-NTE-C…c- durch

Glossar

Page 369: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

353Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

NT…P-H…- Engländer, Westler

kurz für NT…P-H…-ˇN- Englisch

NT“- 1. höfl. Kopf

2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68

NT“-FP- »mit Kopf«; eine Art tibetische Druckschrift

NT“-U‰N- »ohne Kopf«; eine Art tibetische Schreibschrift

NT“-æ- höfl. Hut

NT“`- N. von ]T“`-T-

NT“`-R- arm sein an (l…c-)

NT“`-RÈ- arm

NT“c- Mitte; Ü (Provinz in Tibet, in der auch Lhasa liegt. Ü und Tsang werden manchmal als Zen-traltibet zusammengefasst.)

NT‰P-R- entfernt sein von, weg von (l…c-)

NqEc- Wohlklang

Nq_-@- auch Nq_-B- Sommer

Nq…Ec- Bereich, Sphäre

]TN-R- veranlassen;sich anstrengen/bemühen/einsetzen

Anstrengung, Bemühung

]T_- brennen

]T“U- hunderttausend

Glossar

Page 370: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

354Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

]T“`-T- P. I. S—`- N. NT“`- 1. jemand Höherstehendem geben, anbieten

2. Gabe

]qE-T- P. qE- 1. sauber/rein werden

2. geübt/erfahren sein

]qŸE-B‘Ec- Quelle, Ursprung

]qŸE-B‘Ec-l…-±- »Partikeln der Herkunft«, Ablativsuffix,Seite 147

]qŸE-CPc- »Hervorkommensort«; Quelle, Ursprung

]qŸE-T- Element

]qŸE-T- P. qŸE- 1. hervorkommen, aufkommen, entstehen

2. geschehen

3. werden zu (Term.)

4. als Hilfsverb siehe Seite 258

]qÈP-R- P. I. qÈP- höfl. kommen; erscheinen, auftreten

]qÈ_-T- 1. ankommen

2. bekommen

3. Reichtum, Wohlstand

]`-T- frei sein von (NE-)

]c- 1. Frucht

2. Resultat

3. Reis

]c-öÈEc- »Reisland« Y Sikkim

]c-T“- Frucht

Glossar

Page 371: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

355Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

]…- Dri (weibliches Yak)

]…-T- P. I. …c- N. …- schreiben, zeichnen, malen

]⁄- 1. Getreide

2.Gerste

3. Korn, Körnchen, Same

]⁄C- Drache

]⁄C-ˇN- 1. Donner

2. Bhutanesisch

]⁄C-R- Bhutanese

]⁄C-^“`- Bhutan

]‰`-T- verbunden sein mit (NE-); Verbindung

]Èc-R- P. I. Èc-R- fliehen

è-ÖTc- Welle, Woge

®`- Frosch

ÆE- N. von ÆÈE-T-

ÆEc- P. von ÆÈE-T-

Æ_- P. und N. von ÆÈ_-T-

Æ…P-R- P. q…P- (Gaben, Spenden) geben; Gabe

ÆÈE-T- P. ÆEc- N. ÆE- I. ÆÈEc- 1. sich üben in, studieren (siehe Seite 117)

2. reinigen

ÆÈEc- I. von ÆÈE-T-

Glossar

Page 372: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

356Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

ÆÈ_-T- P. N. Æ_- zusammenfügen/zusammenkleben mit (NE-); verfassen

¥„`- Schlange

U- 1. Negationspräfix, Seite 139

2. Mutter

U-T_-Oÿ- solange nicht (siehe Seite 133)

... U-\N- »es erschöpft sich nicht darin, dass ...«

(von ]XN-R-) Y nicht nur ...

U-]ÈEc-R- 1. »noch nicht gekommen«; Zukunft, Futur

2. tibetischer Terminus für die Verbstamm-form von Nezessitativ bzw. Voluntativ (Siehe auch Seite 138)

U-_“Ec-R- grausig, furchteinflößend

UE-JfiE- Menge, Quantität

UE-RÈ- viel

UU- Finalpartikel der Frage, Seite 165

U_- Butter

U_-R- Marpa (1012-1097; Lehrer von Milarepa)

U_-U‰- Butterlampe

U…- 1. Mensch

2. Negationspräfix, Seite 139

U…-àÈN- »wilder Mensch«, Yeti

U…-åC-R- unbeständig

Glossar

Page 373: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

357Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

U…-•…C-RÈ-G‰- siehe Seite 291

U…-UE- Volk

U…-\N-R- unerschöpflich

U…-`-_c-R- Milarepa (1040-1123)

U…C- Auge

U…C-G”- Tränen

U…C-a‰`- Brille

U…C-a‰c- Augenbewusstsein

U…E- Name (siehe auch Seite 116)

U…E-VU- »bloß der Name«, Nullsuffix, siehe Seite 143

U…P- = U-^…P- ist nicht

U…]“- Zwerg

U—P-R- Dunkel, Finsternis

U‰- Feuer

U‰-KÈC- Blume

UÈ- 1. Nominalsuffix, Seite 53

2. Finalpartikel der Aussage, Seite 164

3. weiblich ; weibliches Tier

UÈ-_E- sie; 3. Person, Singular, fem. (siehe Seite 89)

r-EP-`c-]Nc-R- NirvÀÐa (siehe Seite 67)

