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1 Bericht Forum 5 (Bundesforum Vormundschaft/Pflegschaft Dresden 2010) Entwicklung von Professionalität zwischen Allmacht, Ohnmacht und Burnout Heidi Kloppert, StJA Duisburg Alwin vor der Brüggen, StJA Münster Detlef Heddier, KrJA Borken Moderation: Hans-Werner Pütz, LVR, Köln (Bericht) Moderator Hans-Werner Pütz vom LVR-Landesjugendamt Rheinland und überregionalen Arbeitskreis der Amtsvormünder in NRW begrüßte die anwesenden 39 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Zunächst verwies er auf die unterschiedlich anzutreffenden Strukturen in den Jugendämtern und verdeutlichte den geplanten Ablauf der 2 Stunden. Zu Beginn wurde anhand eines Modells mit aufgebauten Spielfiguren veranschaulicht, wie sich die Zahl von 50 Mündeln in Relation zu 100 Mündeln darstellt. Eine Karikatur, per Bea- mer an die Wand projiziert, machte das oft vergebliche Bemühen um positive Arbeitsergeb- nisse deutlich.

Entwicklung von Professionalität zwischen Allmacht ... · 19/01/2011  · Entwicklung von Professionalität zwischen Allmacht, Ohnmacht und Burnout Heidi Kloppert, StJA Duisburg

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Bericht Forum 5 (Bundesforum Vormundschaft/Pflegschaft Dresden 2010) Entwicklung von Professionalität zwischen Allmacht, Ohnmacht und Burnout Heidi Kloppert, StJA Duisburg Alwin vor der Brüggen, StJA Münster Detlef Heddier, KrJA Borken Moderation: Hans-Werner Pütz, LVR, Köln (Bericht) Moderator Hans-Werner Pütz vom LVR-Landesjugendamt Rheinland und überregionalen Arbeitskreis der Amtsvormünder in NRW begrüßte die anwesenden 39 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Zunächst verwies er auf die unterschiedlich anzutreffenden Strukturen in den Jugendämtern und verdeutlichte den geplanten Ablauf der 2 Stunden. Zu Beginn wurde anhand eines Modells mit aufgebauten Spielfiguren veranschaulicht, wie sich die Zahl von 50 Mündeln in Relation zu 100 Mündeln darstellt. Eine Karikatur, per Bea-mer an die Wand projiziert, machte das oft vergebliche Bemühen um positive Arbeitsergeb-nisse deutlich.

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Die Anwesenden wurden, gebeten, ihre Vorstellungen vom idealen Amtsvormund und die notwendigen persönlichen Voraussetzungen für eine qualitativ gute Vormundschaft auf Mo-derationskarten zu schreiben. Jeder hatte die Möglichkeit, mehrere Anforderungen zu be-nennen. Die grobe Sortierung der anschließend eingesammelten Karten mit den genannten Anforde-rungen ergab letztlich folgendes Bild der wesentlichen genannten Kompetenzen: Kompetenzen (Prozessqualität)

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Persönliche Voraussetzungen: - Interesse, Empathie, Parteilichkeit, Wohlwollen an/für Kinder/Jugendliche - Pädagogische Kompetenzen - Verwaltungs/-rechtliche Kompetenzen - Bereitschaft zur fachlichen/persönlichen Weiterentwicklung/Fortbildung - Kritikfähigkeit - Reflexion der eigenen Persönlichkeitsstruktur („(Ich bin) Alles, aber kein Vormund“) Im Folgenden wurden noch einige wesentliche Arbeitsbedingungen vorgestellt, die zur Ent-wicklung von Professionalität vorhanden sein müssen: Äußere Bedingungen (Strukturqualität) - Unterstützung / Rückendeckung durch Vorgesetzte (Fürsorgepflicht) - angemessene Bezahlung - Fortbildung ergänzend zur eig. Fachlichkeit - Fähigkeit/Möglichkeit sich zu „vernetzen“ - Supervision - Austausch mit anderen Vormündern Basierend auf sieben Grafiken, in denen Arbeitsplatzstrukturen (Mischarbeitsplätze) und Fallzahlbelastungen in der Vormundschaft abgebildet wurden, stellte Herr Pütz die Ergebnis-se einer aktuellen Umfrage bei den Jugendämtern in NRW vor, um ein Bild der „Ist-Situation“ zu geben. Nachstehend sind zwei Grafiken abgebildet, die sich auf die Fallzahlen in der Amtsvormundschaft beziehen.

