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Empfehlung der 14. Mitgliederversammlung der HRK am 14. Mai 2013 in Nürnberg Gute wissenschaftliche Praxis an deutschen Hochschulen HRK Hochschulrektorenkonferenz Die Stimme der Hochschulen Tel.: 0228/887-0 Fax: 0228/887-110 Ahrstraße 39 D-53175 Bonn [email protected] www.hrk.de

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Empfehlung der 14. Mitgliederversammlung der HRK am 14. Mai 2013 in Nürnberg: Gute wissenschaftliche Praxis an deutschen Hochschulen

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  • Empfehlung der 14. Mitgliederversammlung der HRK am 14. Mai 2013 in Nrnberg Gute wissenschaftliche Praxis an deutschen Hochschulen

    HRK Hochschulrektorenkonferenz Die Stimme der Hochschulen

    Tel.: 0228/887-0 Fax: 0228/887-110

    Ahrstrae 39 D-53175 Bonn

    [email protected] www.hrk.de

  • HRK Empfehlung der Mitgliederversammlung der HRK vom 14.5.2013

    I. Vorwort Wissenschaftliches Arbeiten beruht auf Grundprinzipien des methodi-schen, systematischen und berprfbaren Vorgehens, die in allen Diszip-linen und international und interkulturell gleich sind. Allen voran steht die Ehrlichkeit gegenber sich selbst und anderen. Die Qualittssiche-rung und Ausformulierung der Sachgesetzlichkeit ist Aufgabe der Hoch-schulen. Grundlage dafr sind die Empfehlungen der DFG und der HRK von 19981. Die Hochschulen haben alle den DFG-Empfehlungen ent-sprechende Richtlinien etabliert. In Fortfhrung und Ergnzung dieser Empfehlungen sind durch eine Vielzahl von Akteuren des Wissenschafts-systems die Normierungen der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis ausdifferenziert worden2. Die HRK sieht den Bedarf, die wichtigsten Punkte der guten wissen-schaftlichen Praxis in der vorliegenden aktuellen Empfehlung herauszu-stellen. Dazu gehren: 1. Ombudssystem an den Hochschulen 2. Qualittssicherung in der Nachwuchsfrderung 3. Wissenschaftliche Redlichkeit in Bezug auf geistiges Eigentum 4. Wahrheitsfindung - ohne Datenmanipulation 5. Leistungsbewertung und Qualitt der Begutachtungen. II. Empfehlungen 1. Ombudssystem an den Hochschulen

    Zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis hat sich im deut-schen Wissenschaftssystem ein System der Selbstkontrolle (Om-

    1 Zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten in den Hochschulen,

    Empfehlung des 185. Plenums der HRK vom 6. Juli 1998; Vorschlge zur Si-

    cherung guter wissenschaftlicher Praxis: Empfehlungen der Kommission Selbst-

    kontrolle in der Wissenschaft, DFG 1998; Ergnzung zu Vorschlge zur Siche-

    rung guter wissenschaftlicher Praxis: Empfehlungen der Kommission Selbstkon-

    trolle in der Wissenschaft, verabschiedet durch den DFG-Senat am 14. Mrz

    2013, geplante Beschlussvorlage der Mitgliederversammlung der DFG am 01.

    Juli 2013. 2 Stellvertretend fr alle seien nur aus jngster Zeit genannt: Anforderungen

