21
3 Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung Das motorische Verhalten wird in hohem Maß von den Aufbereitungsmechanis- men im Einspritzstrahl und von der begleitenden Interaktion mit der Gasphase beeinflusst [34]. Beim Pkw-Dieselmotor mit Direkteinspritzung steht nur ein sehr begrenzter Zeitraum von wenigen Millisekunden zur Verfügung, in dem aus flüssigem Kraftstoff ein brennbares gasförmiges Luft-Kraftstoff-Gemisch entste- hen kann. Die Kraftstoffaufbereitung beginnt bereits bei Austritt des Strahls aus dem Spritzloch, wo ein Zerfall des flüssigen Kerns in Tropfen erfolgt. Im Anschluss an die Zerstäubung kommt es zur Kraftstoffverdampfung und zu chemischen Prozessen, die zu zündfähigen Gemischen führen. Der Selbstzündungsprozeß startet im Dieselmotor die Verbrennungsphase, während die Dampfphase des Kraftstoff strahls weiter in den Brennraum eindringt, um zuletzt an der äußeren Muldenwand aufzuplatzen. Durch Reflexion in der Omega-Muldenfonn wird dabei ein Teil des auf die Muldenwand auftretenden Dampfes wieder in Rich- tung Brennraummitte bewegt [35] (siehe Abbildung 3.1). A Abknku n, der Slrahhpillen hei Wandkontakt (durch SprayimflUls indUl jert) Auf.... erfen einer rinll fllfmillCll ()ampf"·olke um Iin:nnraum/cnlrum A-A' Abbildung 3.1: Ablenkung der Einspritzstrahlen in der Mulde [35]

Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

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Page 1: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

3 Modelle der einspr itzst rahlgeführtenGemischbildung

Das motorische Verhalten wird in hohem Maß von den Aufbereitungsmechanis­

men im Einspritzstrahl und von der beg leitenden Interaktion mit der Gasphase

bee influsst [34]. Beim Pkw-Dieselmotor mit Direkteinspritzung steht nur ein

sehr begrenzter Zeitraum von wenigen Millisekunden zur Verfügung, in dem aus

flüssigem Kraftstoff e in brennbares gasförmiges Luft-Kraftstoff-Gemisch entste­

hen kann.

Die Kraftstoffaufbereitung beginnt bereits bei Austritt des Strahls aus dem

Spritzloch, wo e in Zerfall des flüssigen Kerns in Tropfen erfolgt. Im Anschluss

an die Zerstäubung kommt es zur Kraftstoffverdampfung und zu chemischen

Prozessen, die zu zündfähigen Gemischen führen. Der Selbs tzündungs prozeß

starte t im Dieselmotor die Verbrennungsphase, während die Dampfphase des

Kraftstoffstrahls weiter in den Brennraum eindringt, um zuletzt an der äußeren

Muldenwand aufzup latzen. Durch Reflexion in der Omega-Muldenfonn wird

dabei ein Teil des auf die Muldenwand auftretenden Dampfes wieder in Rich­

tung Brennraummitte bewegt [35] (siehe Abbildung 3. 1).

A

Abknkun, der Slrahhpillen hei Wandkontakt(durc h SprayimflUls indUljert)

Auf.... erfen eine r rinll fllfmillCll()ampf" ·olke um Iin:nnraum/ cnlrum

A - A '

Abbi ldung 3.1: Ablenkung der Einspritzst rahlen in der Mulde [35]

Page 2: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

18 Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

GI. 3.1

Zwei Hauptprozesse der Strahlausbreitung im Brennraum, die mit dem Ein­

spritzdruck zusammenhängen, lassen sich aus Beobachtungen am Transparent­

motor hervorheben [35]. Zum einen die Freistrahlausbreitung, welche den Strahl­

abschnitt vom Düsenaustritt bis vor die Muldenwand kennzeichnet. Und zum

anderen das Auftreffen des Strahls an der Muldenwand [35,36]. In den folgenden

zwei Abschnitten (3.1; 3.2) werden beide Schemata separat diskutiert.

3.1 Freistrahlausbreitung

Beim Austritt des Kraftstoffes aus der Spritzlochöffnung ist der Flüssigstrahl

konkurrierenden Kräften ausgesetzt. Aerodynamische Effekte (Wechselwirkung

mit der umgebende Luft) sowie zerreißende Kräfte (Wechselwirkung innerhalb

der Flüssigphase), die durch Turbulenz und Kavitation in der Düsen innenströ­

mung verursacht werden [38], stehen den kohäsiven Kräften der Flüssigkeit

gegenüber, die eine stoffspez ifische Eigenschaft sind. Es bilden sich Störungen

auf der Strahloberfläche , die in ihrer Amplitude anwachsen und schließlich zum

Ablösen von einzelnen Tropfen und Ligamenten! führen. Dieser Mechanismus

wird als Primärzerfall bezeichnet. Die Austrittsgeschwindigkeit des Flüssig­

strahIs beeinflusst den Zerfallsprozeß maßgeblich. Diese Größe wird in den

meisten empirischen Zerfallsmodellen nach der Gleichung von Bemoulli ermit­

telt [40] :

U = C . ~2'~Paus v p

Fl

Das Glied unter der Wurzel stellt die nach Bemoulli maximale potenzielle Ge­

schwindigkeit der Flüssigkeit dar. Dabei stellt PFI die Dichte des flüssigen Die­

selkraftstoffes am Spritzlochaustritt dar und L1p den Druckunterschied zwischen

dem Druck des Kraftstoffes und der Druck des düsenumgebenden Gases dar . Cvstellt den Geschwindigkeitskoeffizienten dar und nimmt nach Merker [48] Werte

von etwa 0,9 an.

I Ligamente im flüssigen Kraftstoffstrahl sind längliche Flüssigkeitsäulc, die als Vorstufe zu denTropfen am Strahlrand beobachtet werden.

Page 3: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

Freistrahlausbrei tung 19

Der primäre Strahlzerfall lässt sich nach Rei tz [39] in vier Bereiche klassifizie­

ren, die mit der Strömungsgeschwindigke it abgetrennt werden. Bei geringer

Strömungsgeschwindigkeit und damit niedrigen Reynoldszahlen strömt d ie Flüs­

sigkeitssä ule weit aus dem Spritzloch aus und zertropft im Anschluss in Tropfen,

die größer sind als der Aus trittsdurchmesser. Dies wurde schon uns von Lord

Rayleigh beschrieben und wurde demnach als .Rayleigh Regime" bezeichn et.

