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5XELQVWHLQV*HLVW D er Europapokal hat sich zu ei- ner der traditionsreichsten Veranstaltungen auf unserem Kontinent entwickelt. In diesem Jahr registrierten die Veranstalter mit 62 Mannschaften einen neuen Teilnehmerrekord! Im krassen Gegensatz dazu beteiligten sich nur elf Mannschaften am parallel ausgetragenen Wettbewerb der Frauen, in dem jedoch immerhin ein Großteil der Weltspitze auf- lief, darunter mit Hou Yifan, Alexandra Kostenjuk, Zhu Chen und Antoaneta Stefanowa die am- tierende und drei Ex-Weltmeiste- rinnen. Der Männerwettbewerb war eben- falls exzellent besetzt, es fehlten praktisch nur die Spieler, die par- allel in São Paulo beim Grand- Slam aktiv waren. Boris Gelfand bestritt einen seiner letzten Wett- kämpfe vor dem WM-Match ge- gen Vishy Anand. Mit von der Partie waren auch Peter Swidler (St. Petersburg) und Alexander Grischuk, die sich gerade in Chanty Mansijsk für den darauf- folgenden WM-Zyklus qualifi- ziert hatten, daneben die aserbai- dshanischen Stars Teimur Radja- bow und Schachrijar Mamedja- row, Ex-Weltmeister Rustam Ka- simdshanow (alle Baku) – die Aufzählung namhafter Akteure ließe sich beliebig fortsetzen. Und vergessen wir nicht Legenden wie Viktor Kortschnoj (Zürich; der im Schweizerischen Wohlen kurz vor der Veranstaltung gemeinsam mit seiner Frau in eine Einrichtung für ,,Betreutes Wohnen“ übergesie- delt war) und Robert Hübner (Echternach). Austragungsort war das wunder- schöne imperiale Kurbad Rogaška Slatina (Foto oben), in dem einst die österreichisch-ungarischen Monarchen Kaiser Franz Josef II. und Maria Theresia die Sommer- monate verbrachten und dabei das örtliche Mineralwasser Donat tranken, das für seinen hohen Magnesiumanteil berühmt war und ist. Die Spitzenpaarungen wurden im feuda- len Kristallsaal des Grand Hotels ausgetragen, in dem 1929 der große Akiba Ru- binstein seinen letzten Turniersieg feierte! Gelfand, dessen Lieblings- spieler Rubinstein ist, war davon so angetan, dass er sich eigens mit den Partien von da- mals beschäftigte! Der Europapokal wurde – anders als die meisten ande- ren Eliteturniere unserer Zeit – von zahlreichen Zu- schauern besucht, die aus allen Teilen Sloweniens, aus dem be- nachbarten Kroatien, aus Öster- reich, Ungarn, Serbien und sogar aus Spanien herbeiströmten! D ie Männerveranstaltung kur- siert – wie auch bei Olympia- den und Mannschafts-Europamei- sterschaften – unter dem Begriff ,,offen“, da die Teilnahme von Vertreterinnen des anderen Ge- schlechts ebenfalls erlaubt ist. Diesmal waren es jedoch lediglich die Franzosen aus Marseille, die am dritten Brett mit Laurie Delor- me eine Dame aufstellten. Von Turnierdirektor Adrian Michaltschischin $NLED5XELQVWHLQLQ5RJDäND6ODWLQD GHXWVFK5RKLWVFK6DXHUEUXQQ Europapokal für Vereinsmannschaften 50 Schach 11/11

Europapokal für Vereinsmannschaften 5XELQVWHLQV*HLVW...Grischuk, die sich gerade in Chanty Mansijsk für den darauf-folgenden WM-Zyklus qualifi-ziert hatten, daneben die aserbai-dshanischen

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    Der Europapokal hat sich zu ei-ner der traditionsreichstenVeranstaltungen auf unseremKontinent entwickelt. In diesemJahr registrierten die Veranstaltermit 62 Mannschaften einen neuenTeilnehmerrekord! Im krassenGegensatz dazu beteiligten sichnur elf Mannschaften am parallelausgetragenen Wettbewerb derFrauen, in dem jedoch immerhinein Großteil der Weltspitze auf-lief, darunter mit Hou Yifan,Alexandra Kostenjuk, Zhu Chenund Antoaneta Stefanowa die am-tierende und drei Ex-Weltmeiste-rinnen.Der Männerwettbewerb war eben-falls exzellent besetzt, es fehltenpraktisch nur die Spieler, die par-allel in São Paulo beim Grand-Slam aktiv waren. Boris Gelfandbestritt einen seiner letzten Wett-kämpfe vor dem WM-Match ge-gen Vishy Anand. Mit von derPartie waren auch Peter Swidler(St. Petersburg) und AlexanderGrischuk, die sich gerade inChanty Mansijsk für den darauf-folgenden WM-Zyklus qualifi-ziert hatten, daneben die aserbai-dshanischen Stars Teimur Radja-bow und Schachrijar Mamedja-row, Ex-Weltmeister Rustam Ka-simdshanow (alle Baku) – dieAufzählung namhafter Akteureließe sich beliebig fortsetzen. Undvergessen wir nicht Legenden wieViktor Kortschnoj (Zürich; der im

    Schweizerischen Wohlen kurz vorder Veranstaltung gemeinsam mitseiner Frau in eine Einrichtung für,,Betreutes Wohnen“ übergesie-delt war) und Robert Hübner(Echternach).Austragungsort war das wunder-schöne imperiale Kurbad RogaškaSlatina (Foto oben), in dem einstdie österreichisch-ungarischenMonarchen Kaiser Franz Josef II.und Maria Theresia die Sommer-monate verbrachten und dabei dasörtliche Mineralwasser Donattranken, das für seinen hohenMagnesiumanteil berühmt warund ist. Die Spitzenpaarungenwurden im feuda-len Kristallsaaldes Grand Hotelsausgetragen, indem 1929 dergroße Akiba Ru-binstein seinenletzten Turniersiegfeierte! Gelfand,dessen Lieblings-spieler Rubinsteinist, war davon soangetan, dass ersich eigens mit denPartien von da-mals beschäftigte!Der Europapokalwurde – anders alsdie meisten ande-ren Eliteturniereunserer Zeit – vonzahlreichen Zu-

    schauern besucht, die aus allenTeilen Sloweniens, aus dem be-nachbarten Kroatien, aus Öster-reich, Ungarn, Serbien und sogaraus Spanien herbeiströmten!

    Die Männerveranstaltung kur-siert – wie auch bei Olympia-den und Mannschafts-Europamei-sterschaften – unter dem Begriff,,offen“, da die Teilnahme vonVertreterinnen des anderen Ge-schlechts ebenfalls erlaubt ist.Diesmal waren es jedoch lediglichdie Franzosen aus Marseille, dieam dritten Brett mit Laurie Delor-me eine Dame aufstellten.

    Von TurnierdirektorAdrian Michaltschischin

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    Europapokal für Vereinsmannschaften

    50 Schach 11/11

  • Aus Island kamen zwei Mann-schaften, die ein Fischerdorf re-präsentierten! Zur Zeit boomtdortzulande die Fischerei undwirft hohe Gewinne ab. Großmei-ster Margeir Petursson, der inzwi-schen einer Bank in der Ukrainevorsteht, erklärte, dass die Krisedem Schach in Island eher gehol-fen habe, da die Menschen Ab-stand von der geschäftlichen Hek-tik suchen. Die Schachvereine sei-en wieder gut frequentiert.Die gefeiertste Persönlichkeit dergesamten Veranstaltung war ein-mal mehr Viktor Kortschnoj, derselbst mit seinen 80 Jahren nocham Brett sitzt! Auch, dass seineFrau Petra aus gesundheitlichenGründen die Reise nach Sloweni-en absagen musste, konnte ihnnicht abhalten. Viktor bekam seinEssen von den Kellnern stets ser-viert, während alle anderen sicham Buffet bedienten – eine Selbst-verständlichkeit im schachbegei-sterten Ex-Jugoslawien!Und den einen oder anderen Ge-nuss bereitete sich der Schweizerauch selbst:

    V. Kortschnoj (Zürich) 2556N. Grandelius (Lund) 2536

    -+-+-+-T+-+-+p+--+-zk+p+t-+-z-+-r+P+-+-++-+-+-+-P+-T-Z-Z+-+-+K+-Stellung nach 38. Îh4-h8

    Aus einer Verluststellung heraushatte sich Kortschnoj in diesesDoppelturmendspiel gerettet, indem es nach 38... Î:c4 immernoch übel um Weiß bestellt gewe-sen wäre. Stattdessen geschah...

