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Thema 1 05/2011 Eva Li Die koreanische Handtherapie Das Mikromeridiansystem auf der Hand bietet ein großes therapeutisches Potenzial Die Koreanische Handtherapie, zu der auch die Handakupunktur gehört, ist eine ver- gleichsweise junge Therapierichtung. Sie wurde erst im Jahre 1971 durch Dr. Tae- Woo Yoo begründet. Das Handtherapie-Institut in Seoul gibt es seit 1978. Seither hat sich diese Therapieform weltweit verbreitet, und man kann Therapeuten nicht nur in Asien, sondern auch in Nord- und Südamerika und Europa finden. Die Koreanische Handtherapie hat sich in kurzer Zeit erfolgreich etablieren können und die Anzahl der Therapeuten steigt ständig. (1) Worin liegen die Vorteile? Die Koreanische Handtherapie basiert auf einem Mikromeridiansystem. Mit Hilfe von Anamnese, Zungendiagnose, Pulsdiagnose, Yin-Yang-Pulsdiagnose und Bauchdeckendiagnose wird der energetische Zustand der einzelnen Organsysteme des Pa- tienten bestimmt. Aus den Informationen be- stimmt der Therapeut, welche Leitbahn (Me- ridian) sediert oder tonisiert wird. Hierbei wird auf die auf der Hand liegenden Punkte der Kör- permeridiane zurückgegriffen, wobei ent- sprechend der Diagnostik auch eine sehr ge- naue Behandlung erfolgt, die elektromagne- tisch, mit Magnetpflastern, mit Akupressur- pflastern oder mit Nadeln durchgeführt werden kann. Zusätzlich erfolgt eine Konstitutions- therapie mit Moxibustion. Bei Kindern oder Patienten mit Nadelangst kann man auf die nichtinvasiven Therapiefor- men zurückgreifen. Die meisten Patienten mit Nadelangst können die kleinen Handnadeln aber recht gut tolerieren, da diese sehr klein sind und nur ca. einen Millimeter in die Haut eindringen (vgl. Abb. 1). Mit dieser Therapieform erreicht man eine sehr gute Compliance der Patienten. Nicht zuletzt dadurch, dass die Patienten zu Hause im Regelfall einmal täglich die Moxa- therapie und zusätzlich die Akupressur mit Aku- pressurpflastern fortsetzen sollten und so zu Aktivität und Eigeninitiative angeregt werden. Somit können sie ihre eigene Heilung im wahrs- ten Sinne des Wortes selbst in die Hand neh- men. Die Behandlungszeit kann dadurch deut- lich verkürzt werden. (2) Neben der Behandlung der Meridiane ist mit diesem System gleichzeitig eine Behandlung von Reflexzonen möglich. Die Punktsuche hier- für erfolgt mit einer Sonde (mechanischer Druckstift) auf den korrespondierenden Area- len. Diese Vorgehensweise hat sich vor allem bei chronischen und akuten Schmerzen be- währt. Die Handakupunktur kann selbstverständlich gut mit schulmedizinischen und anderen na- turheilkundlichen Therapien kombiniert wer- den. Besonders signifikante Ergebnisse kön- nen zusammen mit der Körperakupunktur bei Migräneanfällen, Akutschmerzen oder Schnup- fen erzielt werden. Außer extremer Nadelangst oder psychiatri- schen Erkrankungen sind keine weiteren Kont- raindikationen bekannt. Sogar Patienten, die blutverdünnende Medikamente einnehmen, kann man auf diese Art behandeln. Grundlagen Auch die Handakupunktur begründet sich auf der traditionellen chinesischen Philosophie und Gesundheitslehre. Das Buch „HuangDi NeiJing“ (der gelbe Kaiser) als wohl bekann- teste Lehre der asiatischen Medizin hat auch bei der Handakupunktur eine wichtige Be- deutung. In der Koreanischen Handtherapie wird nach der Fünf-Elemente-Lehre behandelt. Auch hier gibt es Fülle- und Leerezustände, Hitze, Kälte und Feuchtigkeit. Die 14 Körpermeridiane sind als Mikromeri- diansystem auf der Hand vorhanden, wodurch die Möglichkeit einer vollwertigen Akupunk- turbehandlung an ungefährlicher und leicht zugänglicher Stelle besteht. Dabei kommt es nur äußerst selten zu geringfügigen Neben- wirkungen wie Müdigkeit oder Schwindel. Ähnlich der Ashi-Punkte oder Dawo’s in der Kör- perakupunktur, also den Schmerzpunkten, können druckdolente Punkte der korrespon- dierenden Areale auf der Hand zur Schmerz- therapie genadelt werden. Unter Anwendung Abb. 1: Größenvergleich Körpernadel und Handnadel Abb. 2: Reflexonen auf der Handinnenseite Abb. 3: Bewegungsapparat auf der Handau- ßenseite