Glossar

Page 374: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

358Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

rE- P. von rÈE-T-

rEc- P. von rÈE-T-

rŸ-Dÿ- Sprössling

rŸ_-Oÿ- schnell

rÈE-T- 1. widerfahren

2. als Hilfsverb

rÈE-T- P. rEc- N. rE- I. rÈEc- 1. schmecken, kosten

2. durchstehen, erfahren

rÈEc- P. von rÈE-T-

NUC-U…- Soldat

NUP-R- tief, niedrig, gering

NU]-TÈ- wie NUP-R-

NU_-RÈ- rot

NU…Cc-Tc`- besonders, speziell

ê…-`U- Traum

©N- der untere Teil von etwas

©P- Arzt

©P-BE- Krankenhaus

©P-R- Arzt

©ÈP-`U- Wunschgebet

©ÈP-`U-]N‰Tc-R- ein Wunschgebet sprechen

Glossar

Page 375: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

359Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Ø„-Dÿ- Stift

Ø„C-U- Bambus

µ-T- P. µc- I. µÈc- sagen

µc- P. von µ-T-

µÈc- I. von µ-T-

VP-NP- Sandelholz

VU- 1. ungefähr

2. nur, bloß

VÀ-VÀ- Maus

CVE- Tsang (Provinz in Tibet, in der auch Shigatse liegt. Ü und Tsang werden manchmal als Zen-traltibet zusammengefasst.)

CVE-U- sauber

CV“C-`C-BE- Tempel(schule), skt. vihÀra

CV“C-`C- Wissenschaften

CV“C-`C-CPc-G‰P- buddhistische Universitäten im alten Indien (wie zum Beispiel NÀlandÀ oder Vikrama²Åla)

CVÍ-TÈ- wichtigste/r/s; Haupt-

TV`- P. und N. von ]WÍ`-

TV“Cc- P. von ]X“Cc-R-

˛- 1. Energiebahnen, skt. nÀÝÅ

2. kurz für ˛-T-

3. Kurzform für Zehn, Seite 74

Glossar

Page 376: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

360Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

˛-T- Wurzel, Basis

˛-T-Pc- »von der Wurzel her«, von Grund auf

mit Negation Y nie u. ä.

˛…- Saft, Extrakt

˛…-T- P. T˛…c- N. T˛…- I. ˛…c- 1. rechnen

2. etwas (`-) ansehen als (Term.)

˛…c- 1. I. von ˛…-T-

2. Berechnung, Kalkulation

3. Verbstamm + ˛…c- zu tun planen/vorhaben

˛‰-(UÈ-) Spitze, Gipfel

˛‰N-UÈ- Spiel

˛‰N-UÈ-˛‰-T- »ein Spiel spielen«, spielen

˛‰N-_ÈCc- Spielkamerad

˛ÈU-R- P. T˛Uc- N. T˛U-

I. ˛ÈUc-

1. verfassen

2. anfangen, beginnen

˛ÈUc- I. von ˛ÈU-R-

»- Gras

T˛U- N. von ˛ÈU-R-

T˛Uc- P. von ˛ÈU-R-

T˛…- N. von ˛…-T-

T˛…c- P. von ˛…-T-

Glossar

Page 377: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

361Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

T˛ÈP-]u⁄c- Fleiß

W-RÈ- heiß

auch kurz für Ö‡E-W-RÈ- u.ä.

W-T- heiß (sein); Hitze

WE-U- alle, alles

WE-U_- alles in allem

WT- Stellvertreter, Ersatz

WÀC- 1. Wort

2. P. von ]WÀC-

WÀC-]u‰`- Wort-Kommentar; Seite 161

W”Cc- I. von ]X“Cc-R-

W”_- her(über); Gegenteil von S_-

W”`- Art und Weise

W”`-`“Cc- Tradition

WÂ- 1. Leben

2. Zeitpunkt, Zeitraum

3. Konjunktion wenn; zu der Zeit, als

WÂ_-U- Dorn

WÂc- Datumstag

WÍ- Pluralsuffix, Seite 83

WÍCc- Ansammlung, Menge, Schar, Schwarm

Glossar

Page 378: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

362Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

WÍP- Farbe

WÍ_-T- fühlen; Gefühl

WÍ`- I. von ]WÍ`-T-

Ω- Salz

UWP- 1. höfl. Name, Titel

2. Nacht

UWP-I…N- (Wesens-)Merkmal

UWUc- 1. Zwischenraum, Grenzlinie

2. Abgrenzung

3. Retreat

UW”Ec-R- gleich/ähnlich (sein) mit (NE-)

UWÂ]“- Teich (siehe Seite 62)

UWÍ- See

]WÀC-R- P. WÀC- verbrennen, sich verbrennen (intransitiv)

]WÍ`-T- P. N. TV`- I. WÍ`- suchen

CX“Cc- auch C\“Cc- N. von ]X“Cc-R-

UXN-R- I. UXÍN- höfl. machen, tun

UXÂc-•‡C- Schönheit

UX‰c-RÈ- schön

UXÍ- Dzo (Kreuzung zwischen Yak und Kuh)

UXÍ-UÈ- weibliches Dzo

Glossar

Page 379: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

363Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

UXÍN- 1. Speicher

2. Schatz, Schatzkammer

3. I. von UXN-R-

]XN-R- P. \N- dahinschwinden, verbraucht/aufgebrauchtwerden; sich erschöpfen (in)

]XU-T“-Ç…E- Welt (siehe Seite 65)

