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ExTraCAD Computerunterstützung des architektonischen Tragwerkentwurfs Von der Fakultät für Architektur der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen zur Erlangung des akademischen Grades einer Doktorin der Ingenieurwissenschaften genehmigte Dissertation vorgelegt von Diplom-Ingenieurin Evelin Rottke aus Jülich Berichter: Universitätsprofessor Dr.-Ing. Wilfried Führer (RWTH Aachen) Universitätsprofessor Dr.-Ing. Gerhard Schmitt (ETH Zürich) Tag der mündlichen Prüfung: 16. Juni 1998 „D 82 (Diss. RWTH Aachen)“

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ExTraCAD

Computerunterstützungdes architektonischen

Tragwerkentwurfs

Von der Fakultät für Architektur der Rheinisch-Westfälischen

Technischen Hochschule Aachen

zur Erlangungdes akademischen Grades einer

Doktorin der Ingenieurwissenschaftengenehmigte Dissertation

vorgelegt vonDiplom-Ingenieurin Evelin Rottke

aus Jülich

Berichter:

Universitätsprofessor Dr.-Ing. Wilfried Führer(RWTH Aachen)

Universitätsprofessor Dr.-Ing. Gerhard Schmitt(ETH Zürich)

Tag der mündlichen Prüfung: 16. Juni 1998

„D 82 (Diss. RWTH Aachen)“

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Evelin Rottke

ExTraCADComputerunterstützung

des architektonischenTragwerkentwurfs

II. Ingenieurwissenschaften, Nr. 1

DDissertationen an der

FFakultät für

AArchitektur der RWTH Aachen

Herausgegeben vonWolfgang DöringWilfried FührerMichael Jansen

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Für die Fakultät ArchitekturFreunde des Reiff e.V. Aachen 1998Schinkelstr.1, 52062 Aachen

F.d.R. – Aachen 1998Alle Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdrucks, der aus-zugsweisen oder vollständigen Wiedergabe, der Speicherung inDatenverarbeitungsanlagen und das der Übersetzung, vorbehalten.

ISSN 1436-2570

„D 82 (Diss. RWTH Aachen)“

Die Reihe der Dissertationen an der Fakultät fürArchitektur der RWTH Aachen:

I. Architektur und PlanungHerausgegeben von Prof. Dipl.-Ing. Wolfgang Döring

II. IngenieurwissenschaftenHerausgegeben von Prof. Dr.-Ing. Wilfried Führer

III. GeisteswissenschaftenHerausgegeben von Prof. Dr.-Ing. Michael Jansen

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Vorwort

Prof. Dr.-Ing. Wilfried Führer ( RWTH Aachen) undProf. Dr.-Ing. Gerhard Schmitt (ETH Zürich) danke ichfür das Interesse an meiner Arbeit und die Übernah-me der Gutachten.

Aber auch zur Entstehung dieser Arbeit habenviele Menschen beigetragen, denen ich an dieserStelle herzlich danken möchte.

Wilfried Führer gelingt es, an seinem Lehrstuhl ei-ne Arbeitsatmosphäre zu schaffen, die es den Mitar-beiterinnen und Mitarbeitern erlaubt, ihre persönlichenStärken zur Entfaltung bringen. Aus seinem Engage-ment als Tragwerklehrer für die EDV in der Architekturist das Thema angeregt worden, wertvolle Impulsesind von ihm ausgegangen. Während der Betreuungdieser Arbeit hat er mich nicht nur fachlich sondernauch menschlich unterstützt.

Friedhelm Stein war während der gesamten Ent-wicklungszeit mein kritischer Diskussionspartner. Erhatte sich schon lange mit dem Thema auseinander-gesetzt und konnte so auch meine Begeisterung dafürwecken. Daraus entstand eine intensive Zusammen-arbeit, die auch durch seinen Ruf nach Siegen nichtunterbrochen wurde. Durch inhaltliche Anregungenund freundschaftliche Ratschläge hat er mich immerwieder unterstützt, herausgefordert und bestärkt.

Heidrun Rottke hat mit großer Sorgfalt die sprach-liche Korrektur meiner Arbeit übernommen und michimmer wieder bestärkt und motiviert. Zudem konnteich mehrmals bei ihr in Dublin „in Klausur gehen“, wowesentliche Teile dieser Arbeit entstanden sind.

Matthias Kollhoff, Rolf Niehörster, WolfgangMeentz und Thomas Stachelhaus haben während ih-res Studiums die Programmierung einzelner statischerModule übernommen und sind auch nach ihrem Di-plom an der Weiterentwicklung interessiert geblieben.Heute übernimmt Stefan Bialucha einen Großteil derProgrammierung neuer Funktionen.

Juliane Pötter, Uta Krämer und Torsten Nikolai undSandra Mayer sind mir kompetent und geduldig beider digitalen Erstellung der zahlreichen Bilder zurHand gegangen.

Mein Kollege Wilhelm Heyden hat mich währendder Ausarbeitungszeit von meinen organisatorischenAufgaben am Lehrstuhl entlastet.

Bei meinen Freundinnen und Freunden und beimeiner Familie habe ich den notwendigen morali-schen Rückhalt erfahren.

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ExTraCAD – Computer Supported Structural Design for Architects

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Abstract

The design of the structural system is one of themultiple tasks which architects have to integrate intothe entity of their design. This is quite difficult, be-cause the evaluation of the structural system requiresextensive structural experience and calculations,which are either too time-consuming or too complex tobe carried out in the early stages of design.

In this paper we research, how computer simula-tions can help to support the design of the structuralsystem. We developed a software programme calledExTraCAD - a computer aided combination of struc-tural advice and the possibility to experiment.

In the early stages of the architectural design theideas are still quite vague while exact information isneeded for the structural calculations. In order to solvethis problem ExTraCAD has the following main tasks:(1) Components of Communication control the userinterface which has to be designed specifically to ca-ter for architects. This is crucial for acceptance of theprogramme by the designer. (2) The Components ofStructural Calculation integrate structural expertknowledge and allow special structural analyses inaccordance with the architectural needs. We devel-oped two applications of AutoCAD; ExTraCAD-ESWfor the design of plane structures and ExTraCAD-Massivbau for the design of solid structures.

Prototypes of these programmes were tested dur-ing several years of teaching and practice. Commentsand experiences by the users were intensively dis-cussed, the results were integrated into the furtherdevelopment of the system, which was then testedagain.

Through this process we achieved a softwarewhich supports the design of the structural system inthe early stages. It is user-friendly and specifically de-signed for architects. On the one hand ExTraCAD of-fers computer-supported advice and control throughintegrated expert knowledge. On the other hand ar-chitects can extend their own experience with struc-tural systems by experimenting with virtual models.

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ExTraCAD – Computerunterstützung des architektonischen Tragwerkentwurfs

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Zusammenfassung

Der Entwurf des Tragwerks ist eine der zahlrei-chen Aufgaben, die Architekten und Architektinnen inden Gesamtentwurf integrieren müssen. Dies istschwierig, da eine Beurteilung des Tragwerks um-fangreiche statische Erfahrung erfordert und mit Be-rechnungen einhergeht, die in frühen Entwurfsphasenentweder zu zeitaufwendig oder zu komplex sind.

Die Arbeit untersucht, wie Computersimulationenzur Unterstützung des Tragwerkentwurfs eingesetztwerden können. Dabei wurde das Anwendungspro-gramm ExTraCAD entwickelt - eine EDV-gestützteKombination aus Experimentieren und Statischer Be-ratung.

Der Architekt hat in frühen Phasen noch ungenaueVorstellungen vom Entwurf, während für statische Be-rechnungen genaue Angaben benötigt werden. DieseDiskrepanz muß überwunden werden. Es ergebensich also folgende Hauptaufgaben für ExTraCAD:

• Die Komponenten der Kommunikationsteuern die Benutzeroberfläche, die architektenge-recht gestaltet werden muß. Sie bestimmen wesent-lich die Akzeptanz des Programms durch den Ent-werfer.

• Die Komponenten der statischen Verarbeitungintegrieren statisches Expertenwissen und erlaubenarchitektengerechte Tragwerksanalysen, die sichdurch vorwiegend qualitative Ergebnisse auszeich-nen.

Es wurden zwei AutoCAD-Applikationen exempla-risch realisiert; ExTraCAD-ESW zum Entwerfen vonebenen Stabwerken und ExTraCAD-Massivbau. Test-versionen wurden über mehrere Jahre in Lehre undPraxis eingesetzt. Kritische Anmerkungen und Erfah-rungen der Anwender wurden intensiv diskutiert, dieRückschlüsse bei der Weiterentwicklung berücksich-tigt und im erneuten Einsatz erprobt.

So entstand eine praxisorientierte und architekten-gerechte Software zur Unterstützung des Tragwer-kentwurfs. ExTraCAD bietet Architektinnen und Ar-chitekten einerseits rechnerunterstützte Beratung undKontrolle durch das angebotene Expertenwissen. An-dererseits können sie ihre eigenen Erfahrungen mitdem Tragverhalten durch spielerisches Experimentie-ren mit den virtuellen Modellen erweitern.

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Inhaltsverzeichnis

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1 Einleitung 11

2 Ausgangssituation 15

2.1 Architektonischer Tragwerkentwurf 16

2.2 Experimentieren und Statische Beratung 22

2.3 CAD im Bauwesen 25

3 Modelle für den Entwurfsprozeß 29

3.1 Hintergründe 29

3.2 Entwurfsphasen 313.2.1 Wissenschaftliche Ansätze 313.2.2 „Entwurfsphasen-Modell“ 33

3.3 Entwurfsablauf 353.3.1 Wissenschaftliche Ansätze 353.3.2 „Entwurfsablauf-Modell“ 37

4 Technische Entwicklung desrechnerunterstützten Entwurfs - eineBestandsaufnahme 41

4.1 Ansätze einer Rechnerunterstützungbeim Entwurf 41

4.2 Praxis 434.2.1 Kommerzielle CAD-Systeme 434.2.2 Kommerzielle Baustatik-Software 464.2.3 Einsatz von Statiksoftware für den

Architekturentwurf 49

4.3 Forschung 524.3.1 Begriffe 524.3.2 Forschungsarbeiten im Architekturbereich 574.3.3 Forschungsarbeiten im Bereich des

architektonischen Tragwerkentwurfs 644.3.4 Forschungsarbeiten im Bauingenieurwesen 664.3.5 Forschungsarbeiten im Maschinenbau 69

4.4 Zusammenfassung 704.4.1 Rechnerunterstützung in der Praxis 704.4.2 Forschung 71

5 Die Idee von ExTraCAD 73

5.1 Ansatz für die Rechnerunterstützung beimTragwerkentwurf 74

5.2 Modell der Statischen Beratung 76

5.3 Modell für ExTraCAD 80

5.4 Entwickelte Prototypen 85

6 Komponenten der Kommunikation inExTraCAD-ESW 89

6.1 Architektonische Ideenformulierung 906.1.1 Anforderungen 906.1.2 Bauteile 956.1.3 Anschlüsse 976.1.4 Auflager 996.1.5 Material 1016.1.6 Profile 1026.1.7 Lasten 1046.1.8 Archivierung von Entwurfsvarianten 107

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6.2 Architektengerechte Analyseoptionen undAnalyseergebnisse 1106.2.1 Anforderungen 1106.2.2 Schnittgrößen: Biegung, Längskraft 1126.2.3 Auflagerkräfte 1156.2.4 Verformung 1166.2.5 Vorhandene Spannungen 1176.2.6 Stützlinie 1186.2.7 Automatische Dimensionierung 1196.2.8 Darstellung der Scheiben 1206.2.9 Stabilität 122

7 Komponenten der statischen Verarbeitungin ExTraCAD-ESW 125

7.1 Statische Interpretation 1267.1.1 Anforderungen 1267.1.2 Bauteile und Geometrie 1297.1.3 Anschlüsse 1317.1.4 Festhaltungen 1327.1.5 Materialkennwerte 1337.1.6 Querschnittskennwerte 1347.1.7 Lasten 136

7.2 Statische Analysemethoden undAnalyseergebnisse 1397.2.1 Anforderungen 1397.2.2 Schnittgrößen, Auflagerkräfte und Verformungen 1427.2.3 Theorie 2. Ordnung 1477.2.4 Berechnung von Seilen 1497.2.5 Qualitative Hauptbeanspruchung 1507.2.6 Vorhandene Spannungen 1517.2.7 Automatische Dimensionierung 1527.2.8 Lokalisierung von Scheiben 1567.2.9 Statische Bestimmtheit 1587.2.10 Fehlerdiagnose bei instabilen Tragsystemen 1607.2.11 Ermittlung der Hauptscheiben und Hauptgelenke 168

8 ExTraCAD-Massivbau 171

8.1 Komponenten der Kommunikation 1728.1.1 Architektonische Ideenformulierung 1728.1.2 Analyseoptionen 1768.1.3 Anwendungsunterstützende Funktionen 179

8.2 Komponenten der statischen Verarbeitung 1818.2.1 Einflußgrößen für den Spannungsnachweis

nach DIN 1053 1828.2.2 Statische Interpretation 1838.2.3 Deckenfeldanalyse 1858.2.4 Beurteilung der Spannrichtung und

Fehlerdiagnose 1868.2.5 Wandbemessung in Alternativen 188

9 Implementierung von ExTraCAD 191

9.1 Softwaretechnische Möglichkeiten derAnpassung von AutoCAD 192

9.2 Realisierte Implementierung 1949.2.1 Datenstruktur von ExTraCAD 1949.2.2 Programmstruktur von ExTraCAD 1969.2.3 Spezielle Techniken in ExTraCAD-ESW 1989.2.4 Grenzen der realisierten Implementierung 199

9.3 Zusammenfassung 200

10 Schlußbetrachtungen 201

11 Literaturverzeichnis 209

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1 Einleitung

Die Motivation für die vorliegende Dissertation ent-stand bereits Mitte der 80er Jahre im Rahmen der Ex-perimentellen Tragwerklehre. Es sollte der Compu-tereinsatz als Hilfsmittel für der architektonischenTragwerkentwurf untersucht werden - ein Experiment.

Der Entwurf des Tragwerks ist eine der zahlrei-chen Aufgaben, die Architekten und Architektinnen inden Gesamtentwurf integrieren müssen. Während inspäten Entwurfsphasen in der Regel ein Fachinge-nieur die statische Ausführungsplanung übernimmt,obliegt der frühe Tragwerkentwurf dem Architekten. Ertrifft die wesentlichen Entscheidungen, die Gestalt,Funktion und Konstruktion bestimmen.

Die Schwierigkeit beim Entwurf des Tragwerksliegt darin, daß eine Beurteilung umfangreiche stati-sche Erfahrung erfordert und mit Berechnungen ein-hergeht, die in frühen Entwurfsphasen entweder zuzeitaufwendig oder zu komplex sind. Die Entwicklungadäquater Hilfsmittel zur Unterstützung des Tragwerk-entwurfs ist Forschungsgegenstand der Tragwerk-lehre. Experimente mit Tragwerkmodellen haben sichschon lange bewährt - das Experimentieren mit demComputer ist ein neuer Ansatz.

Der bisherige EDV-Einsatz im Bauwesen stellt sichsehr differenziert dar. Im Bauingenieurwesen bietetder Computer seit vielen Jahren eine große Hilfe beider Durchführung hochspezieller Berechnungen, diefür den Einsatz im Architekturbereich jedoch nicht ge-eignet sind. Architekten haben CAD erst seit wenigenJahren als alternatives Zeichenwerkzeug akzeptiert.Marktübliche CAD-Systeme bieten kaum Unterstüt-zung beim Entwerfen. Dieser Aspekt wird bislanghauptsächlich im Forschungsbereich untersucht. Da-bei ist festzustellen, daß der Prozeß des Entwerfenstheoretisch noch wenig erforscht ist.

Es gibt also keinen allgemein anerkannten Weg,der aufzeigt, wie der Tragwerkentwurf durch EDV un-terstützt werden kann. Es kann zunächst nur festge-stellt werden, daß beim Tragwerkentwurf (1) aufwen-dige rechnerische Schritte notwendig sind und (2) derEntwurfsaspekt Tragwerkplanung einen großen Anteilformalisierbares Wissen beinhaltet, so daß Computer-einsatz in diesem Bereich vielversprechend erscheint.Darüber hinaus ergeben sich eine Reihe von Frage-stellungen, die in dieser Dissertation behandelt wer-den:

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• Welche Bereiche des architektonischen Tragwerk-entwurfs sollen unterstützt werden?

• Welche Komponenten sind für die Unterstützungnotwendig?

• Welche Anforderungen werden an die Komponen-ten gestellt?

• Welche Strategien können für die Umsetzung derAnforderungen entwickelt werden?

• Wie können diese Anforderungen softwaretechnischrealisiert werden?

Da diese Fragen nur unzureichend theoretisch be-antwortet werden können, wurde der Weg einer empi-rischen Untersuchung eingeschlagen und zusammenmit Studenten experimentiert.

Zunächst wurden kommerzielle Statikprogrammeaus dem Bauingenieurbereich in der Architekturlehreeingesetzt. Diese erwiesen sich aber für Architektenals ungeeignet, da ihr Ziel nicht der Entwurf sondernein statischer Nachweis ist und ihre Bedienung um-fangreiches Fachwissen voraussetzt.

Allerdings konnten aus den Erfahrungen mit derIngenieursoftware viele Anregungen gewonnen wer-den, so daß es sinnvoll erschien, eine architektenge-rechte Statiksoftware zu entwickeln, die auf das Ent-werfen ausgerichtet ist.

Es sollten bekannte und erprobte Unterstützungs-möglicheiten für den Tragwerkentwurf mit Hilfe desComputers simuliert werden. So hat der Architekt zumBeispiel die Möglichkeit, durch Experimentieren mitModellen eigene Erfahrungen mit dem Tragverhaltenzu machen oder aber die statische Beratung durch ei-nen Tragwerkplaner in Anspruch zu nehmen und da-mit auf die Erfahrung und das Wissen des Expertenzuzugreifen. Aus diesen Überlegungen entstand dieIdee von ExTraCAD (EXperimenteller TRAgwerkent-wurf auf Basis von CAD) - eine EDV-gestützte Kombi-nation aus Experimentieren und Statischer Beratung.CAD, das Computer Aided Drafting (Zeichnen) wirdzum Computer Aided Design (Entwerfen).

Basierend auf dem CAD-System AutoCAD wurdediese Idee in zwei Programmen exemplarisch reali-siert; ExTraCAD-ESW zum Entwerfen von EbenenStabWerken und ExTraCAD-Massivbau. Testversio-nen dieser Programme wurden über mehrere Jahre inLehre und Praxis eingesetzt. Kritische Anmerkungenund Erfahrungen der Anwender wurden immer wiederintensiv diskutiert, die Rückschlüsse in die Pro-

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1 Einleitung

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grammstruktur von ExTraCAD eingearbeitet und imerneuten Einsatz erprobt.

Auf diese Weise entstand eine praxisorientierteund architektengerechte Software zur Unterstützungdes Tragwerkentwurfs, die an mehreren deutschenArchitekturfakultäten eingesetzt wird. Bei der Ent-wicklung von ExTraCAD konnte die anfänglich undefi-nierte Aufgabenstellung sukzessive präzisiert werden,so daß prinzipielle Wege der Computerunterstützungim statisch-konstruktiven Entwurfsbereich deutlichwerden.

Die vorliegende Dissertation dokumentiert dieEntwicklung von ExTraCAD. Darüber hinaus ist sieeine Sammlung und Aufarbeitung der Forschungser-gebnisse. Die Arbeit ist geprägt von den Erfahrungen,die ich bei meiner beruflichen Tätigkeit als Architektinin Lehre und Praxis auf den Gebieten der Tragwerk-planung, EDV-Anwendung und Programmierungsammeln konnte.

Die Dissertation gibt zunächst eine Einführung indie Themenbereiche Tragwerkentwurf und EDV-An-wendung im Bauwesen (Kapitel 2) sowie eine Doku-mentation aktueller Forschungsarbeiten in diesen Be-reichen (Kapitel 3 und 4). Sie analysiert die theoreti-schen Hintergründe der Entwicklung von ExTraCAD(Kapitel 3 und 5) und stellt die Programmoberflächenvon ExTraCAD-ESW und ExTraCAD-Massivbau vor(Kapitel 6 und 8.1). Die Erläuterung der verwendetenstatischen Methoden (Kapitel 7 und 8.2) und der soft-waretechnischen Implementierung (Kapitel 9) doku-mentieren die Vorgehensweise bei der Realisierung.Kapitel 10 faßt die Ergebnisse der Entwicklung zu-sammen und evaluiert die Erfahrungen mit den beidenvorgestellten Programmen in Hinblick auf grundsätzli-che Möglichkeiten des Computereinsatzes beimTragwerkentwurf.

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2 Ausgangssituation

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit derVerknüpfung der Themengebiete ArchitektonischerTragwerkentwurf und EDV-Einsatz, die bislang nurunabhängig voneinander behandelt werden.

Die Auseinandersetzung mit dem Tragwerk wirdhäufig ausschließlich dem Tragwerkplaner zuge-schrieben. Dabei wird oft außer acht gelassen, daßdie Konzeption des Tragwerks einen beträchtlichenEinfluß auf den architektonischen Entwurf hat. Des-halb sollte der Architekt das Tragwerk von Beginn anin seinem Entwurf berücksichtigen. Zu diesem Zwek-ke müssen seine statischen Grundkenntnisse durchadäquate Hilfsmittel ergänzt werden. Experimentierenund Statische Beratung erweisen sich als eine effekti-ve Unterstützung für den Tragwerkentwurf.

Die Einstellung zum EDV-Einsatz in der Architekturund im Bauingenieurwesen ist traditionell sehr unter-schiedlich. Die zögernde Akzeptanz des Computerein-satzes bei den Architekten bewirkt bis heute einemangelnde Qualität geeigneter Software. Die impliziteBedeutung von CAD (computer aided design), dasEntwerfen zu unterstützen, kommt nicht zum Tragen.

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2.1 Architektonischer Tragwerkentwurf

Architektonischer EntwurfEin architektonischer Entwurf entsteht unter Be-

rücksichtigung zahlreicher Anforderungen an das zuplanende Objekt und ist damit Resultat eines äußerstkomplexen Prozesses.

Jeder dieser Aspekte erscheint zu Beginn desEntwerfens sehr unkonkret und kann in einer Fülleverschiedener architektonischer Ideen seinen Aus-druck finden. In Abb. 2-1 wird dies durch den äuße-ren hellen Ring verdeutlicht. In den frühen Ent-wurfsphasen werden die wesentlichen Entscheidun-gen getroffen, die Gestalt, Funktion und Konstruktionbestimmen.

Dadurch können aufwendige Planungsänderun-gen zu späteren Zeitpunkten vermieden werden. Diesspiegelt sich wider in der Möglichkeit der Kostenbe-einflussung eines Gebäudes. Sie fällt um so mehr, jeweiter der Planungsprozeß fortschreitet (s. Abb. 2-2).

Dem entgegen werden in späten Entwurfsphasendie zuvor getroffenen Gundsatzentscheidungen kon-kretisiert und zur baureifen Planung geführt, wobei derGesamtzusammenhang aller Entwurfsaspekte ge-wahrt bleiben muß. Dies wird in Abb. 2-1 durch deninneren dunklen Ring verdeutlicht.

Der in allen Ebenen geschlossene Kreis symboli-siert den ganzheitlichen Entwurf. Er impliziert die Be-achtung aller Anforderungen in allen Entwurfsstadien,die bestimmend sind für die Qualität des auszufüh-renden Bauwerks. In früheren Zeiten wurden dieseFähigkeiten in einer Person, dem Baumeister, ver-eint.

Die Entwicklung und der Einsatz immer neuerBaustoffe und Technologien bedingt eine immer stär-kere Spezialisierung, die sich heute in der Trennungder verschiedenen Bauplanungsberufe niederschlägt.Tragwerkplaner, Fachplaner für Heizung, Lüftung,Sanitär etc. übernehmen die zum Teil hochspeziali-sierte Ausführungsplanung für Teilbereiche des Ge-samtentwurfs, während dem Architekten die Verant-wortung für den Gesamtentwurf obliegt. Er übernimmtdie Koordination der Fachplaner mit dem Ziel, seinein frühen Entwurfsstadien entwickelte Konzeption hinzu einer baureifen Gesamtlösung zu führen.

Dieser ganzheitliche Entwurfsansatz erfordert einvielschichtiges, allgemeines Wissen des Architekten,damit er für jeden Teilaspekt des Entwurfs adäquateEntscheidungen im Gesamtzusammenhang treffenkann. Im Gegensatz dazu benötigt der Fachplaner

Abb. 2-1 Ganzheitlicher Architekturentwurf unter Berücksichti-gung zahlreicher Aspekte

Abb. 2-2 Möglichkeiten der Kostenbeeinflussung in unter-schiedlichen Entwurfsphasen [Richter 88]

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2 Ausgangssituation

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spezialisiertes Wissen um einen bestimmten Teil-aspekt des Entwurfes zu einer baureifen Lösung zuführen. Eine ganzheitliche Entwurfsplanung kann nurstattfinden, wenn sich das Arbeitsgebiet des Archi-tekten und das des Fachplaners überlagern (mittlererRing in Abb. 2-1). Die Zusammenarbeit wird um sofruchtbarer, je aufgeschlossener jeder der Partner fürdas Wissensgebiet des anderen ist.

Tragwerkentwurf -Verbindung von Gestaltung und Konstruktion

In diesem Sinne ist der Tragwerkentwurf als einTeilaspekt des architektonischen Entwurfs zu be-trachten. Er gehört in die Entwurfsplanung und ist, wiealle anderen Aspekte, schon in frühen Entwurfsstadi-en in die Gesamtkonzeption einzubeziehen. Wird dasTragwerk in frühen Entwurfsphasen nicht berücksich-tigt (s. Abb. 2-3), entsteht eine Lücke im ganzheitli-chen Entwurf, da keine Beziehung zwischen Kon-struktion und Formgebung aufgebaut wurde. DieseLücke kann auch ein Fachplaner nicht im Nachhineinschließen.

Der Tragwerkentwurf verbindet also die Konzepti-on des Tragwerks mit der Gestaltung des Gesamt-bauwerks. Dazu muß der Architekt sein statischesWissen zur Anwendung bringen und im Entwurf um-setzen. Es geht nicht um die genaue Berechnung,diese Arbeit wird von einem Tragwerkplaner über-nommen. Vielmehr sollte der Architekt in der Lagesein, schon zu Beginn seiner Entwurfsarbeit sinnvolleTragwerksentscheidungen zu treffen. Er muß die kon-struktiven, ökonomischen, ökologischen und gestalte-rischen Folgen seiner Konstruktionsentscheidungenvoraussehen und umsichtig in die Gesamtplanung in-tegrieren.

Optimierung des TragwerksJoedicke belegt in seinem Artikel „Zum Vorgehen

beim Entwerfen“ [Joedicke 93] die Tatsache, daß dieOptimierung eines Entwurfes nicht möglich ist, da siedie Bestimmung eines Optimums voraussetzt, was inder Architektur nur für die quantitativ erfaßbarenWerte möglich ist. In diesem Zusammenhang stelltsich die Frage, ob das Ziel des Tragwerkentwurfs diequantitative Optimierung des Tragwerks sein sollte.

Ein Tragwerk kann nur im Entwurfszusammen-hang optimiert werden. Dies geht weit über die stati-schen Aspekte des Tragwerks hinaus und erfordertdie Erfassung vielfältiger Kriterien, die der Entwerferbeachten muß [Führer,Ingendaij,Stein 95].

Abb. 2-3 Fehlende Integration des Tragwerks in den Gesam-tentwurf

"Die Chance liegt in der Erkenntnis, daß ein "richti-ges" Tragwerk die Qualität eines Entwurfs ganzentscheidend mitbestimmen kann, sowohl von derGestaltung als auch von der Ökonomie des Bau-werks her.." (Führer)

"Beim konstruktiven Entwerfen soll der ... Archi-tekturstudent vielmehr schon im frühesten Ent-wurfsstadium beginnen, die vielfältigen statischenMöglichkeiten zu bedenken und die Varianten, diesich für den Entwurf daraus ergeben, in gestalteri-scher Hinsicht zu überprüfen. Mit dem Fortschrei-ten der Entwurfsarbeit soll er eine sinnvolle stati-sche Konzeption anstreben, aus der er echte Be-ziehungen zwischen Konstruktion und Formge-bung ableiten kann." (Siegel)

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Bei der statischen Optimierung eines Tragwerkskann man zwischen zwei prinzipiellen Vorgehenswei-sen unterscheiden. Sie haben jeweils unterschiedlicheBedeutungen für den Gesamtentwurf:

• Optimierung der Querschnitte für eine vorhandeneForm (und eine gegebene Belastung)Die Optimierung der Querschnitte sollte für alleTragwerke vorgenommen werden, deren Gestaltschon entworfen ist. Sie bedeutet eine größtmögli-che Materialersparnis bei gegebenen Randbedin-gungen und steuert damit sowohl den ökonomi-schen wie auch den ökologischen Aspekt des Trag-werkentwurfs. Allerdings können gestalterische undkonstruktive Gesichtspunkte die Wahl nichtopti-mierter Querschnitte rechtfertigen. In der Regel fin-det die Optimierung der Querschnitte bei der Be-messung des Tragwerks durch den Statiker statt.Sie hat verhältnismäßig geringe einsparende Aus-wirkungen - ein unökonomischer Weg der Lastab-tragung bei einer gegebene Form kann nur unzu-länglich durch optimierte Querschnitte aufgefangenwerden.

• Optimierung der Form für eine gegebene BelastungDie strikte Optimierung der Form eines Tragwerksbedeutet, daß es für jede gegebene Belastung nureine aus statischen Gesichtspunkten optimale Formgibt. Würde dieses Kriterium strikt eingehalten, gäbees nur noch Fachwerkträger und parabelförmigeHallen, d.h. längskraftbeanspruchte Tragwerke. Hierkann die Optimierung also nicht auf rein statischerBasis stattfinden, sondern muß alle anderen Ent-wurfsaspekte, wie Nutzung und Gestaltung, einbe-ziehen. Optimierte Formen können aber sehr gut alsAnregung für einen ökonomischen Entwurf dienen.Diese Art der Optimierung erfordert ein prinzipiellesstatisches Verständnis, die Kenntnis möglicher We-ge der Lastabtragung und die daraus folgendenKonsequenzen. Entscheidungen, die die Form einesTragwerks bestimmen, werden in der Regel schonsehr früh getroffen und fallen damit in das Arbeits-gebiet des Entwerfers.

Im folgenden soll aufgezeigt werden, worauf der Ar-chitekt seine statischen Überlegungen zum Entwurfstützen kann.

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2 Ausgangssituation

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Statische GrundkenntnisseNatürlich können die statischen Kenntnisse von

Architekten sehr unterschiedlich sein. Sie hängen ne-ben den Lehrinhalten während des Architekturstudi-ums von dem jeweiligen Interesse des Entwerfers fürdie Konstruktion von Tragwerken ab und von seinenErfahrungen.Als Anhaltspunkt für die statischen Voraussetzungeneines Architekten sollen die Themenbereiche dienen,die am Lehrstuhl für Baukonstruktion (Tragwerklehre)an der RWTH Aachen im Rahmen des viersemestri-gen Pflichtfaches Tragwerklehre vermittelt werden.Eine kurze Übersicht der Lehrinhalte ist in Abb. 2-4zusammengestellt. Einen näheren Einblick mögen dieverwendeten Lehrbücher geben, die zur meistver-breiteten Literatur für die Tragwerklehre in Deutsch-land gehören:

• Tragwerklehre 1 [Krauss,Führer,Neukäter 96]

• Tragwerklehre 2 [Krauss,Führer,Willems 97]

• Tabellen zur Tragwerklehre [Krauss,Führer,Jürges 95]

Die in Abb. 2-4 aufgezeigten Lehrinhalte habenzum Ziel, ein statisches Grundverständnis für Trag-werke zu vermitteln und eine gemeinsame Sprachefür die Kommunikation mit dem Tragwerkplaner aufzu-bauen.

Weitere Themen, wie z.B. Einsatz anderer Mate-rialien (Glas, Textilien etc.) oder andere Tragsysteme(räumliche Seiltragwerke, Faltwerke etc.), werden op-tional im Rahmen des Hauptstudiums angeboten.

Die Tragwerklehre an der RWTH Aachen ist aufdas Entwerfen von Tragwerken ausgerichtet, nicht aufdas Berechnen derselben. Deshalb wird besondererWert darauf gelegt, die erlernten Statikkenntnisse inEntwürfen umzusetzen, bei denen das Verständnis fürdie statischen Zusammenhänge in den Gesamtent-wurf einfließt.

Diese Übersicht für Lehrinhalte im Fach Trag-werklehre darf als repräsentativ betrachtet werden,wie die Untersuchung von Kritzmann über „Die Sta-tisch-konstruktive Ausbildung im Studiengang Archi-tektur an deutschen Hochschulen“ belegt [Kritzmann89].

Lehrinhalte im Fach Tragwerklehre

• Grundlagen

• Lasten, Lastaufstellung: Baustoffe, Schnee, Wind

• Schnittgrößenverläufe für statisch bestimmte Systeme

• Materialkennwerte: zulässige Spannungen, Elastizitätsmo-dul

• Querschnittskennwerte: Widerstandsmoment, Trägheits-moment, Trägheitsradius

• Bemessung von Balken und Stützen (Biegung und Längs-kraft)

• Spannungsnachweis und Durchbiegungsnachweis

• Aussteifung

• Gründungen

• Baustoffe

• Holz

• Stahl

• Beton und Mauerwerk

• Stahlbeton

• Tragsysteme (in der Regel statisch bestimmt)

• Balken und Platten

• Stützen und Wände

• Fachwerkträger

• Rahmen und Bögen

• Durchlaufträger, Koppelträger, Gerberträger

• unterspannte Träger

• Stahlbetonplatten, einachsig und zweiachsig gespannt

Abb. 2-4 Lehrinhalte im Fach Tragwerklehre

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Spezielle Methoden für den TragwerkentwurfFür den Architekturentwurf ist es notwendig, die

ungefähren Abmessungen einer Tragkonstruktionschon früh abschätzen zu können. Eine genaue Be-rechnung ist in der Regel zu aufwendig oder nur vonSpezialisten durchführbar. Aus diesem Grunde müs-sen die statischen Grundkenntnisse des Architektendurch Hilfsmittel wie Tabellen, Überschlagsmethoden,graphische Methoden etc. ergänzt werden, die einenunkomplizierten Zugang zu den entwurfsrelevantenAspekten einer Tragkonstruktion ermöglichen.

Beispielsweise ist die rechnerische Ermittlung derSchnittgrößenverläufe für statisch bestimmte SystemeBestandteil der Grundausbildung, während für statischunbestimmte Tragwerke andere Methoden benutztwerden. Momente in Durchlaufträgern und zweiachsiggespannten Stahlbetonplatten werden mit Hilfe vonTabellen überschläglich ermittelt, während statischunbestimmte Rahmen und Bögen anhand der Stützli-nie entworfen und vorbemessen werden können [Füh-rer,Ingendaaij,Stein 95].

Wichtig für prinzipielle Entwurfsentscheidungensind auch überschlägliche Annahmen, z.B. die Ab-schätzung des Querschnitts einer Stahlbetonstützeaufgrund der Einzugsfelder, Anhaltswerte für die stati-sche Höhe von Trägersystemen abhängig vonSpannweite, Konstruktion und Material, Anhaltswertefür günstige Binderabstände etc.

Eine umfangreiche Sammlung hilfreicher Metho-den für den Tragwerkentwurf findet sich in „Der Ent-wurf von Tragwerken“ [Führer,Ingendaaij,Stein 95] bzw.„Tabellen zur Tragwerklehre“ [Krauss,Führer,Jürges 95].

Abb. 2-5 Konstruktionshöhen von Holzträgern [Krauss,Führer,Jürges 97]

Abb. 2-6 Momentenermittlung anhand der Stützlinie [Führer,-Ingendaaij,Stein 95]

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2 Ausgangssituation

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Probleme beim TragwerkentwurfDie Verbindung der statischen Grundkenntnisse

mit den speziellen Methoden für den Tragwerkentwurfsollen eine solide Basis für die Konzeption der tra-genden Struktur eines Gebäudes ermöglichen. Diesist nicht immer der Fall.

Die Tatsache, daß jeder diplomierte Architekt einestatische Grundausbildung genossen hat, kann nichtgewährleisten, daß diese auch effektiv im Entwurfeingesetzt wird und damit zu einer Steigerung derQualität des Entwurfes führt. Dafür gibt es mehrereGründe:

1. Die statischen Kenntnisse des Architekten sindnicht mehr präsent.

• Es fehlt der Überblick über die Fülle der Entwurfs-möglichkeiten (z.B. verschiedene Tragsysteme).

• Überschlagsmethoden und spezielle Methodenwerden nicht täglich angewandt und deshalb ver-gessen.

2. Die Einbeziehung statischer Aspekte in den Ent-wurf ist zu zeitaufwendig und teilweise entwurfs-fremd.

• Die Beurteilung eines Tragsystems erfordert oftrechnerische Schritte, die vom Gesamtentwurfablenken. (Kraftverlauf und Bemessung)

• Für die Ermittlung von Lastannahmen und Quer-schnittskennwerten etc. sind Nachschlagewerkenotwendig, die nicht immer zur Hand sind.

• Überschlagsmethoden sind teilweise zu aufwendig.

3. Die statischen Grundkenntnisse sind nicht ausrei-chend.

• Komplexe Tragsysteme sind schwer überschau-bar. Die Rückführung eines komplexen statischenSystems auf bekannte statische Systeme benötigtviel Abstraktionsvermögen und Erfahrung.

• Komplexe statisch unbestimmte Systeme sind mitden statischen Grundkenntnissen nicht lösbar.

• Die Einschätzung der Konsequenzen einer stati-schen Konstruktion erfordert Erfahrung und ver-tieftes statisches Wissen.

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2.2 Experimentieren undStatische Beratung

Je weiter sich die einzelnen Fachgebiete der Bau-branche spezialisieren, desto schwerer fällt es demArchitekten, alle technischen Möglichkeiten beim Ent-wurf berücksichtigen zu können, ohne dabei vollendsin die Abhängigkeit von Fachingenieuren zu geraten.Im Bereich des Bauingenieurwesens beispielsweisewerden schon lange fundierte Kenntnisse der Mathe-matik und der Materialgesetze vorausgesetzt, die ei-nem Architekten in der Regel nicht zur Verfügung ste-hen. Immer kompliziertere Berechnungsmethoden fürkomplexere Tragwerke und deren Dimensionierunglassen sich heute zum Teil nur noch mit Hilfe vonComputerprogrammen bewältigen. Dies bedeutetaber auch, daß es einem Architekten kaum nochmöglich ist, die bestehenden Möglichkeiten für eineTragwerkplanung schon im Entwurf absehen und ein-schätzen zu können. In der Regel wird der Entwerferalso auf weitere Unterstützung beim Entwerfen vonTragwerken angewiesen sein. Wichtige Unterstüt-zungsmöglichkeiten bieten hier das Experimentierenmit Modellen und die Statische Beratung.

Experimentieren mit ModellenDer Architekt hat die Möglichkeit, mit Hilfe von

Tragwerkmodellen das Tragverhalten seiner Entwürfezu verstehen und zu überprüfen. Experimentieren isteine sehr wirkungsvolle Methode, Zusammenhängebegreif–bar zu machen, den Erfahrungsschatz zu ver-größern und dadurch adäquate Lösungen für denEntwurf zu finden.

So bieten Tragwerkmodelle schon beim Bau einbesseres Verständnis für die Wege der Lastabtra-gung, Schwachstellen und Dimensionierung, ohnedaß auf die komplexen Abstraktionen einer statischenBerechnung eingegangen werden muß.

Tragwerkmodelle geben durch ihr Verformungs-und Bruchverhalten Aufschluß über ihre statischeFunktionsweise. Verschiedene Belastungen bis hinzum Bruch können aufgebracht werden, und die Kon-sequenzen für die Konstruktion werden sofort sicht-bar. Dadurch kann leicht auf die Ursachen geschlos-sen werden. (Aussteifungsprobleme z.B. können sehreindrucksvoll am Modell demonstriert werden).

Auch zur Formfindung können Modelle dienen.Bekannte Beispiele sind Hängemodelle von Gaudi,Formfindungsmodelle von Frei Otto oder die von Füh-

Experiment:die künstliche Herbeiführung und Abwandlung vonBeobachtungsbedingungen zur Gewinnung wis-senschaftlicher Daten zwecks Aufstellung, Bestäti-gung oder Widerlegung von Hypothesen, Geset-zen, Theorien. [Brockhaus 89]

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2 Ausgangssituation

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rer und Stein entwickelten Modelle zur Formfindungvon Kuppeln.

Das Experimentieren mit Tragwerksalternativenerlaubt ein spielerisch-inituitives Vorgehen und kannals wirkungsvolle Unterstützung beim Tragwerkent-wurf eingesetzt werden.

Statische Beratung durch einen TragwerkplanerDer Architekt hat auch die Möglichkeit, sich an einen

kompetenten Tragwerkplaner zu wenden, der ihn beider Konzeption des Tragwerks unterstützt und berät.Aufgrund seines fachspezifischen Wissens und seinerErfahrung ist der Experte besser in der Lage, die Kon-sequenzen einer statischen Planung abzuschätzen unddem Entwerfer zu erklären. Darüber hinaus kann derTragwerkplaner kreativ auch neue Vorschläge für alter-native Entwurfsmöglichkeiten machen.

Die Effektivität einer solchen Zusammenarbeit hängtzum einen davon ab, daß sie zu einem frühen Zeitpunktdes Gesamtentwurfs stattfindet, wenn die Planung nochoffen ist für unterschiedliche Entwurfsvarianten. Ande-rerseits bedarf sie einer intensiven Kommunikation zwi-schen den Partnern. Der Tragwerkplaner muß ein prin-zipielles Interesse am Tragwerkentwurf haben, der inengem Zusammenhang mit der Gesamtplanung steht,und er muß in der Lage sein, dem Architekten seineIdeen und Ermittlungen in einer angemessenen Weisezu vermitteln. Der Architekt muß die isolierten statischenAspekte in den Gesamtzusammenhang seines Ent-wurfes übertragen, und er muß über soviel statischesGrundverständnis verfügen, daß er den Ausführungendes Fachplaners folgen kann, diskutieren und gegebe-nenfalls widersprechen kann.

Unterstützung des Tragwerkentwurfs durch CAD-Einsatz

In der Praxis führen die oben genannten Unter-stützungsmöglichkeiten beim Tragwerkentwurf oftmalszu Problemen:

• Das Experimentieren mit physischen Modellen wirdin der Regel als zu zeitraubend und zu kostspieligempfunden. Dies gilt insbesondere wenn für vieleEntwurfsvarianten immer neue Modelle gebaut wer-den müßten.

• Ein geeigneter Tragwerkplaner, der sich intensiv amPlanungsprozeß beteiligt, kann nicht immer gefun-den werden bzw. steht aus zeitlichen Gründen nichtin dem Maße zur Verfügung, wie er gebraucht wird.Darüber hinaus werden Aufträge an den Statikinge-

"Es gibt sehr wirkungsvolle Hilfsmittel, um einenbestimmten Entwurf richtig zu bemessen und bau-reif auszuarbeiten. Es mangelt jedoch erheblich anVerfahren, mit denen ein solcher Entwurf unter derFülle denkbarer Gestaltungsmöglichkeiten aufge-funden und ausgewählt werden kann. So bleibt dieeigentliche Konzeption eines Entwurfes immernoch vorwiegend eine Angelegenheit der Erfah-rung und Intuition." (Domke)

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nieur meist erst vergeben, wenn die Entwurfs-planung schon abgeschlossen ist.

Computerunterstützung beim Tragwerkentwurf solldazu beitragen, dem Architekten in der Vorentwurfs-phase eine zeitsparende Alternative der Unterstüt-zung zu liefern und ihn unabhängiger von der Auf-tragserteilung an den Tragwerkplaner zu machen.

Der Einsatz von EDV im Bauwesen ist nicht neu.Für statische Berechnungen in der Ingenieurpraxisexistieren schon lange entsprechende Computerpro-gramme. Diese sind aber für den Architektenentwurfnicht einsetzbar (ausführliche Erläuterung s. 4.2.3),also müssen hier neue Ansätze entwickelt werden.

Computereinsatz bietet die Möglichkeit, mit virtu-ellen Modellen zu experimentieren. Durch EDV-Simulationen kann das Tragverhalten der Konstrukti-on demonstriert werden, wodurch Anregungen für ei-ne Weiterentwicklung des Tragwerks entstehen.

Ein Teil des Expertenwissens des Tragwerkplanerskann in ein CAD-System integriert werden, so daß derComputer zumindest den mechanischen Teil der Stati-schen Beratung übernehmen kann, der im Abrufen for-malisierbaren Wissens besteht. Die kreative Seite derStatischen Beratung, also die Entwicklung alternativerVorschläge, wird vom Architekten selbst übernommen,indem er mit den virtuellen Modellen experimentiert,Erfahrungen sammelt und neue Varianten ausprobiert.

Aus diesen Überlegungen entwickelte sich die Ideefür ExTraCAD - Experimenteller Tragwerkentwurf aufder Basis von CAD -, der eine EDV-gestützte Kombina-tion aus Experimentieren und statischer Beratung dar-stellt.

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2 Ausgangssituation

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2.3 CAD im Bauwesen

Konrad Zuse, Begründer der digitalen Technik, warBauingenieur. Die Ursprünge der elektronischen Da-tenverarbeitung kamen also aus dem Bauwesen.

Mit dem Aufkommen der ersten kommerziellen di-gitalen Rechner Anfang der 60er Jahre wurden die er-sten Überlegungen dazu formuliert, wie Computer fürArbeiten im Baubereich genutzt werden könnten.

EDV-Entwicklung im IngenieurbereichDer primäre Vorteil von Computern, nämlich die

Verarbeitung großer Zahlenmengen, legte zunächstdie Nutzung zur Unterstützung von aufwendigen Be-rechnungen nahe.

Dieser Vorteil wurde von Ingenieuren schnell auf-gegriffen, und es wurden Programme entwickelt, dieRechenoperationen, die beim Aufstellen einer Statikanfallen, übernehmen. Dies war insbesondere des-halb möglich, weil der Tragwerkingenieur eine klardefinierte Aufgabenstellung hat, die alphanumerischfestlegbar ist und deshalb nicht notwendigerweise ei-ne aufwendige Benutzeroberfläche benötigt. Die Auf-gabe ist mit wohldefinierten algorithmischen Rechen-vorgängen lösbar, zum Teil wird sie sogar erst durchden Einsatz von Computern möglich. So wurde dieFinite-Elemente-Methode weiterentwickelt, bei der soviele Rechenoperationen anfallen, daß diese Methodevon Hand gar nicht zu bewältigen ist. Die Ergebnissewurden in numerischer Form erzeugt und konnten indie Statik integriert werden.

Dies bedeutet eine enorme Erleichterung der Rou-tinearbeit des Fachingenieurs, so daß der Einsatz vonComputern in diesem Bereich schon früh eine allge-meine Akzeptanz fand.

Heute findet sich die EDV in Büros für Tragwerk-planung immer noch vornehmlich für Berechnungenvon statischen Systemen, mittlerweile zum Teil unter-stützt durch graphische Eingabe und Ausgabe. Auchin der Verwaltung (Textverarbeitung) und bei der Er-stellung von Konstruktionsplänen (CAD) kommt derRechner immer stärker zum Einsatz.

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EDV-Entwicklung im ArchitekturbereichHaupkommunikationsmittel des Architekten ist die

Zeichnung. So ist es nicht verwunderlich, daß im Ar-chitekturbereich zunächst die Nutzung der graphi-schen Fähigkeiten des neuen Mediums im Vorder-grund stand. Die Erzeugung und Modifikation dreidi-mensionaler Objekte versprach neue Aspekte für dieZeichnungsdarstellung und zeichnete sich durch dieAussicht auf Schnelligkeit, Flexibilität und Zuverläs-sigkeit aus. Die Einsatzmöglichkeiten in der Architek-tur wurden schon 1968 auf Konferenzen wie „Com-puter Graphics in Architecture and Design“ der YaleSchool of Architecture diskutiert [Lenart 93].

Zu beachten ist allerdings, daß damals wederHard- noch Software weit genug entwickelt war, umdie heute üblichen graphischen Benutzeroberflächenbieten zu können. Die für den Rechner notwendigenAngaben mußten über die Tastatur eingeben werden.Für die Erzeugung einer Graphik bedeutet das diemühselige Eingabe der Konstruktion anhand von Ko-ordinaten, während das Ergebnis erst nach Beendi-gung der Eingabe graphisch sichtbar wird. Die Syste-me, soweit sie praktisch entwickelt wurden, waren al-so äußerst benutzerunfreundlich.

Parallel dazu entstanden Anfang der 60er Jahreschon Überlegungen, den Entwurf mit dem Computerzu automatisieren. Dabei beschäftigte man sich vorallem mit der automatisierten Grundrißplanung. Nacheiner anfänglichen Euphorie, die diese Ansätze beivielen Architekten auslösten, mußte man allerdingserkennen, daß der Entwurfsprozeß viel zu komplexist, als daß er mit den zur Verfügung stehenden Mit-teln auf den Computer befriedigend und umfassendübertragen werden könnte.

Es gibt also mehrere Gründe, warum der Einsatzvon Rechnern in der Architektur lange Zeit keine Ak-zeptanz fand. Zum einen waren die zur Verfügungstehenden CAD-Systeme so unkomfortabel, daß siekeine Erleichterung bei der planenden Arbeit darstell-ten. Außerdem waren Computer damals so teuer, daßihre Anschaffung das Budget der typischerweise kleinstrukturierten Architekturbüros überstieg. Zum ande-ren sahen sich Architekten aber auch durch Compu-tereinsatz in ihrer Kreativität bedroht. Diese Tendenzist zum Teil bis heute spürbar.

Anfang der 80er Jahre war die Soft- und Hardwa-reentwicklung so weit fortgeschritten, daß CAD-Systeme entstanden, die eine vollständig graphischeKommunikation, also Ein- und Ausgabe der Daten

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2 Ausgangssituation

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über Graphik, ermöglichten. Dies ist die grundlegendeVoraussetzung für eine effiziente Arbeitsweise mitdem Rechner im Bereich der Zeichnungserstellung.CAD-Programme wurden zunächst aufgrund des grö-sseren Interesses vor allem für die Belange der In-genieure im Maschinenbau entwickelt. Erst seit Endeder 80er Jahre kommen CAD-Programme speziell imArchitekturbereich zum Einsatz. Die zögernde Akzep-tanz von Architektenseite hemmt die Entwicklung vonadäquaten CAD-Programmen für den Architekturbe-reich in der Praxis und in der Forschung bis heute.

Trotzdem findet die EDV in den letzten Jahren im-mer größere Verbreitung in den Architekturbüros. Siewird vornehmlich eingesetzt für Aufgaben in der Ver-waltung, bei der AVA (Ausschreibung, Vergabe, Ab-rechnung). CAD-Systeme werden eingesetzt zurZeichnungserstellung und in vereinzelten Fällen auchzur Visualisierung der geplanten Gebäude. Die kreati-ve Entwurfsarbeit aber findet weiterhin von Hand, alsomit Skizzenpapier und Bleistift statt.

Einsatz von EDV bei der Entstehung einesTragwerks

Im Ingenieurbereich wird EDV eingesetzt zur Be-rechnung fertig entworfener Tragwerke. Diese Statik-programme erfordern sehr genaue und detaillierteAngaben, die erst in späten Phasen der Planungstä-tigkeit vorhanden sind und großes fachspezifischesWissen erfordern. Wenn der Tragwerkplaner eineStatik aufstellt, sind diese Voraussetzungen erfüllt.Die Aufgabenstellung ist wohldefiniert, die Randbe-dingungen liegen zum großen Teil vor, und die Pla-nungsaufgabe unterliegt nur noch wenigen Änderun-gen.

Im Architekturbereich wird der statische Aspekt ei-ner Entwurfsidee durch EDV bislang nicht unterstützt.Der Entwerfer kann zwar die Geometrie seiner Ideeim CAD-System abbilden, dieser Vorgang ist aber mitkeinerlei inhaltlichen Aussagen verbunden. Die Sta-tikprogramme aus dem Ingenieurbereich sind speziellauf die Bedürfnisse des Tragwerkplaners abgestimmt.Sie eignen sich nicht für eine Anwendung in der Kon-zeptionsphase. Der Entstehungsprozeß eines Trag-werks wird also nicht unterstützt.

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CAD und CAADCAD wird im allgemeinen mit dem Begriff „Com-

puter Aided Design“ verbunden und mit „Rechner-unterstütztes Entwerfen“ oder „ComputerunterstütztesEntwerfen“ übersetzt1. Wie weiter oben ausgeführt,wird aber bis heute nicht das Entwerfen unterstützt,sondern lediglich Routine-Zeichnungsarbeiten. In die-sem Sinne wird z.B. von Schmitt vorgeschlagen, par-allel die Bedeutung „Computer Aided Drafting“ -„Rechnerunterstütztes Zeichnen“ - zu verwenden, wo-durch die Verwendung als reines Zeichenwerkzeughervorgehoben wird. [Schmitt 93].

Der weniger bekannte Ausdruck CAAD beziehtdas CAD auf die Architektur und bedeutet „ComputerAided Architectural Design“ (bzw. Drafting).

Die unklare Begriffsdefinition von „CAD“ und„Rechnerunterstütztes Entwerfen“ führt zu vielen Ver-wirrungen und falschen Vorstellungen. Schon der Be-griff „Entwerfen“ wird derart unterschiedlich gedeutet,daß es im Rahmen dieser Arbeit notwendig erscheint,den Entwurfsprozeß näher zu beleuchten.

1 Die Begriffe „Computer“ und „Rechner“ werden in der vorliegendenArbeit synonym benutzt

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3 Modelle für den Entwurfsprozeß

Der Prozeß des Entwerfens ist so komplex, daß ernicht eindeutig beschrieben werden kann. Mit Hilfevon Modellen aber können Teilaspekte des Ent-wurfsprozesses faßbar gemacht werden.

In diesem Kapitel sollen zwei Modelle für Ent-wurfsphasen und Entwurfsabläufe entwickelt werden,die in den folgenden Kapiteln der Einordnung vonForschungsarbeiten zum rechnerunterstützten Ent-wurf und als Grundlage für die Entwicklung von Ex-TraCAD dienen.

Es geht hier also nicht um eine umfassende Ana-lyse des Entwurfsprozesses, sondern um das Her-ausarbeiten der notwendigen Aspekte zur Erklärungdes rechnerunterstützten Tragwerkentwurfs.

3.1 Hintergründe

Entwerfen als WissenschaftBei der Betrachtung des Entwurfsprozesses ste-

hen nicht die Ergebnisse eines Entwurfs im Vorder-grund, sondern der Vorgang selbst.

Es existiert keine eindeutige Definition des Begriffs„Entwerfen“. Die Gründe dafür liegen einerseits in derKomplexität des Vorgangs „Entwerfen“, andererseitssind die Bemühungen, dieses Thema theoretisch zuerforschen, verhältnismäßig jung. Lange Zeit wurdedas Entwerfen überhaupt nicht als wissenschaftlicheDisziplin anerkannt, obwohl es den Anforderungen anwissenschaftliche Arbeit entspricht [Schmitt 93, S. 24].

Die theoretische Betrachtung des Entwurfspro-zesses hatte Ende der 60er Jahre und in den 70erJahren eine Blütezeit. Wichtige Vertreter dieser Be-wegung waren Christopher Alexander und HerbertSimon. Ihre Anschauungen waren seinerzeit Gegen-stand heftiger Diskussion.

Es gibt unterschiedliche Motivationen, sich theore-tisch mit dem Entwurfsprozeß auseinanderzusetzen.Einerseits trägt eine solche Erforschung dazu bei, be-stehende Architektur besser zu verstehen, anderer-seits kann sie im Entwurfsunterricht eingesetzt wer-den. Darüber hinaus sind theoretische Grundlagen dieVoraussetzung für eine Unterstützung durch EDV.

„Doch ist es so, daß jedesmal, wenn wir in der La-ge sind, eine Eigenschaft der menschlichen Re-präsentation genau zu definieren, auch ähnlicheComputerrepräsentationen gefunden oder entwik-kelt werden können.“ [Schmitt 94]

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Zum Begriff „Modell“Der Weg der wissenschaftlichen Erforschung eines

Vorgangs führt in der Regel über die Entwicklung vonModellen. Modelle erfordern die Abstraktion des zuuntersuchenden Objektes auf diejenigen Aspekte, diefür die Zielsetzung des Modells interessant sind. Siehaben also niemals den Anspruch, umfassend zu be-schreiben. Aus diesem Grunde existieren zu einemSachverhalt in der Regel mehrere Modelle, die jeweilsandere Aspekte demonstrieren (vgl. Modelle in derPhysik, die bereits etabliert sind).

Modellbildung für den EntwurfsprozeßDie Komplexität des Vorgangs Entwerfen beginnt

mit der Aufgabenstellung. Sie stellt sich als ein un-scharf definiertes Problem und bietet keinen klar fest-gelegten Lösungsweg. Eine wesentliche Eigenschaftdes Entwerfens ist damit die Erarbeitung der präzisenAufgabenstellung als Teil des Entwurfsprozesses.Diese Besonderheit findet sich in abgewandelter Formin allen Modellen wieder.

Die Betrachtungsweisen bei der theoretischenAuseinandersetzung mit dem Entwerfen sind sehrunterschiedlich. Die vorliegende Untersuchung kon-zentriert sich auf eine Unterscheidung nach Ent-wurfsphasen und Entwurfsabläufen (siehe auch[Gyalokay 94a]).

Modell, Begriffsdefinitionen:

"Darstellungen, die nur die als wichtig angesehe-nen Eigenschaften des Vorbildes ausdrücken, umdurch diese Vereinfachung zu einem übersehba-ren oder mathematisch berechenbaren oder zuexperimentellen Untersuchungen geeigneten Mo-dellen zu kommen.“ [Brockhaus 89]

„Ein Modell ist die vereinfachte Darstellung desAblaufs eines Sachverhalts, die eine Untersuchungoder Erforschung erleichtert oder erst möglichmacht“ [Duden 74]

„Abstraktionen (Modelle] geben bestimmte Aspekteder Wirklichkeit wieder, nie die Wirklichkeit selbst.“[Schmitt 93]

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3 Modelle für den Entwurfsprozeß

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3.2 Entwurfsphasen

3.2.1 Wissenschaftliche Ansätze

Die Untersuchung von Entwurfsphasen betrachtetden Entwurf als Gesamtprozeß (prozeßorientiert) undversucht ihn in einzelne Planungsphasen zu gliedern,die in einer zeitlichen Abfolge stattfinden. Die Ansätzebasieren auf einem linearen Prinzip, das sich in fol-gende Hauptstufen gliedert:

Konzeption → Ausgestaltung → Detaillierung

Die Konzeptionsphase beinhaltet das Klären derAufgabenstellung, die in der Ausgestaltungsphase ineine Prinziplösung überführt wird. Diese wird im Laufeder Zeit immer weiter konkretisiert, bis am Ende einebefriedigende, ausführungsreife Lösung entstandenist.