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Nach Klärung der Zusammenhänge von Fallzahlen zu Arbeitszeit, Mischarbeitsplätzen und unterschiedlichen Belastungen in Relation zu Größe des Jugendamtes herrschte spürbare Betroffenheit im Plenum. Anstelle der vorgesehenen Power-Point – Präsentation von Auszügen aus den NRW Quali-tätsstandards für Vormünder wurde auf die wesentlichen Erkenntnisse des NRW Arbeitskrei-ses der Amtsvormünder zu optimalen Arbeitsweisen hingewiesen, die auch in den aktuell herausgegebenen „Qualitätsstandards für Vormünder“ veröffentlicht worden sind In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die Arbeit oft durch nicht abgestimm-te Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren erschwert wird. Die Kooperation zwischen ASD und Amtsvormund könnte besser sein. Ferner bedürfen die Familiengerichte unbedingt einer Rückmeldung über Arbeitsüberlastungen in der Amtsvormundschaft, um die Bestellautomatik des Jugendamtes zu hinterfragen. Ebenso sollten sich die Familiengerichte über die Kapazitäten des Jugendamtes vergewissern. Überlastungen müssen unbedingt auch der Leitung angezeigt werden. Die nachstehenden Inhalte (in einer Power-Point-Präsentation vorgestellt) fassen vereinfacht die Merkmale und Wirkungszusammenhänge von Burnout im Arbeitsfeld der sozialen Tätig-keiten zusammen:

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1. Entwicklung von Professionalität ...zwischen All macht, Ohnmacht und Burnout

2. Burnout - Definition „Zustand spiritueller mentaler und körperlicher Erschöpfung, ohne Hoffnung und ohne Energie, und man glaubt, das wird sich nie mehr ändern“ (Kubbassek, Ben; 2001).

3. „Burnoutsyndrom“ - Sozialforschung Seit ca. 20 Jahren Forschungen zum „Burnout“ – beschrieben als schleichender inne-rer Prozess des Ausbrennens bedingt durch Verschleißerscheinungen der Arbeits-welt - gekennzeichnet durch Erkrankungen, Stresssymptome, starke körperliche und seeli-sche Erschöpfung, Depressionen, Angstzustände,... Besonders gefährdet: Fachkräfte aus sozialen Arbeitsfeldern

4. (Einige) Arbeitsbedingungen von Fachkräften in der sozialen Arbeit Balanceakt zwischen Nähe und prof. Distanz Hilfsbedürftigkeit und Erwartungshaltung von Klienten Gefühle hoher Verantwortlichkeit für Lebensschicksale (je nachdem - Tiefe Einblicke in schwierige Lebensumstände Konfrontation mit Armut, Verwahrlosung, Vernachlässigung, Gewalt, psychi-schen/Erkrankungen, biografischen Brüchen, ...)

5. Äußere Bedingungen sozialer Arbeit enge personelle Ressourcen Verschärfung sozialer Problemlagen bei Klienten steigende Fallzahlen Druck und Belastungen in der Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen

6. Sozialwissenschaftliche Erklärungsansätze Hauptsächlich zwei Ansätze werden vertreten: - Persönlichkeitszentrierte Ansätze (Burisch, Freudenberger u.a.) – Relevant: Persönlichkeit /-sstruktur - Und sozial-, arbeits- bzw. organisationspsychologische Ansätze (z.B. Cher-niss,Maslach u. Jackson u.a.) – Relevant: Institution u. Arbeitsfeld

