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1 Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven „Extrazelluläre Chitindeacetylase mariner und terrestri- scher Chitin verwertender Bakterien“ Bernd Schmietenknop Vorgelegt dem Fachbereich 2 (Biologie/Chemie) der Universität Bremen als Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwis- senschaften (Dr. rer. nat.) 12.09.2006

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Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven

„Extrazelluläre Chitindeacetylase mariner und terre stri-

scher Chitin verwertender Bakterien“

Bernd Schmietenknop

Vorgelegt dem Fachbereich 2 (Biologie/Chemie) der Universität Bremen

als Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwis-

senschaften (Dr. rer. nat.)

12.09.2006

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„Extrazelluläre Chitindeacetylase mariner und terrestrischer Chitin ver-

wertender Bakterien“

Bernd Schmietenknop

Tag des öffentlichen Kolloquiums: 13.10.2006

Gutachter der Dissertation:

Prof. Dr. Friedrich Widdel

Prof. Dr. Eike Siefert

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Zusammenfassung

3

Teile dieser Arbeit wurden bereits veröffentlicht:

Bernd Schmietenknop, Uta Bünger, Dr. Eike Siefert: „Isolation of Chitin deacetylating

marine bacteria“. Poster bei der Arbeitstagung Meeresbiotechnologie vom 12. – 13.

September 2000 in Oldenburg

Bernd Schmietenknop, Uta Bünger, Fay Mary Sharman, Dr. Eike Siefert: „Chitin

Deacetylation by Bacteria“. Poster auf der VAAM vom 25. bis 28. März 2001 in Ol-

denburg

Bernd Schmietenknop, Uta Bünger, Fay Mary Sharman, Dr. Eike Siefert: „Chitin

Deacetylase from Bacteria“. Poster beim 3rd International Symposium on Chitin En-

zymology am 6. – 10. Mai 2001 in Senigallia, Italien

Bernd Schmietenknop, Uta Bünger, Dr. Eike Siefert: „Screening nach bakteriellen

Chitindeacetylasen“ Vortrag beim Berichtstreffen des Forschungsschwerpunktes

Meeresbiotechnologie vom 17. und 18. September 2001 bei der GBF in Braun-

schweig

Bernd Schmietenknop, Constanze Jenschke, Maike Fokken, Dr. Eike Siefert und Dr.

Susanne Fetzner: „Chitosan production with new bacteria“. Poster auf der 3rd Euro-

pean Conference on Marine Natural Products vom 15. bis 20. September 2002 auf

Schloss Elmau bei München

Bernd Schmietenknop, Dr. Eike Siefert: „Chitindeacetylase – Nachweis des Enzyms

bei Bakterien“. Vortrag am ICBM in Oldenburg in der Vortragsreihe „Neue Erkennt-

nisse in der Mikrobiologie“ am 12.01.2004

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Zusammenfassung

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Das Ziel der Arbeit war es, ein für die enzymatische Herstellung von Chitosan aus

Chitin geeignetes bakterielles Enzym, die Chitindeacetylase (CDA) zu finden. Da die-

ses Enzym bislang bei Bakterien nicht bekannt war, mussten zunächst geeignete

Bakterien isoliert werden. Die Bakterien wurden aus marinen Habitaten und aus Chi-

tin enthaltendem Kompost isoliert. Anhand von Substrattests wurden daraus geeig-

nete Kandidaten für das Enzym-Screening ausgewählt. Im Hinblick auf eine mög-

lichst einfache Gewinnung des Enzyms wurde im Screening speziell nach extrazellu-

lären Enzymen in Kulturüberständen gesucht. Es wurden zwei verschiedene Tests

angewendet, um die CDA nachzuweisen. Ein colorimetrischer Test weist entstande-

nes Chitosan nach, während der Test auf Acetat das zweite Produkt der CDA nach-

weist.

Nachdem einige positive Stämme gefunden wurden, wurden die Untersuchungen auf

den Stamm 99.6 konzentriert, welcher die eindeutigsten Ergebnisse lieferte, auch

wenn er über störende Chitinasen verfügt. Die CDA Sequenz dieses Stammes konn-

te in einer Arbeitsgruppe am Fraunhofer Institut in Hannover in E.coli erfolgreich klo-

niert werden. Erste Untersuchungen auf Salzbedarf, pH-Toleranz oder Substratspezi-

fität in unserer Gruppe zielten ebenso auf eine technische Nutzung des Enzymes wie

erste Fermentationen im 2-Liter-Maßstab. Bei dem Versuch, die Chitinase-Aktivität

durch UV induzierte Mutationen auszuschalten, ging auch die Deacetylase-Aktivität

deutlich zurück.

Bei Versuchen, das Enzym aufzukonzentrieren, zeigte sich, dass das Enzym sehr

instabil ist. Die Aktivität ging sowohl bei der Aufkonzentrierung mit Zentrifugalfiltrato-

ren als auch beim Einfrieren stark zurück.

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Abstract

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The aim of this work was to find a bacterial catabolic enzyme, suitable for the deace-

tylation of chitin to chitosan. This enzyme, called chitin deacetylase, is known to be

present in fungi but not in bacteria. To find such an enzyme we first had to isolate

bacteria which are able to grow on chitin.

From marine sediments and also from compost, enriched with chitin, several bacte-

ria strains were isolated on chitin plates or on acetate, the second product of a chitin

deacetylase besides chitosan.

Some of the strains were tested for chitin deacetylase activity with a colorimetric test

or with a test for the formation of acetate. Regarding the advantages of an extracellu-

lar enzyme for a technical process (the purification of the enzyme is easier), the

screening methods were designed to detect extracellular enzymatic activity in the

culture media.

A few strains had chitin deacetylating activity but the best results were those of strain

99.6. This strain had also a chitinase activity. The cda-encoding gene of this strain

was cloned into E.coli at the Fraunhofer Institute in Hannover.

First investigations with 99.6 were done to optimize the culture conditions for a tech-

nical process.

We also tried to reduce chitinase activity by UV-induced mutations. But after this,

also the deacetylating activity was much lower.

Trying to concentrate the ezyme we recognized that the enzyme is very unstable.

Most of its activity was lost during centrifugation or freezing.

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Verzeichnisse

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung........................................................................................................... 11

1.1 Historisches über Chitin und Chitosan ....................................................... 11

1.2 Chemische Eigenschaften von Chitin und Chitosan................................... 13

1.3 Vorkommen und Funktion von Chitin und Chitosan ................................... 17

1.4 Abbau von Chitin in der Natur .................................................................... 20

1.5 Chemische Herstellung von Chitosan ........................................................ 26

1.6 Anwendungsgebiete von Chitin und Chitosan… ....................................... 29

1.7 Zielsetzung dieser Arbeit ........................................................................... 36

2 Material und Methoden ..................................................................................... 38

2.1 Verwendete Chemikalien .......................................................................... 38

2.2 Verwendete Lösungen .............................................................................. 39

2.3 Verwendete Medien .................................................................................. 42

2.4 Verwendetes Chitin ................................................................................... 44

2.5 Gewinnung von Anreicherungskulturen ..................................................... 45

2.6 Reinkulturen .............................................................................................. 46

2.7 Wachstumstest auf verschieden Medien ................................................... 47

2.8 Gewinnung Chitinase-negativer Mutanten ................................................ 49

2.9 Nachweis der Chitindeacetylase-Aktivität .................................................. 50

2.10 Proteinbestimmung ................................................................................... 63

2.11 Aufkonzentrierung von Proteinen .............................................................. 64

2.12 Gewinnung von Rohextrakt aus Mucor rouxii ............................................ 64

3 Ergebnisse ....................................................................................................... 65

3.1 Gewinnung von Reinkulturen / Plattentests............................................... 65

3.2 Colorimetrische Bestimmung von gebildetem Chitosan ............................ 74

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Verzeichnisse

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3.3 Bestimmung des gebildeten Acetats ......................................................... 79

3.4 Chitin relevante Enzyme bei den isolierten Stämmen ............................... 83

3.5 Eigenschaften des Stammes 99.6 ............................................................. 85

3.6 Wachstum mit verschiedenen Substraten ................................................. 88

3.7 Fermentation mit dem Stamm 99.6 ........................................................... 90

3.8 Entwicklung des Acetat-Nachweises mit der Acetyl-CoA-Synthetase ....... 92

3.9 Erste Acetatbestimmungen in Überständen eigener Isolate ...................... 96

3.10 Versuche zur Aufkonzentrierung der CDA .............................................. 100

3.11 pH-Wert-Optimum und Substratspektrum der CDA ………………………..103

4 Diskussion ...................................................................................................... 105

4.1 Verwertung von Chitin und Chitosan ....................................................... 105

4.2 CDA-Aktivität und ihr Nachweis bei Bakterien ......................................... 106

4.3 Vorteile der einzelnen CDA-Nachweise .................................................. 109

4.4 Untersuchungen an der bakteriellen CDA von 99.6 ................................ 111

4.5 Verknüpfung der beiden Chitin Abbauwege ............................................ 113

5 Ausblick .......................................................................................................... 116

6 Literatur .......................................................................................................... 119

7 Wichtige Ereignisse der Chitinchemie ............................................................ 126

8 Danksagung …………………………………………………………………………127

9 Erklärung .……………………………………………………………………………128

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Verzeichnisse

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Abkürzungen

Abkürzung Bedeutung

A Absorption

ACS Acetyl-CoA-Synthetase

CDA Chitindeacetylase

CHI Chitinase

CS Citrat-Synthase

Da Dalton

DA Acetylierungsgrad (eng.: degree of acetylation)

DD Deacetylierungsgrad (eng.: degree of deacetylation)

EC Enzyme Commission

GPC Gelpermeationschromatografie

HPLC Hochauflösende Flüssigchromatografie

(eng.: high performance liquid chromatography

I Intensität (=Transmission)

L-MDH L-Malat-Dehydrogenase

PPase Pyrophosphatase

RLU Relative Lichteinheiten (eng.: relative light units)

RSA Rinder-Serumalbumin

TiFi Tintenfisch (= Quelle von Chitin), hier Illex argentinus oder Loligo spec.

UpM Umdrehungen pro Minute

WHV Wilhelmshaven

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Verzeichnisse

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Abbildungen

Abbildung 1.1: Grundstruktur von Chitin und Chitosan............................................. 13

Abbildung 1.2: Modifikationen des Chitin.................................................................. 15

Abbildung 1.3: Mögliche Abbauwege des Chitin....................................................... 21

Abbildung 1.4: Chemische Herstellung von Chitosan…………………………………..27

Abbildung 1.5: Einfluss von Chitin bzw. Chitosan auf die Wundheilung……………...34

Abbildung 2.1:Kalibrierungskurve für die Chitosanbestimmung................................ 54

Abbildung 2.2: IR-Spektrum von Chitin..................................................................... 63

Abbildung 3.1: "Chitosanbildung" im Zeitverlauf ....................................................... 78

Abbildung 3.2: Elektronenmikroskopische Bild von 99.6 .......................................... 85

Abbildung 3.3: Chitinlysis bei 99.6............................................................................ 86

Abbildung 3.4:Wachstum von 99.6 bei variablem Salzgehalt ................................... 87

Abbildung 3.5: Wachstum von 99.6 bei variablen pH-Werten................................... 88

Abbildung 3.6: Vergleichende Wachstumskurven von 99.6...................................... 89

Abbildung 3.7: Fermentation des Stammes 99.6 auf Vollmedium (Foto).................. 90

Abbildung 3.8: Fermentationsverlauf 99.6 in Vollmedium......................................... 91

Abbildung 3.9: Fermentation des Stammes 99.6 mit Chitin……………………………91

Abbildung 3.10: Zusammenhang zwischen OD und der Trockenmasse bei 99.6..... 92

Abbildung 3.11: Vergleich verschiedener Acetat-Test-Ansätze ................................ 93

Abbildung 3.12: Vergleich verschieden angesetzter Kalibrierungskurven ................ 94

Abbildung 3.13: Acetat-Freisetzung aus kolloidalem Chitin durch Mucor rouxii........ 95

Abbildung 3.14: Acetat-Kinetik mit Kulturüberstand von 99.6 ................................... 96

Abbildung 3.15: Langzeitkinetik mit 99.6 und Mutanten ........................................... 98

Abbildung 3.16: pH-Optimum der CDA aus 99.6 (Jenschke 2003)......................... 103

Abbildung 4.1: Postulierter bakterieller Chitinabbau ............................................... 115

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Verzeichnisse

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Tabellen

Tabelle 1.1: Fangmengen einiger Länder für Chitin-relevante Meerestiere.............. 20

Tabelle 1.2: Anwendungen von Chitosan ................................................................. 30

Tabelle 2.1: Synthetisches Meerwasser ................................................................... 39

Tabelle 2.2: Mineralmedium für terrestrische Stämme ............................................. 40

Tabelle 2.3: Spurenelemente-Lösung SL 7 .............................................................. 40

Tabelle 2.4: Vitaminlösung modifiziert nach Schlegel 1992...................................... 41

Tabelle 2.5: Fe(II) EDTA-Lösung.............................................................................. 41

Tabelle 2.6: Peptonmedium...................................................................................... 42

Tabelle 2.7: Daten zur Molarität von Chitin und Chitosan im Reaktionsansatz......... 61

Tabelle 3.1: Marine Isolate ....................................................................................... 66

Tabelle 3.2: Terrestrische Isolate ………………………………………………………. 72

Tabelle 3.3: Colorimetrischer Nachweis von Chitosan ……………………………….76

Tabelle 3.4: Acetatfreisetzung aus Chitin durch zellfreien Überstand ..……………..81

Tabelle 3.5: Verbreitung der Enzyme ....................................................................... 84

Tabelle 3.6: Berechnung der Aktivitäten der Kinetik ................................................. 99

Tabelle 3.7: Daten der Aufkonzentrierung der CDA ............................................... 101

Tabelle 3.8: Untersuchungen am Enzym-Substrat-Komplex (Jenschke 2003)....... 102

Tabelle 3.9: CDA-Aktivitäten bei verschiedenen Substraten .................................. 104

Tabelle 4.1: Vergleich der CDA aus Pilzen und aus 99.6 ....................................... 112

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Einleitung

11

1 Einleitung

Chitosan erfreut sich in den letzten Jahren einer wachsenden Bedeutung, was vor

allem auf die hohe Zahl neuer Anwendungen zurückzuführen ist. Die bisher allge-

mein angewandte chemische Methode zur Darstellung von Chitosan aus Chitin hat

jedoch Nachteile sowohl für das Produkt, als auch für die Umwelt.

Eine alternative Methode könnte auf dem Einsatz einer Chitindeacetylase basieren.

Dieses Enzym wurde bisher aus Pilzen gewonnen und wurde weitreichend unter-

sucht. Für den technischen Einsatz ist dieses Enzym aufgrund seines Substratspekt-

rums von Nachteil.

Die Suche nach einem bakteriellen Enzym dient daher einer Verbesserung des Her-

stellungsprozesses und soll daneben die Antwort auf die Frage liefern, ob die Chitin-

deacetylase bei Bakterien überhaupt vorkommt.

In der Einleitung wird jedoch zunächst die Historie der Chitinforschung umrissen. An-

schließend sollen Eigenschaften von Chitin und Chitosan sowie deren Vorkommen in

der Natur gezeigt werden (Abschnitte 1.2 und 1.3). Der Abbau des Chitins in der Na-

tur (1.4) sei ebenso erwähnt wie die chemische Umwandlung in Chitosan (1.5). Ab-

schließend wird in Kapitel 1.6 ein kleiner Ausschnitt aus dem breiten Anwen-

dungspektrum von Chitosan dargestellt.

1.1 Historisches über Chitin und Chitosan

Chitin wurde zuerst im Jahre 1811 durch Braconnot als Alkali resistente Fraktion

aus höheren Pilzen isoliert. Dem Produkt gab er zunächst den Namen Fungin. Fun-

gin erschien ihm unrein und möglicherweise andere Polysaccharide enthaltend. Bra-

connot berichtete auch über die Freisetzung von Essigsäure aus Fungin, woraus er

schloss, dass es sich beim Fungin um eine neue, vom hölzernen Material der Pflan-

zen zu unterscheidende Substanz handelt (Braconnot 1811).

1823 isolierte Odier einen unlöslichen Rest aus Maikäferschalen durch wiederholte

Behandlung mit heißer Kalilauge. Er war es, der dieser Substanz den Namen Chitin

(Altgriechisch: chiton = Umschlag, Bedeckung) gab. Odier gewann die Substanz

auch aus demineralisierten Krabbenschalen und nahm an, dies sei das Basismaterial

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Einleitung

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des Exoskeletts aller Insekten (aufgrund der Maikäferschalen, nicht wegen der Krab-

benschalen) und möglicherweise der Spinnen (Odier 1823).

Wahrscheinlich hatte Odier bereits unwissentlich Chitosan erhalten, da er seine Pro-

ben mehrfach mit heisser Alkalilauge behandelt hatte. Die Entdeckung des Chitosans

erfolgte jedoch erst 1859 durch Rouget . Er beschrieb die Behandlung von Chitin mit

konzentrierter KOH und die Löslichkeit des Produktes, welches er „modifiziertes Chi-

tin“ nannte, in verdünnten organischen Säuren (Rouget 1859).