    38... Î:a2? 39. Îe8+ Êd7

    -+-+R+-++-+k+p+--+-z-+p+t-+-z-+--+P+-+-++-+-+-+-r+-T-Z-Z+-+-+K+-40. Î:e5!!Rums! Da feixte der große alteMann!40... Îa1+ 41. Îe1 Î:e1+ 42.Ê:e1 Êc6 43. Îd4 Îe5+ 44. Êd2Êc5 45. Îg4 Îe8 46. Êd3 Îa847. Îg5+ Êc6 48. f4 Îa2 49. f5

    Remis

    Als Favorit galt neben den vierrussischen Vertretungen unddem deutschen Meister Baden-Baden vor allem das Team vonSOCAR Baku, das die Setzlisteanführte. Gesponsert wird dieMannschaft von der gleichnami-gen aserbaidshanischen Ölgesell-

    schaft, die als Hauptsponsor auchden heimatlichen und den georgi-schen Schachverband unterstützt.Mit Ausnahme der wenig gelitte-nen Gaschimow und Guseinowspielen alle aserbaidshanischenSpitzenkräfte bei SOCAR, ver-stärkt um Alexander Grischuk,den in Baku geborenen IsraeliEmil Sutovsky, Andrej Wolokitinund Rustam Kasimdshanow.Das klingt ziemlich furchtein-flößend. Doch in Runde 3 passier-te folgendes:

    B. Predojevic (Sarajevo) 2643S. Mamedjarow (Baku) 2746

    -+r+-+-m+-+-+-+p-z-+-+-zzP+-+n+-P+-+-+N++Ls-+P+P-+-zr+-ST-+-+-TKStellung nach 33. Íf7-b3

    Der Kulminationspunkteiner verrückten Partie.Eben noch stand Weißmit seiner Mehrfigur aufGewinn und hatte eingegnerisches Remisan-gebot abschlägig be-schieden, nun bot er un-ter dem Eindruck dersich geänderten Kräfte-verhältnisse in undurch-sichtiger Lage selbst diePunkteteilung an.Aber der Kampf standfür SOCAR nicht zumbesten ,,Weiterspie-len! lautete daher dieAnweisung von Team-captain Wladimir Tuk-makow. Und Mamedja-row begann zu opfern...33... Ìe4??

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    Rogaška Slatina (Slowenien)

    Schach 11/11 51

  • Die damit ver-bundene Aktionauf der gegneri-schen Grundreiheerweist sich alsvöllig verfehlt. Dem Zweck, dend-Bauern durch-zuboxen, dientam besten Ìf5-d4 mit Befragungdes Íb3 (ÿ d1).Sofort folgt dar-auf jedoch derKonter 34. Ì:h6!mit Mattdrohungauf f7. Richtigwar daher 33...h5!. Geht derSpringer jetztnach f6, kannSchwarz nun-mehr 34... Ìd4mit entscheiden-dem Vorteil folgen lassen, Weißwird der Drohungen in Verbin-dung mit dem gegnerischen d-Bauern nicht mehr Herr (35. Íf7Ìc2-+). Und auch die Ausrede34. Íc2 funktioniert nicht,Schwarz gewinnt darauf zum Bei-spiel mit 34... h:g4 35. Í:f5 g3!36. Ìg4 Îce8 mit den DrohungenÎe2-e1 und/oder h7-h5 (ÿ h2). 34. f:e4 Ìg3+ 35. Î:g3 Îe1+ 36.Êg2Es gewinnt auch ,,einfach 36.Îg1, denn auf das wahrscheinlichgeplante 36... Îcc1 (36... Î:a1 37.Î:a1 Îc1+ 38. Êg2 Î:a1 39.Ìf2+-) 37. Ìf1 Î:a1 verteidigtzum Beispiel das multifunktionale38. Ìge3 die weißen Kräfte unddroht matt auf g8.36... Î:a1 37. Ì:h637. Îd3+-; 37. Ìf2+-; 37. Ìe3+-37... Îf8 38. Ìf7+ Î:f7 39. Í:f7Îg1+ 40. Ê:g1 d1Ë+ 41. Ìf1Der Rauch hat sich verzogen undWeiß steht glatt auf Gewinn.41... Ëd4+ 42. Ìe3 h5 43. Íd5Ë:a4 44. Ìf5 Ëa1+ 45. Êf2Ëb2+ 46. Êf3

    Die Figuren des Anziehendendecken sich wunderbar gegensei-tig, während sich der König in diegegnerische Stellung schmuggeltund beim Erlegen seines Pendantshilft. 1-0

    SOCAR unterlag den Bosniernmit 2Ó-3Ó, wonach die Chancender Aseris auf den Pott bei nursieben Runden nur noch theoreti-scher Natur waren.Das Tempo diktierten St. Peters-burg, dessen junges Team einhei-mischer Spieler von dem nachChanty verständlicherweise mü-den Peter Swidler angeführt unddurch den Neu-Armenier SergejMovsesjan und den Ukrainer Sa-char Jefimenko verstärkt wurde,und der starke deutsche MeisterOSG Baden-Baden. Bis zur fünf-ten Runde schlugen diese beidenMannschaften alle Gegner ausdem Feld und trennten sich in der6. Runde 3-3 (bei sechs Remisen).

    Den Höhepunkt der Veranstal-tung bildeten die Schlussrun-

    denkämpfe SOCAR - Baden-Ba-den und St. Petersburg - Jerewan.Die bekannt kampfstarken Arme-nier mussten auf ihren Star LevonAronjan verzichten (der in SãoPaulo weilte), so dass die Russen,die bei gleichen Mannschafts- zu-dem einen Brettpunkt mehr als dieDeutschen auf ihrem Konto hat-ten, über die klar bessere Aus-gangsposition im Kampf um denTurniersieg verfügten.Baden-Baden (hier fehlten Anand,Carlsen und Vallejo – ebenfallswegen der Überschneidung mitSão Paulo) hatte bis dato hervorra-gend gespielt, aber SOCAR wareinfach nicht aufzuhalten. JedePartie in diesem tollen Match ge-staltete sich zu einem Ereignis, esgab kein einziges Remis!

    Grünfeld-Indisch (D 93)

    P. Nielsen (Baden-B) 2687A. Wolokitin (Baku) 2686

    1. d4 Ìf6 2. c4 g6 3. Ìc3 d5 4.Íf4 Íg7 5. e3 c5 6. d:c5 Ëa5 7.Îc1 d:c4 8. Í:c4 0-0 9. Ìf3 Ë:c5

    Europapokal für Vereinsmannschaften

    52 Schach 11/11

  • 10. Íb3 Ìc6 11.0-0 Ëa5 12. h3Ëa6 13. e4 Îd814. Ëe1 Ìb4 15.Ìg5!Eine starke Neue-rung, die uns dar-an erinnert, dassPeter Heine Niel-sen zum Analyse-team Anands ge-hört!In der (Blitz)Par-tie Kramnik-Iwantschuk (Tal-Memorial Mos-kau 2008) hatteSchwarz nach 15.Ìe5?! Íe6 kei-nerlei Probleme. 15... e6 16. Îd1Î:d1 17. Ë:d1Ìd3??Schwarz mussteseine Grundreiheschützen, zumBeispiel mit 17...Ìc6, ohne damitjedoch seine Er-öffnungsproble-me lösen zu kön-nen.18. Íc2

    r+l+-+k+zp+-+pvpq+-+psp++-+-+-S--+-+PV-++-Sn+-+PPZL+-ZP++-+Q+RM-

    ..., und da nach 18... Ì:f4 19.Ëd8+ Íf8 20. Ë:f6 der Punkt f7nicht zu decken ist... 1-0

    Für den Ausgleich sorgte kurio-serweise ein Spieler, der Baden-Baden in der nächsten Bundesli-

    gasaison verstärken wird, hieraber gegen seine zukünftigeMannschaft antrat (zwei weitere,,Baden-Badener“ spielten mitSwidler und Movsesian für St. Pe-tersburg gegen Baden-Baden – einThema, auf das ich noch zu spre-chen kommen werde). Mit Ru-stam Kasimdshanow war es erneutein Mitglied von Anands Teamund wieder fiel die Entscheidungzumindest im höheren Sinne be-reits in der Eröffnung:

    Königsindisch (E 97)

    R. Kasimdshanow (Bak) 2678L.-D. Nisipeanu (Baden)2638

    1. d4 Ìf6 2. c4 g6 3. Ìc3 Íg7 4.e4 d6 5. Ìf3 0-0 6. Íe2 e5 7. 0-0

    Ìc6 8. d5 Ìe7 9. Ìd2 a5 10. a3Ìd7 11. Îb1 f5 12. b4 Êh8 13. f3a:b4 14. a:b4 c6 15. Êh1Ein Zug Beljawskis, mit dem sichWeiß für die entstehenden Proble-me auf der Diagonale a7-g1 wapp-net, um die sich in der Folge vielesdreht.15... Ìf6 16. Ìb3 c:d5 17. c:d5f4 18. Ìa5Der Springer strebt nach c4.18... Ìh5 19. Ëe1Es drohte Ìh5-g3+: 19. Ìc4?Ìg3+! 20. h:g3 Ì:d5! (20...f:g3?? 21. Íg5+-), und wegen derDrohung 21... f:g3 gefolgt vonËd8-h4 (und matt) darf Weißnicht auf d5 nehmen und verliertnach 21... Ì:c3 entscheidendesMaterial.

