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ENERGIEMANAGEMENT FÜR NUTZFAHRZEUGE DER NÄCHSTEN GENERATIONDas übergeordnete Ziel, die CO2-Emissionen beim Betrieb von Nutzfahrzeugen zu reduzieren, erfordert ein
effizientes Energiemanagement aller beteiligten Systeme. Arbeiten bei der IAV zeigen, wie dies mit
modernen Entwicklungsmethoden und innovativen Algorithmen für Nutzfahrzeuge der nächsten Generation
gestaltet werden kann.
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Energiemanagement
ANFORDERUNGEN AN KÜNFTIGE NUTZFAHRZEUGE
In den letzten Jahren hat die allgegenwärtige Diskussion über die Erwärmung des Erdklimas eine starke Sensibilisierung der Öffentlichkeit zum Thema CO2 bewirkt. Um die Erderwär-mung in den kommenden Jahrzehnten einzuschränken, wird gefordert, den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Aktuell wird national und international über eine CO2-Begrenzung bei schweren Nutzfahrzeugen in Ergänzung zur Abgasnorm Euro VI diskutiert. Sehr wahrscheinlich ist, dass sich zukünftige Vorgaben an der Zunahme des Güterver-kehrs orientieren werden.
Der Antriebsstrang eines Nutzfahrzeugs muss folglich noch effektiver werden. Eine Zielformulierung, die durch die einset-zende Euro-VI-Abgasgesetzgebung zusätzlich erschwert wird. Komplexe Systeme zur innermotorischen Rohemissionsreduzie-rung in Kombination mit aufwendigen Abgasnachbehand-lungskonzepten machen eine weitere Steigerung des Wirkungs-grads der Verbrennungskraftmaschine (VKM) schwierig. Deut-liche CO2-Einsparmöglichkeiten sind daher vermehrt im Kontext des Gesamtfahrzeugs zu suchen.
DER ENERGIEHAUSHALT UND SEINE TEILNEHMER
Zur Steigerung der Energieeffizienz künftiger Nutzfahrzeuge ist eine Vielzahl von Maßnahmen notwendig. Bezogen auf den Ener-giehaushalt neuer Antriebsstränge ist es zielführend, die folgen-den Systeme optimal aufeinander abzustimmen: : VKM mit innermotorischer Emissionsreduzierung : Abgasnachbehandlungssysteme mit Reduktions- bezie-
hungsweise Regenerationsregelung : thermodynamische Rückgewinnung der Abwärmeenergie : Kraftübertragung beziehungsweise Getriebe : Systeme zur kinetischen Energierekuperation : Sekundärantrieb und Energiespeicher (hybride
Antriebskonzepte) : Subsysteme und Nebenantriebe (Kühlwasser, Öl, Druckluft,
Elektrizität).Der Vergleich von 1 und 2 verdeutlicht die energetischen Unterschiede zwischen einem konventionellen und einem mög-lichen zukünftigen Antriebsstrang mithilfe von Sankeydia-grammen. Erkennbar sind die gestiegene Anzahl an beteiligten Systemen und die stärker verzweigten Energieflüsse. Ein effizi-entes Energiemanagement muss die Energieströme so leiten, dass die chemische Brennstoffenergie bei gleichbleibender Transportleistung minimiert wird.
ANWENDUNGSSPEZIFISCHE LÖSUNGSANSÄTZE
Um die Unterschiede der spezifischen Rahmenbedingungen exemplarisch darzustellen, kann ein schweres Nutzfahrzeug, zum Beispiel ein Sattelschlepper der 40-t-Klasse, mit einem mittelschweren Nutzfahrzeug der Gewichtsklasse 7,5 bis 18 t verglichen werden. Diese Fahrzeugklassen unterscheiden sich nicht nur durch die dominierenden Fahrprofile stark voneinander.
Schwere Nutzfahrzeuge im Fernverkehrseinsatz sind in der Regel als Sattelzugmaschine, also als Kombination von Zugma-schine und Auflieger, ausgeführt. Die Zugmaschine stellt dabei die gesamte Antriebsenergie zur Verfügung. Insbesondere die
AUtOrEN
TOBIAS TÖPFER, M. SC.ist Entwicklungsingenieur im
Fachbereich Nutzfahrzeuge mit dem Schwerpunkt Gesamtsysteme/
Alternative Antriebe bei der IAV GmbH in Berlin.