Der Name Chitosan wurde von Hoppe-Seyler geprägt (Hoppe-Seyler 1894), der wie

Rouget Chitin mit konzentrierter KOH umsetzte. Allerdings tat er dies bei 180 °C. Er

stellte auch Ausfällung von Chitosan aus essigsauren Chitosanlösungen durch Zu-

gabe von Lauge fest.

Für die Aufklärung der chemischen Struktur von Chitin/Chitosan war es wichtig zu

wissen, welche Monomere beteiligt sind. Auch war es wichtig zu wissen, ob die Zu-

cker als Pyranosen (Sechsring) oder als Furanosen (Fünfring) vorliegen. Die genaue

Position der glykosidischen Bindung zwischen den Monosaccharideinheiten sowie

die Stereochemie derselben mussten ebenfalls bestimmt werden.

1876 hydrolysierte Ledderhose Chitin in heißer konzentrierter Salzsäure und fand

ein „salzsaures Glucosamin“. Später berichtete er auch über die Freisetzung von Es-

sigsäure während der Hydrolyse (Ledderhose 1876).

Dass die Aminogruppen am C2-Atom des Zuckerringes liegen, wurde 1886 von Tie-

mann nachgewiesen. Auch konnte er zeigen, dass die Konfigurationen der Atome

C3-C5 mit denen der D-Glucose übereinstimmen (Tiemann 1886).

1902 wurde durch Fränkel und Kelly die N-Acetylierung des D-Glucosamins nach-

gewiesen (Fränkel und Kelly 1902). 1931 fanden Bergmann und Mitarbeiter heraus,

dass die Zuckereinheiten in der Pyranose-Form vorliegen (Bergmann et al. 1931).

Es sollte noch bis zum Jahr 1939 dauern, bis die Konfiguration am C2 Atom komplett

aufgeklärt wurde. Neuberger und Pitt Rivers fanden zunächst heraus, dass beim

Glucosamin das C2 Atom die gleiche Konfiguration hat wie bei D-Glukose Neuberger

und Pitt Rivers 1939). Haworth und seine Mitarbeiter lieferten den experimentellen

Beweis für die Konfiguration durch Synthese (Haworth et al. 1939). Hinweise auf eine

1-4 Bindung im Chitin wurden erst im Jahr 1950 durch Jeanloz und Forchielli ge-

funden (Jeanloz und Forchielli 1950). (Übersicht aus Peter 2002A)

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Einleitung

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1.2 Chemische Eigenschaften von Chitin und Chitosan

Chitin wird oft als ein Polymer aus 2-Acetamido-2-desoxyglucose (N-Acetyl-

Glucosamin) bezeichnet. Die einzelnen N-Acetyl-Glucosamin Einheiten sind β-1,4-

glykosidisch miteinander verknüpft (Fallert-Müller et al., 2000).

Chitosan dagegen ist ein Polymer aus 2-Amino-2-desoxyglucose (Glucosamin) -

Monomeren, der deacetylierten Form, welche ebenfalls β-1,4-glykosidisch miteinan-

der verbunden sind. Beide Polymere sind der Zellulose sehr ähnlich (siehe Abbil-

dung 1.1).

Für die Praxis ist diese Unterscheidung jedoch nicht ausreichend, da es sich bei Chi-

tin und Chitosan nicht um Homopolymere handelt. Vielmehr handelt es sich bei Chitin

und Chitosan um Heteropolymere der beiden Monomere Glucosamin und N-Acetyl-

Glucosamin. Ist der Anteil der Glucosamin-Einheiten größer als 50 %, so spricht man

von Chitosan.

O

R

HH

OH

H

H

OH

CH2O H

HO

O

R

HH

OH

H

H

CH2O H

HO

H

O

R

HH

OH

H

H

CH2O H

HO

O

R

HH

OH

H

CH2O H

HO

Monomer

Das nicht reduzierende Ende ist in der obigen Darstellung auf der linken Seite darge-

stellt. Das reduzierende Ende ist auf der Darstellung nicht sichtbar, da bei der rech-

ten monomeren Einheit eine weitere glykosidische Bindung angedeutet ist.

Polymer R = Monomere Einheit Cellulose Hydroxy Glucose

Chitin Acetamido N-Acetyl-D-Glucosamin (> 50%) Chitosan Amino D-Glucosamin (> 50 %)

Abbildung 1.1: Grundstruktur von Chitin und Chitosa n sowie Cellulose zum Vergleich. Abgebildet

ist nur ein kleiner Ausschnitt des Moleküls von vier monomeren Einheiten.

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Einleitung

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1.2.1 Der Deacetylierungsgrad

Der Anteil der acetylierten Monomer-Einheiten (N-Acetyl-Glucosamin) ist eine wichti-

ge Eigenschaft des Materials und wird durch den Acetylierungsgrad (DA = „degree of

acetylation“) in Prozent angegeben. Häufiger ist jedoch die Angabe des Deacetylie-

rungsgrades (DD = „degree of deacetylation“) zu finden, welcher den prozentualen

Anteil der deacetylierten monomeren Einheiten (Glucosamin) angibt.

Neuerdings wird von der europäischen Chitingesellschaft (Euchis) empfohlen, den

Deacetylierungsgrad als Molfraktion der N-Acetyl-Glucosamineinheiten FA an-

zugeben, um eine Vereinheitlichung zu schaffen. Dabei gilt dann FA = DA /100 (Peter

2006). Da in der verwendeten Literatur jedoch überwiegend der Deacetylierungsgrad

angegeben ist, wird diesem neuen Trend in dieser Arbeit nicht gefolgt, zumal es sich

nur um eine andere Bezeichnung für dieselbe Eigenschaft handelt.

Da die deacetylierten Zuckereinheiten über freie Aminogruppen verfügen, gibt der

Deacetylierungsgrad die prozentuelle Menge an freien Aminogruppen im Molekül an.

Diese freien Aminogruppen begründen das chemische Verhalten von Chitosan in

vielen Punkten. Sie sind zum Beispiel für die adsorbierenden Eigenschaften des Chi-

tosans verantwortlich. Vollständig deacetyliertes Chitosan ist aufgrund der freien A-

minogruppen ein schwach basisches Polymer mit einem pKs von 6,3 (Schanzenbach

2000).

Der Deacetylierungsgrad lässt sich durch verschiedene Methoden nachweisen. In

der vorliegenden Arbeit kam dabei die IR-Analytik zur Anwendung.

Des Weiteren ließe sich der DD auch mittels Titration überschüssiger Salzsäure nach

definierter Zugabe (Moore and Roberts 1978) oder konduktometrischer Titration

(Toei and Kohara 1976) bestimmen.

Auch durch Gaschromatographie (Muzzarelli et al. 1980) oder durch Analyse der

Monomere nach enzymatischem Verdau (Nanjo et al. 1991) lässt sich der Deacety-

lierungsgrad nachweisen.

1.2.2 Die Modifikationen: α-, β- und γ-Chitin

Chitin kommt in drei Modifikationen vor. Dieses sind die α-, β- und die γ-

Modifikationen. Diese unterscheiden sich in der Anordnung der einzelnen Polymer-

ketten zueinander.

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Einleitung

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alpha beta gamma

Abbildung 1.2: Modifikationen des Chitin (Nach Robe rts 1992). Die Pfeilspitzen symbolisieren die

reduzierenden Enden der Zuckerketten.

Das α-Chitin findet sich zum Beispiel im Exoskelett der Crustacaeen. Die einzelnen

Chitinketten sind beim α-Chitin antiparallel angeordnet. Dadurch können zwischen

den Ketten verstärkt Wasserstoff-Brückenbindungen ausgebildet werden, was sich in

einer hohen Stabilität der Chitinpanzer auswirkt. Zudem ist dort das Chitin durch Ein-

lagerungen von Kalzium und Proteinen verstärkt.

Augrund der parallelen Anordnung der Ketten im β-Chitin sind die intramolekularen

Wechselwirkungen deutlich geringer als beim α-Chitin. Dies äußert sich vor allem in

einem stärkerem Quellverhalten und einer höheren Reaktivität, was eine chemische

Modifikation beim β-Chitin erleichtert (Kurita et al. 1994), (Kurita et al. 1993). Für die

Unterscheidung von α-, β- und γ-Chitin muss auf die Röntgenstrukturanalyse zurück-

gegriffen werden (Blackwell et al. 1978).

1.2.3 Der Polymerisationsgrad

Der Polymerisationsgrad (Molekülgröße) der Chitinketten ist je nach Herkunft des

Materials stark schwankend. Für den durchschnittlichen Polymerisierungsgrad bei

Insekten und Crustaceen finden sich in der Literatur Werte von 6000-12000 Mono-

mereinheiten, was einer mittleren Molmasse (Mr) von 1-2 x 106 Dalton entspricht. Bei

Pilzen ist der Polymerisationsgrad dagegen deutlich geringer. Bei der Bäckerhefe

Saccharomyces cerevisiae finden sich Ketten mit einer Länge von schätzungsweise

120 -170 Monomeren (Peter 2002B). Chitosan, welches aus Pilzen der Gattung Mu-

cor isoliert wurde, war in der Länge jedoch um den Faktor 10 größer.

Zur Bestimmung des Polymerisationsgrades werden chromatografische Trennverfah-

ren verwendet, wobei je nach Laborausstattung die HPLC (Hochauflösende Flüssig-

Chromatografie) den Vorzug finden wird. Das Trennverfahren ist hierbei die GPC

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Einleitung

16

(Gel-Permeations-Chromatographie). Für einfache Versuche ist aber durchaus auch

eine Auftrennung mit der Dünnschichtchromatografie möglich (Bader und Birkholz

1997).

Bei sehr kleinen Polymerisationsgraden spricht man von Chitooligosacchariden. Die-

se Bezeichnung kann allerdings verwirrend sein, da sie auf acetylierte wie auch auf

deacetylierte Oligomere angewendet wird. Oligomere spielen bei vielen physiologi-

schen Reaktionen eine Rolle, was auch auf deren Löslichkeit zurückzuführen ist.

1.2.4 Löslichkeit

Die Löslichkeit wird oftmals als einfaches Merkmal zur Unterscheidung zwischen Chi-

tin und Chitosan herangezogen. So ist Chitosan in verdünnten organischen Säuren

löslich, während dies für Chitin nicht zutrifft. Meistens wird Chitosan in verdünnter

Essigsäure gelöst.

Will man Chitin in Lösung bringen, so muss man auf stärkere Säuren zurückgreifen.

So kann α-Chitin durch 6 M HCl gelöst werden. Hierbei muss aber berücksichtigt

werden, dass dabei auch die Kettenlänge des Chitinmoleküls abnimmt.

Chitooligomere sind bereits in Wasser löslich. Mit steigender Kettenlänge nimmt die

Löslichkeit ab.

1.2.5 Chitin-Protein-Komplexe

Chitin kommt in der Natur sehr selten in reiner Form vor. Fast immer ist es mit Prote-

inen assoziiert. Daneben können noch mineralische Einlagerungen sowie Pigmente

mit dem Chitin verbunden sein. Bei den Proteinen muss man unterscheiden, ob das

Protein kovalent an das Chitin gebunden ist oder ob die Bindung schwächer ist. Liegt

die Bindung kovalent vor, so wird auch von Proteoglykanen gesprochen. Liegen die

Proteine nicht kovalent gebunden vor, so spricht man von Chitin-Protein-Komplexen

(Hunt und Nixon 1981). Selbst bei scheinbar sehr reinen Chitinquellen ist der Anteil

kovalent gebundener Proteine nicht zu unterschätzen. So besteht Squid Pen (ein

inneres Stützskelett) der Gattung Loligo zu ca. 60 Prozent aus Protein und die Saug-

napfscheibe von Oktopus vulgaris noch zu 89 Prozent aus Protein (Hunt und Nixon

1981). (Eine genaue Aminosäureanalyse der assoziierten Proteine ist derselben

Quelle zu entnehmen.)

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Einleitung

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1.2.6 Bildung von Folien und Fasern

Chitosan in Lösungen hat die Eigenschaft, dass es beim Trocknen Folien bilden

kann. Besprüht man Gegenstände mit Chitosanlösung, so wird der Gegenstand mit

einem dünnen Film überzogen.

1.3 Vorkommen und Funktion von Chitin und Chitosan

Betrachtet man das Vorkommen von Chitin oder Chitosan in der Natur, so sollten

dabei zum einen die Verbreitung der Substanz in der belebten Welt, zum anderen

aber auch die Menge des anfallenden Chitins eine Rolle spielen. Daneben spielt aber

auch die Verfügbarkeit des Chitins für den Menschen eine entscheidende Rolle bei

der Verarbeitung. So werden sich beispielsweise in einem Schwarm Wanderheu-

schrecken große Mengen an Chitin finden lassen. Für die Herstellung von Chitosan

wird diese Menge jedoch nicht bedeutend sein, da sich die Heuschrecken schwer

einfangen lassen und die Schwärme ja auch nur in unregelmäßigen Abständen auf-

treten, was die notwendige Technik unrentabel macht.

1.3.1 Verbreitung von Chitin und Chitosan in der belebten Welt

Chitin wird in der Natur in solch großen Mengen gebildet, dass es noch vor der Cellu-

lose das am häufigsten gebildete Polysaccharid ist. Die jährliche Bildung von Chitin

allein durch Crustacea (Krebstiere) in der Hydrosphäre wird auf ca. 2,3 x 109 t/a ge-

schätzt (Peter 2002). Dieses Material bildet einen wichtigen Bestandteil der als „ma-

rine snow“ bezeichneten Biomasse, welche in die tiefen der Ozeane sinkt. Die jähr-

lich gebildete Menge an Cellulose wird dagegen auf 1,3 x 109 Tonnen geschätzt (Pe-

ter 2006).

Allerdings liegen ca. 2,6 x 1011 Tonnen an Kohlenstoff in Pflanzen gebunden als Cel-

lulose oder Lignin vor. Diese Stoffe sind also häufiger als Chitin, werden jedoch nicht

in so großen Mengen umgesetzt wie Chitin (Peter 2006).

Die folgende Auflistung geht nur auf die für die Chitosanproduktion bedeutenden

Ressourcen ein. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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1.3.1.1 Chitin bei den Arthropoda (Gliederfüßer)

Am bekanntesten ist wohl das Vorkommen von Chitin im Stamme der Arthropoda

(Gliederfüßer) wozu unter anderem die Klassen der Insecta (Insekten) und Arachnida

(Spinnentiere) sowie der Unterstamm der Crustacea (Krebstiere) gehören. Bei allen

drei Gruppen ist das Chitin ein wichtiger Bestandteil des Exoskeletts und ist fast im-

mer mit Proteinen assoziiert und bei den Crustacea zudem calcifiziert. Das Chitin

liegt hierbei stets in seiner α-Modifikation vor. Der Stamm der Arthropoda ist sicher-

lich die bedeutendste Quelle an Chitin, sowohl was die Artenvielfalt als auch die

Menge an Chitin betrifft. Bis zu 85 % der organischen Fraktion dieser Tiere besteht

aus Chitin (Jeuniaux 1978), wobei fraglich ist, ob bei der Behandlung mit 0,5 M

NaOH bereits alle Proteine aus den kovalenten Chitin-Protein-Komplexen entfernt

worden ist. Als grobe Regel kann angenommen werden, dass man ca. 1-2 % des

feuchten Rohgewichts der Crustaceen als Chitin erhält.

1.3.1.2 Chitin bei den Mollusca

Auch im Stamm der Mollusca (Weichtiere) finden sich verschiedene Chitinquellen.

Nur kurz erwähnt sei an dieser Stelle die Klasse der Gastropoda (Schnecken) deren

Schale ebenfalls zum Teil aus α-Chitin besteht.

Vertreter der Klasse der Cephalopoda (Kopffüßer) enthalten Chitin überwiegend als

Hauptbestandteil des inneren Stützgerüstes, des so genannten „Squid pen“, bei Kal-

maren, aber auch, wenn auch weitaus seltener, als Bestandteil einer calcifizierten

Schale (Nautilus). Das Chitin liegt im Fall des Stützgerüstes in der β-Form vor, was

eine höhere Flexibilität zur Folge hat. Erwähnt sei an dieser Stelle noch die Magen-

wand einiger Cephalopoden, welche das sehr seltene γ-Chitin enthält. Beim Tinten-

fisch der Gattung Lolligo kommt das Chitin gar in allen drei Modifikationen vor. Das

β-Chitin im Stützskelett, das α- sowie das γ-Chitin in verschiedenen Bestandteilen

der Magenwand (Hunt and Nixon 1981). Dies ist ein Zeichen dafür, dass bei der

Verbreitung der einzelnen Chitinmodifikationen die Funktionalität eine große Rolle

spielt.