Eva Li Die koreanische Handtherapie - kht-ausbildung.de · Thema 05/2011 3 Nicht invasive Möglichkeiten Auch mithilfe der nichtinvasiven Behandlungs-methoden können Meridiane tonisiert

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Thema

105/2011

Eva Li

Die koreanische HandtherapieDas Mikromeridiansystem auf der Hand bietet ein großes therapeutisches Potenzial

Die Koreanische Handtherapie, zu der auch die Handakupunktur gehört, ist eine ver-gleichsweise junge Therapierichtung. Sie wurde erst im Jahre 1971 durch Dr. Tae-Woo Yoo begründet. Das Handtherapie-Institut in Seoul gibt es seit 1978. Seither hatsich diese Therapieform weltweit verbreitet, und man kann Therapeuten nicht nur inAsien, sondern auch in Nord- und Südamerika und Europa finden. Die KoreanischeHandtherapie hat sich in kurzer Zeit erfolgreich etablieren können und die Anzahl derTherapeuten steigt ständig. (1)

Worin liegen die Vorteile?

Die Koreanische Handtherapiebasiert auf einem

Mikromeridiansystem.

Mit Hilfe von Anamnese, Zungendiagnose,Pulsdiagnose, Yin-Yang-Pulsdiagnose undBauchdeckendiagnose wird der energetischeZustand der einzelnen Organsysteme des Pa-tienten bestimmt. Aus den Informationen be-stimmt der Therapeut, welche Leitbahn (Me-ridian) sediert oder tonisiert wird. Hierbei wirdauf die auf der Hand liegenden Punkte der Kör-permeridiane zurückgegriffen, wobei ent-sprechend der Diagnostik auch eine sehr ge-naue Behandlung erfolgt, die elektromagne-tisch, mit Magnetpflastern, mit Akupressur-pflastern oder mit Nadeln durchgeführt werdenkann. Zusätzlich erfolgt eine Konstitutions-therapie mit Moxibustion.

Bei Kindern oder Patienten mit Nadelangstkann man auf die nichtinvasiven Therapiefor-men zurückgreifen. Die meisten Patienten mitNadelangst können die kleinen Handnadelnaber recht gut tolerieren, da diese sehr kleinsind und nur ca. einen Millimeter in die Hauteindringen (vgl. Abb. 1).

Mit dieser Therapieform erreicht man eine sehr gute Compliance der Patienten.

Nicht zuletzt dadurch, dass die Patienten zuHause im Regelfall einmal täglich die Moxa-

therapie und zusätzlich die Akupressur mit Aku-pressurpflastern fortsetzen sollten und so zuAktivität und Eigeninitiative angeregt werden.Somit können sie ihre eigene Heilung im wahrs-ten Sinne des Wortes selbst in die Hand neh-men. Die Behandlungszeit kann dadurch deut-lich verkürzt werden. (2)

Neben der Behandlung der Meridiane ist mitdiesem System gleichzeitig eine Behandlungvon Reflexzonen möglich. Die Punktsuche hier-für erfolgt mit einer Sonde (mechanischerDruckstift) auf den korrespondierenden Area-len. Diese Vorgehensweise hat sich vor allembei chronischen und akuten Schmerzen be-währt.

Die Handakupunktur kann selbstverständlichgut mit schulmedizinischen und anderen na-turheilkundlichen Therapien kombiniert wer-den. Besonders signifikante Ergebnisse kön-nen zusammen mit der Körperakupunktur beiMigräneanfällen, Akutschmerzen oder Schnup-fen erzielt werden.

Außer extremer Nadelangst oder psychiatri-schen Erkrankungen sind keine weiteren Kont-raindikationen bekannt. Sogar Patienten, dieblutverdünnende Medikamente einnehmen,kann man auf diese Art behandeln.

Grundlagen

Auch die Handakupunktur begründet sich aufder traditionellen chinesischen Philosophieund Gesundheitslehre. Das Buch „HuangDiNeiJing“ (der gelbe Kaiser) als wohl bekann-teste Lehre der asiatischen Medizin hat auchbei der Handakupunktur eine wichtige Be-deutung. In der Koreanischen Handtherapiewird nach der Fünf-Elemente-Lehre behandelt.Auch hier gibt es Fülle- und Leerezustände,Hitze, Kälte und Feuchtigkeit.