Bei steigender Aust rittsgeschwindigkei t vers tärkt sich die Wechselwirkung mit

der umgebenden Gasphase. Im " First Wind lnduced Regime" reduziert sich d ie

Strahlkernlänge. und es komm t zur Ablösung von Trop fen in der Größe des

Strahldurchmessers . Im .Second Wind Induced Regime" findet das Abspalten

der Tropfen bereit s am Strahlrand statt, und diese sind klein er als de r Strahl­

durchmesser. Durch eine weitere Steigerung der Strömungsgeschwindigkeit

findet der Zerfallsprozess auf dem Strahlrand immer näher am Düsenaustritt

stau. In diesem Bereich, als .Atomizatio n Regime" bezeichnet, nimmt die Länge

des intakten Strahlkems ab. Der .Atorniza tion Regime" gilt als der für die Die­

seleinspritzung bedeutend ste Zerfallsbereich. In Abbildung 3.2 sind die vier

Zerfa llsbereiche gezeigt.

~L dL ~L ~L

Zertropfen Zerwellen Zerwellen/Zerslauben ZerslaubenAbbildung 3.2. VIer Zerfallsbereiche von Flüssigkeitsstrahlen [38]

Der weitere Zerfall der abgelösten Tröpfchen bzw. Flüssigke itsbereiche in noch

feinere Tröpfchen wird a ls Sekundärzerfall bezeichnet. Mit steigendem Abstand

vom Spritzlochaustritt gewinnen die aerodynamischen Effekte bei der Strahlaus­

breitung imme r mehr an Bedeutung. Die Einzeltropfen erfahren die aerodynami-

Page 4: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

20 Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

GI. 3.2

sehe Widerstandskraft Fw, in Gleichung 3.2 beschrieben, die zum Zerfall der

Einzeltröpfchen in feinere Tröpfchen führt.

1 J[ 2 2

Fw =2 ' CW ·4 · dT 'Pa ,UT

Die aerodynamische Widerstandskraft steht der Kohäsionskraft FK der Flüssig­

keitströpfchen entgegen, wie in Gleichung 3.3 ersichtlich.

GI. 3.3

Das Verhältnis aus diesen beiden Kräften wird als Weberzahl bezeichnet.

P -d .U 2

We = a T T GI. 3.4aFI

Diese Zahl wird entscheidend von der Tröpfchengröße dr im Einspritzstrahl und

der Tröpfchengeschwindigkeit Ur beeinflusst. Abhängig von der Weberzahl

werden unterschiedliche Tropfenzerfallmechanismen zitiert . Eine Übersicht kann

bei Pi1ch und Erdmann [40] gefunden werden . Bei der Betrachtung eines Diesel­

sprays im Motor sind noch weitere Effekte für den Strahlzerfall zu beachten.

Zunächst muss von einer sehr hohen Tropfendichte in Düsennähe ausgegangen

werden , so dass Tropfenkollisionen sowie Koagulation berücksichtigt werden

müssen. Ferner findet die Bewegung der Tröpfchen in einer turbulenten Gaspha­

se statt, die aufgrund der hohen Temperaturen die Tropfen verdampfen lässt.

Hohmann hat gezeigt, dass auch der Wärme- und Stofftransport innerhalb des

Tropfens für den Zerfall nicht vernachlässigt werden dürfen [42].

Bei kleineren Dieselmotoren kann es zu einem weiteren Zerfallsmechanismus

kommen. Ist der Abstand zur Brennraummuldenwand mit etwa 18 bis 25 mm

kleiner als die Eindringtiefe der Flüssigphase des Einspritzstrahls, so werden die

Tröpfchen auf diese treffen und aufgrund Impulswechselwirkung an der Wand

weiter zerstäubt [41]. Diese sogenannte sekundäre Zerstäubung wird in Ab­

schnitt 3.2 diskutiert.

Page 5: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

Freistrahlausbreitung 21

Obwohl seit über 50 Jahren die Atomisierung von Flüssigkeitsstrahlen untersucht

wird, beruhen die bestehenden Modelle für die Berechnung der Tropfendurch­

messer fast ausschließlich auf experimentellen Beobachtungen und liefern keine

Voraussagen mit befriedigender Qualität. Da der Strahlkern zu dicht ist für eine

optische Erfassung, wird nur in Strahlrandzonen und weit von der Düse entfernt

gemessen, also in einem für dieselmotorische Anwendung nicht maßgebenden

Bereich.

GI. 3.6

GI. 3.5

1b = 3" ' d32mit

d 3

n(d ) = _ T_. eT 3-b4

Die Charakterisierung der Tropfengrößenverteilung im Strahl erfolgt in der Re­

gel über den mittleren Sauterdurchmesser. Ein Tropfen dieser Größe hat das

gleiche OberflächeniVolumenverhältnis wie die gesamte Tropfenmenge im Ein­

spritzstrahl, siehe Gleichung 3.5. Zur anschließenden Berechnung der Tropfen­

häufigkeit wird auf eine Chi-Quadrat-Verteilung zurückgegriffen, die abhängig

vom Sauterdurchmesser d32 ist, siehe Gleichung 3.6.

fd /n(dT) ·ddTd32 = SMD = fd /-n(dT) .dd

T

_dT

b

Für die Berechnung der Gleichung 3.6 muss eine obere und untere Schranke

angegeben werden: dT,m in < dT< dT,max. Abbildung 3.3 zeigt den Einfluss des

Sauterdurchmessers auf die Häufigkeitsverteilung. Der minimale Tropfendurch­

messer beträgt 3 um, der maximale Tropfendurchmesser beträgt 60 um. Dieses

Intervall stimmt mit den in der Literatur gefundenen Werten überein [54].