1.3.1.3 Chitin und Chitosan in Pilzen

Bei den Pilzen ist Chitin häufig anzufinden, da es ein Hauptbestandteil der Zellwand

und Membranen von Myzel und Sporen vieler Pilze ist. Man findet Chitin in den Basi-

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diomycetes (Ständerpilze), den Ascomycetes (Schlauchpilze) und den Phycomycetes

(Algenpilze). Der Anteil des Chitins variiert zwischen Spuren und bis zu 45 % der or-

ganischen Fraktion. Der Anteil innerhalb einer Art variiert sehr stark, bedingt durch

variable Parameter bei der Kultivierung (Peter 2002B).

Die Grundstruktur dieses Chitins ist dieselbe wie beim Chitin anderer Organismen.

Der wichtigste Unterschied zum Chitin bei Arthropoden ist die Verknüpfung des Chi-

tins mit anderen Polysacchariden, in der Hauptsache Glukan, mit dem die Chitinket-

ten ebenfalls kovalent über β-(1,4) oder β-(1,2) Bindungen verbunden sind.

Chitosan ist im Gegensatz zu Chitin nur bei Pilzen der Ordnung der Mucorales zu

finden, speziell bei Arten der Gattungen Mucor, Absidia und Rhizopus. Selten findet

sich Chitosan noch bei Basidiomycetes (Peter 2002B).

1.3.2 Für die Chitosan-Produktion relevante Vorkommen

Chitosan kommt in der Natur lediglich in den Zellwänden einiger Pilze vor. Da sich

dem Chitosan aufgrund seiner chemischen Eigenschaften eine Vielzahl von Anwen-

dungen erschließen, wird Chitosan auf chemische Weise in großem Maßstab aus

Chitin hergestellt. Hierzu werden überwiegend die Schalenabfälle von Crustaceen

verwendet. Da das Chitin als Abfallprodukt in der Fischereiwirtschaft anfällt, steht es

für technische Nutzungen in großen Mengen zur Verfügung. Allerdings in sehr viel

kleinerem Umfang als die natürliche Bildung. Den Löwenanteil stellen dabei Abfälle

der Schalentiere wie zum Beispiel Garnelen, Krebse, Hummer oder Krabben. Der

jährlich anfallende Schalenabfall der Krustentiere wird weltweit auf ca. 1,44 x 106 t

geschätzt (Peter 2002). Hierbei spielt auch eine Rolle, ob die Schalentiere zentral

verarbeitet werden, oder aber als ganzes zum Konsumenten gelangen. Während

zum Beispiel Hummer meistens als ganze Tiere ausgeliefert werden, werden Garne-

len der Art Crangon crangon oft gesammelt und zentral geschält. An diesen zentralen

Verarbeitungsplätzen fallen naturgemäß auch die meisten Schalen an.

Im Norden Norwegens werden beispielsweise jährlich etwa 76000 t der Nordmeer-

garnelen aus der Barentsee und von Spitzbergen angelandet. Diese Shrimps bieten

einen Chitinanteil von ca. 12 % (Wachter 1999).

Ein weiteres Vorkommen, das für die Herstellung an Bedeutung gewinnen könnte,

sind die Abfälle von Cephalopoden, welche beispielsweise bei der Herstellung von

Tintenfischringen aus Kalmaren der Gattungen Illex oder Loligo anfallen. Hier ist der

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Anteil an Chitin zwar geringer als bei Garnelenschalen, dafür handelt es sich aber um

das sehr viel seltenere β-Chitin.

Trotz der großen Verbreitung des Chitins bei den Insekten spielt es für die Chitosan-

Herstellung lediglich für sehr spezielle Anwendungen eine Rolle, da große Mengen

nicht anfallen bzw. nicht für die Verarbeitung verfügbar sind.

Das Chitin aus Pilzen ist aufgrund der gebundenen Glucane nicht besonders gut für

die Herstellung von Chitin geeignet.

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über anfallende Mengen die in verschiede-

nen Ländern in den 90er Jahren gefangen wurden.

Tabelle 1.1: Fangmengen einiger Länder für Chitin e nthaltende Meerestiere

Land / Jahr Quelle Jährlicher Fang (t)

Japan / 1996 Krill 60500

Mexiko / 1998 Garnelen 80000

Norwegen / 1993 Shrimps 40000

Polen, 1996 Krill 20600

Russland, 1993 Shrimps 20000

Tasmanien, 1992 Hummer Krebse Tintenfisch

1907 76 14

Thailand, 1997 Shrimps 200000 (Abfall)

Ukraine, 1996 Krill 13400

Aus Peter 2002

1.4 Abbau von Chitin in der Natur

1.4.1 Allgemeines

Nimmt man die geschätzten Zahlen für die Chitinbildung und als Grundlage (siehe

Kapitel 1.3.1) und setzt zudem voraus, dass der Chitingehalt in der Biosphäre in etwa

konstant bleibt, so kommt man zu der Erkenntnis, dass der Abbau von Chitin sich

ebenfalls in der Größenordnung von 1010 bis 1011 Tonnen pro Jahr bewegen muss.

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Die folgende Abbildung stellt zwei mögliche Chitinabbauwege nebeneinander. Der

allgemein bekannte Weg ist der rechte Weg über Chitinasen. Bei diesem Weg spricht

man vom chitinolytischen Abbauweg, weil der erste Schritt die hydrolytische Spaltung

von Chitin durch Chitinasen ist. Der linke Weg ist für eine Chitosangewinnung durch

Enzyme von Interesse, da bei ihm Chitosan als Zwischenprodukt vorkommt. Dieser

„Chitosan-Weg“ wurde 1984 von Davis und Eveleigh postuliert.

ChitinPoly[ß-(1-4)-N-Acetylglucosamin]

ChitinaseEC 3.2.1.14

DeacetylaseEC 3.5.1.41

Chitosan Oligomere

ChitosanaseEC 3.2.1.132

ChitinaseEC 3.2.1.14

Chitobiose N-Acetylchitobiose

GlucosaminidaseEC 3.2.1.52

N-Acetyl-glucosaminidase

EC 3.2.1.52

Glucosamin N-Acetylglucosamin

Nach Davis & Eveleigh 1984

Abbildung 1.3: Mögliche Abbauwege des Chitin. Der postulierte Abbauweg über Chitosan im Ver-

gleich zum Abbau über Chitinasen

Im Folgenden werden die am Chitinabbau beteiligten Enzyme näher vorgestellt. Bei

den einzelnen Enzymen wird auch auf deren biologische Funktion eingegangen.

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Einleitung

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1.4.2 Chitinasen, EC 3.2.1.14

Der EC Code der Chitinasen verrät, dass es sich bei Chitinasen um Hydrolasen han-

delt (3 als erste Ziffer), genauer um Glycosidasen (EC 3.2). Die dritte Ziffer gibt an,

dass O- und S-glykosidische Bindungen gespalten werden. Die letzte Unterteilung

bezieht sich dann auf das Substrat, in diesem Falle Chitin.

Chitinasen katalysieren die Hydrolyse der glykosidischen Bindung zwischen N-

Acetyl-D-Glucosamin-Einheiten. Die Verteilung der verschiedenen monomeren Ein-

heiten spielt dabei eine entscheidende Rolle. Im Allgemeinen wird Chitosan durch

Chitinasen nicht gespalten. Zu beachten ist hierbei jedoch die Verteilung der N-

Acetyl-D-Glukosamin-Einheiten in der Kette, die ja bei nicht 100 %ig deacetyliertem

Chitosan vorkommen. So kann auch ein Chitosanmolekül einen Bereich enthalten, in

dem mehrere acetylierte monomere Einheiten nebeneinander liegen. Dieser Bereich

kann dann auch durch Chitinasen gespalten werden. Die Wahrscheinlichkeit einer

Hydrolyse ist aber beim Chitosan geringer als beim Chitin.

Chitinasen werden nach mehreren Faktoren eingeteilt .

Anhand ihrer Funktion teilt man Chitinasen in Endo- und Exochitinasen ein, wobei

beide Typen dieselbe EC-Nummer haben. Endochitinasen hydrolysieren die β- (1-4)

– Bindungen innerhalb des Chitinmoleküls, wobei zwei kürzere Ketten entstehen.

Exochitinasen setzen am nicht reduzierenden Ende der Chitinketten an und setzen

Diacetylchitobiose, also dimere Einheiten, frei.

Bei vielen Organismen finden sich nicht nur eine Chitinase, sondern mehrere. Diese

Enzyme unterscheiden sich meistens in ihrem Substratspektrum.

Anhand ihrer Aminosäuresequenzen teilt man Chitinasen in Glycosidasen der Fami-

lien 18 und 19 ein. Die beiden Familien werden wiederum in verschiedene Klassen

eingeteilt.

Familie 18 Chitinasen sind weit verbreitet bei Säugetieren, Gliederfüßern, Pflanzen,

Pilzen, Bakterien und Viren (Fukamizo 2001). Da die Acetamido-Gruppe des Sub-

strats stabilisierend auf den Übergangszustand bei der Katalyse wirkt, spricht man

bei der Reaktion, welche durch Chitinasen der Familie 18 durchgeführt werden, auch

von einer Substrat unterstützten Katalyse.

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Eine besondere Reaktion, welche bisher nur bei Chitinasen der Familie 18 nachge-

wiesen wurde ist die Transglykosilierung. Diese Reaktion bewirkt die Umverteilung

von Olygomeren zu größeren Ketten. So entsteht beispielsweise aus zwei Olygome-

ren mit jeweils sechs Einheiten als Edukte eine Kette von 9 Einheiten und ein Trimer.

Familie 19 Chitinasen wurden überwiegend aus Pflanzen isoliert, aber auch aus Bak-

terien der Gattungen Streptomyces und Aeromonas (Peter 2002).

1.4.2.1 Chitinasen in Bakterien und Pilzen

Unter den Bakterien sind Chitinasen weit verbreitet und finden sich in vielen Gattun-

gen. Bei Gram negativen Bakterien sind dies zum Beispiel die Gattungen Pseudo-

monas, Serratia, Vibrio, Photobacterium, Aeromonas, Chromobacterium, Cytophaga,

Lysobacter und Chitinophaga. Bei Gram positiven Bakterien sind Chitinasen bei den

Actinomyceten (Streptomyces, Arthrobacter und Nocardia) und den Sporenbildnern

Bacillus und Clostridium vorhanden (Gooday 1991).

Da viele dieser Bakterien mit Chitin als einziger Energie- und Kohlenstoffquelle zu

wachsen vermögen, spielt die Chitinase bei der Ernährung der Bakterien eine große

Rolle. Eine andere Rolle spielen Chitinasen beispielsweise bei der Gattung Serratia.

Da einige Vertreter dieser Gattung insektenpathogen sind, werden Chitinasen dort

zur Überwindung des Chitinpanzers der Insekten benötigt.

Die bakteriellen Chitinasen der Familie 18 haben Massen von ca. 45-70 kDa und ver-

fügen neben der Hauptdomäne, einer Barrel-Struktur, über mehrere kleinere Subdo-

mänen.

Die Chitinasen der Pilze gehören der Familie 18 an. Sie haben ihre Bedeutung beim

Wachstum der Pilze ebenso, wie sie auch bei pilzpathogenen Pilzen die Zellwand

des Wirtes lysieren.

1.4.2.2 Chitinasen bei Pflanzen

Chitinasen sind bei Pflanzen sehr weit verbreitet. In beinahe allen untersuchten

Pflanzen wurden Chitinasen gefunden. Sie gehören zur Familie 18 oder zur Familie

19. Sie sind meistens Teil eines Abwehrmechanismus gegen pflanzenpathogene Pil-

ze. Sie werden meistens induziert, sobald die Pflanze von Pilzen befallen wird. Sie

dienen der Lysis der Pilze, wobei hauptsächlich die Spitzen der Pilzhyphen angegrif-

fen werden.

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Eine weitere Funktion haben die Chitinasen bei den carnivoren (Fleisch fressenden)

Pflanzen. Hier haben sie die Aufgabe, den Chitinpanzer der Beutetiere aufzulösen

und der Ernährung der Pflanzen zugänglich zu machen. Vor allem der Stickstoff im

Chitin ist ein wertvoller Bestandteil der pflanzlichen Ernährung.

Interessanterweise werden Pilze der Mykorrhiza, also Symbionten der Pflanzen,

durch Chitinasen nicht angegriffen. Dies ist aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit

der Symbionten von Vorteil und ist wahrscheinlich durch die Struktur der Chitin-

Protein-Komplexe bedingt.

Die pflanzlichen Chitinasen der Klasse III und II verfügen über eine geringe molare

Masse von ca. 30 kDa und bestehen weitgehend nur aus dem katalytischen Zentrum.

1.4.2.3 Chitinasen in Wirbellosen

Wie bei den Pilzen, so sind die Chitinasen bei den Wirbellosen ebenfalls sehr weit

verbreitet. Bei jenen Organismen, in denen Chitin vorkommt, spielen sie eine Rolle

bei der Häutung oder anderen Entwicklungsprozessen. Bei Tieren, zu deren Beute-

spektrum chitinhaltige Tiere gehören, spielen sie auch eine Rolle bei der Verdauung,

so dass sie dann meistens im Magen vorkommen.

1.4.2.4 Chitinasen bei Wirbeltieren

Etliche Chitinasen wurden bei diversen Säugetieren oder auch bei Vögeln und Fi-

schen gefunden. Die Chitinasen der Säugetiere zeigen Sequenzhomologien zu den

bakteriellen Chitinasen der Familie 18. Die Funktion der Chitinasen scheint dabei

aber nicht immer eindeutig. Während bei der Regenbogenforelle die Chitinase dem

Verdau der Beute dient (Moe and Place 2001), finden sich auch Chitinasen in Gewe-

ben, die nicht an der Verdauung beteiligt sind (Place and Moe 2001). Bei diesen En-

zymen vermutet man eine Schutzfunktion gegen chitinhaltige Parasiten, wie sie auch

bei Pflanzen bekannt ist.

1.4.3 Lysozym, EC 3.2.1.17

Lysozym spaltet die 1,4- glykosidischen Bindungen zwischen N-Acetylglucosamin

und N-Acetylmuraminsäure im Peptidoglycan (Murein), einem Hauptbestandteil der

bakteriellen Zellwand. Dadurch wird die bakterielle Zellwand geschwächt und es

kommt zur Lysis der Zelle. Lysozym ist ein Abwehrmechanismus gegen bakteriellen

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Befall und findet sich in vielen Tiersekreten wie Speichel oder Tränen, aber auch im

Hühnereiweiß.

Neben seiner Hauptaktivität spaltet Lysozym auch Chitin. Dies ist auf die strukturelle

Ähnlichkeit zwischen Peptidoglycan und Chitin zurückzuführen.

1.4.4 N-Acetylglucosaminidase, EC 3.2.1.52

Dieses Enzym spaltet im Gegensatz zur Chitinase einzelne N-Acetylglucosamin-

monomere am nicht reduzierenden Ende der Chitinkette ab.

1.4.5 Chitosanase, EC 3.2.1.132

Chitosanasen spalten die 1,4 glykosidischen Bindungen zwischen Glucosamineinhei-

ten in Chitosan. Es sind Glycosidasen der Familie 46. Man findet Chitosanasen in

Pilzen, Bakterien und Pflanzen, nicht dagegen in anderen Stämmen. Die einzelnen

Enzyme unterscheiden sich sowohl in der Länge der freigesetzten Oligomere als

auch in den Längen des Substrates, bei dem eine Spaltung einsetzt.

Die Depolymerisierung von Chitosan kann auch mit Hilfe unspezifischer Enzyme er-

folgen. Dazu gehören neben Lysozym noch Cellulasen, Lipasen, Amylasen, Pectina-

sen und Papain. Besonders Papain, eine Protease, scheint dafür besonders gut ge-

eignet zu sein, zumal es aufgrund seiner häufigen Verwendung zum Weichmachen

von Fleisch günstig zu haben ist (Muzzarelli 2001), (Grigolon 2001).

1.4.6 Chitindeacetylase (CDA), EC 3.5.1.41

Die Chitindeacetylase (CDA) katalysiert die Deacetylierung von Chitin zu Chitosan.

Die am besten untersuchten CDAs stammen von den Pilzen Mucor rouxii, Colletotri-

chum lindemuthianum und Absidia coerulea und Aspergillus nidulans. Auch bei Sa-

charomyces cerevisiae wurde eine CDA gefunden, welche dort bei der Sporenbil-

dung eine entscheidende Rolle spielt (Martinou et al. 2001).

Die biologischen Funktionen der CDA sind vor allem die Synthese der Zellwand bei

jenen Organismen, deren Zellwand zum Teil aus Chitosan besteht. Daneben bietet

die CDA einen Schutz pflanzenpathogener Pilze gegenüber Chitinase-Attacken der

befallenen Pflanzen. Chitooligomere werden durch die CDA deacetyliert und bewir-

ken keine weitere Bildung von Chitinasen durch die Pflanzen. Auch ist die Bildung

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von Chitosan als Bestandteil der Zellwand bereits ein Schutz gegen Chitinasen (Pe-

ter 2002B).

