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Endsilbenabschwächungund
Analytischer Sprachbau
erarbeitet vonerarbeitet von Anja KintscherAnja Kintscher
Damaris – H. SluiterDamaris – H. Sluiter(Bielefeld WS 2003/04)(Bielefeld WS 2003/04)
Endsilbenabschwächung
Zeitliche Einordnung
Aus dem GermanischenGermanischen hat sich seit der Völkerwanderung (5./6. Jahrhundert) das AlthochdeutscheAlthochdeutsche (man nennt es auch das „Deutsch des Frühmittelalters“) entwickelt.
Die Zeit des Althochdeutschen klingt gegen Ausgang des 11. Jahrhunderts
aus - es folgt das MittelhochdeutscheMittelhochdeutsche. Ein wesentliches Kennzeichen für den ÜbergangÜbergang vom
Althochdeutschen zum Mittelhochdeutschen stellen die
abgeschwächten Endsilbenvokaleabgeschwächten Endsilbenvokale dar.
Endsilbenabschwächung
Zeitliche AbfolgeZeitliche Abfolge
9. Jahrhundert: 9. Jahrhundert: In althochdeutschen Texten beginnt bereits die Abschwächung von vollklingenden Endvokalen zu e.
10. Jahrhundert: 10. Jahrhundert: Es folgt eine weitere Ausbreitung des Abschwächungsphänomens.
11. Jahrhundert:11. Jahrhundert:
Die alten Vokale sind weitgehend verdrängt bzw. abgeschwächt und verlieren damit auch ihre bedeutungstragende Funktion in den Flexionsparadigmen.
Ausnahme: im Alemannischen sind auch in der mhd. Zeit noch volle Vokale in der Endsilbe
(Flexionsmorpheme) vorhanden.
Endsilbenabschwächung
Im Althochdeutschen gibt es folgende Vokale in den Endsilben:
Kurzvokale a e i o u
Langvokale â ê î ô û
Diphthonge nur iu (bei der Flexion des Adjektivs und Pronomens)
Endsilbenabschwächung
Was passiert bei der Endsilbenabschwächung?
Endsilbenabschwächung
Die vollen Vokale (a, e, i, o, u, ê, î, ô) werden abgeschwächt zum
schwa-Lautschwa-Laut.
Endsilbenabschwächung
Was ist ein schwa-Laut?
Endsilbenabschwächung
„„Schwa“:Schwa“:
kommt aus dem Hebräischen
= Name des Vokalzeichens für den unbetonten e -Laut
Sprachwissenschaftlich : in bestimmten unbetonten Silben auftretende, gemurmelt gesprochene Schwundstufe des e, bei fremdsprachlichen Wörtern auch anderer voller Vokale
(In: Drosdowski, Günther[Hrsg.]; Köster, Rudolf [Bearb.]. Duden: Das große Wörterbuch der deutschen
Sprache. Bibliogr. Institut Mannheim/Wien/Zürich, Dudenverlag.1980.)
Endsilbenabschwächung
Was gilt als Ursache für die Abschwächung von Endsilben?
Endsilbenabschwächung
der Übergang vom indoeuropäischen freien Wortakzent zum InitialakzentInitialakzent des Germanischen
[im Germanischen: immer Anfangs-/ Stammbetonung (Ausnahme : Präfixe)]Durch den Initialakzent wird in der Regel eine teilweise Integration der folgenden Vokalqualität in den betonten Stammsilbenvokal erreicht; der Vokal der unbetonten Folgesilbe wird also in dem Stammsilbenvokal antizipiert. Das zieht eine teilweise Annäherung der Artikulationsart des betonten Vokals an den Folgevokal nach sich.Auswirkung : weniger Atemdruck auf den Nebensilben
Endsilbenabschwächung
Beispiel für die Abschwächung zum e bzw. zum schwa-Laut:
Ahd. gestíí > mhd. geste e > nhd. Gästee
Ahd. neriita > mhd. nereete, nerte > nhd. (er) nährte
Endsilbenabschwächung
Folge:Folge:
Beim Übergang vom Althochdeutschen zum Mittelhochdeutschen verlieren die Endsilbenvokale durch die Abschwächung ihre bedeutungstragende Funktion in den Flexionsparadigmen.Beispiel:Beispiel:
ahd. mhd.ahd. mhd. ind. prät. ind. prät. konjkonj. prät. Ind. . prät. Ind. konjkonj. .