Man erkennt, wie das Kurvenmaximum mit kleiner werdenden mittleren Sauter­

durchmessern (SMD) zu kleineren Durchmessern hin verschoben wird . Die Mo­

delle zur Berechnung der Tropfendurchmesser sind empirisch aus Messungen

mit Randbedingungen, die außerhalb des für den Dieselmotor relevanten Be­

reichs gewonnen wurden. Dennoch gestatten sie eine Abschätzung der Einflüsse

der Faktoren wie Gasdichte und Einspritzdruck auf die Tropfengrößenverteilung.

Page 6: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

22 Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

1000

900 MD " "':;: 800

I -,..'e 700 ; "" ' \ '" I,O;;! 600

/ -,• I 2 )U1'l.. •..~~ r2' '00 1/.. " 30 I! '\- ' ' -,

~-, ". ,...

~ 400~ . 3!.4>....

_. ,-.• .- . ' ~.. 300 - ,- -.- " '-c, I ,.' . '. .- ..~~2

~~-, .

200 .... .<, ,

<, ..100/ ~ I -

0 , 10 " 20 " 30 ss 40 45 eo " 60 "Tropfendur ch messer, ej" p lJ.lm]

Abbildung 3.3: Verteilung In Abhängigkeit vom mittleren Sauterdurchmesse r

Zum Beispiel gibt die von Schmalzing überarbei tete Korrelat ion von Hiroyasu

[55, 56], in Gleichung 3.7 aufgezeigt, für eine Steigerung des Einspritzdrucksden Verlauf der mittleren Saulerdurchmesser vor, siehe Abbildung 3.4.

[ ] ~" [ ]~".n " "d32

= 7 . dSL

. U",,-,dsL "Pn . U....,2.dsLPn . [ 'lH ] .[p,, ] G1. 3.7'ln " n I}" Pu

Es ist erkennbar, dass der rniülere Saurerdu rchmesser nach Hiroyasu bei zuneh­

mendem Einspritzdruck abnimmt. Dies bedeutet eine Zunahme der gesamten

Oberfläche der Tropfen im Einspritzs trahl. die bei Kontakt mit dem heißen Um­

gebungsgas im Brennraum zu einer schnelleren Verdampfung führt.

Page 7: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

Freistrahlausbreitung 23

,.;:-M

12enc0s:

10.0

'"o 8s:c•.s 6E2, •N0-o

dSL '" 130 IJm.

pa '" 22 kglm' , PFI '" 820 kglm'.

l'J. a '" 4,15xlO·5 Pa.s, I'J. FI " 3,3xlO·3 Pa.s.

OFI" 0,0204 Nfm

•• •

2500 1000 1500

Einspritzdruck [bar]

2000

Abbildung 3.4: Sauterdurchmesser in Abhängigkeit vom Einspritzdruck [56)

Wie die Weberzahl in Gleichung 3.4 aufzeigt, hängt der Zerfall in hohem Maß

von der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Strahls ab. Die Messung der Ausbrei­

tungsgeschwindigkeit am Strahlrand im verdampfenden Spray gestaltet sichjedoch als schwierig, weshalb in der Praxis das Eindringen der Strahlspitze ge­

messen wird. Die Ausbreitung von Dieseleinspritzstrahlen wird in der Literatur

durch charakteristische Parameter beschrieben. Im Allgemeinen werden hierzu

die Strahleindringtiefe, die Aulbruchlänge und der Spraykegelwinkel herangezo­gen. Differenziert man die Eindringtiefe der Strahlspitze nach der Zeit, so lässt

sich daraus die Geschwindigkeit der Strahlspitze ermitteln. In der Literatur lie­

gen viele empirische Beziehungen über die Ausbreitung der Strahlspitze vor,

diese wurden allerdings in kalter Atmosphäre gemessen, wie Z.B. die oft zitierteKorrelation von Hiroyasu und Arai [43]. Unter diesen Randbedingungen ver­

dampft der Strahl nicht, und das ermittelte Verhalten ist demnach nur bedingt mit

dem Geschehen im heißen Brennraum eines Motors (T '" 900 K bis 1000 K im

oberen Totpunkt) vergleichbar. Eine Korrelation aus Messungen an verdampfen­

den Sprays geben Naber und Siebcrs [44]. In dieser Korrelation werden zwi­

schen zwei aufeinanderfolgenden Eindringverhalten unterschieden. Die Tren­

nung der beiden Abschnitte findet beim Erreichen der Strahlspitze an der soge-

Page 8: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

24 Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

GI. 3.8für 0 < t < tbreakup

nannten Aufbruchlänge statt. In den folgenden zwei Gleichungen ist die Korrela­

tion nach [44] gezeigt.

Ss. = Cv . ~2'L1p . t.pttze P

Fl

[ )

0.25

S = Cv'~ L1p ~Spitze tan(a/2) ' Pa . VUSL ·

t für i e tbreakupGI. 3.9

GI. 3.10tbreakup

Nach dieser Korrelation dringt in der ersten Phase die Strahlspitze im linearenZusammenhang mit der Zeit ein. Nach dem Erreichen der Aufbruchlänge dringt

dann die Strahlspitze langsamer ein im Wurzelabhängigkeit mit der Zeit. Naberund Siebers beschreiben die Aufbruchszeit als Übergangszeitpunkt zwischendem Eindringen der Strahlspitze dominiert durch die Flüssigphase und dem Ein­

dringen der Strahlspitze dominiert durch die Dampfphase des Strahls. Dieser

Zeitpunkt wird wie folgt berechnet.

d ·ftFISL Pa

CSL stellt der Flächenkontraktionsbeiwert und Co der Geschwindigkeitsbeiwert

dar. In Gleichung 3.9 ist lediglich nur der Spritzlochaustrittsdurchmesser als

geometrischer Einflussparameter für das Eindringen der Strahlspitze relevant.Zusätzlich haben der Einspritzdruck und die Gasdichte einen geringeren Einflussals der Spritzlochaustritts-durchmesser, der mit Quadratwurzel in die Beziehung

3.9 eingeht, während der Druck und die Gasdichte in der vierten Wurzel Einfluss

nehmen. Beim Eindringen erfährt die Strahlspitze die größte Abbremsung durchdas umgebende Gas, und die Verdrängungswirkung der Strahlspitze verursacht

Druckgradienten. Eine Simulation der Gasströmung in direkter Umgebung derFlüssigphase zeigt die Ausbildung einer Sekundärströmung [50], wie in Abbil­

dung 3.5 ersichtlich.