]XU-Ç…E- kurz für ]XU-T“-Ç…E-

]XÀP-R- P. T\“E- N. C\“E- I. \“Ec- 1. halten, ergreifen

2. etwas (`-) auffassen als (Term.), begreifen als

siehe Seite 135

]X“Cc-R- P. TV“Cc- N. CX“Cc-

I. W”Cc-

1. gründen, etablieren

2. pflanzen

3. (Pfosten) aufstellen

4. durchstoßen, durchbohren

íÈE-T- P. TíEc- N. TíE- I. íÈEc- senden, schicken

íÈEc- I. vom íÈE-T-

TíE- N. vom íÈE-T-

TíEc- P. vom íÈE-T-

Y-UÈ- Fuchs

ZC- 1. Tag (24 Stunden)

2. Fett

ZTc- 1. höfl. Fuß

2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68

Glossar

Page 380: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

364Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Z`- 1. höfl. Mund, Gesicht

2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68

Z`-`C- höfl. Mahlzeit, Essen

Z`-`“E- mündliche Unterweisung

Z…-T- Frieden; skt. ²Ànti

Z…-T-]WÍ- ³Àntarak¼ita (8. Jh.)

Z…-U…- Katze

Z…C- 1. Indefinitsuffix, Seiten 86, 208

2. Imperativpartikel, Seite 169

Z…E- 1. Feld

2. Konjunktion Z…E-, Seite 222

Z…E-B- auch Z…E-C- Feld (Umgangssprache)

Z…E-R- Bauer

Z…U-RÈ- lecker

[÷-T- schmelzen (intransitiv)

[÷-T- P. I. [÷c- bescheiden sagen, fragen, bitten;

Bitte, Anliegen

[÷Cc- P. und I. von ]H“C-R-

[÷c- P. und I. von [÷-T-

Z‰- Kurzform für Vierzig (siehe Seite 74)

Glossar

Page 381: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

365Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Z‰-•E- Hass

Z‰-P- »wenn jemand sagt/fragt«, Seite 160

Z‰P-R- begehren, sich sehnen nach

Z‰]È, »sagt man«, Seite 183

Z‰c- 1. so

2. Redeabschlusspartikel, Seite 181

Z‰c-R- genannt; wie Anführungszeichen

Z‰c-q-T- genannt; wie Anführungszeichen

Z‰c-q]È, ist ... genannt

ZÈC- I. von ]HÈC-R-

ZÈCc-R- Morgen

ZÈP-R- reiten

æ-UÈ- Hut

CZC- N. von ]HÈC-R-

CZP- anderer, andere, anderes

C[÷C- N. von ]H“C-R-

C[÷E- 1. Mitte, Zentrum, Kern, Haupt-

2. Regierung

3. (religiöser) Grundtext

CZÈU- N. von ]HÈUc-R-

TZC- P. von ]HÈC-R-

Glossar

Page 382: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

366Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

TZ…- vier

TZ…C- P. von ]H…C-R-

TZ…P- wie, gemäß

T[÷-T- P. I. T[÷c- schmelzen, gewinnen aus (transitiv)

T[÷Cc-R- höfl. sitzen, weilen, sich befinden

T[÷c- P. und I. von T[÷-T-

TZ‰E-T- P. TZ‰Ec- höfl. errichten, gründen

TZ‰Ec-R- P. von TZ‰E-T-

TZ‰c-R- 1. höfl. nehmen; essen, trinken

2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68

TZÈ- N. von ]HÈ-T-

TZÈc- P. von ]HÈ-T-

\-BE- Restaurant

\-Gc- Nahrungsmittel

\-T- P. T\c- / \Èc- N. T\]- I. \È- essen

\-dÈ_- Zahor (Region in Indien)

\Ec- Kupfer

\N- 1. P. von ]XN-R-

2. siehe U-\N-

\N-R- aufgebraucht sein; zuende sein

Glossar

Page 383: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

367Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

\P- Essen, Speise

\c- Essen

\…-`…E- Name einer Stadt in Amdo, Osttibet

\…`- Glanz, Pracht

\…`-G‰-T- glänzend, prächtig, strahlend

\“Ec- I. von ]XÀP-R-

\‰_-T- sagen, nennen (siehe Seite 116)

auch genannt (evt. als Anführungszeichenwiederzugeben)

\È- I. von \-T-

\Èc- P. von \-T-

Ñ- 1. kurz für Ñ-T-

2. in einigen zusammengesetzten Ausdrücken ähnlich wie »Partner«

Ñ-T- Mond

чU-R- rund

C\…C- Leopard

C\…Cc-R- 1. höfl. sehen; kaufen

2. bildet höfliche Ausdrücke von gewöhnli-chen, Seite 68

C\“E- I. \“Ec- N. von ]XÀP-R-

T\E-T- gut (sein)