prät.prät. 1.sg. hôrta hôrti hôrte 2. hôrtôs(t) hôrtîs(t) hôrtest 3. hôrta hôrti hôrte 1.pl. hôrtum hôrtîm hôrten 2. hôrtut hôrtît hôrtet 3. hôrtun hôrtîn hôrten
Endsilbenabschwächung
Was fällt im Beispiel auf?Was fällt im Beispiel auf?
Endsilbenabschwächung
Ahd.:Ahd.:deutliche Kennzeichnung des Konjunktivs (i, î) gegenüber dem Indikativalle Formen des Singulars (bis auf die 1. und 3. Person) unterscheiden sich;somit können der Modus, der Numerus und (mit kleinen Einschränkungen) die Person eindeutig zugewiesen werden
Mhd.:Mhd.:keine Unterscheidung von Indikativ und Konjunktiv des Präteritumsauch die 1. und 3. Person des Plurals haben die gleiche Endung
Endsilbenabschwächung
Neben dieser Entwicklung wird unbetontes e häufig
apokopiert (= ein Wort durch den Abfall eines Auslauts oder einer auslautenden
Silbe verkürzen) oder synkopiert
(= einen unbetonten Vokal zwischen zwei Konsonanten ausfallen lassen)
Beispiele:
ahd. ih faruu > mhd. ich varee > ich var, nhd. „ich fahre“
ahd. spilôôn > mhd. spileen > spiln, nhd. „spielen“
Endsilbenabschwächung
Entwicklung von Entwicklung von Apo- und SynkopeApo- und Synkope bis heute: bis heute:
Im Neuhochdeutschen ist das e wieder eingefügt. Es werden jedoch sowohl „fahren“ als auch „spielen“ beispielsweise in komplexeren Sätzen meist einsilbig gesprochen. Einige Synkopen sind jedoch erhalten geblieben.
Beispiele:
ahd. ahasalôn > mhd. ahselen > ahseln, nhd. „Achseln“
mhd. sihet > siht, nhd. „(er) sieht“
mhd. nimet > nimt, nhd. „(er) nimmt“
mhd. wirdest, wirdet > wirst, wird, nhd. „(du) wirst“, „(er) wird“
Endsilbenabschwächung
Deklination der Substantive: Deklination der Substantive:
im Indoeuropäischen: Die einzelnen Formen werden mittels des Stamms, eines stammbildenden Suffixes und eines Flexivs
gebildet.
Beispiel:lat. hort-u-s
Was verändert sich in der Deklination für germanische Sprachen durch die
Abschwächung der Endsilben?
Endsilbenabschwächung
Die verschiedenen Formen werden nun aus der Wurzel und dem Flexiv gebildet.Die einzelnen Deklinationen werden (je nach Stammauslaut) gegliedert in
a) vokalisch vokalisch oderoder
b) konsonantisch konsonantisch
Beispiele:a) lat. hortus, älter hortos: Stammendung auf o (also o-Deklination)b) lat. nomen, nomin-is: konsonantischen Deklination (auf n)
Endsilbenabschwächung
Weitere Folgen der Endsilbenabschwächung
Die zu e abgeschwächten Endsilbenvokale erfordern eine neue Klassifikation der Deklination.Es wird nun unterschieden zwischen starker und schwacher Deklination.Der Kasus kann nicht mehr bezeichnet werden (dies wurde nun von Artikeln oder anderen Beiwörtern übernommen).Stärkere Ausprägung der Numeruskategorie (stärkerer Gegensatz von Singular und Plural).