Die Bezeichnung und die Anzahl der Phasen ist jenach Autor unterschiedlich. So benennt z.B. Joedickediese Phasen mit „Idee“, „Durcharbeitung“, „Gestalt“[Joedicke 93]. Die Honorarordnung für Architektenund Ingenieure (HOAI) verwendet Begriffe wie„Grundlagenermittlung“, „Vorplanung“, „Entwurfspla-nung“, „Genehmigungsplanung“ (s. Abb. 3-3). Zieldieses Modellansatzes ist in der Regel eine Organisa-tion der Planungsarbeit.

Diese lineare Modellvorstellung drückt sich auch indem bereits 1973 entstandenen der Entwurf einerVDI-Richtlinie aus (s. Abb. 3-2) Das Ziel ist es unteranderem, ein allgemeingültiges Ablaufschema für dasEntwerfen zu finden, und damit eine Basis für die Um-setzung in entsprechenden Computerprogrammen(hier vor allem für den Bereich Maschinenbau) zuschaffen [VDI 2210; 2221; 2222].

Abb. 3-1 Lineare Entwicklung des Entwurfs [aus Steinmann 94]

Abb. 3-2 Genereller Vorgehensplan für die Planung, Entwick-lung und Gestaltung industrieller Produkte [VDI 2222]

Honorarordnung für Architekten

1. Grundlagenermittllung2. Vorplanung3. Entwurfsplanung4. Genehmigungsplanung5. Ausführungsplanung6. Vorbereitung der Vergabe7. Mitwirkung bei der Vergabe8. Objektüberwachung9. Objektbetreuung

Abb. 3-3 Leistungsbild für Architekten [HOAI 76]

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Grenzen des ModellansatzesDer ideale, lineare Planungsablauf findet nur äu-

ßerst selten statt. Die meisten Phasenmodelle ver-deutlichen dies graphisch durch Rückführungspfeile,die den iterativen Charakter des Entwurfsprozessesverdeutlichen. In Abb. 3-4 wird deutlich, daß selbst imBereich Maschinenbau, der durch viel präzisere Auf-gabenstellungen geprägt ist, eine lineare Entwicklungdes Entwurfs nicht gewährleistet ist. Die unterschiedli-chen Erkenntnisse während des Entwurfsprozessesbewirken vielmehr oft ein Überspringen bestimmterPhasen, sowohl rückwärts wie auch vorwärts gerich-tet. Insofern kann auch von einem Entwurfsfortschrittgesprochen werden, wenn die Planungsarbeit in einengrößeren Abstraktionsgrad zurückfällt. Die weiterePräzisierung fällt dann um so leichter, da sie auf allevorhergehenden Schritte zurückgreifen kann.

Insofern erscheint die spiralförmige Darstellung fürdie Entwurfsphasen (siehe auch [Rudolph,Kröplin 94;Steinmann 94]) eine weniger konkrete aber realitäts-nähere Version der prozeßorientierten Sichtweise zusein. Diese bildet die Grundlage für das in der vorlie-genden Arbeit verwendete Entwurfsphasen-Modell.

Abb. 3-4 Konstruktionsablauf [Birkhofer 90, S. 67]

Abb. 3-5 Linearer Planungsablauf

Abb. 3-6 Entwurfsablauf nach [Rudolph,Kröplin 94]

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3 Modelle für den Entwurfsprozeß

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3.2.2 „Entwurfsphasen-Modell“

Das für die vorliegende Arbeit entwickelte Ent-wurfsphasen-Modell eignet sich zur zeitlichen Einord-nung bestimmter Entwurfstätigkeiten und Planungsbe-rufe in den Gesamtprozeß. Es zeigt die iterative Ent-wicklung der Entwurfsprozesses in der Zeit (Entwurfs-phasen) unter Einbeziehung unterschiedlicher Ent-wurfsaspekte.

Entwurfsphasen und EntwurfsaspekteWährend des Entwurfsprozesses findet idealer-

weise eine fortschreitende Detaillierung der Pla-nungsaufgabe und deren Umsetzung statt. Die Tatsa-che, daß diese Entwicklung in der Regel nicht linearstattfindet, wird durch die spiralförmige Darstellungdeutlich.

Zahlreiche Entwurfsaspekte sind in die Planungeinzubeziehen. In der Architektur sind dies u.a. städ-tebauliche, ökonomische, ökologische, baukonstrukti-ve, tragwerkspezifische Anforderungen.

Die Schwerpunkte sind je nach Aufgabenstellungunterschiedlich. Die Planung einer Halle z.B. stellt hö-here Anforderungen an das Tragwerk als der Entwurfeines Wohngebäudes.

Auch die Bedeutung der einzelnen Aspekte in denverschiedenen Entwurfsphasen wechselt. Bei derPlanung eines Gebäudes spielen städtebauliche Be-trachtungen zu einem frühen Zeitpunkt eine größereRolle als später. Baukonstruktive Belange bedürfenerst in einer späteren Entwurfsphase einer intensivenBearbeitung, sollten aber schon früh berücksichtigtwerden. Wenn z.B. die Planung ein außenliegendesTragwerk vorsieht, ist abzusehen, daß die Detailpla-

Abb. 3-7 Verwendetes Entwurfsphasenmodell

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nung sich intensiver mit der Vermeidung von Kälte-brücken auseinandersetzen muß, als dies der Fall beiinnenliegenden Tragwerken ist).

Wichtig ist, daß jeder Entwurfsaspekt während al-ler Entwurfsphasen in den Gesamtentwurf integriertwird. Diejenigen Aspekte, die während früher Phasennicht genügend beachtet wurden, initiieren bei derAusführungsplanung oft Probleme, die nur noch un-befriedigend gelöst werden können. Dies läßt sichleicht erkennen, wenn z.B. in einem Wohnraum dieDeckenuntersicht durch einen statisch notwendigenUnterzug empfindlich gestört wird.

Einordnung verschiedener PlanungsberufeJe nach Berufsbild ergeben sich unterschiedliche

Kompetenzen für die Durchführung der Planung. DerArchitekt muß in frühen Entwurfsphasen sämtlicherelevanten Aspekte der Aufgabenstellung bearbeiten.In späten Phasen konzentriert sich seine Arbeit aufbestimmte Teilaspekte. Die Kompetenzen der Ausfüh-rungsplanung werden aufgrund der fachspezifischenAnforderungen an Fachingenieure verteilt. Dem Ar-chitekten obliegt dann die Koordination der verteiltenAufgaben und deren Integration in den Gesamtent-wurf.

Das Berufsbild eines Fachingenieurs im Bauwesenist stark auf die Konkretisierung eines einzigen Ent-wurfsaspekts (Tragwerk) in späten Entwurfsphasenausgerichtet.

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3 Modelle für den Entwurfsprozeß

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3.3 Entwurfsablauf

3.3.1 Wissenschaftliche Ansätze

Die Modellierung von Entwurfsabläufen hat dasZiel, die geistigen Schritte des Entwerfers bei der Pla-nungsarbeit herauszubilden. Im Gegensatz zum pha-senorientierten Ansatz werden diese unabhängig vonder Zeit betrachtet. Es handelt sich also um Abläufe,die in jeder Entwurfsphase stattfinden.

Die meisten Modelle basieren auf den folgendenBegriffen (s. auch Abb. 3-8):

Analyse Synthese

Evaluierung

Die Reihenfolge dieser geistigen Prozesse ist inden verschiedenen Modellen jedoch unterschiedlich.(s. Abb. 3-9):

Die idealisierte Vorstellung, daß Entwerfen auf derAbfolge von detaillierter Analyse und anschließenderSynthese basiert, entspricht der Modellierung vonEntwurfsphasen. Diese Vorgehensweise bei der Pla-nung wird traditionell dem ingenieurmäßigen Entwer-fen zugeschrieben. Daß Planung und Forschung inder Realität nicht so stattfinden, zeigen zahlreicheUntersuchungen (s. 3.2.1, Kritik).

Asimov ging davon aus, daß kein Individuum in derLage ist, ein Problem so umfassend zu analysieren,daß bei der Umsetzung der Ergebnisse keine Rück-kopplung mehr notwendig sei. Er schlug 1962 ein Mo-dell vor, das in Anschluß an die Synthesephase dieEvaluierung setzt [Asimov 62]. Hier werden die gefun-denen Lösungen anhand der in der Analysephase de-finierten Ziele überprüft. Dies führt zu einer erneutenAnalyse, die die Zielvorstellungen überprüft und wei-terentwickelt. Damit stellt sich das Entwerfen als itera-tiver Prozeß dar, währenddessen sich die Wertvor-stellungen des Planers weiterentwickeln und ändern.In diesem Modell blieb die Analyse weiterhin vorge-schaltet.

Hillier stellte dieser Ansicht die Vorstellung gegen-über, daß der Entwurfsprozeß mit einer Annahme be-ginne und sich daraus erst die Grundlagen für eineAnalyse entwickeln [Hillier 84]. Die anschließendeBewertung führt dann zu einer erneuten Synthese.Dem liegt die Anschauung zugrunde, daß kein Pro-blem vollständig voranalysiert werden kann, und folg-

Synthese • Verknüpfung einzelner Teile zu einem hö-heren Ganzen

• Finden möglicher Lösungen

Analyse • Zerlegung von Problemen in Teilprobleme

• Untersuchung von Zusammenhängen

• Verstehen des Problems

• Herausarbeiten expliziter Ziele

Evaluierung: • Bewertung

• Entscheidungen über die Qualität einerLösung gemessen an den Zielvorstellun-gen

Abb. 3-8 Begriffsdefinition für Synthese, Analyse und Evaluie-rung

„Ingenieur-ansatz“

Asimov Hillier

Analyse Analyse Synthese

↓ ↓ ↓Synthese Synthese Analyse

↓ ↓Evaluierung Evaluierung

Abb. 3-9 Reihenfolge der Entwurfsabläufe verschiedener Mo-delle

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lich zunächst einmal eine Annahme getroffen werdenmuß, die dann später überprüft wird.

Die Vielfalt der Modelle zeigt die Komplexität desEntwurfsprozesses. Hinzu kommt, daß wohl jederEntwerfer eine eigene Vorgehensweise bei seiner Ar-beit hat. So wird die Methode der gründlichen Vora-nalyse wie Asimov sie vorschlägt, den erfahrenen Ar-chitekten und Ingenieuren zugesprochen, währendunerfahrene Architekten eher mit einer Annahme be-ginnen, die sie im Nachhinein überprüfen. Doch auchdiese Aussage dürfte sich kaum verallgemeinern las-sen.

Nutzen des ModellansatzesDie Modellierung der Entwurfsabläufe verdeutli-

chen die Komplexität der geistigen Vorgänge beimEntwerfen und bildet die Grundlage für das Anliegen,Entwerfen zu unterstützen. Es wird deutlich, daß sicheine potentielle Unterstützung jeweils auf unterschied-liche Bereiche der geistigen Abläufe beziehen wird.

Abb. 3-10 Analyse - Synthese, Evaluierung [Lenart 91, S. 155]

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3 Modelle für den Entwurfsprozeß

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3.3.2 „Entwurfsablauf-Modell“

Das zum Zwecke der vorliegenden Arbeit entwik-kelte Entwurfsablauf-Modell basiert auf den Abläufen„Analyse“, „Synthese“ und „Evaluierung“. Jede dieserPhasen wird in Abschnitte gegliedert, damit die geisti-gen Abläufe besser präzisierbar sind. Die Führung derPfeile verdeutlicht den iterativen Charakter des Ent-wurfsvorgangs. Auf eine Festlegung der Reihenfolgevon Analyse und Synthese wurde bewußt verzichtet,da sie für die weiteren Erklärungen nicht notwendigist. Nach Ansicht der Autorin können Ideenfindungund Problemstrukturierung parallel stattfinden, oderauch nacheinander, in jedem Fall werden sie sich ge-genseitig beeinflussen. Eine „Evaluierung“ basiert auf„Analyse“ und „Synthese“ und faßt die Ergebnissedieser Phasen zusammen. Die daraus folgende Ent-scheidung kann sowohl Synthese als auch Analysefür den Entwurfsfortschritt beeinflussen. Die einzelnenEntwurfsabläufe werden im folgenden näher be-schrieben.

Ideenfindung und Ideenformulierung (Synthese)Die Synthese untergliedert sich in die Abschnitte

Ideenfindung und Ideenformulierung.Mit Ideenfindung wird der geistig-kreative Aspekt

der Entstehung eines Entwurfsvorschlags bezeichnet.Über die Entstehung einer Idee ist verhältnismäßigwenig bekannt. Sie ist abhängig von dem Wissen, derErfahrung und der Persönlichkeit des Entwerfers.Schmitt [Schmitt 93] nennt einige Methoden, die beider Entstehung von Ideen eine Rolle spielen. (Proto-typen, Top-Down, Bottom-Up, fallbasiertes Schließen)

Ideenformulierung ist das Zusammenfügen derGedanken mit dem Ziel, diese Aussage festzuhalten.In der Architektur drückt sich dieser Vorgang zumeistdurch eine Zeichnung oder Skizze aus. Oft genug fin-det er aber auch lediglich gedanklich statt oder wird inder Diskussion wörtlich geäußert.

Abb. 3-11 Entwurfsablauf-Modell

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Problemstrukturierung und Analysekriterien(Analyse)

Die Analyse gliedert sich in die Abschnitte Pro-blemstrukturierung und Aufstellen von Analysekriteri-en.

Unter Problemstrukturierung wird die geistige Aus-einandersetzung mit der Aufgabenstellung verstan-den. Sie beinhaltet die Präzisierung der Aufgaben-stellung, die Untersuchung der Zusammenhänge unddas Herausarbeiten expliziter Ziele, die durch denEntwurf erreicht werden sollen (z.B. größtmöglicherNutzungsspielraum, Einhaltung der Normen des so-zialen Wohnungsbaus etc.). Ein Teil dieser Arbeit wirdbeeinflußt durch gesetzliche Bestimmungen und ge-sellschaftliche und kulturelle Zusammenhänge. Derüberwiegende Teil dieser Arbeit ist allerdings wieder-um sehr stark von der Persönlichkeit und den Wert-vorstellungen des Entwerfers geprägt. Dieser Aspektbeeinflußt die Qualität von Architektur nachhaltig.

Ausgehend von der Problemstrukturierung werdenAnalysekriterien zusammengestellt, nach denen dieEntwurfsideen untersucht und beurteilt werden sollen(z.B. stützenfreie Konstruktion, Einhalten einer maxi-malen Wohnraumgröße etc.) Dabei wird in der Regelauch eine Wichtung dieser Kriterien vorgenommen.Dieser Vorgang kann in schriftlicher Form festgehal-ten werden (z.B. ein Raumprogramm, Checkliste), inden meisten Fällen wird er sich aber gedanklich imKopf des Entwerfers abspielen ohne explizit formuliertzu werden.

Ermittlung der Entwurfseigenschaften, Bewertungund Entscheidung (Evaluierung)

Die Evaluierungsphase gliedert sich in die Abläufeder Ermittlung der Entwurfseigenschaften sowie inBewertung und Entscheidung.

Entwurfseigenschaften werden ermittelt, indem diegefundene Idee (Ergebnis der Synthese) anhand deraufgestellten Kriterien (Ergebnis der Analyse) unter-sucht wird. Für jedes Kriterium muß eine Analyseme-thode gefunden werden, die es erlaubt, die Eigen-schaften der Entwurfsidee auf dieses Kriterium hin zuprüfen. Die Wahl der Methode ist weiterhin abhängigdavon, wie weit die Entwurfsidee fortgeschritten ist.Das Ergebnis ist eine Feststellung der Beziehung zwi-schen der Idee und dem aufgestellten Kriterium unddient als Grundlage für die anschließende Bewertung.Dieser Teil des Entwurfsprozesses ist der am bestenerfaßbare. Es existieren zahlreiche Methoden, die ei-ne quantitative Erarbeitung der Entwurfseigenschaften

Abb. 3-12 Entwurfsablauf-Modell

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3 Modelle für den Entwurfsprozeß

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für verschiedene Aspekte des Entwurfs ermöglichen.(z.B. eine Berechnung der Raumgröße zur Überprü-fung der Richtlinien des sozialen Wohnungsbaus oderein Spannungsnachweis zur Feststellung der Tragfä-higkeit oder Simulation der Verformung eines Trag-werks). In vielen Fällen, vor allem in frühen Ent-wurfsphasen, wird der Entwerfer allerdings eher einequalitative Ermittlung der Entwurfseigenschaften vor-nehmen (z.B. dieses Gebäude ist städtebaulich domi-nierend oder dieses Zimmer ist nach Norden gerich-tet).

Auf der Grundlage der ermittelten Entwurfseigen-schaften kann der Entwerfer die Bewertung vorneh-men. Er steht vor der Aufgabe, die erarbeiteten Tat-sachen gegeneinander abzuwägen und in den Ge-samtkontext des Entwurfes zu stellen. Jede Ent-wurfseigenschaft erhält erst ihre wahre Bedeutung,wenn sie im Entwurfskontext bewertet wird. DieserVorgang ist äußerst komplex, da der Entwerfer gefor-dert ist, alle Aspekte des Entwurfes zu beachten undmögliche Auswirkungen auf die weitere Entwurfsarbeitvorauszusehen. (z.B. Die Feststellung, daß ein Ge-bäude mechanisch hält, kann erst dann positiv ge-wertet werden, wenn sich die Gestaltung in den Ge-samtkontext des Entwurfes einfügt. Oder: Das Zimmernach Norden kann positiv bewertet werden, wenn essich um ein Arbeitszimmer handelt. Oder: die Verfor-mung des Tragwerks ist sehr groß - da es sich um ei-ne Wohnnutzung handelt, kann dies nicht toleriertwerden).

Entscheidungen nimmt der Entwerfer anhand derBewertung vor. Sie bedeuten immer einen Entwurfs-fortschritt. Der Entwurf entwickelt sich weiter, indementweder eine alternative Idee gefunden wird oderaber die vorhandene abgeändert oder weiter detailliertwird. Die getroffenen Entscheidungen können aberauch Auswirkungen auf eine weitergehende Analysehaben. Dies kann sich ausdrücken in einer Präzisie-rung der Analyse, in der Aufstellung zusätzlicher Krite-rien oder in einer Neuformulierung der Aufgabenstel-lung und damit einer grundsätzlich anderen Herange-hensweise an den Entwurf.

Abb. 3-13 Entwurfsablauf-Modell

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4 Technische Entwicklung desrechnerunterstützten Entwurfs -eine Bestandsaufnahme

4.1 Ansätze einer Rechnerunterstützungbeim Entwurf

"Rechnerunterstützter Entwurf" ist ein Schlagwort,das sowohl für die Anwendung kommerzieller Soft-ware als auch zur Charakterisierung von Forschungs-arbeiten im Bereich der Ingenieurwissenschaften undder Architektur benutzt wird. Tatsächlich existierensehr unterschiedliche Ansätze für den rechnerunter-stützten Entwurf, die sich jeweils anderen Bereichendes Entwurfsprozesses widmen.

Die in Kapitel 3 entwickelten Modelle für Entwurfs-phasen und -abläufe werden dazu benutzt, eine Struk-turierung der aktuellen Forschungsansätze vorzu-nehmen.

Unterstützung unterschiedlicher EntwurfsaspekteDas Entwurfsphasen-Modell verdeutlicht die Fülle

der Aspekte, die beim Entwerfen beachtet werdenmüssen. Die Art der Aspekte und deren Wichtung istabhängig von der Planungsaufgabe und vom Aufga-bengebiet des Planers (z.B. Architektur, Bauinge-nieurwesen, Maschinenbau). Die Einbeziehung allerAspekte in die Entwurfsunterstützung wird zwar an-gestrebt, in der Regel konzentrieren sich Ansätze ei-ner Rechnerunterstützung aber auf einen oder wenigeEntwurfsaspekte. In dieser Arbeit vorgestellte Aspektesind beispielsweise Tragwerk, Grundrißplanung, Ener-gieversorgung und Solararchitektur.

Unterstützung in unterschiedlichenEntwurfsphasen

Das Entwurfsphasen-Modell zeigt den fortschrei-tenden Detaillierungsgrad einer Planungsaufgabe. ZuBeginn der Konzeption ist die Aufgabenstellung undderen Umsetzung noch unklar und wenig definiert.Erst im Laufe der Zeit konkretisiert sich der Entwurfund wird somit besser faßbar. Der Rechnereinsatz,der auf einer digitalen Verarbeitung konkreter Datenbasiert, bietet sich natürlich zunächst in späterenEntwurfsphasen an. Alle Bemühungen, die Vorteiledes Computers in frühen Phasen zu nutzen, müssender anfangs „schlecht definierten“ Problemstellung(„bad defined problem“) Rechnung tragen.

Abb. 4-1 Entwurfsphasen und Entwurfsaspekte

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Unterstützung bei unterschiedlichenEntwurfsabläufen

Die Aufgaben der Computerunterstützung bei ver-schiedenen Entwurfsabläufen werden unterschiedenzwischen passiver Entwurfsassistenz und aktiverEntwurfsautomatisierung (design assistant - designautomation).

Bezogen auf das Entwurfsablauf-Modell kann manfeststellen, daß die Entwurfsabläufe „Ideenformulie-rung“, „Analysekriterien aufstellen“ und „Entwurfsei-genschaften ermitteln“ eher zu den ‘mechanischen’Abläufen beim Entwerfen zählen, die passiv unter-stützt werden können. Passive Unterstützung kannsich nach Lenart darin äußern, daß Informationen zurVerfügung gestellt werden und die Konsequenzen von(Teil-)lösungen aufgezeigt werden [Lenart 91, S. 79].Liebich sieht Möglichkeiten einer passiven Ent-wurfsunterstützung darin, daß eine „Kontrolle derEntwurfsvorschläge (des Architekten) anhand aner-kannter Regeln der Baukunst“ sowie eine „differen-zierte und aussagekräftige Repräsentation der Ent-wurfsobjekte“ stattfindet [Liebich 94].

Die Entwurfsabläufe „Ideenfindung“, „Problem-strukturierung“, „Bewertung“ und „Entscheidung“sprechen den kreativen Bereich des Entwerfens an.Eine Unterstützung in diesem Bereich wird zu eineraktiven Entwurfsautomatisierung, indem Lösungsal-ternativen systematisch erzeugt werden. Die Generie-rung von Lösungen kann nur stattfinden, wenn alleanderen Entwurfsabläufe eingebunden sind, das Sy-stem muß also in der Lage sein, die Alternativen an-hand von Kriterien zu bewerten und Entscheidungenüber die Qualität der Vorschläge treffen, damit die er-zeugten Lösungen sinnvoll und deren Zahl übersicht-lich bleibt. Die endgültige Entscheidung über die Aus-wahl der Entwurfsalternative wird auch bei der aktivenEntwurfsunterstützung dem Architekten überlassen.

Forschungsansätze für eine Rechnerunterstützungfinden sich also in fast jedem der Entwurfsabläufe,wobei zwischen passiver und aktiver Unterstützungunterschieden wird.

Abb. 4-2 Unterstützung verschiedener Entwurfsabläufe

Ansätze für den rechnerunterstützten Entwurf1. Entwurfsaspekt

• alle entwurfsrelevanten Aspekte• spezielle Aspekte

2. Entwurfsphase• frühe Phasen• späte Phasen

3. Entwurfsabläufe(passive und aktive Unterstützung)• Unterstützung der Ideenformulierung (passiv)• Unterstützung des Ermittlung der Entwurfsei-

genschaften (passiv)• Unterstützung der Bewertung (passiv/aktiv)• Automatisierung der Ideenfindung (Generie-

rung) (aktiv)

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4 Technische Entwicklung des rechnerunterstützten Entwurfs - eine Bestandsaufnahme

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4.2 Praxis

4.2.1 Kommerzielle CAD-Systeme

GeometriedatenIn ihrer Grundform sind CAD-Systeme reine Zei-

chenwerkzeuge, die dem Zeichner Routinearbeitenabnehmen. Sie sind geometrische Modellierungssy-steme, die seit den 70er Jahren entwickelt wurden.Die numerisch gespeicherten Daten beschreiben le-diglich die Geometrie und Verknüpfungen zwischenden Elementen bestehen, wenn überhaupt, auch nurauf geometrischer Ebene. Man unterscheidet grund-sätzlich zwischen drei Ebenen der geometrischenDarstellung im Rechner:

Die zweidimensionale (2d) Darstellung basiert aufeinfachen Grundelementen wie Linie, Kreis oder Po-lygon, und entspricht in ihren Repräsentationsmög-lichkeiten der Zeichnungsdarstellung am Zeichenbrett.

Das Flächenmodell (2½d) erlaubt die Darstellungvon Flächen im Raum, d.h. ein Würfel wird repräsen-tiert wie eine hohle Schachtel, dessen Begrenzungenaus sechs Flächen bestehen. Diese Repräsentati-onsform erlaubt die 3-dimensionale Darstellung einesKörpers mit verdeckten Kanten oder Schattierung.Allerdings ist die Erzeugung komplizierter Objekteaufwendig, da die notwendigen Verschneidungslinienper Hand konstruiert werden müssen.

Erst das Volumenmodell (3d), bei dem ein Würfelals echter massiver Quader dargestellt wird, erlaubteine Objekterzeugung, bei der Grundkörper mit Boo-le’schen Operationen wie Vereinigen, Schnittmenge,Subtrahieren miteinander verknüpft werden können.Anfallende Verschneidungen werden vom System be-rechnet.

Mit diesen Daten lassen sich 3-dimensionale Dar-stellungen herstellen, die dem Planer und Auftragge-ber ein umfassenderes Bild eines Entwurfes zeigen.Mit Hilfe spezieller Rendering-Verfahren können foto-realistische Bilder und Animationen erzeugt werden.

In der Architekturpraxis wird sehr oft lediglich im 2-di-mensionalen Bereich gearbeitet. Da die Kommunikationim Baubereich weiterhin anhand von 2-dimensionalenDarstellungen (Schnitte, Grundrisse, Ansichten) auf ge-plotteten Plänen stattfindet, lohnt der Aufwand für dieErstellung eines 3D-Modells zumeist nicht. Eine Aus-nahme bilden geometrisch komplizierte Gebäude.

Die Erzeugung fotorealistischer Bilder erfordert einso spezielles Wissen, daß diese Arbeiten, falls sie be-

Abb. 4-3 Geometriemodelle [Schmitt 93]

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nötigt werden, oft als Dienstleistung speziellen Anbieternin Auftrag gegeben werden.

Nicht-geometrische DatenDie Speicherung reiner Geometriedaten erweist

sich auf Dauer als unzureichend, denn diese Vorge-hensweise ist unabhängig vom Inhalt der Zeichnung.(Die Zeichnung ‘weiß’ nicht, ob mit ihr eine Kurbel-welle oder ein Gebäude dargestellt wird). Es gibt je-doch Routinearbeiten, die branchenspezifisch sindund damit auf inhaltliche Aspekte der Zeichnung zu-rückgreifen müssen. Möchte z.B. ein Bauzeichner ei-ne Fensteröffnung mit Anschlag in eine Wand zeich-nen, kann ihm der Rechner diese Routinearbeit nurabnehmen, wenn er nicht nur einzelne Linien gespei-chert hat, sondern zusammenhängende Wände. DieSpeicherung muß also bauteilorientiert sein. Auf demNiveau der bauteilorientierten Datenspeicherung und -modifikation wurden zahlreiche Anwendungspro-gramme entwickelt, die eine branchenspezifische Ar-beitsweise mit einem CAD-Systeme erlauben. Zudemerlauben die Datenbanken der meisten CAD-Systeme, auch nicht-geometrische Informationen ab-zuspeichern und bis zu einem gewissen Grade aus-zuwerten. So kann der Benutzer Angaben zum Auf-bau einer Wand machen, die später z.B. für die Er-stellung des Raumbuches ausgewertet werden kön-nen. Geometrische Auswertungen verlangen allerdingseine präzise Darstellung der Geometrie als Volumen-modell, was wiederum sehr aufwendig ist.

Unterstützung des EntwerfensCAD-Systeme wurden mit dem Ziel entwickelt, le-

diglich die Geometrie eines Entwurfes darzustellenund können meistens auch nur zu diesem Zweck ein-gesetzt werden. Sie unterstützen den Architekten alsobeim Entwurfsablauf der Ideenformulierung. Da dieseine genaue Vorstellung der Abmessungen voraus-setzt, können sie erst in späten Entwurfsphasen effi-zient eingesetzt werden. In ihrer Handhabung ent-sprechen sie dem genauen Zeichnen an der Reiß-schiene, verfügen aber über den Vorteil, daß Wieder-holungen und Änderungen mit weniger Zeitaufwandhergestellt werden können. Die gespeicherten Datenwerden dazu benutzt, den Ablauf der Ideenformulie-rung zu unterstützen.

Die Ermittlung der Entwurfseigenschaften wird un-terstützt, soweit sie die Geometrie betreffen. Der Archi-tekt kann die Wirkung seiner Entwurfsidee anhand des3-dimensionalen Modells beurteilen. Daran sind aller-dings keine weiteren inhaltlichen Aussagen geknüpft

Aspekt: Geometrie

Phase: spät

Ablauf: Ideenformulierung (Zeichnungserstellung)

(Ermittlung der Entwurfseigenschaften bezüglich derGeometrie)

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4 Technische Entwicklung des rechnerunterstützten Entwurfs - eine Bestandsaufnahme

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(Man kann einen Raum ohne Zugang zeichnen oder ei-ne Toilette im Wohnzimmer plazieren, ohne daß diesvom CAD-System angemerkt würde). Zusätzlich kanneine Auswertung der Geometrie erfolgen (z.B. die Er-mittlung der Raumgröße), es bleibt aber dem Architek-ten überlassen, diese mit eventuellen Anforderungen(z.B. an gesetzliche Normen) in Beziehung zu setzenund daraus seine Schlüsse zu ziehen. Andere Aspektekönnen nicht berücksichtigt werden, da die gesamteDatenspeicherung auf Geometriedaten basiert.

Auf dieser Basis erlaubt der CAD-Einsatz eine Zeit-ersparnis bei Routinearbeiten der graphischen Darstel-lung, unterstützt aber nicht den inhaltlichen Entste-hungsprozeß eines Gebäudes.

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4.2.2 Kommerzielle Baustatik-Software

Im Bauingenieurwesen findet sich eine differenzierteEDV-Unterstützung der verschiedenen Aufgabenberei-che.

• Programme für die statische Berechnung (Schnitt-größen, Verformungen etc.)

• Programme für die Bemessung (statische Nach-weise)

• Programme für die Konstruktion (CAD)

Berechnungsprogramme sind die zentrale EDV-Unterstützung im Ingenieurbereich. Die zu berech-nenden Tragwerke können in Kategorien eingeteiltwerden (2D-Flächenträger, 3D-Faltwerke, 2D-Stab-werke, 3D-Stabwerke [s. Rüppel 94, S.13]). Für jedenspezifischen Bereich existieren entsprechende Be-rechnungsmethoden (z.B. Finite Elemente Methodeoder Weggrößenverfahren). Für jede Berechnungs-methode werden entsprechende Programme zurVerfügung gestellt, mit denen die Schnittgrößen undVerformungen eines Tragwerks ermittelt werden, dieVoraussetzung für die Bemessung sind.

Bemessungsprogramme sind zum Teil an die Be-rechnungsprogramme angegliedert. Mit ihrer Hilfewird auf Grundlage der Ergebnisse der statischen Be-rechnung der statische Nachweis geführt. Dieser istabhängig von bestimmten Normen (DIN-Normen, Eu-rocode etc.) für die verschiedenen Materialien (Holz,Stahl, Stahlbeton, Mauerwerk etc.). Die wechselndenVorschriften und ihre Komplexität bewirken, daß dieseProgramme ständig aktualisiert werden müssen.

Der Aufgabenbereich der Konstruktion wird durchZeichnungen dokumentiert und mit CAD unterstützt.Es existieren zahlreiche fachspezifische CAD-Porgramme, die die Routinearbeiten bei der Zeich-nungserstellung im Bauingenieurwesen vereinfachen(Bewehrungszeichnungen, Schalpläne). Die quantita-tive Auswertung der graphischen Darstellung erlaubtz.B. das automatische Aufstellen von Stücklisten oderdie materialsparende Aufteilung von Bewehrungs-matten. Eine inhaltliche Überprüfung des Entwurfsfindet nicht statt. Diese CAD-Systeme kommen, wieim Architekturbereich, erst in späten Entwurfsphasenzum Einsatz.

Der Einsatz von Berechnungsprogrammen unter-stützt seit Jahren die Ingenieurstatik und wird dortsehr gut akzeptiert. Teilweise sind die Berechnungs-verfahren (z.B. FEM) gar nicht mehr ohne Computer

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4 Technische Entwicklung des rechnerunterstützten Entwurfs - eine Bestandsaufnahme

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möglich, da der Rechenaufwand von Hand viel zugroß wäre. Diese algorithmischen Vorgänge lassensich sehr gut im Rechner verarbeiten.

Den Kern der Statikprogramme bildet ein numeri-sches Modell des Tragwerks, in dem die Geometrieanhand von Koordinaten und die anderen statischenEigenschaften alphanumerisch beschrieben werden.Auch die Ergebnisse werden in Zahlen geliefert.Durch "Pre-Processing" wird die interaktive graphi-sche Eingabe des statischen Systems ermöglicht. Das"Post-Processing" erlaubt die graphische Darstellungder Ergebnisse, was zu einer wesentlichen Verbesse-rung der Benutzerfreundlichkeit führt.

Allein die Bezeichnungen "Pre- und Post-Processing" drücken schon aus, daß hier der umge-kehrte Weg der Datenspeicherung wie bei CAD-Systemen beschritten wird. Die graphischen Eigen-schaften werden an die numerischen Informationenangehängt und betreffen deshalb nur das statischeSystem und nicht das gesamte Tragwerk in seinerrealen Ausprägung.

Unterstützung des EntwerfensStatikprogramme sind genau auf den Aufgabenbe-

reich des Statikers zugeschnitten. Sein Schwerpunktist das Tragwerk, die anderen Aspekte des Entwurfstreten nur sekundär in Erscheinung, wenn der Archi-tekt ihn darauf aufmerksam macht. Die Arbeit desTragwerkplaners konzentriert sich auf die späten Ent-wurfsphasen, wenn die Konzeption des Gebäudesdurch den Architekten schon erfolgt ist. Es liegen alsogenaue Vorstellungen zum Tragwerk vor, die er inVerbindung mit seinem Ingenieurwissen in detailliertestatische Angaben umsetzen kann. Auf dieserGrundlage werden die statischen Entwurfseigen-schaften ermittelt und der Tragwerkplaner erhält de-taillierte Ergebnisse, die für den statischen Nachweisnotwendig sind. Der Entstehungsprozeß des Trag-werks wird nicht unterstützt.

ProblemeIn der Ingenieurpraxis wird kritisiert, daß die Sta-

tikprogramme teilweise so komplex sind, daß sie nurnoch von EDV-Spezialisten bedient werden können[Stein 96]. Genaue Kenntnisse der Berechnungsme-thoden sind notwendig, damit eine korrekte Anwen-dung gewährleistet ist. Die Fülle der Informationenund Ergebnisse täuscht eine Korrektheit vor, die oftnicht vorhanden ist, weil schon die Eingabe fehlerhaftwar. Es besteht die Gefahr, daß so der Überblick fürdas Wesentliche verloren geht.

Aspekt: Tragwerk

Phase: spät (statischer Nachweis)

Ablauf: Ermittlung der Entwurfseigenschaften (Statik)

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Eine andere Schwierigkeit liegt darin, daß der In-genieur bei seiner Arbeit mit einer Vielzahl von Mo-dulen für die einzelnen Planungsphasen umgehenmuß („Insellösungen“). Die so erzeugten Informatio-nen sind untereinander kaum kompatibel, so daß einedurchgängige Entwurfsarbeit nicht möglich ist. DiesesProblem besteht schon bei der Übernahme von Datendes Architektenentwurfs.

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4 Technische Entwicklung des rechnerunterstützten Entwurfs - eine Bestandsaufnahme

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4.2.3 Einsatz von Statiksoftware für denArchitekturentwurf

Die Benutzung eines kommerziellen Statikpro-gramms ermöglicht die Ermittlung der Entwurfseigen-schaften für den Aspekt Tragwerk. Es stellt sich dieFrage, inwiefern ein Architekt solch ein Programmauch bei der Konzeption des Tragwerks nutzen kann.

Grundvoraussetzung ist, daß das Statikprogrammüber eine graphische Benutzeroberfläche verfügt. Erstdadurch wird es möglich, auch die gestalterische Wir-kung der Eingaben zu beurteilen. Nur Graphik ermög-licht eine anschauliche Ergebnisdarstellung, die not-wendig ist, damit der Architekt die statische Wirkungnachvollziehen und als Anregung für eine Weiterent-wicklung der Entwurfsidee nutzen kann.

Am Lehrgebiet Experimentelle Tragwerklehre derRWTH Aachen wurde im Rahmen eines Hauptsemi-nars im Fach Tragwerklehre der Entwurf von Rippen-decken unter Anwendung eines FEM-Programms er-probt [Führer 90; Stein 88]. Für beliebige Grundriß-formen wird zunächst eine homogene Deckenplatteeingegeben und berechnet. Die geplottete Ausgabeder Hauptmomente läßt den natürlichen Kraftverlauferkennen und dient als Grundlage für die Planung desRippenverlaufs und eventueller Aussparungen. Die soentstandenen Skizzen werden durch Digitalisierung inden Rechner übertragen und die Rippen mit erhöhtenQuerschnitten versehen. Die Darstellung der Haupt-momente nach einem erneuten Rechenlauf erlaubtdie Überprüfung des Rippenverlaufs, der eventuellnoch korrigiert werden kann.

Mit dieser Methode werden sehr interessante Er-gebnisse erzielt, die den natürlichen Kraftverlauf wi-derspiegeln. Es ist allerdings zu berücksichtigen, daßden Architekturstudenten die genaue Vorgehensweisebei der Eingabe erklärt werden muß. Eine Einführungin die Finite-Elemente-Methode ist notwendig, undfachspezifische Eingaben werden vorgegeben. Eineselbständige Benutzung des Programms und Aus-schöpfung der impliziten Möglichkeiten kann nichtvorausgesetzt werden, weil es viel zu komplex ist.

Abb. 4-4 Rechnerunterstützter Entwurf von Rippendecken [Füh-rer 90; Stein 88]

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Statikprogramme sind auf die Benutzung durch ei-nen Fachingenieur in späten Entwurfsphasen ausge-richtet. Dies hat folgende Nachteile für den Einsatz infrühen Phasen beim Architekturentwurf:

• Die geforderte Eingabe ist zu detailliert. GenaueAngaben zum statischen System stehen in frühenEntwurfsphasen noch nicht zur Verfügung. (Bei derKonzeption des Tragwerks weiß der Entwerfer inder Regel noch nicht den genauen Dachaufbau,numerische Angaben zu Lasten fallen besondersschwer.)

• Die geforderte Eingabe ist umfangreich. Das Expe-rimentieren mit Entwurfsvarianten ist dadurch sehrzeitaufwendig.

• Die geforderte Eingabe verlangt eine statischeSichtweise. Die notwendigen fachspezifischen An-gaben müssen erst aus der architektonischen An-schauung abgeleitet werden. Dies bedeutet einenZeitaufwand, der während der Konzeptionsphasenicht vertretbar ist. (Ein Architekt kann sofort zwi-schen einem festen und einem einspannenden Auf-lager unterscheiden. Wenn er allerdings nach den"Freiheitsgraden einer Festhaltung" gefragt wird,muß er umdenken, wenn er erst einmal verstandenhat, was gemeint ist.)

• Die geforderte Eingabe setzt fachspezifisches Wis-sen voraus, das über die statischen Grundkenntnis-se des Architekten hinausgeht. Eine fehlerlose Ab-bildung des gewünschten Tragsystems ist nicht ge-währleistet. Dies gilt vor allem für den Umgang mitFEM-Systemen, aber auch die Frage nach einemBettungsmodul kann der Architekt nicht mit seinemGrundwissen beantworten.

• Die ermittelten Ergebnisse haben den Charaktervon statischen Nachweisen. Architektonisch be-deutend ist aber oft die Dimensionierung von Bau-teilen, die die Grundlage für einen Nachweis ist.Diese Option bieten die meisten Programme nicht.

• Die ermittelten Ergebnisse sind detailliert und oft nurim Zusammenhang mit der verwendeten Berech-nungsmethode zu verstehen. Dies erschwert die In-terpretation durch den Architekten. Dies gilt insbe-sondere für FEM-Systeme.

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• Die meisten Statikprogramme gehen von einer feh-lerfreien Eingabe aus. Die Ursachen eines nichttragfähigen Systems werden nicht aufgedeckt. Diemeisten Statiksysteme reagieren bei fehlerhafterEingabe mit einem Absturz oder einer wenig auf-schlußreichen Fehlermeldung, z.B. „Überlauf inZeile 427485“. Bei komplexen Tragsystemen ist dieFehlerbehebung für den Architekten schwierig.

• Für jede Konstruktionsart muß das geeignete Sta-tikprogramm ausgewählt werden. Dies erfordertWissen, über das der Architekt im Rahmen seinerstatischen Grundkenntnisse in der Regel nicht ver-fügt.

• Die Benutzeroberflächen und Darstellungsweisenvon Statikprogrammen sind auf die Sichtweise desTragwerkplaners ausgerichtet. Dies erschwert denintuitiven Umgang mit dem System für einen Archi-tekten. So ist es meistens nicht möglich, alle getä-tigten Eingaben auf einen Blick zu sehen. - Die Me-nüs haben viele Optionen, die für den Architektu-rentwurf nicht notwendig sind und deshalb verwir-ren.

Zusammenfassend bedeutet dies, daß kommer-zielle Statikprogramme für den Einsatz beim Archi-tektenentwurf nur sehr bedingt geeignet sind. EineBenutzung ist nur unter der Voraussetzung vertiefterStatikkenntnisse oder kompetenter Anleitung sinnvoll.Aber selbst dann ist die Anwendung in der Regel fürdie Tragwerkkonzeption zu aufwendig.

Eine Ausnahme bildet das Programm WIDA zurDimensionierung von Standardbauteilen. Dieses Pro-gramm ist auch für die Benutzung durch den Archi-tekten konzipiert. Allerdings liegt der Schwerpunkteindeutig auf der Vorbemessung und Kostenermitt-lung einzelner Positionen und nicht auf der Konzepti-on des Gesamttragwerks [Heller 95].

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4.3 Forschung

4.3.1 Begriffe

Die elektronische Datenverarbeitung hat die Auf-gabe, Probleme zu lösen (im einfachsten Fall die Ad-dition zweier Zahlen, oder aber, wie hier beschrieben,die Unterstützung des Entwurfes). Die heutzutage inder Praxis angebotene Software basiert sowohl imCAD-Bereich als auch im Statikbereich auf Methodender „traditionellen Datenverarbeitung“ (s.u.).

In der Informatikforschung tauchen zyklisch neueMethoden auf, mit Hilfe derer man versucht, die Ein-schränkungen der traditionellen Datenverarbeitung zuüberwinden. Einige dieser Methoden, die für die aktu-elle Forschung im Bauwesen von Bedeutung sind,sollen kurz erläutert werden. Da die Realisierungkomplexer Systeme für das Bauwesen noch verhält-nismäßig unbekannt ist, beziehe ich mich in Beispie-len auch auf die aktuelle Diskussion - das Schachspieldes Weltmeisters Kasparow gegen den Superrechner„Deep Blue“ im Mai 1997 [Spiegel 97].

Traditionelle Datenverarbeitung Die traditionelle Datenverarbeitung geht davon

aus, daß es für das zu lösende Problem eine eindeu-tige Beschreibung und damit eine eindeutige Lösunggibt. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das: wenn ichdas Problem mit einer Formel beschreiben kann, kannes auch programmiert werden. Es gibt Daten mit be-stimmten Eigenschaften und eindeutige Methoden,die auf diese Daten angewandt werden können. Ent-scheidungen können getroffen werden, wenn sieebenso eindeutig in eine Formel gebracht werdenkönnen (z.B. wenn der Querschnitt rund ist, dann wird

die Fläche mit A=π*r² berechnet, wenn er rechteckigist, dann wird sie mit A=b*h berechnet). Die Stärkendieser Vorgehensweise liegen in der Wiederholbarkeitund der großen Geschwindigkeit, mit der die Opera-tionen durchgeführt werden können.

Theoretisch kann auf diesem Weg auch die opti-male Lösung für ein Problem gefunden werden, indemalle Lösungen getestet werden. Voraussetzung ist,daß dieses Optimum eindeutig beschreibbar und dieZahl der möglichen Lösungen eingeschränkt ist. Dochselbst bei einem relativ eingeschränkten Problem wiedem Schachspiel wird erkennbar, daß dies auch fürden schnellsten Rechner zu komplex ist (bei einerSchachpartie mit 40 Zügen gibt es 1,5 x 10128 mögli-

Abb. 4-5 Traditionelle Programmierung

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che Verläufe - weit mehr als Atome im Universum[Spiegel 97]).

Künstliche IntelligenzDie Idee, Maschinen mit einer gewissen „Intelli-

genz“ zu versehen, kam bereits im 17. Jahrhundertauf [Lenart 91, S. 26 ff] und hat mit dem Com-puterzeitalter einen neuen Aufschwung bekommen.Allerdings ist der Begriff „Intelligenz“ bis heute nichteindeutig definiert [Spiegel 97]. Hierbei stellt sich ins-besondere die Frage, ob sich Intelligenz durch dasErgebnis ausdrückt, das mit intelligentem Vorgehenerreicht wird, oder durch den Weg, auf dem diesesErgebnis erreicht wird. Diese Frage kann im Rahmendieser Arbeit nicht ausdiskutiert werden. Der Begriff„Künstliche Intelligenz“ (KI oder AI - artificial intelli-gence) ist so heftig umstritten, daß mittlerweile ver-mieden wird, ihn zu benutzen.

Es kann aber festgehalten werden, daß man ver-sucht, die Ergebnisse menschlicher Handlungen imRechner zu simulieren. Um menschliche Vorgehens-weisen nachzuahmen, müssen diese allerdings ersteinmal definiert werden.

ExpertensystemeDie Idee der Expertensysteme ist bei der Erfor-

schung der Künstlichen Intelligenz entstanden. Aus-gangspunkt ist die Annahme, daß Intelligenz die Fä-higkeit ist, Probleme zu lösen. Komplizierte Problemeerfordern eine allgemeine Strategie zur Lösungs-findung (Inferenzmaschine) und gleichzeitig speziellesWissen (Expertenwissen). Diese beiden Komponen-ten werden im Gegensatz zur traditionellen Datenver-arbeitung getrennt voneinander implementiert (s. Abb.4-6). Während es vielversprechende Ansätze für all-gemeine Lösungsstrategien gibt, stellt sich die Wis-sensakquisition (d.h. die Frage, wie das Wissen inden Rechner kommt) als großes Problem dar. Einer-seits muß das Wissensgebiet stark eingeschränktwerden, weil es sonst zu komplex wird. Andererseitssind die Experten, die über das Spezialwissen verfü-gen, in der Regel keine Informatiker und nur selten inder Lage, ihr Wissen innerhalb der erforderlichen Re-geln zu beschreiben. Einen guten Einblick in dieFunktionsweise von Expertensystemen und sehr ver-ständliche Erklärungen finden sich in den Büchern„Expertensysteme in der Architektur und im Bauwe-sen“ [Lenart 91] und „Expertensysteme - nicht nur fürInformatiker“ [Schnupp,Leibrandt 86].

Das bekannteste Expertensystem ist MYCIN. Esanalysiert Blutuntersuchungsdaten und stellt Krank-

Abb. 4-6 Expertensystem [Schnupp,Leibrandt 86]

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heitsdiagnosen auf [Lenart 91]. Auch im Bauwesenwurde der Begriff „Expertensystem“ Anfang der 90erJahre oft verwendet [Gauchel 90], ist aber mittlerweileaus der Mode gekommen.

Wissensbasierte Systeme(knowledge-based systems)

Traditionelle Programmsysteme vereinen das Wis-sen über ein bestimmtes Fachgebiet, das behandeltwerden soll, mit den Anweisungen, wie mit diesemWissen umgegangen werden soll, in einem einzigenProgramm. Wissensbasierte Systeme hingegen neh-men eine Trennung vor zwischen dem Wissen, dasverarbeitet werden soll, und seiner Anwendung. DasWissen ist dann nicht mehr nur für eine bestimmteProblemlösung einsetzbar, sondern generell ver-wendbar. Expertensysteme sind eine spezielle Formder wissensbasierten Systeme.

Allerdings ist auch „Wissen“ ein schwer definierba-rer Begriff (Woher ‘weiß’ z.B. der Schachspieler, wel-cher Zug der beste ist?) Dementsprechend werdenunterschiedliche Methoden angewandt, Wissen zu re-präsentieren, z.B. allgemeingültige Festlegungen, Lo-gik, Regeln, objektorientierte Strukturen etc. Eine Be-griffsklärung wissensbasierter Systeme findet sich in[Herden 90]. Die Arbeit von Hanrot zeigt den Versuch,architektonisches Wissen zu modellieren [Hanrot 89].

Regelbasierte Systeme (rule-based systems)Regelbasierte Systeme als Untergruppe der wis-

sensbasierten Systeme versuchen, das zu verarbei-tende Wissen in Regeln zu fassen, die auf dem Prin-zip „Wenn - Dann“ basieren (wenn eine bestimmteBedingung zutrifft, dann löse jene Aktion aus). EinBeispiel ist die Implementierung der Regeln desSchachspiels, die natürlich Basis eines Schachcom-puters sind.

Regelbasierte Systeme stützen sich auf die Geset-ze der Logik. Es ist leicht ersichtlich, daß auf dieseWeise nur ein bestimmter Teil von Wissen abgelegtwerden kann und dies zudem auch überaus schwierigist.

Fallbasierte Systeme (case-based systems)Eine der menschliche Vorgehensweisen, komplexe

Probleme zu lösen, besteht darin, frühere Situationenals Ganzes zu erinnern und bei Bedarf abzurufen.Diese „Fälle“ aus der Erinnerung werden auf die neueSituation angepaßt. Sie können aber auch dazu die-nen, die neue Situation besser einzuschätzen undFehler der Vergangenheit zu vermeiden. Fallbasierte

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Systeme legen also eine Problemlösung als Ganzesim Rechner ab, eine Umwandlung in schwer definier-bare Einzelregeln ist nicht notwendig. Allerdings mußeine Strategie entwickelt werden, wie diese Fälle beiBedarf wieder auffindbar sind [Schmitt 93].

Die Effizienz des „Fallbasierten Schließens“ (log-ische Schlüsse ziehen anhand von „Fällen“) zeigt sichanschaulich aktuell am Beispiel des Schachcomputers[Spiegel 97]. Der Schachprofi arbeitet mit bekanntenFigurenstellungen aus unzähligen Schachspielen undgenau dies ist auch eine Strategie für den Rechner,um die Zahl der möglichen Spielabläufe zu reduzierenund damit berechenbar zu machen.

Objektorientierte DatenverarbeitungDie traditionelle Datenverarbeitung geht davon

aus, daß zur Lösung eines Problems (z.B. Berech-nung der Querschnittfläche eines Profils) bestimmteFunktionen ausgeführt werden müssen. Diese Funk-tionen benutzen dann die zur Verfügung stehendenDaten mit ihren Eigenschaften (z.B. hat ein Quer-schnitt eine Höhe und eine Breite oder einen Radius).Diese Auffassung ist funktions-orientiert und führt zueiner unübersichtlichen Programmstruktur, da beikomplexen Problemen nur noch schwer nachzuvoll-ziehen ist, welche Funktionen mit welchen Daten aus-geführt werden.

Die objektorientierte Datenmodellierung verfolgtden Ansatz, Objekte zu modellieren, die nicht nur Ei-genschaften sondern auch Methoden besitzen, diebeschreiben, wie sich die Objekte unter bestimmtenBedingungen verhalten (d.h. die Funktionen sind Teildes Objektes). Der Programmablauf besteht dann inder Kommunikation der Objekte untereinander (z.B.‘erfragt’ das Objekt ‘Statisches Modell’ die Quer-schnittsfläche des Objektes ‘Profil’). Das hat den Vor-teil, daß Eigenschaften und Ausführungsmethodenzusammen gespeichert werden, die Struktur alsoleicht erweiterbar ist und übersichtlich bleibt. Objektewerden in Klassen eingeteilt und können so ihre Ei-genschaften „vererben“ (z.B. die Klasse „Holzprofil“hat ein Elastizitätsmodul, das von den Unterklassen„Rechteckiges Holzprofil“ und „Rundes Holzprofil“übernommen wird, während für die Berechnung derQuerschnittfläche jeweils eine eigene Methode defi-niert wird). Eine wichtige Eigenschaft ist es auch, Be-ziehungen zwischen den Objekten herstellen zu kön-nen.

Abb. 4-7 Objektorientierte Programmstruktur [Schmitt 93]

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Die objektorientierte Datenverarbeitung wird heuteals unumgängliche Vorgehensweise für die Erfassungkomplexer Probleme angesehen.

Datenmodelle: ProduktmodelleNeben der Frage, wie Fachwissen im Rechner re-

präsentiert werden kann, stellt sich auch die Frage,wie die zu behandelnden Objekte (z.B. ein Gebäude)repräsentiert werden sollen. Jede Anwendung erfor-dert ein spezielles Datenmodell, da jeweils andereInformationen benötigt werden (z.B. Elastizitätsmoduldes Materials für das statische Modell, Reflektions-grad und Oberflächenstruktur für eine Lichtsimulationetc.). Die Vielfalt der Datenmodelle für verschiedeneTeilbereiche des Bauwesens (sogar die verschiede-nen CAD-Systeme haben unterschiedliche Geome-triemodelle) verhindert die integrierte Anwendung fürden Gesamtentwurf.

Auf dem Weg, eine einheitliche Datenmodellierungim Bauwesen zu erreichen, hat sich in den letztenJahren die Sichtweise etabliert, das Gebäude als „Pro-dukt“ anzusehen, und alle relevanten Eigenschaftendieses Produktes zu modellieren. Der Begriff der „Pro-duktmodellierung“ stammt aus dem Bereich der Auto-mobil- und Elektroindustrie, wo bereits in hohem Maßerechnergestützt gearbeitet wird [vgl. Rüppel,Meißner96]. Im Unterschied zum Bauwesen, wo durch das Ent-werfen Unikate erzeugt werden, geht es hier um Seri-enproduktion in eingeschränkten Bereichen, so daß derAufwand für die Erstellung aufwendiger Datenmodellegerechtfertigt ist. Diese Technologie wird gefestigt durchden Zusammenschluß der führenden Verbände derAutomobil- und Elektroindustrie zum Zwecke der Stan-dardisierung von Produktdaten in Deutschland 1993.

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4.3.2 Forschungsarbeiten imArchitekturbereich

Entwurfsphase und EntwurfsaspekteForschungsbemühungen im Architekturbereich le-

gen ihren Schwerpunkt auf der Unterstützung desEntwerfens in frühen Phasen, der durch kommerzielleCAD-Systeme nicht abgedeckt wird (siehe 4.2.1). Daerst wenige theoretische Erkenntnisse über den Ent-wurfsablauf vorliegen, setzen sich fast alle Arbeitenzunächst mit den Vorgängen beim Entwerfen ausein-ander [z.B. Schmitt 93; 96; 97; Flemming 95; Gyalo-kay 94; Liebich 94b; Forgber 96; Östman 97].

Der nächste Schritt ist die Entwicklung bzw. An-wendung geeigneter Softwaretechniken, die es erlau-ben, die theoretischen Erkenntnisse in Computermo-dellen umzusetzen. Auch wenn die meisten Ansätzeeinen integrativen Charakter haben, der die gesamteVorentwurfsphase unterstützen soll, findet die An-wendung, wenn überhaupt, lediglich für Teilaspektedes Entwurfes statt. Es entstehen Insellösungen fürstark eingeschränkte Probleme zu den verschiedenenAspekten des architektonischen Entwurfes. Ein allge-mein anerkannter Ansatz, wie ein Entwurfssystem fürArchitekten zu funktionieren hat, ist bis heute nicht inSicht.

EntwurfsabläufeDie Annäherung an eine Rechnerunterstützung

erfolgt in der Regel über die Nachbildung menschli-cher Vorgehensweisen beim Entwerfen. In seinemBuch „Architectura et Machina“ gibt Schmitt einendetaillierten Überblick über die bis heute erkanntenMethoden des Entwerfens und der Instrumente fürden computerunterstützten Entwurf sowie Beispielefür deren Umsetzung in Computerprogrammen undAnwendung [Schmitt 93].

Die Zielvorstellungen einer Entwurfsunterstützungbewegen sich zwischen dem Ansatz einer passivenEntwurfsassistenz für breite Bereiche des Architektu-rentwurfs und einer aktiven Entwurfsautomatisierungfür stark eingeschränkte Aspekte [Liebich 93]. Da-durch werden praktisch alle Entwurfsabläufe in Hin-blick auf die Computerunterstützung untersucht (Syn-these, Analyse und Evaluierung).

•••• IdeenformulierungDer Entwurfsablauf der Ideenformulierung wird auf

mehreren Ebenen weiterentwickelt - auf der Kommu-nikationsebene der Austausch zwischen Mensch und

Aspekt: alle (funktionierende Prototypen für ausgewählteAspekte)

Phase: früh

Ablauf: alle, Schwerpunkte: Ideenfindung (design automation)und Ermittlung der Entwurfseigenschaften (designassistant)

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Computer (Eingabe und Darstellung) und auf der Mo-dellierungsebene die Entwicklung neuer Datenmo-delle. Eingabe, Darstellung und zugrunde liegendesDatenmodell sind natürlich eng miteinander verknüpftund unterstützen den Architekten im Sinne einer Ent-wurfsassistenz.