    an die Qualittssicherung der Promotion, Positionspapier des Wissenschafts-

    rats 2011; Zur Qualittssicherung in Promotionsverfahren, Empfehlungen des

    HRK-Prsidiums an die promotionsberechtigten Hochschulen 2012; Grundst-

    ze guter wissenschaftlicher Praxis in Promotionsverfahren, GermanU15 Pa-

    per 04/2013; Gute wissenschaftliche Praxis fr das Verfassen wissenschaftli-

    cher Qualifikationsarbeiten, Gemeinsames Positionspapier des Allgemeinen

    Fakulttentags, der Fakulttentage und des Deutschen Hochschulverbands vom

    9. Juli 2012; Leitstze Gute wissenschaftliche Praxis im ffentlichen Recht,

    Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer e.V. vom 03.10.2012

  • HRK Empfehlung der Mitgliederversammlung der HRK vom 14.5.2013

    budsman) der Wissenschaft etabliert. Hochschulen sollen unabhn-gige Ombudspersonen haben (empfehlenswert ist ein aus mindes-tens drei Personen bestehendes Ombudsgremium an jeder Hoch-schule), an die sich ihre Mitglieder in Fragen guter wissenschaftli-cher Praxis und in Fragen vermuteten Fehlverhaltens wenden kn-nen (Prvention und Mediation). Sie tragen Sorge dafr, dass die Ombudspersonen in ihre Arbeit bestmglich eingefhrt werden und dass sie in der Einrichtung bekannt sind. Die Hochschulen sind sich bewusst, dass diese Verfahren im Interesse aller Beteiligten mit hoher Stringenz und in zeitlich berschaubaren Rahmen durchge-fhrt werden sollte (vgl. DFG, Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, Empfehlung 5; HRK Empfehlung Zum Umgang mit wis-senschaftlichem Fehlverhalten in den Hochschulen, C. II., siehe Funote 1). Zum Schutz der Hinweisgeber (Whistle Blower) und der Betroffenen unterliegt die Arbeit der Ombudspersonen hchster Vertraulichkeit. Die Vertraulichkeit ist nicht gegeben, wenn sich der Hinweisgeber mit seinem Verdacht an die ffentlichkeit wendet. In diesem Fall verstt er regelmig selbst gegen die Regeln der guten wissen-schaftlichen Praxis. Dies ist auch bei leichtfertigem Umgang mit Vorwrfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens der Fall sowie bei der Erhebung bewusst unrichtiger Vorwrfe (vgl. geplante Ergnzung zu DFG, Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, Empfehlung 17, siehe Funote 1). Besttigt sich bei der Vorprfung des Ombudsgremiums der Ver-dacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens, wird das Verfahren an ei-ne Kommission zur Untersuchung wissenschaftlichen Fehlverhaltens bergeben, die ein frmliches Untersuchungsverfahren durchfhrt. Die konkrete Ausgestaltung dieser Kommissionen und der Verfah-ren wird an den Hochschulen unterschiedlich gehandhabt (ein sinn-voller und gut durchdachter Verfahrensvorschlag findet sich im An-hang aus HRK Empfehlung Zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten in den Hochschulen, C. IV., siehe Funote 1). Stellt die Kommission wissenschaftliches Fehlverhalten fest, werden die Hochschulleitung und das zustndige Organ der Fakultt, des Fachbereichs bzw. der entsprechenden Einrichtung ber die Vor-wrfe informiert. Diese leiten entsprechend der Art und des Schweregrads des Fehlverhaltens das Verfahren mit den darin ge-gebenen Sanktionen ein (z.B. Entzug akademischer Grade) (vgl. HRK Empfehlung Zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlver-halten in den Hochschulen, C. IV.3., siehe Funote 1).

    2. Qualittssicherung in der Nachwuchsfrderung

    Nachwuchsfrderung in der Wissenschaft ist eine der zentralen Aufgaben von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern. Zur Be-treuungspflicht gegenber dem wissenschaftlichen Nachwuchs ge-hrt es, den Abschluss von Qualifizierungsarbeiten innerhalb eines

  • HRK Empfehlung der Mitgliederversammlung der HRK vom 14.5.2013

    angemessenen Zeitrahmens zu frdern und die weitere berufliche Entwicklung zu untersttzen. Transparente, fachspezifische Betreu-ungskonzepte sollten die Regel fr Promotionen an allen Hochschu-len sein (vgl. DFG, Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, Emp-fehlung 4, siehe Funote 1).

    3. Wissenschaftliche Redlichkeit in Bezug auf geistiges Eigentum

    Die Autorschaft bei akademischen Verffentlichungen ist an einen wesentlichen wissenschaftlichen Beitrag zu der Arbeit gebunden. Alle Autoren tragen die Verantwortung fr den Inhalt der Publikati-on, was so genannte Ehrenautorschaften ausschliet. Publikationen und Qualifikationsarbeiten erfordern ein korrektes und sorgfltiges Recherchieren und Zitieren der Arbeiten und Texte anderer. Die bernahme von Texten, Ideen oder Daten anderer ohne eine ein-deutige Kenntlichmachung des Urhebers ist ein Plagiat, sie verstt gegen die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis (vgl. DFG, Si-cherung guter wissenschaftlicher Praxis, Empfehlung 11, siehe Fu-note 1).