Glossar

Page 384: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

368Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

T\E-RÈ- gut

T\]- N. von \-T-

T\]-T- Essen

T\c- P. von \-T-

T\“E- P. von ]XÀP-R-

T\È-T- P. I. T\Èc- herstellen, machen

T\ÈN-R- aushalten/ertragen können; Geduld, Ausdauer, Durchhaltekraft

T\Èc- P. und I. von T\È-T-

-]E- Konzessivpartikel, Seite 224

- ]U- Finalpartikel der Frage, Seite 165

-]Ã- Attributsuffix (Genitivsuffix), Seite 93

-]È- Finalpartikel der Aussage, Seite 164

]È-FÈC- Pluralsuffix, Seite 84

]È-U- Milch

]ÈC-Lfi- unter, unterhalb

]ÈE-T- P. ]ÈEc- N. ]ÈE- wie ^ÈE-T-

]ÈN- Licht

^C-•‡C- Qualität

^C-RÈ- gut

Glossar

Page 385: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

369Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

^E- 1. Betonung »nun, aber«

2. auch, wieder

3. zur Bildung von Indefinitpronomen, Seite 209

4. Konzessivpartikel, Seite 224

5. intensivierend, Seiten 226, 227

6. satzeinleitend, Seite 227

^E-MÈC- ganz oben

oberstes Stockwerk/Dach

^E-~…N- Wiedergeburt

^Ec- weit, weiträumig, groß, geräumig

^P-`C- Zweig, Glied, Teil

^`-C- Ast, Zweig

^`-T- verschwinden; verblassen

verschwunden; verblasst

^…- 1. Attributsuffix (Genitivsuffix), Seite 93

2. kurz für ^…N-

^…-C‰- Buchstabe, Schrift, Brief

^…C- kurz für ^…-C‰-

^…N- Geist, Sinn, Herz

^…N-TN‰- freudvoller Geist

^…N-`-]XÀP-R- zu Herzen nehmen; sich merken

Glossar

Page 386: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

370Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

^…P- In der Schriftsprache für alle Personen; in der Umgangssprache nur auf die erste Person bezogen und auch als Hilfsverb.

1. Gleichsetzungsverb:

[etwas] ist [etwas], Seiten 109, 110

2. als Hilfsverb, Seite 255

3. Durativpartikel, Seite 254

^…P-P-^E- »auch wenn es so sein sollte/ist«

aber; trotzdem

^…P]E- kurz für ^…P-P-^E-

^…c- Ergativ-Instrumentalsuffix, Seiten 101, 144 ff.

^“- Schaft

^“P- Zeit(raum)

^“`- Land, Region, Objekt

^“`-U…- Menschen der Region, Einheimische

^“`-ü- Ortsgottheit; Schutzgottheit einer Region

^‰-a‰c- Weisheit; ursprüngliche Bewusstheit

^ÈE-T- kommen

^ÈN-R- 1. vorhanden sein, existieren (^ÈN, es gibt)

2. umschreibend für »haben«, Seite 113

3. als Hilfsverb, Seite 253

^ÈP-KP- Qualität, (gute) Eigenschaft

^ÈP-KP-G‰P-RÈ- von guter Eigenschaft; gut (siehe Seite 60)

Glossar

Page 387: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

371Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

^È`-T Vorhang

^Èc- Hase (bei Jahresangaben)

^Èc-`È- Jahr des Hasen

C^C- Yak

C^c- rechte Seite

C^c-c“- rechts

C^“- Türkis

C^ÈC-R- P. I. C^ÈCc- bedecken

C^ÈC-RÈ- Diener

C^ÈCc- P. und I. von C^ÈC-R-

C^ÈP- linke Seite

C^ÈP-`- links

_- 1. Ziege

2. Umzäunung, Umgrenzung

_-U- auch _-UÈ- (weibliche) Ziege

_C-R- 1. erhalten (siehe Seite 114)

2. berühren

_C-`c-R- abhängen von (`-)

_E- »selbst, eigen«, Seite 89

_E-î‡N- der eigene (Geistes)strom

Glossar

Page 388: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

372Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

_E-I…N- selbst, eigen

_E-qŸE- selbstentstanden, natürlich

_E-TZ…P- Eigennatur, skt. svabhÀva

wie EÈ-TÈ-I…N-

_E-_E- jeweils eigene

_E-cEc- von selbst bereinigt (sein); Eigenbereinigung

_T-qŸE- 1. 60-Jahres-Zyklus

2. kurz für _T-Lfi-qŸE-T-

in ein Kloster eingetreten sein

3. Mönch

_U- Finalpartikel der Frage, Seite 165

_c- Baumwolltuch

_c-R- Siehe Seite 51

_…- Berg

_…-UCÈ- Berggipfel

_…-ªCc- nichtfleischfressende Wildtiere

_…-TÈ- wie _…-

_…-TÈE- Hase

_…-UÈ- Bild, Zeichnung

_…C-CPc- Wissensgebiete

Glossar

Page 389: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

373Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

_…C-R- wissen; Wissen, Kenntnis, Klugheit; Gewahrsein

_…Cc- 1. Art, Gruppe, Sorte

2. cEc-îc-l…-_…Cc- Art [des Potentials zur] Bud-dhaschaft; für skt. gotra

3. Geschlecht, Herkunft, Volk, Stamm

_…Cc-EP- schlechte (unreine) Kaste/Gruppe

wie die »Unberührbahren« in Indien und die Schlachter und Schmiede in Tibet

_…Cc-R- 1. Schlussfolgerung, Logik

2. Ehrentitel für Lamas, die als Reinkarnatio-nen gelten

_…E-RÈ- 1. lang

2. (MD-) _…E-RÈ- weit weg

_…E-T- 1. lang sein

2. weit weg sein von (NE- u.a.; siehe Seite 122)

_…P- Wert

_…P-ME- Preis, Wert

_…P-RÈ-G‰- 1. kostbar

2. Titel für Lamas, die als Reinkarnation gelten

_…U-(R-) Reihe, Reihenfolge, Stufe, Rang, Grad

_…U-n…c- der Reihe nach, stufenweise

_…U-R_- wie _…U-n…c-

_…U-Rc- wie _…U-n…c-

Glossar

Page 390: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

374Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

_…`-T“- Kugel, Pille

_“- Terminativsuffix, Seite 151

_“E-T- 1. geeignet, angemessen sein

2. siehe auch Seiten 210 und 228

_“c-®`- Schildkröte

_‰- 1. je, jeweils, jeder (auch _‰-_‰-)

2. Affekt-Silbe, Seite 64

3. Kurzform für Sechzig (siehe Seite 74)

zu weiteren Bedeutungen siehe z.B. Jäschkes Handwörterbuch

_‰N- [etwas] ist [etwas], Seite 111

In der Schriftsprache steht _‰N- für ^…P- bei Bezug auf die 2. oder 3. Person und als Hilfs-verb. In der klassischen Schriftsprache kommt _‰N- kaum vor.