Die Wirkungsweise der Chitindeacetylase wurde am ausführlichsten bei dem Enzym

aus Mucor rouxii beschrieben (Tsigos et al. 2000). Die Chitinketten werden dabei in

einem „Multiplen Angriffs Mechanismus“ deacetyliert. Das heißt, dass das Enzym

einen Komplex mit dem Substrat bildet und solange N-Acetyl-Glucosaminreste dea-

cetyliert, bis ein bereits deacetylierter Rest folgt. Dann trennt sich der Komplex und

das Enzym bindet an eine andere Stelle der Kette oder an eine andere Kette. Oligo-

mere von weniger als drei Einheiten konnten nicht deacetyliert werden. Tetra- und

Pentamere von Chitosan konnten dagegen vollständig deacetyliert werden.

Die CDA von Colletotrichum lindemuthianum hingegen konnte auch das nichtreduzie-

rende Ende von Chitosan-Dimeren deacetylieren.

Bei einer bakteriellen CDA kann eine Abwehrfunktion gegen Chitinasen ausge-

schlossen werden, da Chitin bei Bakterien nicht vorkommt. Eine extrazelluläre CDA

hätte vielmehr die Aufgabe, den Bakterien Teile des Substrates Chitin zugänglich zu

machen. Es wäre dann ein kataboles Enzym und bildet den ersten Schritt im oben

erwähnten Chitosanweg.

1.5 Chemische Herstellung von Chitosan

Die chemische Herstellung von Chitosan ist ein variabler Prozess, dessen Parameter

sich zum einen nach den Eigenschaften der Edukte, zum anderen nach den Anforde-

rungen an die Produkte richten müssen. Nachfolgend ist der Ablauf der Chitosan-

herstellung kurz skizziert und im Anschluss wird auf die einzelnen Schritte eingegan-

gen.

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Abfälle von Crustaceen (oder Tintenfischabfälle) ↓

Deproteinierung durch verdünnte NaOH ↓

Demineralisierung durch verdünnte HCl, (bei Tintenfisch nicht nötig) ↓

Decolorierung durch H2O2 (falls erforderlich) ↓

Chitin ↓

Deacetylierung mit heißer (60-120°C), konzentrierte r NaOH ↓

Chitosan Abb. 1.4: Chemische Herstellung von Chitosan. Das Schema gibt nur die groben Schritte an.

Chemische und physikalische Parameter variieren je nach Rohmaterial und gewünschter Qualität des

Produktes.

1.5.1 Deproteinierung

Zunächst erfolgt die Deproteinierung des Ausgangsmaterials, wobei meistens durch

Zugabe von NaOH-Lösung der größte Teil der Proteine hydrolysiert wird. In der Re-

gel werden dabei Konzentrationen der NaOH von 0,25 M bis 2,5 M bei Temperaturen

von bis zu 100 °C angewendet (Roberts 1992). Die Da uer der Behandlung richtet

sich neben der NaOH-Konzentration auch nach der Temperatur und dem Aus-

gangsmaterial. Sie kann bis zu 72 Stunden betragen. Zur Deproteinierung kann auch

auf entsprechende Enzyme oder Bakterien zurückgegriffen werden. Für diesen

Zweck bietet die Industrie eine Vielzahl kommerzieller Proteasen an.

Auch Fermentationen mit Milchsäurebakterien zur Entfernung des Proteins aus chi-

tinhaltigen Abfällen wurden bereits durchgeführt. Ca. 80 % der Proteine wurden da-

bei nach 24 Stunden entfernt (Rao et al. 2000). Die Vorteile dieser Methode liegen im

geringeren Bedarf an NaOH und der gleichzeitigen Decalcifizierung durch den nied-

rigen pH-Wert (siehe 1.5.2).

1.5.2 Demineralisierung

Die Demineralisierung dient der Entfernung des Kalziums, welches bei Crustaceen

zur Härtung der Schale eingelagert ist. Sie wird auch als Decalcifizierung bezeichnet.

Dienen Tintenfischabfälle als Chitinquelle, so ist dieser Schritt nicht erforderlich.

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Zur Demineralisierung von Chitin wird im Allgemeinen Salzsäure verwendet (Roberts

1992). Im Gegensatz zur Deproteinierung wird die Demineralisierung bei Raumtem-

peratur durchgeführt. Die Konzentration der HCl ist dabei mit 0,275 bis 2 M angege-

ben. Wie auch bei der Deproteinierung kann die Reaktionszeit stark variieren. Bis zu

zwei Tage wurden hierfür angesetzt.

Die Menge an einzusetzender HCl kann in etwa anhand des Aschegehalts des

deproteinierten Chitins kalkuliert werden. Man berechne dazu den stöchiometrischen

Bedarf an HCl für die Asche der Probe, kalkuliere einen kleinen Überschuss hinzu

und rechnet auf die Gesamtmenge des zu demineralisierenden Chitins hoch.

Auch bei der Demineralisierung kann der Einsatz von Bakterien hilfreich sein. Lacto-

bacillus plantarum wurde zur Deproteinierung eingesetzt. Gleichzeitig bewirkte die

ausgeschiedene Milchsäure aber auch eine Demineralisierung und Entfernung der

Pigmente. Die Demineralisierung war zu 90 % erfolgreich. Somit können durch eine

Fermentation drei Prozesse auf einmal durchgeführt werden (Rao et al. 2000).

1.5.3 Entfärbung oder Bleichen

Das Exoskelett der Crustacea enthält neben Calcium und Proteinen noch färbende

Substanzen wie zum Beispiel Astaxanthin. Diese Substanzen sind weder mir dem

Calcium noch mit dem Protein verbunden, da auch sie sonst bei den entsprechenden

Reinigungsschritten entfernt würden. Sollten sie sich aber beim Produkt als störend

erweisen oder aber selbst Verwendung finden, so können diese Substanzen nach

der Demineralisierung durch Azeton oder Ethanol extrahiert werden. Alternativ kön-

nen sie durch Oxidationsmittel wie KMnO4, SO2 oder H2O2 zerstört werden. Bei vie-

len Anwendungen stört die Färbung aber nicht und dieser Reinigungsschritt kann

vernachlässigt werden.

1.5.4 Chemische Deacetylierung

Die chemische Deacetylierung des deproteinierten und decalcifizierten Chitins erfolgt

für mehrere Stunden in konzentrierter Natronlauge. Dabei werden Temperaturen von

60-120°C angewendet. Um hohe Deacetylierungsgrade z u erreichen, muss der Pro-

zess mehrfach wiederholt werden. Neben der Abspaltung des Acetats von den Chi-

tinketten werden zum Teil auch die Chitin- bzw. Chitosanketten hydrolysiert.

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1.5.5 Nachteile der chemischen Herstellung

Die Nachteile der chemischen Herstellung von Chitosan sind zum einen der hohe

Bedarf an Chemikalien und Energie. Vor allem Salzsäure, Natronlauge und die E-

nergie zum Erhitzen seien hier genannt. Für das Produkt ist vor allem die Verkürzung

der Kettenlänge von Nachteil, die bei der Deacetylierung durch Natronlauge eben-

falls auftritt. Dass der chemische Prozess schwierig zu steuern ist und die Qualität

der Produkte oft schwankt, ist ebenso von Nachteil wie die Tatsache, dass eine voll-

ständige Deacetylierung nur sehr schwer erreicht werden kann. In diesen Nachteilen

liegt zugleich der Vorteil, der von einer enzymatischen Deacetylierung erhofft wird.

Der Einsatz von Chemikalien und Energie kann deutlich reduziert werden. Auch ist

eine Verkürzung der Kettenlänge bei der Deacetylierung durch eine Deacetylase

nicht zu erwarten.

Dass sich der Einsatz einer Chitindeacetylase lohnen kann, soll anhand der nachfol-

genden Auflistung der Anwendungen von Chitosan deutlich gemacht werden.

1.6 Anwendungsgebiete von Chitin und Chitosan

Nachfolgend sind einige Anwendungsmöglichkeiten aufgelistet. Diese Übersicht kann

aber nur ein kleiner Ausschnitt aus dem riesigen Anwendungsspektrum von Chitosan

bzw. Chitin sein und stellt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Grundsätzlich ist die

Anwendung von Vorteil, weil Chitin und Chitosan auf natürlichem Wege abgebaut

werden, beide Substanzen nicht giftig sind und weil es sich bei Chitin um einen

nachwachsenden Rohstoff handelt.

Insbesondere Chitin wird manchmal eine starke allergene Wirkung nachgesagt. Dies

ist aber wohl nicht auf das Chitin an sich, sondern auf Peptide oder Amine zurückzu-

führen, die als Reste noch am nicht vollständig gereinigten Produkt haften.

Sofern es nicht anders erwähnt wird, beziehen sich alle Anwendungen auf den Ein-

satz von Chitosan.

Im Anschluss an die Tabelle werden einige wenige Anwendungen näher erläutert.

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Einleitung

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Tabelle 1.2: Anwendungen von Chitosan

Bereich Anwendung Eigenschaft und Auswirkung Literatur

Wundheilung, künstliche Haut Antibakteriell, Matrix bildend, Stimulation des Heilungs-prozesses (siehe Text unten).

Muzzarelli 1997

Chirurgisches Nahtmaterial Fasernbildend, im Körper durch Lysozym abbaubar, an-tibakteriell.

Felse und Panda 1999

Wirkstoffträger Fasern bzw. Folien bildend, abbaubar. Felse und Panda 1999 Onishi et al. 1997

Cholesterin senkend Bindung von Lipiden, weniger Bildung von Gallensäure Muzzarelli 1999

Gewichtreduktion Entzieht die Fette der Nahrung der Verdauung durch Komplexbildung.

Muzzarelli 1999

Medizin

Gegen Arthritis Glucosamin als Abbauprodukt wirkt entzündungshem-mend.

Felse und Panda 1999

Bestandteil von Hautcremes Wasserverlust wird verringert, Haut wird weicher und flexibler; als Polykation bindet Chitosan Parfümöle und pflegende Bestandteile der Cremes. Antibakteriell.

Wachter 1999

Haarpflege Gelöstes Chitosan bildet einen Film ums Haar, welcher das Haar bruchfest und formstabil macht.

Wachter 1999

Kosmetik

Mundhygiene Chitin als Putzkörper in Zahnpasta, Chitosan als Gelba-sis für Zahncreme verringert die Bildung von Plaque.

Sano et al. 1991

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Einleitung

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Tabelle 1.2: Anwendungen von Chitosan (Fortsetzung)

Bereich Anwendung Eigenschaft und Auswirkung Literatur

Ionenaustauscher, Abwasser-reinigung, Metallgewinnung

Selektiver Ionenaustauscher für Schwermetalle wie Zn2+, Cd2+, Cu2+, jedoch nicht Ca2+, Mg2+.

Becker und Schlaak 1999

Entfernung bzw. Gewinnung von Proteinen aus Abwasser

Chitosan coaguliert Proteine, diese können dann leichter abgetrennt werden.

Wanichpongpan et al. 1999

Entfernung von Farbstoffen aus Abwässern

Schwer abbaubare Farbstoffe der Textilindustrie können mit Chitosan aus dem Abwasser entfernt werden.

Annadurai 2000

Erhöhung der Wirkung von Kläranlagen

Durch Zugabe von Chitosan zum Belebtschlamm von Kläranlagen kann deren Umsatzrate erhöht werden. Bil-dung von Oberflächen, welche von Bakterien besiedelt werden können.

Meyer 2001

Umwelttechnik

Immobilisierung von Enzymen und Bakterien

Enzyme für den Abbau schädlicher Stoffe in Abwässern können mit Chitosan immobilisiert werden.

Acosta et al. 1999

Papier Verbesserung von Papier Beimischung von Chitosan erhöht die Reißfestigkeit, eine Beschichtung verbessert die Farbaufnahme des Papiers.

Struszyck et al. 1999

Textil Bestandteil von Fasern und Stoffen

Antimikrobielle Eigenschaften der Fasern, mit Chitosan beschichtete Stoffe lassen sich besser bedrucken.

Park et al. 1999 Arab-Bahmani et al. 1999

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Einleitung

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Tabelle 1.2: Anwendungen von Chitosan (Fortsetzung)

Bereich Anwendung Eigenschaft und Auswirkung Literatur

Saatbeize Chitosan verringert die Anzahl pflanzenpathogener Pilze, indem es Chitinasen in Bodenorganismen und Pflanzen induziert. Es kann auch als Träger für Pestizide einge-setzt werden.

Hirano und Nagao, 1989, Freepons 1997

Kompost Chitin als Kompostbestandteil erhöht die Chitinase-Aktivität im Boden. Diese zersetzt pflanzen-pathogene Pilze.

Côté et al. 2001

Agrartechnik

Pflanzenschutz Chitosan weist antivirale Eigenschaften auf. Es verringert die Vermehrung der Viren

Chirkov 2002

Nahrungsmittel Beschichtung von Früchten Hemmung von Fäulnispilzen durch Induktion von Chitin-asen, Reduzierung des Wasserverlustes durch Filmbil-dung

Romanazzi et al. 2001, Galed et al. 2001

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Einleitung

33

1.6.1 Medizinische Anwendungen

Bei den medizinischen Anwendungen spielt die Reinheit der Materialien naturgemäß

eine große Rolle. Verunreinigungen müssen hier weitgehend ausgeschlossen wer-

den. So sind Verunreinigungen durch Proteine ebenso unerwünscht wie Kontamina-

tionen mit Bakterien- oder Pilzsporen. Daneben müssen die Produkte standardisiert

sein, was wiederum konstante Qualitäten bei den Rohstoffen voraussetzt.

Wichtige Parameter sind hierbei der Deacetylierungsgrad und der Polymerisations-

grad. Der höhere Aufwand bei der Herstellung wird aber durch höhere Preise ausge-

glichen, welche auf dem medizinischen Sektor erzielt werden können.

1.6.1.1 Wundheilung

Der Einsatz von Chitin aus Pilzen führte bei der Bedeckung von Wunden zu einer

Erhöhung der Fibroblasten und lieferte zugleich eine Matrix, an der diese sich anla-

gern konnten. Dadurch wird der Heilungsprozess der Wunde stark beschleunigt, da

neues Bindegewebe aufgebaut werden konnte (Felse and Panda 1999). Die Wirkung

von Chitin und Chitosan beruht zunächst auf der körpereigenen chitinolytischen Akti-

vität, welche in den Makrophagen zu finden ist. Diese produzierten Lysozym, wel-

ches die Chitinmoleküle in Oligomere spaltet. Diese Oligomere aktivieren dann wie-

derum die Makrophagen welche nun unter anderem Interleukin bilden. Aber auch

Lysozym, Chitinasen und N-Acetyl-β-D-Glukosaminidasen werden nun verstärkt ge-

bildet, welche dazu führen, dass die Oligomere zu Monomeren abgebaut werden.

Die Monomere wiederum bewirken unter Einfluss des Interleukins eine starke

Vermehrung der Fibroblasten. Dadurch kann letzten Endes Bindegewebe in Form

von Collagen gebildet werden (Muzzarelli 1997). Abb. 1.5 zeigt eine schematische

Darstellung des beschriebenen Prozesses.

Der Einsatz von Chitosan bei der Herstellung von synthetischer Haut basiert eben-

falls auf den heilenden Eigenschaften des Chitosans sowie auf seinen Strukturge-

benden Eigenschaften als Matrix.

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Einleitung

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Makrophage

Chitin bzw. Chitosan Lysozym/Chitinase Chitooligomere

Monomere

Bildung von:ChitinasenAktiviertem SauerstoffInterferonInterleukin

Fibroblast

VermehrungInterleukin

Collagenbildung / Heilung

Nach Muzzarelli 1997

Abbildung 1.5:Einfluss von Chitin bzw. Chitosan auf die Wundheilung.

1.6.2 Umwelttechnologie

1.6.2.1 Chitosan als Komplexbildner für Metallionen

Die Anwendungen, für welche die größten Mengen an Chitosan benötigt werden,

finden sich in der Umwelttechnik. Chitosan eignet sich sehr gut als selektiver Ionen-

austauscher für Schwermetalle (Becker und Schlaak 1999). Der Hauptvorteil von

Chitosan liegt darin, dass selektiv Schwermetallionen wie Zn2+, Cd2+, Cu2+ oder Ni2+

adsorbiert werden, nicht aber die in der Natur sehr weit verbreiten Alkali- und Erdal-

kalimetallionen, wozu zum Beispiel Ca2+, Mg2+, Na+ und K+ gehören (Roberts 1992).

Bei den Komplexen handelt es sich um Chelate, was bedeutet, dass mehrere Stick-

stoffatome einer Chitosankette als Liganden zur Bindung des Metallions herangezo-

gen werden.

Anwendungen lassen sich vor allem dort finden, wo schwermetallhaltige Abwässer

anfallen. Handelt es sich um wertvolle Metalle, so lassen sich diese durch diese

Technik aufkonzentrieren und gewinnen.