Page 9: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

Freistrahlausbreitung 25

Luflgeschwindighilinms-'

""' 00

c

Abbildung 3.5: Die von einem Hochdruckspray induzierte Luftströmung [50]

Sekundärströmungen entstehen durch Wechselwirkung zwischen Grenzschicht­

strömungen und den aus der Hauptströmung aufgeprägten Druckgradienten. DerHauptstrahl saugt radial Luft aus der Umgebung an, wodurch die Gasströmung

zunächst senkrecht zur Strahlachse gerichtet wird. Dieser Vorgang bildet zu­

sammen mit der Verdrängung der Luft an der Strahlspitze eine geschlosseneRezirkulationszone. Die Ausbildung dieser Frontwirbel ist der indirekte Beweis

für die Existenz einer Grenzschichtströmung an dem flüssigen Strahlrand, die

aufgrund ihre geringen Dicke und der Lichtstreuung vom Kraftstoffdampfschwer messbar ist. In diese Grenzschicht wird die Luft aus der Umgebung strah­

laufwärts beschleunigt. Zwischen der Umgebung und der Grenzschicht entsteht

ein Druckunterschied, der eine zum Strahl gerichtete Strömung des umgebenden

Gases bewirkt [51]. Dieser Prozess wird auch Gasentrainment genannt.

Unter heißen Bedingungen (T '"' 1000 K) in Brennkammeruntersuchungen ist

festgestellt worden, dass die Flüssigphase des Strahls eine maximale Länge auf­weist. Anfänglich dringt die Strahlspitze annähernd linear über der Zeit ein, dann

wird die Ausbreitungsgeschwindigkeit der flüssigen Sprayanteile langsamer undstabilisiert sich an einem konstanten Punkt maximaler Eindringtiefe. Nachdem

sich die maximale Länge eingestellt hat, dringt nur noch die Gasphase weiter in

den Brennraum ein [17]. Ebenfalls unter heißen Bedingungen zeigte Brown [46],dass die Strahlspitze zu Anfang der Einspritzung durch die Spitze der Flüssig­

phase definiert wird, aber dann stoppt das Eindringen der Flüssigphase und oszil­

liert mit wenigen Millimetern Amplitude um eine fixe axiale Position. Espey undDec [45] zeigten in Untersuchungen am Nkw-Transparentmotor, dass die Tern-

Page 10: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

26 Mode lle der einspritzstra hlgeführten Gemischbildung

peratur und die Gasdichte einen sehr starken Einfluss auf die max imale Eindring­

tiefe der Flüssigphase in den verdampfenden Spray bes itzen. Zusä tzlich stell ten

sie fest. dass die Energie zum Verdampfen des flüssigen Kraftstoffes nicht pri­mär aus der Verbrennung stammen kann, da sich eine maximale Länge der Flüs­

sigphase bereits vor der Entzündung einstellte . Nach der Entzündung beobachte­

ten sie eine minimale Verkürzung der maximalen Eindringtie fe der Flüssigphase.

Basierend auf diesen Untersuchungen zeigten Canaan und Dec, dass die maxi­

male Eindringtiefe der Flüssigphase in erster Linie vom Verdampfungsprozess

abhängt. Dabei dringt die flüssige Strahlspitze solange ein, bis die Menge ver­

dampfenden Kraftstoffs der Einspritzrate entspricht.

Zur maximalen Eindringtiefe der Flüssigphase führte Siebers eine umfangreiche

Untersuchung in der heißen Brennkammer durch [47]. Variiert wurden der Ein­

spritzdruck. der Düsenlochaustrittsdurchmesser, das Längen/Durchmesser­Verhältnis des Spritzloches. die Gasdichte, die Gastemperatur, die Kraftstoff­

temperatur und das Siedeverhalten des Kraftstoffes. Arthand einer Variation des

Spritzlochdurchmessers von 100 um bis 500 um wird die Existenz eines linearen

Zusammenhangs zwischen der maximalen Eindringtiefe der Flüssigphase undder Düsenlochaustrittsdurchmesser gezeig t. Für eine Tempera tur von 1000 K

und eine Gasdichte von 30 kg/m' wurden bei dSL = 246 um maximalen Eindring­

tiefen von 7 mm bis 35 mm gemessen (siehe Abbildung 3.6).

100 200 300 sec sce 60Orlfk:<l l).metm [11m)

r<i~I'!';!""

100 : ,=: 'g ::=. '_ '47 'v _'Th ., , '30 _g • U 'S1 _0 ' 0(1(1 ' ... ..§, • '_ "2 '.'.! ~ ,.... ,... ,"'"

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. 100 " ' ~ _. ",.." .._-

Abbildung 3.6: Maximale Eindringtiefe der Flüssigphase bei Variation des Ein­spritzdrucks und des Lochdurchmessers für verschiedene Ersatzkraftstoffe [47]

Page 11: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

Freistrahlausbreitung 27

GI. 3.11

Die Theorie der Tropfenverdampfung liefert jedoch andere Resultate als den von

Siebers experimentell ermittelten linearen Zusammenhang . In Messungen derTröpfchendurchmesser zeigten Arai und Hiroyasu [43], dass sich mit einer fünf­fachen Vergrößerung des Düsenlochdurchmessers eine Verdoppelung der mittle­

ren Tropfendurchmesser ergibt. Bei gleichem Einspritzdruck und somit gleicher

Austrittsgeschwindigkeit bedeutet dies nach der Tropfenverdampfungsthoerievon Lefebvre [49] eine Verdoppelung der Lebensdauer der Tropfen. Dadurch

würde sich eine Verdoppelung der Eindringtiefe der Flüssigphase des Strahlsergeben, die aber in der Messung von Siebers sich in etwa verfünffacht hat (sieheAbbildung 3.6). Diese Diskrepanz um mehrere Größenordnungen zeigt, dass die

maximale Eindringtiefe der Flüssigphase durch einen zusätzlichen Prozess be­

grenzt wird.