DR.-ING. LARS HENNING ist Entwicklungsingenieur im
Fachbereich Dieselentwicklung mit dem Schwerpunkt
Antriebsmanagement bei der IAV GmbH in Berlin.
DR.-ING. PETER ECKERTist teamleiter für thermodynamik/
Analytik im Fachbereich Nutzfahrzeuge bei der IAV GmbH in
Berlin.
DR.-ING. JÖRN SEEBODEist Abteilungsleiter
für Gesamtsysteme/thermodynamik im Fachbereich Nutzfahrzeuge bei
der IAV GmbH in Berlin.
0 4I2012 114. Jahrgang 323
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Maßnahmen zur Einhaltung der Abgas-gesetzgebung stellen hohe Ansprüche an das Package und die notwendige Kühl-leistung des Fahrzeugs. Rekuperations- beziehungsweise Hybridkomponenten,
die sehr bauraumintensiv sind oder ein hohes Gewicht aufweisen, sind für die Zugmaschine daher genauso ungeeignet wie Techniken, die eine hohe zusätzliche Kühlleistung in Anspruch nehmen. Beim
Auflieger ist die Ausgangslage eine gänzlich andere. Dort steht Bauraum und damit auch Kühlfläche zur Verfü-gung. Mögliche Techniken müssen aber ein vergleichbar geringes Gewicht haben
VKM
Kühl-energie
MechanischeEnergie
Abgas-energie
Kraftstoffene
rgie
Wärmerück-gewinnung
Neben-aggregate
Abgas-system
Kühlung Hybrid-system
Antriebs-strang
Räder
Brems-energie
Antriebs-energie
Abgasnach-behandlung
2 Energiefluss in einem zukünftigen Antriebsstrang für Nutzfahrzeuge
VKM
Kühl-energie
MechanischeEnergie
Abgas-energie
Kraftstoffene
rgie
Neben-aggregate
Abgas-system
Kühlung Antriebs-strang
RäderAbgasnach-behandlung
Bremsenergie
Antriebsenergie
1 Energiefluss im konventionellen Antriebsstrang für Nutzfahrzeuge
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und einfach zu regeln sein. Ebenso muss die Technik im Auflieger wartungsarm und abgesehen von den Steuerungs- beziehungsweise Regelungssignalen der Zugmaschine autark arbeiten können und auch unter extremen Außenbedin-gungen betriebssicher funktionieren. Dafür können sich neben elektrischen auch mechanische oder hydraulische Hybridsysteme anbieten.
Mittelschwere Nutzfahrzeuge, die auch innerhalb der Stadt bewegt werden, unterliegen der Maßgabe, wenige Emis-sionen zu emittieren. Neben den gasför-migen Emissionen bedeutet dies vor allem eine Reduzierung der Geräusche-missionen. Bereits heute werden in den Zentren europäischer Großstädte beson-dere Einfahrbedingungen gestellt. Berei-che, in denen nur lokal emissionsfreie Fahrzeuge einfahren dürfen, werden sich künftig immer stärker verbreiten. Ergän-zend kommt hinzu, dass die Wegstre-cken im städtischen Bereich teilweise sehr kurz sind. Werden längere oder häufige Be- und Endladephasen durch-fahren, so ist eine externe Energiezufuhr nicht unrealistisch. Ideale Voraussetzun-
gen, die Anforderungen in dieser Fahr-zeugklasse zu erfüllen, bietet die elektri-sche Hybridisierung.
Die Rahmenbedingungen beider diskutierten Applikationen sind zu unterschiedlich, um ein einheitliches Antriebsstranglayout der Zukunft zu definieren. Dieses muss vielmehr spe-ziell auf die entsprechenden Anforde-rungen zugeschnitten sein. Das führt dazu, dass die Systemarchitekturen künftiger Antriebsstränge für kommer-zielle Anwendungen stark unterschied-lich ausfallen werden, 3.