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1.6.2.2 Chitosan zur Immobilisierung von Enzymen, H efen und Bakterien

Enzyme, die dem Abbau von Schadstoffen dienen, können mit Chitin immobilisiert

werden. So wurde Tyrosinase, ein Enzym dass beim Phenolabbau eine Rolle spielt,

mit Chitosan immobilisiert, wodurch der Phenolabbau gesteigert wurde (Acosta et al.

1999). Ebenfalls möglich ist die Immobilisierung von Enzymen für die Produktion ver-

schiedener Substanzen.

Hefen für die Alkoholproduktion können ebenfalls mit Chitosan immobilisiert werden

(Praktikumsversuch an der Fachhochschule in Emden).

Da chitinolytische Enzyme sich selektiv an Chitin binden, lassen sie sich durch eine

Affinitätschromatographie mit Chitin als Säulenmaterial aufreinigen. Diese Methode

wurde mit Lysozym erfolgreich durchgeführt. Das Lysozym bindet dabei bei pH 7-9

an die Säule und kann mit 0,2 M Essigsäure wieder von der Säule eluiert werden.

(Roberts 1992)

1.6.3 Agrartechnik

1.6.3.1 Behandlung von Saatgut und Pflanzen

Die Agrartechnik nutzt Chitosan zur Behandlung von Saatgut. Dieses wird mir einer

Chitosanlösung getränkt und anschließend getrocknet. Die Chitosanlösung kann

auch als Träger von Pestiziden genutzt werden. Nach dem Trocknen der Lösung ist

das Saatkorn dann mit einer dünnen Schicht Chitosan umgeben, welche das Pestizid

enthält. Im Erdreich quillt diese Schicht dann auf und das Korn wird von einer gelarti-

gen Barriere umgeben. Der Vorteil dieser Methode ist der, dass die Pestizide direkt

am Korn und der jungen Pflanze wirken und somit die aufzubringende Menge an

Pestiziden stark reduziert werden kann (Freepons 1997). Die Beschichtung des

Saatgutes mit Chitosan wirkt aber auch ohne beigefügte Pestizide konservierend auf

das Saatgut, weil Bodenbakterien und die jungen Pflanzen selbst durch Chitosan,

welches vom beschichteten Saatgut in den Boden gelangt, zur Bildung von Chitin-

asen angeregt werden, welche in fast allen Pflanzengeweben vorhanden sind. Diese

freigesetzten Chitinasen wiederum zersetzen auch das Chitin in den Zellwänden der

pflanzenpathogenen Pilze. Je kleiner das Molekulargewicht des eingesetzten Chito-

sans, desto größer die Anzahl der im Wachstum gehemmten Pilze (Hirano and Na-

gao 1989). Die hemmende Wirkung des Chitosans kleineren Molekulargewichts ist

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Einleitung

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dabei größer gewesen als die Wirkung direkt eingesetzter Chitinasen oder von Lyso-

zym.

Einen Schutz von Pflanzen vor pflanzenpathogenen Pilzen kann auch die Zugabe

von Kompost, dem zuvor Chitin beigemischt wurde, bewirken. Dies wurde bei Kartof-

felpflanzen nachgewiesen, wobei die Menge des zugesetzten Chitins keine großen

Auswirkungen hatte (Côté et al. 2001).

1.6.3.2 Beschichtung von Früchten

Eine weitere Anwendung findet Chitosan bei der Beschichtung von Früchten. So

wurden verschiedene Früchte nach der Ernte mit Chitosanlösungen (0,1-1%) be-

schichtet und eine Reduzierung des Verderbs festgestellt. Im Falle von Erdbeeren,

Pampelmusen und Kirschen wurde dies auf die Hemmung von Fäulnis erregenden

Pilzen zurückgeführt. Dies traf bei heilen und beschädigten Früchten zu (Romanazzi

et al. 2001). Eine verminderte Alterung, gekennzeichnet durch einen niedrigeren

Wasserverlust, wurde bei mit Chitosan beschichteten Zitrusfrüchten festgestellt

(Galed et al. 2001). Dies wurde neben der Hemmung pflanzenpathogener Pilze auch

auf das bessere Wasserthaltevermögen der Früchte nach Beschichtung mit Chito-

sanlösung (1,25 % in Essigsäure) zurückgeführt.

Bei allen Anwendungen in der Agrartechnologie ist es von Vorteil, dass Chitosan ab-

baubar und nicht giftig ist. Auch kann der Einsatz von Pestiziden reduziert werden,

was ebenfalls von ökologischem Interesse ist.

1.7 Zielsetzung dieser Arbeit

Das Ziel dieser Arbeit ist die enzymatische Umsetzung von Chitin zu Chitosan. Für

dieses Ziel muss ein Enzym gefunden werden, welches hochpolymeres Chitin zu

Chitosan umsetzen kann, ohne die Chitinketten zu spalten. Dies würde einen Quali-

tätsverlust bedeuten, den es zu vermeiden gilt, solange nicht eine gezielte Spaltung

der Polymere zu Oligomeren gewünscht wird.

Mit einer enzymatischen Deacetylierung von Chitosan lassen sich im Idealfall Chito-

san-Produkte mit einem solch hohen Deacetylierungsgrad erzeugen, welcher durch

chemische Deacetylierung nur schwer oder gar nicht erreicht werden kann. Diese

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Einleitung

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hohe Qualität ist Vorraussetzung, will man den hochpreisigen Markt, beispielsweise

für Medizinprodukte, bedienen.

Der geringere Einsatz von Chemikalien und Energie ist ein positiver Nebeneffekt,

welcher auch bei der Vermarktung des Chitosan genutzt werden könnte (umwelt-

schonendes Produkt)

Da Chitosan in Bakterien nicht vorkommt, ist anzunehmen, dass eine bakterielle

CDA nicht intrazellulär sondern extrazellulär vorkommt, wo sie eine katabole Aufgabe

übernimmt. Dies ist ein Vorteil gegenüber einem Enzym aus jenen Pilzen, bei denen

die CDA an der Zellwandsynthese beteiligt ist. Ein Enzym welches ins Medium ab-

gegeben wird, ist leichter aufzureinigen als eines, welches sich in Zellen befindet o-

der aber mit der Zellwand oder Membranen fest verbunden ist.

Aus ökologischer Sicht ist der von Davies und Eveleight postulierte zweite Abbauweg

des Chitins, der „Chitosanweg“ von Interesse (Davis & Eveleigh 1984). Befunde von

Gooday und Mitarbeitern deuten daraufhin, dass Chitin im Meerwasser über Chito-

san als Zwischenprodukt abgebaut wird. An diesem Abbau sollen im Wesentlichen

Bakterien beteiligt sein, die bisher allerdings noch nicht in Reinkultur isoliert werden

konnten (Gooday, 1990)

Um diese Ziele zu erreichen, bzw. die genannten Befunde zu sichern, müssen zu-

nächst geeignete Bakterien isoliert und ihre CDA-Aktivität nachgewiesen werden. Für

den Nachweis der CDA-Aktivität muss zunächst ein geeigneter Test entwickelt wer-

den, der dann auf die Bakterienisolate bzw. deren Kulturüberstände angewendet

werden kann.

Die Klonierung der CDA durch die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Otto am Fraunhofer

Institut in Hannover war ein weiteres Ziel der Zusammenarbeit innerhalb des Nieder-

sächsischen Forschungsschwerpunktes Meeresbiotechnologie. Um dieses Ziel zu

erreichen, wurden bei uns isolierte Stämme an die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Otto

gegeben

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Material und Methoden

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2 Material und Methoden

2.1 Verwendete Chemikalien

Von den folgenden Firmen wurden die genannten Substanzen bezogen:

Bernd Euler, Karlsruhe:

Agar agar und Pepton

Grüssing GmbH, Filsum:

Glucose, HCl, KH2PO4, MgSO4 x 7 H2O, NaOH

E. Merck, Darmstadt

CaCl2 x 2H2O, CoCl2 x 6H2O, CuCl2 x 2H2O, CuSO4, FeCl2, H3BO3, MgCl2 x 6H20,

MnCl2 x 4H2O, NaMoO4 x 2H2O, NaN3, NH4Cl, NiCl2 x 6H2O, KCl und ZnCl2

Roche Diagnostics

Acetyl-CoA-Synthetase, Pyrophosphatase, Coenzym A

ATP-Testkit (Luciferase)

r-Biopharm

Enzymatisches Acetat-Testset (Auch als Boehringer-Test bezeichnet)

Carl Roth GmbH, Karlsruhe

EDTA, H2SO4, NaCl, Na2CO3 und (NH4)2SO4

Serva, Heidelberg

Coomassie Brilliant Blau G 250

Sigma

ATP, Cibachron Brilliant Rot 3BA

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Material und Methoden

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2.2 Verwendete Lösungen

2.2.1 Synthetisches Meerwasser

Modifiziert nach Dawson 1969 (Balows et al. 1991).

Das synthetische Meerwasser diente als Grundlage für alle marinen Medien.

Tabelle 2.1 Synthetisches Meerwasser

Substanz Einwaage pro Liter Molarität

NaCl 24,7 g 426,0 mM

KCl 0,7 g 9,4 mM

MgSO4 x 7 H2O 6,3 g 25,56 mM

MgCl2 x 6 H2O 4,6 g 22,63 mM

CaCl2 x 2 H2O 1,32 g 8,98 mM

NaHCO3 0,2 g 2,38 mM

(NH4)2SO4 0,4 g 3,03 mM

KH2PO4 0,3 g 2,2 mM

SL 7 – Lösung 1,0 ml Siehe 2.2.3

Fe Cl2 – EDTA-Lösung

1,0 ml Siehe 2.2.5

Ca. 500 ml demineralisiertes Wasser wurden vorgelegt. Die Zutaten wurden einzeln zugegeben und gelöst. Der pH-Wert wurde mit NaOH und HCl auf 6,8 eingestellt. Zum Schluss wurde auf 1 l aufgefüllt.

Das synthetische Meerwasser wurde bei 4 °C gelagert . Autoklaviert wurde das syn-

thetische Meerwasser erst nach Zugabe der C-Quelle.

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Material und Methoden

40

2.2.2 Mineralmedium für terrestrische Stämme

Modifiziert nach BIEBL & PFENNIG, 1981

Tabelle 2.2 Mineralmedium für terrestrische Stämme

Substanz Einwaage pro Liter Molarität

KH2PO4 0,5 g 3,67 mM

MgSO4 x 7 H2O 0,4 g 1,62 mM

NaCl 0,4 g 6,90 mM

CaCl2 x 2 H2O 0,05 g 0,34 mM

NH4Cl 0,5 g 9,35 mM

SL 7 - Lösung 1,0 ml

FeCl2 – EDTA - Lösung 1,0 ml

Ca. 500 ml demineralisiertes Wasser wurden vorgelegt. Die Zutaten wurden einzeln zugegeben und gelöst. Der pH-Wert wurde mit NaOH und HCl auf 6,8 eingestellt. Zum Schluss wurde auf 1 l aufgefüllt.

2.2.3 Spurenelemente-Lösung SL7

Die Spurenelemente-Lösung ist Bestandteil aller verwendeten Medien. Von ihr wird

jeweils 1 ml pro l beim Ansetzen von synthetischem Meerwasser oder Mineralmedi-

um zugegeben.

Tabelle 2.3 Spurenelemente-Lösung SL 7 modifiziert nach Biebl und Pfennig

1981

Substanz Einwaage pro Liter Molarität im fertigen Medium

HCl (25%) 1,3 ml

ZnCl2 70,0 mg 0,51 µM

MnCl2 x 4 H2O 100,0 mg 0,51 µM

H3BO3 62,0 mg 1,0 µM

CoCl2 x 6 H2O 190,0mg 0,8 µM

CuCl2 x 2 H2O 17,0 mg 0,1 µM

NiCl2 x 6 H2O 24,0 mg 0,1 µM

Na2MoO4 x 2 H2O 36,0 mg 0,15 µM

Ca. 500 ml demineralisiertes Wasser wurden vorgelegt, die Zutaten einzeln zuge-geben und gelöst. Zum Schluss wurde auf 1 l aufgefüllt.

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2.2.4 Vitaminlösung 10-fach-Konzentrat

Tabelle 2.4 Vitaminlösung modifiziert nach Schlegel 1992

Substanz Einwaage pro 100 ml Molarität im Medium

Biotin 2 mg 0,08 µM

Nicotinsäure 20 mg 0,16 µM

Thiamin 10 mg 0,03 µM

p-Aminobenzoesäure 10 mg 0,07 µM

Ca-Panthotenat 5 mg 0,02 µM

Pyridoxamin HCl 50 mg 0,2 µM

Die Lösung wurde mit einem Spritzenvorsatzfilter steril filtriert. Die Lösung wurde kühl gelagert und den Medien nach dem Autoklavieren zugegeben (1 ml/l).

2.2.5 Eisen-EDTA-Lösung

Nach der Zusammenfassung von Elke Falk 1999

Tabelle 2.5 Fe(II) EDTA-Lösung

Substanz Einwaage pro Liter Molarität im Medium

EDTA-Di-Na-Salz 5,2 g 15,47 µM

FeCl2 x 4 H2O 1,5 g 7,54 µM

Der pH Wert wurde mit NaOH auf 6,5 eingestellt. Die Lösung wurde kühl gelagert und den Medien vor dem Autoklavieren zugegeben (1 ml/l).

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2.3 Verwendete Medien

2.3.1 Peptonmedium (Vollmedium)

Das Peptonmedium wurde zur Reaktivierung eingefrorener Stämme und zur Stamm-

haltung verwendet

Tabelle 2.6 Peptonmedium

Substanz Einwaage

Pepton (aus Fleisch) 5,0 g

Hefeextrakt 1,0 g

Synthetisches Meerwasser oder Mineralmedium Ad 1,0 l

pH 6,8

2.3.2 Agarplatten

Es wurden verschiedene Arten von Agarplatten verwendet. Für komplexe Medien,

die Pepton und Hefeextrakt enthielten, wurde Agar agar der Firma Bernd Euler un-

behandelt verwendet. Für Substrattests und für Platten zur Detektion der Chitin-Lyse

wurde der Agar mehrfach mit Wasser gewaschen und anschließend gefriergetrock-

net. Somit konnten Verunreinigungen, welche als C-Quelle genutzt werden könnten,

deutlich reduziert werden. Wenn nicht anders angegeben, so wurde pro Liter Medium

15 g Agar vor dem Autoklavieren zugegeben.

2.3.3 Festes Medium mit Chitin oder Chitosan (Doppelschicht-

Agarplatten)

Feste Chitinnährböden wurden eingesetzt, um die Verwertung des Substrates zu

zeigen. Auf der trüben Platte zeigt sich ein klarer Hof um die Kolonien, sobald chiti-

nolytische Enzyme durch die Bakterien ausgeschieden werden. Die untere Schicht,

der „Bottom Agar“ enthält kein Chitin, ist also ohne trübende Partikel. Sie schützt die

Platte vor allzu schnellem Austrocknen. Die obere Schicht, der „Top Agar“ hingegen

enthält das Chitin. Auf einer einschichtigen Platte mit Chitin wären die Lysishöfe

schwerer zu erkennen, da dann die Schichtdicke der trüben Partikel höher ist.

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Material und Methoden

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Untere Schicht (Bottom-Agar)

Agar (gewaschen) 15,0 g

Synthetisches Meerwasser oder Mineralmedium ad 1,0 l

pH-Wert ad 6,8

Der Bottom-Agar wurde auf Vorrat gegossen und nach dem Durchhärten kühl gela-

gert.

Obere Schicht (Top-Agar) (Lösung 1)

Agar (gewaschen) 6,0 g

Synthetisches Meerwasser oder Mineralmedium ad 300 ml

Obere Schicht (Top-Agar) (Lösung 2)

Kolloidales Chitin (siehe 2.4.3) oder Chitosan (siehe 2.4.4) 0,8 g

Synthetisches Meerwasser oder Mineralmedium ad 100 ml

Die Komponenten des Top-Agars wurden zunächst getrennt autoklaviert und an-

schließend zusammengegeben. Kurz vor dem Gießen des Top-Agars wurden 0,4 ml

der 10-fach konzentrierten Vitaminlösung zugegeben.

2.3.4 Chitinnährböden mit Pepton und Hefeextrakt

Um das Wachstum der Bakterien zu beschleunigen, wurden dem Top-Agar Pepton

und Hefeextrakt zugefügt. Die eingesetzte Konzentration (Pepton 0,3 %; Hefeextrakt

0,06 %) wurde in vergleichenden Wachstumstests ermittelt. Bei Platten dieser Kon-

zentration wuchsen die Bakterien deutlich schneller als ohne die Zusätze, wobei die

Ausmaße der Lysishöfe nicht abnahmen.