_È- 1. Leichnam

2. Geschmack

3. Finalpartikel der Aussage, Seite 164

¿- Horn

Ö‡E- Wind

Ö‡E-]z…P- »Wind-Botschaft« Y Radio

Ö‡E-W-RÈ- 1. aufbrausend, jähzornig

2. stürmisch

Ö‡E-`Ec-RÈ- aufbrausend

Glossar

Page 391: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

375Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

`- 1. Gebirgspass

2. Dativ-Lokativsuffix; Seite 151

`-NÈP-TOÿP- »Sieben Partikeln mit der Funktion von `-«, Seite 151

`C-(R-) Hand; Arm

`Cc- Höflichkeitspartikel, Seiten 111, 174

`Cc-R- eleg.-bescheiden für …P-R-; siehe Seite 69

`E-T- P. `Ec- 1. sich erheben, aufstehen (kontrollierbar; I. `ÈEc-)

2. aufkommen (nicht kontrollierbar)

`E-T- P. `ÈEc- genug sein an (l…c-), die richtige Menge sein, genügen, ausgleichen

`Ec- P. von `E-T-

`P- 1. Antwort, Erwiderung, Vergeltung

2. Mal (einmal etc.)

`T-R- sagen

`U- 1. Weg

2. Finalpartikel der Frage, Seite 165

`U-B- wie `U-

`U-UBP- Wegkundiger

`c- 1. Handlung; skt. karma

2. Ablativsuffix, Seiten 147 ff.

`c-@- Arbeit

+ q‰N-R- arbeiten

Glossar

Page 392: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

376Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

`c-q‰N- Arbeiter

`…-YE- orange

`“C- Schaf

`“Cc- Art und Weise

`“Cc-~È`- Tradition

`“E- 1. autoritative Schrift

2. rituelle Textübertragung

3. `—E-§ÈP-R- prophezeien

`“E-R- Region, Ort, Land

`“c- Körper

`‰Cc-R- gut; gut sein

`‰Cc-RÈ- gut

`‰P-R- P. ÉEc- N. ÉE- I. `ÈEc- nehmen

`‰]“- Kapitel

`È- 1. Jahr

2. Finalpartikel der Aussage, Seite 164

`È-G”E-G”E- jung, klein

`È-KÈC- Ernte

`È-P- Alter

`È-Rj- `È-VÓ-T- und R°≥-K- (siehe Seite 60)

`È-VÓ- kurz für `È-VÓ-T-

Glossar

Page 393: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

377Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

`È-VÓ-T- LotsÀwa (tibetischer Übersetzer)

`È-Cc_- Neujahr

`È_- im Jahre

a- Fleisch

a-]qÈ_-T- stattlich, stämmig, dick

höfl. ˇ‡-a-]qÈ_-T-

aN- Trennstrich

a_- 1. P. von ]G_-T-

2. Osten

a…- P. von ]G…-T-

a…C- 1. Indefinitsuffix, Seiten 86, 208

2. Imperativpartikel, Seite 169

a…E- 1. Holz

2. Konjunktion a…E-, Seite 222

b…E-UBP- Holzfäller, Zimmermann

a…E-å- »Holz-Pferd«, Karren

a…E-•ÈE- Baum

a…E-PCc- Wald

a…P-Lfi- sehr (dem Bezugswort vorgestellt)

b÷- Variante von TF“- (siehe Seite 74)

a‰-P- »wenn jemand sagt/fragt«, Seite 160

Glossar

Page 394: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

378Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

a‰]È, »sagt man«, Seite 183

a‰`- Kristall, Glas

a‰c- 1. so

2. Redeabschlusspartikel, Seite 181

a‰c-R- wissen (siehe Seite 131); Wissen

aÈC-ü‰- Buchseite, Blatt

aÈN- I. von ]GN-R-

¬-T- Rehwild

bl- ³Àkya (Name der Familie, in die der historische Buddha geboren wurde)

TaN-R- P. und N. von ]GN-R-;

das Gesagte, Ausspruch, Darlegung

TaP-R- Schlachter

c- Erde

c-´- »graue/helle Erde«

Sakya (Name eines 1073 gegründeten Klosters)

c-B‘`- Region

c-§‰E- Erdoberfläche, Erde, Land

c-CPc- Region

c-^- Million

cEc-îc- Buddha, Buddhaschaft

cEc-îc-l…-£…E-RÈ- »Buddhaessenz«, Buddhanatur

Glossar

Page 395: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

379Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

cN- Frost

cU- Finalpartikel der Frage, Seite 165

c…-`…-`… onomatopoetischer Ausdruck für den Klang von Zimbeln, für Sternengefunkel u.a.