Die 14 Körpermeridiane sind als Mikromeri-diansystem auf der Hand vorhanden, wodurchdie Möglichkeit einer vollwertigen Akupunk-

turbehandlung an ungefährlicher und leichtzugänglicher Stelle besteht. Dabei kommt esnur äußerst selten zu geringfügigen Neben-wirkungen wie Müdigkeit oder Schwindel.

Ähnlich der Ashi-Punkte oder Dawo’s in der Kör-perakupunktur, also den Schmerzpunkten,können druckdolente Punkte der korrespon-dierenden Areale auf der Hand zur Schmerz-therapie genadelt werden. Unter Anwendung

Abb. 1: Größenvergleich Körpernadel und

Handnadel

Abb. 2: Reflexonen auf der Handinnenseite

Abb. 3: Bewegungsapparat auf der Handau-

ßenseite

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2 05/2011

punkte. Im Gegensatz zur traditionellen chi-nesischen Akupunktur mit ihren zwei Konsti-tutionstypen unterscheidet man in der Korea-nischen Handtherapie drei Konstitutionstypen:Yang-Konstitution (Dickdarm-Überfunktion),Eum-Konstitution (Milz-Überfunktion) und Sin-Konstitution (Nieren-Überfunktion). Für jededer drei Konstitutionen wird eine typische Kon-stellation des Ungleichgewichts beschrieben.

Die Punkte der Körperakupunktur verfügenüber spezifische Fernwirkungen und Regulati-onsmechanismen. Den Punkten der Handaku-punktur steht zwar generell je ein Punkt auf demKörper gegenüber, jedoch ist die Wirkung nichtmit der des zugehörigen Körperpunktes gleich-zusetzen. So ist es mitunter vorteilhaft, beideAkupunkturformen zu kombinieren.

Dem steht gegenüber, dass mit den Punktender Handakupunktur Wirkungen erzielt werdenkönnen, die mit dem Punkt auf dem Körper-meridian nicht erreichbar sind. Eine der weni-gen Studien zu dieser Therapieform, die sichmit der Behandlung von postoperativem Er-brechen bei Kindern befasst zeigt dies deut-lich.(3)

Therapieformen

Korrespondierende Therapie

Die korrespondierende Therapie basiert auf derVorstellung, dass der gesamte Körper, ähnlichwie bei der Ohrakupunktur, auf der Hand ab-gebildet ist. Hierbei repräsentieren der Mittel-finger Kopf, Hals und Brustwirbelsäule, Dau-men und kleiner Finger die Beine, Ring- und Zei-gefinger die Arme. Der Handteller stellt denRumpf dar.

Die Behandlung von Schmerzenund lokalisierten Problemen

ist vergleichsweise sehr einfach zu erlernen.

Es gelten folgende Regeln:

Schmerzen der linken Körperseite werden aufder linken Hand behandelt, Schmerzen derrechten Körperseite auf der rechten Hand.Schmerzen der Körpervorderseite werden aufder Handinnenfläche behandelt, Schmerzender Körperrückseite auf der Außenseite derHand. Die Fingergelenke korrespondieren mitden großen Gelenken von Armen und Beinen.(4)

Die zu behandelnden Punkte auf der Hand wer-den mit einer speziell entwickelten Sonde er-mittelt. Sie können schmerzempfindlicher oderfester sein als normal und können so über denmechanischen Sondendruck detektiert wer-den. Die Behandlung erfolgt in der Regel mitNadeln oder Akupressurpflastern. Die Moxa-

Anwendung hat in der korrespondierendenTherapie hingegen eine eher geringe Effekti-vität gezeigt. (Abb. 2 und 3)

Grundtherapie

Die Grundtherapie erfolgt entsprechend der di-agnostisch ermittelten Konstitution und schließtdie Behandlung der Hand-Mu-Punkte (Alarm-punkte) und des Konzeptionsgefäßes (A-KiMekder Hand) ein. Bewährt haben sich sowohl Mo-xibustion als auch Akupunktur. Die Moxibusti-on (Abb. 4) sollten die Patienten zu Hause wiebereits beschrieben selbständig fortsetzen.Hierdurch harmonisiert sich der Therapiever-lauf, und der Therapieerfolg wird schneller er-reicht.