7. Zusammenhänge - Faktoren Persönlichkeit /-struktur: zu hohe Ansprüche an sich selbst, mangelnder Ausgleich, sich nicht abgrenzen kön-nen, eigene Erziehung, keine Trennung von Privatem und Arbeit, Einzelkämpfermen-talität, Konfliktvermeidung, sich unersetzlich machen, keine Pausen, sich selbst nicht wichtig nehmen, ... und Arbeitsbedingungen: zu hohe Fallzahlen, hoher Erfolgsdruck, schwierige Arbeitsbedingungen, Probleme mit Kosten-/Leistungsträgern, schwierige Arbeitsmarktlage, Druck von „oben“, schlechtes Arbeitsklima, wenig Feedback, fehlende Fortbildung, mangelndes Fach-wissen, fehlende Supervision, Mobbing, Überstunden, Mehrfachbelastungen, fehlen-de Anerkennung, keine beruflichen Weiterentwicklungsperspektiven, ... und gesellschaftliche Faktoren, die beides beeinflussen

8. „Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe.“(Sprich wort) SELBSTFÜRSORGE??

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9. „Die gute Nachricht“ für Veränderungen

„Wir haben zwar nicht immer Einfluss auf differenzierte und umfassende Veränderun-gen von Arbeitsbedingungen, Strukturen am Arbeitsplatz und familiären/häuslichen Anforderungen und Pflichten, aber immer die Möglichkeit, unseren Blick darauf zu verändern ... und so sukzessive Veränderungsprozesse in kleinen Schritten einzulei-ten.“ (Poulsen, I. in: Burnoutprävention im Berufsfeld Soziale Arbeit, 2009).

10. Acht Säulen der Burnoutprävention

(I. Poulsen) Selbsterkenntnis – Bewusstheit / Bewusstsein – innere Klarheit Grenzen erkennen und setzen können, Nein sagen Gelassenheit und Optimismus Hobbys, Ausgleich, Sport Gute Kollegen/- innen, gutes Team Um Hilfestellung bitten können Soziale Netzwerke, Freunde, Familie Humor, Spaß und Freude – These: Auf Dauer gesunderhaltend sind die vorhandenen Lebenseinstellungen, Hal-tungen, Handlungsweisen die es allein mit vorhandenen Stressfaktoren im berufli-chen Alltag aufnehmen können.

Dies vor allem vor dem Hintergrund struktureller Defizite und den Grenzen persönlicher Kompensation. Vielfaches Kopfnicken und „Kulissengeflüster“ zeigte, dass die Darstellung voll ins Schwarze traf. So war es sehr wesentlich, intensiv und gemeinsam auf die Möglich-keiten zur persönlichen Verhinderung der Symptome einzugehen. Auch hier war die Wiedererkennung mit der örtlichen Situation spürbar. Im zweiten Teil schilderten zuerst Frau Kloppert vom Jugendamt der Stadt Duisburg, an-schließend Herr Heddier, Kreisjugendamt Borken und zum Schluss Herr vor der Brüggen vom Jugendamt der Stadt Münster, die Ausgangssituation, den Prozess und die weitere Entwicklung von strukturellen und personellen Veränderung im Aufgabengebiet in ihren je-weiligen Jugendämtern. Alle genannten Vormünder gehören dem überregionalen Arbeits-kreis der Amtsvormünder in NRW an. Die drei Präsentationen sind beigefügt. Frau Kloppert konnte auf eine komplette Strukturänderung im Jugendamt Duisburg, ange-stoßen durch die Praktiker, aber auch von der Leitung gewollt, verweisen. Die Trennung von Beistandschaften und Vormundschaften wurde vollzogen. Die Vormünder sind als selbstän-dige Einheit in der Abteilung tätig. Ganz anders vollzog sich der Wandel im Kreisjugendamt Borken. Offensichtlich wirkte der Vortrag von Detlef Heddier, der die konsequente Ablehnung der Übernahme nicht mehr zu tragender Verantwortung aufgrund zu hoher Fallzahlen darstellte und die den Vorgesetzten zu leistenden Unterschriften zwang bis hin zu der angestrebten vollzogenen Umstrukturie-rung /Personalerhöhung - auf einige der Anwesenden ermutigend. Den Abschluss bildete die Darstellung von Alwin vor der Brüggen aus Münster. Hier war An-stoß der Neuausrichtung die bis dahin bestehende fachliche Anbindung der Vormundschaft, die als neuer selbständiger Aufgabenbereich herausgelöst und profiliert wurde, um geset-zeskonform zu arbeiten. In Münster wird seit der Neuausrichtung das sog. „Viersäulenmodell der Vormundschaft“ umgesetzt.