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Material und Methoden

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2.4 Verwendetes Chitin

2.4.1 Krabbenchitin

Verwendet wurde Chitin von Garnelen der Art Crangon crangon welche umgangs-

sprachlich meist als „Granat“ oder „Nordsee-Krabben“ bezeichnet werden. Das Chitin

stammte aus Fängen der Fischereigenossenschaft Neuharlingersiel und wurde

freundlicherweise von Herrn Dr. Lindenthal an der Fachhochschule in Emden depro-

teiniert und demineralisiert. Eine große Charge von ca. 1,5 kg dieser Schalen wurde

im Vakuum getrocknet und mit einer Schlagmessermühle fein gemahlen. Somit stand

für alle Versuche das gleiche Ausgangsprodukt zur Verfügung. Der Deacetylie-

rungsgrad des Chitins wurde durch die IR-Spektroskopie bestimmt. Er betrug 48 %.

2.4.2 Tintenfischchitin

Tintenfischabfälle der Arten Illex argentinus und Lolligo spec. konnten von der Firma

Costa in Emden, einem Hersteller von Tintenfischringen, bezogen werden. Die Abfäl-

le wurden in mehreren Schritten mit 1 M NaOH deproteiniert und anschließend mit

reichlich Wasser gewaschen. Eine Demineralisierung ist bei Chitin aus Tintenfischen

nicht erforderlich. Nach dem Trocknen durch Vakuumtrocknung wurde das Chitin in

einer Schlagmessermühle grob gemahlen. Da das Tintenfischchitin sehr viel zäher ist

als das Krabbenchitin, lässt es sich mit der Mühle nicht sehr fein mahlen. Der Deace-

tylierungsgrad des Chitins wurde durch die IR-Spektroskopie auf 39 % ermittelt.

2.4.2.1 Enzymatische Deproteinierung

Die Abfälle von Tintenfischen wurden versuchsweise auch mit verschiedenen Pro-

teasen von den Proteinresten befreit. Hierfür wurden die Proteasen Alcalase, Fla-

vourzyme, Neutrase und Savinase des Herstellers Novozym aus Dänemark verwen-

det. Alle Enzyme liegen in flüssiger Form vor und sind für die Lebensmittelindustrie

gedacht.

Obwohl besonders bei der Neutrase die Proteinreste überwiegend aufgelöst wurden,

wurde im weiteren Vorgehen auf NaOH zurückgegriffen. Der Grund dafür war die

Entstehung von sehr starken Gerüchen, welche sich bei der Wäsche des Chitins

stark ausbreiten konnten. Bei der Deproteinierung mit NaOH waren die Gerüche

deutlich schwächer ausgeprägt.

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Material und Methoden

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2.4.3 Kolloidales Chitin

Kolloidales Chitin wurde sowohl aus Krabbenchitin als auch aus Tintenfischchitin

hergestellt. Dazu wurde das deproteinierte und gegebenenfalls decalcifizierte Chitin

in 7,5 M HCl unter Rühren gelöst (10 g in 100 ml). Diese Chitinlösung wurde mit Hilfe

einer Glasfilterfritte und eines Wasserstrahlvakuums filtriert und langsam in reichlich

deionisiertes Wasser eingetropft, woraufhin das Chitin als weißer Niederschlag aus-

fiel. Das Chitin wurde durch viermaliges Zentrifugieren und Resuspendieren in

deionisiertem Wasser annähernd neutral gewaschen. Schließlich wurde der pH-Wert

der Chitinsuspension mit 0,5 M NaOH auf 7,0 eingestellt.

Getrocknet wurde das kolloidale Chitin durch Vakuumtrocknung. Durch die mehrfa-

che Wäsche wird auch sichergestellt, dass lösliche Oligomere, welche bei der Be-

handlung mit Säure ebenfalls entstehen können, aus dem Produkt entfernt werden.

Das kolloidale Chitin zeichnet sich durch seine Feinheit aus und wird im Enzymtest

eingesetzt, weil es den Enzymen bessere Angriffsmöglichkeiten bietet als das native

Chitin.

Löst man β-Chitin in 6 M HCl, so wird sich das Chitin, wenn die Lösung in Wasser

getropft wird, als α-Chitin rekristallisieren (Roberts 1992). Dies ist dadurch zu erklä-

ren, dass beim α-Chitin stärkere Bindungskräfte wirken als beim β-Chitin.

2.4.4 Chitosan

Es wurden zwei Sorten von Chitosan eingesetzt. Chitosan der Firma Seacure hatte

einen Deacetylierungsgrad von 78 %. Es basierte auf Chitin von Krabbenschalen.

Daneben wurde noch Chitosan aus Tintenfischchitin verwendet. Es wurde an der

Fachhochschule in Emden von Herrn Dr. Lindenthal deacetyliert und hatte einen

Deacetylierungsgrad von ca. 90 %.

2.5 Gewinnung von Anreicherungskulturen

2.5.1 Herkunft des Inokulums

Marines Sediment wurde im Jadebusen vor Wilhelmshaven während einer Bootsfahrt

genommen. Daneben wurde Sediment von der Emsmündung im Bereich der Knock

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Material und Methoden

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aus der Brandungszone entnommen. Dort wurden auch Schalen von Crustaceen

gesammelt, von denen Isolate direkt gewonnen werden sollten.

Inokulum für die Anreicherung terrestrischer Bakterien wurde aus Kompost entnom-

men, dem zwei Wochen zuvor gemahlene Krabbenschalen beigemischt worden sind.

Dies sollte eine erste Anreicherung Chitin verwertender Bakterien bewirken.

2.5.2 Ansetzen der Anreicherungskulturen

Für die Anreicherungskulturen wurde Flüssigmedium verwendet, dem 5 % fein ge-

mahlenes Chitin und Vitaminlösung beigesetzt wurde. Die Anreicherungskulturen

wurden in Erlenmeyer-Kolben mit Schikanen angesetzt. Um für gute aerobe Verhält-

nisse zu sorgen wurden diese nur zu 10 % ihres Nennvolumens befüllt. Die Kolben

wurden mir Zellstoff-Stopfen verschlossen und bei 30 °C schüttelnd inkubiert. Nach

3-5 Tagen wurden 10 % der Kultur auf einen Kolben mit frischem Medium übertra-

gen.

2.6 Reinkulturen

2.6.1 Gewinnung der Isolate

Ausgehend von den Anreicherungskulturen wurden Isolate durch Verdünnungsaus-

striche auf Acetat-Agarplatten gewonnen. Einzelne Kolonien wurden dann auf Ace-

tat-Agarplatten ausgestrichen.

Einige Stämme wurden auch direkt auf Chitinnährböden isoliert. Diese Stämme wer-

den im Ergebnisteil als Chitinisolate durch Unterstreichung gekennzeichnet.

2.6.2 Langzeitkonservierung der Reinkulturen

Zur Langzeitkonservierung wurden die gewonnenen Isolate in flüssigem Stickstoff

gelagert. Von ca. drei Tage alten Platten wurde reichlich Zellmaterial mit der Impföse

entnommen und in eine sterile Mischung aus 80 % synthetischem Meerwasser bzw.

Mineralmedium und 20 % Glycerin (50 % in H2O) suspendiert. Dieser Mischung wur-

de vor dem Sterilisieren eine Glaskugel von 4 mm Durchmesser beigefügt. Diese

sorgte dafür, dass sich das Zellmaterial gut suspendieren ließ. Von der Bakterien-

suspension wurde dann jeweils ein Topfen mit Hilfe steriler Pasteurpipetten auf ein

steriles Filterpapierblättchen von 4-5 mm Durchmesser (Antibiotikatestblättchen) ge-

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Material und Methoden

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geben. Ca. 20 dieser Blättchen wurden zusammen in einem Cryoröhrchen in flüssi-

gem Stickstoff eingefroren.

Zum Reaktivieren eines eingefrorenen Bakterienstammes wurde ein Blättchen aus

dem Cryoröhrchen steril entnommen und in 5 ml marines oder terrestrisches Vollme-

dium gegeben. Hiermit konnten nach 2-3-tägiger aerober Inkubation Platten oder

Flüssigmedien beimpft werden.

2.7 Wachstumstest auf verschieden Medien

2.7.1 Plattentests

Alle Isolate wurden auf verschiedenen Agarplatten angezogen, um grob eine Eig-

nung der Isolate festzustellen. Verwendet wurden marine bzw. terrestrische Platten

mit den folgenden Kohlenstoff- bzw. Energiequellen:

Acetat: 0,1 % in einschichtigen Platten

Chitosan: 0,2 % in Doppelschicht-Platten

Chitin: 0,2 % in Doppelschicht-Platte

Bei einigen Stämmen wurde auch der pH-Wert der Platten variiert. Bei pH-Werten

unterhalb von 5 wurde die Menge an Agar von 15 auf 20 g/l erhöht, da ansonsten die

Festigkeit des Agar durch den niedrigen pH-Wert herabgesetzt wurde.

2.7.2 Kulturröhrchen

Erste physiologische Untersuchungen wurden mit dem Stamm 99.6, einem marinen

Isolat durchgeführt. Da bei diesem Stamm die CDA-Aktivität sowohl bei uns als auch

durch molekularbiologische Methoden festgestellt wurde (Promotion Christian

Schmalz 2003), schien dieser Stamm für weitere Untersuchungen besonders geeig-

net.

In Kulturröhrchen wurden der pH-Wert und der Salzgehalt des Mediums variiert.

Der pH-Wert wurde von 7,0 in Schritten von 0,5 bis auf 4,0 herabgesenkt. Das

Wachstum im sauren Medium ist deshalb von Interesse, weil sich bei saurem pH-

Wert das Chitin zu lösen beginnt. Kristalline Bereiche des Substrates könnten auf

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Material und Methoden

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diese Weise für die CDA besser zugänglich sein. Dadurch wäre eine effektivere Dea-

cetylierung möglich.

Der Salzgehalt des Mediums wurde in Schritten von 10 % reduziert. Dazu wurde das

synthetische Meerwasser teilweise durch terrestrisches Mineralmedium ersetzt.

Neun Teile synthetisches Meerwasser + 1 Teil Mineralmedium entsprechen einer

Reduzierung des Salzanteils des Mediums um 10 %.

Das Wachstum bei geringerem Salzgehalt hätte bei Fermentationen den Vorteil ge-

ringerer Korrosionsgefahr an den Geräten. Auch bei einer späteren Aufreinigung des

Enzyms wäre ein geringerer Salzgehalt des Mediums von Vorteil.

Als Kohlenstoff- und Energiequelle wurden Pepton und Hefeextrakt zugegeben. Das

Wachstum wurde photometrisch bei 650 nm verfolgt. Die Inkubation der Röhrchen

erfolgte bei 30 °C. Die Kulturröhrchen wurden schü ttelnd in Schräglage inkubiert.

Zusätzlich wurde jedes Röhrchen vor jeder Messung auf dem Vortex-Schüttler

durchmischt. Die optischen Dichten wurden jeweils vor Inokulation gemessen und als

Nullwert von den Messwerten abgezogen. Es wurden jeweils zwei Röhrchen ge-

messen und dann ein Mittelwert gebildet. Dieser wurde gegen die Inkubationszeit

aufgetragen.

2.7.3 Sapromat

Der Sapromat ist ein Gerät, welches den Sauerstoffverbrauch stoffwechselaktiver

Kulturen ermittelt. Das Gerät wird im Allgemeinen in der Umwelttechnik eingesetzt,

um den biologischen oder chemischen Sauerstoffbedarf (BSB bzw. CSB) von Ab-

wässern zu ermitteln.

In einem luftdicht verschlossenen System ist dabei ein Kulturgefäß mit einem elektro-

lytischen Sauerstofferzeuger und einem Druckschalter verbunden. Mehrere solcher

Systeme können dabei gleichzeitig betrieben werden.

Verbraucht die Kultur Sauerstoff, entsteht im System ein Unterdruck, so dass der

Druckschalter den Sauerstofferzeuger für eine definierte Impulsdauer einschaltet.

CO2, welches gebildet wird, wird durch Natronkalk-Plätzchen adsorbiert. Die Menge

des gebildeten Sauerstoffs ist der Anzahl an Impulsen proportional. Die Impulszahl

wird von einem Steuergerät registriert und gegen die Zeit aufgetragen.

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Material und Methoden

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Der Vorteil des Gerätes liegt darin, dass auch Wachstumskurven von Kulturen auf-

genommen werden können, bei denen die Photometrie aufgrund des unlöslichen

Chitins im Medium versagt. Ist das System einmal gestartet, können Wachstumskur-

ven über mehrere Tage aufgenommen werden. Nachteilig ist bei diesem System al-

lerdings die hohe Störungsanfälligkeit. Bei kleinsten Undichtigkeiten oder fehlerhaf-

ten Kontakten können keine Wachstumskurven mehr aufgenommen werden. Solche

Fehler sind allerdings im Resultat leicht zu erkennen.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde der Sapromat verwendet, um bei einigen ausgewähl-

ten Stämmen das Wachstum auf Chitin in Flüssigmedium zu verfolgen. Es sollte vor

allem die Dauer des exponentiellen Wachstums bestimmt werden, damit Kulturen zur

Bestimmung der Enzymaktivität zum richtigen Zeitpunkt geerntet werden.

2.7.4 Mikrotiterplatten

Die Verwendung des Miktotiterplatten-Lesegerätes Fluostar Galaxy der Firma BMG

bietet den Vorteil, dass Wachstumskurven automatisch über längere Zeiträume auf-

genommen werden können. Außerdem besteht die Möglichkeit, mehrere Proben auf

einer Platte parallel bestimmen zu können, da Platten mit 96 Wells verwendet wur-

den. Für die Aufnahme von Wachstumskurven wurde die optische Dichte bei 650 nm

alle 30 Minuten gemessen. Die Temperatur wurde dabei bei konstant 30 °C gehalten

und die Platte wurde vor jeder Messung im Gerät geschüttelt.

Die Medien mit verschiedenen Kohlenstoff- und Energiequellen wurden vor Beginn

des Versuches vorgelegt, das Inokulum wurde durch eine Pumpe im Gerät automa-

tisch zudosiert. Das Inokulum entstammte einer Übernachtkultur. Diese wurde ab-

zentrifugiert und das Pellet anschließend in synthetischem Meerwasser (siehe 2.2.1)

resuspendiert. Die Substrate Glucose, Glucosamin, N-Acetylglucosamin und Chitobi-

ose wurden zu je 0,5 % vorgelegt.

Wells, welche Vollmedium enthielten (siehe 2.3.1), jedoch nicht beimpft wurden,

dienten als Kontrolle, um Kontaminationen auszuschließen.

2.8 Gewinnung Chitinase negativer Mutanten

Vom Stamm 99.6, der neben einer Chitindeacetylase auch über Chitinasen verfügte,

sollten durch Bestrahlung mit UV-Licht Mutanten erzeugt werden, welche Chitinase

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Material und Methoden

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negativ sind. Auf Komplexmedium-Agarplatten wurde zunächst die Bestrahlungs-

dauer bestimmt, bei der ca. 95 % der Bakterien des Stammes abgetötet wurden.

Dies war in unserem Experiment bei 60 s der Fall. Bei längerer Bestrahlung werden

alle Zellen abgetötet, während bei kürzerer Bestrahlung die mutagene Wirkung nicht

ausreichend ist. Die verwendete UV-Lampe des Herstellers Desaga hatte eine Leis-

tung von 100 Watt. Der Abstand der Lampe zum Nährboden betrug 11 cm. Die Wel-

lenlänge des UV-Lichtes wurde mit 254 nm angegeben.

Mit der Thomazählkammer wurde am nächsten Tag die Zellzahl des frischen Inoku-

lums bestimmt. Es wurde dann mit Medium so verdünnt, dass ca. 10000 Zellen pro

ml Inokulum vorlagen. Hiervon wurden jeweils 50 µl auf Chitinnährböden mit Pepton

und Hefeextrakt (s. 2.3.4) ausplattiert. Die Platten wurden dann einzeln für 60 s mit

UV-Licht (254 nm) bestrahlt und anschließend lichtgeschützt aerob inkubiert. Der

Schutz vor Licht ist deshalb notwendig, da durch Licht die Photoreparatur in Gang

gesetzt werden kann, welche die durch UV-Licht ausgelösten Mutationen rückgängig

machen kann. Anhand der Größe der Lysishöfe wurden Mutanten nach mehrtägiger

Inkubation ausgewählt und isoliert. Anhand von Gramverhalten, Katalase- und Oxi-

dasetests, der Kolonieform sowie dem mikroskopischen Bild der Zelle wurde über-

prüft, ob es sich nicht doch um Kontaminanten statt um Mutanten handelte.

Mit den Mutanten wurde dann der Test auf Chitindeacetylase-Aktivität durchgeführt.

2.9 Nachweis der Chitindeacetylase-Aktivität

Während man die Chitinase-Aktivität der isolierten Bakterien recht einfach nach dem

Beimpfen chitinhaltiger Agarplatten durch das Erscheinen von klaren Höfen nachwei-

sen kann, gibt es für die Chitindeacetylase keinen einfachen Plattentest. Um einen

solchen Plattentest zu entwickeln, wurden Chitinnährböden (siehe 2.3.3) partiell mit

einer Chitosanlösung getränkt (0,5 % Chitosan, DD = 78 % in 2% Essigsäure).