    ��'HQ�+|KHSXQNW�GHU�9HUDQVWDOWXQJ�ELOGHWHQ�GLH�6FKOXVVUXQGHQNlPSIH�62&$5���%DGHQ�%DGHQ�X QG6W��3HWHUVEXUJ���-HUHZDQ�´)RWR�OLQNH�6HLWH��+LHU�IKUW�GHU�'HXWVFKH�0HLVWHU�QRFK�PLW������DEHU�GLH�UHVWOLFKHQ�GUHL�3DUW LHQ�JLQJHQ]XP�����(QGVWDQG�YHUORUHQ��9RUQ�EHUOHJW�(PLO�6XWRYVN\��OLQNV��JHUDGH�DP�HQWVFKHLGHQGHQ�6W UHLFKJHJHQ�$UNDGLM�1DLGLWVFK�)RWR�REHQ��5XKLJHU�JLQJ�HV�]ZLVFKHQ�6W��3HWHUVEXUJ�XQG�-HUHZDQ�]X��ZREHL�GLH�5XVVHQ�QLHPDOVHUQVWKDIW� LQ�*HIDKU�JHULHWHQ�� LKUH�)KUXQJ�QRFK�DXV�GHU�+DQG�]X�JHEHQ��'LH�0DWFKZLQQHU�KLHH Q:DGLP�6ZMDJLQ]HZ��YRUQ��EHUV�%UHWW�JHEHXJW��XQG�1LNLWD�:LWMXJRZ����Y�U��LP�JHVWUHLIWHQ�6Z HDWHU��

    Rogaška Slatina (Slowenien)

    Schach 11/11 53

  • Diese Variante mag stellvertre-tend für die enorme Komplexitätdes gesamten Abspiels stehen, dieich hier nur streifen kann.19... Íf6 20. Ìc4

    r+lw-t-m+p+-s-+p-+-z-vp++-+Pz-+n-ZN+Pz-++-S-+P+--+-+L+PZ+RV-WR+K

    20... Ìf5?! NSchwarz plant Íf6-h4, Ìh5-g3+,h:g3 Í:g3 und wie gehabt Ëd8-h4 usw. Da sich 20... Ìg8 mit dergleichen Absicht nach 21. Ëf2Íh4 22. Ëb6 als zu langsam er-weisen würde, ist er bereit Materi-al ins Geschäft zu stecken.Bei Lichte gesehen erweist sichdie ganze Idee eher als Bluff, zu-mal die schnelle und sichere Reak-tion Kasimdshanows vermutenlässt, dass er das Figurenopfer be-reits auf dem heimischen Analyse-bildschirm gehabt hatte.21. e:f5 Íh4 22. Ëd1 Ìg3+ 23.Êg123. h:g3?? Í:g3 würde voll in dieschwarze Idee laufen.23... Í:f5 24. Íd3 Îc8 25. Îb3Ein für die Variante typischer Ver-teidigungszug, der u. a. dieschwarze Idee b7-b5 aus der Stel-lung nimmt (25. Îf2 b5!? ¤ 26.Ì:b5 Î:c4!).25... Î:c4!?Computer wollen 25... Í:d3 26.Ë:d3 Ì:f1 27. Ê:f1 Ëc7 sehen,was jedoch praktisch der Aufgabegleichgekommen wäre (28.Ìd2+-).26. Í:c4 Ëb6+ 27. Îf2 Îc8Schwarz bringt die letzten Reser-ven in Stellung; es gab keinen ge-fährlichen Springerabzug.

    28. Ìa4! Ëa7

    -+r+-+-mwp+-+-+p-+-z-+p++-+Pzl+-NZL+-z-v+R+-+Ps--+-+-TPZ+-V-W-M-

    29. Ìc5!Die Entscheidung! Weiß hat einenglatten Turm mehr, aber ohne die-se Möglichkeit, die Diagonale a7-g1 zu stopfen (29... d:c5 30. h:g3Í:g3 31. b5+-), wäre die Sachealles andere als klar.29... Ìh5 30. Îd2 b5 31. Îa3Ëb8 32. Íd3 d:c5 33. Í:f5 g:f534. b:c5 b4 35. Îa1 Î:c5 36. Íb2Íd8 37. Îa6 Êg8 38. Ëa4 Îb539. Îa8 Ëb6+ 40. Êf1 1-0

    Noch einmal schlug Baden-Badenzurück – Bacrot zerlegte Mame-djarows Grünfeld-Inder in seineEinzelteile –, aber da hatte sich derAusgang des Kampfes längst ab-gezeichnet. Der großartig aufspie-lende Radjabow (4Ó/5 am Spit-zenbrett entsprechen einer Perfor-mance von 3019! – beflügelte ihnseine bevorstehende Hochzeit?)besiegte mit den schwarzen Stei-nen Mickey Adams und Sutovskyriss Naiditschs Berliner Mauernieder. Da war es nur noch vonstatistischer Bedeutung, dassSchirow sein Endspiel gegen Gri-schuk misshandelte. SOCAR ge-wann 4-2, doch das reichte nur fürden zweiten Tabellenplatz.Denn alles, was Peter Swidler zurZeit anfasst, wird zu Gold! Nachdem Russischen Meistertitel unddem Weltcup-Sieg holte er sichnun mit seinen St. Petersburgernauch den Europapokal! Und dastrotz einer Schlussrundenniederla-

    25. September - 1. Oktober 2011

    1. St. Petersburg (Rus) 13-1 31Ó

    2. SOCAR Baku (Ase) 12-2 31Ó

    3. Novy Bor (Tsch) 11-3 31Ó

    4. Ekon. Saratow (Rus) 11-3 30Ó

    5. SM 64 Moskau (Rus) 11-3 30

    6. OSG Baden-Baden (D)11-3 29

    7. Bosna Sarajevo (Bos) 11-3 27

    8. Ugra Chanty M. (Rus) 10-4 30

    9. Mika Jerewan (Arm) 10-4 28

    10. Donbass (Ukr) 10-4 27Ó

    11. Tomsk-400 (Rus) 10-4 27

    12. ZSK Maribor (Slo) 10-4 26

    13. Libertas Nereto (Ita) 9-5 22Ó

    14. Bolungarvik (Isl) 9-5 21Ó

    15. Naiden Woinow (Bul) 9-5 21Ó

    16. Wesnjanka (Weißrus) 8-6 26Ó

    17. SF Berlin (D) 8-6 24

    18. Accres Apeldoorn (Nie) 8-6 24

    19. Beer Sheva (Isr) 8-6 23

    20. KSK Eynatten (Bel) 8-6 21Ó

    21. Schaksels. Oslo (Nor) 8-6 21

    22. Rochade Eupen (Bel) 8-6 21

    23. Ans (Bel) 8-6 21

    24. Tehcenter Ptuj (Slo) 8-6 20

    25. Hellir SK (Isl) 8-6 20

    26. Lund ASK (Swe) 8-6 19Ó

    27. Haladás VSE (Ung) 8-6 18Ó

    28. Gros Xake Taldea (Spa) 7-7 24

    29. SG Zürich (Swz) 7-7 23Ó

    30. Marseille Echecs (Fra) 7-7 21Ó

    31. White Rose (Eng) 7-7 20

    32. Radenska Pomgr. (Slo) 7-7 19

    33. SV Vilnius (Lit) 7-7 18Ó

    34. Adv. Invest Baden (Öst)7-7 18

    35. Schtrafbat (Ukr) 7-7 17Ó

    36. Asker (Nor) 6-8 22Ó

    37. Glasinac Sokolac (Bos) 6-8 22

    38. Tammer-Shakki (Fin) 6-8 20

    39. SG Solingen (D) 6-8 19Ó

    40. Leiden SG (Nie) 6-8 19

    41. Caissa Cadca (Swk) 6-8 18Ó

    42. Isek Aquamatch (Tür) 6-8 18

    43. SK Aatos (Fin) 6-8 17Ó

    44. Spr. Echternach (Lux) 6-8 17Ó

    45. Jetsmark Skakkl. (Dän) 6-8 17

    46. SF Reichenstein (Swz) 6-8 14

    62 Mannschaften, 7 Runden CH-System

    Europapokal für Vereinsmannschaften

    54 Schach 11/11

  • ge gegen Sargissjan, die vonSwjaginzew und Witjugow mehrals ausgeglichen wurde:

    N. Witjugow (St. Peter) 2726T. Petrosjan (Jerewan) 2649

    -+-+-+-++-+-+p+--+l+-+-z+-+k+-+-pZ-+N+-ZZ-+-MP+--+-+-+-++-+-+-+-Stellung nach 43... Êe6-d5

    44. b5!Eine lehrreiche Abwicklung insBauernendspiel.44... Í:b5

    Ebenso hoffnungslos wäre 44...Íb7 45. h5 dem schwarzen Kö-nig sind wegen verschiedener Ga-beln wichtige Felder verwehrt und45... f5 erlaubt (zum Beispiel) 46.Ìg5(-f7:h6).45. Ìc3+ Êc4 46. Ì:b5 Ê:b5 47.Êd4 h5 48. Êd5 Êb6 49. f4 Êc750. Êc5 Êd7 51. Êb5 Êe6 52.Ê:a4 Êf5 53. Êb5 Ê:f4 54. a4 f555. a5 Êe3 56. a6 f4 57. a7 f3 58.a8Ë f2 59. Ëg2 Êe2 60. Êc41-0

    Auf den dritten Rang ,,mogelte“sich die tschechische Mannschaftaus Novy Bor (Laznicka/Wojtas-zek/Bartel usw.), die gegen keinesder Spitzenteams antreten mussteund in der letzten Runde die – ver-gleichsweise – schwachen Ungarnvon Haladás VSE mit 5Ó-Ó ver-nichtete. Auch hier zeigten sichwieder die Nachteile der mit sie-ben Runden kurzen Distanz.

    Bevor ich michden Damen undeinigen allgemeinenBetrachtungen wid-me, noch zwei, dreiHöhepunkte aus dem,,offenen“ Turnier.Auf keinen Fall ver-gessen dürfen wir daJan Njepomnjasch-tschi! Mit EkonomistSaratow landete erauf dem undankbarenvierten Platz, und sei-ne 3Ó/5 am zweitenBrett waren ein gutes,wenn auch kein her-ausragendes Resultat.Und dennoch: aufmich wirkt der jungeMann stets wie eineWiedergeburt vonLeonid Stein: übli-cherweise hat er nachjeder Partie mehr alseine Stunde Bedenk-zeit übrig. So ein Ta-lent kann Weltmei-ster werden!

    Slawisches Gambit (D 31)

    J. Njepomnjaschtschi (Sa)2718D. Pavasovic (Ptuj) 2561

    1. d4 d5 2. c4 e6 3. Ìc3 c6 4. e4d:e4 5. Ì:e4 Íb4+ 6. Íd2 Ë:d47. Í:b4 Ë:e4+ 8. Ìe2!?Dieser interessante Zug ist nichtannähernd so populär wie 8. Íe2,aber gerade deshalb eher geeignet,den slowenischen Großmeistervon Beginn an unter Druck zu set-zen.In der Hauptvariante verfügt Pa-vasovic über reiche praktische Er-fahrung. Erinnert sei nur an seinenspektakulären Doppelschlag beider Europameisterschaft in Dres-den 2007, als er nacheinander vanWely und Moissejenko nach 8.Íe2 Ìa6 9. Íd6 Ë:g2 usw. be-siegte (vgl. 6&+$&+ 5/2007, S.15ff.).

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    Rogaška Slatina (Slowenien)

    Schach 11/11 55

  • 8... Ìa6 9. Íf8

    r+l+kVntzp+-+pzpn+p+p+-++-+-+-+--+P+q+-++-+-+-+-PZ-+NZPZT-+QML+R

    Hier trat Wladimir Tukmakow,der die Ukraine zweimal zu Olym-piagold geführt hat und nun alsTrainer für Aserbaidshan und hierSOCAR verantwortlich zeichnet,ans Brett. Es war ein sonniger Tagund die Sonne strich über die Ti-sche. Tukmakow sah ohne sichsonderlich auf die Stellung zukonzentrieren den Íf8, der fürihn weiß aussah!?Später sagte er mir: ,,Ich schenktedem Läufer zunächst keine zugroße Beachtung, wahrscheinlichgaukelte mir die Sonne ein Irrlichtvor. Aber als ich etwas später wie-der an dem Brett vorbei kam undimmer noch ein weißer Läufer auff8 stand, war ich mir sicher, dasshier etwas schief läuft. Es gingmich ja eigentlich nichts an, aber...ich konnte nicht an mich haltenund wandte mich an einen derSchiedsrichter: Was macht ihrhier? Schlaft ihr noch? Könnt ihrdenn nicht einmal richtig aufbau-en? Die weißen Figuren auf dieeine und die schwarzen Figurenauf die andere Seite?Mehrere Referees sprangen aufge-regt zu dem Brett und begannenunter den neugierigen Blicken derbeiden Spieler, die Partieformula-re zu überprüfen. Schnell liefenauch einige Kiebitze zusammen...Wenig später war klar, dass derweiße Läufer völlig legal nach f8gelangt war!9... Ìe7 10. Í:g7 Ìb4

    Die Praxis hat gezeigt, dassSchwarz in dem Endspiel nach10... Îg8 11. Ëd4 Ë:d4 12. Í:d4nicht auf Ausgleich hoffen darf.11. Ëd6 Ìc2+Nach 11... Ìd3+ 12. Êd2 Ìf5 13.Ë:d3 Ë:d3+ 14. Ê:d3 Ì:g7 15.Êc3À stünde Schwarz einmalmehr vor einer mühsamen Vertei-digung eines etwas schlechterenEndspiels.12. Êd2 Ì:a1 13. Í:h8

    r+l+k+-Vzp+-sp+p-+pWp+-++-+-+-+--+P+q+-++-+-+-+-PZ-MNZPZs-+-+L+R

    13... e5Auf die Gefahr hin mich zu wie-derholen: 13... Ëc2+ 14. Êe1 e515. f3 Ë:b2 16. Êf2 Íe6 17. Íf6Ìf5 18. Ë:e5 Ë:e5 19. Í:e5 Ìc220. Ìf4 ergibt ein für Schwarzobjektiv haltbares, aber praktischunangenehm zu handhabendesEndspiel.14. f3Selbst 14. Ë:e5!? Ëc2+ 15. Êe3ist nicht völlig von der Hand zuweisen.14... Ëc2+ 15. Êe1 Íe6Soweit war in der Praxis allesschon anzutreffen: 15... Ëb1+?16. Êf2 Ìc2? 17. Íf6 Ëe1+ 18.Êg1 Ëb4 19. Í:e7 1-0, Wojtas-zek-Szabo (Stockholm 2007).16. Íf6 Ìg6 17. h4Bringt den Îh1 ins Spiel.17... Ëf5 18. Íg5 h6!Während ,,Nepo noch auf einemriesigen Bedenkzeitvorrat thronte,verkehrte der Slowene längst inZeitnot. Das erzwungene Bau-ernopfer verschafft ihm eine kurzeAtempause (18... f6? 19. Ìg3!).

    19. Í:h6 Îd8 20. Ëc5 Ëb1+ 21.Êf2 Ìc2 22. h5?!Gleichermaßen naheliegend wieverlockend, aber den Vorzug ver-diente 22. Íg5!.