ENTWICKLUNGSMETHODIK MIT GANZHEITLICHEM ANSATZ
Die Vielfalt an Antriebsstrangvarianten und die zunehmende Komplexität ein-zelner Systeme stehen einem hohen Kos-tendruck in der Entwicklung gegenüber. Um einen effizienten Entwicklungspro-zess darstellen zu können, ist eine enge Verzahnung von modellbasierten und experimentellen Methoden notwendig. Eine zentrale Komponente der modellba-sierten Entwicklung stellt die Gesamt-
3 Mögliche Layouts eines Nutzfahrzeug-Antriebsstrangs mit Hybridkomponenten
0 4I2012 114. Jahrgang 325
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fahrzeugsimulation dar. Dabei besteht die Anforderung, dass ein Fahrzeugmo-dell in unterschiedlichen Detaillierungs-stufen möglichst durchgehend und flexi-bel im gesamten Entwicklungsprozess eingesetzt werden kann.
In der frühen Konzeptionsphase ist die Aufgabe der Gesamtfahrzeugsimulation insbesondere in der Potenzialanalyse unterschiedlicher Antriebsstrangkon-zepte und -konfigurationen zu sehen. In der Phase der System- und Funktionsent-wicklung ist der Einsatz der Simulation vor allem zur Auswahl einzelner Kom-ponenten, zum Funktionsentwurf, MIL- und SIL-Erprobung von Betriebs- und Regelstrategien sowie für eine erste Vor-bedatung der Reglerparameter essenzi-ell. In der Phase der Motor- und Fahr-zeugkalibrierung und -erprobung ist der Einsatz der Gesamtfahrzeugsimulation in einer HIL-Anordnung am Motor-/Antriebsstrangprüfstand von Bedeutung. Diese ermöglicht eine Motor- und OBD-
Kalibrierung am Prüfstand unter Beach-tung quasi realer Fahrbedingungen.
Bei IAV wird für die dargestellten Auf-gaben das auf Matlab/Simulink basie-rende Tool Velodyn for ComApps einge-setzt. Dabei handelt es sich um eine fle-xible Simulationsumgebung zur Modellierung von Nutzfahrzeugen und mobilen Arbeitsmaschinen. Es steht eine umfangreiche und spezifische Modellbi-bliothek zur Verfügung. Bei der Notwen-digkeit detaillierterer Beschreibungen einzelner Komponenten können selbst-entwickelte oder kommerzielle Simulati-onstools direkt oder als Co-Simulation in Velodyn eingebunden werden [1, 2].
In 4 ist exemplarisch die Modellstruk-tur eines Nutzfahrzeugs abgebildet. Da das Betriebsverhalten maßgeblich von den Fahrwiderständen bestimmt wird, liegt der Fokus bei diesem Modell auf der längsdynamischen Abbildung des Fahrzeugs. Neben den Modellblöcken für die Umgebung, dem Zyklus und dem
Fahrerregler enthält die Modellstruktur vor allem die Abbildung des Antriebs-strangs mit Motor, Getriebe, Hybridsys-tem, Rekupera tionssystem und den ver-schiedenen Steuergeräten.
ENERGIEMANAGEMENT MIT WEITBLICK
Die Gesamtfahrzeug-Simulationsumge-bung Velodyn for ComApps ist aufgrund ihrer modularen Struktur eine ideale Plattform zur Entwicklung neuer Ener-giemanagementsysteme. So wurde am Beispiel eines 40-t-Lkw-Hybrid-Modells ein Managementsystem aufgebaut, das anhand einer zu minimierenden Kosten-funktion den Kraftstoffverbrauch in Echt-zeit optimiert und dabei alle beteiligten Teilsysteme des Antriebsstrangs berück-sichtigt. Als Regelungskonzept kommt die Equivalent Consumption Minimiza-tion Strategy (ECMS) zum Einsatz [3]. Dabei handelt es sich um ein Optimie-rungsverfahren, das für den aktuellen Betriebspunkt die optimale Momenten-aufteilung zwischen Verbrennungs- und Elektromotor bestimmt. Als Randbedin-gung wird der aktuelle Ladezustand der Batterie (SOC) berücksichtigt. Des Weite-ren wird in der Kostenfunktion die Abgastemperatur berücksichtigt, mit dem Ziel, die Abgasnachbehandlungskompo-nenten im optimalen Temperaturfenster betreiben zu können.