Die geometrisch basierten Datenmodelle in heuti-gen CAD-Systemen decken nur einen geringen Teilder Entwurfsinformationen ab. Es werden neue Da-tenmodelle entworfen, die es ermöglichen, die un-scharfen Beschreibungen eines Vorentwurfs zu fas-sen [Hupfer,Reder 94]. Damit eine Nutzbarkeit in allenEntwurfsstadien möglich wird, werden Produktmodelle(s. 4.3.1) eingeführt, die jeden Detaillierungsgrad ei-nes Bauteils erfassen und mit Hilfe objektorientierterMethoden (s. 4.3.1) sowohl die Eigenschaften derBauteile als auch ihre Beziehungen untereinanderspeichern [Liebich 94a]. Es wird sogar vorgeschlagen,konkretes Wissen in die Datenstruktur zu integrieren,das als Entwurfsvorschlag und zur Überprüfung dientund das durch den Anwender erweiterbar ist [Hübler,Kolbe,Steinmann 94]. Diese Datenmodelle bilden inder Regel die Voraussetzung für die Ansätze einerRechnerunterstützung des Entwerfens. Die Anforde-rungen an die Integration aller Entwurfsaspekte in einDatenmodell sind allerdings so enorm, daß an eineallgemein anerkannte Lösung noch nicht zu denkenist.

Die Entwicklung des Entwurfes zu immer präzisie-ren Aussagen muß am Bildschirm repräsentierbarsein. Schmitt stellt in diesem Zusammenhang das In-strument des „Designfokus“ vor, das erlaubt, in defi-nierten Stufen von rein symbolischer Darstellung zudetaillierten Repräsentationen des Gebäudes überzu-gehen. Dies entspricht der Wahl verschiedener Zeich-nungsmaßstäbe beim traditionellen Zeichnen [Schmitt93]. Einen ähnlichen Hintergrund hat das Konzept„multipler graphischer Repräsentationen komplexerObjekte“ [Liebich 93].

In diesem Zusammenhang müssen auch neueDarstellungsformen für die Objektbeschreibungen und-beziehungen in frühen Entwurfsphasen entwickeltwerden [Hupfer, Reder 94]. In der Architektur existie-ren nur wenige allgemeinverständliche Beschrei-bungsarten für unscharfe Ideenformulierungen (z.B.Symbole, Graphen), neue müssen entwickelt werden.

Die Art der Eingabe als weiteres Mittel der Ent-wurfsassistenz wird in unterschiedlichen Ansätzen

Abb. 4-8 Unterschiedliche Sichtweisen auf ein Architekturobjekt[Liebich 93]

Abb. 4-9 „Designfokus“ [Liebich 93]

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behandelt. Es werden die Vorteile des Entwerfens inder Virtuellen Realität im allgemeinen diskutiert [Do-nath, Regenbrecht 94]. An der ETH Zürich entstanddas System SCULPTOR, das eine „direkte und intuiti-ve Interaktion beim Entwerfen im virtuellen Raum zu-läßt und Konzepte des räumlichen Komponierens undder Wahrnehmung“ integriert. SCULPTOR wird mitErfolg in der Lehre eingesetzt [ETH 96].

Ein ganz anderer Ansatz zur EDV-gestützten Ide-enformulierung ist die Entwicklung einer architektur-spezifischen Fachsprache, mit deren Hilfe 3-dimensi-onale Objekte gleichsam verbal im Raum plaziertwerden, anstatt wie bis heute üblich geometrisch kon-struiert zu werden [Dahlenburg 94]. Auch Tidafischlägt eine „verbale“ Beschreibungssprache vor, mitder die Intentionen des Entwurfs ausgedrückt werdenund nicht das Ergebnis. Resultat ist dann die automa-tische Generierung aller Zeichnungen, die auf dieseBeschreibung passen [Tidafi 96]. Tidafi nimmt Bezugauf die griechischen und mittelalterlichen Baumeister,die noch keine Zeichnungen benutzten.

•••• Ermittlung der EntwurfseigenschaftenPassive Entwurfsassistenz bietet der Ansatz, die

Entwurfseigenschaften einer Idee zu ermitteln. Dieskann geschehen in Form von Simulationen, Kontrolleanhand der Regeln der Baukunst und Bereitstellenvon Informationen zum Entwurfskontext.

Simulationen für quantifizierbare Aspekte existie-ren bereits für die späten Entwurfsphasen. Es wirduntersucht, wie sich diese Methoden auf den Archi-tekturentwurf übertragen lassen. Dieser Ansatz, derauch Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist, nimmterstaunlicherweise keinen großen Platz bei den For-schungsarbeiten ein. Eine intensive Auseinanderset-zung mit den Adaptionsmöglichkeiten von Program-men zur Energiesimulation für den Architekturbereichund einer konkreten Anwendung findet sich in [Sha-viv,Peleg 91]. Forgber beschreibt das Konzept des„design guide“, der den Entwerfer in bezug auf So-lararchitektur berät, indem adäquate Informationenzur Verfügung gestellt werden [Forgber 96].

Das System FunPlan, das an der HAB Weimarentwickelt wird, erlaubt die Erstellung von Funktions-plänen. Es besitzt ein Modul FunPlan/Wissen, in demprojektunabhäniges Wissen (z.B. die minimal anzu-strebende Größe eines Wohnzimmers) abgelegt ist.Es kann während der Anwendung durch den Entwer-fer erweitert und verändert werden und dient der

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Überprüfung der Entwurfsidee [Hübler,Kolbe,Stein-mann 94].

•••• BewertungDie Unterstützung des Bewertungsprozesses be-

findet sich an der Grenze zwischen Entwurfsassistenzund Entwurfsautomatisierung. Es kommen wissens-basierte Systeme zum Einsatz, die Entscheidungs-kompetenz zu bestimmten Aspekten des Entwurfesgespeichert haben. Dies setzt voraus, daß der Ent-werfer Bewertungskriterien und ihre Wichtung mitge-teilt hat. Eine Änderung dieser Kriterien durch denEntwerfer ändert auch die Bewertung.

Eine Mehrzielbewertung ist äußerst schwierig undnur für streng eingegrenzte Anwendungsgebiete faß-bar [Daab 95]. Eine intensive Untersuchung der Be-wertungsstrategien beim den Entwurf von Trinkwas-serbehältern findet sich bei [Gyalokay 94a].

Ein anderer Ansatz ist das case-based-reasoning,fallbasiertes Schließen (s. 4.3.1). Der Entwurfsansatzwird mit Erfahrungen aus der Vergangenheit, die ineiner Datenbank abgelegt sind, verglichen, um aufdiese Weise Fehler zu vermeiden. Die Bewertung er-folgt dann auf der Erfahrungsebene und nicht amkonkreten Entwurf [Schmitt 93, S.184].

•••• IdeenfindungDie Generierung von Entwurfslösungen zielt auf

eine aktive Entwurfsautomatisierung. Voraussetzungist zunächst ein stark eingeschränkter Themenbereichfür den automatisierten Entwurf (z.B. „Generierungkonstruktiver Lösungen von Traufkanten der australi-schen Architekturtradition um die Jahre 1910-1912“,beschrieben in [Lenart 91, S. 100]). Diese Einschrän-kung ist notwendig, damit eine faßbare Anzahl vonRegeln zur Generierung aufgestellt werden können.Zusätzlich müssen Bewertungsregeln formuliert wer-den, damit die Anzahl der Lösungen übersichtlichbleibt und unsinnige Lösungen vermieden werden. Indiesem Sinne sind bei den Generierungskonzeptenalle Abläufe des Entwurfsprozesses einbezogen.

Doch auch der Begriff der Entwurfsautomatisie-rung muß differenziert werden. Der vollautomatischeEntwurf wird für Rekonstruktionen verwandt, bei de-nen das Ergebnis schon vorher bekannt ist und für dieklare Regeln aufgestellt werden können. Ein Beispielist die Generierung von Villen des italienischen Ar-chitekten Andrea Palladios, der ein äußerst strengesEntwurfskonzept verfolgte, von Mitchell.

Abb. 4-10 Bewertung von Trinkwasserbehältern [Gyalokay 94a]

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In der Regel wird auch die Generierung von Ent-wurfsideen als Hilfe für den Entwurf angesehen. Dieserlaubt eine schnelle Erstellung von Entwurfsvarian-ten, die der Architekt sonst mühselig selbst entwickelnmüßte, für die er aber meistens keine Zeit hat. Die ei-gentliche Entscheidung, welche Variante weiterver-folgt wird, bleibt in solch einem Fall dem Entwerferüberlassen. Die meisten Systeme bieten auch dieMöglichkeit des Eingriffs in den automatischen Ent-wurfsprozeß, indem der Architekt die Regeln und Be-wertungsschemen ändern, ergänzen oder Schwer-punkte verlagern kann.

Die automatische Generierung von Grundrißplä-nen aufgrund von Funktionsschemata ist ein seit lan-gem verfolgtes Ziel der Entwurfsautomatisierung[Lenart 91, S. 81 ff]. Diese Planungsaufgabe wird oftverglichen mit dem Entwurf elektrischer Schaltkreise(VLSI-Design), dessen Automatisierung aufgrund desgroßen Bedarfs schon weit fortgeschritten ist. Ein ak-tuelles Beispiel automatisierter Grundrißplanung ist daSystem ARCHIPLAN, das Alternativen einer zweige-schossigen Grundrißplanung generiert und bewertet[Medjdoub 95]. In welch engen Grenzen der Bewer-tungsprozeß stattfindet, erkennt man leicht daran, daßdie „optimierte Lösung“ keine statischen Eigenschaf-ten berücksichtigt, da die Wände nicht übereinanderstehen.

Die etablierteste Methode der aktiven Ent-wurfsautomatisierung ist die Entwicklung von For-mengrammatiken. Sie suchen eine Parallele der Ar-chitektursprache zu gesprochenen Sprache. Wörter(architektonische Grundelemente) haben einen Be-deutung (Semantik) und können in einem Satz (Ge-bäude) nach festgelegten Regeln miteinander in Be-ziehung gesetzt werden (Syntax).

In diesem Zusammenhang entstand das SystemLOOS, das rechtwinklige Grundrisse, z.B. Küchenein-richtungen, Erschließungskerne von Hochhäusernaufgrund von Einbauregeln generiert [Flemming 90].Die jeweils anwendungsspezifischen Randbedingun-gen eines Entwurfes werden in Bewertungsregeln er-faßt, die dem System erlauben, die selbständige Mo-difikation der Entwurfslösungen vorzunehmen.

Das System GENESIS generiert alle Möglichkeiten3-dimensionaler Modelle aufgrund benutzerdefinierterRegeln, wobei der Anwender interaktiv bestimmenkann, welche Regeln angewandt werden sollen. Die-ses System wurde entwickelt zur Untersuchung der

Abb. 4-11 Automatisierte Grundrißplanung (Medjdoub 95, S.738)

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Gestaltungsprinzipien Viktorianischer Häuser in denUSA [Flemming 94].

Formengrammatiken basieren auf einem gra-phisch-geometrischen Vokabular. Demgegenüber ent-wickelt Liebich eine Entwurfgrammatik für eine hierar-chische Architektursprache, die Objekte mit ihren Ei-genschaften statt Formen manipuliert und demon-striert die Funktionsweise anhand eines Prototyps"Säulenautomat" [Liebich 94a].

Auch das „Fallbasierte Schließen“ wird zur Gene-rierung von Entwurfslösungen genutzt, indem die ineiner entsprechenden Datenbank abgelegten erfolg-reichen Entwurfslösungen ähnlicher Natur abgerufenwerden und als gute Anfangslösung weiter angepaßtwerden können [Flemming 94].

Ein ganz anderer Ansatz für die Unterstützung derIdeenfindung ist die „Fraktale Geometrie“, die es er-laubt, natürliche Formen mathematisch zu beschrei-ben. Schmitt sieht eine enge Beziehung zwischenFraktalen und Formengrammatiken [Schmitt 93, S.68],da mit einer rekursiv angewendeten Formenregel au-tomatisch komplexe Gebilde generiert werden kön-nen. Dieser Ansatz einer Entwurfsentstehung eignetsich natürlich sehr gut für eine Umsetzung im Com-puter, wird aber zur Zeit nicht tiefergehend verfolgt. InAnalogie zur darwinistischen Evolutionstheorie in derNatur entwickelt Möller in Linz ein Programm, mit demGebäude aufgrund von Algorithmen quasi „gezüchtet“werden, so daß nur die „erfolgreichen“ überleben[Wesemann 96].

Integrierter EntwurfDie meisten Forschungsarbeiten haben zwar den

Anspruch, ein Konzept für eine umfassende Unter-stützung des Architekten zu bieten, dies scheitert aberzumeist an den noch nicht etablierten Methoden derUnterstützung in frühen Entwurfsphasen und derKomplexität der zu berücksichtigenden Aspekte. Ausder Vielzahl der Forschungsarbeiten seien im folgen-den einige Beispiele genannt.

Das Projekt der „Entwicklung eines modularenCAD-Systems für Architekten“ sah vor, ein ganzheitli-ches CAD-System zu entwickeln, das vom Städte-bauentwurf bis zur Detailplanung eingesetzt werdenkönnte. Zu diesem Zweck hatte sich eine Gruppe vonHochschullehrern aus unterschiedlichen Fachgebietender Architektur zusammengeschlossen, um jeweilsfachspezifische Module und Erweiterungen des vor-

Abb. 4-12 Formenregeln zur Entwurfsgenerierung [Schmitt 93]

Abb. 4-13 Selbstähnliche Formen - Fraktale Geometrie

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handenen CAD-Systems KONDAR (TU Darmstadt) zuentwickeln [Führer 85].

Das IBDE-Projekt (Integrated Building Design En-vironment) [Schmitt 93 S. 95 ff] wurde 1990 für dieUnterstützung des Entwurfs von Bürohochhäusernentwickelt. Der Architekt erstellt interaktiv einen vor-läufigen Entwurf und das System erzeugt automatischeine schrittweise Verfeinerung des Entwurfs, die dasLayout der Aufzugslobbies, die Wahl des statischenSystems, der Fundamente und die Bauablaufs-planung einbeziehen. Beim Test des Systems fühltensich die Benutzer jedoch in ihren Entscheidungsmög-lichkeiten stark eingeschränkt [Schmitt 93 S. 98].

Am Institut für Industrielle Bauproduktion der Uni-versität Karlsruhe entstand das System ARMILLA,„ein intelligentes Designwerkzeug für die Layoutpla-nung von Leitungsnetzten in hochinstallierten Gebäu-den“ [Drach,Gauchel,Hovestadt 90]. Es bietet eineumfassende Unterstützung des gesamten Planungs-prozesses, und kann wahlweise zur Ausführung derEntscheidungen des Planers, zur Kontrolle der Ent-scheidungen oder zum selbständigen Planen einge-setzt werden. In diesem Zusammenhang wurde einespezielle graphische Oberfläche „A4“ [Hovestadt 94]und das Expertensystem XNET [Ayrle 91] entwickelt.

Das SEED-Projekt (Software Environment to Sup-port die Early Phases in Building Design) [Flemming94], geht davon aus, daß eine schnelle Generierungvon möglichen Entwurfslösungen eine effiziente Un-terstützung bietet. Es ist in einzelne Module geglie-dert, die die verschiedenen Entwurfsphasen wider-spiegeln (z.Z. Programmierung, Raumprogramm,Schematischer Grundrißentwurf, Schematischer 3-di-mensionaler Entwurf). Jedes der Module erlaubt eineLösungsgenerierung aufgrund einer Problembeschrei-bung und die Bewertung der Lösung, optional auto-matisch oder im Benutzerdialog. Es handelt sich damitum eine Programmschale für den gesamten Ent-wurfsprozeß, der vorhandene Programmpakete zurErmittlung der Lösungseigenschaften integrieren soll.Das System befindet sich noch in der Entwicklung.

Es existieren zahlreiche weitere Bereiche der For-schung, die aktuell diskutiert werden, wie Gebäude-management, Projektmanagement, integrierte Pla-nung verschiedener Partner, verteilte Planung durchNetzwerke etc., die im Rahmen dieser Arbeit jedochnicht vorgestellt werden können. Tendenzen desComputereinsatzes für die Architekturplanung sindanschaulich in [Schmitt 96] beschrieben.

Abb. 4-14 Allgemeiner Aufbau des SEED-Moduls [Flemming 94]

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4.3.3 Forschungsarbeiten im Bereich desarchitektonischen Tragwerkentwurfs

Bei der Literaturrecherche zur Rechnerunterstüt-zung des Architekturentwurfs konnte festgestellt wer-den, daß das Thema „Tragwerk“ wenn überhaupt,dann meist nur am Rande diskutiert wird. So ist z.B. indas IBDE-Projekt [Schmitt 93] ein Statikmodul inte-griert, seine Bedeutung ist aber nicht näher ausge-führt. Steinmann benutzt Tragkonstruktionen (Brük-ken, s. Abb. 4-15) als Beispiel für die Wissensorgani-sation im System PrePlan [Steinmann 94], das Sy-stem selbst aber verwendet die Grundrißplanung alsAnwendungsbeispiel [Hübler, Kolbe, Steinmann 94].

Eine intensive Auseinandersetzung mit dem The-ma „Tragwerk und Architekturlehre“ stellt das ProjektCASDET (Computer Aided Structural EducationalTool) dar, das an der ETH Zürich in Zusammenarbeitder Professuren für Tragkonstruktionen (Prof. Künzle)und CAAD (Prof. Schmitt) entwickelt wurde [ETH 96;Piccolotto,Birindelli 92]. Es handelt sich um ein didak-tisches Modul, das den Unterricht in der Tragwerkleh-re unterstützt (s. Abb. 4-16). Studenten können dasProgramm zur Prüfungsvorbereitung benutzen. CAS-DET generiert Fragen zu statischen Systemen undderen Verhalten, überprüft die Anworten und steuertden Übungsablauf in Abhängigkeit der Anworten. Eswerden auch Hilfen zur Lösung bestimmter Problemeangeboten. Dozenten können auch ohne Program-mierkenntnisse das System zur Erstellung vonÜbungsaufgaben benutzen.

Darüber hinaus existieren einige Arbeiten aus demBauingenieurbereich, die sich mit dem frühen Ingeni-eurentwurf auseinandersetzen und somit ebenfallsRelevanz für Architekten haben können.

Gyalokay zeigt in seiner Dissertation eine detail-lierte, teilweise philosophische Analyse des Ent-wurfsprozesses mit dem Ziel der Gestaltung von ge-eigneten Hilfsmitteln für den frühen Ingenieurentwurf.Am Beispiel des Entwurfes von Trinkwasserbehälternwird versucht, alle Aspekte (von der Einbindung in dieLandschaft bis zur Beurteilung der Funktionsweise, s.Abb. 4-17) durch ein wissensbasiertes System zuunterstützen [Gyalokay 93].

An der ETH Lausanne werden vom Institut fürStahlbau (ICOM) unter Mitwirkung des Labors fürKünstliche Intelligenz (LIA) Methoden zur Lösungkomplexer Entwurfsaufgaben erarbeitet und im Rah-

Abb. 4-15 Objektorientierte Datenspeicherung unscharfer Attri-bute (hier: empfohlene Spannweiten) von Brücken[Steinmann 94]

Abb. 4-16 Übungsaufgabe „Bestimmung der Auflagerkräfte“[Piccolotto,Birindelli 92]

Abb. 4-17 Bewertung von Trinkwasserbehältern [Gyalokay 94a]

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4 Technische Entwicklung des rechnerunterstützten Entwurfs - eine Bestandsaufnahme

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men mehrerer Projekte exemplarisch implementiert[Smith,Donze,Kimberley 90]:

Das System FIBRES unterstützt den frühen Brük-kenentwurf, wobei eine Anlehnung an herkömmlicheVorgehensweise beim Entwurf angestrebt wird. Dazuwurden entsprechende Wettbewerbe und der Ent-wurfsablauf bei Experten und Studenten analysiert.Der Schwerpunkt der Forschung liegt auf der Ausein-andersetzung mit der Vielfalt von Entwurfsvariantenund deren Implementierung im Computer. Das Sy-stem ist graphisch und integriert das Internet als In-formationsmedium [Boulanger, Lebet,Hirt 95; 97].

Von Boertjes wurde ein Programmsystem entwik-kelt, das Bauingenieurstudenten beim Entwerfen voneinstöckigen Stahlgebäuden unterstützt. So kann derBenutzer während der Eingabe z.B. Kommentare zuden gewählten Binderabständen abfragen oder einestatische Analyse des Tragsystems zeigen lassen,wobei fehlende Angaben durch Schätzwerte ersetztwerden [Boertjes 96].

Auch die Forschungsarbeiten von Pollalis (HarvardDesign School), selbst Bauingenieur, zeigen den An-satz, architektonische Belange beim Tragwerkentwurfzu integrieren [Pollalis 91]. Es wurden computerba-sierte „Technical Advisors“ entwickelt, die Architektenunterstützen sollen. Interessant ist auch das Projekt„primitive hut“ – ein das den Tragwerkentwurf einereinfachen Hütte erlaubt, der sich auf vordefinierteKonstruktionsregeln stützt (s. Abb. 4-18). Die Dimen-sionierung der Bauteile kann über Schieber am Bild-schirm verändert werden, wobei in Echtzeit eine Ana-lyse stattfindet. Die Ergebnisse sind sofort durch farb-liche Kennzeichnung sichtbar [Mitchell, Liggett, Polla-lis, Tan 92].

Luebkeman und Engeli haben 1992 an der ETHZürich ein Computerinstrument entwickelt, dessen Zieles ist, die Stabilität von automatisch mit Prototypenerzeugten Objekten zu garantieren. Das Programmentscheidet über den Einbau von Unterzügen oderDachträgern beim Überschreiten gewisser Maße[Schmitt 93, S. 118ff]. Heute lehrt Luebkeman Trag-werklehre am Massachusetts Institute of Technology,wo er die Möglichkeiten des Internet für den Einsatzin der Lehre untersucht. Ein Beispiel sind Java-Applets, die das Tragverhalten bestimmter Systeme(Hochhäuser, Einfeldträger, Dreigelenkrahmen) de-monstrieren [Luebkeman 96].

Abb. 4-18 Substitutionsregeln für die „primitive hut“ [Mitchell,Liggett, Pollalis, Tan 92].

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4.3.4 Forschungsarbeiten imBauingenieurwesen

Entwurfsaspekt und EntwurfsphaseIm konstruktiven Ingenieurbau wird der Entwurfs-

aspekt Tragwerk in bezug auf die Rechnerunterstüt-zung betrachtet. Teilweise findet sich auch der AspektÖkonomie, wenn es um die Optimierung von Trag-werken geht.

Dem Hauptaufgabenbereich des Tragwerkplanersentsprechend werden vor allem die späten Ent-wurfsphasen erforscht. Dabei findet sich eine klareEinteilung der Aufgabenbereiche in Erstellung desstatischen Systems, Berechnung, Bemessung undKonstruktion. Ansätze für eine Rechnerunterstützungin frühen Entwurfsphasen finden sich kaum, werdenaber neuerdings immer häufiger gefordert [Fenves95]. Einige Ansätze, die auch für den Architektenent-wurf von Relevanz sind wurden bereits in Kapitel 4.3.3angesprochen.

EntwurfsabläufeDer Schwerpunkt der Entwurfsunterstützung im

Konstruktiven Ingenierbau liegt naturgemäß in der Er-mittlung der statischen Entwurfseigenschaften, insbe-sondere der Verfeinerung der Berechnungsverfahren.

Für stark eingeschränkte Teilgebiete, z.B. denStahlbau, werden wissensbasierte Systeme entwik-kelt, die eine Unterstützung durch Bereitstellung vonInformationen, Überprüfung und Bemessung nachDIN-Normen und teilweise automatisierte Konstruktion(z.B. Bewehrungsführung, Anschlüsse von Stahlträ-gern untereinander) erlauben [Scherer 90; Holéwik93; Hartmann,Lehner 90].

In einer interdisziplinären Forschungsgruppe wirdversucht, eine Systematik für die Bewertung von Kon-struktionen im Ingenieurbau zu erstellen und diesemathematisch zu fassen [Rudolph,Kröplin 94].

Die Handhabung bestehender Berechnungssoft-ware ist auch für den Ingenieur schwierig, da sie sokomplex ist. Doster entwickelt ein Konzept für eineBenutzungsoberfläche für Tragwerksberechnungenmit der Finite-Elemente-Methode [Doster 91], dasdurch Hilfe, Prüfung, Steuerung und Beratung dieNutzung von Berechnungsprogrammen unterstützensoll.

IntegrationIm Gegensatz zum Entwicklungsstand im Archi-

tekturbereich gibt es schon heute effektive Computer-

Aspekt: Tragwerk

Phase: spät

Ablauf: Schwerpunkt: Ermittlung der Entwurfseigenschaften

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4 Technische Entwicklung des rechnerunterstützten Entwurfs - eine Bestandsaufnahme

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unterstützungen im Bauingenieurbereich. Es sind inabsehbarer Zeit immer spezialisiertere Methoden so-wie deren konkrete Umsetzung zu erwarten. Dabeientstehen allerdings eine Vielzahl von Insellösungenverschiedener Softwarehersteller, die meistens nichtmiteinander kommunizieren können. So liegt derSchwerpunkt einer Weiterentwicklung in dem Ver-such, für die Tragwerkplanung eine durchgängigeEntwurfsbearbeitung zu ermöglichen. Es zeigt sich,daß selbst dieser im Vergleich mit der Architektur ein-geschränkte Themenbereich zu komplex ist, als daßer von einem System oder einem Softwareherstellerabgedeckt werden könnten [Beucke 96 S. 67]. Darausergibt sich die Diskussion einheitlicher Schnittstellenfür die einzelnen Anwendungsprogramme, die überden heute üblichen Austausch reiner Geometriedaten(DXF, data exchange format) hinausgehen [Niestroj93]. Da der Datenaustausch anwendungsbezogenabläuft, ist es sehr schwierig, eine allgemeingültigeSchnittstelle zu definieren. Zwar bestehen internatio-nale Versuche einer Normung (STEP, EXPRESS),diese haben sich aber noch nicht ausreichend durch-gesetzt.

Ein weiterführender Versuch der Integration ist dieDefinition einer allgemeinen Ingenieurdatenbank, diealle Informationen bereithält, die die jeweiligen An-wendungsprogramme benötigen. Ein Beispiel dafür istdas Projekt ISYBAU (Integriertes System der Daten-verarbeitung im BAUwesen), wobei Bedenken beste-hen gegenüber einem "unflexiblen, komplexen undunkontrollierbaren Datenmoloch" [Beucke 96 S. 68].

„Produktmodellierung“ wird zur Zeit benutzt alsSchlagwort für das Bemühen, einheitliche Daten-strukturen für den gesamten Baubereich zu definie-ren. Sie sollen eine umfassende Beschreibung derBauwerksobjekte und ihrer Beziehungen während dergesamten Entstehungsphase und ihrer Nutzungszeiterlauben. An der TH Darmstadt wird ein objektorien-tiertes Modellmanagement-System entwickelt, das dieVerwaltung von Teilproduktmodellen der Tragwerk-planung übernimmt [Rüppel,Meißner 96]. Das Kon-zept erscheint sehr vielversprechend, da es ausge-hend von der Architektenplanung die Prozesse derTragwerksmodellierung, der Aufstellung des stati-schen Systems, der Berechnung, der Bemessung undder Konstruktion übernimmt. Die Funktionsweise wirdam Beispiel der Planung des Arbeitsamtes Freiburgdemonstriert [Rüppel 94]. Bezeichnend ist allerdings,

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daß die Architektenplanung in diesem Konzept nur ei-nen passiven Charakter einnimmt.

Seit kurzer Zeit existiert der Verein IAI (Internatio-nale Allianz für Interoperabilität), der es sich zum Zielgesetzt hat, eine gemeinsame Datenbasis für dieAEC-Branche (Architecture - Engineering - Building)voranzutreiben. Diese Basis heißt IFC (Industry Foun-dation Classes), und soll sich an die gesetzliche Nor-mierung STEP anlehnen. Bezeichnend ist, daß derschwierige Prozeß der Einigung auf ein gemeinsamesDatenkonzept nun von der Industrie vorangetriebenwird, also nur durch die Zwänge der Marktwirtschafterreichbar scheint.

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4 Technische Entwicklung des rechnerunterstützten Entwurfs - eine Bestandsaufnahme

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4.3.5 Forschungsarbeiten imMaschinenbau

Entwurfsaspekt, Entwurfsphase, IntegrationDie Entwurfsaspekte im Maschinenbau lassen sich

nicht direkt vergleichen mit denen im Bauwesen. Siesind viel stärker funktionsgebunden, die Gestaltungder Objekte hat einen geringeren Stellenwert. Auffal-lend aber ist, daß bei der Entwicklung von Entwurfs-werkzeugen im Maschinenbau alle relevantenAspekte und alle Entwurfsphasen, also auch die frü-hen, einbezogen werden. Deshalb sollen die For-schungsbemühungen im Maschinenbaubereich hierkurz vorgestellte werden.

Im Maschinenbau hatte man nicht mit Akzeptanz-problemen in bezug auf die Computeranwendung zukämpfen, wie dies zum Teil bei den Bauingenieurenund insbesondere bei den Architekten der Fall ist. In-sofern ist die Entwicklung hier viel weiter fortgeschrit-ten.

Die Funktionsgebundenheit der Entwurfsaufgabenerleichtert die Umsetzung von Computerunterstüt-zung, die Konzepte für den Rechnereinsatz werdenaber so gestaltet, daß auch die frühen Entwurfspha-sen ihren Eingang finden. Als Beispiel sei das Systemmfk angeführt, das das schrittweise Verfeinern beimEntwurf von Maschinenbauteilen unter Einbeziehungvon Berechnung und Beratung schon ab der Konzep-tionsphase ermöglicht [Krause 92]. Zur Darstellungdes Planungszustandes in frühen Entwurfsphasenstehen aussagekräftige Symbole zur Verfügung, diefür den Architekturbereich noch zu entwickeln sind.Solch eine durchgängige Betrachtung ist im Bauwe-sen auch für den berechnungsintensiven Aspekt derTragwerkplanung nicht zu finden. Der Grund mag inder künstlichen beruflichen Trennung zwischen Ar-chitekt und Tragwerkplaner liegen. Im Maschinenbaugibt es keine verschiedenen Studiengänge für die ein-zelnen Aufgabenbereiche.

Aspekt: alle (funktionalen Aspekte)

Phase: alle

Ablauf: Ermittlung der Entwurfseigenschaften

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4.4 Zusammenfassung

4.4.1 Rechnerunterstützung in der Praxis

CAD-SystemeKommerzielle CAD-Systeme in der Architektur ba-

sieren auf Geometriedaten und unterstützen aktiv le-diglich den Prozeß der Ideenformulierung, das heißtdie Zeichnungserstellung. Sie sind nicht in der Lage,qualitative Aussagen zum Entwurf zu geben. Quanti-tative Eigenschaften können ermittelt werden, solangesie die Geometrie betreffen (z.B. für AVA).

Aufgrund der geforderten Genauigkeit der Einga-ben werden CAD-Systeme in der Regel erst in spätenEntwurfsphasen eingesetzt, während erste Ideen wei-terhin als Bleistiftskizze festgehalten werden. EineEntwurfsunterstützung findet höchstens später undindirekt statt, da detaillierte Entwurfsvarianten imCAD-System mit geringerem Aufwand als auf demPapier erzeugt werden können.

Kommerzielle Architektensoftware leidet an demUmstand, daß die Grundideen und wesentliche Neue-rungen der CAD aus dem Ingenieurbereich stammen.Die Akzeptanz des CAD-Einsatzes in der Architekturund ein Interesse an der Weiterentwicklung finden bisheute nur zögernd statt.

StatikprogrammeKommerzielle Statik-Software unterstützt den Ent-

wurf durch Ermittlung der statischen Entwurfseigen-schaften. Ihr Einsatz kann erst in späten Ent-wurfsphasen erfolgen. Die genaue statische Berech-nung erfordert eine aufwendige Beschreibung des zuuntersuchenden statischen Systems. Diese Angabensind zum Teil erst möglich, wenn die Untersuchungam ausführungsreifen Tragwerk stattfindet.

Für die Berechnung wird lediglich ein numerischesComputermodell benötigt. Die meisten heute verwen-deten Statikprogramme verfügen allerdings über einegraphische Benutzeroberfläche, die die visuelle Über-prüfung der Eingabedaten und eine qualitative Dar-stellung der Ergebnisse erlaubt.

Die Komplexität der Verfahren bei statischen Be-rechnungen bedingt eine Fülle unterschiedlicher Sta-tikprogramme. Es obliegt dem Tragwerkplaner, dasjeweils richtige Programm auszuwählen und die Er-gebnisse unter Berücksichtigung der verwandten Be-rechnungsmethode zu interpretieren.

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4 Technische Entwicklung des rechnerunterstützten Entwurfs - eine Bestandsaufnahme

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Einsatz von Statikprogrammen für denarchitektonischen Tragwerkentwurf

Die Existenz kommerzieller Statik-Software mitgraphischer Oberfläche regt zu einem Einsatz alsHilfsmittel beim architektonischen Tragwerkentwurfan. Die existierenden Programme liefern zwar zumTeil sehr anschauliche Ergebnisse, sind aber in ihrerAnwendung nicht auf die Erfordernisse des Architek-ten in frühen Entwurfsphasen ausgerichtet. Die erfor-derlichen Eingaben sind viel zu detailliert und archi-tektenfremd. Eingabe und Interpretation der Ausgabeverlangen spezielles Wissen, das über die statischenGrundkenntnisse des Architekten hinausgeht. Ohnevertiefte Statikkenntnisse oder kompetente Anleitungist eine Anwendung nicht sinnvoll. Und auch dannbleibt die Benutzung aufwendig.

Kommerzielle Statikprogramme eignen sich nichtfür die Unterstützung des architektonischen Tragwer-kentwurfs.

4.4.2 Forschung

Den verschiedenen Berufsbildern (Architektur,Bauingenieurwesen, Maschinenbau) entsprechendfinden sich unterschiedliche Forschungsansätze füreine Entwurfsunterstützung (s. Abb. 4-19). Die in derPraxis benutzten Programme unterstützen nur inspäten Entwurfsphasen.

In der Architekturforschung bemüht man sich umeine Unterstützung in frühen Entwurfsphasen, wobeialle relevanten Entwurfsaspekte Beachtung findensollen. Anwendungsbezogene Forschungsansätzebeschränken sich allerdings trotzdem auf die exem-plarische Behandlung eines oder weniger Aspektedes Architektenentwurfs. Der Aspekt Tragwerk wirdvon Architekten nicht als Anwendungsbeispiel ge-nutzt. Zu allen Abläufen des Entwurfsprozesses fin-den sich Ansätze der Rechnerunterstützung, wobeiunterschieden wird zwischen passiver Entwurfsassi-stenz und aktiver Entwurfsautomatisierung.

Bei der Forschung im Bauingenieurwesen domi-niert die Unterstützung in späten Entwurfsphasen fürden alleinigen Aspekt Tragwerk. Dabei werden insbe-sondere immer speziellere Berechnungsmethoden zurErmittlung der statischen Eigenschaften des Trag-werks implementiert.

Forschungsarbeiten aus dem Maschinenbau wur-den in die Betrachtung mitaufgenommen, da sie voneiner ganzheitlichen Betrachtung des Entwurfspro-zesse in allen Phasen ausgehen und die Berücksich-

Praxis Forschung ExTraCAD

Arch Ing Arch Ing Arch

Entwurfsphase: früh x x

spät x x x

Entwurfsaspekt: Tragwerk x x x

andere Aspekte x x

Entwurfsablauf: Assistenz x x x x x

Automatisierung x (x)

Abb. 4-19 Tendenzen der Ansätze für RechnerunterstütztesEntwerfen

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tigung aller (ingenieurrelevanten) Aspekte anstreben.Diese Durchgängigkeit ist im Bauwesen noch nichtvorhanden.

Der in der vorliegenden Arbeit vorgestellte Ansatzzum rechnerunterstützten Tragwerkentwurf, ExTra-CAD, läßt sich in diesem Zusammenhang folgendermaßen einordnen: Für den Aspekt Tragwerk wird eineUnterstützung in frühen Entwurfsphasen angeboten,die sich auf die Ermittlung der statischen Entwurfsei-genschaften konzentriert und damit eine passive Ent-wurfsassistenz für Architekten darstellt. Dieser Ansatzgreift in einen noch wenig beachteten Bereich deraktuellen Forschungsbemühungen.

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5 Die Idee von ExTraCAD

In diesem Kapitel werden unsere Ansätze einerRechnerunterstützung beim Tragwerkentwurf erläu-tert. Die Entwurfsabläufe während einer statischenBeratung sollen als Leitbild für die Konzeption vonExTraCAD dienen. Dazu wurde zunächst ein Modellder Statischen Beratung entwickelt, das auf dem inKapitel 3 beschriebenen Entwurfsablauf-Modell auf-baut (s. 5.2). Dieses dient als Grundlage für das Mo-dell des rechnerunterstützten Tragwerkentwurfs, indem sich die notwendigen Komponenten für ExTra-CAD ablesen lassen (s. 5.3).

ExTraCAD wurde in zwei Prototypen realisiert, de-ren Konzepte kurz vorgestellt werden.

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5.1 Ansatz für die Rechnerunterstützungbeim Tragwerkentwurf

Der architektonische Tragwerkentwurf wird zur Zeitkaum durch EDV-Einsatz unterstützt. Das Ziel vonExTraCAD ist die Computersimulation zweier effekti-ver Unterstützungsmethoden des Tragwerkentwurfs -die Statische Beratung und das Experimentieren mitModellen. ExTraCAD ist ein Programm, das mit tradi-tionellen Mitteln der EDV entwickelt worden ist undkonkret in Lehre und Praxis eingesetzt werden kann.

EntwurfsaspektDie vorliegende Arbeit beschränkt sich auf den

Entwurfsaspekt "Tragwerk". Gerade für den Architek-turentwurf ist es aber wichtig, daß es sich hierbei le-diglich um einen Teil des Gesamtentwurfs handelt,der normalerweise nicht isoliert betrachtet werdenkann. Der hier verfolgte Ansatz ist somit als ein Bei-trag zu einer umfassenden Entwurfsunterstützung desArchitekturentwurfs zu verstehen, die zur Zeit noch il-lusorisch ist. Deshalb obliegt es dem Architekten, dieErgebnisse der Tragwerkuntersuchung in den Ge-samtzusammenhang des Entwurfs einzubinden. Sogeht der Architekt auch vor, wenn er eine StatischeBeratung durch einen Tragwerkplaner in Anspruchnimmt.

Das Tragwerk eignet sich sehr gut für eine Unter-suchung der Analysemöglichkeiten durch den Com-puter, da viele statische Zusammenhänge gut quanti-fizierbar sind. Gleichzeitig sind statische Überlegun-gen zum Teil sehr zeitaufwendig, da sie oft mit um-fangreichen Berechnungen einhergehen. Aus diesemGrund verspricht eine Unterstützung durch EDV hoheEffektivität.

EntwurfsphaseDie Konzeption von ExTraCAD konzentriert sich

auf der Anwendbarkeit in frühen Entwurfsphasen.Diese Prämisse muß bei der Ein- und Ausgabe,

aber auch bei den intern verwandten Methoden zumAusdruck kommen. Es wird untersucht, wie die Vor-teile vorhandener Berechnungsprogramme für denArchitekten nutzbar gemacht werden können und wieandere, bislang EDV-unabhängige, Methoden desfrühen Tragwerkentwurfs integriert werden können[Führer,Ingendaaij,Stein 95].

Dabei sollte der fortschreitende Detaillierungsgraddes Entwurfes besonders berücksichtigt werden. Diesbedeutet, daß es keine feste Trennung zwischen frü-

Aspekt: Tragwerk

Phase: früh

Ablauf: Ermittlung der Entwurfseigenschaften

(Unterstützung der Ideenfindung, indirekt durch Expe-rimentieren)

Abb. 5-20 Entwurfsphasen-Modell

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5 Die Idee von ExTraCAD

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hen und späten Entwurfsphasen gibt (auch ein Trag-werkplaner kann in frühen Phasen als statischer Be-rater und in späten Phasen als Ausführungsplanerwirken). Entsprechend müßte ein Entwurfshilfepro-gramm die Durchgängigkeit in den verschiedenenPlanungsphasen gewährleisten und eine Benutzungdurch Personen mit unterschiedlichen Fachkompe-tenzen zulassen. Dieser Aspekt kann im Rahmen die-ser Arbeit nur andeutungsweise angesprochen wer-den.

EntwurfsablaufPrimäres Ziel von ExTraCAD ist die Ermittlung der

statischen Entwurfseigenschaften eines Tragwerks.Dieser Entwurfsschritt erfordert zum Teil vertiefte sta-tische Kenntnisse vom Architekten und ist sehr zeit-aufwendig. Bei einem Entwurf ohne Rechnerunter-stützung muß der Architekt sich auf seine eigenenstatischen Kenntnisse verlassen. Sind diese nichtausreichend, kann er entweder die Statische Beratungdurch einen Tragwerkplaner in Anspruch nehmenoder mit Modellen experimentieren. Auch diese Un-terstützungsmöglichkeiten zielen zunächst auf dieErmittlung der Entwurfseigenschaften.

Die statische Berechnung von Tragwerken läßtsich gut auf den Computer übertragen, wie die Exi-stenz herkömmlicher Statikprogramme im Ingenieur-wesen zeigt. Es muß untersucht werden, wie dieseVorteile für eine Anwendung im Architekturentwurfeingesetzt werden können. Dazu muß das Experten-wissen des Tragwerkplaners in das Programm inte-griert werden.

Die Ideenfindung während des Entwurfsablaufswird indirekt unterstützt. Das Vorschlagen von Alter-nativen ist die kreative Aufgabe des Tragwerkplanersbei der Statischen Beratung, die mit den derzeitigenMitteln der EDV nicht nachzubilden ist. Doch kann dieSimulation des Entwurfsverhaltens (z.B. die Verfor-mung des Tragwerks) als eine Anregung für Ent-wurfsalternativen dienen. Anstelle der Erfahrung desExperten tritt die eigene Erfahrung des Architektendurch Experimentieren mit dem virtuellen Modell.

Abb. 5-21 Entwurfsablauf-Modell

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5.2 Modell der Statischen Beratung

GrundgedankenBasierend auf dem in Kapitel 3 vorgestellten Ent-

wurfsablauf-Modell wird ein Modell entwickelt, das dieAbläufe während einer statischen Beratung des Ar-chitekten durch einen Tragwerkplaner verdeutlicht.Die Ausweitung des Entwurfsablauf-Modells zeigt,daß sich die geistigen Abläufe bei der Verteilung aufzwei Personen besser differenzieren lassen.

Das Modell zeigt die Rollenverteilung zwischen Ar-chitekt und Tragwerkplaner bei der statischen Ent-wurfsberatung. Der Architekt nimmt die Statische Be-ratung in Anspruch, wenn es ihm nicht möglich ist, diestatischen Eigenschaften seiner Entwurfsidee umfas-send zu ermitteln, um sie als Grundlage für eine Be-wertung im Entwurfskontext verwenden zu können.Die primäre Erwartung an den Tragwerkingenieur istdie Ermittlung der Entwurfseigenschaften des Trag-werks. Seine Unterstützung ist damit nicht ein Eingriffin das Entwurfsgeschehen, sondern eine Ergänzungdesselben.

Ideenfindung und Problemstrukturierung(Architekt)

Allein der Architekt ist in der Lage, den Entwurfs-kontext vollständig zu überschauen. Er entwickelt Ide-en zum Entwurf und nimmt eine Strukturierung der zuuntersuchenden Probleme vor. Das Tragwerk ist da-bei lediglich ein Aspekt unter vielen, der berücksichtigtwerden muß.

Abb. 5-22 Modell der Statischen Beratung

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5 Die Idee von ExTraCAD

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Ideenformulierung und Analyseanfragen(Kommunikation)

Die Entwurfsidee soll nun auf die erarbeiteten Pro-bleme hin untersucht werden. Wenn diese Untersu-chung durch eine andere Person (hier: der Tragwerk-planer) stattfinden soll, so muß eine Phase der Kom-munikation stattfinden, in der die Ergebnisse der vor-herigen Überlegungen dem Ingenieur mitgeteilt wer-den. Die Abläufe Ideenformulierung und Aufstellenvon Analysekriterien werden also zu einem bewußtenAkt. Die Ideen werden dem Ingenieur in der Regel anHand von Skizzen oder eines gebauten Modells mit-geteilt, ergänzt durch mündliche Erklärungen, in de-nen der Architekt seine Entwurfsidee näher erläutert.Die zu untersuchenden Kriterien äußern in der Regeldurch tragwerkspezifische Fragen an den Ingenieur(z.B. Welche Dimensionen sind zu erwarten? Wiekann ich eine leichte Konstruktion erreichen? Wiekann man bestimmte Stützen vermeiden? Hält dasTragwerk?).

Wahl der Analysemet hode (Tragw erkplaner)Der Tragwerkingenieur hat dann die Aufgabe, eine

geeignete Analysemethode zu finden, die die Unter-suchung der Analysekriterien, also die Beantwortungder Frage des Architekten, erlaubt. Die Methodenwahlist einerseits abhängig vom Inhalt der Fragestellung,andererseits ist sie abhängig von den Informationen,die der Entwerfer zum Zeitpunkt der Beratung liefernkann (siehe Statische Interpretation). Je früher dieEntwurfsphase, desto ungenauer und reduzierter sinddiese Angaben, desto geringer sind aber auch die Er-wartungen an die Präzision der gewünschten Ergeb-nisse (z.B.: in frühen Entwurfsphasen könnenFaustformeln angewandt werden, während später ei-ne genaue Berechnung notwendig sein kann).

Statische Interpretation(Tragwerkplaner)

Jede Analyse verlangt eine spezifische Reprä-sentation des Geplanten, hier also ein statisches Sy-stem. Die zweite Aufgabe des Tragwerkplaners ist esalso, die vom Entwerfer erhaltenen Informationen zumEntwurf so zu interpretieren, daß sie in ein adäquatesstatisches System umgewandelt werden können. Da-zu muß der Ingenieur die architektonischen Informa-tionen in der Regel durch sein statisches Experten-wissen ergänzen.

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Sind die erhaltenen Informationen nicht ausrei-chend hat der Tragwerkplaner folgende Möglichkei-ten:

• Er kann eine andere Methode wählen, die wenigerInformationen benötigt, dafür aber vielleicht ein un-genaueres Ergebnis liefert.

• Er kann für bestimmte statische Aspekte über-schlägliche Annahmen treffen, solange diese nichtzu stark in den Entwurf eingreifen.

• Er kann durch Rückfragen die benötigten Angabenvom Architekten einholen. Die Formulierung derIdee entsteht dann also in einem wechselseitigenKommunikationsprozeß.

Statische Analyseergebnisse (Tragwerkplaner)Wenn alle für die gewählte Analysemethode benö-

tigten statischen Angaben vorhanden sind, kann derIngenieur die Analyse durchführen. Hierbei handelt essich zumeist um statische Berechnungen auf unter-schiedlichem Abstraktionsniveau. Oft kann der Trag-werkplaner aber auch auf sein Erfahrungswissen zu-rückgreifen, ohne eine explizite numerische Berech-nung zu benötigen. Die statischen Analyseergebnisserepräsentieren die Entwurfseigenschaften des Trag-werks.

Architektengerechte Analyseerge bnisse(Kommunikation)

Die statischen Analyseergebnisse sind zumeist in-genieurspezifisch und sind dem Architekten nicht un-bedingt verständlich. Der Tragwerkplaner hat die Auf-gabe, die Ergebnisse seiner Arbeit so aufbereiten,daß sie für den Architekten nachvollziehbar werden.Dazu gehört auch das Aufzeigen von Konsequenzender Entwurfsidee, die der Entwerfer eventuell nichtbedacht hat.

Bewertung und EntscheidungErst, wenn der Architekt die statischen Eigen-

schaften seiner Entwurfsidee vollständig verstandenhat, kann er diese Eigenschaften bewerten und imRahmen des Gesamtentwurfs einschätzen (Die bloßeBestätigung der Tragfähigkeit beispielsweise, sagtnoch nichts über die Qualität des gesamten Entwurfsaus). Dem Architekten bleibt es letztendlich überlas-sen, die weiteren Entscheidungen zur Entwicklungdes Gesamtentwurfs und zur Entwicklung des Trag-werks zu treffen.

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5 Die Idee von ExTraCAD

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Beitrag des Tragwerkplaners zur IdeenfindungDie Zusammenarbeit mit einem Tragwerkingenieur

bietet über die funktionelle Unterstützung hinaus ei-nen zusätzlichen Vorteil für die Entwurfsentwicklung.

Wenn der Tragwerkplaner dazu bereit ist, sich ak-tiv mit dem Gesamtentwurf auseinanderzusetzen,kann er sich kreativ am Entwurfsprozeß beteiligen undneue Alternativen für das Tragwerk finden. Dies istaber nur dann möglich, wenn er genügenden Einblickin den Gesamtentwurf hat. Er wird also einerseits In-formationen erfragen, die über die statischen Ge-sichtspunkte des Entwurfs hinausgehen. Andererseitswird der Architekt ihm die Überlegungen mitteilen, dieseinen Bewertungsprozeß begleitet haben. Auf dieserBasis ist eine sinnvolle Alternativenentwicklung vonseiten des Tragwerkingenieurs möglich. Er hat denVorteil über eine größere Erfahrung und größeresWissen in bezug auf die statischen Aspekte einesEntwurfs zu verfügen. Diese Art der Unterstützungbedeutet eine Hilfe bei der Ideenfindung.

Rollen verteilungDie Entwurfsabläufe bei einer Statischen Beratung

gliedern sich also in drei Hauptgruppen (Architekt,Kommunikation, Tragwerkplaner), die jeweils einenAnalyse-, Synthese, und Evaluierungsaspekt berück-sichtigen. Der Architekt übernimmt alle Aufgaben, diedie Einbeziehung des Entwurfskontextes berücksich-tigen. Der Tragwerkplaner bearbeitet die statischenGesichtspunkte des Entwurfes, wodurch dem Archi-tekten eine fundierte Bewertung seines Entwurfs inbezug auf das Tragwerk erst möglich wird. Zwischendiesen beiden Partnern findet eine unverzichtbareKommunikation statt, ohne die die jeweilige Arbeitnicht möglich ist. Der Architekt und Ingenieur müsseneine gemeinsame Sprache der Verständigung finden.

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5.3 Modell für ExTraCAD

Das Modell für den „EXperimentellen TRAgwerk-entwurf auf Basis von CAD“ (ExTraCAD) findet seinedirekten Entsprechungen in dem Modell der stati-schen Beratung (s. 5.2).

Das Modell für ExTraCAD soll verdeutlichen, anwelchen Stellen des Entwurfsprozesses eine Rech-nerunterstützung für den Architekten ansetzen kann,wenn der Tragwerkingenieur als Berater nicht zurVerfügung steht. Daraus ergeben sich diejenigen Auf-gabenbereiche, die von ExTraCAD übernommen wer-den sollen. Das Modell soll die Struktur des ange-strebten Programms verdeutlichen und die geforder-ten Komponenten herausarbeiten. Das Modell für dieEntwurfsunterstützung mit ExTraCAD gliedert es sichin drei Hauptbereiche:

• Abläufe, die der Architekt als Person übernimmt

• Komponenten der statischen Verarbeitung, dierechnerintern ablaufen

• Komponenten der Kommunikation, die die Vermitt-lung zwischen dem Architekten und dem Programmübernehmen

Die beiden letzten Komponenten bilden die Strukturvon ExTraCAD.

Da die Tragkonstruktion nur einen Aspekt des Ge-samtentwurfs berücksichtigt, ist es wichtig, daß auchbei einer Rechnerunterstützung des Tragwerkentwurfsder Architekt als Person der Entscheidungsträgerbleibt. Alle Aufgaben, die den Gesamtentwurf betref-fen, bleiben ihm überlassen (Ideenfindung, Problem-strukturierung, Bewertung, Entscheidung). Die ande-

Abb. 5-23 Modell für ExTraCAD

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5 Die Idee von ExTraCAD

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ren Abläufe während des Entwurfs bilden die Kompo-nenten von ExTraCAD.

Die Teilbereiche der statischen Verarbeitung (Sta-tische Interpretation, statische Analysemethoden undstatische Analyseergebnisse) erfordern umfangrei-ches spezielles Wissen, das aber zum Teil auf festenRegeln und Berechnungen basiert, und somit gut imRechner implementiert werden kann. Diese Vorgängewerden rechnerintern automatisiert. Sie dienen demprimären Ziel der Rechnerunterstützung, dem Archi-tekten das Ermitteln der statischen Eigenschaften sei-nes Entwurfes abzunehmen.

Zentraler Teil des Entwurfshilfeprogramms ist, wiebei der statischen Beratung durch einen Tragwerkpla-ner, die Kommunikation. Die Komponenten der Kom-munikation bilden die Benutzeroberfläche von ExTra-CAD. Ihre Funktionsweise ist somit Grundlage für dieAkzeptanz der Anwendung durch den Architekten.Hier gilt es, eine Brücke zu schlagen zwischen denstatisch-abstrakten Vorgängen der statischen Verar-beitung und den Informationen, die der Architekt infrühen Entwurfsphasen anzugeben vermag. DasKommunikationsmittel von ExTraCAD sind Auswahl-menüs und Darstellungen am Bildschirm. Das Kom-munikationsmittel des Architekten ist die Zeichnungund das Menü.

Der kreative Aufgabenbereich des Tragwerkpla-ners bei der statischen Beratung, das Entwickelnsinnvoller Alternativen zum Tragwerk, kann nicht Be-standteil von ExTraCAD sein. Sinnvolle Alternativenkönnen nur mit Erfahrung und im Kontext des Ge-samtentwurfs entstehen. ExTraCAD aber stützt sichallein auf die Betrachtung des Tragwerkaspekts. DieMöglichkeit, Alternativvorschläge aus rein statischerSicht anzubieten, erscheint fraglich, da die Gefahr be-steht, daß der Entwerfer bei seinen Entscheidungenzu stark von der statischen Sichtweise gelenkt wirdund somit nicht mehr aus der Fülle seiner Möglich-keiten schöpft. Statt dessen sollte das Programm soaufgebaut werden, daß die Simulation des Entwurfs-verhaltens den Architekten anregt, eigene Erfahrun-gen zu machen und durch Experimentieren die Alter-nativen selbst zu entwickeln.

Die Entwurfsabläufe bei der Benutzung von Ex-TraCAD werden im folgenden kurz beschrieben.

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Ideenfindung und Problemstrukturierung(Architekt)

Der Architekt entwickelt wie gewohnt seine An-fangsidee zum Tragwerk im Entwurfskontext auf derGrundlage seines statischen Wissens und seiner Er-fahrungen. Ihm obliegt es auch, die für das Tragwerkwichtigen Problemstellungen des Entwurfs herauszu-arbeiten und in den Zusammenhang mit dem Ge-samtentwurf zu stellen.

Architektonische Ideenformulierung(Komponente der Kommunikation)

Der Architekt muß ExTraCAD seine Entwurfsideemitteilen. Dieser Vorgang erfolgt weitgehend auf gra-phischem Wege, also mit CAD. Zur Erzeugung derGeometrie stehen alle Fähigkeiten eines aktuellenCAD-Systems zur Verfügung (Spiegeln, Kopieren,Drehen etc.). Der Architekt kann auch im Gesamtvor-entwurf erstellte CAD-Zeichnungen verwenden.

Über die Geometrie hinaus macht der Architektweitere Angaben, die das Tragwerk betreffen. Dazukann er sein architektonisches Vokabular benutzen, oh-ne auf statische Formulierungen zurückgreifen zu müs-sen (z.B. Angaben über die Nutzung des Gebäudes, dieim weiteren wichtig sind für die Lastannahmen). DasProgramm stellt architektengerechte Auswahlmenüs zurVerfügung und bietet sinnvolle Vorgaben an. Umfangund Präzisionsgrad der Angaben sind variabel entspre-chend dem Stand des Entwurfes (z.B. zunächst Angabe"leichtes Dach", die später konkretisiert wird zu "Dek-kung mit Trapezblech"). Zum Teil können Informatio-nen, die über die Geometrie des Tragwerks hinausge-hen, auch ganz entfallen.

Schon bei der Eingabe wird der Entwurf auf Konsi-stenz und statisch-konstruktive Einschränkungen ge-prüft. Gegebenenfalls werden entsprechende Warnhin-weise gegeben (z.B. bei Zuweisung eines Holzquer-schnittes, der in der gewünschten Länge bzw. in dengewünschten Querschnittsabmessungen nicht produ-ziert wird).

Während der gesamten Bearbeitung im Rechnerkann der Architekt alle getätigten Eingaben visuell amBildschirm überprüfen. Für die entwurfsgerechte Dar-stellung werden Symbole, Legenden und Farben ge-nutzt. Für die gestalterische Beurteilung kann die di-mensionsgerechte Darstellung des Tragwerks abgeru-fen werden.

Falls ein bereits entworfenes Tragwerk geändertwerden soll, stehen dem Entwerfer alle gewünschtenMöglichkeiten des Editierens zur Verfügung. Dabei blei-

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5 Die Idee von ExTraCAD

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ben die statischen Zusammenhänge permanent ge-wahrt. Zusätzlich kann er Entwurfsvarianten abspei-chern und zu einem beliebigen Zeitpunkt wieder aufru-fen.

Architektengerechte Analyseoptionen(Komponente der Kommunikation)

ExTraCAD bietet umfangreiche Analysemöglich-keiten, die im Zusammenhang mit dem architektoni-schen Entwurf interessant sein können (z.B. Verfor-mungen, Schnittgrößenverläufe, Stützlinie, automati-sche Dimensionierung des Tragwerks). Der Architektwählt eine oder mehrere dieser Analyseanfragen aus,je nachdem welche Zielvorstellungen er bei der Pro-blemstrukturierung herausgearbeitet hat. Dabei istselbstverständlich, daß die zu erwartenden Ergebnis-se um so präziser sind, je konkreter die Angaben zumEntwurf sind. Falls die getätigten Eingaben nicht aus-reichend für die gewählte Analyseanfrage sind, wirddies vom System mitgeteilt, mit der Aufforderung, diefehlenden Informationen zu ergänzen.

ExTraCAD bietet darüber hinaus die Überprüfungder Stabilität und der Wirtschaftlichkeit des Tragwerks.

Statische Interpretation(Komponente der statischen Verarbeitung)

Zur Durchführung einer statischen Analyse werdenstatische Angaben benötigt. Die architektonisch for-mulierten Eingaben werden dazu programmintern instatische Informationen übersetzt (z.B. den Angabendes Architekten zur Gebäudenutzung werden dieLastannahmen für Verkehrslasten nach DIN 1055 zu-geordnet etc.). Auf diese Weise entsteht ein stati-sches Modell der Entwurfsidee.