    -+-tk+-+zp+-+p+--+p+l+nV+-W-z-+P-+P+-+-++-+-+P+-PZn+NMP++q+-+L+R

    22... Ìe1?Man kann dem sich bislang präch-tig wehrenden Pavasovic schwer-lich ankreiden, dass er ohne Zeitin dieser verrückten Stellung dieOrientierung verliert. 22... Ìf4! 23. Ì:f4 (auf 23. Í:f4e:f4 24. Ëa5¥$ möchte man sicheher nicht einlassen) 23... Ëe1+(23... e:f4? 24. Íg5 Ëe1+ 25.Êg1 Îd7 26. Ëf2+-) 24. Êg1Ìd4! war der einzige, aber auchhöchst gehaltvolle Weg, die Partieam Laufen zu halten.

    -+-tk+-+zp+-+p+--+p+l+-V+-W-z-+P-+Ps-S-++-+-+P+-PZ-+-+P++-+-wLMR

    Analysediagramm

    Der Ìf4 darf sich nun wegenÌd4-e2+ und Ëe1-g3 (matt) nichtrühren und Schwarz droht 25...Ëe3+ 26. Êh2 Ì:f3+ mit Damen-gewinn. Alles könnte passieren!23. Êg1 Ìd3 24. Ëe3Mit einfachen Mitteln hat Weißdem schwarzen Spiel die Spitzegenommen...

    Europapokal für Vereinsmannschaften

    56 Schach 11/11

  • 24... Ìe7 25. Ìg3..., versäumt es allerdings, mit 25.Íg5 den Sack sofort zuzumachen.25... f5 26. Ëg5 Ìf4 27. Êh2Ë:b2 28. Íg7 Îd2 29. Îg1 Í:c430. h6 Íd530... Í:f1 31. Ì:f1 Îe2 32. h7Ìeg6 33. h8Ë+ Ì:h8 34. Í:h8zögert das Ende nur unwesentlichhinaus.31. h7 Ìeg6 32. Ì:f5 1-0

    Unter besonderer Beobachtungstand Boris Gelfand, der sich rargemacht hatte, seit er sich im Maiin Kasan für das nächstjährigeWM-Match gegen Vishy Anandqualifizieren konnte. Er spieltenur vier Partien für seinen Vereindes russischen Schachmagazins64 (+1, =2, -1), aber die beidenentschiedenen Begegnungen hat-ten es in sich:

    Ben-Oni (A 61)

    B. Gelfand (SM 64) 2746B. Jobava (Donbass) 2712

    1. d4 Ìf6 2. c4 e6 3. Ìf3 c5 4. d5e:d5 5. c:d5 g6 6. Ìc3 Íg7Hinterher war Jobava schlauerund haderte mit sich, weil er nichtmit 6... d6 7. Íf4 a6 die Textfolgevermieden hatte.7. Íf4 d6 8. Ëa4+ Íd7 9. Ëb3Die Idee des weißen Aufbaus:zwei schwarze Bauern hängenund 9... Ëc7, was b7 und d6 deckt,hat sich wegen des späteren Ma-növers Ìf3-d2-c4 als äußerstmühsam erwiesen. Daher...9... b5 10. Í:d6 Ëb6 11. Íe5 0-012. e3

    rs-+-tk+z-+l+pvp-w-+-sp++pzPV-+--+-+-+-++QS-ZN+-PZ-+-ZPZT-+-ML+R12... c4Jobavas Post-mortem-Klage wirdauch dadurch erhellt, dass Gelfandhier nach 12... b4 13. Ìb1 a5 14.a4 Íg4 15. Ìbd2 klaren Vorteilgegen den führenden Ben-Oni-Verfechter unserer Tage erhielt,Gelfand-Gaschimow (Linares2010).13. Ëd1 Ìa6 14. a4! Ìb414... b4 15. Ìb5 (Jakowitsch-Handke, Stockholm 2000) ¤ 15...Í:b5 16. a:b5 Ë:b5 17. b3+-15. a:b5 Íf5 16. Í:c4 Îfc8 NNach 16... Ìc2+ 17. Êe2 Ì:a118. Ë:a1æ verfügt Weiß über satteKompensation für die Qualität.17. b3 Ìg4Auch hier kann 17... Ìc2+ 18.Êe2 Ì:a1 19. Ë:a1 aus schwarzerSicht nicht gefallen.

    (LQ�%OLFN�LQ�GHQ�.ULVWDOOVDDO�GHV�*UDQG�+RWHOV��LQ�GHP�GLH�)UDXHQNRQNXUUHQ]�XQGGLH�6SLW]HQSDDUXQJHQ�GHU�0lQQHU�DXVJHWUDJHQ�ZXUGHQ�

    Rogaška Slatina (Slowenien)

    Schach 11/11 57

  • 18. Í:g7 Ìc2+

    r+r+-+k+z-+-+pVp-w-+-+p++P+P+l+--+L+-+n++PS-ZN+--+n+-ZPZT-+QM-+R

    19. Ë:c2!?Nichts sprach auch hier gegen 19.Êe2, wonach 19... Ì:f2 (19...Ê:g7 20. Îa6+-) gleich aus meh-reren Gründen nicht funktioniert(zum Beispiel 20. Ê:f2 Ë:e3+ 21.Êg3 Ê:g7 22. Ëd2+-), aber dasDamenopfer ist zu verlockend, alsdass Gelfand widerstehen könnte.19... Í:c2 20. Íd4 Ëd8 21. 0-0

    r+rw-+k+z-+-+p+p-+-+-+p++P+P+-+--+LV-+n++PS-ZN+--+l+-ZPZT-+-+RM-

    Rein materiell befindet sich dieStellung etwa im Gleichgewicht,aber die weiße Dominanz ist er-drückend. Augenfällig ist beson-ders die Hilflosigkeit der schwar-zen Türme. Irgendwann lässtWeiß einfach seine Mittelbauernloslaufen. Es überrascht nicht,dass Jobava keinen geordnetenWiderstand mehr organisierenkann.21... Ëe7 22. Îfc1 Íf5 23. e4Íd7 24. h3 Ìf6 25. d6!Ein billiger, aber nützlicher Trick!25... Ëd8 26. e5Bauern wie Bulldozer!

    26... Ìh5 27. Ìd5 Êf8 28. Íe3Ìg7 29. Íg5 1-0

    Damengambit (D 56)

    D. Jakowenko (Ugra) 2716B. Gelfand (SM 64) 2746

    1. d4 Ìf6 2. c4 e6 3. Ìf3 d5 4.Ìc3 Íe7 5. Íg5 h6 6. Íh4 0-07. e3 Ìe4 8. Í:e7 Ë:e7 9. Îc1 c610. Íd3 Ì:c3 11. Î:c3 d:c4 12.Í:c4 Ìd7 13. Ëc2 b6 14. Íd3Ìf6 15. Î:c6 Ìd5 16. Ëb3 Ìb417. Îc1 Ì:d3+ 18. Ë:d3 Íb7 19.0-0 Í:f3 20. g:f3 Ëg5+ 21. Êh1Ëd5 22. Ëe4 Ë:a2 23. Îg1 Îfc824. Ëb7 Îf8 25. Ëe4 Îfc8 26.Ëb7 Îf8 27. Îc7 Ë:b2 28. Î:f7Î:f7 29. Ë:a8+ Êh7 30. Ëe4+Êg8 31. Ëa8+ Êh7 32. Ëe8 Îc733. Ëg6+ Êh8 34. Ëe8+ Êh7 35.Ë:e6 Ë:f2 36. Ëe4+ Êg8

    -+-+-+k+z-t-+-z--z-+-+-z+-+-+-+--+-ZQ+-++-+-ZP+--+-+-w-Z+-+-+-TK37. h3 NDass ich bisher nicht erläuternd inden Kampfverlauf eingegriffenhabe, hat seinen guten Grund. DieDiagrammstellung wurde in dererst kürzlich gespielten PartieRadjabow-Kramnik (Kandidaten-turnier Kasan 2011; 6&+$&+ 6/2011, S. 7) nach 33. Ëe8+ (unterAussparung einiger Zugwiederho-lungen) remis gegeben!Ungeachtet davon setzten einigeSpitzenspieler jedoch die Analysefort! Bis... wer weiß wohin. Wolo-kitin erzählte mir einst, dass seinelängste Eröffnungsananalyse 66Züge lang ist!37... Ëc2 38. Ëe8+ Êh7 39. d5