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Abschließend bestand Übereinstimmung darin, dass jetzt angesichts der vorgelegten flankie-renden gesetzlichen Maßnahmen zu Änderungen in der Vormundschaft der ideale Zeitpunkt ist, Veränderungen anzustoßen oder einzufordern und dabei darauf zu achten, dass dieses Vorgehen nicht zum Burnout führt. Anlage:

I. Präsentation der Entwicklung im Jugendamt der Stadt Duisburg II. Präsentation der Entwicklung im Jugendamt des Kreises Borken III. Präsentation der Entwicklung im Jugendamt der Stadt Münster

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I. Duisburg Ausgangsbasis: - Mischarbeitsplätze - Fallzahl von 240 Fällen - Überwiegend Schreibtischtätigkeit, kaum Mündelkontakt Umstrukturierungsprozess: - Angestoßen durch Mitarbeiter - Unterstützung durch Sachgebietsleitung - Interne Bestandsaufnahme - Einbindung von Personalamt und Personalrat = Projektgruppe nimmt Arbeit auf - Beteiligung der Mitarbeiter in der Projektgruppe - Mitarbeitergespräche und kollegiale Beratung begleiten den Prozess - Weitgehende Berücksichtigung der Mitarbeiterwünsche Zentralisierung im Januar2006 - „entmischter“ Arbeitsplatz - Fallzahl von 95 Fällen - regelmäßige Supervision und Dienstbesprechung - Arbeits- und Orientierungshilfe „Qualitätsstandards für Vormünder“ ist Grundlage der Tätigkeit Änderungen nach der Zentralisierung - Fallreduzierung auf 86 Fälle - Besetzung freier Stellen mit Sozialarbeitern mit dem Ziel der hälftigen Besetzung - Arbeitsgruppenleitung, teilweise freigestellt - Steigende Fallzahlen, derzeit 10 Vormünder Kooperationen - Kooperationsvereinbarung mit dem Fachbereich „Pflegekinderdienst/Adoptionsvermittlung“ - Gespräche für Kooperationsvereinbarung mit dem Allgemeinen Sozialen Dienst - Beteiligung an den Gesprächen zwischen dem Jugendamt und den drei Duisburger Gerichten Zukünftige Entwicklungen - Reduzierung der Fallzahlen im Vorgriff auf die Gesetzesänderung durch - Beantragung von zusätzlichen Planstellen - Gewinnung von Vereinsvormündern

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II. Borken

1. Entwicklung der Amtsvormundschaft

2. Ausgangsbasis: • Mischarbeitsplätze (3,5 Planstellen) • Fallzahlen: 280 Beistandschaften und 50 Vormundschaften je Planstelle • Fast ausschließlich nur Schreibtischtätigkeit

3. Umstrukturierungsprozess:

angestoßen durch Mitarbeiter Druck auf Fachabteilungsleiter und Fachbereichsleiter Positionspapier des Fachbereichsleiters im Rahmen einer generellen Aufgabenkritik im Sozialen Dienst

4. Erfolg : Schaffung von zwei zusätzlichen Stellen durch den Verwaltungsvorstand

5. Situation seit dem 01.07.2002:

„Entmischte“ Arbeitsplätze (2 Planstellen) Fallzahlen von insgesamt 175 Vormundschaften und Pflegschaften Aufteilung nach Ortschaften wegen Flächenkreis, dadurch unterschiedliche Fallbelas-tungen