Nachdem die Lösung getrocknet war wurden die Platten mit den Farbstoffen Cibach-

ron Brilliant Rot 3BA (siehe 2.9.2.2) bzw. Calkoflour (Trudel & Asselin 1990) be-

schichtet.

Leider ließ sich auch nach Wäsche der Platten und unter Verwendung von UV-Licht

kein Unterschied zwischen den Chitinbereichen und den Chitosanbereichen feststel-

len.

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Material und Methoden

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Um die Aktivität der Chitindeacetylase nachzuweisen, bieten sich dennoch verschie-

dene Ansätze an. Zunächst kann gebildetes Chitosan in Lösung nachgewiesen wer-

den. Dies geschieht colorimetrisch durch Zugabe eines speziellen Farbreagenzes.

Auf der Löslichkeit von Chitosan in Essigsäure und der Unlöslichkeit von Chitin ba-

siert auch ein Schnelltest zur schnellen Überprüfung von Kulturen.

Eine weitere Möglichkeit ist die Bestimmung von Acetat, welches neben Chitosan

das zweite Produkt der Chintin-Deacetylase ist. Für die Acetat-Bestimmung stehen

mehrere Methoden zur Verfügung, wobei die instrumentelle Ausstattung des Labors

eine entscheidende Rolle spielt. In unserem Fall wurde Acetat durch einen kommer-

ziellen Enzymtest der Firma Boehringer sowie durch einen selbst entwickelten En-

zymtest nachgewiesen.

Durch Infrarot-Spektroskopie kann der Deacetylierungsgrad einer Chitin / Chito-

sanprobe bestimmt werden. Anhand des Deacetylierungsgrades kann bei Aktivitäts-

tests die maximal freisetzbare Acetatkonzentration berechnet werden. Auch die Ver-

änderung des Deacetylierungsgrades einer Chitinprobe nach Inkubation mit einem

CDA enthaltenden Kulturüberstand oder einer Bakterienkultur kann als Nachweis für

die CDA-Aktivität verwendet werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass auf-

grund der Schwankungen bei der Auswertung der Spektren nur Veränderungen des

Deacetylierungsgrades von mindestens 5% berücksichtigt werden sollten.

Die Aufbereitung der Proben ist jedoch ein großes Problem bei der IR-Spektroskopie

von Chitosanproben, da die Proben für die KBr-Presslinge sehr fein gemahlen und

sehr rein sein müssen. Das Mahlen der Proben ist besonders bei Tintenfischchitin

aufgrund der Zähigkeit des Materials nur begrenzt möglich. Andererseits werden für

die IR-Messung von KBr-Presslingen nur ca. 1-2 mg je Probe benötigt.

2.9.1 Schnelltest der Chitosanbildung

Der Schnelltest auf Chitosanbildung nutzt die unterschiedlichen Löslichkeiten von

Chitin und Chitosan in verdünnter Essigsäure aus. Ein zu testender Stamm wurde

zunächst mit Chitin als Energie- und C-Quelle in aerober Flüssigkultur gezogen.

Nach der Inkubation wurde die Kultur gegebenenfalls alkalisch gemacht, damit kein

Chitosan in Lösung vorliegt. Die Kultur wurde für 10 Minuten bei 4000 UpM abzentri-

fugiert und die Zellen anschließend mit 7 ml 0,1 M NaOH resuspendiert und durch

Kochen aufgeschlossen. Nach erneuter Zentrifugation wurde der Überstand verwor-

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Material und Methoden

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fen, das Pellet mit 1 % Essigsäure resuspendiert und für eine Stunde geschüttelt.

Chitosan geht dabei in Lösung, während Chitin fest bleibt.

Gibt man dann nach erneuter Zentrifugation zum klaren Überstand einige Tropfen

KOH-Lösung, so fällt das gelöste Chitosan direkt als feiner weißer Niederschlag aus.

Da eventuelle andere Produkte oder Bestandteile der Bakterien ebenfalls im alkali-

schen Bereich ausfallen können, ist ein weißer Niederschlag noch kein ausreichen-

der Beweis einer Bildung von Chitosan. Bleibt der Niederschlag jedoch aus, kann

man sicher sein, dass kein Chitosan gebildet wurde.

2.9.2 Colorimetrischer Nachweis der Chitosanbildung

2.9.2.1 Allgemeines und Gewinnung der Proben

Der colorimetrische Nachweis von Chitosan wurde mit flüssigen Bakterienkulturen

angewendet, welche auf gemahlenem Chitin aerob wuchsen. In 300 ml Schikanekol-

ben wurden jeweils 50 ml Medium gegeben. Der Chitinanteil betrug 0,2 %. Das Me-

dium wurde mit 10 % einer Vorkultur angeimpft. Inkubiert wurde bei 30 °C auf dem

Schüttler bei 100 UpM. Nachdem die Kultur gut gewachsen war, wurde sie

gegebenenfalls alkalisiert, um auch eventuell gelöstes Chitosan zu erfassen. Danach

wurde die Kultur zentrifugiert, das Pellet resuspendiert und durch Kochen in 7 ml 0,1

M NaOH aufgeschlossen. Nach erneuter Zentrifugation wurde dann aus dem Pellet

eventuell gebildetes Chitosan mit 1 % Essigsäure extrahiert. Der Überstand einer

dritten Zentrifugation wurde dann für die colorimetrische Bestimmung aufbewahrt.

Die colorimetrische Bestimmung des Chitosan erfolgte durch Zugabe von Cibachron

Brilliantrot 3BA, einem anionischem Farbstoff, welcher im sauren pH-Bereich an die

freien Aminogruppen des Chitosan bindet und dabei sein Adsorptionsmaximum auf

578 nm verschiebt. Bei dieser Wellenlänge wird dann die Chitosan- Konzentration

gemessen. Zur genauen Bestimmung des Maximums wurde ein Differenzspektrum

(Spektrum von Chitosan + Farbstoff – Spektrum des reinen Farbstoffes) aufgenom-

men.

2.9.2.2 Benötigte Reagenzien

Die Reagenzien und Lösungen wurden nach Muzzarelli 1998 angesetzt.

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Material und Methoden

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Glycin-Hydrochlorid-Puffer 0,1 M

1,87 g Glycin und 1,46 g NaCl wurden mit bidest. H2O auf 250 ml aufgefüllt. Je 81 ml

davon wurden mit 0,1 M HCl auf 100 ml aufgefüllt. Der pH-Wert war 3,2.

Cybachronlösung

150 mg Cibachron Brilliantrot 3BA wurden in bidest. H2O gelöst und anschließend

wurde auf 100 ml aufgefüllt. Jeweils 5 ml dieser Stammlösung wurden mit dem 0,1 M

Glycin-Hydrochlorid-Puffer auf 100 ml aufgefüllt. Die Farbstofflösung kann für einige

Wochen im Kühlschrank aufbewahrt werden.

Chitosanstandardlösung

0,5 g möglichst fein gemahlenes Chitosan (DD =78 %) wurden in 50 ml bidest. H2O

suspendiert. Nach halbstündigem Rühren wurde 0,5 ml 95%ige Milchsäure hinzuge-

geben, woraufhin sich das Chitosan löste. Dann wurde die Lösung mit bidest. H2O

auf 100 ml aufgefüllt und anschließend durch eine Glas-Filterfritte in eine Saugfla-

sche filtriert. Durch erneutes zehnfaches Verdünnen wurde die fertige Standardlö-

sung (0,5 g/l bzw. 0,5 mg/ml oder 0,05% w/w) angesetzt.

2.9.2.3 Kalibrierungskurve

Für die Kalibrierungskurve wurden 15, 30, 45, 60, 80, 100, 150, 200 bzw. 250 µl Chi-

tosanlösung (0,5 mg/ml siehe oben) in kurze Reagenzgläser pipettiert und mit Glycin-

Hydrochlorid-Puffer ad 300 µl aufgefüllt.

Jeweils 0,3 ml der Probe wurden vorgelegt und 3,0 ml der Cybachron-Lösung wur-

den zugegeben und gemischt. Anschließend wurde bei 578 nm gemessen. Die Kalib-

rierungskurven wurden nicht nur bei jeder neuen Charge Farbstofflösung erstellt,

sondern auch dann, wenn die Farbstofflösung nach längerer Lagerzeit wieder be-

nutzt wurde.

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Material und Methoden

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0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0 10 20 30 40

Chitosan [mg/l] (DD=78 %)

OD

578

nm

Abbildung 2.1:Kalibrierungskurve für die Chitosanbe stimmung mit Cibachron Brilliant Rot (Mit-

telwerte aus Doppelbestimmungen)

2.9.2.4 Vergleichbarkeit

Das Ergebnis des colorimetrischen Tests liefert keine absolute Chitosankonzentra-

tion, da neben der Konzentration auch der Deacetylierungsgrad des Chitosans, und

damit die Anzahl der freien Aminogruppen in der Probe, das Ergebnis bestimmt. Eine

geringere Chitosan-Konzentration mit hohem Deacetylierungsgrad (viele freie Ami-

nogruppen) kann das gleiche Ergebnis liefern wie eine höhere Chitosan-

Konzentration von niedrigerem Deacetylierungsgrad.

Da die Chitindeacetylase aber die Freisetzung von Acetat und damit eine Steigerung

der Anzahl freier Aminogruppen bewirkt, ist der Test trotzdem zum Nachweis der

CDA-Aktivität geeignet.

2.9.3 CDA-Nachweis anhand der Freisetzung von Acetat

2.9.3.1 Probenvorbereitung für die Acetat-Bestimmun g

Neben Chitosan ist Acetat das zweite Produkt der Chitindeacetylase. Es lässt sich

auf verschiedene Weise nachweisen und quantifizieren. Da Acetat ein gutes Substrat

für das Wachstum von Bakterien ist, muss darauf geachtet werden, zellfreien Kultur-

überstand für die Tests zu verwenden, da ansonsten die Bakterien das gerade frei-

gesetzte Acetat wieder verbrauchen. Dies hätte falsche negative Testergebnisse zur

Folge.

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Material und Methoden

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Die zu testenden Stämme wurden zunächst aerob in Flüssigkultur bei 30 °C gezo-

gen. Fein gemahlenes Chitin diente dabei als Energie- und Kohlenstoffquelle. Nach-

dem der Stamm gut gewachsen war, wurde die Kultur abzentrifugiert. Die Zellen und

eventuell noch vorhandenes Chitin wurden verworfen. Der Überstand wurde sterilfilt-

riert und je 10 ml wurden zu 100 mg kolloidalem Chitin gegeben. Dieses wurde zuvor

gewaschen und durch Autoklavieren sterilisiert. Zu diesem Ansatz wurde Natriuma-

zid zugegeben. Die Endkonzentration war 10 mM. Natriumazid wirkt hemmend auf

Enzyme, welche Schwermetalle in ihren funktionellen Zentren enthalten. Eine Hem-

mung ist bekannt bei der Nitrat-Reduktase und bei der Cytochrom-Oxidase (Richard-

son 1994).

In diesem geschüttelten Ansatz konnte nun die CDA bei 37 °C auf das Chitin einwir-

ken. Zu verschiedenen Zeiten wurden nun Proben von je 1 ml entnommen, in Ep-

pendorf-Reaktionsgefäßen für 5 min im siedenden Wasserbad erhitzt und anschlie-

ßend abzentrifugiert. Der Überstand wurde dann entnommen und bis zur Acetatbe-

stimmung eingefroren.

2.9.3.2 Nachweis von Acetat mit dem Boehringer Test

Die Acetatbestimmung erfolgte zum einen mit dem enzymatischen Essigsäure-Test

der Firma Boehringer Mannheim (Best.Nr. 148261). In diesem Test werden die En-

zyme Acetyl-CoA-Synthetase (ACS), Citrat-Synthase (CS) und L-Malat-

Dehydrogenase (L-MDH) kombiniert. Die folgenden Reaktionen finden dabei statt:

(2.1) Acetat + ATP + CoA →ACS Acetyl-CoA + AMP + Pyrophosphat (PPi)

(2.2) Acetyl-CoA + Oxalacetat + H2O →CS Citrat + CoA

(2.3) L-Malat + NAD+ Oxalacetat + NADH + H+

Das in Reaktion 1 gebildete Acetyl-CoA wird in Reaktion 2 mit Oxalacetat zu Citrat

und CoA umgewandelt. Das Oxalacetat wiederum stammt aus der vorgeschalteten

Reaktion 3, wo es aus L-Malat und NAD gebildet wird. Die Bestimmung erfolgt durch

Messung der steigenden NADH-Konzentration. Da es sich bei Reaktion 2.3 um ein

Gleichgewicht handelt, ist die NADH-Konzentration leider nicht direkt proportional der

Acetat-Konzentration.

L-MDH

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Material und Methoden

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ACS

Der Nachteil dieser Methode liegt darin, dass für die Bestimmung einer einzelnen

Probe die Extinktion des Ansatzes bis zu einer konstanten Zunahme gemessen wer-

den muss, mindestens jedoch über einen Zeitraum von 15 min.

Bei einem hohen Probenaufkommen ist diese Methode deshalb mit viel Photometrie

verbunden.

2.9.3.3 Quantitative, enzymatische Bestimmung von Acetat in Mikrotiterplatten

Um den zeitlichen Aufwand bei der Acetat-Bestimmung vieler Proben zu reduzieren,

ist es von Vorteil, möglichst viele Proben gleichzeitig bestimmen zu können. Aus die-

sem Grund wurde ein Acetat-Test in Mikrotiterplatten entwickelt. Dieser hat zudem

den Vorteil, dass für die Acetat-Bestimmung 50 µl je Probe genügen. Dadurch wird

nicht nur an Probenmaterial, sondern auch bei der Menge an einzusetzenden Rea-

genzien gespart.

2.9.3.4 Testprinzip des Mikrotiterplatten-Testes

Der Nachweis von Acetat wurde an die Luminometrie gekoppelt. Diese hat den Vor-

teil einer hohen Empfindlichkeit, welche sich je nach Bedarf durch variable Parame-

ter regulieren lässt. Allerdings wird in der Luminometrie nicht Acetat, sondern ATP

gemessen, so dass eine Abhängigkeit der ATP-Konzentration von der Acetat-

Konzentration geschaffen werden muss.

Für den Acetat-Test werden zunächst die Acetyl-CoA-Synthetase (ACS) und die Py-

rophosphatase (PPase) kombiniert. Die Acetyl-CoA-Synthetase katalysiert die fol-

gende Reaktion:

(Gl. 2.4) Acetat + CoA + ATP Aetyl-CoA + AMP + PPi

Da die Reaktion reversibel ist, wird sie nicht komplett in Richtung Produkte ablaufen.

Aus diesem Grund wird die Pyrophosphatase hinzugegeben. Diese katalysiert die

Reaktion von Pyrophosphat zu einzelnen Phosphatgruppen:

(Gl. 2.5) Pyrophosphat (PPi) →PPase 2 Pi

Dadurch wird das Pyrophosphat aus dem Gleichgewicht entfernt und die Reaktion

gemäß Gl. 2.4 kann vollständig ablaufen, so dass alles Acetat im Ansatz umgesetzt

wird.

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Material und Methoden

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Kombiniert man die beiden Enzyme innerhalb eines Ansatzes, so ergibt sich folgen-

de Gleichung:

(Gl. 2.6) Acetat + CoA + ATP → PPaseACS , Acetyl-CoA + AMP + 2 P1

Durch den Einsatz der Acetyl-CoA-Synthetase gemeinsam mit der Pyrophosphatase

wird die vollständige, äquimolare Umsetzung von Acetat und ATP gewährleistet.

In dem für diese Arbeit entwickelten Test wird eine konstante ATP-Konzentration

vorgelegt. Die Abnahme dieser ATP-Konzentration ist der Acetat-Konzentration pro-

portional. Die ATP-Konzentration wird schließlich mithilfe der Luciferase (LF) aus

Glühwürmchen luminometrisch bestimmt. Dabei findet folgende Reaktion statt:

(Gl. 2.7) ATP + Luciferin + O2 → +2,MgLF AMP + Oxyluciferin + PPi + CO2 + Licht

Das emittierte Licht wird im Mikrotiterplatten-Luminometer gemessen und ist direkt

proportional der verbleibenden ATP-Konzentration.

2.9.3.5 Benötigte Reagenzien für den Mikrotiterplat tentest

50 mM Phosphat-Puffer mit 2 mM Magnesiumchlorid

Lösung A: 50 mM KH2PO4, 2 mM MgCl2

Lösung B: 50 mM Na2HPO4, 2 mM MgCl2

Durch Mischen der beiden Lösungen wird ein pH-Wert von 7,5 eingestellt. Der Puffer

kann gekühlt einige Wochen gelagert werden. Dieser Puffer wird zum Ansetzen der

Eichreihen und für alle Verdünnungen bei der Luminometrie angewendet.

Proben und Kalibrierungsreihe

Je Acetat-Bestimmung werden 50 µl der Probe benötigt. Die Proben werden bis zur

Acetat-Bestimmung in Reaktionsgefäßen („Eppendorf Caps“) eingefroren und direkt

vor der Bestimmung wieder aufgetaut.