    4. Keine Datenmanipulation

    Die Prmisse der Wahrheitsfindung in der Wissenschaft fordert ins-besondere die fortdauernde Bereitschaft zum Zweifel an erzielten Ergebnissen, die genaue Dokumentation der Daten und Quellen und die maximale Transparenz der eingesetzten Methoden zur Er-hebung der Daten. Sie erlaubt keine Manipulation von Daten. Die Verantwortung fr die Qualitt der Daten liegt bei allen Beteiligten und auch das wissentliche bersehen von Unredlichkeiten im Um-gang mit Daten und Texten ist selbst wissenschaftliches Fehlverhal-ten. Jede Wissenschaftlerin und jeder Wissenschaftler ist zur vollstndi-gen Datendokumentation verpflichtet. 10 Jahre sind fr die Aufbe-wahrung aller Daten eine angemessene Frist. Entsprechende um-fangreiche elektronische Datenspeicher mssen an den Hochschu-len bereitgestellt werden. Die Einrichtung einer solchen Informa-tionsinfrastruktur ist ein ambitioniertes Ziel, bei dessen Finanzierung die Hochschulen untersttzt werden mssen (vgl. DFG, Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, Empfehlung 7, siehe Funote 1).

    5. Leistungsbewertung und Qualitt von Begutachtungen

    Die Kriterien zur Leistungsbewertung mssen sich auf qualitative Parameter beziehen und transparent gemacht werden. Zur Qualitt von Begutachtungsverfahren gehrt die Unabhngigkeit und Unbe-fangenheit der Gutachter und Gutachterinnen. Dies gilt insbeson-dere bei Qualifikationsarbeiten und in Berufungsverfahren.

  • HRK Empfehlung der Mitgliederversammlung der HRK vom 14.5.2013

    Zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten in den Hochschulen Empfehlung des 185. Plenums der HRK vom 6. Juli 1998 . C. Empfehlungen IV. Verfahren 1. Vorprfung a. Bei konkreten Verdachtsmomenten fr wissenschaftliches Fehlver-

    halten wird unverzglich im Regelfalle der Ombudsmann, ggf. auch ein Mitglied der o.g. Kommission, informiert. Die Information soll schriftlich erfolgen; bei mndlicher Information ist ein schriftlicher Vermerk ber den Verdacht und die diesen begrndenden Belege aufzunehmen.

    b. Der Ombudsmann bermittelt Anschuldigungen wissenschaftlichen

    Fehlverhaltens unter Wahrung der Vertraulichkeit zum Schutz des Informanten und der Betroffenen der von der Hochschulleitung be-stellten Kommission, die die Angelegenheit untersucht.

    c. Dem vom Verdacht des Fehlverhaltens Betroffenen wird unverzg-

    lich von der Kommission unter Nennung der belastenden Tatsachen und Beweismittel Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Buch-stabe a) Satz 2 gilt entsprechend. Die Frist fr die Stellungnahme betrgt zwei Wochen. Der Name des Informierenden wird ohne dessen Einverstndnis in dieser Phase dem Betroffenen nicht offen-bart.

    d. Nach Eingang der Stellungnahme des Betroffenen bzw. nach Ver-

    streichen der Frist trifft die Kommission innerhalb von zwei Wochen die Entscheidung darber, ob das Vorprfungsverfahren - unter Mitteilung der Grnde an den Betroffenen und den Informierenden - zu beenden ist, weil sich der Verdacht nicht hinreichend besttigt bzw. ein vermeintliches Fehlverhalten vollstndig aufgeklrt hat, oder ob eine berleitung in das frmliche Untersuchungsverfahren zu erfolgen hat.

    e. Wenn der Informierende mit der Einstellung des Prfungsverfahrens

    nicht einverstanden ist, hat er innerhalb von zwei Wochen das Recht auf Vorsprache in der Kommission, die ihre Entscheidung noch einmal prft.