6. Organisatorische Rahmenbedingungen:

Kooperationsleitfaden mit den Sozialen Diensten zur Klärung der Zuständigkeiten Festschreibung der Weisungsfreiheit des Vormundes Supervision Generelle Dienstgenehmigung für NRW Regelmäßige Teilnahmemöglichkeit an Fortbildungen Diensthandys zur Sicherung der ständigen Erreichbarkeit

7. Zukünftige Entwicklungen:

Zusicherung von zwei weiteren Stellen bei Inkrafttreten des Gesetzes durch den Vor-stand im Jugendhilfeausschuss Anforderung von weiteren Stellen durch den Fachbereich auf Grund der durch die Vormünder gestellten Überlastungsanzeige

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III. Münster Umstrukturierung und Neuorganisation der Fachdienst e im Jugendamt der Stadt Münster

Neben der inhaltlichen Modifizierung war erklärtes Ziel der Umstrukturierung, dass bei einem Entzug der elterlichen Sorge durch das Familiengericht und Übertragung dieser auf das Ju-gendamt die familiengerichtlichen von den Hilfe gewährenden Aufgaben getrennt organisiert werden. Umsetzung: 01.01.2004 Adoptiv- und Pflegekinderdienst, Heimerziehung und Vormundschaften/ Pflegschaften wur-den eigenständige Fachdienste mit Koordinatoren. Fachdienst Vormundschaften/Pflegschaften: Fallzahl pro Vollzeitstelle: max. 50 Keine „Mischarbeitsplätze“ Kooperation mit anderen „Anbietern“ Erstellung des Organisationskonzepts: Mai 2005

DAS VIERSÄULENMODELL DER VORMUNDSCHAFTEN UND PFLEG-SCHAFTEN

1 DIE VIERSÄULEN DER VORMUNDSCHAFTEN UND PFLEGSCHAF TEN

2 DIE FORMEN DER VORMUNDSCHAFTEN UND PFLEGSCHAFTEN

3 DAS VIERSÄULENMODELL DES FACHDIENSTES VORMUND-

SCHAFTEN UND PFLEGSCHAFTEN IM JUGENDAMT •••• SÄULE 1 – STEUERUNG UND KOORDINATION •••• SÄULE 2 – DAS FÜHREN VON VORMUNDSCHAFTEN UND PFLEGSCHAFTEN FÜR MINDERJÄHRIGE •••• SÄULE 3 – EHRENAMTLICHE VORMÜNDER •••• SÄULE 4 – WEITERENTWICKLUNG UND FORTSCHREIBUNG DER STANDARDS IM BEREICH DER VORMUNSCHAFTEN AUF KOMMUNALER EBENE

1. DIE VIERSÄULEN DER VORMUNDSCHAFTEN UND PFLEGSCHA FTEN

•••• Ehrenamtlicher Vormund oder Pfleger Vorzugsweise Verwandte und andere geeignete Einzelpersonen •••• Berufsvormund/-pfleger Feststellung der Berufsmäßigkeit durch das Vormundschaftsgericht

gem. § 1836 Abs. 1 Satz 2 ff BGB •••• Vereinsvormund/-pfleger

Rechtsfähiger und vom Landesjugendamt hierzu als geeignet erklärter Verein (§ 1791a BGB).

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•••• Amtsvormund/-pfleger Jugendämter

Aufgaben des Vormundes/Pflegers werden nach § 55 Abs. 2 SGB VIII einzelnen Angestellten oder Beamten übertragen.

2. DAS VIERSÄULENMODELL DES FACHDIENSTES VORMUNDSCH AFTEN UND PFLEGSCHAFTEN IM JUGENDAMT

Säule 1 – Steuerung und Koordination � Die fachliche Kompetenz des Fachdienstes für den Aufgabenbereich der Vormund-

schaften soll stärker genutzt werden. � Der Fachdienst ist Ansprechpartner für alle fachlichen Fragen zur Vormundschaft in

der Kommune. � Die Beratung und Unterstützung von Einzelvormündern und Vereinsvormündern ist

Aufgabe des Fachdienstes und erfolgt durch diesen (§ 53 Abs. 2 SGB VIII).