c“- 1. wer

2. Terminativsuffix, Seite 151

c“U- Variante von Cc“U-, Seite 76

c‰-_- Sera (Name eines Klosters nahe Lhasa)

c‰E- auch Cc‰E- Spalte, Ritze

c‰E-C‰- Löwe

c‰Uc- Geist

c‰Uc-´È-RÈ- »Geist-arm« Y traurig

c‰Uc-FP- Lebewesen

c‰_- kurz für c‰_-RÈ- oder c‰_-T-

c‰_-´- »gelb-hell« Y Klerus und Laien

c‰_-RÈ- gelb

c‰_-T- Hagel

c‰`-T- P. N. Tc`- I. cÈ`- (Unreinheit) beseitigen, bereinigen

(Dunkelheit) beseitigen, erhellen

cÈ- 1. Zahn

2. Kurzform für Dreißig, Seite 74

3. Finalpartikel der Aussage, Seite 164

Glossar

Page 396: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

380Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

cÈ-cÈ- jeder/jede Einzelne

cÈ-cÈ-Pc- einzeln, individuell

cÈ-PU-R- Bauer

cÈC-R- Mongole

cÈC-^“`- Mongolei

cÈCc- usw. (kurz für `-cÈCc-R-)

cÈE- 1. P. und I. von ]uÈ-T-

2. als Hilfsverb siehe Seite 133

cÈT-cÈT- weich

cÈ_-UÈ- Finger, Zehe

cÈ`- I. von c‰`-T-

~c- höfl. Sohn

~…N- 1. Politik, Regierung

2. Länge

~…N-R- 1. Existenz, Leben

2. möglich sein

~⁄E-T- P. T~⁄Ec- N. T~⁄E- I. ~⁄Ec- beschützen, bewachen

~ÈC- Leben, Lebenskraft

~ÈC-CFÈN-R- »die Lebenskraft abschneiden« Y töten

~È`- Sitte, Gewohnheit

܉T- P. ܉Tc- ankommen

Glossar

Page 397: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

381Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

ÜÈT-≈- Schule

ÜÈT-≈-G‰P-UÈ- höhere Schule; Universität, College

ÜÈT-R- P. TÜTc- N. TÜT-

I. ÜÈT(c)-

lernen, lehren

ÜÈT-NRÈP- Lehrer, Meister, Professor

ÜÈT-z⁄C- Schüler, Student

ÜÈT-ÆÈE- Studium

ÜÈT-U- (spiritueller) Schüler

CcE- ÈN- »geheim-Verhalten«; Toilette

CcE-T- geheim

Cc_-R- neu

Cc`-RÈ- klar, hell, deutlich

Cc“E-T- P. Cc“Ec- N. Cc“E-

I. Cc“E-

höfl. sagen u. ä. (siehe Seite 116)

Cc“E-]T“U- »100 000 Reden/Belehrungen«;

Gesamtwerk

Cc“Ec- P. von Cc“E-

Cc“U- drei

Cc‰_- Gold

CcÈ-T- P. CcÈc- N. CcÈ- I. CcÈc- 1. heilen

2. füttern, ernähren, aufziehen

Glossar

Page 398: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

382Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

CcÈ-_…C- Heilkunde, Medizin

CcÈN-R- P. TcN- N. CcN- I. cÈN- töten

CcÈ`-H- höfl. Tee

CcÈ`-]N‰Tc- Bittgebet

CcÈ`-T- bescheiden bitten, sagen

Bitte

siehe Seiten 69, 170

TcU-l…c-U…-mT-R- unvorstellbar

TcU-CKP- »stabile Gedanken«

skt. samÀdhi (= meditative Konzentration);

Eigenname

TcU-R- Gedanken

TcU-^c- kurz für TcU-^“`-`c-]Nc-R-

»Objekte des Denkens übersteigend«

Samye (Name eines im 8. Jh. gegründeten Klosters)

Tc`- P. und N. von c‰`-T-

dU-R- Dreistigkeit, Arroganz

ü-BE- Tempel

ü-ä‰- Orakel; Titel für traditionelle tibetische Ärzte

ü-…c-R- Maler von buddhistischen Motiven auf Thangkas oder Wandmalereien

Thangka-Maler

Glossar

Page 399: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

383Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

ü-É- kurz für ü-ä‰- und É-U- Orakel/Arzt und Lama

ü-U-^…P- auch ü-U…P- »die Nicht-Götter« Y Halbgötter, Asuras

(einer der sechs Daseinsbereiche)

ü-UÈ- Göttin

ü-UÈ]Ã-É-UWÍ- Name eines Orakelsees

ü-c- Lhasa, »Ort der Götter«

üP-F…C-Lfi- elegant-bescheiden zusammen mit (NE-)

üU- Schuhe

üU-UM…`- Schuhsohle

ü‚C-U- lose

ü‚C-ü‚C- wie ü‚C-U-

üÈ- Süden

e-B‘- Onkel väterlicherseits

e-B‘-§ÈP-R- Schelmenfigur aus der tibetischen Literatur

e-K…-a- Ati²a (982-1054)

e-P‰- Nonne; Tante väterlicherseits

e-U-`Cc- Mutter

(insbesondere in der Anrede)

e-U‰c- Großvater väterlicherseits; Ahnen väterlicher-seits

e-U‰c-´‰-_…- Name eines Berges

Glossar

Page 400: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

384Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

e-ZE- Onkel mütterlicherseits

eU-ÄC- Tasche; Taschenfalte

e…-@-îC- hicksen

e‰-U-dÈ- Ausruf der Freude

Glossar

Page 401: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

385Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Index

Zu tibetischen Wörtern siehe die Hinweise unter dem entsprechenden Eintrag im Glossar.