Die statische Interpretation erfolgt während der Ein-gabe (architektonische Ideenformulierung), damit einesofortige statisch-konstruktive Konsistenzprüfung erfol-gen kann (z.B. wenn die Proportionen für einen Trägerin Nadelholz nicht sinnvoll sind).

Statische Analysemethoden und statischeAnalyseerge bnisse(Komponenten der statischen Verarbeitung)

Abhängig von der durch den Entwerfer angewähl-ten Analyseanfrage stehen programmintern statischeAnalysemethoden zur Verfügung. Die gängigen Be-rechnungsmethoden der Ingenieurstatik (z.B. Mo-mentenberechnung) werden ergänzt durch spezielleMethoden für den Tragwerkentwurf, die weniger In-formationen benötigen und anschauliche, eventuellüberschlägliche Ergebnisse liefern (z.B. Stützlinien-

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verlauf). Es stehen spezielle Analysemethoden zurVerfügung, die die Stabilität des Tragsystems prüfenund eine Fehlerdiagnose vornehmen können.

Architektengerechte Analyseerge bnisse(Komponente der Kommunikation)

Die statischen Analyseergebnisse werden so auf-bereitet, daß dem Architekten entsprechend seinerAnfrage eine leicht erfaßbare und übersichtliche Dar-stellung zur Verfügung steht (architektengerechteAnalyseergebnisse). Der Architekt soll ständig denÜberblick über den aktuellen Entwurfsstand wahrenkönnen. Dies erfordert insbesondere, daß alle Resul-tate graphisch und symbolisch mit Farben und Legen-den dargestellt werden. Zahlen erscheinen nur, fallsdies unbedingt erforderlich ist oder auf Anfrage. Spe-zielle Funktionen erlauben die Steuerung des Um-fangs und eventuell des Maßstabs der aktuellen. AufWunsch können die Ergebnisse vorher erzeugterTragwerksvarianten zum Vergleich herangezogenwerden.

Die gegebenenfalls vom Programm getroffenen An-nahmen zum statischen System werden in die Darstel-lung integriert, soweit sie architektonisch von Bedeu-tung sind. Während der statischen Verarbeitung aufge-deckte Fehler, Warnungen und Angaben zur Instabilitätdes Tragwerks werden mitgeteilt, wobei der Ort derEntstehung graphisch angezeigt wird. Zusätzlich wer-den Maßnahmen zur Fehlerbehebung vorgeschlagen.

Bewertung und Entscheidung im Entwurfskontext(Architekt)

Die architektengerechte Darstellung der Analy-seergebnisse liefert die Grundlage für eine Bewertungdurch den Architekten im Entwurfskontext. Durch diegraphische Darstellung ist ein Abwägen der gestalte-rischen und statischen Aspekte am Bildschirm mög-lich. Die Option eines Variantenvergleichs erleichtertdie Beurteilung des Entwurfsfortschritts.

Auf dieser Grundlage trifft der Entwerfer Entschei-dungen über die Qualität des entworfenen Tragwerksund wird zu neuen Ideen angeregt. Da Änderungensehr schnell vornehmbar sind und die Analyseergebnis-se sofort zur Verfügung stehen, kann er auf spielerisch-intuitive Weise mit verschiedenen Entwurfsvariantenexperimentieren.

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5 Die Idee von ExTraCAD

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5.4 Entwickelte Prototypen

Die in Kapitel 5.3 dargelegte Idee des Experimen-tellen Tragwerkentwurfs auf Basis von CAD (ExTra-CAD) wurde in zwei Prototypen umgesetzt - ExTra-CAD-ESW zum Entwerfen von Ebenen Stabwerkenund ExTraCAD-Massivbau zum Entwerfen von Mas-sivbauten. Beide Prototypen wurden seit Ende der80er Jahre parallel zueinander als Applikationen desCAD-Systems AutoCAD entwickelt. Die Initiative fürdiese Projekte ging von Herrn Professor Wilfried Füh-rer aus, damals Leiter des Lehrgebietes Experimen-telle Tragwerklehre an der RWTH Aachen [Führer 90;Führer,Stein 89]. Die Leitung der Projekte übernahmFriedhelm Stein, heute Professor für Massivbau ander Uni/GH Siegen, und nach seinem Ausscheidendie Verfasserin der vorliegenden Arbeit [Stein 88; 90;Rottke 92; 94].

ExTraCAD-ESWStabwerke spielen bei der Konzeption von Trag-

werken eine große Rolle. Das Einsatzgebiet reicht vonDachkonstruktionen, Deckenkonstruktionen, Über-spannen großer Hallenflächen bis hin zur Entwicklungleichter Fassadenkonstruktionen. Die meisten dieserKonstruktionen wirken in der Ebene. Aber auch räum-liche Tragwerke können zunächst auf ebene Stabwer-ke reduziert werden, wodurch das prinzipielle Trag-verhalten wesentlich deutlicher wird und somit im Ar-chitektenentwurf einsetzbar wird.

Die Vielfalt der Entwurfsmöglichkeiten von Stab-tragwerken ist überaus groß und insofern auch derBedarf an Unterstützung für den Architekten. Insbe-sondere, wenn es darum geht, neuartige Konstruktio-nen zu entwickeln oder bekannte Konstruktionen bes-ser zu verstehen und sinnvoll in den Gesamtentwurfzu integrieren, bietet sich der Einsatz eines Entwurfs-hilfeprogramms für ebene Stabwerke an.

Programmtechnisch war bei der Entwicklung vonExTraCAD-ESW von Vorteil, daß es für die Berech-nung von ebenen Stabwerken bereits existierendeStatikprogramme gibt. Eines dieser Programme wurdeals Basis für die Statische Verarbeitung übernommen,so daß eine Konzentration auf die architektengerechteAusbildung der Programmoberfläche (Komponenteder Kommunikation) und spezieller Analysemethodenstattfinden konnte.

ExTraCAD-ESW wird im Rahmen der Möglichkei-ten eines nicht durch Drittmittel geförderten Projekteskontinuierlich weiterentwickelt.

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ExTraCAD-MassivbauExTraCAD-Massivbau sollte zunächst lediglich den

Entwurf von Mauerwerkswänden unterstützen. Ins-besondere im Wohnungsbau haben tragende Mau-erwerkswände eine große Bedeutung. Durch günstigeAnordnung und optimale Dimensionierung könnenKosten eingespart und die Nutzfläche wesentlich er-höht werden. Die Neufassung der DIN 1053 von Fe-bruar 1990 erlaubt einen großen Spielraum für dieAusbildung von Mauerwerkswänden [Pohl 90].

Auch hier existieren bereits entsprechende Statik-programme ohne graphische Oberfläche, die die Di-mensionierung von Mauerwerk nach DIN 1053 erlau-ben. Diese vollziehen allerdings nur den rechneri-schen Nachweis für einzelne Wände, die nicht imEntwurfskontext betrachtet werden können.

Ziel des Entwurfshilfeansatzes sollte aber der Ent-wurf von Mauerwerkswänden aufgrund der Grund-rißkonzeption sein. Da dabei die Belastung jederWand eine große Rolle spielt und diese vor allem ausder in der Regel aufliegenden Stahlbetondecke her-rührt, wurde das Konzept der Entwurfsunterstützungauf den gesamten Massivbau ausgeweitet [Stein 90a;90b; 90c; Rottke 91].

Der Entwurf von Massivbauten läßt naturgemäßeine weniger breite Formensprache zu als der Entwurfvon Stabwerken. Die Idee der architektengerechtenEntwurfsunterstützung wird hier aber viel deutlicherals bei ExTraCAD-ESW. Die statischen Analyse er-folgt ausschließlich aufgrund der Grundrißeingabendes Architekten. Zudem erhält er detaillierte Hinweisebeim Auftreten konzeptioneller Fehler bzw. unwirt-schaftlicher Konstruktionen. Das Tragverhalten vonDecke und Wänden wird durch speziell entwickelteAnalysemethoden ermittelt und graphisch aufgezeigt.Dies trägt wesentlich zum Verständnis des Architek-ten für die Gesamtkonstruktion bei.

ExTraCAD-Massivbau wurde implementiert undumfassend dokumentiert in der Vertiefungsarbeit, diedie Verfasserin im Rahmen ihres Architekturstudiumsanfertigte [Rottke 91]. Seitdem wurde dieser Prototypnicht weiter verfolgt, da sich die Forschungsarbeit aufdie Weiterentwicklung von ExTraCAD-ESW und seinweites Einsatzgebiet konzentrierte.

Der Entwicklungsstand der beiden Prototypen wirdin den folgenden Kapiteln dargelegt. Anhand des Mo-dells für ExTraCAD werden Eigenschaften und Funk-tionsweise des Prototyps ExTraCAD-ESW detailliert

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5 Die Idee von ExTraCAD

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beschrieben. Kapitel 6 behandelt die Komponentender Kommunikation, also die Benutzeroberfläche, diejedem Architekten verständlich sein sollte. In Kapitel 7werden die statischen Hintergründe (Komponentender statischen Verarbeitung) erläutert, die das Exper-tenwissen des Tragwerkingenieurs repräsentieren.Eine Zusammenfassung der Eigenschaften und Funk-tionsweise von ExTraCAD-Massivbau findet sich inKapitel 8.

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6 Komponenten der Kommuni-kation in ExTraCAD-ESW

Die Komponenten der Kommunikation in ExTra-CAD beschreiben die potentielle Benutzeroberflächefür ein architektengerechtes Programm zum Entwer-fen von Tragwerken.

In diesem Kapitel abgebildeten Bildschirmprintsund die dokumentierten Funktionen sind dem selbstentwickelten Programm ExTraCAD-ESW entnommen,das auf den softwaretechnischen Möglichkeiten vonAutoCAD für DOS basiert. Damit soll nicht ein abso-luter Anspruch an die Gestaltung einer Benutzerober-fläche erhoben werden, da die fortschreitende Soft-wareentwicklung immer attraktivere Möglichkeiten derBenutzerführung zuläßt (z.B. Windows-Betriebs-system). Vielmehr wird anhand eines lauffähigen unddurch praktische Anwendung weiterentwickelten Pro-gramms eine prinzipielle Vorgehensweise für die Ge-staltung und den Inhalt der Kommunikation zwischenArchitekt und Entwurfshilfeprogramm aufgezeigt (sie-he auch Kapitel 8.1 ExTraCAD-Massivbau).

Bei der Gestaltung der Bildschirmoberfläche wurdebewußt das Mittel Farbe eingesetzt um eine bessereÜbersichtlichkeit zu gewährleisten. Dieser Effekt gehtbei einer Schwarz/Weiß-Darstellung in der vorliegen-den Dissertation leider verloren.

Abb. 6-1 Modell für ExTraCAD

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6.1 Architektonische Ideenformulierung

Die architektonische Ideenformulierung (Eingabe)findet statt als wechselseitige Kommunikation zwi-schen Architekt und Programm. Der Entwerfer teiltseine Ideen weitgehend graphisch und menügesteuertmit. Die gelieferten Angaben werden von der Kompo-nente der statischen Interpretation überprüft und aus-gewertet. Anschließend werden sie übersichtlich undvollständig auf dem Bildschirm graphisch dokumen-tiert, so daß der Architekt sie visuell überprüfen kann.

Der Prozeß der Eingabe der Entwurfsidee ist diewichtigste Komponente des Entwurfshilfeprogrammsin bezug auf die Benutzerakzeptanz. Einerseits mußdie Eingabe so gestaltet sein, daß sie dem Architek-ten keine inhaltlichen Probleme bereitet und mit mini-malem Aufwand stattfinden kann. Andererseits mußgewährleistet sein, daß die implizite Beschreibung desTragwerks auch wirklich den Vorstellungen des Ent-werfers entspricht, denn nur dann kann die späterestatische Analyse sinnvoll sein.

In den folgenden Unterkapiteln werden zunächstdie Anforderungen an die architektonische Ideenfor-mulierung präzisiert und anschließend anhand der zuintegrierenden Tragwerksaspekte (z.B. Bauteile, An-schlüsse, Material, Lasten) die Umsetzung demon-striert. Zur Berücksichtigung des fortschreitendenEntwurfsprozesses wurde die Archivierung von Ent-wurfsvarianten in ExTraCAD-ESW integriert. Ihr ist einseparates Unterkapitel gewidmet (s. 6.1.8).

6.1.1 Anforderungen

Für den Ablauf der architektonischen Ideenformu-lierung ist es insbesondere von Bedeutung, welcheinhaltlichen Eingaben verlangt werden (Inhalt), aufwelche Weise die Eingabe stattfindet (Eingabemodus)und daß unzulässige Eingaben vermieden werden(Überprüfung). Die Art der Dokumentation der Einga-ben am Bildschirm (Darstellung) ist wichtig für dieKontrolle durch den Architekten und Grundlage für dieeinfache Handhabung von Änderungen (Modifikation),die während des Entwurfsprozesses immer wiederanfallen.

Inhalt der EingabenDer Hintergrund für die vom Architekten benötigten

Angaben leitet sich ab von den benötigten Informatio-nen für die verschiedenen statischen Analysen (s.7.2). Dies sind Angaben zu Stäben (Geometrie, An-schlüsse, Materialkennwerte, Querschnittskennwerte,

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6 Komponenten der Kommunikation in ExTraCAD-ESW

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Streckenlasten) und zu Knoten (Koordinaten, Festhal-tungen, Punktlasten). Diese Tragwerksaspekte sindnur teilweise Bestandteil des architektonischen Ent-wurfes, eine architektengerechte Eingabe bedarf des-halb einer inhaltlichen Unterstützung (s. Abb. 6-2).

Die vom Programm erwarteten Angaben solltensich auf diejenigen Aspekte beziehen, die der Archi-tekt auch sonst in frühen Entwurfsphasen entwickeltbzw. auf solche, zu denen er mit wenig Mühe und oh-ne Zuhilfenahme weiterer Informationsquellen eineAussage treffen kann. Eine Analyse des Tragwerkssollte schon bei Angabe minimaler Informationenmöglich sein. Die Präzisierung kann zu einem späte-ren Zeitpunkt erfolgen. Es werden entsprechendenAnalyseoptionen zur Verfügung gestellt, die auch un-vollständige statische Systeme berücksichtigen (s.z.B. 6.2.8). Die Vorstellungen des Architekten zu ein-zelnen Aspekten seines Entwurfes präzisieren sichmit dem Entwurfsfortschritt. Deshalb sollte eine Anga-be in verschiedenen Detaillierungsgraden möglichsein, was auch bedeuten kann, daß zu einem Aspektunter Umständen noch gar keine Angabe gemachtwerden kann.

Der erste Entwurf für ein Tragwerk entsteht mei-stens in Form einer Skizze, die die Gestalt des Trag-werks wiedergibt. In der Regel entsprechen lediglichdie Angaben zu Bauteilen und ihrer geometrischenLage sowie Vorstellungen zu den verwendeten Mate-rialien der Forderung nach entwurfsrelevanten Einga-beparametern.

Zur inhaltlichen Unterstützung der architektenge-rechten Ideenformulierung wurden verschiedene Stra-tegien erarbeitet, die in Abb. 6-3 zusammengefaßtsind. Sie können so miteinander kombiniert werden,daß sie Eingaben unterschiedlicher Präzision erlau-ben. Im Idealfall sollte das Spektrum von „keine An-gabe“ bis „genaue Angabe“ reichen und jeden Zwi-schenschritt erlauben. Beispiele für die Umsetzungdieser Strategien finden sich in den folgenden Unter-kapiteln (6.1.2 bis 6.1.7).

Die notwendige Vermittlung zwischen architektoni-schen Angaben und benötigten statischen Informatio-nen übernimmt die Komponente der statischen Inter-pretation (s. 7.1).

Anforderungen an den Inhalt der Eingabe

• Reduzierung auf entwurfsrelevante Parameter

• Reduzierung auf architektengerechte Angaben

• Minimierung des Umfangs der notwendigenAngaben

• Berücksichtigung verschiedener Detaillierungs-grade des Entwurfs

Abb. 6-2

Strategien für die

Inhaltliche Unterstützung der Eingaben

• Inhaltliche Reduktion auf:• Entwurfsrelevante Parameter• Architektengerechte Parameter• Statische Grundlagen

• Vermeidung bzw. Reduzierung der notwendi-gen Eingaben durch:• Statische Interpretation vorhandener Einga-

ben• Standardannahmen• Vorläufige Annahmen• spezielle Analyseoptionen zur Ermittlung der

notwendigen Eingaben• Platzhalter für alternative Berechnungen

• Spezifikationshilfen für die Eingabe durch:• Sinnvolle Vorgaben• Bautechnisch eingeschränkte Auswahl• Auswahl typischer Konstruktionsdetails

Abb. 6-3

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EingabemodusDer Ablauf der Eingabe selbst wird einerseits

durch die Art des Aufrufes einzelner Funktionen (Be-fehlsaufruf) und andererseits durch die Art und Weiseihrer Durchführung (Spezifikation) bestimmt.

Die Anforderungen an den Modus der Eingabesind in Abb. 6-4 zusammengefaßt. Sie sind allgemei-ner Art und bestimmen grundsätzlich die Benutzer-freundlichkeit jedes Programmes. Die Umsetzung die-ser Eigenschaften hängt eng mit den softwaretechni-schen Möglichkeiten des verwendeten CAD-Programms zusammen (z.B. Pulldown-Menüs, Iconsund Tablett-Menüs für den Befehlsaufruf, Bildmenüsund Dialogboxen zur Spezifikation der Angaben). Diehier vorgestellten Beispiele wurden für die DOS-Version von AutoCAD 12 erstellt, sind aber auch unterWindows lauffähig.

ÜberprüfungDie simultane Überprüfung der Eingabe trägt zur

Benutzerfreundlichkeit des Programmsystems bei undermöglicht die sofortige Korrektur fehlerhafter oderunwirtschaftlicher Angaben. Diese Überprüfung findetwährend der Eingabe statt und bezieht sich aus-schließlich auf den aktuellen Stand der Angaben.Fehleingaben sollten nach Möglichkeit von vornhereinvermieden werden. Falls dies nicht möglich ist, da ei-ne Eingabebeschränkung nicht vorgenommen werdenkann, erfolgt die Prüfung im Nachhinein (s. Abb. 6-5).

Die Überprüfung der Eingaben garantiert noch keinstabiles Tragsystem. Zur Überprüfung des Gesamtsy-stems stehen entsprechende Analyseoptionen (s. 6.2)zur Verfügung, die der Benutzer explizit anwählt undsomit ausdrückt, daß seine Eingabe vorerst beendetist.

Überprüfungen der architektonischen Angabenwerden durch die Komponente der statischen Inter-pretation (s. 7.1) vorgenommen.

Darste llungDie Darstellung der architektonischen Eingaben

am Bildschirm fungiert als Element der Rückkopplungdes Verständnisses zwischen Architekt und Pro-gramm. Sie muß deshalb vollständig, trotzdem aberübersichtlich sein (s. Abb. 6-4). Der Anspruch derVollständigkeit für die Dokumentation soll nicht dazuführen, daß der Bildschirm mit Informationen überla-den wird.

Alle durch den Architekten gemachten Angabenwerden ihrem Detaillierungsgrad entsprechend gra-phisch dokumentiert. Zur Darstellung nicht-geometri-

Anforderungen an den Eingabemodus

• BefehlsaufrufMenügesteuertÜbersichtlich und eingängigReduktion auf wenige BefehleBeliebige Reihenfolge des Aufrufs der Befehle(soweit konstruktiv sinnvoll)

• SpezifikationEinfach und schnell zu handhabenWeitgehend graphischAuswahl in BildmenüsBestätigung von VorgabenVermeidung numerischer AngabenWenige Zwischenfragen

Abb. 6-4

Anforderungen an die Überprüfung

Ziel: Stabilität und Wirtschaftlichkeit

• Vorab-Prüfung: Einschränkung der Eingabe-möglichkeiten- limitierte Auswahl über Menüs- „intelligente“ Cursorsteuerung

• Nach-Prüfung: Überprüfung nach bauprakti-schen, konstruktiven und statischen Aspekten- Hinweis auf Unwirtschaftlichkeit- Fehlermeldung mit Begründung

Abb. 6-5

Anforderungen an die Darste llung

• Vollständige Dokumentation

• Übersichtlichkeit der Darstellung

• Architektengerechte Repräsentation (graphisch-symbolisch)

• Entwurfsgerechte Repräsentation (Reales Er-scheinungsbild des Tragwerks)

Abb. 6-6

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6 Komponenten der Kommunikation in ExTraCAD-ESW

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scher Angaben werden Symbole benutzt, die leichtverständlich sind, bzw. durch eine Legende erklärtwerden. Im Architekturbereich existieren nur wenigeallgemeingültige Symbole für nicht-geometrischeAspekte. Sie müssen also speziell entwickelt werden.

Die symbolische Darstellung dient der Vollständig-keit und Übersichtlichkeit. Auf dieser Grundlage kön-nen aber nicht immer die gestalterischen Aspekte desEntwurfes visuell beurteilt werden. Deshalb sollte op-tional die Möglichkeit bestehen, das reale Erschei-nungsbild des Tragwerks darstellen zu lassen, wobeiauf Vollständigkeit der Darstellung verzichtet werdenkann.

Für eine vollständige und übersichtliche Doku-mentation der architektonischen Eingaben bietet sicheine Einteilung der Darstellung in Zeichnungsbereichund Dokumentationsbereich an (s. Abb. 6-7). ImZeichnungsbereich werden alle graphischen Informa-tionen gezeigt, wobei die nicht-geometrischen symbo-lisch veranschaulicht werden. Im Dokumentationsbe-reich werden die Symbole erklärt und die für das ge-samte Tragwerk geltenden Angaben festgehalten. DieÜbersicht für den Entwerfer wird erleichtert durchfarbliche Differenzierung. Auf Wunsch können einzel-ne Aspekte der Darstellung über entsprechendeSchalterfunktionen ein- und ausgeblendet werden.

Nachdem der Architekt beim Programmstart dieungefähre Breite des zu entwerfenden Tragwerks ein-gegeben hat, wird eine Maßstabsleiste eingeblendet,die eine Abschätzung der Abmessungen erlaubt.

ModifikationAlle getätigten Eingaben müssen jederzeit verän-

derbar sein. Dabei wird unterschieden, in welcherForm Änderungen stattfinden können und wie diesgehandhabt wird (s. Abb. 6-8).

Alle vorhandenen aber nicht direkt von der Ände-rung betroffenen Angaben zu statisch konstruktivenZusammenhängen sollten inhaltlich beibehalten wer-den. Sie werden der neuen Situation angepaßt, so-lange dies konstruktiv sinnvoll ist. Damit wird eine er-neute Angabe derselben Information durch den Be-nutzer vermieden. Die einfache Durchführung vonÄnderungen auf graphischem Wege ist eng gekoppeltan die vollständige und übersichtliche Darstellung derbereits getätigten Eingaben.

Abb. 6-7 Layout des ExTraCAD-ESW Bildschirms

Anforderungen an die Modifikation

• Arten der ModifikationLöschenÄndernPräzisieren (während des Entwurfsfortschritts)Rückgängigmachen

• HandhabungBeliebiger ZeitpunktEinfach und schnellWeitgehend graphischBerücksichtigung der bereits vorhandenen An-gabenUnterstützung wie bei der Neueingabe

Abb. 6-8

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Die folgenden Unterkapitel zeigen Beispiele, wiedie oben beschriebenen Anforderungen an die archi-tektonische Ideenformulierung in ExTraCAD-ESWumgesetzt wurden. Die einzelnen Aspekte des Trag-werkentwurfs gliedern sich in Angaben zu:

• Tragwerkselementen (Bauteile, Anschlüsse, Auflager)

• deren Materialisierung (Material, Profile)

• den Belastungen

Für jeden dieser Tragwerksaspekte wird zunächstdie inhaltliche Problemstellung diskutiert, das heißt dieDiskrepanz zwischen benötigten statischen Informa-tionen und denjenigen Information, die während desArchitekturentwurfs zur Verfügung stehen.

Anhand verschiedener Strategien für die architek-tengerechte Eigabe wird erläutert, wie diese inhaltli-che Diskrepanz überwunden werden kann und in wel-cher Form die Eingabe dann stattfindet.

Die Überprüfung der Eingabe wird nur angespro-chen, wenn bis dahin unerwähnte Aspekte behandeltwerden.

Zu jedem der Tragwerksaspekte wird die Darstel-lung am Bildschirm erklärt und bei Bedarf begründet.Alle Eingaben können selbstverständlich jederzeit er-gänzt, gelöscht und geändert werden. Die Art der Mo-difikation wird nur dann erwähnt, wenn sie besondereMerkmale aufweist.

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6 Komponenten der Kommunikation in ExTraCAD-ESW

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6.1.2 Bauteile

Inhaltliche ProblemstellungEin ebenes Stabtragwerk besteht aus Stäben, die

beliebig in der Ebene angeordnet sind und über Kno-ten miteinander verbunden werden. Für die statischeAnalyse werden die Koordinaten der Knotenpunkteund die Anfangs- und Endknoten jedes Stabes benö-tigt.

Bauteile bestimmen die Geometrie des zu entwer-fenden Tragwerks und sind damit grundlegend für diegestalterische Erscheinung. Die Festlegung von Stä-ben und ihrer geometrischen Lage gehört damit zuden fundamentalen Arbeiten des Architekten und be-darf keiner inhaltlichen Unterstützung.

Strategien für die architektengerechte Eingabe

•••• Strategie: Reduktion auf entwurfsrelevante Pa-rameter, Standardannahmen

Die Gestalt des Tragwerks wird anhand der Sy-stemachsen der Stäbe beschrieben. Die Eingabe ori-entiert sich an den Fähigkeiten des vorhanden CAD-Systems AutoCAD. Die Bauteile, hier insbesondereStäbe, können als fortlaufender Linienzug definiertwerden, wobei die Eckpunkte graphisch am Bild-schirm gezeigt, oder durch Länge und Winkel festge-legt werden. Dabei werden automatisch Knoten zwi-schen den Bauteilen erzeugt, die zum Zweck des An-schlusses für ein weiteres Bauteils graphisch „gefan-gen“ werden können. Wenn ein neuer Stab auf einenvorhanden trifft, wird ein neuer Anschlußpunkt erzeugt(s. Abb. 6-10).

•••• Strategie: Zeichentechnische UnterstützungBei der graphischen Eingabe von Stäben können

alle unterstützenden Funktionen von AutoCAD ange-wandt werden, z.B. die Einstellung eines Fangrastersoder die automatische Teilung von Elementen, Spie-geln und Kopieren.

Zusätzlich wurde eine Verwaltung für Hilfskon-struktionen integriert, die AutoCAD nicht bietet. Hilfs-konstruktionen werden mit beliebigen AutoCAD-Befehlen erzeugt und erleichtern als Hintergrundgra-phik die Eingabe einer präzisen Geometrie. Sie kön-nen temporär ausgeschaltet werden oder vollständiggelöscht werden.

Unter dem Gesichtspunkt, daß der Tragwerkent-wurf in der Regel nicht die erste Auseinandersetzungmit dem Gesamtentwurf ist, ist die Verwendung vor-handener Unterlagen oder Dateien zur Erstellung desTragsystems anzustreben. Möglichkeiten, auf bereits

Abb. 6-9 Eingabe von Stäben

Abb. 6-10 Eingabe und Darstellung der Stäbe

Abb. 6-11 Vorhandene CAD-Zeichnung als Hilfskonstruktion

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bestehende Daten zurückzugreifen, bestehen im Ein-laden einer schon vorher erstellten CAD-Zeichnungals Hilfskonstruktion (s. Abb. 6-11) bzw. durch Zugriffauf eine frühere Entwurfsvariante (s. 6.1.8).

•••• Strategie: Auswahl typischer KonstruktionenInsbesondere zu Beginn eines Entwurfes kann es

sinnvoll sein, von einem Standardtragwerk auszuge-hen, das den vorhandenen Verhältnissen angepaßtund weiterentwickelt wird. Zur Reduzierung des Ein-gabeaufwandes können über ein Bildmenü typischeStabtragwerke (z.B. Fachwerkträger, Rahmen, Dach-stühle) ausgewählt werden. Die Festlegung der indivi-duellen Größen erfolgt über eine Dialogbox.

Darste llungDie Systemachsen der eingegebenen Stäbe wer-

den als Linien dargestellt, wobei die Farbe Rot be-deutet, daß ihnen noch kein Querschnitt zugeordnetist. Die automatisch erzeugten Anschlüsse werdendurch kleine Kreuze verdeutlicht. Dies ist insbesonde-re deshalb wichtig, damit am Bildschirm erkennbar ist,ob bei sich kreuzenden Stäben ein Anschluß vorhan-den ist, oder ob beide Stäbe aneinander vorbeilaufen(s. Abb. 6-13).

Diese eindeutige Darstellung der Geometrie gibtzwar einen ersten Eindruck der gestalterischen Aus-sage des Entwurfs, ist aber nicht immer ausreichendfür eine Beurteilung derselben. Deshalb besteht dieOption, das Tragwerk in seiner realen Ausdehnungdarstellen zu lassen, falls Informationen zu den Profil-größen vorhanden sind. Da die Konstruktion der An-schlußpunkte beim frühen Tragwerkentwurf in derRegel noch nicht präzisiert ist, wird diese Darstellungabstrahiert durch ausgefüllte Kreise für biegesteifeAnschlüsse und Absetzen der Stabgeometrie bei ge-lenkigen Anschlüssen (s. Abb. 6-12).

ModifikationBei der Modifikation der Geometrie werden alle be-

reits getätigten Angaben berücksichtigt. So wurde ei-ne Funktion „Knoten Schieben“ integriert, mit Hilfe de-rer das Tragwerk einfach in eine neue Geometrie ge-zogen werden kann (s. Abb. 6-14). Dabei bleiben alleschon getätigten Eingaben erhalten (z.B. der gelenki-ge Anschluß eines Stabes, die angegebene Strek-kenlast, alle anschließenden Stäbe und ein eventuellvorhandenes Auflager).

Abb. 6-12 Darstellung der Stabbreiten

Abb. 6-13 Darstellung sich kreuzender Stäbe

Abb. 6-14 Knoten schieben

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6 Komponenten der Kommunikation in ExTraCAD-ESW

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6.1.3 Anschlüsse

Inhaltliche ProblemstellungZur Analyse eines Stabtragwerks wird für jeden

Stab eine Aussage über seine Verdrehbarkeit gegen-über den anschließenden Stäbe benötigt. Bauprak-tisch bedeutet dies, daß mitgeteilt werden muß, ob einStab gelenkig oder biegesteif an einen anderen an-schließt. Im allgemeinen kann man davon ausgehen,daß ein Architekt diese beiden Möglichkeiten unter-scheiden kann, wobei allerdings die Schwierigkeit be-steht, daß die konstruktive Ausbildung eines An-schlusses in den seltensten Fällen völlig biegesteifbzw. völlig gelenkig ist und damit eine präzise Aussa-ge manchmal schwerfällt.

Strategien für die architektengerechte Eingabe

•••• Strategie: Reduktion auf statische GrundlagenDas Wissen über die Bedeutung eines gelenkigen

Anschlusses gehört zum Grundwissen des Architek-ten. Die Definition eines Gelenkes in ExTraCAD-ESWerfolgt graphisch durch Anklicken des Stabendes, dasgelenkig angeschlossen werden soll (s. Abb. 6-16).Alternativ können auch bestimmte Stäbe ausgewähltwerden, die dann in Gelenkstäbe umgewandelt wer-den, das heißt, gelenkiger Anschluß an beiden Stab-enden. Gelenkstäbe können auch direkt erzeugt wer-den.

•••• Strategie: Vorläufige AnnahmenVorläufige Annahmen dienen der Minimierung der

notwendigen Eingaben für die Erzeugung eines erstensinnvollen Entwurfes. Sie können zu einem späterenZeitpunkt durch den Architekten verändert werden.

Bei der Eingabe von Stäben werden vorgabemäßigalle Anschlüsse biegesteif erzeugt, da zu viele Gelen-ke die Stabilität gefährden können. Eine Präzisierungder Anschlüsse durch den Entwerfer kann so auchganz entfallen.

•••• Strategie: Auswahl typischer KonstruktionenJede Konstruktion im Architekturentwurf hat stati-

sche Auswirkungen. Die Aufgabe des Architekten istdas Konstruieren, er hat Vorstellungen und Wissenüber die konstruktive Ausbildung seines Tragwerks,die in der Regel großen Einfluß auf die Gestaltungund Funktionalität des Entwurfes hat. Das bedeutetaber nicht immer, daß er auch deren statische Aus-wirkungen überblickt und genau definieren kann.

Insofern ist es eine große Unterstützung, wenn dasbenötigte statische Wissen über die Zusammenhängezwischen Konstruktion und statischer Wirkung in das

Abb. 6-16 Eingabe eines Gelenkes

Abb. 6-15 Menü: Gelenke und Stäbe

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Programm integriert ist. Der Architekt wählt für einenAspekt seines Entwurfes zwischen typischen Konstruk-tionsmöglichkeiten, die bildlich oder zeichnerisch ver-anschaulicht werden. Diese werden dann von ExTra-CAD in ihrer statischen Funktionsweise interpretiert.

Zur Erleichterung der Entscheidung, ob die kon-struktive Ausbildung eines Anschlusses biegesteifoder gelenkig wirkt, wird ein Auswahlmenü zur Verfü-gung gestellt, in dem typische Anschlußdetails bildlichdargestellt werden.

•••• Strategie: Interpretation vorhandener AngabenDie benötigten statischen Angaben werden dar-

aufhin untersucht, ob sie aus bereits getätigten Anga-ben des Architekten gefolgert werden können. MitHilfe dieser Strategie wird der Eingabeaufwand redu-ziert, indem zunächst sinnvolle Annahmen getroffenwerden, die der Entwerfer konkret ändern kann.

Die Ausbildung eines Anschlusses wird in Abhän-gigkeit der für die Stäbe definierten Materialien ange-nommen. So wird z.B. ein Anschluß Holzstab anHolzstab in der Regel gelenkig ausgebildet werden,während Stahlträger eher biegesteif miteinander ver-bunden werden. Zusätzlich kann die schon vorhande-ne Geometrie interpretiert werden. Wenn zwei Stäbeohne Winkeländerung miteinander verbunden sind,kann angenommen werden, daß sie konstruktivdurchgehen und damit biegesteif verbunden sind, essei denn, es handelt sich um einen Gelenkträger.

ÜberprüfungDie Strategie „Interpretation vorhandener Anga-

ben“, hier: Interpretation der Geometrie und der ver-wendeten Materialien (siehe oben), eignet sich auchzur Überprüfung der getätigten Angaben. Beispiels-weise wird bei der Eingabe von zwei biegesteif ver-bundenen Holzträgern ein Hinweis eingeblendet, daßdiese Konstruktion zwar möglich, aber sehr viel auf-wendiger ist, als ein gelenkiger Anschluß.

Darste llungDie Gelenke werden durch kleine Kreise an den

Stabenden mit einigem Abstand zum Anschlußknotensymbolisiert. Dadurch ist gewährleistet, daß auch ein„angelenkter“ Stab, also ein gelenkiger Anschluß anein biegesteif durchgehendes Bauteil, eindeutig dar-gestellt wird (s. Abb. 6-17).

Abb. 6-17 Darstellung gelenkiger und biegesteifer Anschlüsse

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6.1.4 Auflager

Inhaltliche ProblemstellungFür die Analyse eines Stabtragwerks ist es not-

wendig, eine Aussage darüber zu erhalten, an wel-chen Stellen das Tragwerk festgehalten wird, in wel-cher Richtung es gehalten wird und ob es dort ver-drehbar oder eingespannt ist.

Baupraktisch ergeben sich daraus drei relevanteAuflagertypen - verschieblich, fest und einspannend.Doch auch hier ist, wie bei den Anschlüssen (s. 6.1.3)die Entscheidung zwischen einspannendem und ge-lenkigem Auflager dadurch erschwert, daß diese Ex-treme in der Praxis nur selten ausgeführt werden.

Strategien für die architektengerechte Eingabe

•••• Strategie: Reduktion auf statische GrundlagenDas Verständnis des Architekten für die statische

Wirkung der drei verschiedenen Auflagertypen und ih-rer konstruktiven Umsetzung kann als Bestandteil derGrundausbildung vorausgesetzt werden. Die Festle-gung des Ortes für ein Auflager gehört zum Architek-tenentwurf.

Zur Eingabe wählt der Architekt den Auflagertypund lokalisiert graphisch den Ort des Auflagers. Nurbei verschieblichen Auflagern muß er zusätzlich dieRichtung des Auflagers festlegen, da dieses horizon-tal oder vertikal verschieblich sein kann.

Die Auflagertypen werden symbolisch dargestellt,wobei auf die in der Statik und Tragwerklehre üblicheDarstellungsweise zurückgegriffen wird, die auch demArchitekten geläufig ist (s. Abb. 6-18).

•••• Strategie: Auswahl typischer KonstruktionenDer Architekt hat eher Vorstellungen zu der kon-

struktiven Ausbildung eines Detailpunktes, als zu des-sen statischer Wirkung. Zur inhaltlichen Unterstützungder Eingabe werden typische Konstruktionsdetails an-hand eines Bildmenüs zur Auswahl gestellt. Durch diestatische Interpretation dieser Details soll eine denEntwurfsgedanken entsprechende statische Aussagegewährleistet werden (s. auch 6.1.3 Anschlüsse).

Die Entscheidung für einen bestimmten Auflager-typ kann durch Auswahl typischer Auflagerkonstruk-tionen in einem Bildmenü erleichtert werden.

•••• Strategie: Platzhalter für alternative Berech-nungen

Wenn der Architekt eine Angabe machen möchte,diese aber nicht präzisieren kann oder will, weil derEntwurfsprozeß noch nicht weit genug fortgeschritten

Abb. 6-18 Darstellung der Auflager

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ist, besteht die Möglichkeit, daß er einen Platzhaltereinsetzt, damit das Programm (1) die statisch sinn-vollen Alternativen für die Eingabe ermittelt, und (2)direkt einen Vergleich der statischen Auswirkungender verschiedenen Alternativen auf das Tragsystemdarlegt. Zu diesem Zweck werden die benötigten In-formationen automatisch mit verschiedenen Wertenbelegt und alternativ berechnet. Dies ist nur sinnvoll,wenn die Anzahl der alternativen Angaben eingrenz-bar ist.

Diese Option kann für die Definition von Auflagerneingesetzt werden. Der Architekt gibt lediglich die Ortefür Auflager als Platzhalter an (s. Abb. 6-20), und dasProgrammsystem ermittelt die die Stabilität gewährlei-stenden Kombinationen verschiedener Auflagerlager-typen, sowie eine vergleichende Darstellung desTragverhaltens (s. Abb. 6-19).

Abb. 6-19 Verschiedene Auflagertypen für Rahmen und derenMomentenflächen nach alternativer Berechnung

Abb. 6-20 Platzhalter für Auflager

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6.1.5 Material

Inhaltliche ProblemstellungFür die statische Analyse sind die Materialkenn-

werte für die einzelnen Stäbe von Bedeutung. Diesesind abhängig von Material und dessen Güte in ent-sprechenden Normen festgelegt.

Die Bestimmung des Materials für einzelne Bau-teile beeinflußt die Gestaltung des Entwurfs sehr starkund ist deshalb integraler Bestandteil des Gesam-tentwurfes. Sie bietet in der Regel keine inhaltlichenProbleme. Überlegungen zur Güteklasse eines Mate-rials sind in frühen Entwurfsphasen in der Regel nochnicht vorhanden.

Strategien für die architektengerechte Eingabe

•••• Strategie: Bautechnisch eingeschränkte Aus-wahl

Eine inhaltliche Unterstützung bietet die Beschrän-kung der Eingabemöglichkeiten nach bautechnischenAspekten. Auf diese Weise werden zum einen bau-praktisch nicht ausführbare Angaben vermieden, zumanderen hat der Architekt dadurch auch einen Über-blick über die Möglichkeiten seiner Eingabe.

Da die im Baubereich verwendeten Materialien be-schränkt sind, erfolgt die Angabe über Auswahl in ei-nem entsprechenden Bildmenü. Die Angabe, welchenStäben dieses Material zugeordnet werden soll, er-folgt graphisch (s. Abb. 6-21).

•••• Strategie: Vorläufige AnnahmenWenn keine explizite Angabe des Architekten er-

folgt, wird dem gewählten Material eine übliche Güte-klasse zugeordnet (z.B. für Stahl St 37).

ÜberprüfungDurch Interpretation der vorhandenen Geometrie

kann überprüft werden, ob die gewählten Materialienkonstruktiv sinnvoll eingesetzt sind. Der Abgleich zwi-schen Materialwahl und Stablänge kann z.B. zu demErgebnis führen, daß ein Nadelholzträger zu lang ist.In solchen Fällen wird dem Architekten ein entspre-chender Hinweis gegeben.

Darste llungDas gewählte Material und die Güteklasse werden

zusammen mit den Angaben zum Profil in einemQuerschnittstypsymbol dargestellt, das in Abschnitt6.1.6 in Zusammenhang mit den Profilen erläutertwird.

Abb. 6-21 Auswahl des Materials

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6.1.6 Profile

Inhaltliche ProblemstellungFür die statische Analyse werden die Quer-

schnittskennwerte jedes Stabes benötigt. Diese sindabhängig von der Form (Profiltyp) und der Größe desQuerschnittes (Profilgröße), die als architektenge-rechte Parameter angesehen werden können.

Die Wahl des Profiltyps gehört zu den gestalteri-schen Entscheidungen des Architekten, obwohl esnatürlich für bestimmte Tragwirkungen jeweils besseroder schlechter geeignete Profiltypen gibt. (z.B.Rechteckprofile für Biegeträger, Quadratprofile fürlängskraftbeanspruchte Bauteile).

Auch die Profilgröße beeinflußt den Entwurf stark,jedoch ist diese in extremem Maße von der Ausbildungdes Gesamttragsystems abhängig. In Hinblick auf eineleichte und ökonomische Konstruktion wird der Entwer-fer versuchen, die Profilgröße so klein wie möglich zuhalten.

Strategien für die architektengerechte Eingabe

•••• Strategie: Eingeschränkte AuswahlBaupraktisch ist die Wahl der Profiltypen abhängig

vom Material (z.B. für Holz Rechteck- und Rundquer-schnitte; für Stahl genormte Walzprofile). Die mögli-chen Profilgrößen wiederum sind abhängig vom ge-wählten Profiltyp (insbesondere bei den genormtenWalzprofilen). Deshalb wird die Auswahl des Architektenerleichtert durch Bildmenüs, die diesen Abhängigkeitengerecht werden. Im Anschluß an die Definition desProfils wählt der Architekt die betroffenen Stäbe gra-phisch aus.

•••• Strategie: Reduzierung auf architektengerechteParameter

Zur Reduzierung der Geometrieeingabe wird einProfiltyp „Fachwerkträger“ eingeführt, der einzelnenStäben zugeordnet werden kann, ohne das gesamteFachwerk zeichnen zu müssen. In einem Bildmenükönnen verschiedene, auch räumliche Fachwerkquer-schnitte ausgewählt werden, deren statische Höhe nu-merisch spezifiziert wird. Die Wahl der verwendetenQuerschnitte erfolgt wie bei einfachen Querschnitten.

•••• Strategie: Analyseoptionen zur Ermittlung derbenötigten Angaben

Wenn einzelne Angaben zum Tragwerk fehlen oderunvollständig sind, wird untersucht, ob diese nichtdurch entsprechende Analyseoptionen ermittelt werdenkönnen. So kann die Berechnung von Schnittgrößen

Abb. 6-22 Auswahl der Profiltypen bei Stahl

Abb. 6-23 Auswahl der Profilgrößen bei Stahl

Abb. 6-24 Auswahl der Profiltypen bei Holz

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eines statisch bestimmten Tragwerks auch ohne An-gabe von Material und Querschnitten durchgeführtwerden.

Die Analyseoption der automatischen Dimensionie-rung (s. 6.2.7) untersucht das gesamte Tragwerk. Siebasiert lediglich auf der Eingabe des Materials für je-den Stab und optional auf der Angabe des Profiltyps.Die geeigneten Profiltypen und die statisch notwendi-gen Profilgrößen für das Tragwerk werden dann au-tomatisch ermittelt. Anschließend kann der Architektdie Profilgrößen an seine gestalterischen Vorstellun-gen anpassen.

ÜberprüfungStahl-Walzprofile werden nur in genormten Größen

hergestellt. Nur diese Normgrößen werden als Aus-wahlmenü zur Verfügung gestellt, dadurch entfällt dieÜberprüfung. Bei Holz sind theoretisch beliebigeQuerschnittsgrößen möglich, weshalb die Eingabenumerisch erfolgt. Hinweise werden gegeben, wennProfilgrößen eingegeben werden, die herstellungs-technisch zu klein oder zu groß sind.

Darste llungEs kann davon ausgegangen werden, daß ein

Tragwerk nur aus einer eingeschränkten Anzahl un-terschiedlich ausgebildeter Bauteile besteht. Außer-dem hängen Profilangaben und Materialwahl wieoben beschrieben eng zusammen. Aus diesem Grundwerden diese Angaben zu einem Querschnittstyp zu-sammengefaßt. Der Querschnittstyp wird farbig imDokumentationsbereich dargestellt, wobei die getrof-fenen Angaben in bauüblicher Weise angezeigt wer-den. Die zugeordneten Stäbe erhalten die gleicheFarbe wie der jeweilige Querschnittstyp und könnendadurch leicht visuell identifiziert werden. Dies ge-währleistet die Übersichtlichkeit der Darstellung beivollständiger Dokumentation.

ModifikationBei der Änderung von Querschnitten werden die

bereits vorhandenen Eingaben berücksichtigt. Einer-seits kann einem Stab einfach ein anderer Quer-schnittstyp zugeordnet werden, indem mit der Mausauf einen Stab mit dem gewünschten Querschnittstypgezeigt wird. Anderseits kann die Größe eines Profilsleicht geändert werden, indem der betreffende Wert amBildschirm angeklickt wird. Die Optionen für die Ein-gabe der neuen Profilgröße nehmen Bezug auf das be-reits definierte Material und den vorhandenen Profiltyp.

Abb. 6-25 Darstellung der Querschnittstypen im Dokumentati-onsbereich

Abb. 6-26 Unterscheidung der Querschnittstypen im Zeich-nungsbereich durch farbliche Zuordnung (hier: grau / schwarz)

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6.1.7 Lasten

Inhaltliche ProblemstellungFür eine statischen Berechnung werden Angaben

zu den einwirkenden Lasten benötigt. Dabei sind derAngriffsort (Stab oder Knoten), die Verteilung (Strek-ken- oder Punktlast), die Richtung der Last und natür-lich die Lastgröße von Bedeutung.

Entwurfsrelevant sind Angaben zu den Lasten inder Regel nicht. Sie sind aber für die Beurteilung desTragsystems in den meisten Fällen notwendig. Eineinhaltliche Unterstützung der Eingabe ist hier in be-sonderem Maße notwendig. Dies betrifft insbesonderedie Lastgrößen. Die unterschiedlichen Strategie derLasteingabe, vor allem für Dachaufbauten, ermögli-chen zudem eine Präzisierung der Angaben währenddes Entwurfsfortschritts.

Strategien für die architektengerechte Eingabe

•••• Strategie: Reduzierung auf statische GrundlagenDer Architekt wählt zwischen Punkt- und Strek-

kenlasten aus und legt somit die Verteilung der Lastfest. Die Richtung der Punktlast wird graphisch amgewählten Ort gezeigt.

Die Richtung von Streckenlasten wird über be-kannte Begriffe wie Schnee-, Wind- und Gleichlastbestimmt. Diese geben jeweils eine eindeutige La-strichtung vor, lediglich bei Wind muß der Entwerferzwischen Druck und Sog unterscheiden. Dies ge-schieht wie bei der Angabe des betroffenen Bauteilsgraphisch.

Die Eingabe der Lastgröße erfolgt numerisch undmuß vorher vom Architekten ermittelt werden. DasLasteinzugsfeld (Achsabstand) muß nur einmal fürdas gesamte Tragwerk eingegeben werden, währenddie Flächenlast jeweils für die betroffenen Bauteilegefordert wird.

•••• Strategie: Dachaufbauten - Auswahl typischerKonstruktionen

Durch Auswahl typischer Dachkonstruktionen wirddie Bestimmung der Flächenlast von Dächern undDecken unterstützt. Die Entscheidung über die Art derDachkonstruktion gehört zu den Planungsaufgabendes Architekten. Die Ermittlung des genauen Ge-wichtes jedoch ist in der Regel zu aufwendig und ver-früht während des Tragwerkentwurfs. Für eine unge-fähre Annahme fehlt dem Architekten meistens dieErfahrung. In ExTraCAD kann er typische Aufbautenfür Dächer im Bildmenü auswählen, deren Gewichte

Abb. 6-27 Menü: Lasteingabe

Abb. 6-28 Auswahl typischer Dachkonstruktionen

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überschläglich durch die statische Interpretation er-mittelt werden. Je nach Entwurfsstand kann zwischender groben Aufteilung, „schweres oder leichtes Dach“und gängigen Dachaufbauten gewählt werden.

Das Mitteilen dieser Lastabschätzung am Bild-schirm fördert zudem das Erfahrungswissen des Ent-werfers, so daß er mit der Zeit eine eigene Vorstellungvon bestimmten Lastannahmen bekommt.

•••• Strategie: Dachaufbauten - Reduktion auf ent-wurfsrelevante Parameter

Falls bei einem fortgeschrittenen Stand des Ent-wurfes schon genauere Vorstellungen zur Ausbildungdes Dachaufbaus vorhanden sind, können diese indetaillierter Form angegeben werden. Zur Reduzie-rung der Eingabe werden lediglich Angaben zu denfür das Gewicht relevanten Schichten des Dachauf-baus gefordert. Die Lastermittlung wird von der stati-schen Interpretation übernommen (s. 7.1.7).

•••• Strategie: Schnee - Reduktion auf architekten-gerechte Parameter

Die anzunehmende Flächenlast für Schnee ist vonder Scheelastzone, in der das Tragwerk gebaut wer-den soll, und Höhe über NN des Ortes abhängig. Da-mit diese Angaben ohne Zuhilfenahme weiterer Do-kumente gemacht werden können, wird eine Land-karte mit den entsprechenden Schneelastzonen ein-geblendet. Der Architekt kann die entsprechende Zo-ne wählen, indem er den Ort auf der Karte antippt.

•••• Strategie: Schnee - Interpretation der Geome-trie, Standardannahmen

Durch Interpretation der Geometrie und der Stan-dardannahmen können Angaben zu Schneelastenvöllig entfallen.

In der Regel kann davon ausgegangen werden,daß Schnee auf die obersten Bauteile des Tragwerkseinwirkt. Diese können durch Interpretation der Geo-metrie automatisch ermittelt werden. Die anzuneh-mende Flächenlast für Schnee kann mit einem Stan-dardwert belegt werden, der auf die meisten Orte inDeutschland zutrifft.

•••• Strategie: Wind - Interpretation der Geometrie,Vorläufige Annahmen

Durch Interpretation der Geometrie und vorläufigenAnnahmen können Angaben zu Windlasten völligentfallen.

In der Regel kann davon ausgegangen werden,daß das zu planende Gebäude geschlossen ist und

Abb. 6-29 Wahl der Schneelastzone

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Wind auf die außenliegenden Bauteile des Tragwerkseinwirkt. Die äußeren Stäbe können durch Interpreta-tion der Geometrie automatisch ermittelt werden. Da-durch wird auch für jeden Stab festgestellt, ob Sogoder Druck ausgesetzt ist und welchen Anteil an derGesamtlast er erhält (Druckbeiwert, s. 7.1.7).

Auch die Größe der anzunehmenden Windlastkann durch Interpretation der Geometrie ermittelt wer-den, da diese von der Höhe des Tragwerks abhängt.

Darste llungDie Eingaben zu Belastungen werden symbolisch

in der Zeichnung dargestellt. Jeder belastete Stabwird mit einem Lastsymbol versehen, das den Bela-stungstyp in geläufiger Form verdeutlicht, das heißt,die Richtung der Lasteinwirkung graphisch wiedergibt.Dieses Symbol ist zusätzlich mit dem Wert derLastgröße versehen (Strecken- oder Punktlast).

Falls das Lasteinzugsfeld für das gesamte Trag-werk angegeben wurde, ist dieses im Dokumentati-onsbereich dargestellt. Die verwendeten Flächenla-sten werden dann verschiedenfarbig in Form einerLegende ebenfalls im Dokumentationsbereich einge-blendet. Die entsprechenden Lastsymbole erhaltendann die gleiche Farbe, so daß die visuelle Zuord-nung wie bei den Querschnittstypen (s. 6.1.6) leichtmöglich ist.

ModifikationAlle am Bildschirm angezeigten Lastgrößen kön-

nen durch Anklicken in der Zeichnung direkt verändertwerden. Dabei werden die gleichen Hilfen angebotenwie bei der Neudefinition einer Last (z.B. Auswahl ty-pischer Dachkonstruktionen). Alle anderen Informa-tionen zur entsprechenden Last bleiben unverändert(z.B. bleibt das Lasteinzugsfeld bei Verändern derFlächenlast gleich).

Abb. 6-30 Darstellung der Belastungen

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6.1.8 Archivierung von Entwurfsvarianten

Während des Entwurfsprozesses entstehen vieleVarianten zu einem Planungsobjekt. Oft handelt essich um Weiterentwicklungen einer Planungsidee, dasheißt, dasselbe Tragwerk wird verfeinert oder denmodifizierten Rahmenbedingungen des Gesamtent-wurfs angepaßt. Manchmal greift der Architekt dabeiauf eine ältere Entwurfsvariante zurück, da diese sichim Nachhinein als die bessere herausstellt oder alsGrundlage für andere Weiterentwicklungen dienenkann. Es kann aber auch sein, daß grundsätzlich un-terschiedliche Tragwerksalternativen miteinander ver-glichen werden sollen, oder daß die Untersuchungenergeben, daß die angestrebte Lösung nicht sinnvollist, und deshalb eine ganz neue gefunden werdenmuß.

Aufgrund dieser Überlegungen ist es hilfreich, denEntwurfsprozeß zu dokumentieren, indem die ver-schiedenen Entwurfsstadien gespeichert und bei Be-darf wiederhergestellt werden können. Dies erforderteine Archivierung der Entwurfsvarianten, die eine pro-blemlose Handhabung sicherstellt.

• Speicherung einfach und schnell zu handhabenDie Speicherung einer Variante muß unkompliziertsein. Dies bedeutet insbesondere, daß der Architektden Zeitpunkt beliebig wählen kann und keine Na-men für die einzelnen Varianten vergeben muß. Ermuß auch nicht auswählen, was gespeichert werdensoll. Ein Knopfdruck, mit dem anzeigt wird, daß dasaktuelle Stadium des Entwurfes dokumentiert wer-den soll, sollte genügen. Es ist zu untersuchen, obdie Speicherung auch automatisch erfolgen kann.

• Inhalt der SpeicherungEs sollten sämtliche zum Zeitpunkt der Speicherungvorhandenen architektonischen Angaben abgelegtwerden. Auf ihrer Grundlage muß eine erneute sta-tische Verarbeitung stattfinden können. Und der Ar-chitekt muß sie für weitere Modifikationen nutzenkönnen.

• Zugriff durch den ArchitektenDer Zugriff auf eine andere Entwurfsvariante solltejederzeit möglich sein. Die Auswahl erfolgt am be-sten bildlich, da dies die schnellstmögliche Identifi-zierung der gewünschten Variante erlaubt. Alle ge-tätigten Angaben zu der entsprechenden Variantesollten daraufhin zur Verfügung stehen. Der Zugriffmuß sowohl zum Zwecke des Alternativenvergleichsmöglich sein als auch als Grundlage für eine Wei-

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terentwicklung des Entwurfs. Das heißt, alle Optio-nen der Modifikation müssen auf die Variante an-wendbar sein.

• DokumentationEine Unterscheidung der verschiedenen Variantensollte am Bildschirm dokumentiert sein.

In ExTraCAD-ESW wurde die Archivierung derEntwurfsvarianten wie folgt integriert:

SpeicherungZunächst erfolgte die Speicherung von Entwurfsva-

rianten in ExTraCAD-ESW automatisch. Diese Strate-gie ging davon aus, daß jedes System, das berechnetwird, eine potentielle Entwurfsvariante darstellt. Esstellte sich aber heraus, daß damit eine Fülle von Va-rianten archiviert wurde, die teilweise keineswegssinnvolle Inhalte hatten. Die Benutzer hatten zudemSchwierigkeiten, aus der Menge die gewünschte Vari-ante wiederauszuwählen. Das explizite Speicherndurch den Entwerfer wiederum hat den Nachteil, daßes oft vergessen wird, während Anfragen auf eventu-elles Speichern teilweise als sehr lästig empfundenwerden und deshalb wieder aus dem Programm ent-fernt wurden. Anfragen wären nur dann akzeptabel,wenn das Programm durch entsprechende statischeAnalysen die Anzahl der potentiell sinnvollen Varian-ten einschränken könnte.

Die aktuelle Version von ExTraCAD-ESW überläßtdie Entscheidung zur Speicherung dem Architekten.Er wählt den Zeitpunkt der Speicherung durch An-wählen der entsprechenden Funktion. Bei der Spei-cherung werden die Alternativen automatisch durch-numeriert. Diese Nummer wird im Dokumentationsbe-reich zusammen mit dem Zeichnungsnamen festge-halten.

Es werden sämtliche architektonischen Angaben,sowohl die des Zeichnungs- als auch die des Doku-mentationsbereichs gespeichert und zusammen mitder Zeichnung abgelegt, das heißt, die Varianten ste-hen jederzeit zur Verfügung, auch dann, wenn eineneue Zeichnungssitzung begonnen wird.

Zugriff zwecks Weiterentwicklung des EntwurfsDer Wiederaufruf einer gespeicherten Entwurfsva-

riante erfolgt ebenfalls durch Aktivieren der entspre-chenden Option. Der Benutzer hat zwei Möglichkeitenfür die visuelle Auswahl der gewünschten Variante.Einerseits können mehrere Varianten gleichzeitig amBildschirm dargestellt werden, so daß ein guter Über-blick besteht. Falls sich die Varianten nur wenig un-

Abb. 6-31 Menü: Variante speichern

Abb. 6-32 Auswahlmenü: Varianten laden und löschen

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6 Komponenten der Kommunikation in ExTraCAD-ESW

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terscheiden und deshalb in der Verkleinerung nurschwer zu identifizieren sind, kann alternativ jede Va-riante bildschirmfüllend angesehen werden. Die Vari-anten erscheinen dann in umgekehrter Reihenfolge,da die Wahrscheinlichkeit eines Zugriffes auf einekürzlich erzeugte Variante größer ist. Durch Mausklickkann zur nächsten oder vorherigen Variante gewech-selt oder direkt eine bestimmte Nummer angewähltwerden. Zur Reduzierung der Auswahl kann der Ar-chitekt auch bestimmte Varianten löschen, wenn erder Meinung ist, daß diese nicht mehr relevant sind.