    Ëf5 40. Ëe4 Ë:e4 41. f:e4

    -+-+-+-+z-t-+-zk-z-+-+-z+-+P+-+--+-+P+-++-+-Z-+P-+-+-+-++-+-+-TK

    Beide Spieler knallten ihre Zügewie MG-Salven aufs Brett. NachAusführung seines 41. Zugeszeigte Jakowenkos Uhr unglaubli-che 2 Stunden und 20 Minuten an!Er hatte 30 Minuten Zuschlag beiErreichen des 41. Zuges plus je-weils 30 Sekunden Bonus pro Zug(= 20 Minuten) erhalten!41... Êg8?Gelfand begann, depressiv durchden Turniersaal zu streifen. Erkannte das Ergebnis seiner Analy-se: Remis. Aber er konnte sichnicht an sie erinnern! Das moder-ne Schach mit seinen Computer-analysen zwingt die Spieler, ihremGedächtnis zu viel abzuverlangen.Kramnik erzählte mir, dass er voreiner Partie vier Stunden lang sei-ne Analysen wiederholen muss!Schwarz muss die gegnerischeHarmonie mit 41... Îe7! störenund erst dann seinen König annä-hern: 42. d6 Îe8 43. Îd1 Êg6=.42. e5 Êf7Bei 42... Îc3 43. e6 Êf8 (43...Î:e3 44. Îc1 Êf8 45. d6+-) 44. e4Îd3 45. Êg2 Êe7 46. Îf1 dringtder weiße Turm entscheidend aufdie siebente Reihe ein.43. Îf1+Mit Êh1-g2 stand Weiß hier (undim nächsten Zug) eine gute Alter-native zu Gebote. Der König mussbesser früher als später näher andie Bauern geführt werden.43... Êe8 44. e6 Êe7 45. e4 Êd646. Îf8 Îb7

    Europapokal für Vereinsmannschaften

    58 Schach 11/11

  • Vielleicht wäre es zäher gewesen,wenn Schwarz einen Bauern ge-opfert und im Gegenzug den geg-nerischen Turm passiv gestellthätte. 46... a5!? 47. Îd8+ Êe7 48.Îb8 Êf6 49. Î:b6 Îa7 50. Îb3 a451. Îa3 Êe5 bedürfte einer nähe-ren Prüfung (besitzt wegen derVerbesserung 43. Êg2 allerdingskeine theoretische Relevanz).

    -+-+-T-+zr+-+-z--z-mP+-z+-+P+-+--+-+P+-++-+-+-+P-+-+-+-++-+-+-+K

    47. Îd8+ Êe7 48. Îc8 Êd648... b5? 49. e5 b4 50. Îg8, undWeiß mahlt zuerst.Jetzt muss Weiß seinen König her-anführen. Wie weit schafft es derschwarze b-Bauer in der Zwi-schenzeit?49. Êg2 b5 50. Êf3 b4 51. Êf4 b352. Îc6+ Êe7 53. Êe5

    -+-+-+-+zr+-m-z--+R+P+-z+-+PM-+--+-+P+-++p+-+-+P-+-+-+-++-+-+-+-

    Eine klassische Konstellation: dieweißen Zentrumsbauern werdenvon Turm und König unterstütztund erweisen sich als stärker alsder einsame schwarze Streiter.Das Sprichwort ,,Ein Kamel renntschneller als zwei stimmt alsodurchaus nicht immer!

    53... b2 54. d6+ Êd8 55. e7+ Êd756. Îc8!Ein für diese Struktur typischerTodschlag.56... Îb5+ 57. Êd4 Îb4+ 58.Êc3 Ê:c8

    a) 58... Îb3+ 59. Êd2 Îd3+60. Êe2+-;

    b) 58... Î:e4 59. Îd8+ Êc6 60.Ê:b2+- 59. e8Ë+ Êb7 60. Ëd7+ Êa6 61.Ëc8+ Îb7 62. Ëc4+ Îb5 63.Ëa2+ Êb6 64. d7 1-0

    Bei den Damen galt laut Papier-form Vorjahressieger MonteCarlo als der klare Favorit. DieMannschaft trat mit Hou Yifan,Anna Musitschuk, Pia Cramling,Monika Socko und Almira Skrip-tschenko an.Aber von Beginn an lief es bei den,,Monegassinnen“ nicht rund: dieKämpfe der ersten und viertenRunde gingen verloren! Das Teamwirkte wie ein Schiff ohne Steuer-mann: es gab keinerlei Kontrolle,keine Mannschaftssitzungen,nichts, nur die Erwartung, dass die

    Stars ihren Job erledigen würden.Aber Mannschaftskämpfte ent-wickeln mitunter eine echte Grup-pendynamik und sind dann ebenmehr als die Addition von vier ein-zelnen Brettern!Wie richtige Teams funktioniertenMika Jerewan, Luxten Timisoaraund AVS Ural. In den beiden letzt-genannten Mannschaften spieltenauch keine einheimischen Spiele-rinnen, aber sie verband dennochein Mit- und ein Füreinander, eineAtmosphäre, die von erfolgshung-rigen Trainern und Sponsoren ge-schaffen wurde.Timisoara hatte das Pech, in derletzten Runde auf Monte Carlo zutreffen, als es für die Favoritinnenum nichts mehr ging und sie end-lich befreit aufspielten. So gingder Europapokal an AVS Ural.Die Mannschaft wird vom größtenrussischen Aluminiumkonzernunterstützt. Exweltmeisterin An-toaneta Stefanowa gewann über-zeugend die Goldmedaille am er-sten Brett (sie schlug beim ent-scheidenden 2Ó-1Ó gegen Monte

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  • Carlo in Runde 4 Hou Yifan), hin-ter ihr spielten die Ukrainerin Ka-terina Lahno, EuropameisterinViktorija Cmilyte, die einzigeRussin Natalja Pogonina und Ma-ria Musitschuk am Ersatzbrett.Mit Interesse verfolgte ich dasSpiel von Weltmeisterin Hou Yi-fan, die im November in Tiranaihren Titel gegen die InderinHumpy Koneru verteidigen muss.Hou hat kürzlich zwei Grand-Prix-Turniere gewonnen, dennochwirkt ihr Spiel auf mich nichtmehr so überzeugend wie nochvor zwei Jahren. Heute versuchtsie, eher technisch zu agieren, be-raubt sich damit jedoch nach mei-nem Dafürhalten ihrer stärkstenWaffe: der Phantasie! Auch in Ro-gaška Slatina konnte sie nichtüberzeugen, wenngleich das nach-folgende Streiflicht eher unter,,Unfall“ abzubuchen ist. Nochvor kurzer Zeit galt die Chinesinals klare Favoritin im bevorste-henden WM-Kampf, aber inzwi-schen halte zumindest ich dieChancen für relativ ausgeglichen.

    N. Bojkovic (BAS) 2378Hou Yifan (Monte Car) 2578

    -+-+-+-++-+-+-M--+-+-+-Z+-+-+-+k-+-+-+-++-+-+-+--+-+-zr++-+-+R+-Stellung nach 69... Êg5-h5+

    70. Êf6Hou nahm ihren König und schlugden Ïh6 als sie zu ihrem Entset-zen der Antwort 71. Îh1 (undmatt) gewahr wurde. Sie stellteden König zurück nach h5 undbegann nachzudenken den wü-tenden Blick ihrer Gegnerin aufsich gerichtet, die die ganze Partieüber hart ums Unentschieden ge-kämpft hatte, aber nun sogarplötzlich auf Gewinn stand!

    Nach einigen Minuten schicktesich die Weltmeisterin ins Unver-meidliche: 1-0!