Ablativsuffixe nas und las 147

nach Verben 150

Abstraktsuffix nyid 61

Adjektiv 179

Erweiterung durch Einbindung von Substantiven 60

Adressat

Dativobjekt 105

im tibetischen Modell eines Satzes 239

Adverbialbestimmung 106

Adverbien 193, 194

der Begleitung 198

Affekt-Silbe re 64

Agens 104 (239)

Agglutination 108

analytische Verbformen 247

in der Umgangssprache 256

Anordnung im Wörterbuch 40

Anrede siehe Vokativ

Apposition 97

Aspekt 253

Aspiration 10

Attribute siehe Vorangestellte Attribute

Page 402: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

386Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Attributsuffix 93

Formen 93

als Possessivpronomen 96

nach Verbstamm 98

Aufforderung mit kyis, gyis oder chog 171

Aufzählungen

Ende der (bcas) 198

mit dang 90

Ausdehnung (von ... bis) 148

Ausrufe 64

Aussagesätze 163

Ausschluss 149

Basisbuchstaben erkennen 17

bdag und gzhan 238

Betonung je nach Verbstammform 240

im Modell eines Satzes 239

Wortbildung 241

Benefaktiv

Dativobjekt 105

im tibetischen Modell eines Satzes 239

Bescheidenheit in der Schriftsprache 69

Betonung innerhalb des Satzes 175

Betonungssuffix ni 175

»brauchen« 113

Bruchteile 78

Dativ-Lokativsuffix la 151

nach Verbalnomen 155

nach Verbstamm 159

Page 403: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

387Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Dativobjekt 105

Datumsangaben 79

Demonstrativpronomen 85

DevanÀgarÅ-Alphabet 37

Diminutivsuffix 62

Direktes Objekt siehe Patiens

Durativ 253

Verbindungspartikel 254

Einbindung von Substantiven

bei Adjektiven 60

bei verbalen Ausdrücken 60

Einleitungsfloskeln 194, 230

yang u.ä. 228

Ellipse 126

Entscheidungsfragen 166

Ergänzungen zum Prädikat 103

Ergänzungsfragen 166

Ergativ 101

Ergativ-Instrumentalsuffix 145

als Voluntativ-Markierung 171

bei rnyed 114

beim Komparativ 179

Formen 101

nach Verben 146

plus na 146

Extended Wylie Transliteration Scheme 39

Index

Page 404: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

388Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Finalpartikel

der Aussage 165

der Frage 165

»und«, »oder« 168

Fragesätze 165

Fremdwörter 65

Funktionsverbgefüge 60

Futurstammform siehe Nezessitativ/Voluntativ

Gedanken 186

Genitivsuffix, -partikel siehe Attributsuffix

Gleichsetzung (Satzstruktur Eins) 110

Gleichsetzungsergänzung 106

Gleichsetzungsverb yin (red ) 30

Grundbuchstaben des tibetischen Alphabets 5

Systematik der ersten 19 Grundbuchstaben 12

gzhan siehe bdag und gzhan

»haben« 113

»halb«, »Hälfte« 77

»heißen« 116

Hilfsverben 247

byed pa und 'gyur ba 248

Analytische Verbformen in der Umgangssprache 256

Höfliche Sprache 67

Bildung höflicher Ausdrücke 37

Imperativ (139), 168

Imperativpartikel 169

Indefinitsuffix 86

Indirektes Objekt siehe Dativobjekt

Page 405: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

389Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Infinitiv 56

Innere Ableitung 65

Instrument im tibetischen Modell eines Satzes 239

Intensivierung

mit e-Vokal 63

durch Verdoppelung 63

durch yang 227

Interjektionen 174

Interrogativpronomen 205

als Indefinitpronomen 208

als Relativpronomen siehe Korrelative Konstruktionen

Intransitiv 109

Intransitive Verben

Begrifflichkeiten 102

Einteilung 129

Sätze mit intransitiven Verben (Satzstruktur Zwei) 111

Irreale Bedingungssätze 252

Iteration von Fragewörtern 211

Kalender 78

Kardinalzahlen 73

Kasussuffixe 106, 143 ff.

Kausativ 251

Kehlkopf 9

Kollektivbilder ka, kha, ga, po, phrag 76

Konjunktionen 216

dang 217

cing, zhing, shing 222

weitere 229

Index

Page 406: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

390Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Konzessivpartikel kyang, yang, -'ang 224