Endsilbenabschwächung
Während der Konsonatismus stabil bleibt, findet mit der Vereinfachung des indoeuropäischen Endungssystems
durch die Abschwächung der Endsilben ...
Endsilbenabschwächung
... eine ... eine EntwicklungEntwicklung zum ...zum ...
Analytischer Sprachbau
... analytischen ... analytischen
SprachbauSprachbau stattstatt..
Analytischer Sprachbau
Was kann man sich darunter vorstellen?
Wir unterscheiden zwischen:
synthetischem Sprachbauanalytischem Sprachbau
Analytischer Sprachbau
Definition:
synthetischer Sprachbausynthetischer Sprachbau
Mit Hilfe von Flexionsmorphemen vereinen synthetische Sprachen alle erforderlichen grammatischen Aspekte in
einem
Wort.
Analytischer Sprachbau
Beispiel:
Im lateinischen amabitur (er/sie/es wird geliebt werden) wird an den Wortstamm ama- das Futurmorphem –bi angehängt, das –t steht für die 3. Person Singular, das Suffix –ur für das Passiv. Weder -bi noch –t noch –ur sind eigenständige Wörter.Eine innere Flexion findet nicht statt.
Also: synthetischer Sprachbau in Abgrenzung zum ... Also: synthetischer Sprachbau in Abgrenzung zum ...
Analytischer Sprachbau
Definition:
... analytischen Sprachbau... analytischen Sprachbau
Die analytischen Sprachen drücken die grammatischen Aspekte hingegen durch eigenständige Wörter aus.
Im Hinblick auf die Konjugation bedeutet das, dass bestimmte Verbformen mit bestimmten Hilfsverben gebildet werden.
Analytischer Sprachbau
Beispiel:
PerfektPerfekt:: Sie hat gestern gebacken. (Hilfsverb) Plusquamperfekt:Plusquamperfekt: Er aß den Kuchen, den sie gebacken hatte.
(Hilfsverb)
Futur:Futur: Sie wird backen. (Hilfsverb)
Analytischer Sprachbau
In allen indoeuropäischen Sprachen vollzieht sich ein langfristiger Prozess des Übergangs vom synthetischen zum analytischen Sprachtyp, der allerdings unterschiedlich fortschreitet.
Aus dem synthetischen Latein haben sich so die deutlich analytischeren romanischen Sprachen entwickelt und aus dem synthetischen Germanischen u.a. das Deutsche und das Englische.
Im Deutschen bilden Präsens (ich trage) und Präteritum (ich trug) synthetische Formen, während die anderen Tempora analytisch sind und zur Formenbildung Hilfsverben benutzen.
Analytischer Sprachbau
Geschichtliche Entwicklung: Teil 1
In der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends und im Laufe des zweiten Jahrtausends vollziehen sich einschneidende sprachliche Veränderungen. Daraus entsteht eine selbständige neue Spracheinheit: das Germanische.
Im Wesentlichen sind es folgende sprachliche Erscheinungen, die das Germanische von der indoeuropäischen Gemeinsprache und den übrigen indoeuropäischen Einzelsprachen trennen:
Analytischer Sprachbau
- die erste oder germanische Lautverschiebung- die Festlegung des im Indoeuropäischen frei beweglichen Wortakzents
auf die Stammsilbe- die damit zusammenhängende Abschwächung der vollklingenden ide.