Naber und Siebers [44] machten bei einer Variation des Einspritzdrucks eineweitere Beobachtung zur Eindringtiefe der Flüssigphase , die zu einem neuen

Erklärungsansatz führte. Die Ergebnisse im linken Diagramm aus Abbildung 3.6zeigen, dass der Druckunterschied am Spritzloch einen minimalen Einfluss aufdie Eindringtiefe der Flüssigphase besitzt. Da bei konstant bleibendem Ge­

schwindigkeitsbeiwert Cv sowie einem konstanten Flächenkontraktionsbeiwert

CSL und Düsenlochaustrittsdurchmesser dSL der Kraftstoffmassenstrom mit derWurzel der Einspritzdruckerhöhung zunimmt, wie in der Gleichung 3.11 gezeigt,muss für eine gleichbleibende maximale Eindringtiefe der Flüssigphase die Ver­

dampfungsrate um den gleichen Betrag zunehmen.

dSL ' ~2.APmFI = CSL . J[ • - 4- . PF1 . Cv ' PFI

Naber und Siebers [44] stellten sich vor, dass eine Begrenzung der Sprayver­

dampfung durch das Gasentrainment stattfindet. Unter der Annahme, dass der

Tropfenaufbruch und die Tropfenverdampfung im Vergleich zur turbulentenMischung des Strahls mit der umgebenden Luft schneller sind, existieren imStrahl zwischen den Phasen keine lokalen Geschwindigkeits- oder Temperatur­

unterschiede. Die Phasen sind demnach im lokalen Gleichgewicht. Wenn dieturbulente Mischungsrate die Verdampfung kontrolliert , dann ist sie begrenzt

Page 12: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

GI. 3.12

Mode lle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

aufgrund des Energieflusses durch das Luftentrainmeru. Dieser Energiefl uss ist

direkt proportional mit der Masse des heißen Umgebu ngsgases, welches in das

Spray transport iert wird. Nach diesem Ansatz wurde ein Strahlmode ll veröffent­

licht, welches keine Berücksicht igung der Zerst äubungsprozesse aufweis t, son­

dem den Einspritzs trahl idea lisiert als lokalen homogenen Fluss, ähnlic h der

Gasstrah ltheorie. betrachtet, siehe Abb ildung 3.7 .

Entrained gas (Pa' Ta' Pa)

================Vaporizationcomoete (x=L)

Abb ildung 3.7; Spray-Modell nach Naber und Siebers [44]

In diesem Modell wird von einem konstanten Strah lkegelwinkel a über der Ein­

dringtiefe der Flüssigphase und von einem Entrainment des umgebenden Gases

mit den thermodynamischen Zustandsgrößen p", T" ausgegangen . Abge leitet aus

der Gasstrahltheorie. wird folgende Proportionalität für jede axiale Position des

im Spray im Abstand x eingesaugten Gasmassenstroms lil j X) eingeführt.

. ,JP:P;; ~.f..p ( " )l1/a( r) '" pp · d ·x · - - · tan -- <lF/ SL ,,2n

Dabei sind p" und PFI jeweils die Gasd ichte der Umgebungsa tmosp häre und die

Kraftstoffdichte, dSL der Spritzlochaustrittsdurchmesser, Ap der Druckunter­

schied am Spritz loch und a der Strahlkegelwinkel.

Page 13: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

Freistrahlausbreitung 29

Mit einer zusätzlichen Annahme, dass die Masse- und Impulserhaltung über denAbstand x sich wie ein nicht verdampfender Strahl verhält, fuhren Naber und

Siebers folgenden Zusammenhang ein:

GI. 3.13

Diese Gleichung zeigt, dass der Kraftstoffmassenstrom inK (x) in jeder axialen

Position x der Einspritzrate inFi am Spritzlochaustritt entspricht. Der Einfluss desEinspritzdrucks zeigt für beide Gleichungen 3.11 und 3.12 dieselbe Abhängig­

keit. Die Austrittsgeschwindigkeit des eingespritzten Kraftstoffes ist proportionalzur Quadratwurzel des Einspritzdrucks. Damit nimmt der Betrag Austrittsge­

schwindigkeit Va lls in diesen zwei Beziehungen gleichmäßig zu. Ferner kommt eszu keiner Verlängerung der Eindringtiefe der flüssigen Phase aufgrund des höhe­

ren Einspritzdrucks. Desweiteren ergibt sich nach Gleichung 3.11 mit einemfünffach größeren Spritzlochdurchmesser ein Faktor 25 für die Zunahme des

Kraftstoffmassenstroms. Jedoch fuhrt dieselbe Zunahme des Durchmessers nachGleichung 3.12 zu einer fünffach höheren Gasentrainmentrate. Damit wird dasFünffache der Weglänge benötigt , um den Kraftstoff zu verdampfen. In dem

Gasentrainmentmodell hängt die maximale Eindringtiefe der Flüssigphase von

dem Mischungsverhältnis t: = 1t1{( / in" ab. Mit diesem Modell hat Siebers in einerspäteren Veröffentlichung die Länge IF1 als maximale Eindringtiefe der Flüssig­

phase, sowie das Mischungsverhältnis t: an dieser Länge IFI zwischen dem Kraft­

stoffund dem mitbeschleunigten Gas berechnet [47].

mK(lF/)T =-_....:....:.-

ma (l FI)

IPI = b ~~ . ta:C~2) ~(H' - 1

GI. 3.14

GI. 3.15

Wärme wird dem Brennraumgas entzogen und dem Kraftstoff zur Aufheizungund Verdampfung zugeftihrt. Siebers nimmt an, dass bei IFI der verdampfteKraftstoff sich im thermodynamischen Gleichgewicht mit dem Gas der umge­

benden Atmosphäre befindet. Er benutzt für die Berechnung von t: die Zustands-

Page 14: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

30 Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

G1.3.16

gleichung für Realgase, die zusätzlich die Kompressibilität des Kraftstoffdamp­

fes als bekannt voraussetzt. Die unbekannte Dampftemperatur TD wird iterativ

ermittelt . Die Kraftstofftemperatur am Spritzlochaustritt und der Gasdruck und ­

temperatur des umgebenden Mediums werden dabei als Startwerte verwendet.