Organtherapie

Das Erlernen der Organtherapie ist aufwändigund erfordert in der Anwendung etwas Übung.Grundlage ist eine genaue Diagnose. Hierzuist es notwendig, die Energieverteilung im Me-ridiansystem zu erkennen und die Behandlungauf die genaue Symptomatik des Patienten ab-zustimmen, wobei hierzu alle zwölf Meridian-paare in Frage kommen können. Die theoreti-sche Grundlage der Punktauswahl bildet dieFünf-Elemente-Lehre mit den fünf antiken Punk-ten (Wu Shu Xue) (5). Insgesamt gibt es aufder Hand 14 Meridiane mit 345 Punkten. (1)(Abb. 5 und 6)

Yin-Yang-Pulsausgleich

Hier wird die Stärke der Carotis- und Radiali-spulse an den Punkten Ma 9 und Lu 9 mitei-nander verglichen. Im Idealfall sollten sich die-se im Gleichgewicht befinden. Ist dies nicht derFall, können sie durch eine entsprechende Na-delbehandlung wieder ins Gleichgewicht ge-bracht werden. (1)

Abb. 4: Moxatherapie

Abb. 5: Abbildung des Dickdarmmeridians auf

der Handaußenseite

Abb. 6: Anwendung der Handnadeln

der zehn Notfallpunkte wird die Wirkung beiAkutzuständen verstärkt.

Schließlich gibt es die Möglichkeit des blutigenNadelns (Mikroaderlass, bei dem mit einerDreikantnadel und einem speziellen Applikatorein Blutströpfchen entfernt wird), dessen Wir-kung dem blutigen Schröpfen ähnelt.

Unterschiede zur Körperakupunktur

Es gibt eine feste Anzahl an Punkten, die sichauf den Meridianen befinden – keine Extra-

Eva LiDie Heilpraktikerausbildung er-folgte in den Jahren 2000 bis2002. Seit 2007 führt sie ei-ne eigene Praxis im Voller-werb. Sie ist als Therapeutin

durch das von Dr. Tae-Woo Yoo in Seoul be-gründete Institut zertifiziert worden und istDozentin am Institut für Naturheilkunde in Er-furt. Der Praxisschwerpunkt liegt in der Be-handlung von Patienten mit Verdauungspro-blemen, Schmerzpatienten und Kinder-wunschbehandlung. Die Hauptbehandlungs-methoden sind Koreanische Handakupunkturund orthomolekulare Therapie in Kombinati-on mit Labordiagnostik.

Kontakt:www.sanbalance.de

Thema

305/2011

Nicht invasive Möglichkeiten

Auch mithilfe der nichtinvasiven Behandlungs-methoden können Meridiane tonisiert oder se-diert werden. Dies geschieht entweder durcheine Kombination von gold- und silberfarbenenAkupressurpflastern (silber = Minuspol, se-dierend; gold = Pluspol, tonisierend) oderdurch Elektroakupunktur mit Hilfe eines spe-ziell entwickelten Geräts. Dabei wird ein elek-tromagnetisches Prinzip genutzt, das ähnlichwie bei einer Batterie funktioniert: Die Energiefließt immer vom Minuspol zum Pluspol; sokann man den Energiefluss in den Meridianenforcieren (tonisieren) oder bremsen (sedieren).(6)

Fazit

Die Koreanische Handakupunktur ist eine pa-tientenfreundliche Therapieform, die auf ei-nem Mikromeridiansystem basiert und in ihrerWirkung der Körperakupunktur nicht nach-steht. Die Handakupunktur ist schmerzarmund fast nebenwirkungsfrei. Sie ermöglicht eingutes Einbinden des Patienten in die Therapieund ist ausgezeichnet kombinierbar mit an-deren Therapieformen.

(1) Yoo, Tae-Woo: Die koreanische Handaku-punktur; Koryo Hand Acupuncture Therapy In-stitute, Seoul, Korea, 2006. (2) Kobrin, Lowell E.: Experience on the in-corporation of koryo sooji chim hand acu-puncture into medical acupuncture practice,Medical Acupuncture, Fall / Winter 1989 – Vo-lume 1 / Number 1(3) Schlager, A., Boehler M., Pühringer F.: Ko-rean hand acupressure reduces postoperati-ve vomiting in children after strabismus sur-gery, British Journal of Anaesthesia 85 (2):267-70 (2000)(4) KHT Systems, KHT Low Cost TreatmentProtocols, Santa Barbara, CA 93101, 2009.(5) Editor-in-Chief Liu Gongwang: Clinical Acu-puncture & Moxibustion,Huaxia PublishingHouse Beijing, 2006.(6) Yoo, Tae-Woo: KHT Application Of TheElectronic Beam, Koryo Hand Acupuncture In-stitute Seoul, Korea

L i t e r a t u r h i n w e i s e