3. DAS VIERSÄULENMODELL DES FACHDIENSTES IM JUGENDA MT Säule 1 – Steuerung und Koordination

� Neue Organisationsstruktur � Der Fachdienst des Jugendamtes ist im Bereich der Vormundschaften zentraler An-

sprechpartner für die am Prozess beteiligten Mitarbeiter des Sozialbezirks. � Die Mitarbeiter des Sozialbezirks nehmen zum Fachdienst Kontakt auf, sobald Anlass

für eine entsprechende Antragstellung/ Mitteilung beim Familiengericht erkennbar wird.

� Vorherige Klärung mit dem Fachdienst, welche familiengerichtliche Maßnahme in der jeweiligen Fallkonstellation sinnvoll ist.

� Um dem zuständigen Familiengericht rechtzeitig vor seiner Entscheidung einen ge-eigneten Vormund vorschlagen zu können, ist es ebenfalls erforderlich, dass der Mit-arbeiter des Sozialbezirks Kontakt zum Fachdienst aufnimmt.

���� Optimierter Verfahrensablauf

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Wahrnehmung von Vormundschaften und Pflegschaften in der Stadt Münster 10

DAS VIERSDAS VIERSÄÄULENMODELL DES FACHDIENSTES IM JUGENDAMT ULENMODELL DES FACHDIENSTES IM JUGENDAMT SSääule 1 ule 1 –– Steuerung und KoordinationSteuerung und Koordination

Optimierter VerfahrensablaufOptimierter Verfahrensablauf

Nach RNach R üücksprache mit dem Fachdienst erfolgt die Antragstel lung im Soziacksprache mit dem Fachdienst erfolgt die Antragstel lung im Sozia lbezirk lbezirk an das Familiengericht auf Einrichtung einer an das Familiengericht auf Einrichtung einer

Vormundschaft (mit oder ohne Vorschlag)Vormundschaft (mit oder ohne Vorschlag)

•• Entscheidung des Familiengerichts, im Entscheidung des Familiengerichts, im EilverfahrenEilverfahrendie elterliche Sorge ganz oder teilweise auf einen die elterliche Sorge ganz oder teilweise auf einen noch zu bestellenden Vormund zu noch zu bestellenden Vormund zu üübertragen, oderbertragen, oder

•• Bestellung eines AmtsvormundesBestellung eines Amtsvormundes

Entscheidung des Familiengerichts, dem Vorschlag Entscheidung des Familiengerichts, dem Vorschlag des Jugendamtes zu entsprechen und den Einzeldes Jugendamtes zu entsprechen und den Einzel --

oder Vereinsvormund zu bestellenoder Vereinsvormund zu bestellen ..

Der Fachdienst fDer Fachdienst f üührt die Vormundschafthrt die Vormundschaftselbst (AV/AP). Er prselbst (AV/AP). Er pr üüft im Verlauf, ob eine Einzelft im Verlauf, ob eine Einzel --vormundschaft infrage kommt.vormundschaft infrage kommt.

Der Fachdienst wDer Fachdienst w äählt aus und macht dem hlt aus und macht dem Familiengericht einenFamiliengericht einenVorschlag (EinzelVorschlag (Einzel -- oder Vereinsvormundschaft)oder Vereinsvormundschaft)

Dem Fachdienst wird der Beschluss vom GerichtDem Fachdienst wird der Beschluss vom Gerichtüübersandt. Er wbersandt. Er w äählt einen geeigneten Vormundhlt einen geeigneten Vormundaus und faus und f üührt diesen in seine Aufgabe ein.hrt diesen in seine Aufgabe ein.