Nach Auswahl einer Entwurfsvariante wird die ak-tuelle Zeichnung automatisch als neue Variante ge-speichert und die gewählte eingeladen. Sie kann so-fort erneut analysiert werden oder durch Modifikatio-nen weiterentwickelt werden.

Zugriff zu VergleichszweckenEinige Analyseoptionen (s. 7.1.2) bieten die Mög-

lichkeit, ihre Ergebnisse mit denen einer anderen Va-riante zu vergleichen. Dazu stehen die bereits gespei-cherten Varianten als Bildmenü zur Verfügung. In die-sem Fall wird nicht eine vorherige Variante eingela-den, sondern es werden lediglich deren Analyseer-gebnisse zum Vergleich dargestellt.

Abb. 6-33 Auswahl der bereits gespeicherten Varianten

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6.2 Architektengerechte Analyseoptionenund Analyseergebnisse

6.2.1 Anforderungen

Architektengerechte AnalyseoptionenWährend der Problemstrukturierung im Entwurfs-

prozeß kristallisieren sich Kriterien heraus, nach de-nen das Tragwerk untersucht werden soll. Die Ak-zeptanz der Benutzung eines Programms zur Unter-stützung des Entwurfs hängt wesentlich davon ab, obdie wesentlichen Fragestellungen beim Entwurf vonTragwerken beantwortet werden können (s. Abb. 6-34).

Diese Probleme können untersucht werden, nach-dem der Architekt seine Entwurfsidee formuliert hat.ExTraCAD stellt eine Reihe unterschiedlicher Optio-nen der Tragwerksanalyse zur Verfügung, die vomArchitekten ausgewählt werden können. Diese wer-den in den folgenden Unterkapiteln näher beschrie-ben. Sie berücksichtigen typischen Probleme undFragestellungen beim Tragwerkentwurf. DieseAspekte werden jeweils unter der Überschrift "Nutzenfür den Entwurf" erörtert.

Durch Rückkopplung mit der Komponente Stati-sche Methoden (s. 7.2) wird zunächst geprüft, ob dervorliegende Entwurfsstand genügend Informationenenthält, damit die gewünschte Analyse durchgeführt,bzw. ob eine alternative Methode angewandt werdenkann. Falls dies nicht der Fall ist, wird der Entwerferaufgefordert, seinen Entwurf zu vervollständigen. Die-se Anzeigen sind sehr konkret (z.B. „keine Auflagereingegeben“, oder „keine Querschnitte zugeordnet“oder „keine Lasten eingegeben“). Grundsätzlich be-nötigen die verschiedenen Analyseoptionen unter-schiedlich detaillierte Informationen. Diese Vorausset-zungen sind in Kapitel 7.2 jeweils aufgeführt.

Architektengerechte Analyseerge bnisseEine durchgeführte Tragwerksanalyse (s. Kapitel

7.2) wird in einer ebenfalls zunächst einseitigenKommunikation von dem Programm zum Entwerferdurch Darstellung am Bildschirm mitgeteilt. Sie bildetdie Grundlage für die Beurteilung der Entwurfsideedurch den Architekten. Sie dient als Anregung für dieEntwicklung neuer Entwurfsideen durch Experimentie-ren und sollte deshalb leicht verständlich und über-sichtlich sein (s. Abb. 6-35) .

Typische Problemstellungen beim Tragwerk-entwurf

• Bestätigung des Tragvermögens (Brauchbar-keit und Haltbarkeit)

• Verstehen der Funktionsweise des Tragwerks(z.B. Verformung)

• Konsequenzen für Materialwahl, Dimensionie-rung, Konstruktion etc.

• Überprüfung der Wirtschaftlichkeit

• Anstöße für weiterführende oder alternativeIdeen

Abb. 6-34

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ExTraCAD erzeugt die Darstellung der Analyseer-gebnisse zunächst automatisch ohne zusätzliche An-fragen. Sie enthalten jeweils die wichtigen architek-tengerecht aufbereiteten Analyseergebnisse, die ausunserer Erfahrung für den Entwurf hilfreich sind. AufWunsch kann diese Darstellung interaktiv modifiziertwerden, zum Vergleich mit den Ergebnissen andererEntwurfsvarianten überlagert werden oder detaillierte-re Information abgerufen werden. Diese Aspekte wer-den in den folgenden Unterkapiteln jeweils unter denÜberschriften "Darstellung der Ergebnisse" und "Be-nutzeroptionen für die Darstellung" erörtert.

Architektengerechte Aufbereitung der stati-schen Analyseerge bnisse

• DarstellungLeicht verständlichÜbersichtlichReduzierung der InformationenWeitgehend graphisch (Vermeidung numeri-

scher Ergebnisdarstellung)Verwendung symbolischer und farbiger Kenn-

zeichnungIdentifizierbarkeit auch bei Schwarz/Weiß-

Darstellung (Plotten)Detaillierte Ergebnisse nur auf AnfrageOptionen für die Darstellung nur auf Anfrage

(Minimierung des Eingabeaufwandes)

• Möglichkeit des Vergleichs mit anderen Ent-wurfsvarianten

• Integration einer Fehlerdiagnose

• Integration einer Prüfung der Wirtschaftlichkeit

• Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten

Abb. 6-35

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6.2.2 Schnittgrößen: Biegung, Längskraft

Nutzen für den EntwurfDie Verdeutlichung des Schnittgrößenverlaufs ist

eine grundlegende Voraussetzung für das Verständ-nis des Kraftflusses in einem Tragwerk und die darausresultierende Beanspruchung einzelner Tragglieder.Für den Architekten werden insbesondere der Mo-mentenverlauf und der Längskraftverlauf von Bedeu-tung sein (s. Abb. 6-37 und Abb. 6-38).

Die wirtschaftlichste Methode, Lasten abzutragen,erfolgt über Längskraft. Dabei müssen druckbean-spruchte Stäbe wegen der Knickgefahr stärker dimen-sioniert werden als zugbeanspruchte. Eine eindrucks-volle graphische Gegenüberstellung dieser Zusam-menhänge findet sich in [Führer,Ingendaaij,Stein 95].

Der Architekt kann die Gegenüberstellung von Mo-menten- und Längskraftverlauf nutzen, um die Wirt-schaftlichkeit seines Tragwerks zu beurteilen. Es werdendiejenigen Stellen deutlich, an denen große Biegemo-mente auftreten, so daß der Entwerfer nach geeignetenMaßnahmen suchen kann, diese zu vermeiden oder ver-ringern. (z.B. Auflösung eines biegebeanspruchten Tra-gelementes in Zug- und Druckstäbe, Annäherung desTragsystems an die Stützlinie (s. 6.2.6), besserer Aus-gleich zwischen positiven und negativen Momentendurch Verschiebung eines Gelenkes oder Konzentrationder Biegemomente an bestimmten Stellen des Trag-werks durch steifere Tragelemente etc.). Die Abwei-chung der Momentenlinie von den Stabachsen gibt di-rekten Aufschluß darüber, wie stark das Tragwerk di-mensioniert werden muß und wie hoch der Aufwand fürdie Konstruktive Ausbildung der Anschlüsse ist. Dieserist in Bereichen hoher Momentenbeanspruchung we-sentlich größer.

Die Momentenlinie kann auch direkt dazu genutztwerden, das Tragsystem einer über- bzw. unter-spannten Konstruktion zu entwerfen. Die Momentenli-nie des Grundsystems (z.B. Rahmen, Abb. 6-36), ineinem gewünschten Maßstab dargestellt, gibt die Formder Über- bzw. Unterspannung (z.B. als Seil) an. DieVerbindungen zu den Knotenpunkten des Tragwerks er-geben die notwendigen Spreizen (s. Abb. 6-38).

Die Darstellung von zug- und druckbeanspruchtenTraggliedern beim Längskraftverlauf, bzw. die zusam-menfassende Darstellung von überwiegend zug-/druck-oder biegebeanspruchten Stäben kann in weiteren Ent-wurfsschritten zur konstruktiven Ausbildung des Trag-werks beitragen. Z.B. können die rein zugbean-spruchten Stäbe als Seile oder dünne Zugstangen

Abb. 6-36 Beispiel Momentenverlauf

Abb. 6-37 Beispiel Längskraftverlauf

Abb. 6-38 Formfindung einer Über- bzw. Unterspannung

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ausgebildet werden, oder das Profil kann der über-wiegenden Beanspruchung angepaßt werden (recht-eckig für Biegung, rund für Längskraft, Abb. 6-43).

Durch den Vergleich der Schnittgrößen mit vorheri-gen Entwurfsvarianten kann der Architekt die Effekti-vität einer Entwurfsänderung überprüfen (s. Abb. 6-41).

Darste llung der ErgebnisseDie Methode "Ermittlung der Schnittgrößen" (s. 7.2.2)

liefert für jeden Stab die Größen der Längskraft, Mo-mente und Querkräfte an den Stabenden und, beibelasteten Stäben, die entsprechenden Werte in denZehntelspunkten.

Diese alphanumerischen Ergebnisse werden ent-sprechend der Konventionen in der Statik graphisch indas Gesamtsystem des Tagwerks überführt. Dabei giltdie Stabachse als Nullinie. Durch ein Symbol "--" wirddie Seite der "gestrichelten Faser" verdeutlicht, an derbei positiven Momenten bzw. Längskräften Zug herrscht.

Der Maßstab für die Darstellung wird automatischgewählt - zu Beginn einer Zeichnungssitzung "ange-paßt", das heißt in einem günstigen Verhältnis vonMaximalwert der gewünschten Schnittgröße zu Trag-werksgröße. Alle weiteren Darstellungen von Schnitt-größen verwenden jeweils den vorherigen Maßstab. Aufdiese Weise wird bei einer ausgeplotteten Dokumentati-on die Vergleichbarkeit gewährleistet.

Der Ort, an dem die größte jeweilige Schnittgrößeauftritt, wird rot markiert und der entsprechende Ma-ximalwert zusammen mit dem Schnittgrößennamenund dem Maßstabsverhältnis im Dokumentationsfeldder Zeichnung notiert.

Benutzeroptionen für die Darstellung

• Maßstab ändern:Der aktuelle Maßstab kann jederzeit geändert wer-den, entweder in "angepaßt" oder einen beliebigenanderen Wert (s. Abb. 6-40).

• Vergleich:Zur Beurteilung des Entwurfsfortschrittes wird dieMöglichkeit angeboten, die aktuellen Schnittgrößen mitdenen aus anderen gespeicherten Entwurfsvarian-ten (s. 6.1.8) zu vergleichen. Dazu wird vom Benutzerdie Vergleichsvariante aus einem graphischen Menüausgewählt und die Schnittgrößenverläufe im gleichenMaßstab überlagert dargestellt (s. Abb. 6-41).

• Zug/Druck darstellen:Zur schnelleren Erfassung der qualitativen Längskraft-beanspruchung läßt sich diese symbolisch bunt dar-stellen. Blaue Ringe in der Mitte des Stabes bedeuten

Abb. 6-39 Qualitative Darstellung der Längskraft

Abb. 6-40 Maßstab ändern

Abb. 6-41 Vergleich mit früherer Entwurfsvariante

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Zug, rote Kreise bedeuten Druck, weiße Kreuze be-deuten keine Längskraftbeanspruchung. Diese Optionfunktioniert als Schalter für alle folgenden Darstellun-gen und läßt sich mit der graphischen Darstellungüberlagern (s. Abb. 6-39).

• Schnittgrößen einzeln:Falls das Tragwerk so komplex ist, daß die gesamteSchnittgrößendarstellung unübersichtlich wird, kanndiese für ausgewählte Stäbe separat erzeugt wer-den (s. Abb. 6-42).

• Längskraft und Biegung darstellen:Längskraftbeanspruchte Tragwerke sind wesentlichökonomischer als biegebeanspruchte Tragwerke.Die qualitative, symbolische Darstellung der Haupt-beanspruchung verhilft zu einer besseren Einschät-zung der Art der Lastabtragung (Rote Kreise: über-wiegend Druck, blaue Ringe: überwiegend Zug, gel-be Rechtecke: überwiegend Biegung, s. Abb. 6-43).Diese Ergebnisse werden von der Methode "Quali-tative Hauptbeanspruchung" (s. 7.2.5) geliefert.

• Abfrage numerisch:Für den Entwerfenden sind bei der Entwicklung desTragwerks nicht die Größen, sondern die Verteilung unddie Verhältnisse der Schnittgrößen von Bedeutung. AufAnfrage können für einen angewählten Stab dieSchnittgrößen numerisch abgerufen werden (s. Abb. 6-44).

• Objekte in Hilfskonstruktion:Nach der Auswahl eines geeigneten Maßstabes läßtsich die graphische Darstellung einer Momentenliniein eine Hilfskonstruktion umwandeln und kann damitals Vorlage für die Form z.B. einer unter- bzw. über-spannten Konstruktion dienen.

• Plotten:Zur übersichtlichen Dokumentation der Entwurfside-en auf dem Papier steht die Option zur Verfügung,Momente, Längskraft und Verformung untereinan-der auf einer Seite auszudrucken (s. 6.2.4).

• Theorie 2. OrdnungBei einer Berechnung der Schnittgrößen nach Theorie2. Ordnung wird das durch die Belastung verformteSystem erneut belastet (s. 7.2.3). Dies simuliert dasreale Tragverhalten besser.

Abb. 6-42 Darstellung der Schnittgrößen für einzelne Stäbe

Abb. 6-43 Qualitative Darstellung der Hauptbeanspruchung

Abb. 6-44 Abfrage des numerischen Werts für die Schnittgrö-ßen eines Stabes

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6.2.3 Auflagerkräfte

Nutzen für den EntwurfDie graphische Darstellung der Auflagerreaktionen

trägt zum besseren Verständnis des Kraftflusses beiund unterstützt Überlegungen zu einer alternativenAuflagerwahl. Es lassen sich erste Einschätzungenüber die konstruktive Ausbildung der Fundamenteableiten. In Überlagerung mit der Stützlinie (s. 6.2.6)bestätigen sie die tangential an die Stützlinie an-schließende Richtung der Auflagerkräfte.

Darste llung der ErgebnisseDie Methode "Ermittlung der Schnittgrößen" (s.

7.2.2) liefert für jedes Auflager den horizontalen undvertikalen Anteil der Auflagerreaktion sowie die Größeder Biegemomente. Diese Komponenten werden ineiner maßstäblichen Resultierenden N dargestellt, die,falls Momente M vorhanden sind, mit dem entspre-chenden Hebelarm e neben dem Auflager vorbeiführt.(M/N = e, vgl. [Krauss,Führer,Willems 97] Längskraftund Biegung). Je größer der Abstand ist, desto größerist der konstruktive Aufwand für die Einspannung.

Benutzeroptionen für die Darstellung

• Wirkungslinien:Zur Verdeutlichung der Richtung der Auflagerkräftekönnen die Wirkungslinien dargestellt werden.

• Zwei Pfeile:Die Komponenten der Auflagerreaktion können ge-trennt als Horizontalanteil, Vertikalanteil und Bie-gungsanteil dargestellt werden. Der Maßstab desSymbols für den Momentenanteil ist direkt propor-tional zur Ausmittigkeit e der Resultierenden, so daßdie Größe der Einspannung sofort ersichtlich wird.

Abb. 6-45 Auflagerreaktionen als Resultierende

Abb. 6-46 Auflagerreaktionen in Einzelkomponenten

Abb. 6-47 Auflagerreaktionen mit Wirkungslinien

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6.2.4 Verformung

Nutzen für den EntwurfDie Darstellung der Verformung ist nach unseren

Erfahrungen die wirkungsvollste Methode, dem Ent-werfer das Tragverhalten zu verdeutlichen und ihngleichzeitig zu Alternativvorschlägen anzuregen. Trag-werksverformungen kennen wir aus der täglichen Er-fahrung, aus diesem Grunde sind sie intuitiv erfaßbar,instinktiv sucht man nach Unterstützungsmög-lichkeiten, wenn die Verformungen zu groß sind.

Die Verformungen können auch benutzt werden,um die Dimensionierung der Tragglieder zu überprü-fen. Zu diesem Zwecke müssen sie mit der zulässigenVerformung verglichen werden.

Darste llung der ErgebnisseDie Methode "Verformungen" (s. 7.2.2) liefert die

Verschiebung horizontal und vertikal der Zehntel-spunkte jedes Stabes. Die sich daraus ergebendenVerformungslinie wird in der Regel immer überhöhtdargestellt. Die Maßstabswahl erfolgt wie bei derSchnittgrößendarstellung (s. 6.2.2). Die Verformungs-linie eines Seils wird immer gerade zwischen denEndpunkten dargestellt (s. 7.2.4). Vorhandenes undverformtes Tragsystem werden überlagert.

Benutzeroptionen für die Darstellung

• Maßstab ändern: (wie 6.2)

• Vergleich: (wie 6.2)

• Schnittgrößen Plotten:Die Ergebnisse der Tragwerksentwicklung sollen inder Regel auf Papier dokumentiert werden. Eskonnte festgestellt werden, daß eine aussagekräfti-ge und komprimierte Dokumentation der Varianteninklusive der Analyseergebnisse „auf Knopfdruck“große Bedeutung für die Benutzerfreundlichkeit hat.Momente, Längskraft und Verformung werden un-tereinander auf einer Seite ausgedruckt, wobei derDokumentationsbereich des Bildschirms ebenfallsberücksichtigt wird.

Abb. 6-48 Verformung eines Tragwerks

Abb. 6-49 Vergleich der Verformungen mit einer früheren Ent-wurfsvariante

Abb. 6-50 Papierausdruck mehrerer Schnittgrößen

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6.2.5 Vorhandene Spannungen

Nutzen für den EntwurfDiese Option verdeutlicht auf einen Blick die Aus-

nutzung der gewählten Querschnitte. Einerseits kannsofort gesehen werden, wenn ein Bauteil unterbe-messen ist. Andererseits dient diese Analyseoptionder manuellen Vordimensionierung durch schrittwei-ses Annähern an die optimalen Dimensionen einesTragsystems. Dieser Schritt sollte erst durchgeführtwerden, wenn keine größeren Änderungen mehr vor-genommen werden sollen.

Darste llung der ErgebnisseDie Methode "Spannungen ermitteln" (s. 7.2.6)

liefert die Summe der vorhandenen Spannungen fürjeden Stab sowie die zulässige Spannung. Das Ver-hältnis dieser Spannungen zueinander wird symbo-lisch bunt dargestellt und durch eine Legende erklärt:

• rote Scheiben = zulässige Spannung überschritten,also unterdimensioniert

• grüne Ringe = mind. 2/3 der zulässigen Spannungausgenutzt, also gut dimensioniert

• blaue Kreise = weniger als 2/3 der zulässigenSpannung ausgenutzt, also überdimensioniert

Diese Methode integriert zur Zeit noch keinenKnicknachweis. Aus diesem Grunde werden diedruckbeanspruchten Stäbe zusätzlich mit einem rotenKreuz versehen, so daß der Benutzer weiß, daß andiesen Stellen der Spannungsnachweis nicht voll-ständig ist.

Benutzeroptionen für die Darstellung

• Spannungen numerisch:Temporär können für einen angewählten Stab dievorhanden Spannungen aus Längskraft und Bie-gung sowie deren Summe und die zulässige Span-nung numerisch in einem Anzeigefeld abgerufenwerden.

• Ausnutzung:Der Grad der Ausnutzung eines Querschnitts(vorhandene Spannung / zulässige Spannung * 100)kann zu Dokumentationszwecken für einzelne Stäbenumerisch prozentual in die Zeichnung eingeblendetwerden.

Abb. 6-51 Darstellung der vorhandenen Spannungen

Abb. 6-52 Abfrage des numerischen Werts für die vorhandeneSpannung eines Stabes

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6.2.6 Stützlinie

Nutzen für den EntwurfDie Stützlinie ist die Umkehrung der Seillinie (Form

des Seiles), die sich bei einer gegebenen Belastungeinstellen würde. Wie im Seil nur Zug herrscht, so istein Tragwerk in Form der Stützlinie nur druckbelastet.Abweichungen der Tragwerksform von der Stützliniebedeuten Biegebeanspruchung.

Die Stützlinientheorie, beschrieben in [Führer,-Ingendaaij,Stein 95], dient eigentlich dem Verständnisund der Vorbemessung von Rahmen ohne detaillierteBerechnung (z.B. wenn kein Computerprogramm zurVerfügung steht). Die Tatsache jedoch, daß sich amAbstand zwischen Stützlinie und Tragsystem auf ei-nen Blick die Biegebeanspruchung des Tragwerks er-kennen läßt und daß eine Annäherung des Tragwerksan die Stützlinie die Biegebeanspruchung verringert,kann hier eingesetzt werden, um zum Verständnis desTragsystems beizutragen und Anregungen für neueIdeen zu entwickeln.

Diese Funktion kann zur Zeit nur auf Rahmen mitzwei Auflagern und vertikaler Belastung angewendetwerden.

Darste llung der ErgebnisseDie Stützlinie wird zusammen mit den Resultieren-

den der Auflagerkräfte (s. 6.2.3) in Überlagerung mitdem Tragsystem gezeichnet. Dies verdeutlicht den di-rekten Zusammenhang zwischen Stützlinie und Rich-tung der Auflagerkräfte.

Benutzeroptionen für die Darstellung

• Momente:Zur Verdeutlichung der Zusammenhänge zwischenBiegemomenten und Stützlinie können diese über-lagert werden. (Dort wo keine Momente vorhandensind, schneidet die Stützlinie das Tragwerk)

Abb. 6-53 Stützlinie für einen Zweigelenkrahmen

Abb. 6-54 Überlagerung von Stützlinie und Momentenlinie

Abb. 6-55 Momentenausgleich durch Einfügen eines Gelenkes

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6.2.7 Automatische Dimensionierung

Nutzen für den EntwurfDas Interesse des Architekten an den zu erwar-

tenden Dimensionen eines Tragwerks liegt auf derHand. Sie werden auch in frühen Entwurfsphasen fürdie Architektenzeichnung benötigt. Neben der Geo-metrie des Tragwerks sind sie entscheidender An-haltspunkt für die Beurteilung des Entwurfs in gestal-terischer Hinsicht. Die automatische Dimensionierungbietet eine Alternative zur experimentellen Annähe-rung an die Vorbemessung anhand der vorhandenenSpannungen (s. 6.2.5).

Die Methode der automatischen Dimensionierungberücksichtigt lediglich die statischen Aspekte desTragwerks. Konstruktive Gesichtspunkte, wie z.B. diedurchgängig gleiche Ausführung des Obergurtes ei-nes Fachwerkträgers trotz unterschiedlicher Bean-spruchung, muß der Architekt selbst in weiteren Ent-wurfsschritten berücksichtigen.

In Hinblick auf eine bessere Steuerung der Analy-seergebnisse durch den Architekten sollte es möglichsein, vor Durchführung der Analyse Gruppen gleicherProfile zu definieren, bzw. bestimmte Querschnitts-merkmale festzulegen (z.B. die Breite eines Trägers).

Darste llung der ErgebnisseDie Methode "automatische Dimensionierung" (s.

7.2.7) ermittelt für jeden Stab mit gegebenem Materialdas geeignete Profil und die notwendigen Quer-schnittsabmessungen. Aus diesen Informationen wer-den automatisch Querschnittstypen (s. 6.1.6) gebildetund den Stäben farblich zugeordnet .

Benutzeroptionen für die Darstellung

• Zuweisung fortsetzen:Falls die automatische Zuweisung von Querschnitts-typen unterbrochen wurde, kann sie mit dieser Opti-on fortgesetzt werden.

• Querschnittstyp-Zuordnung ändern, Querschnittstyplöschen (s. 6.1.6)

• Stabhöhen darstellen (siehe 6.1.1)

Abb. 6-56 Automatische Dimensionierung eines Fachwerkträ-gers

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6.2.8 Darstellung der Scheiben

Nutzen für den EntwurfKomplexe Tragwerke sind für den Architekten in ih-

rer Tragwirkung oft nicht überschaubar. Der unüber-sichtliche Schnittgrößenverlauf bei Systemen mit vie-len Stäben ist keine Hilfe. Daher ist es wünschens-wert, eine Analysemöglichkeit zur Verfügung zu ha-ben, die das Tragwerk temporär auf einfache, be-kannte Systeme zurückführt. Dies kann entscheidendzum Verständnis des Entwurfes beitragen.

Das flächige Ausfüllen der steifen Scheiben desTragsystems (i.d.R. Dreiecke) läßt die hauptsächli-chen Tragelemente „massiv“ erscheinen. Dadurch re-duziert sich visuell die Zahl der tatsächlichen Trag-glieder und ist somit leichter verständlich (z.B. wirderkannt, daß ein „komplizierter“ Fachwerkträger ei-gentlich ein Träger mit Kragarm ist). Dort, wo Schei-ben große Abmessungen haben, ist das Tragwerksteifer, als an Stellen, wo geringe Abmessungen vor-herrschen. Die Schwachstellen des Tragwerks wer-den somit deutlich. Der Entwerfer kann sie behebenoder bewußt einsetzen um einen bestimmten Kraft-verlauf zu erzwingen (wie z.B. bei der bewußten Posi-tionierung des Mittelgelenks in einem Dreigelenkrah-men).

Darste llung der ErgebnisseDie Methode „Lokalisierung von Scheiben“ (s.

7.2.8) liefert die Dreiecksscheiben des Tragsystems.Zur besseren Nachvollziehbarkeit wird die progressiveDarstellung einzelner Scheiben als Dreiecke gewählt,die am Ende alle zusammenhängenden Scheibeneinfarbig ausgefüllt, also quasi-massiv erscheinenläßt. Die progressive Darstellung beinhaltet folgendeSchritte:1. Verbreiterte Darstellung aller Stäbe, wobei biege-

steif anschließende Stäbe bis zu ihrem Endpunktdurchgezogen werden und gelenkig anschließendeStäbe vor dem Endpunkt abgesetzt und mit einemKreis versehen werden.

2. Lokalisierung aller Dreiecksscheiben, die sich ausden vorhanden Stäben und Anschlüssen ergeben.Diese Dreiecke werden zunächst schraffiert darge-stellt, damit sie voneinander zu unterscheiden sind.

3. Flächiges, einfarbiges Ausfüllen der in 2. lokali-sierten Scheiben.

4. Wiederholung von 2. und 3., bis keine weiterenScheiben mehr gefunden werden.

Abb. 6-57 Progressive Darstellung der Scheiben

Abb. 6-58 Beispiele für Darstellung der Scheiben

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Zusätzliche Anforderungen

• Bei der Ermittlung der Scheiben wird nicht berück-sichtigt, daß Seile nur bei bestimmten Lastfällen,wenn sie durch Zug beansprucht werden, zur Stei-figkeit einer Scheibe beitragen. Aus diesem Grundesollten alle Scheiben, die ohne Wirkung des zuge-hörigen Seiles nicht ausgesteift sind, besondersmarkiert werden.Für die "massive" Darstellung des Tragsystems istes noch anschaulicher, wenn für einen bestimmtenLastfall die ausfallenden Seile bzw. Scheiben garnicht oder gestrichelt durchhängend dargestellt wer-den. Damit wird verdeutlicht, wie bei einem über-spannten Rahmen, der durch Wind belastet wird,die windzugewandte Seite der Verspannung ausfälltund das System wie ein einhüftiger Rahmen wirkt.

• Eine weitere Abstraktion zur Reduktion des Tragsy-stems bei ähnlicher Tragwirkung ist das Ersetzender Scheiben durch Stäbe zwischen den Hauptge-lenken. Auf diese Weise könnten die Analysemög-lichkeiten von ExTraCAD auch auf das temporärvereinfachte System angewandt werden (s. 7.2.11,Ermittlung der Hauptscheiben und Hauptgelenke).

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6.2.9 Stabilität

Nutzen für den EntwurfDie Frage nach der Stabilität eines Tragwerks ist

natürlich essentiell. Keine der Analyseoptionen mitAusnahme von "Scheiben darstellen" (s. 6.2.8) kannauf ein instabiles System angewandt werden. Vor derWeiterentwicklung der Entwurfsidee muß zunächst fürStabilität gesorgt werden.

In der Regel gibt es mehrere Möglichkeiten, diesesProblem zu lösen. Eine Veranschaulichung der Grün-de für die Instabilität bzw. der Auswirkungen auf dasTragverhalten stellt dabei eine große Hilfe dar.

Diese Analyseoption wird automatisch ausgelöst,sobald sich ein Tragwerk als nicht stabil erweist. Siehilft dem Entwerfer, Fehler der Stabilität selbst zu dia-gnostizieren und diese entwurfsbezogen zu korrigie-ren.

ProblematikDie in der Statik angewandten Berechnungsverfah-

ren für ebene Stabwerke erlauben keine konkreteFehlerdiagnose. Das hier benutzte Weggrößenverfah-ren zum Ermitteln der Schnittgrößen (s. 7.2.2) liefertdie Verschiebungen und Verdrehungen jedes Knotensund bricht ab, wenn diese zu groß sind. Dabei mußder Grund der Instabilität keineswegs an der Stelle zugroßer Verformungen liegen. Eine konkrete Fehlerbe-gründung ist mit dieser Methode nur in den seltenstenFällen möglich.

Der Vorteil eines allgemeingültigen Berechnungs-verfahrens für beliebige Stabwerke kehrt sich hier inden Nachteil einer schlecht durchführbaren Fehlerdia-gnose. Dies steht im Gegensatz zu der eigens entwik-kelten Methode „Untersuchung der Deckenspann-richtung“ in ExTraCAD-Massivbau (s. Kapitel 8). Die-se ist nur eingeschränkt einsetzbar, liefert aber einegenaue Begründung und Lokalisierung der gefunde-nen Fehler, da dort das Tragsystem methodisch ana-lysiert wird.

Es ist also notwendig, spezielle Methoden zu ent-wickeln, die die Probleme der Stabilität analysierenoder aber dem Entwerfer dabei helfen. Dabei kristalli-sieren sich zwei prinzipielle Ansätze heraus, die ana-lytische Fehlerdiagnose und die Visualisierung desTragverhaltens.

Analytische FehlerdiagnoseDie Methode „Fehlerdiagnose“ (s. 7.2.10) analy-

siert das instabile Tragwerk und gibt eine detaillierteBegründung sowie - wenn möglich - die „Lokalisie-

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rung“ des Fehlers zurück. „Lokalisierung“ bedeutet dieStelle, an der der Fehler aufgetreten ist. Oft ist diesenicht eindeutig möglich, da z.B. ein System instabilsein kann, weil es zu wenige Auflager besitzt oderaber weil es zu viele Gelenke hat. In diesem Fallmüssen die alternativen Fehlerquellen aufgezeigtwerden.

Zusätzlich wird auf geeignete Maßnahmen hinge-wiesen, mit Hilfe derer die Instabilität behoben werdenkann.Strukturell kann zwischen folgenden Gründen der In-stabilität unterschieden werden:

• fehlende Tragfähigkeit einzelner Bauteile

• unzureichende Lagerung

• falsche Anordnung der Elemente des Tragsystems

• formale Eingabefehler

Eine detaillierte Beschreibung möglicher Fehler-quellen für Instabilität und Maßnahmen für deren Be-seitigung findet sich in Kapitel 7.2.10. Diese Fehler-diagnose ermöglicht die Analyse und Erläuterung ei-ner großen Anzahl instabiler Systeme. Eine Imple-mentierung konnte leider im Rahmen dieser Arbeitnicht mehr stattfinden.

Visualisierung des TragverhaltensDer Ansatz das reale Tragverhalten zu simulieren

geht davon aus, daß der Architekt selbst eine Fehler-diagnose durchführt und Verbesserungsvorschlägeentwickelt, wenn das Tragverhalten in geeigneterWeise demonstriert wird. Dazu wurden folgende Ideenangestellt:

• Darstellung der zu großen Verformungen:Die Methode "Ermitteln der Schnittgrößen" (s. 7.2.2)liefert bei Instabilität trotzdem Knotenverschiebun-gen und Knotenverdrehungen mit zum Teil sehrgroßen Werten. Die Knoten mit den größten Ver-formungen werden mit roten Kreisen markiert. Ent-sprechende Pfeile zeigen an, in welcher Richtungdie übergroße Verschiebung oder Verdrehung statt-findet.Der oben ausgeführte Ansatz kann schneller erfaß-bar mitgeteilt werden, indem die übergroßen verti-kalen und horizontalen Verschiebungen graphischdargestellt werden. Dabei wird ein Verkleinerungs-maßstab gewählt, der die größte Verschiebung aufdie Breite des Tragwerks reduziert. Die so positio-nierten Knoten werden geradlinig verbunden. Zu

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große Verdrehungen werden auf diese Weise nichtberücksichtigt.

• Darstellung der Scheiben: (s. 6.2.8)Die Reduzierung des Tragwerks auf die Haupttra-gelemente kann auch dazu beitragen, Instabilitätbesser zu erkennen, so z.B. die Identifizierung einesViergelenkrahmens durch "massive" Darstellung.

• Animation des Einsturzes:Dieser Ansatz baut darauf auf, daß der Entwerfermit Hilfe seiner praktischen Erfahrung aus dem All-tag die Gründe für Instabilität selbst analysierenkann, wenn das Verhalten den Tragwerks realitäts-nah simuliert wird. Ein Ansatz zur Realisierung die-ser anschaulichen Demonstration dürfte in den Me-thoden der Inversen Kinematik zu finden sein. Diesewird in der EDV bereits angewandt zur Ausführungvon komplexen Bewegungsabläufen (z.B. Bewe-gung der mehrfach-gelenkig gekoppelten Stabele-mente einer Schreibtischlampe).

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7 Komponenten der statischenVerarbeitung in ExTraCAD-ESW

Die Komponenten der statischen Verarbeitung be-inhalten das statisch-konstruktive Wissen, das für denArchitekten nur indirekt in Form der architektenge-rechten Benutzeroberfläche Erscheinung tritt.

Die Statische Interpretation übernimmt die Erstel-lung des statischen Modells aufgrund der architekto-nischen Ideenformulierung soweit dies ohne die Zu-sammenhänge des Gesamttragsystems möglich ist.

Die Statischen Analysemethoden untersuchen dasTragwerk als Ganzes und liefern Ergebnisse, die diestatischen Eigenschaften des Tragwerks darlegenoder der Präzisierung des statischen Modells dienen.

Abb. 7-1 Modell für ExTraCAD

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7.1 Statische Interpretation

7.1.1 Anforderungen

Die Komponente der statischen Interpretationübernimmt die Vermittlung zwischen der Komponenteder architektonischen Ideenformulierung und derKomponente der statischen Analysemethoden. Sieerstellt das statische Modell, auf das die Analyseme-thoden angewendet werden können, liefert das stati-sche Wissen für die Unterstützung der Eingabe undüberprüft diese nach baukonstruktiven Aspekten. Da-zu müssen die architektonischen Angaben in die be-nötigten statischen Informationen übersetzt werden.

Die Aufgaben der statischen Interpretation werdenim folgenden präzisiert:

Ermittlungen für das statische ModellEine genaue Ermittlung statischer Informationen ist

immer dann möglich, wenn ausreichende architekto-nische Angaben vorhanden sind und entsprechendeBerechnungsmethoden oder Normen der Statik zurVerfügung stehen (z.B. Ermittlung des Trägheitsmo-ments aus Höhe und Breite eines Vollquerschnittsoder aus der Typenbezeichnung und Größe eines ge-normten Walzprofils).

Falls eine genaue Ermittlung aufgrund fehlenderoder ungenauer Angaben nicht möglich ist, werdendie notwendigen statischen Angaben überschläglichermittelt (z.B. Ermittlung der Flächenlasten aufgrundvon typischen Dachaufbauten).

Falls notwendige Angaben fehlen, können Stan-dardannahmen getroffen werden, die den Regelfalleiner konstruktiven Ausbildung beschreiben (z.B. dieAnnahme daß bei fehlender Angabe der Güteklasseeines Materials die meistverwendete, also z.B. NH IIoder St 37, benutzt wird).

Falls eindeutige Annahmen nicht möglich sind,können mehrere gleichberechtigte Annahmen getrof-fen werden, die dann alternativ analysiert werden unddem Benutzer einen Vergleich der Analyseergebnisseerlauben, bis er eine Entscheidung treffen kann (z. B.bei fehlender Angabe der Auflagerbedingungen eineListe der möglichen Auflagerkonstruktionen).

Bereitstellung von Vorgaben für die Komponenteder architektonischen Ideenformulierung (s. 6.1)

Diese dienen der Minimierung der notwendigenEingaben für die Erzeugung eines ersten sinnvollenEntwurfes, (z.B. biegesteife Anschlüsse bei der Defi-

Aufgaben der Statischen Interpretation

Ermittlungen für das statische Modell• Genaue Ermittlung

• Überschlägliche Ermittlung

• Standardannahmen

• Alternativenbildung

Bereitste llung von Vorgaben für die Kompo-nente der architektonischen Ideenformulierung

• Vorläufig angenommene Randbedingungen

• Hilfe bei verschiedenen Auswahlmöglichkeiten

• Typische Konstruktionsmöglichkeiten

Überprüfung der architektonischen Angaben

• Vorab-Prüfung: Einschränkung von Auswahl-möglichkeiten

• Nach-Prüfung: Fehlerhinweise

Abb. 7-2

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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nition der Geometrie). Sie können zu einem späterenZeitpunkt durch den Architekten verändert werden.

Sinnvolle Vorgaben können als Benutzeroption beieinem Dialog vorgeschlagen werden, damit die Ein-gabe erleichtert wird. Sie werden abgeleitet aus demstatisch-konstruktiven Zusammenhang oder aus demWissen vorheriger Angaben durch den Architekten.

Zur Erleichterung und Reduzierung der Benut-zereingabe werden typische Konstruktionsmöglich-keiten über Bildmenü zur Verfügung gestellt (z.B. typi-sche Dachaufbauten, typische Auflagerkonstruktio-nen). Diese werden gemäß ihrer statischen Funkti-onsweise interpretiert.

Überprüfung der architektonischen Angaben (s. 6.1)Die Programmoberfläche sollte so ausgestattet

sein, daß statisch, konstruktiv oder baupraktisch nichtausführbare Angaben erst gar nicht möglich sind. Dieswird beispielsweise erreicht durch die eingeschränkteAuswahl bei einer Eingabe über Menü (z.B. Auswahleines genormten Walzprofils bei Stahl). Graphischkann eine nicht akzeptierte Plazierung des Cursorsdurch Veränderung von dessen Farbe angezeigt wer-den (z. B. wenn bei der Präzisierung eines Anschlus-ses der Cursor nicht auf einem Bauteil plaziert wird.

Falls die Eingabemöglichkeiten theoretisch unbe-grenzt sind, erfolgt eine Überprüfung nach bauprakti-schen, konstruktiven und statischen Aspekten im An-schluß an die Eingabe. In diesem Fall erfolgt eineFehlerdiagnose mit detaillierter Begründung und ge-gebenenfalls Vorschlägen zur Fehlerbehebung. Mel-dungen zu unwirtschaftlichen Konstruktionen werdenangezeigt, können aber ohne Änderung übernommenwerden (z. B. wenn die wirtschaftliche Länge für Na-delholz überschritten ist).

Zur Durchführung der statischen Interpretation wirdein umfangreiches Expertenwissen benötigt. Diesessetzt sich unter anderem aus folgenden Bereichenzusammen:

• statisches Wissen

• baupraktisches Wissen

• konstruktives Wissen

• DIN-Normen

• etc.

• Normtabellen

• Faustformeln

• Geometrieverarbeitung

• Erfahrungswerte

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In den folgenden Unterkapiteln wird die Ermittlungder benötigten statischen Modelle im einzelnen erör-tert. (Zur Begriffsdefinition s. [Führer,Ingendaaij,Stein95, S.32]).

• Ermittlung des TragsystemsGeometrie der Bauteile (7.1.2)Anschlüsse (7.1.3)Festhaltungen (7.1.4)

• Ermittlung des TragwerksTragsystemMaterialkennwerte (7.1.5)Querschnittskennwerte (7.1.6)

• Ermittlung des KraftsystemsFesthaltungen (7.1.4)Lasten (7.1.7)

Graphiken geben jeweils eine Übersicht über diebenötigten statischen Angaben, die vorhandenen ar-chitektonischen Angaben und die Funktionsweise derstatischen Interpretation.

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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7.1.2 Bauteile und Geometrie

EingabeunterstützungExTraCAD nimmt automatisch eine Verbindung

zwischen zwei Stäben an, wenn sie einen gemeinsa-men geometrischen Endpunkt besitzen. Da aus kon-struktiven Gründen Anschlußpunkte nicht beliebig nahbeieinanderliegen können, werden diese zu einemKnoten zusammengefaßt. Wenn ein Stab in der Näheeines vorhandenen Stabes endet, wird ebenfalls an-genommen, daß die beiden eine Verbindung besitzen.Die Definition von Nah wird zur Zeit auf 10 cm fest-gelegt, eine Abhängigkeit von den gewählten Profil-größen ist anzustreben.

Überprüfung der EingabeDie Gesamtform eines Stabtragwerks ist aus stati-

schen Gesichtspunkten nicht eingeschränkt. Baukon-struktive Einschränkungen kommen dann zum Tra-gen, wenn der Winkel zwischen zwei Stäben sehr ge-ring ist, so daß ein konstruktiver Anschluß in der Re-gel nicht möglich ist.

Ermittlungen für das statische ModellDie Bauteilbezeichnung erlaubt Aussagen zur po-

tentiellen Belastung durch äußere Kräfte (Be-lastungen) und innere Kräfte (Schnittgrößen), die beiBedarf (Eingabe der Belastungen, statische Analyse)überprüft werden können.

Aufgrund der Geometrie des Tragwerks könnendie vorhandenen Stäbe, deren Anfangs- und End-punkte, und damit ihre Ausdehnung (die Länge) undihre Lage im Raum (Ort und Winkel) ermittelt werden.Außerdem sind die Verbindungsstellen (Knotenpunk-te) bekannt, sowie die Information, welche Stäbe mitwelchem Winkel an einem Knotenpunkt anschließen.Diese Informationen dienen der Bestimmung des sta-tischen Systems.

Konstruktiv durchgehende Bauteile sind durch an-schließende Bauteile, eingesetzte Knotenpunkte oderaufgrund der Eingabe oft in mehrere biegesteif ver-bundene Stäbe unterteilt. Zur Ermittlung von realenBauteillängen oder für die Funktion Knoten löschenbeispielsweise wird aber das gesamte Bauteil benö-tigt. Es kann die Annahme getroffen werden, daß zweiStäbe dann nicht konstruktiv getrennt sind, wenn sieeinen gemeinsamen Knotenpunkt besitzen, den glei-chen Winkel beschreiben und keiner der Stäbe gelen-kig angeschlossen ist.

Abb. 7-3 Geometrie der Bauteile (Stäbe und Knoten)

Interpretation der Tragelemente

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationen

Bauteilbezeichnung:

(1) Stab

(2) Seil

(3) Knoten

a) potentielle Ausdehnung

b) potentielle Belastung durchäußere Kräfte

c) potentielle Beanspruchungdurch innere Kräfte

Statische Interpretation

(1) Stab (2) Seil (3) Knoten

a) linienförmig linienförmig punktförmig

b) linienförmigeBelastung

keine Belastung punktförmigeBelastung

c) Biegung undLängskraft

nur Zug Längskraft undBiegung

Abb. 7-4

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Ermittlung der außenliegenden BauteileDurch die Ermittlung der außenliegenden Bauteile

kann die Benutzereingabe reduziert werden, so z.B.bei der automatisierten Lastannahme: In den meistenFällen kann man davon ausgehen, daß das Tragwerkin einem Gebäude innen liegt. Es kann also die An-nahme getroffen werden, daß nichtständige Lastenwie Schnee und Wind auf die äußeren Stäbe desTragsystems einwirken (s. 7.1.7.). Wenn also die au-ßenliegenden Bauteile bekannt sind, müssen die be-lasteten Stäbe nicht durch den Architekten angegebenwerden.

Gegeben sind sämtliche Stäbe des Tragwerks,sowie die Koordinaten ihrer Anfangs- und Endpunkte(Knoten).

Zunächst wird der Grenzpunkt des Tragwerks un-ten links gesucht. Dies ist der Knoten, der bei mini-maler x-Koordinate den kleinsten y-Wert besitzt. Dannwerden alle in diesem Konten anschließenden Stäbeermittelt. Der Stab, der den größten Winkel besitzt(Definition 0° waagerecht nach rechts, Winkel gegenden Uhrzeigersinn), ist das erste außenliegendeBauteil.

Das nächste Außenbauteil wird gefunden, indemvon allen am Endpunkt des ersten Stabes anschlie-ßenden Stäben, derjenige mit dem größten Winkelbezüglich des ersten Stabes ausgewählt wird.

Diese Strategie wird fortgesetzt, bis der Grenz-punkt unten rechts erreicht wird. Dieser wird analogzum Grenzpunkt unten links ermittelt (siehe oben).

Abb. 7-5 außenliegende Bauteile Beispiel Fachwerkstütze

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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7.1.3 Anschlüsse

EingabeunterstützungDa ExTraCAD-ESW ebene Stabwerke behandelt,

beschränkt sich die Spezifikation der Anschlüsse aufdie Entscheidung zwischen biegesteif und gelenkig.

Alle eingegebenen Stäbe werden zunächst mit bie-gesteifen Anschlüssen versehen, da zu viele Gelenkezu einem instabilen Tragsystem führen können. DerArchitekt entscheidet, welche Anschlüsse trotzdemgelenkig sein sollen. Diese Entscheidung wird er-leichtert durch Angabe der Bauteilbezeichnung. Wird einSeil, Gelenkstab oder Fachwerkstab gewählt, werdenautomatisch Stäbe mit beidseitig gelenkigem Anschlußerzeugt.

Die Definition einzelner Gelenke wird bei Bedarfdurch ein Auswahlmenü unterstützt, in dem typischeKonstruktionsdetails für Anschlüsse aufgezeigt wer-den. Die Anzahl der Auswahlmöglichkeiten kann ein-geschränkt werden, indem (1) die Geometrie des An-schlusses und (2) das verwendete Material der an-schließenden Bauteile berücksichtigt wird.

Überprüfung der EingabeVom Benutzer explizit eingegebene Gelenke kön-

nen in der Regel nicht überprüft werden, da die Zahlder möglichen konstruktiven Ausbildungen sehr großist. Allerdings kann ein biegesteifer Anschluß in Holzbei verschiedenen Winkeln der Bauteile zueinandermit dem Hinweis versehen werden, daß eine spezielleKonstruktion (Keilzinkung, Dübelkranz) notwendigwird. Die Berechtigung eines Gelenkes unter Berück-sichtigung der Stabilität kann nur für das gesamteTragsystem geprüft werden (s. Statische Verarbeitung7.2).

Ermittlungen für das statische ModellFür jeden Anschluß eines Stabes an einen Knoten

wird die Verschieblichkeit und Verdrehbarkeit in derEbene benötigt. Alle Knoten sind verschieblich, wennsie nicht durch ein Auflager festgehalten werden. DieVerdrehbarkeit drückt sich dadurch aus, ob ein An-schluß gelenkig ist oder nicht.

Gelenkige Anschlüsse werden daran erkannt, daßein Gelenksysmbol am Stabende vorhanden ist, alleanderen Anschlüsse sind biegesteif. Die Interpretationausgewählter Anschlußdetails ist von vorne herein andie Vorgabe bei der Benutzerauswahl gekoppelt. Aufdiese Weise lassen sich die Stäbe des Tragsystemsnäher spezifizieren - beidseitig gelenkig, beidseitigbiegesteif, einseitig gelenkig angeschlossen.

Abb. 7-6 Darstellung der Anschlüsse in ExTraCAD

Abb. 7-12 Biegesteife Anschlüsse in Holz

Interpretation der Anschlüsse

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationen

Gelenksymbole:(graphisch an den Sta-benden)

alternativ:Symbol für ein typischesAuflagerdetail

1 Freiheitsgrad(Verdrehbarkeit)für jeden Anschluß eines Sta-bes

Statische Interpretation

a) Gelenksymbol vorhanden:Anschluß verdrehbar (gelenkig)

b) Gelenksymbol nicht vorhanden:Anschluß nicht verdrehbar (biegesteif)

Anschlußart entsprechend der Vorgabe des Details

Abb. 7-7

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7.1.4 Festhaltungen

EingabeunterstützungDa ExTraCAD-ESW ebene Stabwerke behandelt

und lediglich konstruktiv ausführbare Auflager bei derEingabe berücksichtigt werden, beschränkt sich dieSpezifikation der Auflager auf drei Möglichkeiten: ein-spannend, fest oder verschieblich. Deren Wirkungs-weise sind dem Architekten bekannt und es existierendafür Symbole, die als bekannt vorausgesetzt werdenkönnen. Lediglich bei verschieblichen Auflagern mußder Architekt zusätzlich zum Ort die Richtung der Ver-schieblichkeit graphisch angeben.

Die Definition von Festhaltungen wird bei Bedarfdurch ein Auswahlmenü unterstützt, in dem typischeKonstruktionsdetails für Auflagersituationen aufge-zeigt werden. Die Anzahl der Auswahlmöglichkeitenkann eingeschränkt werden, indem (1) die Geometriedes Anschlusses berücksichtigt wird und (2) das ver-wendete Material der anschließenden Bauteile be-rücksichtigt wird.

Falls dem Architekten die Spezifikation eines odermehrerer Auflager noch nicht möglich ist, kann er zu-nächst lediglich den Ort für das Auflager als Platzhal-ter angeben. In diesem Fall werden zunächst die sta-tisch sinnvollen Kombinationsmöglichkeiten verschie-dener Auflagertypen ermittelt, diese alternativ berech-net, und die Ergebnisse im Vergleich darstellt.

Ermittlungen für das statische ModellDie Orte der Festhaltungen ergeben sich aus der

geometrischen Lage der Auflagersymbole. Für jedeFesthaltung wird die Verschieblichkeit in x- und y-Richtung, sowie die Verdrehbarkeit benötigt. Die In-terpretation der Auflagertypen „verschieblich“, „fest“und „einspannend“ ist in Abb. 7-9 erläutert.

Die Interpretation ausgewählter Auflagerdetails istvon vorne herein an die Vorgabe gekoppelt und be-schränkt sich ebenfalls auf die oben genannten Alter-nativen.

Abb. 7-8 Darstellung der Auflager in ExTraCAD-ESW

Interpretation der Auflager

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationen

Auflagersymbole:

a) horizontal verschieb-lich

b) vertikal verschieblich

c) fest

d) einspannend

alternativ:Symbol für ein typischesAuflagerdetail

3 Freiheitsgrade

phi : Verdrehbarkeitvx : Verschieblichkeit in x- Richtungvy : Verschieblichkeit in y- Richtung

für jede Festhaltung

Statische Interpretation

a) phi / vx / vy = ja / ja / nein

b) phi / vx / vy = ja / nein / ja

c) phi / vx / vy = ja / nein / nein

d) phi / vx / vy = nein / nein / nein

Interpretation entsprechend der Vorgabe des Details

Abb. 7-9

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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7.1.5 Materialkennwerte

EingabeunterstützungNicht die Eingabe der Materialkennwerte werden

vom Benutzer verlangt, sondern die Bezeichnung desMaterials selbst. Die spezifizierende Angabe von Gü-tebezeichnungen der einzelnen Materialien ist optio-nal.

Ermittlungen für das statische ModellFür jeden Stab wird der Elastizitätsmodul und die

zulässigen Spannungen benötigt. Diese sind in Ab-hängigkeit vom Material in den entsprechenden DIN-Normen tabelliert (z.B. DIN 1052 Holzbauwerke, DIN18800 Stahlbau etc.). Die zulässigen Spannungenhängen zusätzlich von der Güte des verwendetenMaterials ab. Falls diese nicht angegeben wurde, wirdein Standardwert verwendet, für Nadelholz Güteklas-se 2, für Stahl St 37. Für Stahlseile wird die zulässigeSpannung nach [Krauss,Führer 91] mit überschläglich50 kN/cm² und der Elastizitätsmodul mit 17000kN/cm² angenommen. Durch diese Interpretationenläßt sich die Spezifikation jedes Stabes des Tragsy-stems durch die Materialkennwerte erweitern.

Abb. 7-10 Materialeingabe in ExTraCAD

Interpretation des Materials

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationen

- Material

- Güteklasse, optional

- Profiltyp (bei Seil)

a) Elastizitätsmodul E

b) zulässige Spannungenzul.σ für verschiedene Be-anspruchungen, z.B.:zul.σBiegung

zul.σBiegedruck

zul.σBiegezug

Statische Interpretation

a) Festlegung von E nach den DIN-Normen für die entspre-chenden MaterialienE bei Stahlseilen 17000 kN/cm²

b) Festlegung zul σ nach den DIN-Normen für die entspre-chenden Materialienzul.σZug bei Stahlseilen: ca. 50 kN/cm²[Krauss,Führer,Jürges 97]

Abb. 7-11 Materialkennwerte

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7.1.6 Querschnittskennwerte

EingabeunterstützungNicht die Eingabe der Querschnittskennwerte wer-

den vom Benutzer verlangt, sondern die im Baube-reich übliche Bezeichnung eines Querschnitts, dieProfiltyp und Profilgröße beinhaltet. Diese werdennacheinander abgefragt, wobei die Auswahl der mög-lichen Profiltypen vom vorher gewählten Material ab-hängt und bei Stahl die Auswahl der potentiellen Pro-filgrößen zum Teil durch den gewählten Profiltyp (ge-normte Walzprofile) eingeschränkt wird.

Überprüfung der EingabeNeben den von vorne herein limitierten Auswahl-

möglichkeiten können folgende Einschränkungen inAbhängigkeit von Material und Geometrie untersuchtwerden: (1) zu kleine, zu große und herstellungstech-nisch unübliche Profilgrößen, (2) material-, herstel-lungstechnisch- oder transportbedingte Einschrän-kungen der Bauteillängen.

Ermittlungen für das statische ModellAus den Angaben zu Profiltyp und Profilgröße

können die benötigten Querschnittskennwerte, insbe-sondere Fläche, Widerstandsmoment und Trägheits-moment entweder errechnet oder den entsprechen-den Profiltabellen für genormte Walzprofile entnom-men werden. Die Fläche eines Stahlseiles wird wieein Vollquerschnitt berechnet, aber um 20% vermin-dert, da der Querschnitt aus verdrillten Stahlseilenzusammengesetzt ist.

Durch diese Ermittlungen läßt sich die Spezifikati-on jedes Stabes des Tragsystems durch die Quer-schnittskennwerte erweitern.

Abb. 7-12 Darstellung der Querschnitte in ExTraCAD

Material minimaleAbmessung

maximaleAbmessung

maximaleBauteillänge

NadelholzLaubholz

6 / 6 cm 30 / 30 cm 8 m

Brettschichtholz 10 / 24 / 240 cm 40 m (in ei-nem Herstel-lungsschritt)

StahlseileStahlbeton 7 / 7

Abb. 7-13 Einschränkungen für Querschnittsabmessungen

Interpretation der Querschnitte

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationen

- Profiltyp- Profilgröße(abhängig vom Profiltyp):a) rechteckiger Vollquer-

schnitt: Höhe h und Breite b

b) runder Vollquerschnitt Durchmesser d

c) Seil: Durchmesser d

d) Walzprofil: Profilgrößenbezeich-

nung

Fläche A

Trägheitsmoment I

Widerstandsmoment W

Statische Interpretation

a) A = b * h

b) A = π * (d / 2)²

c) A = 0.8 *π * (d / 2)²

d) A aus Tabelle fürProfiltyp

I = b * h³ / 12

I = π * d4 / 64

I = 0

I aus Tabelle fürProfiltyp

W = b * h² / 6

W = π * d³ / 32

W = 0

W aus Tabelle fürProfiltyp

Abb. 7-14

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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Ermittlung von Querschnittskennwerten anhandvon Fläche und Trägheitsmoment

ExTraCAD erlaubt neben der Auswahl von Profilendie alleinige Angabe von Fläche A und Trägheitsmo-ment I zur Kennzeichnung eines Querschnittes, dadiese Angaben für die Berechnung der Schnittgrößenausreichen. Andere Methoden (7.2.6 VorhandeneSpannungen und 7.2.4 Berechnung von Seilen) benö-tigen zusätzliche Kennwerte, die sich mit Hilfe desProfilierungsfaktors ableiten lassen. Dieser Faktor istin [Führer,Ingendaaij,Stein 95, S. 212 ff.] ausführlichbeschrieben. Er stellt einen Gütemaßstab für dieQuerschnittsform dar, das heißt er ist um so größer, jebesser das Material im Querschnitt verteilt ist. DerProfilierungsfaktor c' wird anhand des Trägheitsradiusi und der Querschnittshöhe h berechnet:

c' = i² / h²Ein rechteckiger Vollquerschnitt besitzt immer ei-

nen Profilierungsfaktor von 0.08, während er beiStahlträgern je nach Ausbildung zwischen 0.16 und0.20 schwankt. Für die Näherung wird angenommen:

c' = 0.08 für Holzquerschnittec' = 0.16 für StahlquerschnitteUnter Berücksichtigung der Fläche A und des

Trägheitsmoments I lassen sich aus diesen Annah-men die Querschnittshöhe h und das Widerstands-moment W ableiten:

für c' = i² / h² und i = Wurzel ( I / A ) und z = h / 2

hi²

c'

1

c'i

I

A c'= = ⋅ =

WI

z

2 I

h

2 I h

h

2 II

A cI

A c

2 I

I

A c'

= =⋅

=⋅ ⋅

=⋅

=⋅

⋅²

'

'

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7.1.7 Lasten

EingabeunterstützungDie Spezifikation der Lasten erfolgt nach eingängi-

gen Begriffen - Dachaufbauten, Schnee und Wind.Die betroffenen Bauteile werden von ExTraCAD vor-geschlagen oder können graphisch bestimmt werden.Die Angabe von Flächenlasten wird durch entspre-chende Menüs unterstützt. Diese sind weiter untennäher beschrieben. Berechnungen der Streckenlastenwerden nach Angabe des Einzugsfeldes von ExTra-CAD ermittelt.

Überprüfung der EingabeSeile können nur Punktlasten an ihren Knickpunk-

ten aufnehmen, da sonst unendlich große Horizontal-kräfte erzeugt würden. Deshalb wird die Eingabe vonLasten auf einem Seil ohne Durchhang unterbunden(das heißt keine Streckenlast auf einem Seil undPunktlasten nur dann, wenn sie im Knickpunkt zweierSeile angreifen).