    2. Frmliche Untersuchung

  • HRK Empfehlung der Mitgliederversammlung der HRK vom 14.5.2013

    a. Die Erffnung des frmlichen Untersuchungsverfahrens wird der Hochschulleitung vom Vorsitzenden der Kommission mitgeteilt.

    b. Die Kommission kann nach eigenem Ermessen Fachgutachter aus dem Gebiet eines zu beurteilenden wissenschaftlichen Sachverhalts sowie Experten fr den Umgang mit solchen Fllen als weitere Mit-glieder mit beratender Stimme hinzuziehen. Hierzu knnen u.a. Schlichtungsberater zhlen.

    c. Die Kommission bert in nichtffentlicher mndlicher Verhandlung.

    Sie prft in freier Beweiswrdigung, ob wissenschaftliches Fehlver-halten vorliegt. Dem Wissenschaftler, dem Fehlverhalten vorgewor-fen wird, ist in geeigneter Weise Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Betroffene ist auf seinen Wunsch mndlich anzuhren; dazu kann er eine Person seines Vertrauens als Beistand hinzuzie-hen. Dies gilt auch fr sonstige anzuhrende Personen.

    d. Den Namen des Informierenden offenzulegen kann erforderlich

    werden, wenn der Betroffene sich andernfalls nicht sachgerecht verteidigen kann, weil beispielsweise die Glaubwrdigkeit und Mo-tive des Informierenden im Hinblick auf den Vorwurf mglichen Fehlverhaltens zu prfen sind.

    e. Hlt die Kommission ein Fehlverhalten fr nicht erwiesen, wird das

    Verfahren eingestellt. Hlt die Kommission ein Fehlverhalten fr erwiesen, legt sie das Ergebnis ihrer Untersuchung der Hochschul-leitung mit einem Vorschlag zum weiteren Verfahren, auch in be-zug auf die Wahrung der Rechte anderer, zur Entscheidung und weiteren Veranlassung vor. Andernfalls wird das Verfahren einge-stellt.

    f. Die wesentlichen Grnde, die zur Einstellung des Verfahrens oder

    zur Weiterleitung an die Hochschulleitung gefhrt haben, sind dem Betroffenen und dem Informierenden unverzglich schriftlich mitzu-teilen.

    g. Ein internes Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung der

    Kommission ist nicht gegeben. h. Am Ende eines frmlichen Untersuchungsverfahrens identifiziert der

    Ombudsmann alle diejenigen Personen, die in den Fall involviert sind (waren). Er bert diejenigen Personen, insbesondere die Nachwuchswissenschaftler und Studierenden, die unverschuldet in Vorgnge wissenschaftlichen Fehlverhaltens verwickelt wurden, in Bezug auf eine Absicherung ihrer persnlichen und wissenschaftli-chen Integritt.

    i. Die Akten der frmlichen Untersuchung werden 30 Jahre aufbe-

    wahrt. Die im Zusammenhang mit einem Fall wissenschaftlichen Fehlverhaltens genannten Personen haben Anspruch darauf, da der Ombudsmann ihnen ber die Dauer der Aufbewahrungsfrist auf Antrag einen Bescheid (zu ihrer Entlastung) ausstellt.

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    3. Weitere Verfahren a. Wenn wissenschaftliches Fehlverhalten festgestellt worden ist, prft

    die Hochschulleitung zur Wahrung der wissenschaftlichen Stan-dards der Hochschule als auch der Rechte aller direkt und indirekt Betroffenen die Notwendigkeit weiterer Manahmen. Die Ahndung wissenschaftlichen Fehlverhaltens richtet sich nach den Umstnden des Einzelfalles.

    b. In der Hochschule sind auf Fakulttsebene die akademischen Kon-

    sequenzen, z.B. der Entzug akademischer Grade oder der Entzug der Lehrbefugnis, zu prfen. Die Fakultten haben in Zusammenar-beit mit der Hochschulleitung zu prfen, ob und inwieweit andere Wissenschaftler (frhere und mgliche Kooperationspartner, Koau-toren), wissenschaftliche Einrichtungen, wissenschaftliche Zeit-schriften und Verlage (bei Publikationen), Frdereinrichtungen und Wissenschaftsorganisationen, Standesorganisationen, Ministerien und ffentlichkeit benachrichtigt werden sollen oder mssen.

    c. Die jeweils zustndigen Organe oder Einrichtungen leiten je nach

    Sachverhalt arbeits-, zivil-, straf- oder ordnungsrechtliche Manah-me mit den entsprechenden Verfahren ein.

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