Die detaillierte Vorgehensweise der Berechnung von TD kann in [49] entnommen

werden. In Gleichung 3.15 stellt beine Modellkonstante dar, für die Siebers aus

einer Approximation seiner Messergebnisse einen Wert von 0.25 empfiehlt. Der

effektive Spritzlochdurchmesser dejJ wird über einen einfachen Ansatz berech­

net, wie in folgender Gleichung ersichtlich [47].

dejJ = ~CSL . dSL

Für den Strahlkegelwinkel a in Gleichung 3.15 verwendet Siebers eine Appro­

ximation seiner Messergebnisse.

G1.3.17

Dabei stellt Ca einen Koeffizienten dar, welcher mit der Feingeometrie des

Spritzloches zusammenhängt, wie z.B. mit dem Verrundungsgrad des Spritz­

locheinlaufs. Ohne eine dreidimensionale Simulation der Strömung innerhalb des

Spritzloches ist dieser Faktor nur empirisch bestimmbar. Siebers bestimmte ex­

perimentell einen Wert von 0.26 anhand eines Lochdurchmessers von 246 um.

Die vorausberechneten Werte der maximalen Eindringtiefe der Flüssigphase mit

diesem Modell korrelieren für die gesamte Untersuchungsbreite von Siebers gut

mit den Ergebnissen. Die Standardabweichung beträgt dabei 4 %. Zusätzlich zu

dieser Übereinstimmung zeigte Siebers, dass sich bei Motorbetrieb mit externer

Abgasrückführung eine minimale Verkleinerung der Eindringtiefe im Vergleich

zur reinen Luft von ca. 5 %, aufgrund der höheren Wärmekapazität ergibt [47].

Als Schlussfolgerung äußert Siebers die Vermutung, dass für aktuelle Diesel­

Injektoren die turbulente Mischung mit dem Gasentrainment eine Begrenzung

der Verdampfung darstellt und nicht die Zerstäubung und die lokalen Wärme-

Page 15: Einspritzdruck bei modernen PKW-Dieselmotoren || Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

Freistrahlausbreitung 31

übergangsprozesse am Tropfenrand (wie die gute Übereinstimmung der Mes­

sungen und des Modells von Siebers es vermuten lassen) . Demnach würde eine

bessere Zerstäubung die Verdampfung nur unwesentlich erhöhen [49]. Der hohe

Einspritzdruck beeinflusst in dieser Vorstellung die Verdampfung eher über die

damit einhergehende Erhöhung des Gasentrainments als über die bekannte Re­

duktion des mittleren Tröpfchendurchmessers.

Während die Kraftstofftropfen nur bis zu einem Maximalwert in den Brennraum

eindringen, breitet sich das Gemisch ungehindert aus [17]. In Abbildung 3.8 ist

aus einer Brennkammermessung von Pauer (gleichzeitige Schlieren- und Streu­

lichtaufnahmen) für einen Strahl eine Gegenüberstellung von 500 bar und

1350 bar Raildruck zu gleicher Zeitpunkt bei 600 us nach Ansteuerbeginn darge­

stellt [17]. In weiß ist die Flüssigphase des Strahls ersichtlich, und der dunklere

Bereich um die Flüssigphase ist die Dampfphase des Strahls.

Bei der Ausbreitung der Dampfphase können zwei Haupteffekte zitiert werden .

Zum einen wird der Impuls der Flüssigphase an die sich vor dem Spray befindli­

che Gassäule übertragen . Dies ist der Grund für die schnellere Ausbreitung der

Gemischwolke in axialer Richtung vor dem Spray bei höherem Raildruck, wie

die Abbildung 3.8 zeigt. Zum anderen tritt infolge des Druckgefälles in Richtung

Flüssigphase an diesem Bereich kein bereits verdampfter Kraftstoff aus dem

Strahl an den Seitenrändern aus. Eine intensive Gemischbildung kann aufgrund

dessen nur in Richtung Strahlspitze erfolgen .

Dieser Effekt wird bei Steigerung des Einspritzdrucks verstärkt. Mit steigendem

Einspritzdruck erhöht sich der Impuls des Sprays, und somit verstärkt sich die

Wechselwirkung mit der umgebenden Gasphase . Dieses Verhalten hat nach

Pauer auch direkte Auswirkung auf dem Zündort [17].

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32 Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

Anhand der Auswertung von den erstauftretenden Rußleuchten ste llte er bei

500 bar fest, dass diese am Strahlrand deu tlich vor der maximalen Eindringtiefe

der Flüssigphase zu finden sind. während bei 1350 bar diese ebenfalls am Strahl­

rand, jedoch nach der maxi­

male n Eindringtiefe der Plus­

sigphase ansetzten. Diese

Beobachtung lässt sich nach[52] über ein Zusammensp iel

zwischen St rahlimpuls und

Gasent rainment erklären . Die

Simulationsergebnisse zer­gen, dass das zu Beginn des

Eindringens gebildete Ge­

misch mit der größ ten Ver­

wei ldauer Im Brennraum

zuerst zündet. Dieses Ge­

misch wird an der Strahlspit­

ze bereits wenige MillimeterAbb.3.8: Brennkammeraufnahme von Pauer (17) nach Düsenaustr itt gebi ldet

und aufgrund der Verdrängungswirkung der Strahlspitze zur Seite der Strahlspi t­

ze geschoben. Ansch ließend wird das Gemisch durch die Strah lspi tze überho lt

und durch den Druckabfall aufgrund des Gasentrainmen ts wieder zum flüssigen

St rah lrand geb racht. Sch ließlich wird es innerhalb der Gasgrenzsc hicht strah­

laufwärts besc hleunigt. Ist d ie Ausbreitungsgeschwind igkeit niedrig, dann ist der