Ermittlungen für das statische ModellDie Richtung der Last ergibt sich aus der Bezeich-

nung derselben (Gleichlast, Schnee, Wind). UnterEinbeziehung des Bauteilwinkels kann der horizontaleund vertikale Lastanteil errechnet werden. Angriffsortund potentielle Verteilung der Belastung werden auf-grund des betroffenen Bauteils ermittelt, das entwedervom Benutzer angeben wird oder automatisch ermit-telt wird. Die Lastgröße setzt sich zusammen aus derbetreffenden Flächenlast und dem vom Benutzer an-gegebenen Einzugsfeld (diese Angabe ist notwendig,da ebene Stabwerke diese Dimension nicht berück-sichtigen). Die architektengerechten Eingabe von Flä-chenlasten erfordert eine besondere statische Inter-pretation, die in den folgenden Abschnitten gesondertbehandelt wird.

Die Eigengewichte der Bauteile werden aufgrundder Angaben zum Material und den Profilen automa-tisch ermittelt.

Abb. 7-15 Lasteingabe

Interpretation der Lasten, allgemein

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationen

• Belastungsart: 1. Nutzungen, Aufbauten 2. Windlast 3. Schneelast

• betroffenes Bauteil (Stab oder Knoten)

• Angaben zu Flächenla-sten q (s. u.)

• Einzugsfeld: Breite b oder Fläche A

a) Richtung

b) Angriffsort

c) Verteilung

d) Lastgrößeq [kN/m]oderP [kN]

Statische Interpretation

a) Lastrichtung:1. zum Erdmittelpunkt2. senkrecht zur Angriffsfläche3. Projektion zum Erdmittelpunkt

b) Angriffsort auf betroffenem Bauteil

c) Verteilung nach Geometrie des Bauteils :Stab : linienförmigKnoten : punktförmig

d) Lastgröße = Flächenlast * EinzugsfeldLinienförmig: q = q * b [kN/m]Punktförmig: P = q * A [kN]

Abb. 7-16

Interpretation des Eigengewichts von Stäben

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationen

- Material

- Profiltyp

- Profilgröße

Eigengewicht:

Lastgröße [kN/m]

Statische Interpretation

a) Nadelholz, Vollquerschnitt

b) Brettschichtholz, Vollqu.

c) Laubholz, Vollquerschnitt

d) Stahl, Vollquerschnitt

e) Stahl, Walzprofil

≈ 5 kN/m³ * Fläche A

≈ 4,5 kN/m³ * Fläche A

≈ 7 kN/m³ * Fläche A

≈ 78,5 kN/m³ * Fläche A

Gewicht aus Normtabellefür Profiltyp und -größe

Abb. 7-17

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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a) Flächenlasten durch Ständige Lasten (Dach-und Deckenaufbauten)

Diese Angabe ist dreistufig nach Detaillierungsgradgegliedert - ungefähre Angabe leichtes oder schweresDach, Auswahl einer typischen Dachkonstruktion,Lastaufstellung für die wichtigsten Komponenten desDachaufbaus. Für die beiden ersten Angabestufenwurden typische Konstruktionen auf ihr Gewicht hinuntersucht, die dem Architekten als Bildmenü zurAuswahl gestellt werden.

Die detaillierte Lastaufstellung erfordert die Anga-be von (1) dachabdichtende Konstruktion (2) Dickeder Dämmung, Vorgabe 16 cm (3) deckenabschlie-ßende Konstruktion. Die Auswahlmöglichkeiten fürMaterialien beruhen auf den Lastannahmen in[Krauss,Führer,Jürges 97, S. 23-25]. Bei Dämmstof-fen kann das Gewicht je cm Dämmung überschläglichangenommen werden, da es ohnehin sehr gering ist.Für Dichtungen wird ein überschläglicher Zuschlagvon 0.1 kN/m² angenommen. Das Gewicht der tra-genden Konstruktion kann überschläglich aufgrunddes angegebenen Einzugsfeldes und des verwende-ten Materials errechnet werden.

b) VerkehrslastenVerkehrslasten sind abhängig von der Nutzung des

Gebäudes. Der Architekt muß also lediglich die Nut-zung auf dem betreffenden Bauteil angeben. Die Grö-ße der Verkehrslast wird dann nach DIN 1055 Teil 3ermittelt.

c) Flächenlasten durch SchneeSchneelasten werden nach DIN 1055 Teil 5 ermit-

telt. Sie hängen von der Schneelastzone (innerhalbDeutschlands) und der Geländehöhe des Bauwerk-standortes ab. In Abhängigkeit der Dachneigung kanneine Abminderung angenommen werden.

Die Schneelastzone wird vom Benutzer anhand ei-ner Deutschlandkarte angegeben, die Geländehöhenumerisch. Falls diese Angaben nicht vorhanden sind,kann überschläglich ein Wert von 0,75 kN/m² ange-nommen werden, der die meisten Gebiete Deutsch-lands abdeckt. Die Abminderung der Schneelast kannfür jedes Bauteil aufgrund des Bauteilwinkels nach derentsprechenden DIN-Tabelle ermittelt werden.

Interpretation der Ständigen Lasten

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationena) typische Dach- und

Deckenaufbauten

b) individuell detaillierteLastaufstellung

Flächenlast durch

Ständige Lasten [kN/m²]

Statische Interpretation

a) Lastgröße entsprechend der Vorgabe

b) Lastermittlung anhand der verwendeten Materialienund Aufbaustärken

Abb. 7-18

Abb. 7-19 Typische Dachaufbauten

Interpretation der Nutzungen

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationen

Nutzung Verkehrslasten [kN/m²]

Statische Interpretation

Übernahme der Verkehrslasten nach DIN 1055 Teil 3für verschiedene Nutzungen

Abb. 7-20

Interpretation der Schneelasten

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationena) Ort der Bebauung in

Deutschland

b) Höhe der Bebauungüber NN

c) betroffenes Bauteil

Flächenlasten aus

Schnee [kN/m²]

Statische Interpretation

a) Ermittlung der Schnneelastzone nach DIN 1055 Teil 5

b) Übernahme der anzunehmenden Schneelast für ver-schiedene Schneelastzonen und Höhen über NN nachDIN 1055 Teil 5

c) - Ermittlung der geometrischen Lage des Bauteils- Abminderung der Schneelast nach DIN 1055 Teil 5für geneigte Flächen

Abb. 7-21

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d) Flächenlasten durch WindWindlasten werden nach DIN 1055 Teil 4 ermittelt.

Windlasten setzen sich aus dem Staudruck q unddem Druckbeiwert c zusammen.

Der Staudruck ist abhängig von der Höhe desTragwerks über Gelände. Unter der Annahme, daßdas Tragwerk direkt auf dem Erdboden gründet wird,kann die Höhe über Gelände aus der Geometrie er-mittelt werden. Alternativ erfolgt eine Benutzerabfra-ge.

Der Druckbeiwert c für jeden Stab ist abhängig da-von, ob das Gebäude geschlossen oder offen ist undvon den Neigungswinkeln der Bauteile in bezug aufden angreifenden Wind. Er kann positiv (Druck) odernegativ (Sog) sein. Der Druckbeiwert wird vom Archi-tekten angegeben, indem er für jedes Bauteil aus ei-nem Bildmenü die entsprechende Situation auswählt,wobei die winkelabhänigen Druckbeiwerte (für Dä-cher) automatisch berechnet werden. Dabei muß derArchitekt selbst entscheiden, welche Windrichtung fürdas Tragwerk die ausschlaggebende ist, oder aber ermuß beide Richtungen testen.

Vereinfacht kann der Druckbeiwert für jeden Stababer auch standardmäßig angenommen werden, in-dem vorausgesetzt wird, daß das Tragwerk rundumgeschlossen ist. Dann werden aus der Gesamtgeo-metrie die potentiell außenliegenden Bauteile auto-matisch ermittelt (s. 7.1.2) und für die durch den Ar-chitekten angezeigte Windrichtung die Druckbeiwerteermittelt. Dazu werden jeweils die Winkel der betrof-fenen Bauteile in bezug auf die Windrichtung und ihrePosition in Luv- oder Lee-Richtung berücksichtigt.

Bei fehlender Angabe der Windrichtung und derDruckbeiwerte wird die Windlast für die beiden Wind-richtungen bei ebenen Stabwerken (Wind von linksund Wind von rechts) überschläglich ermittelt und dieAnalyseergebnisse im Vergleich dargestellt.

Die automatische Ermittlung der durch Schnee undWind belasteten Bauteile (s. 0) setzt voraus, daß die-se Lasten linienförmig auf die äußeren Bauteile über-tragen werden. Das bedeutet, es wird nicht berück-sichtigt, daß die Nebenkonstruktion (die bei ebenenStabwerken nicht geometrisch dargestellt wird) unterUmständen die Lasten als Punktlasten auf das Trag-werk übertragen kann. Es obliegt dem Benutzer die-ses zu ändern, indem er die Funktion Streckenlastenin Knotenlasten umwandeln anwendet.

Interpretation der Windlasten

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationena) betroffenes Bauteil

alternativ:b1) - globale Windrichtung - alle betroffenen Bau-

teileb2) - lokale Windrichtung - Druckbeiwert c

Flächenlasten aus

Wind [kN/m²]

Statische Interpretation

a) - Ermittlung der Höhe über Gelände für jeden Stab

- Übernahme des anzunehmenden Staudrucks q für ver-schiedene Bauhöhen nach DIN 1055 Teil 4 Tabelle 1

b1) Ermittlung des Druckbeiwertes c ( unter Einbeziehungvon Druck- bzw. Sogwirkung) nach DIN 1055 Teil 4 an-hand der gesamten Bauteilgeometrie für jeden Stab

b1) Interpretation von c als Druck oder Sog

Windlast = Staudruck q * Druckbeiwert c

Abb. 7-22

Abb. 7-23 Ermittlung des Staudrucks und Druckbeiwert bei ge-schlossenen Bauten [Krauss,Führer,Jürges 97]

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

139

7.2 Statische Analysemethoden undAnalyseergebnisse

Die statischen Analysemethoden bilden den Aus-führungskern von ExTraCAD, der programminternabläuft und deshalb für den Architekten nicht in Er-scheinung tritt. Sie stellen geeignete Verfahren für diearchitektengerechte Tragwerksanalyse zur Verfügung,die sich dem Entwerfer in Form von Analyseoptionenpräsentieren. Zu ihrer Ausführung benötigen sie dieInformationen des statischen Modells, die die Kompo-nente der statischen Interpretation ermittelt hat. Diestatischen Ergebnisse der Analysemethoden bildendie Basis für die architektengerechte Darstellung.

7.2.1 Anforderungen

Methoden der architektengerechte Tragwerksana-lyse müssen vor allem auf die typischen Problemstel-lungen beim Entwurf von Tragwerken reagieren (s.6.2). Dazu eigenen sich zunächst gängige Verfahrenaus der Ingenieurstatik (z.B. Berechnung des Schnitt-größenverlaufs, Berechnung der Verformung, Span-nungsnachweis).

Diese Methoden werden in das Programm inte-griert. Sie eigenen sich allerdings nur bedingt zur Be-urteilung der Kriterien, die für den Architekten interes-sant sind. Es gilt also, zusätzliche Methoden zu findenoder zu entwickeln, die die architekten-spezifischenAspekte berücksichtigen und auch in frühen Ent-wurfsphasen mit wenigen statischen Informationenanwendbar sind. Im Gegensatz zur Ingenieurstatik,die möglichst präzise Berechnungsmethoden verlangt,kommen hier auch überschlägliche, abschätzendeoder qualitative Verfahren zum Einsatz.

In dem Buch Entwerfen von Tragwerken [Führer,Ingendaaij,Stein 95] sind eine Reihe solcher Metho-den beschrieben, die auch ohne technische Hilfsmittelangewendet werden können. Ihre Ausführung kannwesentlich erleichtert werden durch Integration in dieCAD-basierte Entwurfsunterstützung. Verschiedeneder für ExTraCAD entwickelten Verfahren verwendendiese Methoden.

Wichtige Punkte der Tragwerksanalyse sind dieDimensionierung des Tragwerks und die Untersu-chung der Tragfähigkeit. Hier ist es insbesonderenotwendig, Methoden zu entwickeln, die Fehler imeingegebenen System aufzudecken und wenn mög-lich zu lokalisieren. Auch Fragen der Wirtschaftlichkeit

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sollten berücksichtigt werden. Dies entspricht der Auf-gabe des beratenden Tragwerkplaners, auch diejeni-gen Konsequenzen einer Entwurfsidee aufzuzeigen,die über die gestellte Frage des Architekten hinaus-gehen.

Inhalte der Analysemethoden

• Geeignete Verfahren für die architektengerechteTragwerksanalyseSie müssen auf die typischen Problemstellungendes Architekten beim Entwurf von Tragwerken rea-gieren. Es müssen überschlägliche, abschätzendeoder qualitative Verfahren entwickelt werden. Dane-ben kommen gängige Verfahren der Ingenieurstatikzum Einsatz.

• Verfahren zur Ermittlung zusätzlicher statischer In-formationenSie dienen der Vervollständigung des statischenModells für statische Informationen, die nur aus demGesamtzusammenhang des Tragwerks ermitteltwerden können (z.B. die Dimensionierung einesStabwerks). Diese Analysen werden intern für diestatische Verarbeitung benötigt (z.B. Berechnungder Verformung, wenn keine Querschnitte angege-ben worden sind), können aber gleichzeitig alsAnalyseoptionen vom Architekten ausgewählt wer-den, da sie zum Verständnis für das Tragwerk bei-tragen.

Aufgaben der Analysemethoden

• Prüfung der Voraussetzungen für das statische Mo-dellVor Ausführung der Methode muß geprüft werden,ob ausreichende statische Informationen zur Aus-führung der Methode vorhanden sind. Falls diesnicht der Fall ist, wird der Benutzer durch konkreteHinweise aufgefordert, die fehlenden Angaben zuergänzen.

• Umwandlung des statischen Modells in ein rechne-risches ModellJede Methode benutzt in der Regel ein anderesrechnerisches Modell bei der Ausführung, das auf-grund der statischen Informationen erstellt werdenmuß.

• Anwendung der Analysemethode auf das rechneri-sche ModellDie Durchführung der Analysemethode liefert die imfolgenden Absatz beschriebenen Analyseergebnis-se.

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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Ausprägungen der Analyseergebnisse

• Reguläres ErgebnisDies ist das Ergebnis, das bei fehlerfreier Ausfüh-rung der Analysemethode zu erwarten ist (z.B. Ver-formung des Tragwerks), und danach durch dieKomponente der Kommunikation architektengerechtaufgearbeitet wird.

• Alternative ErgebnisseFalls die Bedingungen an das statische Modell nichtvollständig erfüllt waren und eine Berechnung alter-nativer statischer Modelle initiiert worden ist, erhältman mehrere Ergebnisse. Alle fehlerfrei ausgeführ-ten Analyseergebnisse stehen zum Vergleich bereit(z.B. vergleichender Momentenverlauf eines einge-spannten und eines gelenkig gelagerten Rahmens).

• Zusätzliche statische InformationenJede Analysemethode liefert gleichzeitig zusätzlichestatische Informationen, die von anderen Analyse-methoden weiterverwendet werden können (z.B.Grad der statischen Bestimmtheit).

• Fehlerdiagnose bei InstabilitätFalls die Analyse nicht fehlerfrei ausgeführt werdenkonnte, wird eine Fehlerdiagnose durchgeführt, diees erlaubt, den Architekten in konkreter Weise Hin-weise für den Grund und die Lokalisierung desFehlers hinzuweisen. In der Regel begründet sicheine fehlerhafte Ausführung in der Instabilität desSystems.

Die in ExTraCAD-ESW verwendeten Analyseme-thoden werden in den folgenden Unterkapiteln erläu-tert und in ihrer Funktionsweise erklärt. Die statischenVoraussetzungen zur Durchführung der Methode unddie statischen Analyseergebnisse sind jeweils in einerGraphik zusammengefaßt.

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7.2.2 Schnittgrößen, Auflagerkräfte undVerformungen

Die hier verwendete Berechnungsmethode beruhtauf dem in der Statik bekannten Weggrößen- oderFormänderungsverfahren [Pflüger 78]. Dieses Prinzipist auf beliebig komplexe, auch räumliche Tragwerkeanwendbar.

Prinzipieller AnsatzDie Schnittgrößen für einfache Tragsysteme (z.B.

Einfeldträger) lassen sich verhältnismäßig einfach be-rechnen.

Sobald ein Tragsystem komplizierter ist, kann dieSchnittgrößenberechnung sehr komplex werden. Alsosetzt man das Tragsystem aus einfachen Elementen(hier: Stäbe) zusammen, deren Verhalten (Schnitt-größen, Stabverformung) bekannt ist.

Diese einfachen Elemente sind untereinanderdurch Knoten verbunden. Wenn sich ein Knoten(durch Lasteinleitung) verformt, dann verformen sichalle anschließenden Stäbe mit diesem Knoten (Über-gangsbedingung).

Wenn die Verformung (Verschiebung in x- und y-Richtung und Verdrehung) jedes Knotens des Tragsy-stems bekannt ist, dann weiß man also auch, wie sichjeder einzelne Stab verformt. Für dieses einfacheElement (Stab) wiederum ist die exakte Ermittlung derSchnittgrößen aufgrund einer Verformung bekanntund kann berechnet werden.

Das Weggrößenverfahren benutzt also die Be-rechnung der Knotenverformungen des Gesamttrag-systems zur Ermittlung der Schnittgrößen für jedeneinzelnen Stab.

FunktionsweiseDas Tragverhalten einzelner Stäbe ist allgemein

formulierbar (Elementansatz).Zur Durchführung des Weggrößenverfahrens wird

zunächst das Tragverhalten jedes einzelnen Elemen-tes (Stabes) des Tragsystems beschrieben (Element-steifigkeiten). Danach werden die Elementsteifigkeitenan den Knoten zusammengesetzt und die Auflager-bedingungen integriert. Dadurch wird das Tragver-halten des Gesamtsystems (bezogen auf die Knoten)beschrieben (Gesamtsteifigkeit). Nachdem auch dieLasten auf die Knoten verteilt worden sind, kann dieVerformung der Knoten im Gesamtsystem berechnetwerden. Danach geht man wieder auf die Elemen-tebene zurück und kann nun berechnen, wie sich dieVerformung der Knoten auf jeden einzelnen Stab

Methode

Ermittlung der Schnittgrößen

Statische Informationenfür jeden Stab:• Geometrie ( 2-dimensional )• Anschlüsse (biegesteif / gelenkig)• Fläche• Trägheitsmoment• ElastizitätsmodulFesthaltungen (Ort, horiz. / vertik. verschieblich, einspannend

Knotenlasten (Ort, horiz. / vertik. Anteil)Stablasten (Ort, horiz. / vertik. Anteil)

Statische ErgebnisseLängskraft, Querkraft und Momente, Stabverformungen• für belastete Stäbe: in den Zehntelspunkten• für unbelastete Stäbe: an den StabendenKnotenverformungen Verschiebung horiz. / vertik.Verdrehung

Auflagerreaktionen Horizontal / vertikal, Momente

Programmabbruch: zu große Verschiebungen / Verdrehungen

Abb. 7-24 Voraussetzungen und Ergebnisse der Schnittgröße-nermittlung

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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auswirkt. Dieses Vorgehen wird im folgenden nähererläutert:

(0) Elementansatz (Elementebene, allgemein)Das Tragverhalten einzelner Stäbe wird allgemein

formuliert. Dazu wird vorausgesetzt, daß innerhalb ei-nes Stabes keine Querschnitts- und keine Materialän-derung stattfindet.

In Abhängigkeit (a) der Anschlußbedingungen (ge-lenkig oder biegesteif) an jedem Stabende, (b) desStabquerschnitts (Fläche und Trägheitsmoment) und(c) des Materials (Elastizitätsmodul) können dann fol-gende Aspekte des Tragverhaltens formuliert werden:

Die Schnittgrößen und Biegelinie des Stabes beieiner Einheitsverformung werden benutzt für die Auf-stellung der Elementsteifigkeiten bei Einheitsverfor-mung (1) und umgekehrt zur Ermittlung der tatsächli-chen Schnittgrößen (5) nach Berechnung der tatsäch-lichen Verformung jedes Knotens (s. Abb. 7-25).

Für belastete Stäbe wird zusätzlich die Schnittgrö-ßenverteilung und die Biegelinie des Stabes, diedurch eine (Einheits-)Streckenlast (bzw. Trapezlast)erzeugt würde, formuliert. Damit können nach Be-rechnung der Schnittgrößen an den Knoten auch dieSchnittgrößen innerhalb eines belasteten Stabes be-rechnet werden (5) (s. Abb. 7-26 oben). Die Art derVerteilung einer (Einheits-)Streckenlast auf die beidenStabknoten wird benötigt um die Lasten auf die Kno-ten beziehen zu können (3) (s. Abb. 7-26 unten).

(1) Elementsteifigkeiten (Elementebene)Die Elementsteifigkeiten für jeden Stab des Trag-

systems werden beschrieben, indem eine Einheits-verformung an jedem Stabende angesetzt wird (Ver-schiebung in x- und y-Richtung um jeweils 1 und Ver-drehung um 1). Die dadurch ausgelösten innerenKräfte sind aus dem Elementansatz bekannt.

(2) Gesamtsteifigkeit (Gesamtsystem)Für jeden Knoten des Gesamtsystems werden die

Einheitsverformungen und damit auch die innerenKräfte der anschließenden Stäbe zusammengesetzt.Dabei wird auch berücksichtigt, wo die Verschiebungbzw. die Verdrehung eines Knotens durch Auflagerfestgehalten wird. So erhält man eine Beschreibungder inneren Kräfte des Tragsystems bei Einheitsver-formung jedes Stabes. Dadurch wird die allgemeineSteifigkeit des Tragsystems, das nun auf das Knoten-verhalten reduziert ist, ausgedrückt. → K

Abb. 7-25 Beispiel für Verformung und Momentenverlauf beiEinheitsverschiebung eines Stabendes (oben: Stab beidseitigbiegesteif - unten: beidseitig gelenkig angeschlossen)

Abb. 7-26 Beispiel für die Verteilung einer Streckenlast auf dieStabknoten (beidseitig biegesteifer Anschluß des Stabes)

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(3) Lasten (Gesamtsystem)An jedem Knoten werden die dort angreifenden

Lasten als Kraftkomponenten (Vertikale Komponente,Horizontale Komponente, Momente) addiert. Punktla-sten wirken direkt auf die Knoten, während Strecken-lasten gemäß dem Elementansatz (s. (0)) auf die bei-den Stabknoten verteilt werden. Dadurch werden dieäußeren Kräfte durch Lasteinleitung, bezogen auf die

Knoten, beschrieben. → P

(4) Knotenverformungen (Gesamtsystem)Die inneren Kräfte des Gesamttragsystems müs-

sen den äußeren Kräften durch Lasteinwirkung ent-gegenwirken. Je steifer das Tragsystem ist, destokleiner wird die tatsächliche Verformung sein. Es kannalso folgende Gleichung für das Gesamtsystem auf-gestellt werden:

innere Kräfte bei Einheitsverformung (K) * tatsächliche Verformung (u) = äußere Kräfte durch Last (P)

Da die inneren Kräfte bei Einheitsverformung (Ge-samtsteifigkeit K) und die äußeren Kräfte durch Last(P) bezogen auf die Systemknoten bekannt sind, kann

die tatsächliche Verformung jedes Knotens → u be-rechnet werden.

K * u = P ⇒ u = K -1 * P

(5) Schnittgrößen, Stabverformung, Auflagerkräfte(Elementebene)

Die Schnittgrößen bei Einheitsverformung für jedeneinzelnen Stab sind ja bekannt (siehe (0) Elementan-satz). Wenn nun die tatsächlichen Verformungen derKnoten berechnet sind, können auch die tatsächlichenSchnittgrößen an jedem Stabende ermittelt werden,die lediglich ein Vielfaches der Schnittgrößen bei Ein-heitsverformung betragen. Dabei wird vorausgesetzt,daß das Material linear elastisch ist, das heißt Größeder Verformung und Größe der inneren Kräfte sindproportional zueinander. Zu den so berechnetenSchnittgrößen aus dem Gesamtsystem werden beibelasteten Stäben die Schnittgrößen aus der Strek-kenlast addiert, die ebenfalls aus dem Elementansatzbekannt sind. Entsprechendes gilt für die Biegeliniedes Stabes (Verformung des gesamten Stabes).

Wenn die Verformung eines Knotens durch einAuflager festgehalten ist, ergibt sich daraus die jewei-lige Auflagerkraft (horizontaler und vertikaler Anteildurch Verschiebung und Momente durch Verdrehungdes Knotens).

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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Die eigentliche Berechnung dieser Vorgänge istnatürlich äußerst komplex und erfolgt mit Hilfe vonMatrizen, die bei großer Stabanzahl einen beträchtli-chen Umfang annehmen können und große Rechen-leistung erfordern. Im Rahmen der vorliegenden Ar-beit soll lediglich das Prinzip des Weggrößenverfah-rens erklärt werden.

Statisches Modell: ergänzende MethodenInformationen zu Geometrie und Anschlußart an

den Enden jedes Stabes sind unerläßliche Bedingun-gen einer Berechnung.

Fläche, Trägheitsmoment und Elastizitätsmodulhaben für die Schnittgrößen und Reaktionen nur danneine Bedeutung, wenn das Tragsystem statisch unbe-stimmt ist. Mit Hilfe der Methode „Ermittlung der stati-schen Bestimmtheit“ (s. 7.2.9) kann festgestellt wer-den, ob ein statisch bestimmtes Tragwerk vorliegt. Indiesem Fall können Querschnitts- und Materialkenn-werte automatisch beliebig angenommen werden.Dabei ist lediglich zu beachten, daß der Querschnittnicht so weich ist, daß die Abbruchbedingungen desProgramms zum Tragen kommen, weil dann die Ver-formungen zu groß werden. Die tatsächliche Verfor-mung des Tragwerks kann nur berechnet werden,wenn Querschnitte und Material festgelegt sind.

Die Orte der Festhaltungen müssen durch den Be-nutzer festgelegt sein, da sie an jedem Knoten mög-lich sind. Die Art der Lagerung ist bei ebenen Syste-men begrenzt (je Auflager horizontal verschieblich,vertikal verschieblich, unverschieblich, einspannend),so daß bei wenigen Festhaltungen eine vergleichendeBerechnung möglich ist (s. 6.1.4).

Ohne Eingabe von Lasten ist eine Schnittgröße-nermittlung nicht sinnvoll. Werden jedoch vom Archi-tekten lediglich aussagen zur Verteilung der Schnitt-größen im System erwartet, reichen Angaben zu La-strichtung und Lastverteilung. Diese können auch alsStandardannahme von der statischen Interpretationermittelt werden (s. 7.1.7). In diesem Fall kann dieLastgröße beliebig vom Programmsystem angenom-men werden. Entsprechendes gilt für Material undProfile.

Statische Ergebnisse: ergänzende MethodenMit dem Weggrößenverfahren können die Schnitt-

größen und Verformungen jedes beliebigen Stab-werks berechnet werden, wenn es unverschieblich,also stabil ist. Im anderen Fall werden lediglich die zugrossen Verschiebungen und Verdrehungen an jedemKnoten ausgegeben. Im Sinne einer aufschlußreichen

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Fehlerdiagnose für den Benutzer von ExTraCADmüssen andere Methoden zur Verfügung gestellt wer-den, die die Instabilität besser analysieren bzw. de-monstrieren. Hierzu wurden folgende Ansätze erar-beitet:

• 7.2.7 Automatische Dimensionierung

• 7.2.9 Statische Bestimmtheit

• 7.2.10 Fehlerdiagnose

Für eine realistische Simulation der tatsächlichauftretenden Schnittgrößen steht die Berechnungs-methode nach „Theorie 2. Ordnung“ (s. 7.2.2) zurVerfügung. Mit ihrer Hilfe kann auch die Tragfähigkeit(richtige Dimensionierung) des gegebenen Systemsnachgewiesen werden.

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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7.2.3 Theorie 2. Ordnung

FunktionsweiseDie Berechnung eines Tragsystems mit Theorie 2.

Ordnung ist ein in der Statik geläufiges Verfahren[Hirschfeld 84], mit dem man versucht, die innerenKräfte des Tragsystems realistischer zu erfassen.Nach einer ersten Berechnung mit dem Weggrößen-verfahren (s. 7.2.2) wird die gegebene Last auf dasnun verformte System aufgebracht und die Berech-nung wiederholt (Ab dem zweiten Iterationsschritt wer-den die neuen Verformungen jeweils auf das ur-sprüngliche System aufgebracht). Diese iterative Vor-gehensweise wird so lange wiederholt, bis die neuenVerformungen nicht mehr größer sind als die des vor-herigen Durchlaufs.

VoraussetzungenVoraussetzung für die Effektivität der Berechnung

nach Theorie 2. Ordnung ist das Vorhandensein einerersten, zumindest minimalen Verformung. Dies ist z.B.nicht gegeben, wenn eine Stütze nur mit Normalkraftbelastet wird (s. Abb. 7-28). Dieser Fall ist ideell, da inder Realität immer mit einer ausmittigen Lasteinlei-tung gerechnet werden muß (Toleranzen der Bauele-mente und Toleranzen der Bauausführung). Für dieBerechnung muß eine minimale Störkraft im erstenIterationsschritt angesetzt werden, damit eine ersteVerformung überhaupt stattfindet

AnwendungenMit der Berechnung nach Theorie 2. Ordnung kann

nachgewiesen werden, ob das Tragsystem ausrei-chend dimensioniert ist (Tragfähigkeit), ohne daß dievorhandenen Spannungen (s. 7.2.6) untersucht wer-den müssen. Falls das System zu weich ist, sich alsostark verformt, nimmt die weitere Verformung beimnächsten Iterationsschritt sehr schnell zu, und bringtdas Tragsystem zum „Einsturz“.

Diese Berechnung berücksichtigt dann auch dieKnickgefahr schlanker Bauteile, allerdings nur unterder Voraussetzung, daß sie überhaupt eine Verfor-mung ausbilden können (s. Voraussetzungen weiteroben).

Es gibt auch Tragsysteme, deren Schnittgrößen-verlauf sich wesentlich ändert, sobald eine Verfor-mung eingetreten ist. Dies sei am Beispiel einer ein-gespannten Stütze mit Längskrafteinleitung demon-striert (s. Abb. 7-29). Sie erhält eine kleine Störkraft,damit eine erste Verformung stattfindet (s. Vorausset-

Methode

Theorie 2. Ordnung

Statische Informationenwie 7.2.2 Schnittgrößen, Auflagerkräfte und Verformungen

Statische Ergebnissewie 7.2.2 Schnittgrößen, Auflagerkräfte und Verformungen

Abb. 7-27 Voraussetzungen und Ergebnisse von Berechnungennach Theorie 2. Ordnung

Abb. 7-28 Erzwingen einer ersten Verformung des Tragsystems

Abb. 7-29 Änderung des Momentenverlaufs durch Berechnungnach Theorie 2. Ordnung

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zungen weiter oben). Nach dem ersten Iterations-schritt ist der Momentenverlauf linear. Alle weiterenBerechnungen weisen einen bauchigen Momentver-lauf auf, da der Hebelarm der vertikalen Last aufgrundder Verformung nach unten hin immer größer wird.

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7.2.4 Berechnung von Seilen

FunktionsweiseEin Seil zeichnet sich dadurch aus, daß es ledig-

lich auf Zug beanspruchbar ist. Das Berechnungs-verfahren zur Schnittgrößenermittlung (s.7.2.2) jedochbasiert auf der Annahme, daß jeder Stab sowohlLängskraft als auch Biegung aufnehmen kann. Es giltalso, Möglichkeiten zu finden, wie bei dieser Berech-nung trotzdem Seile simuliert werden könne.

Zur Vermeidung des Biegungsanteils werden dieEndknoten eines Seiles mit Gelenken versehen unddas Trägheitsmoment mit 0 angesetzt (bzw. ein un-endlich kleiner Wert, da im Berechnungsprogrammsonst eine Division durch 0 auftritt). Bei der Eingabewird eine linienförmige Belastung des Seiles ausge-schlossen, da diese ja aufgrund der fehlenden Steifig-keit nicht aufgenommen werden kann. Ein so defi-nierter Stab kann nur noch Längskraft aufnehmen.

Innerhalb einer normalen Schnittgrößenermittlungkann allerdings nicht ausgeschlossen werden, daß einsolches Seil trotzdem auf Druck beansprucht wird.Dieses Problem wird durch einen iterativen Ansatzgelöst. Nach jeder Schnittgrößenberechnung werdendie Querschnittsflächen der druckbeanspruchten Seileauf einen minimalen Wert gesetzt. Diese Seile habendann praktisch keine Tragwirkung mehr, sie erhaltenaber weiterhin eine geringe Längskraft, da die Flächeja nicht auf 0 gesetzt wurde. Falls ein solches Seil ineinem weiteren Iterationsschritt doch Zug erhält wirdihm wieder seine ursprüngliche Fläche zugeordnet.Diese Maßnahmen werden so lange wiederholt, bisnur noch zugbeanspruchte Seile mit voller Flächevorhanden sind. Alle anderen Seile haben dann fürden aktuellen Lastfall keine Tragwirkung.

Diese iterative Verfahren wird automatisch ausge-löst, sobald ein Querschnittstyp „Seil“ vom Architektendefiniert worden ist.

Statische Ergebnisse: ergänzende MethodenDer verwendete Elementansatz bei der Schnittgrö-

ßenermittlung basiert auf der Annahme, daß das zuberechnende Tragsystem nur geringen Verformungenausgesetzt ist. Das oben beschriebene Verfahren zurIntegration von Seilen eignet sich also nicht zur Form-findung eines Seilzuges für einen bestimmten Lastfall,da dies immer mit großen Verformungen einhergeht.

Abb. 7-30 Beispiel einer abgespannten Stütze

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7.2.5 Qualitative Hauptbeanspruchung

FunktionsweiseDiese Methode ermittelt die qualitative Hauptbean-

spruchung jedes Stabes durch Biegung, Zug oderDruck. Aus den Ergebnissen der Methode 7.2.2Schnittgrößen, Auflagerkräfte und Verformungen wer-den für jeden Stab die Maximalwerte der MomenteMmax und der Normalkräfte Nmax herausgefiltert unddie Ausmittigkeit e ermittelt:

eMNmax

=max

Die qualitative Hauptbeanspruchung errechnet sichaus dem Verhältnis der Querschnittshöhe h zur Aus-mittigkeit e:

e < h/3 →→ überwiegend Längskraft

h/3 < e < h/2 →→ annähernd gleicheBeanspruchung durchLängskraft und Biegung

e > h →→ überwiegend Biegung

Diese Überlegungen begründen sich in der Theoriezur klaffenden Fuge für Materialien, die nur auf Druckbeansprucht werden können (s. ).

Die Unterscheidung der Längskraftwirkung ergibtsich aus der Schnittgrößenberechnung.

(Druck = negative Werte, Zug = positive Werte).

Statische Ergebnisse: ergänzende MethodenAlternativ kann die überwiegende Beanspruchung

auch über die vorhandenen Spannungen (s. 7.2.6)ermittelt werden:

σBiegung / σLängskraft > 1,2 ⇒ überwiegend Biegung

σBiegung / σLängskraft < 0,8 ⇒ überwiegend Längskraft

Als zusätzliche Information kann der Hinweis ge-geben werden, daß ein gewählter Profiltyp für die ge-gebene Beanspruchung nicht zweckmäßig ist (Längs-kraft: quadratisch, Biegung: rechteckig).

Methode

Qualitative Hauptbeanspruchung

Statische InformationenMomente und Normalkräfte aus

7.2.2 Schnittgrößen, Auflagerkräfte und Verformungen

Querschnittshöhe jedes Stabes

Statische Ergebnissefür jeden Stab alternativ:

(B = Biegung, Z = Zug, D = Druck)

B / Z / D / B+Z / B+D / keine Beanspruchung

Abb. 7-31 Voraussetzungen und Ergebnisse der Ermittlung derHauptbeanspruchung

Abb. 7-32 Ausmittige Krafteinleitung

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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7.2.6 Vorhandene Spannungen

FunktionsweiseDiese Methode ermittelt für jeden Stab die vorhan-

denen Spannungen ohne für druckbeanspruchte Stä-be den Knicknachweis zu führen. Aus den Ergebnis-sen der Methode 7.2.2 Schnittgrößen, Auflagerkräfteund Verformungen werden für jeden Stab die Maxi-malwerte der Momente Mmax und der NormalkräfteNmax herausgefiltert und die vorhandene Spannungmit den Querschnittswerten Fläche A und Wider-standsmoment W berechnet. Beide Spannungsanteilewerden auf die zulässige Spannung für die maßgeb-lich Längskraft (Druck oder Zug) bezogen.

vorh σσσσ (N) = N / A undvorh σσσσ (M) = M / W * (zul σσσσ (N) / zul σσσσ (M) )

Die gesamte Spannung berechnet sich aus derSumme der Teilspannungen und kann für einenSpannungsnachweis mit der maßgeblichen Spannungfür Längskraft verglichen werden:

vorh σσσσ= vorh σσσσ (N) + vorh σσσσ (M)

Statisches Modell: ergänzende MethodenDie Güteklasse des verwendeten Materials kann

standardmäßig angenommen werden (s. 7.1.6).Wenn lediglich Fläche und Trägheitsmoment des

Querschnittes bekannt sind, wird das Widerstands-moment näherungsweise ermittelt (s. 7.1.6).

Statische Ergebnisse / weitere MethodenDiese Methode berücksichtigt nicht die Knickge-

fährdung schlanker druckbeanspruchter Tragelemen-te. Die in der Statik übliche Methode der Verwendungder Eulerfälle [Krauss,Führer,Neukäter 96] zur Er-mittlung des Knickfaktors kann hier nicht direkt ange-wendet werden, da die Knicklängen der Bauteile nichtbekannt sind.

Methode

Vorhandene Spannungen

Statische InformationenMomente und Normalkräfte aus 7.2.2 Schnittgrößen, Aufla-gerkräfte und Verformungen

Widerstandsmoment jedes Stabes

zulässige Spannungen der verwendeten Materialien

Statische Ergebnissefür jeden Stab:

• vorhandene Spannungen aus Längskraft

• vorhandene Spannungen aus Biegung ( bezogen auf dieLängskraft)

• Summe der vorhandenen Spannungen aus Biegung undLängskraft (bezogen auf die Längskraft)

• die zulässige Spannung für die maßgebliche Längskraft(Druck oder Zug )

Abb. 7-33 Voraussetzungen und Ergebnisse der Spannungs-ermittlung

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152

7.2.7 Automatische Dimensionierung

FunktionsweiseDie automatische Dimensionierung soll für ein

Tragsystem aufgrund zugeordneter Materialien (Stahloder Holz) die optimale Profilform (z.B. rechteckigoder quadratisch) für jeden Stab ermitteln und dieQuerschnittsgrößen so wählen, daß die zulässigeSpannung weitgehend ausgenutzt wird. Die Grundi-deen der vorliegenden Methode wurden im Rahmeneiner Vertiefungsarbeit am Lehrgebiet ExperimentelleTragwerklehre bei Prof. Führer entwickelt und umge-setzt [Niehörster 94]. Die Knickgefährdung schlankerdruckbeanspruchter Bauteile in der Ebene wurde da-bei außer acht gelassen.

Die automatische Dimensionierung von statischunbestimmten Tragsystemen ist deshalb schwierig, daeine Bemessung aufgrund der vorhandenen Schnitt-größen erfolgt, während die Bemessung (d.h. dasVerhältnis der Steifigkeiten der neuen Querschnitte)wiederum die Schnittgrößenverteilung beeinflußt. Ausdiesem Grund muß eine automatische Dimensionie-rung iterativ vorgehen, um eine Annäherung an dieoptimalen Querschnitte zu gewährleisten. Aus bau-praktischen Gründen unterscheidet sich die Quer-schnittswahl bei den verschiedenen Materialien. Holzläßt als Vollquerschnitt nahezu unbegrenzte Möglich-keiten der Querschnittswahl zu, während bei Stahl inder Regel auf die genormten Walzprofile zurückge-griffen wird. Die Vorgehensweise der iterativen Me-thode zur Automatischen Dimensionierung ist in Abb.7-35 als Flußdiagramm zusammengefaßt und bein-haltet folgende Teilschritte:

•••• Erste Schätzung der Querschnitte (1)Der ersten Schätzung der Querschnitte liegt die

Annahme zugrunde, daß ein horizontal liegender StabLasten voraussichtlich eher als Biegeträger abträgt,während ein vertikal angeordnetes Bauteil wahr-scheinlich die Funktion einer längskraftbeanspruchtenStütze hat. Der reine Biegeträger erhält ein rechtecki-ges Profil mit einem Seitenverhältnis 1:2, die Höhewird mit l / 15 geschätzt. Die reine Stütze erfordert einquadratisches Profil, dessen Seitenlängen mit l / 30angenommen werden. Für schräg angeordnete Bau-teile wird interpoliert.

Methode

Automatische Dimensionierung

Statische Informationenfür jeden Stab:

• Geometrie (2-dimensional)

• Anschlüsse (biegesteif / gelenkig)

• Elastizitätsmodul

• zulässige Spannungen

Festhaltungen (Ort, horiz./ vertik. verschieblich, einspannend)

Knotenlasten (Ort, horiz. / vertik. Anteil)

Stablasten (Ort, horiz. / vertik. Anteil)

Statische Ergebnissefür jeden Stab

• Profilform

• Profilgröße

• vorhandene Spannung

Programmabbruch: zu viele Iterationsschritte

Abb. 7-34 Voraussetzungen und Ergebnisse der automatischenDimensionierung

Erste Schätzung der

Querschnitte (1)

Schnittgrößen

ermitteln (2)

vorhandene Spannungen

ermitteln (3)

Spannungsnachweis /

Abbruchbedingungen (4)

Querschnitte

anpassen (5)

Abb. 7-35 Flußdiagramm der automatischen Dimensionierung

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

153

Für Holz ergibt sich daraus folgende Schätzformelfür die Breite b und die Höhe h des Querschnitts, dieauf der horizontalen Projektion dx und der vertikalenProjektion dy des Stabes basiert:

für Holz: bdx dy= +30 30

und hdx dy= +15 30

Bei Stahl erfolgt die Wahl der Profilform über dasVerhältnis der Projektionen. Für die Profilgröße istdann nur noch die Höhe maßgebend:

für Stahl: dy

dxIPB> →10 oder

dy

dxIPE≤ →10

und hdx dy= +15 30

•••• Schnittgrößen ermitteln (2)Hier wird auf die bereits in Kapitel 7.2.2 beschrie-

bene Methode zurückgegriffen, die die Schnittgrößeneines Tragsystems ermittelt. Die benötigten Quer-schnittskennwerte werden aufgrund der geschätztenProfilform und Profilgröße ermittelt (siehe 7.1.6).

•••• Vorhandene Spannungen ermitteln (3)Hier wird auf die bereits in Kapitel 7.2.6 beschrie-

bene Methode zurückgegriffen, die die Summe der

vorhanden Spannungen vorh.σ aus Längskraft und

Biegung sowie die zulässige Spannung zul σ für diejeweilige Hauptbeanspruchung eines Stabes liefert.

•••• Spannungsnachweis / Abbruchbedingungen(4)Ein Holzprofil gilt als optimiert, wenn mindestens

90% der zulässigen Spannung ausgenutzt werden:

für Holz: 1 0 9> >vorh

zul

σσ

.

Ein Stahlprofil gilt als optimiert, wenn mit demnächstkleineren Profil die zulässige Spannung geradeüberschritten würde:

für Stahl:

( ) ( )vorh akt profil

zul

vorh nächstklein profil

zul

σσ

σσ

. .< <1

Die automatische Dimensionierung ist abgeschlos-sen, wenn für alle Stäbe ein optimiertes Profil gefun-den wurde. Falls nach 200 Iterationsschritten nochkeine optimale Anpassung aller Querschnitte erfolgtist, wird die Iteration abgebrochen.

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•••• Querschnitte anpassen (5)Wenn ein Profil noch nicht optimiert ist, muß der

Querschnitt in Profilform und Profilgröße angepaßtwerden. Dabei sollen drastische Veränderungen ver-mieden werden, damit sich die Steifigkeiten im Trag-system nicht zu stark verschieben und eine allmähli-che Annäherung an die optimalen Querschnitte mög-lich wird.

Holz:Die Fläche des anzupassenden Holzquerschnitts

Aneu wird in Abhängigkeit von der aktuellen Quer-schnittsfläche Aakt ermittelt. Dabei wird eine Verminde-rung oder Erhöhung von 10% des aktuellen Quer-schnitts vorgenommen, damit die Steifigkeiten imTragsystem in kleinen schritten angepaßt werden.

Das zu wählende günstige Seitenverhältnis α desRechteckquerschnitts ist einerseits abhängig von demVerhältnis der Beanspruchung des Querschnitts durchBiegung Mmax und Längskraft Nmax, das sich in derAusmittigkeit e ausdrückt:

eMNmax

= max

Andererseits werden die bautechnisch sinnvollen

maximalen Seitenverhältnissse αmax für verschiedeneAusführungen von Holzquerschnitten berücksichtigt.

Nadelholz: :α max = =h

b3

Brettschichtholz :α max = =h

b10

Das günstige Seitenverhältnis bezüglich der Aus-mittigkeit e berechnet sich dann mit folgender Formel,die in graphisch verdeutlicht wird:

( )αα

=− ⋅+

+

max 1

11

e

e

Sobald die angepaßte Querschnittsfläche Aneu und

das günstige Seitenverhältnis α bekannt sind, könnenBreite b und Höhe h ermittelt werden:

aus: α = h

b und A h b= ⋅

folgt: bAneu=α

und hA

bneu=

Stahl:Bei Stahl wird zunächst die günstige Profilform

(IPE oder IPB) gewählt. Diese ist abhängig von der

Abb. 7-36 Günstige Seitenverhältnisse α für Nadelholz

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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überwiegenden Beanspruchung des Querschnittsdurch Längskraft oder Biegung (s. „Qualitative Haupt-beanspruchung“, 7.2.5). Bei überwiegender Längs-kraft wird ein IPB-Profil gewählt, bei überwiegenderBiegung ein IPE-Profil. Vereinfachend kann auch an-genommen werden, daß ein IPB-Profil gewählt wird,sobald überhaupt Längskraft im Stab vorhanden ist,denn diese Profilform ist auch für Biegung geeignet.

Zur langsamen Annäherung der Größe des Stahl-querschnitts an die zulässige Spannung wird jeweilsdas nächstkleinere bzw. nächstgrößere Profil aus dergenormten Profiltabelle gewählt.

Statische Ergebnisse / weitere MethodenMit der vorgestellten Herangehensweise an die

automatische Dimensionierung konnten bereits guteErgebnisse erzielt werden. Allerdings ist es vonNachteil, daß einem nur wenig beanspruchten Stahl-stab lediglich die kleinste Normprofilgröße für IPE-Träger (IPE 80) zugeordnet werden kann. Diese lo-kale Überdimensionierung verfälscht das Ergebnis fürdas gesamte Tragsystem.

Ein Ansatz zur Lösung des Problems könnte darinbestehen, kleine Profile als Stahlvollquerschnitt zubemessen, so daß in diesem Bereich die Dimensio-nierung wie bei Holz erfolgen könnte. Damit könntezunächst korrekten Steifigkeitsverhältnissen des Sy-stems Rechnung getragen werden. Da aber die Ver-wendung von Stahlvollquerschnitten nicht realistischist, könnte in einem weiteren Schritt ein allgemeinesVerhältnis von Fläche und Trägheitsmoment für kleinegenormte Stahlquerschnitte erarbeitet werden, dasberücksichtigt, daß diese in der Regel hohl ausgebil-det werden (Rundrohre, Rechteckrohre etc.). Eineähnliche Vorgehensweise wurde bereits zur Berech-nung der Fläche von Seilen angegangen. Anhand dertabellarisch aufgeführten Flächen verschiedener Seilekonnte eine überschlägliche prozentuale Beziehungzwischen Vollquerschnitt und tatsächlichem Quer-schnitt von verdrillten Stahlseilen festgelegt werden(s. 7.1.6).

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7.2.8 Lokalisierung von Scheiben

FunktionsweiseDie Methode zur Lokalisierung von Scheiben hat

die rein graphische Aufgabe, dem Benutzer des Sy-stems die Scheibenwirkungen seines Tragsystems vi-suell darzustellen. Zur besseren Nachvollziehbarkeitdurch den Architekten wird die progressive Darstel-lung einzelner Scheiben als Dreiecke gewählt, die amEnde alle zusammenhängenden Scheiben einfarbigausgefüllt, also quasi-massiv erschienen läßt. Dieprogressive Darstellung beinhaltet folgende Schritte:

a) Verbreiterte Darstellung aller Stäbe, wobei biege-steif anschließende Stäbe bis zu ihrem Endpunktdurchgezogen werden, und gelenkig anschließen-de Stäbe vor dem Endpunkt abgesetzt und mit ei-nem Kreis versehen werden.

b) Lokalisierung aller Dreiecksscheiben, die sich ausden vorhanden Stäben und Anschlüssen ergeben(Erklärung siehe unten). Diese Dreiecke werdenzunächst schraffiert dargestellt, damit sie vonein-ander zu unterscheiden sind.

c) Flächiges, einfarbiges Ausfüllen der in b) lokali-sierten Scheiben.

d) Wiederholung von b) und c) bis keine weiterenScheiben mehr gefunden werden.

Die Lokalisierung von Dreiecksscheiben soll ausprogrammtechnischen Gründen immer auf Basis einerListe von Stäben und ihren Anschlußpunkten funktio-nieren, so daß eine Scheibe immer dann gefundenwird, wenn drei Stäbe zusammen ein Dreieck bilden.Damit unter dieser Voraussetzung auch biegesteifeAnschlüsse berücksichtigt werden, muß das vorhan-dene Tragsystem unter folgenden Bedingungen tem-porär verändert werden:

Methode

Lokalisierung von Scheiben

Statische Informationenfür jeden Stab:

• Geometrie (Knoten)

• Anschlüsse

Statische ErgebnisseEckpunkte der Dreiecke für die progressive graphische Dar-stellung der Dreiecksscheiben

Abb. 7-37 Voraussetzungen und Ergebnisse der Lokalisierungvon Scheiben

Abb. 7-38 Beispiel für die progressive Lokalisierung von Drei-eckscheiben

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

157

(1) Wenn zwei Stäbe einen biegesteifen Anschlußuntereinander besitzen, wird zwischen deren nichtgemeinsamen Endpunkten ein Gelenkstab einge-fügt (wodurch ein neues Dreieck entsteht). Zurgraphischen Erkennung wird dieser Stab gestri-chelt. Falls die beiden Stäbe den gleichen Winkelbesitzen, werden keine Maßnahmen getroffen (s.Abb. 7-39).

(2) Wenn in einem Dreieck einer der Dreiecksstäbeeinen biegesteifen Anschluß zu einem Stab außer-halb des Dreiecks hat, wird der Anschluß deszweiten Dreieckstabs, der an diesem Knotenpunktanschließt ebenfalls in einen biegesteifen An-schluß umgewandelt. Dadurch wird die biegesteifeVerbindung des außerhalb liegenden Stabes mitdem Dreieck eindeutig auf den Anschlußpunkt be-schränkt, ohne daß die gesamte Scheibenwirkungberücksichtigt werden muß (s. Abb. 7-39). Imnächsten Durchlauf wird an dieser Stelle nach Be-dingung (1) ein Dreieck gebildet.

Diese temporären Maßnahmen bewirken, daß inmehreren Durchgängen der Untersuchung von Stä-ben auf Dreiecksbildung immer weitere Scheiben ge-funden werden, bis die Hauptscheiben des Systems,die keine biegesteife Verbindung untereinander besit-zen, durch flächige Darstellung „massiv“ auf demBildschirm erscheinen.

Abb. 7-39 Temporäre Veränderung des Tragsystems

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7.2.9 Statische Bestimmtheit

BegriffsdefinitionStatisch bestimmt ist ein Tragwerk, für das alle

Stütz- und Schnittgrößen allein mit Hilfe von Gleich-gewichtsbetrachtungen berechnet werden können. Esunterliegt keinen Zwängungen. Statisch überbestimmt(oder auch unbestimmt) ist ein Tragsystem dann,wenn es mehr als notwendig durch Auflager festge-halten wird. Statisch unterbestimmte Tragwerke sindverschieblich und dadurch untauglich.

Der Grad der statischen Bestimmtheit n also er-laubt eine Aussage zur Funktionsweise des Trag-werks. Dabei bedeutet der Wert 0, daß das Systemstatisch bestimmt ist, ein Wert größer 0, daß das Sy-stem x-fach statisch überbestimmt ist, und ein Wertkleiner Null, daß es verschieblich ist.

FunktionsweiseFür die Ermittlung des Grades der statischen Be-

stimmtheit eines Tragwerks existieren zwei verschie-dene Ansätze. Das Aufbaukriterium basiert darauf, daßman versucht, das Tragwerk aus statisch bestimmtenGrundsystemen (Einfeldträger, Kragträger, Fachwerk)aufzubauen. Die Zahl der Bindungen (z.B. Einbau vonGelenken, Entfernung von Stäben etc.), die dazu gelöstwerden müssen ergibt den Grad der statischen Unbe-stimmtheit [Wetzell 72, S. 183 ff]. Beim Abzählkriterumwerden die Anzahl der Scheiben p, die Anzahl der Zwi-schenreaktionen z und die Anzahl der Auflagerreaktio-nen gezählt. Der Grad der statischen Bestimmtheit nerrechnet sich dann folgendermaßen: n = a + z - p[Hirschfeld 84, S. 38 ff]. Beide Methoden eignen sichnur bedingt für eine Implementierung im Rechner, dazunächst statische Teilsysteme ermittelt werden müs-sen (statisch bestimmte Grundsysteme bzw. Schei-ben).

O.W. Wetzell stellt ein Verfahren vor, das zwarweniger anschaulich ist, aber allein auf den bekanntenElementen (Stäbe mit ihren Anschlußarten, Knoten,Auflager) des statischen Modells basiert [Wetzell 72,S. 188 ff]. Folgende Bezeichnungen werden einge-führt:

r1 = Anzahl der beiderseits gelenkig angeschlosse-nen Stäbe

r2 = Anzahl der auf einer Seite gelenkig und auf deranderen Seite biegesteif angeschlossenen Stä-be

r3 = Anzahl der beidseitig biegesteif angeschlosse-nen Stäbe

Methode

Statische Bestimmtheit

Statische Informationenfür jeden Stab• Geometrie (Knoten)• Anschlüsse

Festhaltungen

Statische ErgebnisseGrad der statischen Bestimmtheit n für das Tragsystem:

n < 0 : verschieblich

n = 0 : statisch bestimmt

n > 0 : n-fach statisch unbestimmt

Abb. 7-40 Voraussetzungen und Ergebnisse der Ermittlung desGrades der statischen Bestimmtheit

Abb. 7-41 Auflagerwertigkeiten

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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k1 = Anzahl der Gelenkknoten, einschließlich derfesten oder verschieblichen Stützgelenke(Auflager)

k2 = Anzahl der steifen Knoten. Sobald mindestenszwei biegesteif angeschlossene Stäbe aufein-andertreffen, gilt der Knoten als steif.

a = Anzahl der Auflagerreaktionen

Zur Erklärung werden an einem StabtragwerkSchnitte so angebracht, daß nur noch gerade Einzel-stäbe und Knoten vorhanden sind (s. Abb. 7-42 b)).Dabei werden an einem gelenkigen Stabende 2Schnittgrößen freigelegt (Normalkraft und Querkraft)und an einem biegesteif angeschlossenen Stabendedrei Schnittgrößen (zusätzlich Momente). Damit be-trägt die Anzahl der unbekannten Kraftgrößen:

4 r1 + 5 r2 + 6 r3 + aDie Anzahl der zur Verfügung stehenden Gleichge-wichtsbedingungen beträgt:

2 k1 + 3 k2 + 3 ( r1 + r2 + r3)Der Grad der statischen Bestimmtheit n wird dann mitfolgender Formel ermittelt:

n = r1 +2 r2 + 3 r3 + a - 2 k1 - 3 k2

In Abb. 7-42 wird dieses Verfahren beispielhaftdemonstriert und führt zu einem Grad der statischenÜberbestimmtheit von 1.

Statische Ergebnisse: ergänzende MethodenSowohl Abzähl- als auch Aufbaukriterium als auch

die hier vorgestellte Methode liefern eine notwendige,aber nicht hinreichende Bedingung für den Grad derstatischen Bestimmtheit. Ein System kann verschieb-lich sein, obwohl n mit gleich oder größer Null berech-net wurde. Dies wird als der Ausnahmefall der Statikbezeichnet [Pflüger 78]. Da die oben beschriebenenBerechnungsmethoden nur die Einzelkomponentendes Tragsystems betrachten. Es kann keine Aussagedarüber getroffen werden, ob diese auch zweckmäßigangeordnet sind.

Die Verfahren zur Ermittlung des Grades der stati-schen Bestimmtheit eignen sich also nur bedingt für ei-ne Fehlerdiagnose bei instabilen Tragsystemen (s.7.2.10). Es muß also eine detaillierte Analyse stattfinden,die die Scheiben des Tragsystems ermittelt (s. 7.2.11).

Seile haben nur für die Lastfälle eine Tragwirkung,bei denen sie auf Zug belastet werden. Dieser Aspektwird zur Zeit noch nicht berücksichtigt.

/ : r1 = 4 : k1 = 4 // : r2 = 1 /// : r3 = 2 : k2 = 3 a = 2 + 3 + 1 = 6

r1 + 2r2 + 3r3 + a - 2k1 - 3k2 = n 4 + (2 * 1) + (3 * 2) + 6 - (2 * 4) - (3 * 3) = +1

Abb. 7-42:Ermittlung des Grades der statischen Bestimmtheit

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7.2.10 Fehlerdiagnose bei instabilenTragsystemen

FunktionsweiseDie Ermittlung der Schnittgrößen (s. 7.2.2), die die

Grundlage für die meisten statischen Analysen ist,erfordert in der Regel ein stabiles Tragsystem alsGrundlage und bricht ansonsten die Berechnung abmit der Mitteilung, daß eine zu große Knotenverschie-bung stattfindet.Die Fehlerdiagnose hat das Ziel, dem Architektenkonkrete Hinweise zur Fehlerbehebung zu liefern. Siesoll die Gründe für eine eventuell vorliegende Instabi-lität des eingegebenen Tragsystems feststellen undwenn möglich lokalisieren. Als Hilfe für den Architek-ten sollen Maßnahmen aufgezeigt werden, die die In-stabilität beheben können. Grob gegliedert kommenfolgende Fehlerquellen in Betracht:

• Formale Fehler

• Unterdimensionierung des Tragwerks

• Strukturelle Fehler

Die verschiedenen Gründe für Instabilität werdennacheinander geprüft und die Ergebnisse an dieKomponente der Kommunikation zur graphischenDarstellung und Erklärung übergeben.