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    1Es ist klar, dass sieben Rundenbei 62 Mannschaften nicht aus-reichen. Bei einer so hohen Teil-nehmerzahl müssen neun Rundengespielt werden. Vereinzelte Vor-schläge zur Bildung einer Elite-gruppe mit zehn Teams sind m. E.unrealistisch, da viele Amateure jau. a. deshalb an dem Turnier teil-nehmen, um selbst einmal auf ei-nen Supergroßmeister treffen zukönnen.Vor jeder Runde gab es bei eini-gen Mannschaftskapitänen langeGesichter: ,,Wie ist das möglich?“Das leidige Auslosungssystem...Die unmittelbar Betroffenen ver-stehen nicht, welche ,,Logik“ dieTechnische Kommission derFIDE da entwickelt hat. Das Er-gebnis ist schlicht nicht mehrnachvollziehbar. Das liegt wohldaran, dass der Kommission keineSpieler angehören. Die Refereeskönnen zwar formal erklären,warum diese oder jene Paarungzustande gekommen ist, aber Sinnmacht das ganze System nicht.Die Schiedsrichter plagte jedochein anderes Problem. Die uner-

    Frauen

    1. AVS Ural (Rus) 12-2 18Ó

    2. Lux. Timisoara (Rum) 10-4 17Ó

    3. Mika Jerewan (Arm) 10-4 17Ó

    4. Monte Carlo (Fra) 9-5 19

    5. SM 64 Moskau (Rus) 9-5 16Ó

    6. Fischer Chieti (Ita) 8-6 14

    7. BAS (Serb) 7-7 14

    8. Giprorechtrans (Rus) 7-7 13

    9. Anatolia (Tür) 6-8 11

    10. ZSK Maribor (Slo) 4-10 8

    11. Schaksels. Oslo (Nor) 2-12 5

    7 Runden CH-System

    *URHV�+DOOR��DOV�EHL�GHU�3UHLVYHUOHLKXQJ�GHU�'DPHQ�����%UHWW�� ��)UDX´�*ULVFKXN�DXIGHU�%KQH�HUVFKLHQ��QHEHQ�$QWRDQHWD�6WHIDQRZD�XQG�+RX�

  • laubte Computerhilfe... Dabeihandelt es sich m. E. um ein über-und bei einem anderen um eindeutlich unterschätztes Problem:die an der Tagesordnung befindli-chen Unterhaltungen zwischenSpielern, die ihre laufenden Parti-en besprechen. Aus verschiedenenGründen sind die Schiedsrichterhier nicht eingeschritten – manch-mal haben sie einfach geschlafen,manchmal sind sie davor zurück-geschreckt, einen Spitzenspielerzu tadeln. Dem muss künftig deut-lich mehr Aufmerksamkeit gewid-met werden!

    2 Die Idee einer ,,Vereinsmann-schaft“ funktioniert überhauptnicht mehr! Für eine Gebühr von1.000 Euro kann jeder Klub jedenSpieler aufstellen, egal, ob dieserje für den Verein gespielt hat odernicht. Das ist meines Wissens inkeinem anderen Sport möglich. Esist mitunter schon lustig, wie dieSpieler eines Vereins beim Euro-papokal (natürlich alternativ auchin anderen Ligen anderer Länder)plötzlich zu Gegnern werden undSchwierigkeiten haben, gegenein-ander zu kämpfen. Überall werdensich Storys erzählt, wie der oderder Weltklassemann beim Eintref-fen dort oder dort gar nicht wusste,für welchen Verein er überhauptspielt. Hauptsache, die Kassestimmt...Viele Vereine spielten in RogaškaSlatina gut und zum Teil einheit-lich gekeidet. Als Zuschauer er-kennt man, wer zusammen gehört,außerdem wird dadurch derTeamgeist gefördert. Positiv auf-gefallen ist mir zum BeispielUgra: die Russen sahen in ihrenUniformen ein wenig aus wie einJägerverein! Äußerst solide tratSOCAR auf, schöne Farben hattensich Maribor und Rieti ausge-sucht.Aber es gab auch jede Menge Ne-gativbeispiele. ,,Hoffentlich

    kommt heute das Fernsehennicht“, dachte ich an mehr als ei-nem Tag... Wie kann man einSpiel popularisieren, wenn seineSpitzenkräfte sich so schäbig prä-sentieren?Hauptschiedsrichter Dirk de Rid-der erklärte den Siegern aus St.Petersburg beim Überreichen derGoldmedaillen: Im nächsten Jahrgibt es keine Medaillen, wenn ihrnicht einheitlich gekleidet zumSpiel antretet! Die Swidler & Co.spielten ein tolles Turnier und ha-ben hochverdient den Cup gewon-nen, aber angezogen waren siewie... Es wirkte ein bisschen, alshätten sie peinlichst versucht,Geld zu sparen (der Weltcupsiegerbildete dabei die einzige angeneh-me Ausnahme).Die Frauen sind da ganz anders.Sie achten naturgemäß sehr auf ihrÄußeres und vertreten unsere Sa-che damit besser als die Männer.Es wird höchste Zeit, dass dieECU und die FIDE einheitlicheMannschaftskleidung für Team-wettbewerbe obligatorisch vor-schreiben. Wie sonst sollen wirdas Image des Außenseiters los-werden und uns vernünftig denpotenziellen Sponsoren präsentie-ren?

    3Trinkgelage... Einige Mann-schaften (ich betone ausdrück-lich: nur wenige) pflegen die An-gewohnheit, während der Mann-schaftsturniere kräftig dem Alko-hol zuzusprechen. Ein Großmei-ster war einmal sogar so betrun-ken, dass sein Gegner nicht gegenihn spielen wollte und nach fünfZügen Remis anbot. Und dabeihandelte es sich um einen berühm-ten Trainer!Aber was passierte nach der Sie-gerehrung! Ich verstehe einenUmtrunk bei Amateurmannschaf-ten, für die das Turnier auch Ur-laub war, aber Profis? Es ist be-kannt, warum sich Kasparow einst

    von der Teilnahme am Europapo-kal verabschiedet hat: die Hälfteseiner Mannschaft war nach ei-nem Kampf sturzbetrunken. Mitdiesen Trunkenbolden wollte ernicht mehr zusammen spielen!Können Sie sich vorstellen, dassGroßmeister der absoluten Welt-spitze auf dem Hotelflur herumlie-gen, die Einrichtung demolierenund den Bus zum Flughafen ver-passen? Können Sie sich vorstel-len, dass drei Weltklassespieler(darunter eine Frau) zum Früh-stück morgens um acht drei Fla-schen Champagner (für drei Per-sonen!) ordern? Zum Glück tanzteder Aufgeber dieser Bestellungdiesmal nicht nackt auf demTisch, wie er es gewöhnlich in derentsprechenden Stimmung tut...Gut, es ist bekannt, dass die altenRecken auch keine Unschulds-knaben waren, dass beispielswei-se Leonid Stein in einem Brunnentanzte oder Ratmir Cholmow beiseiner Gewinnpartie gegen Fi-scher sturzbetrunken war. GennaSosonko zitierte einen Bericht derMoskauer Polizei aus den sechzi-ger Jahren: ,,Am Eingang des Ho-tels Moskau wurden zwei Bürgerangehalten. Einer trug den ande-ren auf seinen Schultern. Es han-delte sich um die Schachgroßmei-ster Lutikow und Tal.“Eine lustige Geschichte ereignetesich bei einem Turnier in Jerewan1965. Der spätere GroßmeisterRafael Waganjan bediente dasDemonstrationsbrett. GideonStahlberg winkte das Bürschchenwährend der Partie zu sich heran,gab ihm Geld und forderte ihn auf,ihm aus dem nächstgelegenen La-den eine Flasche Wodka zu brin-gen, die er während der Partie trin-ken wollte. Rafik ging los undkaufte eine Flasche Mineralwas-ser. Er überreichte sie der erzürn-ten schwedischen Legende mitden Worten: ,,Großmeister, das istein viel gesünderes Getränk“!

    Rogaška Slatina (Slowenien)

    Schach 11/11 61

  • Das Problem ist altbekannt. Dergroße Russe Emanuel Schifferswar dem Suff ebenso verfallenwie der Brite James Mason, demman nachsagte, nüchtern keinePartie verlieren zu können. SelbstDr. Tarrasch erklärte sein schlech-tes Spiel in einigen Partien seinesMatches mit Tschigorin in St. Pe-tersburg 1893 mit der ,,großenrussischen Gastfreundschaft“.Aber müssen wir wirklich Verträ-ge mit den weltbesten Spielern ab-schließen, in denen wir ihnen eineStrafe von 2.000 Dollar androhen,sollten sie während eines Turnierstrinken – wozu sich der ehemaligerussische Nationaltrainer BorisPostowski gezwungen sah? Oderwie sollen wir darauf reagieren,wenn – wie vor zwei Jahren beieinem Turnier in Indien gesche-hen – die einzigen Schlagzeilenüber eine Veranstaltung so lauten:,,Betrunkener Großmeister schläftwährend der Partie ein“.Die ECU und die Ethik-Kommis-sion der FIDE sind zum Handelnaufgerufen, damit einige wenigeSpieler mit ihrem Verhalten nichtdas gesamte Schach beschädigen.

    Aber selbst diese Exzesse kön-nen nicht darüber hinweg täu-schen, dass der diesjährige Euro-papokal einer der besten über-haupt war. Wir hatten fantasti-sches Wetter, konnten in warmenBädern schwimmen und das glei-che Mineralwasser trinken, dasbereits Akiba Rubinstein und Kai-ser Franz Josef genossen haben!Nach den Kandidatenkämpfenvon Kasan befand sich die gesam-te Schachwelt in einem gewissenTrauma ob der vielen Unentschie-den, aber nicht erst die kämpferi-schen Tage von Rogaška Slatinazeigten, dass das Schach immernoch wunderschön und farbenfrohist und alles Gerede über den,,Tod des Schachs“ nur das Jam-mern von faulen Profis ist!