Druckgradient zum Spray ger inger , und zusä tzlic h ist die zurüc kgelegte Strecke

am Strahlrand in gleicher Zündverzugszei t kleiner. In diesem Fall bildet sich

eine tütenfö rmige Abbildung aus Dampf um den Strahl bere its vor der maxima­

len Eindr ingtiefe der Flüssigphase . und die ersten Rußleuchten werden do rt beo-­

bachtet [17]. Uhl fand anhand von Transparenrmotoruntersuchungen, dass die

dieseltypische drallförmige Bewegung der Luft im Brennraum die flüssige Phase

nur wenig verweht. Das Eindringen des Freist rahIs bleib t seiner Beobachtung

nach bis zur maximalen Eindringt iefe der Flüssigphase ungestört [35]. Dagegen

wird das Eindringen der Dampfphase beeinfl uss t. Uhl besc hreibt eine Konkur­

renz zwischen dem Gase ntrain ment, das aufgrund der verursachten Druckgra-

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Spray/Wand-Wechselwirkung 33

dienten in Richtung des flüssigen Sprays die Dampfphase einsaugt, und der

Drallströmung, die die Dampfphase zu verwehen neigt. Eine geringe Umlenkung

von der Drallbewegungsrichtung weg ist dadurch im Bereich des Freistrahls

beobachtet worden. Am Ende der Einspritzung wird die Nachforderung des

Kraftstoffes gestoppt. Die flüssige Strahlwurzel am Spritzlochaustritt wird abge­

trennt und verlässt die Düse mit der zuletzt aufgeprägten Geschwindigkeit in

Richtung Muldenrand. Die Geschwindigkeit, mit der die Strahlwurzel in den

Brennraum eindringt, beeinflusst maßgeblich das Einströmen der Luft aus dem

Düsennahbereich in diesen freigewordenen Raum. Diese Luft strömt ebenfalls in

Richtung Muldenrand nach . Der Einspritzdruck gegen Ende der Einspritzung

wirkt sich somit auch auf die Intensität des Nachströmens der Luft aus dem Dü­

sennahbereich zum verbrennenden Gemisch am Muldenrand aus [53].

3.2 Spray/Wand-Wechselwirkung

Bei seinen Messungen am Transparentmotor stellte Uhl in einem Vergleich der

Gemischbildung in der Omega-Mulde und im Scheibenbrennraum fest, dass eine

Hauptaufgabe bei der Auslegung der Omega-Geometrie der Kolbenmulde eines

Pkw-Motors darin besteht, den Kraftstoffdampf in die Brennraummitte zu trans­

portieren [35]. Im Scheibenbrennraum bildet sich nahe der Zylinderachse ein

Bereich , der keinen Kraftstoffdampf enthält. In der Omega-Mulde ist nach Sprit­

zende das gesamte Volumen bis hin zum Zentrum des Brennraums mit Dampf

ausgefüllt. Die Brennraumgeometrie sorgt dafür, dass der Impuls des Strahls in

eine gleichmäßige Verteilung des Dampfes im Brennraum umgesetzt wird, wie

Abbildung 3.1 zeigt. Bei hohem Einspritzdruck treffen die Einspritzstrahlen

früher auf die Muldenwand, und die Interaktion mit dieser ist aufgrund hoher

Strahlgeschwindigkeit intensiver. In einer Vergleichsuntersuchung an drei Mul­

den stellte Mattes fest, dass, wenn die Flüssigphase nicht mehr auf die Mulden­

wand auftrifft, sich eine andere Konturanforderung für eine rußarme Verbren­

nung ergibt. Wenn die Flüssigphase des Strahls auftrifft, bringt eine Muldenkon­

tur mit kleinem Hinterschnittswinkel bessere Rußemissionsergebnisse, während,

wenn nur ein Dampfjet auftrifft, eine Muldenkontur mit großem Hinterschnitts­

winkel die niedrigsten Rußwerte mit sich bringt. Als Erklärungsansatz für diese

Beobachtung führt Mattes die konträren Anforderungen der zwei Prozesse .Vo-

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34 Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbildung

lumenbildung des Dampfes nach dem Auftreffen' und ,Sekundärzerstäubung derTropfen beim Aufprall' ein. Die Sekundärzerstäubung findet statt, wenn die

Tropfen im flüssigen Strahl mit hoher Geschwindigkeit auf die Muldenwandtreffen und die dadurch entstehende teilelastische Schwingungsenergie zur weite­

ren Zerstäubung ausreicht. Durch die Vergrößerung des Auftreffwinkels, wie esbei einer Verkleinerung des Hinterschnittswinkels der Fall ist, wird die Umset­

zung des Sprayimpulses von ungestörter Ausbreitung des Freistrahls in Richtung

Zerstäubung verändert. Eine maximale Sekundärzerstäubung wird demnach beieinem Auftreffwinkel von 90° erzielt. Jedoch nimmt dabei die intensive Sekun­därzerstäubung des Strahls viel Energie auf, so dass nach dem Aufprall der Rest­

impuls für eine weitere Ausbreitung der Tropfen, sowie des Kraftstoffdampfes ,

kleiner ist als mit einem geringeren Auftreffwinkel [41]. Die Volumenbildungdurch die Verwirbelung des Dampfes in der Omega-Muldenform ist geringer ,und das Gemisch fettet nah dem Aufprallpunkt an. Dadurch steigt die Rußbil­

dung. Die Tatsache , dass je nach Betriebszustand die Flüssigphase des Strahlsden Muldenrand erreicht oder nicht erreicht, zeigt, dass eine günstige Auslegung

der Geometrie der Muldenkontur einen Kompromiss zwischen Sekundärzerstäu­

bung und Volumennutzung berücksichtigen muss. Im Leerlaufbetrieb herrschenniedrige Gasdichten von etwa 10 kg/rrr' im Bereich der Einspritzung bzw. imoberen Totpunkt des Kolbenweges , so dass mit großer Wahrscheinlichkeit die

Flüssigphase bis zum Muldenrand hin eindringt. Nach Gleichung 3.15 ergibt sich

für eine Düse mit 7 Löchern mit einem Düsendurchfluss von 390 cm3/30s bei100 bar Druckunterschied eine maximale Eindringtiefe von etwa 26 mm, diedann größer als die 22,2 mm Muldenradius der in dieser Arbeit untersuchten

Mulde ist. Bei Volllast liegt die Gasdichte bei annähernd dem dreifachen Wert,

so dass nach Gleichung 3.15 sich eine etwa 15 mm lange maximale Eindringtiefeder Flüssigphase ergibt, die dann kürzer ist als der Weg vom Düsenlochaustritt

bis zum Muldenrand . Aus diesen zwei Abschätzungen ergibt sich, dass eineAuslegung der Muldenkontur einen Kompromiss zwischen einer guten Sekun­

därzerstäubung und einer hohen Volumenbildung darstellen muss. Am kombi­nierten Transparent- und Emissionsmotor ist bei einer Absenkung der maximalen