Formale FehlerFormale Fehler sind auf die Eingabe zurückzufüh-

ren. So kann es z.B. vorkommen, daß zwei Knotensehr nah beieinanderliegen und deshalb visuell alsgemeinsamer Anschluß erscheinen, obwohl diesgeometrisch nicht gegeben ist. Bei der Berechnungexistiert dann keine Verbindung zwischen den Stäbenund das Tragsystem kann verschieblich werden.

Formale Fehler müssen automatisch durch dasProgramm abgefangen werden. Dazu gehört dieÜberprüfung der Nähe verschiedener Knoten undübereinander liegender Stäbe. Ein Hinweis ist auchnötig, wenn zwei Stäbe sich kreuzen ohne miteinan-der verbunden zu sein. Der Benutzer muß dann ge-fragt werden, ob er dies wirklich so will.

Die automatische Vermeidung formaler Fehler istprogrammtechnisch sehr aufwendig, aber inhaltlichnicht von großer Bedeutung, weshalb an dieser Stelleauf eine weitere Ausführung verzichtet wird.

Unterdimensionierung des TragwerksEin Tragsystem kann dadurch nicht mehr bere-

chenbar sein, weil es im Ganzen oder an bestimmten

Aufgaben der Fehlerdiagnose

• Feststellung des Grundes der Instabilität

• Lokalisierung des Grundes der Instabilität

• Auflistung geeigneter allgemeiner Maßnahmenzur Behebung der Instabilität

• Lokalisierung der Orte für Maßnahmen zur Be-hebung der Instabilität

Abb. 7-43 Aufgaben der Fehlerdiagnose

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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Stellen für die gegebene Last unterdimensioniert ist,obwohl es prinzipiell tragfähig, also unverschieblich ist.Die Implementierung des Weggrößenverfahrens zurSchnittgrößenermittlung (s. 7.2.2) läßt eine gewisseToleranz für unterdimensionierte Tragwerke zu. Sobalddiese aber überschritten ist, erfolgt ein Programmab-bruch aufgrund zu großer Knotenverschiebungen.

Dieser Fehler kann aufgedeckt werden, indem al-len Stäben temporär eine sehr hohe Steifigkeit (hohesTrägheitsmoment) zugeordnet wird und daraufhin eineNeuberechnung durchgeführt wird. Falls das Tragsy-stem dann tragfähig ist, liegt eine Unterdimensionie-rung vor.

Der Bereich der Unterdimensionierung innerhalbdes Tragsystems kann für den Benutzer eingegrenztwerden, indem die Knoten markiert werden, die diegrößten Verschiebungen aufweisen. Ein Knoten mitzu großer Verdrehung weist darauf hin, daß die an-grenzenden Stäbe unterdimensioniert sind. Dies kannautomatisch überprüft werden, indem die Steifigkeitender betroffenen Stäbe erhöht werden und das Systemerneut berechnet wird.

Strukturelle FehlerStrukturelle Fehler bedeuten, daß die Wahl bzw.

die Anordnung der eingegebenen Tragwerkselementezu einem instabilen System führen.

Für die Analyse struktureller Fehler sind Art undLage der Auflager, der Hauptscheiben und der Haupt-gelenke des Tragsystems von Bedeutung. Als Haupt-scheiben werden diejenigen Scheiben bezeichnet, dienicht mehr eine Scheibenwirkung mit anderen Schei-ben haben. Zwischen ihnen existieren nur noch ge-lenkige Verbindungen, die als Hauptgelenke bezeich-net werden. Zur Ermittlung der Hauptscheiben wurdeeine spezielle Funktion entwickelt (s. 7.2.11). DenHauptgelenken sind je nach Anzahl m der anschlie-ßenden Hauptscheiben sh die Haupt-Zwischenreaktio-nen zh zugeordnet: zh = 2(m - 1). Unter Berücksichti-gung der Gesamtwertigkeit der Auflagerkräfte a (ver-schieblich=1, fest=2, einspannend=3) lautet die Be-dingung für die statische Bestimmtheit dann (s.[Hirschfeld 84,S. 13ff.]:

a + zh -3 sh = 0

Abb. 7-44: Zwischenkräfte

Abb. 7-45 Auflagerwertigkeiten

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Unter der Annahme, daß die Geometrie des ent-worfenen Tragsystems zunächst feststeht, lassen sichdie strukturellen Fehlerquellen eines instabilen Sy-stems nach Auflagerproblemen ordnen, die behobenwerden müssen (s. Abb. 7-46). Maßnahmen zur Be-hebung der Instabilität können natürlich auch bei derGeometrie des Tragwerks stattfinden. Die in den fol-genden Unterkapiteln beschriebenen Gründe für In-stabilität hängen zum Teil miteinander zusammen. Eskönnen auch mehrere dieser Probleme in einemTragsystem vorhanden sein. Statische Überbestimmt-heit (s. Abb. 7-46, b) und d)) führt nicht zu Instabilität,ist aber in der Regel ein Hinweis darauf, daß dasTragsystem an anderer Stelle unterbestimmt ist (bei

n ≥ 0 für das gesamte System). Die Lokalisierung sta-tischer Überbestimmtheit fördert das Verständnis desArchitekten für das Tragwerk.

Strukturelle Fehler eines instabilen Tragsy-stems

1. Gesamtwertigkeit der Auflager ist zu gering a) Tragsystem ist

äußerlich statisch unterbestimmt (n<0) b) Hauptscheibe ist

innerlich statisch überbestimmt

2. Auflager sind falsch angeordnet c) Hauptscheibe ist

äußerlich statisch unterbestimmt d) Hauptscheibe ist

äußerlich statisch überbestimmt e) Wirkungslinien verschieblicher Auflager

schneiden sich einem Punkt

3. Ungünstige Geometrie f) Kinematische Kette

Abb. 7-46

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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a) Tragsystem istäußerlich statisch unterbestimmt (n<0)

Wenn das Abzählkriterum (s. 7.2.9) einen Grad derstatischen Bestimmtheit n < 0 für das gesamte Trag-system ermittelt hat, ist das Tragsystem äußerlichstatisch unterbestimmt und in jedem Fall instabil.

Der Grund liegt darin, daß entweder die Gesamt-wertigkeit der Auflagerkräfte zu gering ist, oder daßdas Tragsystem zu viele Hauptgelenke, bzw. Haupt-scheiben hat. Eine Lokalisierung der möglichen Maß-nahmen bezüglich der Auflager kann nicht vorge-nommen werden, da die fehlenden Auflagerkräfte anbeliebiger Stelle des Tragsystems angreifen könnten.Die Lokalisierung der Hauptgelenke zeigt an, an wel-chen Stellen die Entfernung eines Gelenkes Abhilfeschaffen könnte.Maßnahmen zur Behebung der Verschieblichkeit um1 (s. Abb. 7-48):

• Erhöhung der Wertigkeit einer existierenden Aufla-

gerkraft um 1 („verschieblich“ → „fest“ oder

„fest“ → „einspannend“)

• Einfügen eines verschieblichen Auflagers

• Entfernung eines Hauptgelenkes zwischen zweiHauptscheiben

Der Wert der statischen Unbestimmtheit n gibt dieZahl der Maßnahmen an, die vorgenommen werden

müssen, so, daß gilt: a ≥ 3 sh -zh

Aufgrund der drei Gleichgewichtsbedingungenmuß die Gesamtwertigkeit der Auflagerkräfte a min-destens 3 betragen.

a + z - 3sa) 2 + 0 - 3 = -1 b) 4 + 4 - 3 * 3 = -1

Abb. 7-47 Tragsystem äußerlich statisch unterbestimmt

Abb. 7-48: Maßnahmen bei äußerlich statisch unterbestimmtenTragsystemen

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b) Hauptscheibe istinnerlich statisch überbestimmt

Statische Überbestimmtheit ist kein Grund für In-stabilität, jedoch kann daraus geschlossen werden,daß das Tragsystem an anderer Stelle unterbestimmtist.

Wenn eine Hauptscheibe innerlich statisch über-bestimmt ist, folgt daraus, daß das Abzählkriterium ei-nen höheren Wert liefert als das Tragsystem nachseinen äußeren Bedingungen hat. Dies heißt, daß dieWertigkeit der Auflagerkräfte eventuell nicht ausreicht,um das System zu halten. Dieser Fall tritt dann ein,wenn für die Summe der Überbestimmtheit allerHauptscheiben nhgesamt und den Grad der statischenBestimmtheit n des Gesamtsystems folgendes gilt: n -nhgesamt < 0. Alternativ kann die Verschieblichkeit fest-gestellt werden, wenn nach Ermittlung der Anzahl derHauptscheiben sh, Haupt-Zwischenreaktionen zh undder Auflagerbedingungen a folgendes gilt: a + zh -3 sh

< 0. Diese Betrachtung läßt die Überbestimmtheit derHauptscheiben außer acht.

Die statische Überbestimmt einer Hauptscheibewird mit Hilfe des Abzählkriteriums (s. 7.2.9) ermittelt.Dazu werden alle Stäbe dieser Hauptscheibe undpauschal 3 Auflagerbedingungen, die die Scheibestatisch bestimmt halten würden, untersucht. Der er-mittelte Wert nh gibt den Grad der statischen Überbe-stimmtheit der Hauptscheibe an, der zur Verdeutli-chung graphisch an der Stelle seines Auftretens dar-gestellt wird.Maßnahmen zur Behebung der Verschieblichkeit (sie-he a) „Tragsystem ist äußerlich statisch unterbe-stimmt“)

• Erhöhung der Wertigkeit einer existierenden Aufla-gerkraft

• Einfügen eines verschieblichen Auflagers

• Entfernung eines Hauptgelenkes zwischen zweiHauptscheiben

Der Wert der statischen Überbestimmtheit n ab-züglich der Summe der innerlichen statischen Über-bestimmtheit nhgesamt gibt die Zahl der Maßnahmen an,die vorgenommen werden müssen, damit das Systemunverschieblich wird.

a + z - 3s

a) 4 + 2 * 2 - 3 * 6 = 0b) 3 + (2 * 2 + 2 * 6 + 2 * 4) - 3 * 9 = 0

Abb. 7-49 Hauptscheiben innerlich statisch überbestimmt

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

165

c) Hauptscheibe istäußerlich statisch unterbestimmt

Eine Hauptscheibe ist dann äußerlich statisch un-terbestimmt, wenn sie nicht mindestens zwei maldurch Hauptgelenke oder Auflager gehalten ist odereinmal durch ein einspannendes Auflager. Falls diesnicht der Fall ist, entsteht ein Kragarm mit gelenkigemAnschluß, der bei Belastung verschieblich ist. DieserFehler läßt sich genau lokalisieren und graphisch dar-stellen.Maßnahmen zur Behebung der Verschieblichkeit (s.Abb. 7-50):

• zusätzliche Stützung der nicht gehaltenen Scheibedurch ein verschiebliches Auflager oder eine Ge-lenkverbindung zu einer andren Scheibe

• Entfernung der nicht gehaltenen Scheibe

• Ersetzen des gelenkigen Anschlusses der Scheibedurch einen biegesteifen Anschluß

Alle Maßnahmen erhöhen den Wert der statischenBestimmtheit um 1.

d) Hauptscheibe istäußerlich statisch überbestimmt

Eine Hauptscheibe ist dann äußerlich statischüberbestimmt, wenn sie durch zu viele Auflagerbedin-gungen gehalten ist, d.h. die Wertigkeit der Auflageran einer Hauptscheibe ist ax > 3. Dies bedeutet nichtzwingend, daß das Gesamtsystem verschieblich ist.Bei statischer Bestimmtheit des Gesamtsystems kannaber gefolgert werden, daß eine oder mehrere Fest-haltungen an anderen Hauptscheiben fehlen und des-halb zur Verschieblichkeit des Systems führen. EineLokalisierung der Überbestimmtheit ist durch Kenn-zeichnung der äußerlich überbestimmten Hauptschei-ben und deren Festhaltungen möglich.Maßnahmen zur Behebung der Verschieblichkeit :

• Anordnung von Auflagern an anderen Hauptschei-ben. Dabei können die Wertigkeiten an der überbe-stimmten Scheibe reduziert werden.

Der Wert der Überbestimmt nx = ax - 3 gibt die An-zahl der Auflagerwertigkeiten an, die an anderenHauptscheiben angebracht werden müssen.

Abb. 7-50 Hauptscheiben äußerlich statisch unterbestimmt

Abb. 7-51 Hauptscheiben äußerlich statisch unterbestimmt

a + z - 3s

a) 4 + 8 - 4 * 3 = 0b) 4 + 2 - 2 * 3 = 0

Abb. 7-52 Hauptscheibe äußerlich statisch überbestimmt

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e) Wirkungslinien verschieblicher Auflager schnei-den sich einem Punkt

Wenn sich die Wirkungslinien von mehr als zweiAuflagern in einem Punkt schneiden oder parallelsind, behalten nur zwei dieser Auflager eine Tragwir-kung. Dadurch wird die Gesamtwertigkeit der Auflagerheruntergesetzt, was bedeuten kann, daß das Trag-system verschieblich wird.

Festgelegte Wirkungslinien haben verschieblicheAuflager. Sie verlaufen senkrecht zur Verschieblich-keit. Ein Pendelstab an einem festen Auflager wirktwie ein verschiebliches Auflager und hat eine Wir-kungslinie in Richtung des Pendelstabs. Dies gilt nurfür den Fall, daß der Pendelstab nicht belastet ist. Daaber die Stabilität allgemein und nicht nur für einenbestimmten Lastfall gelten muß, kann allgemein an-genommen werden, daß die theoretische Wirkungsli-nie eines festen Auflagers in Richtung des nächstenHauptgelenks verläuft.Maßnahmen zur Behebung der Verschieblichkeit :

• Hinzufügen eines verschieblichen Auflagers, dessenWirkungslinie nicht den gleichen Schnittpunkt wiedie der anderen Auflager hat und auch nicht paralleldazu verläuft

• Verdrehen eines vorhandenen verschieblichen Auf-lagers, bzw. eines Pendelstabs

• Ersetzen eines verschieblichen durch ein festesAuflager

• Entfernen des Gelenkes am Pendelstabende

Die Anzahl der sich schneidenden Wirkungslinienabzüglich 2 ergibt die Anzahl der Maßnahmen, die zurBehebung der Verschieblichkeit vorgenommen wer-den müssen.

a + z - 3s

a) 6 + 3 * 2 - 4 * 3 = 0b) 3 + 3 * 2 - 3 * 3 = 0

Abb. 7-53 Wirkungslinien der Auflager haben gemeinsamenSchnittpunkt

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

167

f) Kinematische Kette

Das Phänomen einer kinematischen Kette tritt auf,wenn immer zwei Hauptscheiben einen eindeutigengemeinsamen Punkt besitzen, um den sie sich beiBelastung drehen würden. Dies führt entweder zu ei-ner „endlichen Verschieblichkeit“ (das Tragsystem fälltum) oder zu einer „unendlich kleinen Verschieblich-keit“ (die Stabkräfte müßten unendlich groß sein, umder Verschiebung entgegenzuwirken) [Pflüger 78,S.229]. Diese Verschieblichkeit hängt einzig von dergeometrischen Anordnung der Auflager und Haupt-gelenke ab und führt bereits bei geringen Verände-rungen der Geometrie zu Stabilität. Es gibt also für je-des Tragsystemprinzip theoretisch nur eine geometri-sche Anordnung, die zu Verschieblichkeit führt. Diesekann allerdings verhältnismäßig häufig auftreten, dasie in enger Beziehung zu einer geradlinigen Verbin-dung zweier Scheiben steht.

Falls die Drehpunkte zweier Scheiben zwar nichtexakt gleich sind, aber sehr nah beieinander liegen,tritt zwar theoretisch keine Verschieblichkeit ein, dieentstehenden Kräfte sind aber weiterhin so groß, daßdas Tragsystem nicht zweckmäßig ist. Dieser Um-stand muß also bei der Analyse auch beachtet undeingegrenzt werden.Maßnahmen zur Behebung der Verschieblichkeit:

• Lage der Hauptgelenke ändern

• Lage der Auflager ändern

• Richtung eines verschieblichen Auflagers ändern

• Hauptgelenke entfernen

Der Nachweis einer kinematischen Kette läßt sichmit Hilfe des Polplanverfahrens führen, das die Pole,also die Drehpunkte des Tragsystems graphisch er-faßt (s. [Hirschfeld 84, S.98 ff.]). Dieses Verfahren ba-siert auf den Informationen zu den Auflagerbedingun-gen und den Hauptgelenken, deren Ermittlung in Ka-pitel 7.2.11 beschrieben ist. Auf dieser Grundlagekann das graphische Verfahren der Polplanerstellungauch als Programmteil übertragen werden. Damitkann der Grund der Verschieblichkeit ermittelt werdenund entsprechende allgemeine Maßnahmen aufge-zeigt werden. Eine graphische Darstellung der Polplä-ne erscheint allerdings nicht hilfreich zum Verständ-nis, da dieses Verfahren in der Regel dem Architektenunbekannt sein dürfte und darüber hinaus auch nichtsehr anschaulich ist.

Abb. 7-54 Kinematische Kette „endliche Verschieblichkeit“

Abb. 7-55 Kinematische Kette, „unendlich kleine Verschieblich-keit“

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7.2.11 Ermittlung der Hauptscheiben undHauptgelenke

Die Ermittlung der Hauptscheiben und Hauptge-lenke wird benötigt für die Fehlerdiagnose bei insta-bilen Tragsystemen (s. 7.2.10).

BegriffsdefinitionEine Scheibe ist ein in sich biegesteifes Gebilde.

Jeder Stab ist eine Scheibe. Eine zusammengesetzteScheibe entsteht durch (1) die biegesteife Verbindungzweier Stäbe (Stabzug) oder (2) die gelenkige Verbin-dung zweier Scheiben, wenn sie mindestens zweigemeinsame Kontenpunkte besitzen, oder (3) durchdie gelenkige Verbindung dreier Stäbe (oder Schei-ben), wenn diese zusammen ein Dreieck bilden (s. Abb.7-57).

Hauptscheiben eines Tragsystems seien diejeni-gen (eventuell zusammengesetzten) Scheiben, dienicht mehr in Zusammenwirken mit anderen Scheibeneine neue Scheibe ergeben. Hauptscheiben habenuntereinander genau einen gelenkigen Anschluß (dieHauptgelenke) und bilden untereinander kein Dreieck.

Jede Scheibe ist mindestens innerlich statisch be-stimmt, sie kann aber auch innerlich statisch überbe-stimmt sein (z.B. wenn ein Dreieck biegesteife Eck-verbindungen besitzt).

Die Bestimmung der Hauptscheiben erlaubt dieAbgrenzung zwischen innerer und äußerer statischerBestimmtheit und erleichtert die Lokalisierung vonMaßnahmen zur Stabilisierung eines verschieblichenTragsystems (s. Fehlerdiagnose, 7.2.10).

FunktionsweiseDie Vorgehensweise der Funktion erfolgt nach

dem Prinzip, zunächst biegesteif verbundene Stabzü-ge zu ermitteln, die schrittweise zu Scheiben zusam-mengefaßt werden, bis die Hauptscheiben gefundensind.

Zunächst werden die einzelnen Anschlüsse derStäbe betrachtet. ExTraCAD-ESW speichert die Stä-be des Tragsystems jeweils als Verbindung zwischenzwei Knoten und präzisiert den Anschluß an Anfangs-und Endpunkt jeweils als gelenkig oder biegesteif.Wenn zwei Stäbe am selben Knoten einen biegestei-fen Anschluß aufweisen, entsteht eine Scheibe, die imweiteren Stabzug genannt wird (s. Abb. 7-57).

Methode

Ermittlung der Hauptscheiben und Hauptgelenke

Statische Informationenfür jeden Stab• Geometrie (Knoten)• Anschlüsse

Festhaltungen

Statische Ergebnisse

Hauptscheiben:• beteiligte Stäbe• Grad der statischen Bestimmtheit• anschließende Festhaltungen

Hauptgelenke:• anschließende Hauptscheiben

Abb. 7-56 Voraussetzungen und Ergebnisse der Ermittlung derHauptscheiben und Hauptgelenke

Abb. 7-57 Scheibenbildung

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7 Komponenten der statischen Verarbeitung in ExTraCAD-ESW

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(1) Die Bildung eines Stabzugs ist dann statisch be-stimmt, wenn ein weiterer Stab genau einen An-schlußpunkt an den „Ausgangsstabzug“ hat (s.Abb. 7-58).

(2) Falls ein weiterer Stab zwei biegesteife Anschluß-punkte an den vorhandenen Stabzug hat, wird derStabzug dreifach statisch überbestimmt, da ein all-seitig biegesteif angeschlossenes Dreieck oderVieleck entsteht (s. Abb. 7-58).

Alle jeweils biegesteif verbundenen Stäbe und diereinen Gelenkstäbe ergeben Stabzüge des Tragsy-stems.

Die weitere Zusammensetzung von Scheiben er-folgt schrittweise. Ausgehend von einem beliebigenStabzug (Scheibe) werden weitere Stabzüge gesucht,die die ursprüngliche Scheibe erweitern. Dazu gibt eszwei Bedingungen:1. Prinzip der allseitig gelenkigen Dreiecksbildung (s.

Abb. 7-59): Zwei weitere Scheiben haben einen gemeinsamen

Knotenpunkt und jeweils einen Verbindungspunktzur Ausgangsscheibe. Alle Verbindungspunktezwischen den drei Scheiben sind gelenkig, da die-se sonst schon als Stabzüge verbunden wordenwären. Falls die Ausgangsscheiben reine Gelenk-stäbe sind (Fachwerk), wird durch diese Bedin-gung ein biegesteifes Dreieck gebildet. Bei der Zu-sammenführung von Scheiben kann die Geometriekomplizierter sein, die Idee der Dreiecksbildungbleibt jedoch erhalten. Diese Zusammensetzungvon Scheiben ist statisch bestimmt, da ein allseitiggelenkig verbundenes Dreieck statisch bestimmtist.

2. Prinzip der Dreiecksbildung mit einer biegesteifenEcke (s. Abb. 7-60):Eine weitere Scheibe hat zwei gemeinsame Kon-tenpunkte mit der Ausgangsscheibe. Auch hinterdieser Bedingung steht die Idee der Dreiecksbil-dung. Diese Bedingung kann allerdings nur danneintreten, wenn mindestens eine der Ausgangs-scheiben einen oder mehrere Knicke aufweist, derdann quasi die dritte Ecke des Dreiecks (oder Viel-ecks) symbolisiert. Da diese Ecke immer biegesteifist, weil sie ja schon Teil einer Scheibe ist, führtdiese Bedingung zu einer einfach statisch überbe-stimmten Zusammenführung von Scheiben.

Abb. 7-58: Statische Bestimmtheit von Stabzügen

Abb. 7-59 Prinzip der gelenkigen Dreiecksbildung

Abb. 7-60 Prinzip Dreiecksbildung mit einer biegesteifen Ecke

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Falls eine der oben genannten Bedingungen zu-trifft, werden die betreffenden Scheiben zu einer neu-en Scheibe zusammengeführt. Daraufhin erfolgt eineerneute Überprüfung der Bedingungen für die neu ge-bildete Scheibe. Dies wird so lange wiederholt, biskeine weitere Zusammenführung von Scheiben mehrmöglich ist. Damit ist die erste Hauptscheibe gefun-den.

Das Verfahren wird mit dem nächsten Stabzugwiederholt, der noch nicht Teil einer Hauptscheibe ist.Wenn alle Stabzüge zugeordnet sind, sind die Haupt-scheiben des Tragsystems gefunden. Ihre gelenkigenVerbindungspunkte sind die Hauptgelenke. Abschlie-ßend wird die Zugehörigkeit der Auflager zu denHauptscheiben ermittelt.

Beim Zusammensetzen der Hauptscheiben wirdderen Grad der statischen Bestimmtheit hochgezählt,so daß am Ende bekannt ist, ob eine Hauptscheibestatisch bestimmt ist oder in welchem Grade sie sta-tisch überbestimmt ist. Da es in bezug auf den Benut-zerdialog wünschenswert ist, die Stelle zu lokalisieren,an der eine eventuelle Überbestimmtheit einer Haupt-scheibe aufgetreten ist, werden separat die auftreten-den Überbestimmtheiten zusammen mit den beteilig-ten Scheiben gespeichert.

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8 ExTraCAD-Massivbau

ExTraCAD-Massivbau ist der zweite Ansatz für dieRealisierung des computerunterstützten Tragwer-kentwurfs. Die inhaltliche Motivation für diesen Aspektdes Tragwerkplanung wurde bereits in Kapitel 5.4 er-läutert. Das Einsatzgebiet ist zwar auf den Entwurf imWohnungsbau beschränkt, es ist aber hervorzuheben,daß die Idee der architektengerechten Entwurfsunter-stützung hier sehr stark zum Ausdruck kommt. Die ar-chitektonischen Eingaben konzentrieren sich auf dieGestalt des zu planenden Tragwerks (hier: Grundriß-konzeption). Durch die statische Analyse wird dasVerständnis für die Tragwirkung der gewählten Kon-struktion gefördert. Gleichzeitig werden wichtige Be-urteilungskriterien zur Verfügung gestellt. Eine detail-lierte Fehlerdiagnose rundet die Entwurfsunterstüt-zung ab.

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8.1 Komponenten der Kommunikation

Die Komponenten der Kommunikation in ExTra-CAD-Massivbau werden anhand eines beispielhaftenProgrammablaufs erläutert.

8.1.1 Architektonische Ideenformulierung

Kurzbeschreibung des ProgrammablaufsDer Architekt beschreibt zunächst in graphischer

Weise den Grundriß seiner Entwurfsidee. Danachkönnen verschiedene Spannrichtungen eingegebenwerden, für die jeweils automatisch eine Analyse desstatischen Systems vorgenommen wird. Der Vergleichdieser Analysen unterstützt die Entscheidung desEntwerfers, für welche Spannrichtung die Bemessungder Wände vorgenommen werden soll. Es werden al-ternativ Kombinationen verschiedener Wandstärkenund der zugehörigen vorhandenen Spannung ermit-telt. Zunächst wird die statische Mindestwandstärkefür jede Wand graphisch dargestellt, wobei die Höheder Beanspruchung farbig verdeutlicht wird. Dem Ent-werfer bleibt es überlassen, anhand der Beurteilungdieser Ergebnisse die endgültigen Wandstärken fest-zulegen und so eventuell die Beanspruchung zu ver-ringern.

MenüfeldDas Entwurfshilfeprogramm basiert auf einer Reihe

von speziellen Befehlen, die in gleicher Weise wie Au-toCAD-Befehle aufgerufen werden können. Ihre Auf-rufe sind als eigenständiger Abschnitt des Tablett-Menüs in das normale AutoCAD-Menü integriert. Da-durch wird einerseits vermieden, daß der Nutzer zu-sätzliche Befehle auswendig lernen muß, andererseitsstehen die übrigen AutoCAD-Funktionen in ihrer ge-wohnten Weise zur Verfügung.

Die Funktionen des Massivbau-Programms sindnach folgenden Tätigkeitsgruppen geordnet:

• Funktionen der EingabeMit ihrer Hilfe wird der Grundriß erstellt und die Be-lastung eingegeben.

• Funktionen zum Entwurf des statischen SystemsSie ermöglichen die Wahl alternativer Spannrich-tungen für verschiedene Deckenfelder.

• Funktionen der AusgabeDie Bemessung der Wände erfolgt in alternativerForm (verschiedene Wandstärken mit ihren zugehö-rigen Spannungen). Die zunächst ausgegebenen

Abb. 8-1 Modell für ExTraCAD

Abb. 8-1 Zusatzfunktionen des Massivbau-Programms im Au-toCAD-Tablett-Menü

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8 ExTra-CAD-Massivbau

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Mindestwandstärken können durch den Architektenverändert werden.

• SchalterfunktionenSie dienen der Beeinflussung der auf dem Bild-schirm sichtbaren Informationen.

• Hilfefunktionena) Hilfe zu der Funktionsweise der verschiedenen

Befehleb) Hilfe zu den geforderten Eingaben

Diese Funktionen sind in ihrer Reihenfolge imRahmen dessen, was der gesunde Menschen-verstand zuläßt, austauschbar und wiederholbar. IhreAnordnung auf dem Tablett kann, bei Abarbeiten vonlinks nach rechts, als "sanfte Benutzerführung" interpre-tiert werden, die dem ungeübten Nutzer als roter Fadendienen kann.

Sämtliche Funktionen der Eingabe und zum Entwurfdes statischen Systems besitzen Lösch- und Ändern-Befehle, so daß Modifikationen jederzeit möglich sind.

StartfunktionNach Aufruf von ExTraCAD-Massivbau erscheint

zunächst das gewohnte AutoCAD-Auswahlmenü. Un-abhängig davon, ob man sich für das Erstellen einerneuen Zeichnung oder das Editieren einer vorhande-nen entscheidet, wird das Entwurfshilfeprogrammautomatisch geladen.

Falls es sich um eine neue Zeichnung handelt,wird zu Beginn der Sitzung der Bildschirm vorbereitet:Nach Abfrage der Zeichnungsgrenzen erstellt dasProgramm automatisch eine Bildschirmaufteilung, diesich in den Zeichnungsbereich und einen Informati-onsbereich gliedert. Links oben befindet sich die vomNutzer angegebene Projektbeschreibung, sowie An-gaben zu Geschoßhöhe und Geschoßzahl des zuplanenden Grundrisses. Der Platz rechts oben ist fürLegenden reserviert, die während des Programmab-laufs eingeblendet werden.

WändeBasis der Beschreibung des Grundrisses sind die

Wände. Sie werden in Form von Systemlinien einge-geben, die die Mittelachse des tragenden Teils derWand darstellen. Die Positionierung der Wände er-folgt nach überschläglichen Abmessungen des Grund-risses und kann durch ein Raster (AutoCAD-Funktion)unterstützt werden. Auf diese Weise wird vermieden,daß der Entwerfer zum Zeitpunkt des Vorentwurfesgenauere Angaben machen muß, als notwendig.

Abb. 8-1 Entwurf eines Wohnungsgeschosses

Abb. 8-2 Wände zeichnen

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WandtypenBei der Eingabe werden zunächst alle Wände als

tragende Innenwände angenommen. Über die Funkti-on "Wandtypen ändern" können bestimmten Wändenandere Eigenschaften zugeordnet werden, z.B. die ei-ner leichten Trennwand oder ein- bzw. zweischaligerAußenwände.

Diese Zuordnungen werden farbig auf dem Bild-schirm verdeutlicht und durch eine entsprechende Le-gende am oberen Bildschirmrand erläutert.

Da diese Eigenschaften, mit Ausnahme der leich-ten Trennwände ohne statische Funktion, für denweiteren Umgang mit dem Entwurfshilfeprogrammunbedeutend sind, kann mit Hilfe der Schalterfunktion"Wandtypen EIN/AUS" die einfarbige Darstellung derWände wiederhergestellt werden, ohne daß der inter-ne Informationsgehalt verloren geht. Auf diese Weisebleibt die Zeichnung überschaubarer.

FensterIn die Wände können Öffnungen, d.h. Fenster und

Türen, eingefügt werden, wobei alle notwendigen An-gaben, wie Öffnungsbreite, -höhe und Brüstungshöheabgefragt und gespeichert werden.

Das ExTraCAD-Massivbau fügt automatisch einenBalken als Sturz ein, so daß sich der Entwerfer nichtweiter um die statische Funktionsweise der Wandöff-nungen kümmern muß.

BalkenDer Architekt kann Balken auch direkt eingeben,

wenn er feststellt, daß die Decke noch ein zusätzlichesAuflager benötigt. Falls der Balken nicht auf einerWand aufliegt, wird automatisch eine Stütze vorgese-hen.

Balken müssen nicht unbedingt sichtbar im Entwurfsein. Wenn die Spannweite gering ist, können siedurch geeignete Bewehrungsführung innerhalb derStahlbetondecke ausgebildet werden. Es ist beab-sichtigt, eine Funktion in das Programm zu integrie-ren, die ermittelt, ob die statische Höhe des Stahlbe-tonbalkens höher ist, als die der Decke.

Balkone, DeckenöffnungenZur graphischen Beschreibung des statischen Sy-

stems ist es notwendig, die Form der aufliegendenDecke zu beschreiben.

Das ExTraCAD-Massivbau ermittelt automatischeine durchgehende Decke über den vorhandenenAußenwänden. Diese vorgegebene Grundform kanndurch den Nutzer abgeändert werden, indem mit den

Abb. 8-1 Wandtypen zuordnen

Abb. 8-1 Fenster zeichnen

Abb. 8-2 Balkone und Deckenöffnungen

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8 ExTra-CAD-Massivbau

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entsprechenden Funktionen z.B. Balkone angefügtwerden oder Deckenöffnungen eingezeichnet werden,falls die Decke unterbrochen werden soll (z.B. beiTreppen oder Aufzugsschächten).

NutzungenWeiter oben wurde die Forderung aufgestellt, den

Nutzer nicht zu viele Informationen gleichzeitig zubieten - den Entwurfsprozeß stört es vielleicht nochmehr, wenn das Programm vom Nutzer die Eingabevon Informationen erwartet, die er, zumindest in derverlangten Aufbereitung, nicht präsent hat. Zu solchenInformationen gehören typischerweise Zahlenwerte.

So muß z.B. für die Bemessung der Wände ihreBelastung bekannt sein; zu deren Ermittlung werdendie Verkehrslasten auf den Decken benötigt.

Wir umgehen die Eingabe solcher Zahlenwerte, in-dem wir den Programmanwender durch Auswahl inAutoCAD-Bildmenüs lediglich die Nutzungen auf derDecke anwählen lassen.

Diese Bildmenüs sind in einer baumartigen Struk-tur aufgebaut und bieten Zugang zu allen typischenNutzungsarten. Um den Auswahlprozeß zu verkürzen,wird lediglich bei der ersten Eingabe einer Nutzung ineiner Zeichnungssitzung (Aufruf einer AutoCAD-Zeichnung) nach dem Gebäudetyp gefragt, den dasProjekt behandelt. Anschließend wird bei jedem er-neuten Aufruf der Funktion immer sofort die entspre-chende Auswahl der Nutzungen dieses Gebäudetypseingeblendet. Verzweigungen in diesem Schaubildermöglichen weiterhin den Zugang auch zu anderenNutzungstypen.

Dargestellt werden die Nutzungsarten als Schraffurmit unterschiedlichen Farben unter Beifügung einererklärenden Legende.

Falls zusätzlich zur gewünschten Nutzung leichteTrennwände in die spätere Berechnung einbezogenwerden sollen, so wird dies nach einer entsprechendenAbfrage durch eine gekreuzte Schraffur verdeutlicht.

Zur Erleichterung der Eingabe wird bei der erstenNutzungseingabe der Hauptnutzungstyp festgelegt,der zunächst für die gesamte abgebildete Decke Gül-tigkeit besitzt. So müssen nachträglich nur noch die-jenigen Flächen explizit markiert werden, die dieserNutzung nicht entsprechen.

Abb. 8-1 Auswahl des Gebäudetyps im Bildmenü

Abb. 8-2 Auswahl der Nutzungen über Bildmenüs

Abb. 8-3 Darstellung der Nutzungen auf der Decke

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8.1.2 Analyseoptionen

SpannrichtungsanalyseNun müßte eigentlich der Tragwerkplaner geholt

werden, der zunächst die optimalen Decken-spannrichtungen auswählt, über die benötigte Dek-kenstärke das Deckeneigengewicht errechnet, undanschließend aus allen Angaben die Belastung, dieLagerbedingungen und die übrigen Randbedingungender Wände ermittelt.

Wir haben, als Ersatz für den nicht immer anwe-senden Tragwerkplaner, ein Analyse-Programm ge-schrieben, das dessen Aufgabe übernimmt und dasSystem Decke - Wände gründlicher analysiert, als dasder Tragwerkplaner in der Regel tun wird.

Für jede vom Nutzer durch Plazierung einesSpannrichtungssymbols vorgeschlagene Decken-spannrichtung ermittelt dieses Programm zunächst,welche Deckenbereiche gleichartigen Bedingungenhinsichtlich der Auflagerung und der Belastung unter-liegen. Für jeden dieser Bereiche analysiert es dasstatische System. Ist dieses fehlerhaft (z.B. fehlendeAuflager) oder baupraktisch ungeeignet (z.B. zu großeStützweite) erfolgt an der entsprechenden Stelle aufdem Bildschirm eine Meldung.

Es können beliebig viele solcher Analysen durch-geführt werden, so daß der Entwerfer das Systemsolange verändern kann (z.B. durch Anordnung vonBalken oder zusätzlichen Wänden), bis er zu einerfehlerfreien und befriedigenden Lösung gelangt ist.

Ist das System fehlerfrei, ermittelt das Programmdie erforderliche Deckenstärke und stellt diese in Ver-bindung mit dem Spannrichtungssymbol auf demBildschirm dar. Als wichtige zusätzliche Informationgibt das Programm unter dem Begriff "Summe" eineMaßzahl für den erforderlichen Bewehrungsaufwandder gewählten Spannrichtung auf den Bildschirm.

Der Vergleich dieser Maßzahlen für die beidenderzeit möglichen Spannrichtungen erlaubt - bei iso-lierter Betrachtung der Decke - eine schnelle Auswahlder optimalen Spannrichtung.

Die Schalterfunktion "Deckenanalyse EIN/AUS" si-chert die übersichtliche Darstellungsweise eines sol-chen Vergleichs, indem sie die Sichtbarkeit der detail-lierten Analyseergebnisse steuert, während dieSpannrichtungssymbole mit ihren zusammenfas-senden Aussagen zum statischen System weiterhinsichtbar bleiben. Die Entscheidung für eine bestimmteSpannrichtung, die der Wandbemessung zugrunde

Abb. 8-1 Wahl der Spannrichtung

Abb. 8-2 Analyse eines fehlerhaften statischen Systems

Abb. 8-3 Vergleich zweier Spannrichtungen

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8 ExTra-CAD-Massivbau

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gelegt werden soll, trifft der Entwerfer, indem er alleanderen Analysen löscht (Funktion "Spannrichtungenverwerfen").

Deckenfeld festlegenHäufig sind Grundrisse so beschaffen, daß es

sinnvoll ist, in Teilbereichen der Decke unterschiedli-che Spannrichtungen zu verwenden. Unser Pro-gramm ist noch nicht in der Lage, eine Decke von sichaus sinnvoll in solche Teilbereiche aufzuteilen.

Über die Funktion "Deckenfeld festlegen" kann je-doch der Nutzer durch Umfahren solche Teilflächenfestlegen und getrennt analysieren lassen.

Sinnvoll einsetzbar ist diese Funktion auch dann,wenn die Decke aus bauphysikalischen Gründen (z.B.Schallschutz oder Wärmeschutz) getrennt werdensoll.

Die Methoden des Vergleichs zweier Spannrich-tungen, wie sie für die Analyse der gesamten Dek-kenfläche beschrieben wurden, sind für Deckenfelderin gleicher Weise anwendbar.

WandstärkenanalyseSobald die Entwicklung des statischen Systems

abgeschlossen ist, das heißt, daß für jedes Decken-feld bzw. die gesamte Decke eine fehlerfreie Analysevorgenommen wurde (dies läßt sich an den Spann-richtungssymbolen erkennen), kann die Bemessungausgeführt werden.

Zu diesem Zeitpunkt sind in der Zeichnung - aufsehr unterschiedliche Art und an unterschiedlichenStellen - alle notwendigen Informationen zur Bemes-sung der einzelnen Wandabschnitte vorhanden.

Diese Angaben - für jeden Wandabschnitt etwa18 - werden in eine normierte externe Datei geschrie-ben und können anschließend von einem externenBemessungsprogramm ausgewertet werden.

Das Bemessungsprogramm ermittelt zunächst dieerforderliche Mindestwandstärke für jedes Wandstücknach DIN 1053. Daraufhin erfolgt der statische Nach-weis für diese Wandstärke sowie für die beidennächsthöheren DIN-Stufen für Mauerwerkswände(115 - 175 - 24 etc.). Diese Nachweise schließen dieBerechnung der jeweils vorhandenen Druckspannungsowie deren Erhöhung durch Knickgefahr ein. DieKombination aus Wandstärke und erhöhter vorhande-ner Spannung werden wieder nach AutoCAD zurück-gesendet, und zunächst für die erforderliche Mindest-wandstärke graphisch dargestellt.

Abb. 8-1 Analyse eines Deckenfeldes

Abb. 8-1 Ausgabe der erforderlichen Mindestwandstärken, ver-tikale Spannrichtung

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Die Wände erhalten in der Zeichnung ihre maß-stäbliche Dicke, unterstützt durch eine entsprechen-den Bemaßungstext. Die Spannungen werden an-hand von Farben verdeutlicht. Dabei bedeuten:

• rot - hohe Spannung (σ > 0.12 kN/cm²),

• gelb - mittlere Spannung (0.05 < σ < 0.12 kN/cm²)

• grün - geringe Spannung (σ < 0.05 kN/cm²)

Auf diese Weise kann der Entwerfer sehr schnellbeurteilen, welche Wände stark belastet sind und wel-che weniger stark.

Die erhöhte Druckspannung bestimmt die für diekonstruktive Ausführung notwendige Kombination ausSteingüte und Mörtelgruppe, die jedoch für den Ent-werfer des Tragwerks verhältnismäßig unbedeutendist und deshalb nicht dargestellt wird. Eine Tabelle dermöglichen Kombinationen für bestimmte Druckspan-nungen kann bei Bedarf als Schaubild eingeblendetwerden. Dieses ist zugänglich über die Funktion "Sta-tik-Infos".

Desgleichen können detaillierte Informationen fürjedes Wandstück, die vom Bemessungsprogrammermittelt wurden, ausgegeben werden, falls der Nutzerdies wünscht. Hierzu gehört beispielsweise der ge-naue Wert der Druckspannung, der ja über die Farbennur überschläglich dargestellt wird.

Der Begriff Wandstück bzw. Wandabschnitt sollhier näher erläutert werden: Bei einer so genauenAnalyse des Decke-Wände-Systems, wie sie von demAnalyse-Programm vorgenommen wird, wird unterUmständen eine durchgehende Mittelwand in mehrereWandabschnitte mit unterschiedlicher statischer Be-deutung aufgeteilt.

Die Entscheidung, ob die Wandstärke auf der vol-len Länge einer durchgehenden Wand gleichbleibensoll und dabei evtl. unterschiedliche Steingüten ver-wendet werden müssen, bleibt beim Entwerfer. UnserProgramm soll ihm aber alle Informationen, die bei ei-ner solchen Entscheidung helfen können, gleichzeitigund übersichtlich anbieten.

Wandstärken ändernWie schon erwähnt, werden bei der Ausgabe der

Wandstärken zunächst die erforderlichen Mindest-wandstärken dargestellt. Da das Bemessungspro-gramm aber eine Alternativbemessung vornimmt,kann die Stärke jeder Wand anschließend vom Ent-werfer beliebig nach oben verändert werden.

Abb. 8-2 Ausgabe der erforderlichen Mindestwandstärken, hori-zontale Spannrichtung

Abb. 14 Tabelle für die Spannung σ0 (kN/cm²] der Steingüte-Mörtelgruppe-Kombination aus der DIN 1053

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8 ExTra-CAD-Massivbau

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Dies wird zum Beispiel notwendig, wenn dieDruckspannung einer dünnen Wand sehr hoch ist,oder wenn eine durchgehende Wand trotz unter-schiedlicher Belastungen der verschiedenen Wand-stücke an jeder Stelle dieselbe Wandstärke erhaltensoll.

Beim Verändern einer Wandstärke, die in DIN-Stufen dicker oder dünner werden kann, wird die Far-be der Wand automatisch der veränderten Druck-spannung angepaßt, und die neue Dimensionierungdurch einen Bemaßungstext verdeutlicht. Ein * vordiesem Text bedeutet, daß die erforderliche Mindest-wandstärke erreicht ist.

8.1.3 AnwendungsunterstützendeFunktionen

Nun möchte ich noch auf drei Funktionsbereichedes Tablett-Menüs hinweisen, deren Wirkung am Bei-spiel nicht aufgezeigt wurde, die für den Benutzeraber von Bedeutung sind:

• Die Schalterfunktion EIN/AUSWürde man alle Informationen, die beim Bearbeitendes Beispiels eingegeben oder vom Programm er-mittelt wurden, gleichzeitig auf dem Bildschirm dar-stellen, wäre das Ergebnis wegen der Informati-onsdichte für den Programmnutzer wertlos.Mit dieser Funktion können daher gezielt Informa-tionen zu einzelnen Teilbereichen ein- oder ausge-schaltet werden.

• ProgrammhilfenDie Hilfefunktion in der von AutoCAD angebotenenForm genügt nicht unseren Anforderungen an einbenutzerfreundliches Programm, da sie die fehler-freie und vollständige Tastatureingabe des ge-wünschten Befehlsnamens voraussetzt.Der Nutzer unseres Programms kennt die Namender von ihm verwendeten Befehle in der Regel nicht,sondern wählt sie durch Antippen auf dem Tablett-Menü.Er wird daher nach Anwählen der Funktion "Pro-grammhilfen" nur aufgefordert, das Menüfeld der ihninteressierenden Funktion anzutippen, und erhältdann eine ausführliche textliche Beschreibung aufdem Bildschirm.

Abb. 8-1 Änderung der Wandstärken

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• Statik-InfosUnter diesem Begriff wird eine Funktion angewählt,die das gezielte Auffinden von Informationen zumEntwerfen von Tragwerken in einem "Handbuch" aufdem Bildschirm ermöglicht. Wir ersetzen also dasSuchen eines entsprechenden Tabellenbuches unddas Blättern darin.Die geschickte Kombination von AutoCAD-Bildmenüs und von AutoCAD-Dias, die in einer Dia-bibliothek zusammengestellt sind, ermöglicht denAufbau des "Handbuchs" in einer baumartigenStruktur, so daß mit nur wenigen Auswahlschrittenauch in einer umfangreichen Diathek die ge-wünschte Information schnell zur Verfügung gestelltwerden kann.

Dieser beispielhafte Programmablauf verdeutlichtdie Funktionsweise des Entwurfshilfeprogramms aufdem Entwicklungsstand von 1990.

Die Benutzeroberfläche sowie die internen Aus-wertungen sind noch keineswegs perfektioniert, diegrundsätzliche Struktur verdeutlicht jedoch, in welcherForm eine Rechnerunterstützte Entwurfshilfe für Ar-chitekten realisiert werden kann.

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8 ExTra-CAD-Massivbau

181

8.2 Komponenten der statischenVerarbeitung

ExTraCAD Massivbau stützt seine theoretischenGrundlagen der Mauerwerksbemessung auf den imFebruar 1990 erschienenen Teil 1 der DIN 1053, Re-zeptmauerwerk [DIN 1053].

Allerdings handelt es sich hier um ein Nachweis-verfahren für den Ingenieur und ist in seiner Komple-xität für den entwerfenden Architekten schwer über-schaubar. Neben einzuhaltenden konstruktiven Rand-bedingungen bezüglich Wind, räumlicher Steifigkeitund aussteifenden Wänden, die zur Vereinfachung alserfüllt angenommen werden können, wird eine Viel-zahl von Angaben zu Einflußgrößen zu jeder Wandgefordert, um den statischen Spannungsnachweisdurchführen zu können.

Abb. 8-1 Modell für ExTraCAD

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8.2.1 Einflußgrößen für denSpannungsnachweis nach DIN 1053

Im folgenden werden anhand der verschiedenenAbschnitte der DIN 1053, Teil 1 die für den statischenNachweis von Mauerwerkswänden notwendigen An-gaben aufgelistet und durchnumeriert (s. Abb. 8-1).

Es liegt auf der Hand, daß neben der eigentlichenBerechnung, die vom Programm ausgeführt werdensoll, vor allem eine Systematisierung dieser (18! ) Ein-flußgrößen notwendig ist, wenn die DIN 1053 in einemEntwurfshilfeprogramm eingesetzt werden soll.

Ziel der EntwurfshilfeZiel der Entwurfshilfe soll die Wahl einer geeigne-

ten Dicke für jede Wand sein. Das Nachweisverfahrennach DIN 1053 ist natürlich überhaupt nicht geeignet,die Bemessung zu steuern, denn beim Entwurf willman sich eben nicht von vorne herein auf Dimensio-nierungen festlegen. Deshalb wird das Ziel verfolgt,durch das Programm eine Alternativendarstellung zuverwirklichen, die verschiedene mögliche Wandstär-ken zur Auswahl stellt, deren Nachweis intern schonerbracht wurde.

Die Einschätzung der verschiedenen Wanddickensoll anhand der (erhöhten) vorhandenen Spannungerfolgen, da wir davon ausgehen, daß im frühen Ent-wurfsstadium eine Steingüte/Mörtelkombination nichtvon Interesse ist und zu einem späteren Zeitpunktfestgelegt werden kann (s. 8.2.5). Diese kann aufWunsch den Tabellen 3 und 4 der DIN 1053, Teil 1entnommen werden.

Reduzierung auf architektonische AngabenAufgrund der Zielvorstellung können Angaben des

Entwerfers zu Wanddicke und Steingüte/Mörtelkombi-nation entfallen. Neben dieser grundsätzlichen Aus-richtung des Programms geht es vor allem darum, dienotwendigen Eingaben so weit wie möglich zu redu-zieren, sie auf graphischem Wege zu ermöglichenund dem Entwurfsdenken des Architekten anzupas-sen. Diese Aufgabe wird von der Komponente derstatischen Interpretation übernommen.

DIN 1053 - 6.1. AllgemeinesTabelle 1: Voraussetzung der Anwendung des Teil 1

1) Wandtyp (innen/außen, einschalig/zweischalig)2) Anzahl der Geschosse

DIN 1053 - 6.6.2. Knicklängen

• zur Ermittlung von β (Knickbeiwert)3) lichte Geschoßhöhe hs4) „Halterung“ (zwei-, drei-, vierseitig gehalten,

Ermittlung nach DIN 1053, 6.6.1 und 6.6.3)5) Deckenart (flächig gelagert?)6) Wanddicke7) Mindestauflagertiefen

(der Decke auf den Wand)8) Wandlänge

-> Knicklänge der Wand: hk = β * hs

DIN 1053 - 7.2.1 Spannungsnachweis

• zur Ermittlung von σo (Grundspannung)9) Mörtelgruppe10) Steinfestigkeitsklasse

• zur Ermittlung von N (Belastung der Wand)11) Verkehrslast12) Fußbodenaufbau13) Deckeneigengewicht14) Deckenstützweite15) Wandeigengewicht16) Belastung aus oberen Geschossen

• zur Ermittlung von vorh σ (vorh. Spannung)- N (Belastung der Wand, s.o.)- Wanddicke (zur Berechnung von A) (s. 6))

-> vorh σ = N / A

• zur Ermittlung des k1-Wertes - Wandlänge (s. 8))

• zur Ermittlung des k2-Wertes - Wanddicke (s. 6)) - Knicklänge hk (s.o.)

• zur Ermittlung des k3-Wertes- Deckenstützweite (s. 14))17) Konstruktive Maßnahmen zur zentrierten Krafteinlei-

tung?

• zur Ermittlung des k-Wertes (Abminderungsfak-tor für die Grundspannung)

18) Auflagertyp (End- oder Zwischenauflager)

-> Abminderungsfaktor: k = k1 * k2 oder k = k1 * k3

Der Spannungsnachweis wird dann folgendermaßen geführt:

vorh σσσσ < zul σσσσD = k * σσσσo

Abb. 8-1 Einflußgrößen nach DIN 1053

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8 ExTra-CAD-Massivbau

183

8.2.2 Statische Interpretation

Die Ideenformulierung in ExTraCAD-Massivbaubeschränkt sich auf architektonische Angaben (Wän-de, Fenster, Balken, Balkone, Deckenöffnungen, Nut-zungen, Geschoßzahl und Geschoßhöhe). Die Kom-ponente der statischen Interpretation übernimmt dieAufgabe, diese Angaben in Einflußgrößen für dieMauerwerksbemessung nach DIN 1053 (s. 8.2.1) zuübersetzen.

WändeFür den Spannungsnachweis nach DIN 1053 wird

die „Halterung“ der Wand benötigt (d.h. zwei-, drei-oder vierseitig gehalten). Die Ermittlung der Halterungkann ohne Probleme auf graphische Weise vorge-nommen werden, wenn folgende Bedingungen erfülltsind:

• Wände müssen aufgeteilt sein in Wandstücke zwi-schen aussteifenden Querwänden, das heißt, beijedem Anschluß einer Querwand wird eine durch-gehende Wand in zwei Teilstücke gebrochen.

• Beim Einzeichnen von Wandöffnungen (Fenstern),die nach DIN 1053 6.6.3 eine bestimmte Größe be-sitzen, wird die betreffende Wand unterbrochen unddurch einen Sturz ersetzt. Dadurch entstehen„Wandstücke“, deren Länge für die spätere Bemes-sung maßgebend ist.

Beide Voraussetzungen erfolgen bei der Benutzer-eingabe automatisch durch das Programm. Auf dieseWeise ist es möglich, zur Ermittlung der „Halterung“die Endpunkte jedes Wandstückes auf graphischeWeise daraufhin zu prüfen, ob aussteifende Quer-wände vorhanden sind. Werden an beiden Endpunk-ten Querwände gefunden, so ist die Wand vierseitiggehalten, wenn sie eine bestimmte Länge nicht über-schreitet. An Endpunkten, die zu einer Wandöffnunghin liegen, ist dies in der Regel nicht der Fall, so daßsolche Wände entweder zwei- oder dreiseitig gehaltensind. Diese Ermittlung ist vorläufig, da drei- undvierseitig gehaltene Wände eine bestimmte Länge, dievon der Wanddicke abhängig ist, nicht überschreitendürfen.

Die Dicke einer Wand soll ja das Ergebnis derAnalyse sein. Sie wird aber schon für den statischenNachweis benötigt. ExTraCAD-Massivbau bietet da-her alternative Berechnungen für verschiedeneWandstärken an (s. 8.2.5).

Das Eigengewicht der Wand ist von den verwen-deten Steinen abhängig. Auch diese Information soll

Interpretation der Wände

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationen

Geschoßhöhe

Wände

Fenster

a) Wandhöhe hs

b) Wanddicke d

c) Wandlänge

d) „Halterung“ der Wand

e) Wandeigengewicht g1 [kN/m]

Statische Interpretation

a) hs entspricht der Geschoßhöhe

b) d in Alternativenbildung für verschiedene Wanddicken

c) Ermittlung aus Geometrie der Wandstücke

d) Ermittlung aus Geometrie aller Wände

e) Überschlägliche Annahme Wandgewicht: 14 kN/m3

g1 = d [m] * hs [m] * 14 kN/m3

Abb. 8-1

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Ergebnis der Untersuchung sein. Das Wandeigenge-wicht kann überschläglich geschätzt werden, da esverhältnismäßig geringen Einfluß auf die gesamteBelastung hat.

Tragwirkung der DeckeEs wird die Annahme getroffen, daß eine Massiv-

decke in Stahlbeton verwendet wird, so daß eine flä-chige Verteilung der Lasten gegeben ist.

Für jede Wand werden Informationen über dieTragwirkung der Decke oberhalb der Wand benötigt.Dabei handelt es sich insbesondere über Angaben zuden Stützweiten der angrenzenden Deckenfelder undderen Typus (Einfeldträger, Innenfeld, Endfeld,Kragarm). Wenn die Spannrichtung der Decke be-kannt ist, können diese Informationen aus der Geo-metrie der architektonischen Angaben ermittelt wer-den. Zu diesem Zweck wurde die Methode der „Dek-kenfeldanalyse“ (s. 8.2.3) entwickelt.

Die DIN 1053 fordert unter bestimmten Bedingun-gen die zentrierte Krafteinleitung der Last und eineMindestauflagertiefe der Decke auf der Wand. DieseBedingungen werden vereinfachend als erfüllt be-trachtet, da sie Teil der Ausführungsplanung sind undin frühen Entwurfsphasen unbedeutend.

FlächenlastenDie anzunehmende Verkehrslast hängt von der

Nutzung der Decke überhalb der zu untersuchendenWand ab. Die Deckenfeldanalyse (s. 8.2.3) liefert dieNuztungstypen für die angrenzenden Deckenfelderder Wand. Die anzunehmende Verkehrslast für beideDeckenfelder kann dann nach DIN 1055, Teil 3 er-mittelt werden. Dabei wird ein Zuschlag für leichteTrennwände berücksichtigt, falls diese vorhandensind. Die Dicke der Stahlbetondecke ist ebenfalls Er-gebnis der Deckenfeldanalyse, so daß das Flächen-gewicht berechnet werden kann.

Der Fußbodenaufbau wird erst in späteren Ent-wurfsphasen festgelegt, so daß hierfür ein Über-schlagswert angenommen wird.

Interpretation Tragwirkung der Decke über einer Wand

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationen

Wände

Balken

Balkone

Deckenöffnungen

Spannrichtung

für jede Wand:

a) Stützweite 1 + 2 der Decke

b) Feldtyp 1 + 2 der Decke

c) Deckenart

Lagerung der Decke auf derWand:

d) zentrierte Krafteinleitung ?

e) Mindestauflagertiefe gege-ben?