5 zeigt eine Prinzipskizze des Energie-managementsystems. Die ECMS ist in der Hybrid Control Unit (HCU) implementiert und hat den Aufteilungsfaktor u als Aus-gang. Dieser teilt das geforderte Gesamt-
0
1
0
Zeit [s]
-1
0
1
Drehmoment, angefordert
Drehmoment VKM
[Nm
]D
rehm
omen
tS
OC
[-]
u [-
]
8000 8500 9000 9500
2500
6 Exemplarischer Zeitverlauf relevanter Signale der ECMS
Fahrzeug
5 Signalflussbild der ECMS
4 Nutzfahrzeug-Modellstruktur in der Simulationsumgebung Velodyn for ComApps
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moment zwischen dem Moment des Ver-brennungsmotors:
GL. 1 TVKM=TReq∙(1–u)
und des Elektroantriebs:
GL. 2 TEMG=TReq∙u
auf. Als Eingang in die HCU werden die aktuelle Drehmomentanforderung TReq und der SOC herangezogen.
Einen exemplarischen Ausschnitt der Simulationsergebnisse zeigt 6. Es sind die Verläufe des vom Fahrer gewünschten und von der VKM angeforderten Drehmo-ments dargestellt. Des Weiteren sind der sich aus der Optimierung ergebende Auf-teilungsfaktor und der Ladezustand der Batterie SOC abgebildet. Die ECMS teilt in Abhängigkeit vom Batterieladezustand das Drehmoment so auf, dass in Bereichen geringer Wunschmomente der Verbren-nungsmotor entweder vollkommen abge-schaltet und folglich rein elektrisch ange-trieben wird (u = 1), oder eine Lastpunkt-verschiebung durchführt (u < 0). Nach längeren Phasen rein elektrischen Betriebs erfolgt eine Lastpunktverschie-bung, um eine effiziente Abgasnachbe-handlung zu gewährleisten.
Aktuelle Arbeiten bei IAV zum Thema Energieflussmanagement beinhalten die Entwicklung einer alternativen Strategie
zur ECMS. Dabei berücksichtigt eine modellprädiktive Regelung (MPC) bei-spielsweise zusätzlich laufend Informatio-nen der Fahrstrecke wie das Höhenprofil und die Fahrgeschwindigkeit, die in modernen Fahrzeugen über das Naviga-tionssystem bereitgestellt werden. Weitere Eingangsparameter wie Fahrzeug-zu-Fahr-zeug- oder Wetterinformationen sind eben-falls implementierbar.
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Zur Steigerung der Transporteffizienz künftiger Nutzfahrzeuge wird auch wei-terhin der Antriebsstrang einen wichtigen Beitrag leisten. Eine besonders herausfor-dernde Entwicklungsaufgabe ist die opti-male Integration von Rekuperations- und Hybridsystemen in den immer komplexe-ren Energiefluss. IAV verfolgt dabei unter-schiedliche Ansätze, bei denen eine ganz-heitliche Betrachtung der Energieflüsse unter Systemkenntnis der Subsysteme erfolgt. Diese komplexe Aufgabenstellung kann nur durch Zuhilfenahme moderner Entwicklungsmethoden wie zum Beispiel einer Gesamtfahrzeug simulation bewäl-tigt werden.
LITERATURHINWEISE[1] töpfer, t.; Eckert, P.; Seebode, J.; Behnk, K.: Energetische Gesamtfahrzeugsimulation als Werk-zeug zur Entwicklung hybrider Arbeitsmaschinen. 3. Fachtagung für hybride Arbeitsmaschinen, 2011[2] Eckert, P.; Henning, L.; reza, r.; Seebode, J.; Kipping, S.; Behnk, K.; traver, m.: management of Energy Flow in Complex Commercial Vehicle Pow-ertrains. Accepted SAE paper 12PFL-0653, 2012[3] Paganelli, G.; Ercole, G.; Brahma, A.; Gue-zennec, Y.; rizzoni, G.: A General Formulation for the Instantaneous Control of the Power Split in Charge-Sustaining Hybrid Electric Vehicles. Proc. Avec 2000, 5th Int. Symposium on Advanced Vehicle Control, Ann Arbor, mI, USA, 2000
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Die Autoren danken Kai Behnk für seine Mitarbeit
an dieser Veröffentlichung.
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