Der Fachdienst bittet das Familiengericht um Der Fachdienst bittet das Familiengericht um Entlassung und Bestellung der vorgeschlagenen Entlassung und Bestellung der vorgeschlagenen

Person zum VormundPerson zum Vormund

4. DAS VIERSÄULENMODELL DES FACHDIENSTES IM JUGENDA MT Säule 2 – Die Führung von Vormundschaften für Minde rjährige Zur Führung von Vormundschaften für Minderjährige wird auf die Arbeits- und Orien-tierungshilfen in den „Qualitätsstandards für Vormünder“, herausgegeben am 01.07.2010 von den Landesjugendämtern Rheinland und Westfalen, erarbeitet vom überregionalen Arbeitskreis der Amtsvormünder in NRW, verwiesen. Diese sind auch Grundlage für die konzeptionelle Arbeit des Fachdienstes der Stadt Münster.

5. DAS VIERSÄULENMODELL DER VORMUNDSCHAFTEN UND PFL EGSCHAFTEN Säule 2 – Die Führung von Vormundschaften für Minde rjährige

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DAS VIERSDAS VIERSÄÄULENMODELL DER VORMUNDSCHAFTEN UND PFLEGSCHAFTENULENMODELL DER VORMUNDSCHAFTEN UND PFLEGSCHAFTEN

Fallkonstellationen im Bereich von Vormundschaften un d PflegschaFallkonstellationen im Bereich von Vormundschaften u nd Pflegscha ftenften

Vormundschaften/ Pflegschaften

Einzel- vormund

Freie

Träger

Jugendamt

Gesetzliche Amt-vormundschaften

Ruhen der elterlichen Sorge bei rechtlichem Hindernis (z. B.: Kind einer nicht verheirateten minderjährigen Mutter)

Ruhen der elterlichen Sorge bei rechtlichem Hindernis (z. B.: psychische Erkrankung von Sorgeberechtigten)

Ruhen der elterlichen Sorge bei Adoption

ja1

ja

nein

nein

ja 3

nein

ja2

ja2

ja Bestellung durch Gericht nach Entzug der elterlichen Sorge gem. § 1666 BGB

nein

ja2

ja3

Bestellte

Vormundschaften

Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

ja1

ja2

ja3

Bestellte

Pflegschaften

Personensorgerechtspflegschaften (Entzug gem. § 1666 BGB) Aufenthaltsbestimmungspflegschaften (Entzug gem. § 1666 BGB) ** Vermögenspflegschaften * sonstige Ergänzungspflegschaften (Aussage, Prozess etc.)

nein

nein

ja1

ja1

ja 2

ja2

ja

ja2

ja3

ja3

ja

ja3

Legende: 1 Vorrangiges Betätigungsfeld von Einzelvormündern 2 In besonderen Einzelfällen 3 Hochkomplexe und schwierige Fallkonstellationen

Erläuterungen:

� *Vermögenspflegschaften sollten vorzugsweise fachkundigen Einzelpflegern (Rechtsanwälte, Steuerberater, Finanzbeamte, Betriebswirte u. a.) übertragen wer-den.

� **Kinder und Jugendliche, welche zu diesem Personenkreis zählen, haben aufgrund ihrer Vorerfahrungen einen besonders hohen Bedarf an Hilfe und Unterstützung durch den gesetzlichen Vertreter. Jugendhilfemaßnahmen werden von den Betroffenen oftmals abgelehnt oder greifen nicht. In schwierigen Fällen kommt es daher häufig bei älteren Kindern und Jugendli-chen zu Konflikten mit einzelnen Mitarbeitern der Einrichtung oder auch zu körperli-chen Auseinandersetzungen mit anderen Bewohnern einer Heimgruppe. Zur Vermeidung von Eigen- und Fremdgefährdung ist häufig eine vorübergehende Unterbringung des Mündels in die Kinder- und Jugendpsychiatrie notwendig. Diese Situation erfordern ein hohes Maß an Einsatzfähigkeit und Belastbarkeit des Vormun-des. In diesen Fällen sollte daher von einer Einzelvormundschaft abgesehen werden. Die ausschließliche Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts hat zur Folge, dass der Pfleger in vielen Fällen sehr eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten in der Arbeit für sein Mündel hat und sich die Zusammenarbeit mit den Eltern als sehr schwierig erweist. Die Übertragung der Pflegschaft sollte daher auf einen Träger der Jugendhilfe oder dem Jugendamt erfolgen.