    Soweit die Ausführungen vonAdrian Michaltschischin, de-nen sich ein kurzer redaktionellerBlick auf die drei deutschenMannschaften anschließt.Zu Baden-Baden wurde schon ei-niges gesagt und die nebenstehen-de Statistik beweist, dass derDeutsche Meister ungeachtet desAbrutschens auf Platz 6 in derSchlussrunde eine ausgezeichneteVorstellung ablieferte. Fast alleAkteure spielten oberhalb ihrerEloerwartung. Auffallend für denBeobachter war, dass Jan Gustafs-son in den letzten drei – entschei-denden – Runden nicht mehr ein-gesetzt wurde.Solingen und die SchachfreundeBerlin reisten mit reinen Amateur-mannschaften nach Slowenien.Die Klingenstädter unterlagen inder letzten Runde der belgischenTruppe aus Ans mit 2Ó-3Ó undlandeten danach unterhalb ihrerErwartung. Kurios: den Siegpunktfür den nominell unterlegenenGegner holte ausgerechnet derhier unter belgischer Flagge se-gelnde Michael Hoffmann gegenseinen sonstigen Solinger Kolle-gen Markus Schäfer. Auf der Ha-benseite blieb eine IM-Norm fürThomas Michalczak.Gleich drei Normen gab es imHauptstadt-Lager zu bejubeln: JanLundin gelang eine GM-, RobertGlantz und Christoph Nogly eineIM-Norm (die Statistik ist derVeranstalterseite entnommen, imFalle der Berliner jedoch falsch:sie spielten zum Auftakt gegenElolose, wodurch sich die Berech-nungsgrundlage ändert, korrekter-weise muss bei diesen Gegnern imNachhinein eine Zahl von 2250angesetzt werden, wodurch diePerformance steigt)! Desweiterenfeierten die Berliner mit Rang 17(gesetzt an 31) die beste Platzie-rung ihrer Europapokalgeschich-te. Im internen Duell wurde Solin-gen mit 4Ó-1Ó geschlagen.

    Die spektakulärste Partie der Ber-liner gelang Jan Lundin im knappverlorenen Match gegen BeerSheva. Früher als Diplomat inBerlin tätig, ist der Schwede in-zwischen als Direktor des Ost-seerates in seine Heimat zurück-gekehrt, ohne indessen seiner al-ten Liebe abzuschwören.

    Damenindisch (E 17)

    A. Greenfeld (Beer Sh) 2573J. Lundin (Berlin) 2276

    Lundin: ,,Zu Beginn hat Green-feld fast eine halbe Stunde damitzugebracht, eine Variante aus sei-nem breit gefächerten Repertoireauszuwählen. Das Bauernopfer,für das er sich dann entschied, giltbei dieser Zugfolge lt. Theorie alsungefährlich, ist aber nicht ohne.Ich habe viele Blitzpartien mit die-

    39. SG Solingen (6-8/19Ó)

    Alex. Naumann 2546 3Ó/7 2530

    Markus Schäfer 2399 2Ó/7 2378

    Th. Michalczak 2316 4Ó/7 2499

    Milon Gupta 2270 3Ó/7 2301

    Axel Scheffner 2305 1Ó/7 2031

    Andreas Peschel 2168 4/7 2222

    6. OSG Baden-Baden (11-3/29)

    Elo Pkt/Par RPerf

    Michael Adams 2733 3Ó/6 2744

    Alexej Schirow 2713 4Ó/7 2730

    Etienne Bacrot 2705 4Ó/6 2827

    Arkadij Naiditsch 2707 5/7 2756

    Peter H. Nielsen 2687 4Ó/6 2737

    Liviu-D. Nisipeanu 2638 3Ó/6 2556

    Jan Gustafsson 2631 3Ó/4 2670

    17. SF Berlin (8-6/24)

    Arnd Lauber 2464 3Ó/7 2510

    Rainer Polzin 2469 3/7 2373

    Joachim Wintzer 2332 2/7 2237

    Jan Lundin 2276 5Ó/7 2573

    Robert Glantz 2259 4Ó/7 2423

    Christoph Nogly 2231 5Ó/7 2484

    Europapokal für Vereinsmannschaften

    62 Schach 11/11

  • ser Variante verloren, wusste alsoungefähr, wo die Gefahren lauern.Ich habe noch nicht die Zeit füreine gründliche Analyse der Partiegehabt, glaube aber, der erste kri-tische Punkt kommt nach 21. h3.Zu 21... Íh5 gab es Alternativen,die mir aber alle nicht gefallen ha-ben. Definitiv schlecht war jeden-falls seine Sequenz vom 22. bis24. Zug, Schwarz bekommt ein-fach zu viel Holz für die Dame.Danach sollte Weiß eigentlich füreine verlorene Sache kämpfen.Erst als ich ihm dummerweise ge-stattete, einen Freibauern auf derh-Linie zu bilden, wurde es wiederinteressant. Ja, sogar richtig wild!Zeit hatten wir beide nicht mehrviel und mussten uns daher aufunser Gefühl verlassen.Der Zug meines Lebens (einzigeKonkurrenz: mein Sieg gegen Ra-biega beim Berliner Großmeister-turnier 2009) war dann 53... Êc5!! ein Angriff auf den gegneri-schen mit Unterstützung des eige-nen Königs! Plötzlich arbeiten alleschwarze Figuren wunderbar zu-sammen. Dann war er es, der fehl-griff (in der Stellung auf dem

    Foto!, d. Red.) und der schwarzeAngriff drang durch!

    1. d4 Ìf6 2. Ìf3 e6 3. c4 b6 4. g3Íb7 5. Íg2 Íe7 6. 0-0 0-0 7. d5e:d5 8. Ìh4 c6 9. c:d5 Ì:d5 10.Ìf5 Ìc7 11. e4 d5 12. Îe1 Îe813. e:d5 c:d5 14. Ìc3 Ìba6 15.Íf4 Íf8 16. Î:e8 Ë:e8 17. Ëf1Îd8 18. Îd1 Íc8 19. Ìd4 Íg420. Îe1 Ëd7 21. h3 Íh5 22. Îe5Íg6 23. h4 f6

    -+-t-vk+z-sq+-zpnz-+-zl++-+pT-+--+-S-V-Z+-S-+-Z-PZ-+-ZL++-+-+QM-

    24. Íh3 f:e5 25. Í:d7 e:d4 26.Íg4 d:c3 27. b:c3 Íd6 28. h5Íf7 29. Í:d6 Î:d6 30. Ëe2 Êf831. Ëe5 Ìe8 32. f4 Ìc5 33. Íf5h6 34. g4 Ìd7 35. Ëe2 Ìc7 36.Êh2 Íe6 37. Íg6 Ìf6 38. g5

    h:g5 39. f:g5 Ìg4+ 40. Êg1 d441. Ëf3+ Êe7 42. c:d4 Ìb5 43.Ëa8 Îd8 44. Ëb7+ Îd7 45. Ëa8Ì:d4 46. Ëe8+ Êd6 47. h6 g:h648. g:h6 Ìf6 49. Ëh8 Ìf3+ 50.Êf1 Ìg4 51. Íd3 Îf7 52. Êe2Ìfe5 53. Íe4

    -+-+-+-Wz-+-+r+--z-ml+-Z+-+-s-+--+-+L+n++-+-+-+-P+-+K+-++-+-+-+-53... Êc5!! 54. h7 Êd4

    -+-+-+-Wz-+-+r+P-z-+l+-++-+-s-+--+-mL+n++-+-+-+-P+-+K+-++-+-+-+-55. Íg6?55. Ëd8+ Ê:e4 56. h8Ë

    -+-W-+-Wz-+-+r+--z-+l+-++-+-s-+--+-+k+n++-+-+-+-P+-+K+-++-+-+-+-

    Analysediagramm

    56... Îf2+ 57. Êd1 Ìe3+ 58. Êe1Îf1+ 59. Êd2 Îd1+ 60. Êc3Î:d8 61. Ë:d8Æ/-+55... Íc4+ 56. Êd2 Îf2+ 57. Êe1Êc3! 58. Íd3 Ê:d3 0-1

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    Rogaška Slatina (Slowenien)

    Schach 11/11 63