Formen 255

nach Verbstamm 225

nach Nomen 226

Komparativ 179

Komposita 97

»kontrollierbar«-Verben 129, 130,133

Korrelative Konstruktionen 207

Länder und ihre Bewohner 98

Lautbildungsort 8

Lehnwörter 65

Lesestücke

»Ati²a« 141

»Der Hase, der sich vor ›Platsch‹ erschreckte« 203

»Die Wiedergeburt des 13. Dalai Lama wird gefunden« 232

»Ledersohle« 161

»Zehn Dinge, die bloß Worte sind« 245

Liste (Ende der) 198

Logisches Subjekt 106

Lokativsuffix na 151

nach anderen Suffixen 160

nach Verbalnomen 155

nach Verbstamm 159

Luftstrom 8

Modell eines Satzes 239

Morphologie der Verbstämme 235

da drag 235

Page 407: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

391Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Negation 139

Negationspräfixe ma und mi 139

Negationssuffix med und min 140

Nezessitativ 138

»nicht kontrollierbar«-Verben (tha mi dad pa) 129, 130, 133

»nicht verschieden« 128, 239

Nominalisierte Rede 188

Nominalisierte Sätze 231

Nominalphrase 91

Nominalsuffix 50

Adjektive mit po 53

ka, kha und ga 55

Nomen mit mo 53

Nomen mit ma 54

Ordinalzahlen 52

pa ohne zusätzliche Bedeutung 55

Substantive mit pa 51

Substantive mit po 52

Verbalnomen 56

Nullsuffix 143

nach Verbalnomen 144

»Ob«-Sätze 228

Onomatopoetika 64

Optativ 171

Ordinalzahl 52

Orthographische Umschrift siehe Transliteration

»Paar«-Suffix cha 85

Partizip 57

Index

Page 408: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

392Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Passivsatz (Übersetzung in) 176

Patiens (102) 105

Perfekt 138

»Person«-Suffix mkhan 61

Personalpronomen 87

Phonetische Umschrift siehe Transkription

Pluralsuffixe 83

cag 84

dag 84

rnams 85

tsho 83

Positiv (Adjektiv) 179

Postpositionen 193

Stämme für Ableitungen 200

nach Verben 229

Postskripte 18

Prädikat 103

Präsens 138

Präskripte 23

Ausspracheregeln 23

in der zweiten Silbe eines Wortes 36

Prohibitiv 170

Rede 180

direkte oder indirekte 184

Höflichkeitsebenen 185

nominalisiert 188

Redeabschluss 182, 183

Redeeinleitung 181, 182

Page 409: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

393Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Relativpronomen siehe Korrelative Konstruktionen

Resultat

im tibetischen Modell eines Satzes 239

Verben der Umwandlung »zu« 117

Reziproke Konstruktionen 196

Rhetorische Fragen 167

Sandhi 56

Sanskrit

Sanskrit in tibetischer Schrift 36

Vokale 38

Sonderzeichen 39

Sanskrit-Passiv 252

Sanskrit-Präfixe 197

Übersetzungen aus dem Sanskrit 66

Satzabschlüsse 163

bei Aussagesätzen 163

bei Fragesätzen 165

bei Imperativ, Prohibitiv und Optativ 168

Satzeinleitende Adverbien (siehe auch Einleitungsfloskeln) 230

Satzgefüge 215

Zeitverhältnis 216

Satzglieder 103

Satzstrukturen 101

Gleichsetzung 110

grundsätzlich verschieden im Tibetischen und im Deutschen 137

mit intransitiven Verben 111

mit transitiven Verben 112

tibetisches Modell eines Satzes 239

Index

Page 410: Einführung Tib Schriftsprache_Sommerschuh 2008

394Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Übersicht 109

Umschreibungen 113

Semifinalpartikel 218

Formen 218

als Verbindung von Verbalhandlungen 218

in ankündigender Funktion 220

»sogenannt«, »namens« 187

Sonderkonstruktionen (Satzstruktur Fünf) 115

mit dang 120

mit kyis etc. 120

mit la 115

mit las 119

Terminativobjekt wiedergegeben als Adverbialb./Präpositionalobjekt 117

Stammformen der Verben 137

Subjekt (102) 104

Logisches Subjekt 106

Subskripte 27

Suffixe 61

Abstraktsuffix nyid 61

Diminutivsuffix 62

Indefinitsuffix 86

Superlativ 180

Superskripte 23

Ausspracheregeln 23

in der zweiten Silbe eines Wortes 36

Terminativsuffix 151

Formen 107

nach Verben 155

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395Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

Thema 172

Tibetisches Modell eines Satzes 239

Transitiv 109

Transitive Verben

Begrifflichkeiten 102

Einteilung 129

Sätze mit transitiven Verben (Satzstruktur Drei) 112

Transliteration 6

Transkription 7

Umschreibungen 113

Verben 125

des Sagens 185

Einteilung 126

nach der tibetischen Tradition 127

in »kontrollierbar« und »nicht kontrollierbar« 129

in »transitiv« und »intransitiv« 129

Übersicht der Verb-Einteilung 130

Stammformen

Stellung 126

Verbalnomen 56

Verbalsubstantiv 56

Verben der Umwandlung »zu« 117

Verben des Fühlens 115

Verben des Sagens 116

Verben mit Agens und Dativ-Lokativobjekt, aber ohne direktes Objekt 117

Verbpaare 238

Verkürzte Schreibungen 40

Verkürzte Zusammensetzungen 60

Index

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396Aus: Einführung in die tibetische Schriftsprache © Christine Sommerschuh

»verschieden« (tha dad pa) 128, 239

Verschlusslaute 10

Vokalzeichen 6

Vokativ 173

Voluntativ 138, 249

Vorangestellte Attribute 93

vorangestellte Partizipattribute 96

verschachtelte 97

Voranstellung eines Satzgliedes 173

Wahlfragen 167

Weglassung der Satzglieder siehe Ellipse

»wenn jemand sagt/fragt« 187

»Wort-Kommentar« 161

Wortzusammensetzungen 58

Wurzeltext 161

Wylie-Umschrift 7

Zahlen 73

Kardinalzahlen 73

Ordinalzahlen 52

Zweisilbigkeit 58

Zweites Postskript 35

zweites Postskript –s 35

da drag (36) 235

Zeichensetzung 44

Zitate (148) 189