Statische Interpretation

a) Ermittlung durch Deckenfeldanalyse (s. 8.2.3)

b) Ermittlung durch Deckenfeldanalyse (s. 8.2.3)

c) Annahme: Stahlbeton (flächige Verteilung der Lasten)

d) Annahme: Bedingung erfüllt

e) Annahme: Bedingung erfüllt

Abb. 8-1

Interpretation der Flächenlasten

Architektonische Angaben Benötigte statische Informationen

Wände

Balken

Balkone

Deckenöffnungen

Nutzungen

a) Verkehrslast 1 + 2

b) Last durch Fußbodenaufbau

c) Last aus Stahlbetondecke

Statische Interpretation

a) Nutzungstyp 1 + 2 aus Deckenfeldanalyse (s. 8.2.3)Ermittlung der Verkehrslast p aus Nutzung nachDIN 1055 Teil 3Zuschlag für leichte Trennwände:überschläglich: 1,25 kN/m²

b) Überschlägliche Annahme:Fußbodenaufbau: g1= 1,25 kN/m²

c) Deckendicke d aus Deckenfeldanalyse (s. 8.2.3)Stahlbetonraumgewicht: 25 kN/m³Deckengewicht g2 = d [m] * 25 kN/m³

Abb. 8-1

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8 ExTra-CAD-Massivbau

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8.2.3 Deckenfeldanalyse

Die Deckenfeldanalyse hat die Aufgabe, das Trag-verhalten einer einachsig gespannten Decke über or-thogonal angeordneten Wänden aufgrund der archi-tektonischen Angaben zu interpretieren. Zusätzlichwerden die Ergebnisse für die Beurteilung der Spann-richtung und die Fehlerdiagnose verwendet (s. 8.2.4).Die Deckenfeldanalyse basiert einzig auf den architek-tonischen Angaben. Neben den grundrißbestimmendenAngaben wird die Spannrichtung der Stahlbetondeckebenötigt. Vorläufig werden nur die Wände als tragendangenommen, die vertikal zur Spannrichtung verlaufen.

Bei der Analyse wird das zu untersuchende Dek-kenfeld in Deckenstreifen aufgeteilt, die gleichartigenstatischen Bedingungen unterliegen (gleiche Stütz-weiten und Lasten, gleiche Auflagerbedingungen).Jeder dieser Deckenstreifen wird durch eine in Strei-fenmitte dargestellte Systemskizze eindeutig be-schrieben, und jede dieser Systemskizzen in einemDeckenstreifen reicht von einer Deckenkante zurnächsten, und wird, falls eine Deckenöffnung vorhan-den ist, durch diese unterbrochen.

Die Auflagerpunkte werden durch Symbole mar-kiert und kennzeichnen so die tragenden Wände.Durch graphische Ermittlung erhält man die Eigen-schaften jedes Feldes (zwischen zwei Auflagern):

• die Stützweite des Feldes

• die Nutzung im Feld (zur späteren Ermittlung derWandlasten)

• den Feldtyp (Einfeldträger, Kragarm, Innen- oderEndfeld eines Durchlaufträgers)

Diese Angaben dienen unter anderem als Grund-lage für die Ermittlung der Belastung einer Wand. Esfehlt nur noch die maximal erforderliche Deckenstärkeund damit das Gewicht der Betondecke als Grundlagefür die Lastermittlung im Bemessungsprogramm. Die-se erhält man, indem man anhand der Stützweite unddes Feldtyps die ideelle Stützweite li [m] berechnet (s.Abb. 8-3). Die jeweilige Deckenstärke d errechnet sichdann folgendermaßen:

• d = li / 35 für Nutzungen ohne leichte Trennwände

• d = li2 / 150 für Nutzungen mit leichten Trennwän-den, wenn li > 4,20 m

Das Feld mit der größten Deckenstärke ist maßge-bend für die Deckenstärke der gesamten Decke.

Methode

Deckenfeldanalyse

Architektonische Angaben

Wände

Balken

Balkone

Deckenöffnungen

Nutzungen

Spannrichtung

Statische Ergebnisse

Für die Decke:Deckenstreifen (Breite)Deckendicke d

Für jeden Deckenstreifen:Deckenfelder

Für jedes Deckenfeld:StützweiteFeldtypNutzungstyp

Für jedes Wandauflager:Deckenfeld 1 + 2

Abb. 8-1

Abb. 8-2 Analyse verschiedener Deckenstreifen

Feldtyp ideelle Stützweite li

Einfeldträger 1.0 * l

Endfeld 0.8 * l

Innenfeld 0.6 * l

Kragarm 2.4 * l

Abb. 8-3 Ermittlung von li bei Stützweite l

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8.2.4 Beurteilung der Spannrichtung undFehlerdiagnose

Die Durchführung der Deckenfeldanalyse (s. 8.2.3)setzt voraus, daß die Spannrichtung der Decke be-kannt ist. Da die Wahl günstiger Spannrichtungen sehrkomplex ist, werden sie interaktiv durch den Entwerferfestgelegt, wobei eine größtmögliche Unterstützungder Beurteilung und eine Fehlerdiagnose stattfindet.

Beurteilung der gewählten SpannrichtungZur Beurteilung der gewählten Spannrichtung ste-

hen zwei Parameter zur Verfügung. Zum einen wirddie notwendige Deckenstärke angezeigt, die auchEinfluß auf die Gestaltung hat. Diese wird bereitsdurch die Deckenfeldanalyse ermittelt.

Zum anderen wurde eine „Maßzahl für den Beweh-rungsaufwand“ entwickelt, ein Hinweis, der den öko-nomischen Aspekt der Spannrichtungswahl berück-sichtigt. Die Deckenfeldanalyse liefert die Breite derDeckenstreifen und deren statische Systeme. Für je-des Feld innerhalb eines Deckenstreifens wird über-schläglich das vorhandene Feldmoment errechnet:

M = q × l 2 / fak

Die Streckenlast q wird aus dem Gewicht der Beton-decke, dem Fußbodenaufbau und der Verkehrslast (s.8.2.2, Flächenlasten) bezogen auf 1 m Deckenstreifenermittelt. Auch die Stützweite des Feldes l ist aus derDeckenfeldanalyse bekannt. Der Faktor - fak - ist ab-hängig vom jeweiligen Feldtyp (s. Abb. 8-1).

Für jeden Bereich des Systems, zusammengesetztaus der Breite b des jeweiligen Deckenstreifens undder zugehörigen Spannweite l mit diesem Moment M er-gibt sich:

M * b * l

Die Summe dieser Produkte liefert die Maßzahl für denBewehrungsaufwand einer Spannrichtung und erlaubtim Vergleich zweier Spannrichtungen die Einschätzungder analysierten Tragsysteme durch den Architekten.

SpannrichtungswechselAn dieser Stelle stellt sich das Problem, daß es

natürlich sinnvoll sein kann, innerhalb eines Gebäu-des die Spannrichtung zu wechseln. Es müßte alsoein Programm entwickelt werden, das die optimaleÄnderung der Spannrichtung selbständig ermittelt.

Nach reiflicher Überlegung haben wir festgestellt,daß der Umgang mit den vielfältigen Kombinations-möglichkeiten bei einem solchen Unterfangen eher

Methode

Beurteilung der Spannrichtung und Fehlerdiagnose

Statische und architektonische Informationen

Ergebnisse aus Deckenfeldanalyse (s. 8.2.3)

Wandtypen

Statische Ergebnisse

Deckendicke

„Maßzahl für den Bewehrungsaufwand“

Abb. 8-1

Feldtyp Faktor ‘fak’ für das Biegemoment

Einfeldträger 8

Endfeld 10

Innenfeld 12

Kragarm 2

Abb. 8-1 Faktoren für die Ermittlung von Biegemomenten

Abb. 8-2 Vergleich zweier Spannrichtungen

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8 ExTra-CAD-Massivbau

187

Aufgabe eines Informatikers wäre, der uns aber nichtzur Verfügung stand.

So haben wir uns entschlossen, dem Entwerfer dieAufgabe zu überlassen, mögliche sinnvolle Spannrich-tungswechsel vorauszusehen. Er hat die Möglichkeit,verschiedene Deckenfelder zu markieren, für die Analy-se des Tragsystems getrennt durchgeführt werden kann,wodurch eine Änderung der Spannrichtung ermöglichtwird.

Ein Ansatz, die optimale Spannrichtung automa-tisch ermittelten zu lassen, besteht darin, die Deckegenerell als 2-achsig gespannt zu betrachten. Da-durch ergibt sich zwangsläufig eine Lastabtragung indie günstige Spannrichtung. Der Architekt müßte sichdann nicht mehr mit einem Aspekt des Entwurfes her-umschlagen, der für die Gestaltung nur untergeord-nete Bedeutung hat. Für diesen Ansatz wurde eineMethode entwickelt, die die Lasteinzugsfelder einzel-ner Deckenfelder bei zweiachsig gespannten Deckenautomatisch ermittelt. Eine Implementierung im Ex-TraCAD-Massivbau fand aber nicht mehr statt.

FehlerdiagnoseAllein die graphische Darstellung der ermittelten

Tragsysteme der Decke trägt zum Verständnis desArchitekten für die Tragwirkung der Decke bei. Zu-sätzlich ermöglicht diese Darstellung auch die Lokali-sierung von Fehlern und Besonderheiten im stati-schen System, die bei der Deckenfeldanalyse werdenzwangsläufig erkannt.

So löst beispielsweise ein Einfeldträger ganz ohneAuflager oder mit lediglich einem Auflager eine Fehler-meldung aus. Die Analyse kann nicht korrekt beendetwerden, und der Nutzer wird aufgefordert, die fehlen-den Auflager durch Balken oder zusätzliche Wände zuergänzen, oder aber, das Tragsystem völlig zu verän-dern.

Aufgrund der Ermittlung der Stützweiten ist dasAnalyseprogramm aber auch in der Lage, andere Be-sonderheiten im statischen System aufzudecken: Diessind einerseits ideelle Stützweiten, die 6 m über-schreiten, und damit nach DIN 1053 nur unter der Be-dingung der „zentrierten Krafteinleitung“ verwendetwerden können (falls es sich um Endauflager han-delt). Andererseits sind dies Kragarme, die länger als1/3 der Länge zwischen ihren Auflagern sind, unddeshalb nur mit besonderen konstruktiven Maßnah-men zu realisieren sind. Auf diese Besonderheitenkann die Analyse ebenso aufmerksam machen.

Abb. 8-1 Analyse eines Teilbereiches

Abb. 8-2 Analyse eines fehlerhaften statischen Systems

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8.2.5 Wandbemessung in Alternativen

Ziel der Wandbemessung ist, dem Architekten dieKonsequenzen einer durch ihn bestimmten Wandstär-kenwahl aufzuzeigen. Dies bedeutet, daß die Wand-bemessung für alternative Wandstärken erfolgenmuß. Die Konsequenzen einer bestimmten Wahldrücken sich anschaulich in der Spannung aus, diedann in der Wand vorhanden ist.

Erhöhte vorhandene SpannungDie DIN 1053 ist ein Nachweisverfahren, das heißt

es wird der Nachweis erbracht, daß die vorhandeneSpannung vorh σ für eine bestimmte Wandstärke die

zulässige Spannung zul σD nicht überschreitet. Diezulässige Spannung setzt sich zusammen aus derGrundspannung (in Abhängigkeit der gewähltenSteingüte/Mörtelkombination) und einem Abminde-rungsfaktor k.

vorh σσσσ < zul σσσσD = k * σσσσo

Die Festlegung der Steingüte/Mörtelkombination istTeil der Ausführungsplanung und in frühen Ent-wurfstadien nicht von Interesse. Deren Angabe solldeshalb vermieden werden. Teilt man aber die vor-handene Spannung durch den Faktor k, und erhöhtsie dadurch, dann ist dieser Wert ein direkter Anhalts-punkt für die Beurteilung der Spannungen in derWand und kann zu einem späteren Zeitpunkt zurWahl einer geeigneten Steingüte/Mörtelkombinationbeitragen.

vorh σσσσ / k < σσσσo

Ermittlung der WandlastDie Wandlast N bezogen auf die Wandfläche A

wird benötigt zur Ermittlung der vorhandenen Span-nung:

vorh σσσσ = N / A

Die Wandlast setzt sich zusammen aus dem Ei-gengewicht der Wand, der Belastung aus der auflie-genden Decke und der Belastung aus den oberenGeschossen.

Im momentanen Entwicklungsstand nimmt dasProgramm an, daß die oberen Geschosse genausobelastet sind wie das zu planende Geschoß und daßdie tragenden Wände übereinanderstehen. So wirddie vorhandene Belastung aus Wandeigengewicht,und die Belastung aus der aufliegenden Decke, umdie Geschoßzahl vervielfacht. Diese vereinfachte An-nahme soll zu einem späteren Zeitpunkt durch Über-

Methode

Wandbemessung in Alternativen

Statische Informationen

Zu den WändenWandhöhe hs

Wanddicke dWandlänge„Halterung“ der WandWandeigengewicht [kN/m]

Zur Tragwirkung der Decke für jede Wand:Stützweite 1 + 2 der DeckeFeldtyp 1 + 2 der DeckeDeckenartzentrierte Krafteinleitung ?Mindestauflagertiefe gegeben?

Zu den FlächenlastenVerkehrslast 1 + 2Last durch FußbodenaufbauLast aus Stahlbetondecke

Statische Ergebnisse

für jede Wand:

- Mindestwandstärke

- alternative Wandstärken mit den entsprechenden erhöh-ten vorhandenen Spannungen

Abb. 8-1

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8 ExTra-CAD-Massivbau

189

nahme von Positionen aus den oberen Geschossenersetzt werden.

Ergebnisse der WandbemessungFür jede Wand wird zunächst die erforderliche

Mindestwandstärke nach DIN 1053 Teil 1, Tab. 1 er-mittelt. Von dieser Mindestwandstärke ausgehendwerden die nächsten beiden nächsthöheren Wand-stärken ermittelt, die durch DIN-Stufen festgelegt sind(115 - 175 - 24 etc.). Für alle Wandstärken wird sepa-

rat die erhöhte vorhandene Spannung (vorh σ / k)berechnet.

Alle benötigten statischen Informationen werdendurch die statische Interpretation (s. 8.2.2) und dieDeckenfeldanalyse (s. 8.2.3) erhoben. Die architek-tonischen Eingaben können sich auf die entwurfsrele-vanten Parameter zur Grundrißkonzeption beschrän-ken.

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9 Implementierung von ExTraCAD

Beide zur Zeit realisierten Programmodule vonExTraCAD (ESW und Massivbau) wurden als Appli-kationen zu dem CAD-System AutoCAD entwickelt.Dieses CAD-System hat den Vorteil, eine technischperfektionierte graphische Oberfläche zur Verfügungzu stellen und gleichzeitig diverse Softwaretechnikenanzubieten, die die individuelle Anpassung an einspezialisiertes Programmsystem erlauben.

Die ersten Ansätze einer Implementierung von Ex-TraCAD wurden bereits Ende der 80er Jahre mit derVersion AutoCAD 9.0 für DOS vorgenommen. Seit-dem wurden sukzessive Anpassungen an die jeweilsaktuelle Version von AutoCAD vorgenommen, wobeidie ursprüngliche Datenstruktur und das Program-mierkonzept weitgehend erhalten blieb. Neue Softwa-retechniken von AutoCAD wurden dann berücksich-tigt, wenn sie in die vorhandene Programmstrukturintegrierbar waren bzw. wenn der benötigte zusätzli-che Programmieraufwand im Rahmen einer nichtdurch Drittmittel geförderten Programmentwicklungzeitlich zu vertreten war. Unter diesen Bedingungensind heute beide Programmodule für die aktuelle Ver-sion AutoCAD 13.0 sowohl unter DOS als auch unterWindows 4.0 lauffähig und anwendbar. Eine expliziteAnpassung an die speziellen softwaretechnischenMöglichkeiten der Benutzeroberfläche von Windowskonnte bislang nicht vorgenommen werden.

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9.1 Softwaretechnische Möglichkeitender Anpassung von AutoCAD

AutoCAD ist ein reines Zeichenprogramm, ur-sprünglich für die Anwendung im Maschinenbau kon-zipiert, mit dem vektorisierte Graphiken erstellt undweiterbearbeitet werden können. Aufgrund seinerweltweiten Verbreitung werden die softwaretechni-schen Fähigkeiten ständig an den neuesten Stand derTechnik angepaßt. Die eigentliche Flexibilität für unter-schiedliche Einsatzbereiche erhält dieses CAD-System durch die Bereitstellung der Möglichkeit, bran-schenspezifische Applikationen zu entwickeln. Auf derBasis der graphischen Fähigkeiten von AutoCAD kön-nen somit individuelle Benutzerführung, Eingabe undAuswertung der Daten erfolgen. Die zu diesem Zweckzur Verfügung stehenden Softwaretechniken sind sehrumfangreich und erlauben bei unterschiedlichem Pro-grammieraufwand sowohl minimale Anpassung anspezielle Bürostrukturen als auch umfangreiche pro-fessionelle CAD-Applikationen. Die wichtigsten Tech-niken seien im folgenden kurz erläutert [s. AutoCAD94]:

• MenüanpassungAutoCAD verfügt über mehrere alternativ zu verwen-dende Menübereiche. Das Pulldown-Menü am obe-ren Bildschirmrand, das Bildschirmmenü am rechtenBildschirmrand, das Tablett-Menü für die Arbeit miteinem Digitalisiertablett und Bildmenüs, die die Aus-wahl anhand von Bildern (AutoCAD-Dias) erlauben.Alle Menübereiche von AutoCAD können mittels ei-ner einfachen ASCII-Datei (Textdatei ohne Formatie-rungen) den individuellen Bedürfnissen angepaßtwerden, das heißt es können Befehle ausgetauschtwerden, neue hinzugefügt werden, Abfragen inte-griert werden und mehrere Befehle zusammenge-fügt werden (z.B. Kopieren und Drehen in einemSchritt).

• AutoLISPAutoLISP ist eine AutoCAD-spezifische Program-miersprache, die sich in den Grundzügen an dieProgrammiersprache LISP anlehnt. Darüber hinauserlaubt AutoLISP den Zugriff auf die AutoCAD-Datenbank, die Bearbeitung AutoCAD-spezifischerDatenstrukturen (z.B. Definition eines Punktes alsListe mit 3 Elementen) und die Ausführung von Au-toCAD-Befehlen. Damit können Zeichnungsele-mente aus dem Programm heraus erstellt und auchausgewertet werden. Eine spezielle Funktion erlaubt

***POP5

[Lasten]

[--]

[Punktlast ]^C^C$S=SW ^PPLASTWAHL

[Gleichlast ]^C^C$S=SW ^PGLASTWAHL

[Schneelast ]^C^C$S=SW ^PSLASTWAHL

[Windlast ]^C^C$S=SW ^PWLASTWAHL

[- Lastwert ändern ]^C^C$S=SW ^PZWERTAENDERN

[- Last Kopieren ]^C^C$S=SW ^PPLASTKOP

[- Streckenlast in Punktlast ]^C^C$S=SW ^P

[Last löschen ]^C^C$S=SW ^PLASTDEL

[--]

***POP6

[ANALYSE]

[--]

[Verformung ]^C^C$S=SW ^P(ZEIG_MNQF "f")

[Längskraft ]^C^C$S=SW ^P(ZEIG_MNQF "N")

[Querkraft ]^C^C$S=SW ^P(ZEIG_MNQF "Q")

[Biegemomente ]^C^C$S=SW ^P(ZEIG_MNQF "M")

[Stuetzlinie - Test ]^C^C$S=SW ^PSD

[Auflagerreaktionen ]^c^c^p(ZEIG_AUFL 1)

[vorhandene Spannungen ]^C^C$S=SW ^PSPANNUNGEN

[autom. Dimensionierung ]^c^c^pAUTO_BEM

[stat. Bestimmtheit ]^c^c^p(C:stP)

[Stabbreiten ]^c^c^pZB

[--]

[Theorie 1./2. Ordnung]^c^c^pTHEORIE_WAEHLEN

[--]

[Darstellung ausschalten]^C^C$S=SW ^PDELZULINS

[--]

Abb. 9-1 Auszug aus einer Menüdatei (Pulldown-Menüs)

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9 Implementierung von ExTraCAD

193

die Definition neuer AutoCAD-Befehle, die wie alleanderen Befehle direkt über die Benutzeroberflächeabgerufen werden können.AutoLISP ist eine verhältnismäßig einfache Pro-grammiersprache, die erst beim Aufruf einer Funk-tion übersetzt wird (Interpreter-Sprache) und des-halb vergleichsweise langsam ist. Die Möglichkeitdes Kompilierens (d.h. Vorab-Übersetzung in Ma-schinensprache) wird seit der Version 13.0 von Au-toCAD nicht mehr unterstützt.

• ADS (AutoCAD Development System)ADS ist eine auf der Programmiersprache C basie-rende Programmierumgebung zur Entwicklung vonAutoCAD-Anwendungen. C ist eine sehr leistungs-fähige und schnelle Programmiersprache, die mit ih-rer Variante C++ auch objektorientiertes Program-mieren erlaubt. Für die Anwendung innerhalb vonAutoCAD wurden spezielle Bibliotheken zur Verfü-gung gestellt, die die gleichen Möglichkeiten desZugriffs auf AutoCAD bieten wie AutoLISP. Die In-tegration in das CAD-Programm erfolgt über Auto-LISP, ist aber wesentlich komplexer als diese.

• DCL (Dialog Control Language)DCL erlaubt das Programmieren von Dialogboxen mitSchaltflächen und Eingabefeldern für die Benutzer-führung, wie sie seit dem Aufkommen der Fenster-technik (Windows) üblich sind. Die Ergebnisse sindsowohl in AutoLISP als auch in ADS (s.o.) verwend-bar.

• Xdata (Extended Data)Seit der Version 11.0 von AutoCAD besteht dieMöglichkeit, applikationsbezogen nicht-geometri-sche Informationen an geometrische Daten anzu-hängen, damit diese zu einem späteren Zeitpunktausgewertet werden können. Extended Entity Datasind für den Benutzer unsichtbar. Der Zugriff aufdiese Informationen durch AutoLISP- oder ADS-Programme erfolgt in ähnlicher Weise wie der aufdie originalen AutoCAD-Daten.

• ARX (AutoCAD Runtime Extension)ARX wird seit der Version 13.0 von AutoCAD ange-boten, als Programmierschnittstelle für professio-nelle Anwendungen. ARX kommuniziert effizient di-rekt mit AutoCAD und nicht wie ADS über den Um-weg von AutoLISP. Zudem soll über ARX in Zukunftauch die Unterstützung anderer Anwendungenmöglich sein [AutoCAD 94].

(defun VARIANTE_WAEHLEN

( / wahl dnam$ varliste aktionsliste)

(setq varliste (MACH_VARAUSWAHL))

(setq varliste (mapcar 'itoa varliste))

(setq wahl(BS_AUSWAHL

(list "" "VARIANTE" "WAEHLEN" "")

varliste

varliste

(list "" "" "" "Abbruch")

))

(setq aktionsliste

(list "Laden" "Abbruch" "Loeschen"))

(while (not (member wahl aktionsliste))

(setq dnam$ (strcat "$$" wahl))

(DIA_ZEIGEN dnam$)

(prompt "\n weitersuchen oder aktuelle Variante laden - ")

(setq wahl (BS_AUSWAHL

(list "" "VARIANTE" "WAEHLEN" "")

varliste

varliste

(cons "" aktionsliste)

))

)

(list wahl dnam$)

)

Abb. 9-2 Auszug aus einem AutoLISP-Programm

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194

9.2 Realisierte Implementierung

9.2.1 Datenstruktur von ExTraCAD

Es müssen sowohl geometrische als auch nicht-geometrische Daten gespeichert werden (s. 7.1). ExTra-CAD verwendet ausschließlich die AutoCAD-eigeneDatenstruktur zum Speichern der für das Programmnotwendigen Informationen. Graphische Darstellungauf dem Bildschirm und Dateninformation für ExTra-CAD stimmen also überein.

AutoCAD stellt geometrische Grundelemente zurVerfügung (z.B. Linie, Kreis, Ellipse etc.) deren Geo-metrie im Raum abgespeichert ist. In ExTraCAD wer-den hauptsächlich diese Grundelemente zur Erzeu-gung der Geometrie verwendet. Nicht-geometrischeInformationen werden durch die Zuordnung bestimm-ter Layer (Zeichenebenen), Linientypen und Farbenabgelegt und dadurch auch auf dem Bildschirm sicht-bar gemacht. Zum Beispiel wird die Geometrie einesStabtragwerks anhand von Linien erzeugt, währendder Querschnitt anhand der farblichen Layerzuord-nung identifiziert wird. Auch Wände werden als Linienabgelegt, die Wandtypen sind dann anhand der Farbeund des Linientyps zu erkennen.

Darüber hinaus erlaubt AutoCAD die Erzeugungvon Blöcken, die einen beliebig komplexen graphi-schen Inhalt besitzen können und über den ihnen zu-geordneten Namen immer wieder abgerufen werdenkönnen. Die Speicherung der Daten beschränkt sichdann auf die Definition des Einfügepunktes im Raum,die Skalierung und die Drehung des Blockes. DieseForm der Datenspeicherung wird zum Beispiel fürAuflager verwendet, die graphisch-symbolisch darge-stellt werden. Die Art des Auflagers kann dann an-hand des Blocknamens identifiziert werden, der Ein-fügepunkt gibt den Ort des Auflagers wider.

Blöcke können zusätzlich mit Attributen ausge-stattet werden, die die Speicherung nicht-geometri-scher Informationen erlauben und optional textlichsichtbar bzw. unsichtbar dargestellt werden. Die Attri-butsbezeichnungen eines Blocktyps sind immergleich, während der Inhalt der Attribute bei jedemEinfügen neu definiert werden kann. So wurde in Ex-TraCAD beispielsweise ein Block „Querschnittstyp“definiert, dem unter anderem die Attribute „Profiltyp“,„Profilgröße“ und „Material“ zugeordnet sind. Sobaldder Benutzer einen neuen Querschnittstyp erzeugt,werden diesen Attributen die gewünschten Daten(z.B. IPB 240, St 37) zugeordnet und auf dem Bild-

Abb. 9-3 Blöcke für die verschiedenen Auflagertypen

Abb. 9-4 Blöcke mit Attributen für die Querschnittstypen

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9 Implementierung von ExTraCAD

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schirm textlich wiedergegeben. Die schnelle Identifi-kation dieses Querschnittstyps erfolgt über Layerzu-ordnung (programmintern) und über Farbe (visuell fürden Benutzer).

Erweiterte Daten (Xdata) wurden für ExTraCADnicht verwendet, da die vorliegende Datenstruktur zumZeitpunkt dieser Möglichkeit bereits entwickelt war.

AutoCAD speichert neben den graphisch sichtba-ren Elementen der Zeichnung auch die Systemeinstel-lungen. Zum Einen seien hier die sogenannten Tablesgenannt. Dies sind Tabellen, in denen die benutzer-definierten Layer und Blöcke etc. abgelegt sind. In-formationen aus der Layertabelle werden beispiels-weise benötigt, um den Zustand (Ein oder Aus) desLayers für die Hilfskonstruktion zu ermitteln, damit dieentsprechende Funktion als Ein/Aus-Schalter fungie-ren kann.

Eine andere Kategorie der Systemeinstellungen istin Systemvariablen abgespeichert, deren Anzahlüberaus umfangreich ist. Zum Beispiel wird die Sy-stemvariable „Limiten“ benutzt, um den Zeichnungs-ausschnitt im CAD-System festzulegen, sobald derBenutzer die ungefähre Breite seines Tragwerks mit-geteilt hat. Diese Limiten benutzt das Programm zurFestlegung des Maßstabs für die symbolischen Ele-mente der Zeichnung.

Manche Objekte der Zeichnung sind zwar unab-hängige geometrische Elemente, stehen aber in ei-nem engen inhaltlichen Zusammenhang zueinander(z.B. Stäbe sind Linien, Gelenke werden als Kreiseam Stabende symbolisiert, wichtig aber ist die Aussa-ge, ob ein Stab gelenkig angeschlossen ist odernicht). Hier wäre es sinnvoll, einen direkten Zusam-menhang zwischen den Elementen von vorne hereinabspeichern zu können.

Will man Bezüge zwischen einzelnen Zeichnungs-objekten herstellen, müssen diese eindeutig identifi-zierbar sein. Dazu bietet AutoCAD Referenzen an, dieautomatisch als Text erzeugt werden. Text kann abernur innerhalb eines Blockes gespeichert werden, des-halb müßte die Datenstruktur der Stäbe geändertwerden. Bis zur Version AutoCAD 12.0 war es äu-ßerst umständlich, bleibende Bezüge zwischenZeichnungselementen herzustellen. Aus diesemGrund werden in ExTraCAD die Bezüge jeweils neuermittelt, wenn diese benötigt werden.

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9.2.2 Programmstruktur von ExTraCAD

Der gesamte Benutzerdialog von ExTraCAD wurdein AutoLISP realisiert. Dazu wurden spezielle Funktio-nen als AutoCAD-Befehle definiert, die die oben be-schriebene Datenstruktur (s. 9.2.1) erzeugen, bear-beiten, auswerten und kontrollieren.

Der Aufruf durch den Benutzer erfolgt über in Au-toLISP neu definierte AutoCAD-Funktionen, die in dieMenüstruktur eingebunden wurden. Sowohl für dasPulldownmenü als auch für Bildschirmmenü und Ta-blettmenü wurden individuell neue Strukturen ent-worfen, wobei ein spezieller Befehl das Umschaltenauf das originale AutoCAD-Menü erlaubt. Zur Anpas-sung des Tablett-Menüs wurde die AutoCAD-Optionverwendet, das Originalmenü beizubehalten und le-diglich den ersten leeren Tablettbereich mit eigenenFunktionen zu füllen. Auf diese Weise steht dem ge-übten CAD-Zeichner weiterhin der volle Umfang derAutoCAD-Funktionen zur Verfügung. Zur ausschließli-chen Anwendung von ExTraCAD ist dies allerdingsnicht notwendig.

Die Kommunikation zwischen Benutzer und ExTra-CAD erfolgt vorrangig in der AutoCAD-Befehlszeile,die sich am unteren Bildschirmrand befindet. Die Spe-zifikation von Benutzereingaben wird unterstützt durchBildmenüs, die eine zur Verfügung stehende Auswahlbildlich verdeutlicht (z.B. Eingabe von Profiltypen). Fürdie textliche Auswahl (z.B. Benutzeroptionen nach derSchnittgrößenermittlung) wird das Bildschirmmenü amrechten Bildschirmrand verwendet. Es bietet nebenfestgelegten Auswahlmenüs auch die Möglichkeit, dy-namisch während des Programmablaufs textlicheVeränderungen vorzunehmen, so daß die Auswahl-möglichkeiten auf die aktuelle Situation angepaßt wer-den können (z.B. Auswahl von Profilgrößen, die jeweilsvom vorher gewählten Profiltyp abhängen; diese müs-sen dann nicht explizit in der Menüdatei definiert sein).

In die AutoLISP-Funktionen wurde die Interpretati-on der architektonischen Angaben (z.B. Berechnungdes Trägheitsmoments aus den angaben zum Quer-schnittstyp) und die Kontrolle der statischen Informa-tionen integriert (z.B. Überprüfung der Länge einesNadelholzträgers). Die benötigten Daten Informatio-nen entnehmen die AutoLISP-Funktionen also aus-schließlich ihrem Quelltext und der AutoCAD-Daten-bank (CAD-Zeichnung). Lediglich die Querschnitts-werte von Stahlprofilen sind in einer separaten ASCII-Datei abgelegt und werden bei Bedarf abgerufen. DerGrundstock zu dieser Datei wurde uns 1992 freundli-

Abb. 9-5 Beispiel für ein individuelles Pulldown-Menü

Abb. 9-6 Beispiel für ein individuelles Tablettmenü

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9 Implementierung von ExTraCAD

197

cherweise von Dipl.-Ing. Arnd Fischer, Lehrstuhl fürAngewandte Informatik im Bauingenieurwesen, derUniversität Bochum zur Verfügung gestellt.

Der Nachteil der Interpretersprache AutoLISP ist ih-re relative Langsamkeit. Diese macht sich während desBenutzerdialogs nicht bemerkbar, da dieser ohnehindurch die relative Trägheit des Menschen bestimmtwird. Die Berechnung eines statischen Systems erfor-dert jedoch einen erheblichen Rechenaufwand, der inkurzer Zeit erfolgen muß. Deshalb ist es unbedingtnötig, hier auf eine kompilierbare Programmiersprachezurückzugreifen. Die Berechnung von Schnittgrößenund Verformungen wurde in einem BASIC-Programmrealisiert, die Berechnung der vorhandenen Spannun-gen und die automatische Dimensionierung mitPASCAL 6.0. Diese kompilierten Programme werdenüber die DOS-Shell oder als Windows-Anwendungvon AutoLISP aus aufgerufen und haben selber keineVerbindung zur AutoCAD-Datenbank. Der Programm-ablauf gestaltet sich deshalb folgendermaßen:

Nachdem der Benutzer die statische Berechnungüber Menü angefordert hat, nimmt AutoLISP die stati-sche Interpretation der geometrischen Eingabedatenvon AutoCAD vor, schreibt diese in eine temporäreASCII-Datei und ruft das entsprechende Berech-nungsprogramm auf. Das Berechnungsprogramm liestdie ASCII-Datei ein, führt die Berechnung aus, undschreibt die numerischen Ergebnisse in eine weitereASCII-Datei. Diese Ergebnisdatei wird wiederum vonAutoLISP eingelesen und als graphische Darstellungauf dem Bildschirm ausgegeben (z.B. Darstellung ei-ner Momentenlinie).

Dieser aufwendige Ablauf statischer Berechnun-gen wird vereinfacht, wenn zu deren RealisierungADS, also die kompilierfähige Programmiersprache C,verwendet wird, die eine direkte Anbindung an Auto-CAD besitzt. Seit diese Option von AutoCAD zurVerfügung steht, wurden die neueren Programmteile(„Ermittlung der statischen Bestimmtheit“, „Lokalisie-rung von Scheiben“, s. 7.2) in C++ implementiert.Auch hier ist ein Programmteil vorgeschaltet, der diegeometrischen Eingabedaten statisch interpretiert undin objektorientierten Strukturen ablegt. Diese könnendann aber direkt von dem C-Programm weiterbear-beitet werden und auch die Ergebnisse können direktaus ADS heraus auf dem Bildschirm ausgegebenwerden. Das zusätzliche Schreiben einer externenDatei ist dann nur noch notwendig, wenn der Benutzerdie numerischen Ergebnisse einsehen will.

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9.2.3 Spezielle Techniken in ExTraCAD-ESW

Zur Realisation des Bildschirmaufbaus in ExTra-CAD-ESW, der in Dokumentationsbereich und Zei-chenbereich unterteilt ist, wurde die AutoCAD-Optionder Differenzierung von Modell- und Papierbereichbenutzt. Diese erlaubt die Definition einer festgelegten„Papiergröße“, die auf dem Bildschirm in immer glei-cher Größe widergegeben werden kann und vom Be-nutzer nicht gezoomt wird. Hierhin werden alle Ob-jekte gezeichnet, die lediglich der Dokumentation derZeichnung dienen. Auf diesem „Papier“ kann weiterhinein Fenster beliebiger Größe eingerichtet werden,durch das auf das eigentliche Zeichenobjekt (dasStabtragwerk) geschaut wird. Dieser Bereich kann be-liebig durch den Benutzer oder durch das Programmgezoomt werden, ohne daß sich die Größe des Do-kumentationsbereiches ändert.

Zur Realisation der Archivierung von Entwurfvari-anten in ExTraCAD-ESW wurde die Erzeugung tem-porärer AutoCAD-Blöcke benutzt. Bei der Speiche-rung einer neuen Variante durch den Entwerfer, wer-den sämtliche Eingabedaten als zeichnungsinternerAutoCAD-Block abgespeichert und steht dann jeder-zeit wieder mit dem AutoCAD-Befehl „Einfügen“ zurVerfügung. Die Namengebung erfolgt automatischdurch Numerieren. Die Erstellung eines AutoCAD-Dias als externe Datei erzeugt eine Pixelgraphik mitdem momentanen Bildschirminhalt. Diese kann jeder-zeit ohne zeitliche Verzögerung wieder auf dem Bild-schirm aufgerufen werden, ist dann allerdings nichtmehr editierbar. Der Aufruf von Dias wird benutzt, umdem Benutzer die schnelle Auswahl der gewünschtenVariante durch „Blättern“ zu ermöglichen, bzw. umdie gesamte Auswahl der Varianten in einem Bildme-nü darzustellen. Wenn er sich für eine Variante ent-schieden hat, wird diese als Block eingeladen undkann dann wie jede andere Zeichnung weiter bear-beitet werden.

Abb. 9-7 Layout des ExTraCAD-ESW Bildschirms

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9 Implementierung von ExTraCAD

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9.2.4 Grenzen der realisiertenImplementierung

Mit Hilfe der oben beschriebenen Datenstrukturenund Programmstrukturen ist es gelungen, eine proto-typische Applikation zu den Forderungen des rech-nerunterstützten Tragwerkentwurfs zu realisieren. Dieprogrammiertechnische Umsetzung, Abfangung vonBenutzerfehlern, Weiterentwicklung der Programmeund Ansprüche an die Schnelligkeit, insbesondereaufwendiger statischer Berechnungen bergen aller-dings einige Schwierigkeiten, die mit den oben be-schriebenen Methoden nur schwer bearbeitet werdenkönnen.

• Keine Trennung zwischen statischem Wissen undProgrammablaufDie in der vorliegenden Arbeit herausgearbeitetengetrennten Arbeitsabläufe von Kommunikationsmo-dulen und Modulen der statischen Verarbeitung istim Programmtext nicht vorhanden. Die statische In-terpretation und die Prüfung der Eingaben sind inden Programmtext des Benutzerdialogs integriert.Dies bedeutet, daß eine Erweiterung des statischenWissens nur durch den eingearbeiteten Program-mierer, der das gesamte Programm kennt, erfolgenkann. Die Übersicht über das verarbeitete statischeWissen ist nur schwer beizubehalten.

• Datenspeicherung in der GeometriedatenbankEine Geometriedatenbank eignet sich nur bedingtzum Speichern statischer und architektonischer In-formationen. Wie in Kapitel 4.1 dargelegt ist einGroßteil der Daten nicht-geometrischer Natur, die ineiner Geometriedatenbank nur auf Umwegen abge-speichert werden können (s. 9.2.1). Neben der In-terpretation der architektonischen Angaben erfolgtalso zusätzlich eine Interpretation der geometri-schen Daten.

• Zusammenhang zwischen Datenstruktur und Dar-stellung am BildschirmDa die Datenstruktur mit der Darstellung am Bild-schirm identisch ist, ist die Handhabung der Reprä-sentation der Eingabe stark eingeschränkt.

• Relationen der Objekte untereinanderZusammenhänge der eingegebenen Daten könnenin der AutoCAD-Datenbank nur sehr umständlichabgespeichert werden (z.B. die Information, an wel-chem Knoten welche Stäbe und Auflager anschlie-ßen). Die Einhaltung der Konsistenz der aufgebau-ten Relationen sind nur mit großem programmier-

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technischem Aufwand zu realisieren. Deshalb wurdedie Strategie verfolgt, daß alle Zusammenhänge, dieauf geometrischen Eigenschaften basieren (z.B.gemeinsamer Kontenpunkt) vor einer statischen Be-rechnung jeweils wieder neu ermittelt werden. Diesist natürlich eine sehr zeitaufwendige Lösung.

9.3 Zusammenfassung

Zur Realisierung von ExTraCAD wurden die Mög-lichkeiten der konventionellen Programmierung inAutoCAD intensiv genutzt. Die implementierten Mo-dule sind erweiterbar und ExTraCAD-ESW wird stän-dig aktualisiert und erweitert.

Die Integration neuer Softwaretechniken (Objekt-orientierte Techniken, wissensbasierte Systeme,Fuzzy Logic etc., siehe auch 4.3.1) wurde intensivdiskutiert. In diesem Zusammenhang entstand u.a. ei-ne Diplomarbeit (Informatik) zum Aufbau einer objekt-orientierten Datenbank für ExTraCAD [Friedl 93]. Die-se Datenbank wurde in Hinblick auf eine Integrationaller Tragwerkaspekte für beide Prototypen (ExTra-CAD-ESW und -Massivbau) gemeinsam entwickelt.

Die Implementierung neuer Softwaretechniken, wiez.B. eine objektorientierte Datenbank, würde aller-dings bedeuten, daß die gesamte Programmstrukturneu aufgebaut werden müßte. Nach intensiven Dis-kussionen kamen wir zu dem Schluß, daß dies nichtunsere Aufgabe als Architekten und Bauingenieureist, sondern die von Informatikern. Unser Anliegen istes vielmehr, prototypisch die Anwendung architekten-gerechter Unterstützung des Tragwerkentwurfs aufzu-zeigen. Diese äußert sich vor allem in der Gestaltungder Benutzeroberfläche und der Entwicklung speziel-ler Methoden für die architektengerechte Tragwerka-nalyse (z.B. Fehlerdiagnose). Die realisierten Pro-gramme zeigen, daß dieses Anliegen auch mit kon-ventionellen Mitteln der Programmierung erreicht wer-den kann.

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10 Schlußbetrachtungen

Zusammenfassung der Kernpunkte von ExTraCAD

Im Zuge der Untersuchung einer Computerunter-stützung des architektonischen Tragwerkentwurfswurde eine praxisorientierte Software entwickelt, diedarauf ausgerichtet ist, Experimentieren und StatischeBeratung zu simulieren. Experimentieren mit den vir-tuellen Modellen im Computer ist das Angebot an denArchitekten, den Entwurf aktiv voranzutreiben. Kom-plexe statische Analysen unterstützen ihn passiv beidieser Tätigkeit. Die Auseinandersetzung mit ver-schiedenen Modellen des Entwurfsprozesses legtedie theoretischen Grundlagen für die Entwicklung vonExTraCAD (EXperimenteller TRAgwerkentwurf aufBasis von CAD).

Bei der Analyse der Statischen Beratung könnenaufgrund der Rollenverteilung zwischen Architekt undTragwerkplaner die geistigen Abläufe während desEntwerfens gut differenziert werden. Der Architektentwickelt Ideen für das Tragwerk und trifft Entschei-dungen unter Einbeziehung des Gesamtentwurfes.Der Tragwerkplaner analysiert das Tragwerk und er-mittelt so dessen statische Eigenschaften. In derKommunikation mit dem Architekten kann auch derTragwerkplaner zur Entwicklung neuer Entwurfsideenbeitragen (s. Abb. 10-1).

Wenn der Architekt zur Statischen Beratung nichtauf den Tragwerkplaner sondern auf ExTraCAD zu-rückgreift, müssen diese Kommunikations- und Ar-beitsabläufe auf das Programm übertragen werden.Daraus ergeben sich folgende Hauptaufgaben für Ex-TraCAD (s. Abb. 10-2):

• Komponenten der KommunikationDiese steuern die gesamte Benutzeroberfläche (Ein-und Ausgabe), die architektengerecht gestaltet wer-den muß. Sie bestimmen wesentlich die Akzeptanzdes Programms durch den Entwerfer.

• Komponenten der statischen VerarbeitungDiese integrieren statisches Expertenwissen zur In-terpretation der architektonischen Angaben und er-lauben architektengerechte Tragwerksanalysen, diesich durch vorwiegend qualitative Ergebnisse aus-zeichnen. Diese Prozesse laufen programminternab.

Diese Überlegungen wurden im Rahmen der vor-liegenden Dissertation in zwei Anwendungsprogram-

Abb. 10-1 Modell der statischen Beratung

Abb. 10-2 Modell für ExTraCAD

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men exemplarisch realisiert; ExTraCAD-ESW zumEntwerfen von ebenen Stabwerken und ExTraCAD-Massivbau. Beide Programme basieren auf demCAD-System AutoCAD. Wichtige Merkmale ihrer Be-nutzeroberfläche sind:

• Reduzierung der Eingabe auf entwurfsrelevante Pa-rameter

• Berücksichtigung des Entwurfsprozesses durch Ar-chivierung früherer Entwurfsvarianten

• Bereitstellung von Analyseoptionen, die die typi-schen Probleme beim Tragwerkentwurf behandeln

• Darstellung der Analyseergebnisse in einer dem Ar-chitekten verständlichen Form

Um diese Kommunikationsaspekte zu gewährlei-sten, wurden spezielle statische Verfahren entwickelt,die zu einer architektengerechten Tragwerksanalysebeitragen.

ExTraCAD bietet Architekten und Architektinneneine passive Entwurfsunterstützung durch Bereitstel-lung von Expertenwissen auf dem Gebiet der Trag-konstruktionen. Die aktiven Aufgabenbereiche desEntwurfsprozesses (Ideenfindung, Bewertung derIdee und Entscheidung über den weiteren Entwurfs-verlauf) bleiben dem Architekten überlassen.

Erfahrungen mit ExTraCAD und Ausblicke auf dieweitere Entwicklung

Der Einsatz von ExTraCAD in Lehre und Praxisbestätigt Effektivität und Akzeptanz des vorliegendenAnsatzes für den computerunterstützten Entwurf. Aufder Basis einer architektengerechten Benutzerober-fläche liefert ExTraCAD fundierte Angaben zum Trag-verhalten eines Entwurfes. So kann der Entwerfer Ent-scheidungen über die Qualität des entworfenen Trag-werks treffen und wird zu neuen Ideen angeregt. DaÄnderungen sehr schnell vornehmbar sind und dieAnalyseergebnisse sofort zur Verfügung stehen, kanner auf spielerisch-intuitive Weise mit verschiedenenEntwurfsvarianten experimentieren.

Die Arbeit mit ExTraCAD gibt dem Architekten einGefühl für die eigene Kompetenz, da er alle Varianteneiner Tragkonstruktion selbst untersuchen kann undnicht auf fremde Hilfe angewiesen ist. Darin liegt nachunseren Erfahrungen allerdings auch die Gefahr, daßdie eigene Kompetenz überschätzt wird und Exper-tenwissen durch blindes Vertrauen in die Ergebnisse

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10 Schlußbetrachtungen

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des Computerprogramms ersetzt wird. Der Architektmuß weiterhin bereit sein, sich intensiv mit dem Trag-werk auseinanderzusetzen und die Analyseergebnis-se zu hinterfragen. Nur dann kann eine effektive Ent-wurfsunterstützung stattfinden, die dann gleichzeitigauch einen didaktischen Erfolg verspricht.

Die Realisierung zweier Prototypen für ExTraCADhat entwicklungstechnische Gründe und spiegelt un-terschiedliche Aspekte des rechnerunterstützten Trag-werkentwurfs wider.

Die Entwurfsunterstützung für Ebene StabWerke(ExTraCAD-ESW) findet einen breiten Zuspruch inLehre und Praxis, denn ein Stabtragwerk hat in derRegel großen Einfluß auf die Gestaltung eines Bau-werks. Die Realisierung einer architektengerechtenBenutzeroberfläche konzentriert sich hier vor allemauf die Unterstützung bei der Eingabe eines stati-schen Systems und aussagekräftiger Darstellung derAnalyseergebnisse. Bei der Anwendung von ExTra-CAD-ESW durch Studenten stellte sich heraus, daßeine detaillierte Fehlerdiagnose bei instabilen Tragsy-stemen den Umgang mit dem Programm wesentlichvereinfachen würde. Die bekannten Berechnungs-methoden für ebene Stabwerke geben dazu keineMöglichkeit. Die in der vorliegenden Arbeit ausgear-beitete Analyse instabiler Tragsysteme ist eine wichti-ge Grundlage für die Realisierung einer aussagekräfti-gen Fehlerdiagnose und trägt damit wesentlich zurVerbesserung der architektengerechten Benutzer-oberfläche bei.

ExTraCAD-Massivbau bietet ein spezialisierteresEinsatzgebiet von Tragkonstruktionen. Beim Archi-tekturentwurf. In der Lehre ist die Konzeption vonWänden und Decken weniger von Bedeutung, da siegeringeren Einfluß auf die Gestaltung hat als die einesStabtragwerks. Sobald allerdings der Kostenfaktor ei-ne Rolle spielt, werden auch hier die Vorteile einerEntwurfsunterstützung deutlich. Die Forderung nacheiner architektengerechten Software konnte in ExTra-CAD-Massivbau sehr klar umgesetzt werden. DieRealisierung zeigt, daß spezielle statische Analysenallein aufgrund architektonischer Angaben (hier dieGrundrißplanung) durchgeführt werden können, expli-zite Überlegungen zum statischen System braucht derArchitekt nicht anzustellen. Die detaillierte Fehlerdia-gnose ist in diesem Fall Nebenprodukt der statischenAnalyse und für den Architekten sehr leicht nachvoll-ziehbar. Dadurch wird ExTraCAD-Massivbau zu einer

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intelligenten und sehr benutzerfreundlichen Entwurfs-hilfe.

Der gemeinsame Name „ExTraCAD“ für beidePrototypen soll aufzeigen, daß eine Unterstützung desTragwerkentwurfs selbstverständlich alle Aspekte derTragkonstruktion einbeziehen sollte. Erstrebenswertwäre also ein durchgängiges Programmsystem, dasdie Vorteile beider Prototypen miteinander vereint.Dies beinhaltet auch, daß die Entwurfsmöglichkeitenauf den Raum, also 3-dimensional, ausgeweitet wer-den müßten. Dazu wurden bereits intensive Überle-gungen vorgenommen.

Je kürzer die Wartezeit für die Analysen ist, destobesser kann experimentiert werden. In diesem Sinneist es ideal, wenn Echtzeitsimulationen integriert wer-den können, bei der sich z.B. die Verformung konti-nuierlich am Bildschirm ändert, während eine Lastoder ein Tragelement bewegt wird.

Ein weiterer Schritt wäre die Integration zusätzli-cher Aspekte des architektonischen Entwurfs, z.B. dieBauphysik. So scheint es, daß die Dimensionierungeiner Wand oder eines Sparrens vor allem von denstatischen Einflüssen geprägt ist. Die deutschen Nor-men enthalten aber mittlerweile so viele Vorschriften,daß die Bemessung von Tragelementen immer häufi-ger von bauphysikalischen Anforderungen (z.B.Schallschutz, Wärmeschutz) abhängt und wenigervon der eigentlichen Tragfähigkeit.

Eine solch inhaltlich umfassende Entwurfsunter-stützung scheint nach dem heutigen Stand der For-schung zwar erstrebenswert, aber noch nicht reali-sierbar. Strategien zur durchgängigen Entwurfsunter-stützung befinden sich selbst für Teilaspekte der Ar-chitektur noch in der Entwicklung, so daß momentaneher der standardisierte Datenaustausch unterschied-licher Systeme propagiert wird.

Folgerungen für den computerunterstütztenTragwerkentwurf

Software selbst ist verhältnismäßig kurzlebig. So-mit sind es die prinzipiellen Erkenntnisse bei der Ent-wicklung von ExTraCAD, die eine langfristige Bedeu-tung für den computerunterstützten Tragwerkentwurferhalten.

Für die Benutzerakzeptanz sind Gestaltung undHandhabbarkeit einer graphischen Programmoberflä-che ausschlaggebend. Dies betrifft die Eingabe, dieangebotenen Analysemöglichkeiten und Ausgabe der

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10 Schlußbetrachtungen

205

Ergebnisse. Es konnten eine Reihe von Anforderun-gen erarbeitet werden, die eine architektengerechteBenutzeroberfläche auszeichnen, wobei die folgendenhervorgehoben werden sollen.

Der Inhalt der geforderten Eingabe muß architek-tengerecht sein. Statische Analysen eines Architektu-rentwurfs sind nur dann sinnvoll, wenn sie auf kor-rekten Eingaben basieren, das heißt sie müssen dentatsächlichen Entwurfsideen des Architekten entspre-chen. Es ist also unbedingt notwendig, daß die Ent-wurfsideen direkt eingegeben werden und nicht diestatisch benötigten Informationen, die von herkömmli-chen Statikprogrammen gefordert werden. In frühenPhasen hat der Architekt aber erst wage Vorstellun-gen vom Entwurf, für dessen Erfassung, Speicherungund Darstellung im EDV-Bereich noch keine allgemeinanerkannten Strategien existieren. Darüber hinaushaben diese Vorstellungen in der Regel nur indirektmit der Statik zu tun (So bedeutet z.B. der Dachauf-bau für ein Tragsystem Lasteinwirkung). Zur Lösungdieses Konfliktes wurde die Komponente der Stati-schen Interpretation erarbeitet, die programminterndie architektonischen Aussagen in statisch verwend-bare Informationen umwandelt und nach statisch-kon-struktiven Gesichtspunkten überprüft. Auf diesem Ge-biet sind noch viele Forschungen notwendig.

Da beim Experimentieren mit verschiedenenTragwerkmodellen am Computer viele Entwurfsvari-anten entstehen, ist es notwendig, eine geeignete Ar-chivierungsmöglichkeit zur Verfügung zu stellen, dieSpeichern und Wiederaufruf ohne Komplikationenzuläßt.

Die zur statischen Beratung angebotenen Analy-sen müssen architektengerecht sein. Die Ingenieur-statik bietet hier vor allem die Berechnung von Ver-formung und Schnittgrößenverlauf. Allerdings beruhendiese exakten Methoden auf vollständigen und exak-ten Eingaben, die beim Architekturentwurf nicht er-wartet werden können. Für einen Vorentwurf werdenjedoch auch keine exakten Ergebnisse verlangt. Esgilt also Analysemethoden zu entwickeln, die einer-seits dem Beratungsbedarf des Entwerfers entspre-chen und andererseits den besonderen Bedingungendes architektonischen Tragwerkentwurfs genügen. Alsbesonders wichtiger Beitrag zur Beratung hat sich ei-ne aussagekräftige Fehlerdiagnose bei instabilen bzw.unwirtschaftlichen Tragsystemen erwiesen, damit derArchitekt gezielt umplanen kann. Eine Automatisie-

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rung der Fehlerbehebung ist deshalb nicht ange-bracht, weil Verbesserungen der Tragstruktur grund-sätzlich an vielen Stellen ansetzen können. Die Ent-scheidung darüber muß der Architekt im Kontext desGesamtentwurfes treffen.

Solche Fragen werden im Ingenieurbereich garnicht behandelt. So ist also auch auf dem Gebiet derarchitektengerechten computerunterstützten Trag-werksanalyse noch vielfältige Forschungsarbeit zu lei-sten.

Im Rahmen der Entwicklung von ExTraCAD sindwesentliche Teile der erarbeiteten Anforderungensoftwaretechnisch realisiert worden. Die kontinuierli-che Anpassung an die schnell fortschreitende Weiter-entwicklung im Hard- und Softwarebereich sowie inder Technologie der Softwareerstellung ist nur mitgroßem Aufwand zu leisten. Insofern fließt immenseArbeitskraft in die Lauffähigkeit des Programms unddas Abfangen von Benutzerfehlern, ohne daß weiter-führende Gedanken realisiert werden können.

Meine Motivation für das Thema der Dissertationentstand ursprünglich aus einer Begeisterung für dasProgrammieren, also vornehmlich das Umsetzen vonIdeen. Diese Auffassung hat sich im Laufe der Zeitgewandelt - die Implementierung von Software solltevon Programmierfachleuten durchgeführt werden. Aufdiese Weise kann die Energie von Architektinnen undArchitekten auf diesem Fachgebiet in das Entwickelnweiterführender Konzepte und neuer Ideen fließen,wozu allerdings konkrete Erfahrungen in der Softwa-reentwicklung unabdingbar sind.

Zum Schluß

Die passive Entwurfsunterstützung des Architektendurch EDV bietet ein breites Forschungsgebiet invielfältigen Wissensbereichen, das gerade erst be-schritten wird. Dadurch wird der Entwerfer keines-wegs in seiner Kreativität beeinträchtigt. Vielmehrkann er durch den Einsatz des Computers beim Ent-werfen den Vorteil umfassender Informationsquellennutzen und seinen Erfahrungsschatz erweitern. Rech-nerunterstützung ist also eine Alternative zu der per-sönlichen Beratung durch einen Fachplaner, die diegleichen Ziele verfolgt.

Die Informationsflut unserer heutigen Zeit und diedamit verbundenen Ansprüche an den Entwurf lassensich gar nicht ohne Unterstützung bewältigen, da nie-mand mehr alle relevanten Informationen zu einem

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10 Schlußbetrachtungen

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Problem im Kopf haben kann. Computereinsatz be-deutet in diesem Zusammenhang eine größere Unab-hängigkeit von anderen Personen und Zeitgewinnbeim Zusammentragen der notwendigen Informatio-nen zur Entwicklung und Bewertung neuer Ideen inHinblick auf bessere Qualität. Dies gilt auch für dieRechnerunterstützung beim Architekturentwurf.

Die wichtigen Impulse der Informatikforschung ge-hen allerdings meistens von anderen Berufssparten(Maschinenbau, Elektrotechnik, Medizin, Bauingeni-eurwesen) aus, da die Forschung im Bereich desCAAD (Computer Aided Architectural Design) immernoch nicht allgemein anerkannt und deshalb wenigverbreitet ist. Wollen wir aber erreichen, daß unserezukünftigen CAAD-Systeme auch wirklich architek-tengerecht gestaltet sind, so ist Forschungsinitiativeder Architekten selbst notwendig, denn nur sie kennendie Bedürfnisse der Entwurfstätigkeit. Die Angst vorder „computergerechten Architektur“ ließe sich um-kehren in die Forderung nach „architektengerechtenComputern“.

Forschungstätigkeit im Architekturbereich muß ei-nerseits Visionen für den Computereinsatz in der Zu-kunft schaffen und andererseits das heute schon Um-setzbare verwirklichen. ExTraCAD soll einen Beitragzu diesem Ziel leisten.

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Evelin RottkeVaalser Str. 373 - 52074 Aachen

3. Februar 1963 geboren in Jülich, Nordrhein-Westfalen

1973-1982 Gymnasium Zitadelle der Stadt Jülich, Abitur

1982-1983 Studienaufenthalt in Grenoble, Frankreich

Studentische Mitarbeiterin im bureau d’études, InstitutLaue-Langevin

1983-1987 Studium der Architektur an der RWTH Aachen

Studentische Mitarbeiterin am Lehrgebiet Experi-mentelle Tragwerklehre, Prof. Dr.-Ing. W. Führer

1987-1988 Studium an der École d’Architecture de Clermont-Ferrand, Frankreich

Mitarbeiterin im bureau d’architecture R. Besson

1988-1991 Studium der Architektur an der RWTH Aachen

Studentische Mitarbeiterin am Lehrgebiet Experi-mentelle Tragwerklehre, Prof. Dr.-Ing. W. Führer

Programmier- und Planungstätigkeit für verschiedeneArchitekturbüros in Aachen und Düsseldorf

1990 Erasmus-Stipendium Paris, Frankreich

1991 Diplom-Ingenieurin der Fachrichtung Architektur(RWTH Aachen)

1992-1994 Lehrauftrag an der FH Aachen, Fachbereich Archi-tektur, CAD für Frauen

seit 1991 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bau-konstruktion (Tragwerklehre) der RWTH Aachen,Prof. Dr.-Ing. W. FührerAufgabengebiete: Tragwerkplanung und EDV-Einsatzin der Architektur (Lehre, Forschung und Organisation)

Programmier- und Planungstätigkeit für verschiedeneArchitekturbüros in Aachen, Köln, Düsseldorf

Freie Mitarbeiterin bei der IngenieurgemeinschaftFührer-Kosch-Stein, Aachen (IngenieurholzbaupreisNordrhein-Westfalen 1995)