Eindringtiefe des flüssigen Dieselkraftstoffs knapp unterhalb des verwendeten

Muldenradius eine starke Verminderung der Rußemission festgestellt worden[59]. Die Begrenzung der Leistung durch die Rauchzahl bei Volllast bringt ein

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Spray/Wand-Wechselwirkung 35

weiteres Indiz für eine rußfreiere Verbrennung, wenn die Flüssigphase die Mul­

denwand nicht benetzt. Wie bereits abgeschätzt, erreicht im Volllastbetrieb auf­

grund der hohen Gasdichte die Flüssigphase den Muldenrand nicht. Zusätzlich

wird für kleine Brennräume, wie bei kleinen Pkw-Dieselmotoren, der Mulden­

durchmesser nach etwa doppelter Eindringtiefe der Flüssigphase für Teillast

ausgelegt, damit keine intensive Wandbenetzung stattfindet [60]. Da die maxi­

male Eindringtiefe der Flüssigphase eher im unteren Teillastbetrieb die Brenn­

raumwände erreicht , ist aufgrund des langen Zündverzugs und der kurzen

Spritzdauer bzw. der vergleichsweise kurzen Überlappung der Einspritzung und

der Verbrennung eine geringere Rußbildung als bei Volllast zu erwarten . Die

knappe Auslegung der maximalen Eindringtiefe zeigt zusätzlich, dass die Spitze

der Flüssigphase sich nicht zu weit vom Muldenrand stabilisieren soll. Eine

mögliche Ursache für diese Auslegung ist die durch die drallförmige Luftbewe­

gung stärkere Verwehung der Dampfphase als der Flüssigphase des Strahls , die,

wenn große Entfernungen zwischen dem Ende der Flüssigphase und dem Mul­

denrand zurückgelegt werden müssen, den Impuls des Dampfstrahls bis zum

Wandaufprall abmindert [35].

Mattes stellte desweiteren die niedrigsten Schwarzrauchwerte fest, wenn der

Strahl auf den zylindrischen Muldenkragen auftrifft [41]. Analog dazu beobach­

tete Pauer in seinem Brennkammerexperiment mit einem Metallring von 45mm

Durchmesser seitliche aufgeworfene Kraftstoffdampfwirbel nach dem Wandkon­

takt [17]. Dazu zeigte er, dass die Entfernung des Wirbelzentrums zur Wand bei

Erhöhung des Einspritzdrucks zunimmt , so dass der Dampf mehr Volumen ein­

nimmt. Diese Gemischbildungseffekte am Kragen der Kolbenmulde addieren

sich zu der Wirbelbildung des Kraftstoffdampfes entlang der Omega-Kontur in

Richtung Muldenzentrum nach dem Aufprall im Hinterschnittbereich der Mulde

[41]. Für eine gute Umsetzung des Impulses ist eine Abstimmung des Auftreff­

winkels des Strahls relativ zum Muldenkragen und des Hinterschnittwinkels der

Omega-Form notwendig. Mattes fügt hinzu, dass darauf zu achten ist, dass das

durch die Muldenwandinteraktion aufgefächerte Spray einen ausreichend großen

Restimpuls besitzt, um sich in der Mulde auszubreiten [41].

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36 Modelle der einspritzstrahlgeführten Gemischbi ldung

Am Transparentmotor stellte Uhl fest, dass der seitliche Wandwirbel. der auf der

drallabgewandtcn Seile des Einspritzstrahis au fgeworfen wird, größer ist als die

drallz ugewandten Wirbel [35], siehe Abbildung 3.9.

A-A

Zylindert>ohn.Jngswarld

DrallslrömJngsrid11ung :--...... \

B,,,,,nraurrmuld,,,,wand .. """"

l egeooe:

f lilssigph.se

Oampfpllaoe

-+ ...oIIiohe Oamptwirt>el

MlusiwltV"rtlrer1nung

Abbildung 3.9: Skizze e ines ausgebildeten Einspritzs trahls in e iner Pkw­

Kolbenmulde mit Omega-Form positioniert im Oberen Totpunkt, angelehnt an

Uhl [35]

Diese Auswirkung der drallbedingten Verwehung des Dampfes nach de r Wech­

selwirkung mit der Brennraumwand hat er für a lle untersuchten Ruildrtlcke fest­

gestellt. So kann eine Verwehung des Kraftstoffd ampfes in Richtung der La­

dungsbewegung beobachtet werden. Bei den hohen Drehzahlen und der langen

Spritzdauer bei Motorbetrieb nahe der Nennleistung ist diese Verwehung so

stark, dass durch das Ineinanderwehen der Dampfphase von Nachbarstrahlen

fettere Bereiche entstehen. Dadurch entsteht mehr Ruß bei gleichen Luftverhält­

niswerten. so dass aus dem Motor eine geringe re Leistung für die gleiche defi­

nierte Rußgrenze als bei geringerer Intensität der drallfönni gen Luftbewegung

abgeru fen werden kann. Dies kann zum einen erklärt werden durch die hohen

Kolbengeschwindigkeiten. die bei der Drallentstehung während dem Artsaug pro­

zess hohe Umfangsgeschwindigkeiten der Luft verursac hen, und zum anderen

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Spray/Wand-Wechselwirkung 37

durch die längere Spritzdauer im Vergleich zur Teillast. Ähnliche Beobachtun­

gen werden im Teillastbetrieb bei Applikation einer Voreinspritzung berichtet

[76].

Neben der räumlichen Verteilung erzeugt ein intensiver Impulsaustausch zwi­

schen dem Dampfjet und der Wand kleinskalige Turbulenz, die den Abbau der

Kraftstoffkonzentration beschleunigt [41]. Der Einspritzdruck führt über seinen

hohen Strahlimpuls neben seinem Einfluss auf das Tropfengrößenspektrum und

das Gasentrainment im Zusammenspiel mit der Brennraumgeometrie auch zu

hoher Turbulenz und zu einer besseren Volumennutzung im Brennraum.