Endsilben- die weitgehende Vereinfachung des Formenbestands beim Substantiv
und Verb und die dabei auftretende Tendenz des Übergangs vom synthetischen zum analytischen Sprachbau
- die Ausbildung der starken und schwachen Adjektivflexion- der Ausbau des Ablauts als Mittel der Formenbildung des Verbs- die Entstehung der Klasse der schwachen Verben- der weitgehende Ausbau des Wortbestandes durch Neubildung
germanischen und Übernahme fremden Wortgutes
Analytischer Sprachbau
Zur Veränderung im Formbestand Beim Verb tritt eine Vereinfachung des Formenbestandes ein. Hier gerät in Verfall:
der Dual (grammatische Form für die Zweiheit, Zweizahl; z.B. in slawischen
Sprachen)
das Medium (Form des Verbs, bei der sich das Geschehen auf das Subjekt bezieht –
im deutschen durch die reflexive Form wiedergegeben)
das Passivvon den indoeuropäischen Tempora das Imperfektder Aoristdas Futur
Analytischer Sprachbau
So besitzt das Verb im Germanischen nur noch das Präsens und das Präteritum im Aktiv. Die untergegangenen Formen werden später zum größten Teil durch Umschreibungen ersetzt, d.h., was früher in einem Wort „synthetisch“ ausgedrückt worden war, wird seit dem Ausgang der urgermanischen Zeit allmählich durch mehrere Wörter gewissermaßen „analytisch“ hervorgebracht.
Beispiele: lat. laudor - ich werde gelobt lat. laudavi - ich habe gelobt lat. cultro - mit dem Messer
Analytischer Sprachbau
FolgenFolgen
Sogenannte zusammengesetzte Zeitformen entstehen.
Die Verringerung des Formbestandes hat keineswegs eine Verarmung der Sprache hinsichtlich ihrer Ausdrucksfähigkeit zur Folge, da die Sprache entsprechende neue Ausdrucksmittel hat.
Analytischer Sprachbau
Geschichtliche Entwicklung: Teil 2
Durch die Völkerwanderung erweitert sich das deutsche Sprachgebiet seit Beginn des 6. Jh. erheblich.
Der sprachliche Austausch innerhalb der neuen Stammesgebiete und zwischen den Stammesverbänden führt dazu, dass sich seit dem 11. Jh. das Deutsche gegenüber den Sprachen der Nachbarvölker (z.B. der Sprache der Slawen und Romanen) als Ganzheit abhebt.
Eine Aufgliederung in die Dialektgruppen Oberdt., Mitteldt., Niederdt. und in die vielen einzelnen Mundarten besteht heute noch.
Im Althochdeutschen entstehen zahlreiche sprachliche Neuerungen gegenüber dem Germanischen.
Analytischer Sprachbau
Hier die wichtigsten sprachlichen Neuerungen:Hier die wichtigsten sprachlichen Neuerungen:
die zweite Lautverschiebungder i-UmlautVeränderungen im Vokalismus und Konsonantismusweiteres Vordringen von Elementen des analytischen SprachbausAusbau des Systems der Wortbildungstarke Bereicherung des Wortbestandes durch Entlehnungen aus verschiedenen Sprachen, insbesondere aus dem Lateinischen
Analytischer Sprachbau
Zur Veränderung im FormbestandZur Veränderung im Formbestand
Die Tendenz der Verstärkung des analytischen Sprachbaus ist, wie bereits im Germanischen, weiterhin zu beobachten. Sie äußert sich z.B. seit dem 11. Jh. durch präpositionale Fügungen mit durch, mit, von und in der zunehmenden Verwendung des Personalpronomens beim Verb.
Neben die analytischen Umschreibungen des Perfekts mit „haben“ und „sein“ und des Passivs mit „sein“ oder „werden“ tritt jetzt auch die Umschreibung des Futurs mit „sollen“, „wollen“ oder „müssen“.
Endsilbenabschwächung und analytischer Sprachbau
Literaturangaben:
Tschirch, Fritz: Geschichte der deutschen Sprache. Berlin. 1971. 2., verbesserte Auflage.
Schmidt, Wilhelm: Geschichte der deutschen Sprache. Berlin. 1970. 2. Auflage.
Rohr, W.Günther: Einführung in die historische Grammatik des Deutschen. Hamburg. 1999.
Meisen, Karl: Altdeutsche Grammatik I, Lautlehre. Stuttgart. 1961.