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6. DAS VIERSÄULENMODELL DES FACHDIENSTES IM JUGENDAMT

Säule 3 – Ehrenamtliche Einzelvormünder � Die Gewinnung, Überprüfung, Schulung, Beratung und Unterstützung von ehrenamt-

lichen Einzelvormündern ist Aufgabe des Fachdienstes. � Über Vereine, Organisationen, Kirchengemeinden, der örtlichen Tagespresse, das

Lokalradio/-fernsehen etc. sollen Einzelpersonen angesprochen werden. � Im Rahmen von Informationsveranstaltungen erhalten die Teilnehmer Informationen

über die Arbeit des Vormundes. � Sie werden gem. § 72a SGB VIII nach Vorlage der notwendigen Unterlagen (Bewer-

berbogen, polizeiliches Führungszeugnis, ärztliches Artest, etc.) in Einzelgesprächen überprüft und im Rahmen von Gruppenarbeit und Schulungen auf die Aufgabe vorbe-reitet.

� Ist eine Einzelperson zum Vormund bestellt, so kann sie jederzeit auf das Beratungs- und Unterstützungsangebot des Jugendamtes zurückgreifen (§ 53 Abs. 2 SGB VIII).

7. DAS VIERSÄULENMODELL DES FACHDIENSTES IM JUGENDAMT Säule 3 – Ehrenamtliche Einzelvormünder

Schulung für zukünftige ehrenamtliche Einzelv ormünder

•••• Das Informationsgespräch (Einzelgespräch) im Jugend amt

•••• Die Gruppenarbeit Die zu vermittelnden Inhalte müssen sich auf alle Formen der Vormundschaft und dessen Aufgabenbereiche beziehen:

- Vermittlung von gesetzlichen Grundlagen für die Aufgabenerledigung des Vormundes

- Die Aufgaben des Vormundes (Beteiligung, Hilfeplanung, Berichterstattung, etc.)

- Die Rolle des Vormundes gegenüber dem Mündel (Kontakte, Verbindlich keit, Verlässlichkeit, Parteilichkeit, etc.) - Die Rolle des Vormundes in der Zusammenarbeit mit anderen Beteiligten (Jugendhilfe, Familien- und Vormundschaftsgericht, Einrichtungen, Eltern, etc.) - Vermittlung von sozialpädagogischen und psychologischen Inhalten

8. DAS VIERSÄULENMODELL DES FACHDIENSTES IM JUGENDA MT Säule 4 – Weiterentwicklung und Fortschreibung von Standards im Bereich der Vormundschaften auf kommunaler Ebene

•••• Der Fachdienst stellt den regelmäßigen Austausch zwischen den Beteiligten

mit dem Ziel der kommunalen Vernetzung im Rahmen eines örtlichen Arbeits-kreises sicher

•••• Ständige Teilnehmer sind: Familienrichter, Rechtspfleger, Anwälte, Vereins-vormünder, Berufsvormünder, Verfahrenspfleger, Mitarbeiter des Sozialbe-zirks und freier Träger.

•••• Der Fachdienst übernimmt die Geschäftsführung und ist für die Organisation und Durchführung verantwortlich.

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•••• Er unterstützt das Familiengericht im Rahmen des Verfahrens, bei Entschei-dungen über die Einrichtung einer Vormundschaft durch Sachverhaltsklärung und sozialpädagogische Stellungnahme.

•••• Der Fachdienst organisiert und führt Sonderveranstaltungen und Fortbildun-gen für Einzelvormünder in Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern durch.

•••• Er macht durch kontinuierliche Werbung und entsprechende Öffentlichkeitsar-beit (Infoveranstaltungen, Flyer, etc.) den Aufgabenbereich des Vormundes bekannt.