Für die Kalibrierungsreihe wird eine 0,1 M Natriumacetat-Lösung angesetzt. Daraus

werden Acetat-Standards der Konzentrationen 0 mM, 0,1 mM, 0,2 mM, 0,4 mM,

0,6 mM, 0,8 mM und 1,0 mM mit Puffer angesetzt. Auf jeder zu messenden Mikroti-

terplatte werden zwei Spalten für die doppelte Kalibrierungsreihe reserviert.

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ATP und Coenzym A

ATP und Coenzym A werden in Puffer gelöst. Die ATP-Konzentration betrug 1,0 mM,

die des CoA wird mit 1,3 mM etwas höher angesetzt, um CoA als limitierenden Fak-

tor bei der Umsetzung des Acetats auszuschließen. Die fertige Lösung wird in Porti-

onen von 2 ml in Cryogefäßen in flüssigem Stickstoff eingefroren. Vor einem Testlauf

wird die benötigte Anzahl an Portionen (50 µl je Probe) aufgetaut und vereint.

Acetyl-CoA-Synthetase und Pyrophosphatase

Die Acetyl-CoA-Synthetase (ACS) und die Pyrophosphatase (PPase) wurden von

der Firma Roche bezogen. Besonders wichtig bei der ACS ist der geringe Anteil an

Fremdaktivitäten, insbesondere der ATPase, welche bei dem Produkt der Firma Ro-

che unterhalb 0,013 % liegt (Produktbeschreibung der Firma Roche). Eine ATPase

ist für den Test störend, weil durch sie der ATP-Gehalt des Ansatzes unabhängig von

der Acetat-Konzentration abnimmt. Dies führt zu Ungenauigkeiten bei der Messung.

Für den Test werden 3,5 mg des Lyophilisates (1,7 U/mg) in 1,5 ml sterilem bidest.

H2O resuspendiert. Das entspricht einer Aktivität von ca. 4 U/ml.

Zu dieser Enzymlösung werden dann noch 20 µl der PPase, welche als Suspension

vorliegt, zugegeben. Je Probe werden 20 µl des Enzymgemisches eingesetzt.

Luciferase-Testmix

Für die Luminometrie wird ebenfalls ein Präparat der Firma Roche benutzt. Dieses

enthält neben der Luciferase noch Luciferin und Puffer. Es liegt in gefriergetrockneter

Form vor und wird nach Vorschrift reaktiviert. Um das Volumen zu strecken, wird

dann nochmals 1:1 mit dem 50 mM Phosphat-Puffer gemischt. Auf diese Weise kön-

nen je Probe 100 µl statt 50 µl zudosiert werden, wodurch eine bessere Vermischung

durch das Gerät gegeben ist.

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Material und Methoden

59

2.9.3.6 Vorgehensweise beim Messen

1. Proben und Standards vorlegen

In alle Näpfe werden je 50 µl Puffer vorgelegt. Dies kann mit der Mehrkanalpipette

erfolgen. Danach werden Standardreihen und die Proben pipettiert. Für die je 50 µl

werden stets neue Pipettenspitzen verwendet.

2. ATP/CoA-Lösung hinzugeben

Mit der Mehrkanalpipette werden in jeden belegten Napf 50 µl der ATP/CoA-Lösung

pipettiert. Auch hierfür werden jeweils neue Spitzen verwendet. Als Vorlage für die

Mehrkanalpipette kann eine weitere Mikrotiterplatte dienen, in deren Näpfe zuvor der

ATP-Standard gegeben wurde.

3. ACS/PPase zugeben / Inkubation

Das Enzymgemisch aus ACS und PPase wurde ebenfalls in einer Mikrotiterplatte

vorgelegt. Je Napf wurden dann 20 µl in die Inkubationsplatte gegeben. Durch

mehrmaliges Aufziehen mit der Pipette und durch Rühren mit den Spitzen wird der

Ansatz gemischt. Durch Zugabe des Enzymgemisches startet die Reaktion gemäß

Gleichung 2.6. Die Inkubation der Platte erfolgt im Brutraum bei 37 °C auf dem

Schüttler bei ca. 120 UpM für eine Stunde. Die Platte wird auf dem Schüttler fixiert

und mit einem Deckel abgedeckt.

4. Verdünnungen

In zwei Platten V1 und V2 wird in alle Näpfe je 180 µl Puffer vorgelegt. Dies kann

automatisch durch die Dosierpumpe des Fluostar erfolgen. Aus der inkubierten Platte

werden jeweils 20 µl in die Platte V1 übertragen. Es wird mir den Spitzen gerührt.

Dann wird der Vorgang wiederholt, so dass in der Platte V2 die Proben jetzt in einer

Verdünnung von 1:100 vorliegen. Aus der Platte V2 werden dann jeweils 100 µl in

eine neue, weiße Mikrotiterplatte übertragen. Dies ist die Platte für die Luminometrie.

5. Luminometrie

Die luminometrische Messung erfolgt im Mikrotiterplatten-Lesegerät „Fluostar Gala-

xy“ der Firma BMG. Dieses Gerät verfügt über eine präzise Injektionspumpe, mit der

das Luciferase-Gemisch zudosiert werden kann. Über einen variablen Verstärkungs-

faktor (Gain) kann es an verschiedene zu messende Lichtmengen angepasst wer-

den. Dadurch können ATP-Konzentrationen in mehreren Größenordnungen gemes-

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Material und Methoden

60

sen werden. Zudem ist das Gerät temperierbar, womit Schwankungen aufgrund von

Temperaturdifferenzen vermieden werden.

Nachdem die zu messende Platte und das Luciferase-Gemisch auf 30 °C temperiert

sind, wird zunächst der Gain bestimmt. Dazu wird in ein Well der niedrigsten Acetat-

Konzentration die Luciferase zugegeben und anschließend der Gain bestimmt. In

diesem Well ist die höchste Lichtemission zu erwarten, so dass die Detektions-

obergrenze des Gerätes durch Variation der Verstärkungsspannung auf dieses Well

eingestellt wird.

Der ermittelte Gain wird dann im Testlayout eingetragen und die gesamte Platte kann

gemessen werden. Dies geschieht im „Well Modus“. Die Wells werden dabei nach-

einander abgearbeitet. Zunächst mit 100 µl Luciferase-Gemisch befüllt und mit defi-

nierter Verzögerung anschließend gemessen. Erst dann wird das nächste Well befüllt

und gemessen. Diese Methode hat den Vorteil, dass der zeitliche Ablauf zwischen

Befüllen und Messen stets der gleiche ist. Das Leuchten der Probe nimmt ja mit der

Zeit ab, da das ATP verbraucht wird.

Das Gerät gibt die Ergebnisse in Form von RLU (eng.: relative light units = relative

Lichteinheiten) aus, wobei die ausgegebene Zahl der registrierten Lichtmenge pro-

portional ist. Anhand der mitgeführten Eichreihe kann von den RLU direkt auf die A-

cetat-Konzentration geschlossen werden.

2.9.3.7 Berechnung der freisetzbaren Acetat-Mengen

Die maximal freisetzbare Menge an Acetat beim Nachweis der Chitindeacetylase

hängt von der Menge des eingesetzten Chitins sowie von dessen Deacetylie-

rungsgrad ab. Pro Mol Chitinmonomere kann maximal ein Mol Acetat freigesetzt wer-

den. Je weiter das Chitin deacetyliert ist, desto weniger Acetat kann freigesetzt

werden. Für genaue Berechnungen ist das Molekulargewicht des eingesetzten Sub-

strates erforderlich. Dies wird für die Monomere berechnet. Die in der unten stehen-

den Tabelle genannte Molarität bezieht sich auf eine Einwaage von 100 mg Substrat

in 10 ml was die Standardmenge des Aktivitätstestes ist.

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Material und Methoden

61

Tabelle 2.7: Daten zur Molarität von Chitin und Chi tosan im Reaktionsansatz

Substrat Summenformel Mr (g/mol) (Monomer) Molarität (mM)(Ansatz)

Chitin (C8H13NO5)x 203,195 49,2 mM

Chitosan (C6H11NO4)x 161,158 62,1 mM

Für ein Chitinsubstrat bekannten Deacetylierungsgrades ergibt sich die Molarität im

Reaktionsansatz (100 mg/ 10 ml) nach der folgenden Gleichung:

(Gl. 2.8) cSubstrat (mM) = 49,2 + (0,129 x DD)

Bei vollständig deacetyliertem (DD=100 %) Substrat ist die Stoffmengenkonzentrati-

on im Ansatz am höchsten, da die Molmasse geringer ist, die eingesetzte Menge je-

doch gleichbleibend ist.

Für das kolloidale Krabbenchitin, welches das Standardsubstrat im Test ist, wurde

ein Deacetylierungsgrad von 48 % ermittelt. Das ergibt nach Gleichung 2.8 eine

Stoffmengenkonzentration von 55,4 mM im Ansatz.

Um die maximal freisetzbare Stoffmengenkonzentration an Acetat im Ansatz zu be-

rechnen, muss die Molarität des Substrates mit dem Acetylierungsgrad (DA = 100 –

DD) in Prozent multipliziert werden.

(Gl.2.9) cAcmax (mM) = cSubstrat x DA (%)

Für das kolloidale Krabbenchitin ergibt sich eine maximal erreichbare Acetatkonzent-

ration von 28,8 mM. Diese wird dann erreicht, wenn das eingesetzte kolloidale Krab-

benchitin vollständig deacetyliert wird.

Anhand der letztlich gemessenen Acetat-Konzentration kann auf den erreichten

Deacetylierungsgrad geschlossen werden. Der Anstieg der Acetat-Konzentration um

ein mmol / l im Ansatz entspricht einer Erhöhung des Deacetylierungsgrades um

1,80 %.

Für den Acetat-Test wurde auch Tintenfischchitin eingesetzt. Dieses hatte einen

Deacetylierungsgrad von 39 %. Dies ergibt nach Gl.2.8 eine Stoffmengenkonzentra-

tion von 54,23 mM im Ansatz. Nach Gl. 2.9 ist die maximal erreichbare Acetat-

Konzentration 33,08 mM.

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Material und Methoden

62

2.9.3.8 Messbare Acetat-Konzentrationen

Da im beschriebenen Test 1,0 mM ATP vorgelegt wird, darf die zu bestimmende

Acetat-Konzentration nicht über diesem Wert liegen. Ob 1,1 mM oder 8,2 mM Acetat

vorliegen, wird keinen Unterschied im Messergebnis liefern, da in beiden Fällen alles

ATP umgesetzt wird. Abhilfe kann dabei durch verschiedene Verdünnungen der Pro-

be geschaffen werden.

Eine weitere Lösung liegt darin, die vorgelegte ATP-Konzentration zu erhöhen oder

zu erniedrigen. Durch Anpassung des Verstärkungsfaktors (Gain) kann das Gerät an

verschiedene ATP-Konzentrationen leicht angepasst werden.

Der Vorteil des Testes liegt darin, dass man nach Abzug der Eichreihen noch 80

Wells zur Verfügung hat. Es können also bei Doppelbestimmungen 40 Proben

gleichzeitig gemessen werden. Ist eine zu hohe Acetat-Konzentration zu erwarten,

kann also noch eine geeignete Verdünnung der Proben gemessen werden.

2.9.4 Infrarotspektroskopie

Die Infrarotspektroskopie (IR-Spektroskopie) eignet sich auch dann für den Nachweis

einer CDA-Aktivität, wenn noch kein Chitosan gebildet wurde, der Deacetylie-

rungsgrad aber beispielsweise von 18 % auf 30 % anstieg. Hier würde der colori-

metrische Test versagen, da kein lösliches Chitosan gebildet wurde. Für die IR-

Spektroskopie werden nur wenige mg der Probe benötigt. Allerdings muss die Probe

sehr rein, sehr fein gemahlen und trocken sein. Getrocknet wurde die Probe durch

Lagerung für 16 h bei 80 °C. Aus dem getrockneten M aterial wurden KBr-Presslinge

hergestellt.

Die Aufnahme des IR-Spektrums erfolgte mit einem 1430-Ratio-Recording-IR-

Spektrometer der Firma Perkin Elmer. Gemessen wurde die Intensität

(=Transmission) bei Wellenzahlen im Bereich zwischen 200 und 4000 cm-1. Das

gescannte Spektrum zeigt nur den Bereich von 800 bis 4000 cm-1.

Um den Grad der Acetylierung zu bestimmen, wurde die Intensität (I) der Amid-

I (C=O) -Valenzschwingung bei 1655 cm-1 gemessen.

Als interner Standard wurde die Intensität der Valenzschwingung zwischen O- und H-

Atomen der beiden Hydroxylgruppen am C-3 bzw. C-6-Atom bei 3450 cm-1 gemes-

sen.

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Material und Methoden

63

Das folgende Spektrum einer Chitinprobe zeigt, wie die Basislinien zur Ermittlung der

Nulllinien festgelegt wurden.

Abbildung 2.2: IR-Spektrum von Chitin. Die Abbildung zeigt das Originalspektrum eines KBr-

Presslings sowie die gestrichelten Basislinien.

Anhand der gemessenen Spektren werden die Intensitäten bei 1655 und 3450 nm an

der Basislinie und am Peak-Minimum abgelesen. Der Deacetylierungsgrad in Pro-

zent errechnet sich nach der folgenden Formel nach (Khan et al. 2002).

(Gl. 2.10) −= 100DD

33.1/100*

3450

1655

A

A

A steht für Absorption und ist die Differenz zwischen der jeweiligen Intensität der Ba-

sislinien und der Intensität des Peak-Minimums. DD ist der Deacetylierungsgrad in

Prozent. Der Faktor 1,33 beruht auf dem Verhältnis A1655/A3450 für komplett N-

acetyliertes Chitosan (Khan et al.2002).

2.10 Proteinbestimmung

Die Bestimmung der Proteinkonzentrationen in Proben erfolgte nach der Methode

von Bradford (Bradford, 1976). Durch Bindung des Farbstoffes Coomassie Brilliant

Blau G 250 an kationische sowie an nichtpolare, hydrophobe Seitenketten der Prote-

ine wird eine Färbung im blauen Bereich (595 nm) erzeugt, anhand derer die Prote-

inkonzentration bestimmt werden kann. Zur Bestimmung der Konzentration wurde

zunächst eine Standardreihe mit Rinderserumalbumin bekannter Konzentration ge-

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Material und Methoden

64

messen. Diese wurde für jede Charge Bradford-Reagenz und für verschiedene Me-

dien neu gemessen.

2.11 Aufkonzentrierung von Proteinen

Zur Aufkonzentrierung der Proteine wurden die Zentrifugalfiltratoren Vivaspin 20 der

Firma Vivascience verwendet. Der Cut Off dieser Filtratoren betrug 10 000 kDa. Mo-

leküle welche über diesem Wert liegen passieren die Membran bei der Zentrifugation

(5000 UpM) nicht und können nach der Zentrifugation der Filtrationseinheit entnom-

men werden.

Daneben wurde versucht, das Volumen enzymreicher Kulturüberstände durch Ge-

friertrocknung im Vakuum einzuengen.

2.12 Gewinnung von Rohextrakt aus Mucor rouxii

Zur Überprüfung des Acetat-Freisetzungstests wurde der Pilz Mucor rouxii verwen-

det. Bei diesem Pilz wurde die CDA erstmals nachgewiesen (Kafetzopoulos 1993).

Der Pilz wurde in einem Komplettmedium (1% Hefeextrakt, 0,3% Pepton aus Fleisch,

0,4 % Glukose, pH 4,5) bei 30 °C angezogen.

Zwei 400 ml Kulturen wurden für zwei Tage inkubiert und dann abzentrifugiert. Das

Mycel wurde mit Osmosewasser gewaschen und verwendet.

Zum Aufschluss der Zellen wurde das Mycel zusammen mit mehreren Gramm Glas-

perlen (2 mm Durchmesser) in einem Zentrifugenglas fünfmal auf dem Vortex-

Schüttler stark geschüttelt. Wegen der Wärmeentwicklung wurde das Zentrifugenglas

nach jedem Durchgang im Eisbad gekühlt.

Der Rohextrakt konnte danach mit einer Pipette abgenommen und verwendet wer-

den.

Je 2 ml dieses Überstandes wurden mit 20 mg kolloidalem Chitin gemischt und inku-

biert. Es wurden je 4 parallele Ansätze gefahren, von denen nach jeder halben Stun-

de einer erhitzt und abzentrifugiert wurde. Der Überstand wurde für die Acetat-

Bestimmung verwendet.

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Ergebnisse

65

3 Ergebnisse

3.1 Gewinnung von Reinkulturen / Plattentests

Die folgenden Tabellen 3.1 und 3.2 enthalten eine Übersicht über die isolierten

Stämme sowie deren Herkunft. Die Auswertung der Wachstumstests auf Nährböden

verschiedener Medien (siehe 2.7.1) ist ebenfalls in der Tabelle angegeben.

Bei Stämmen, welche auf Chitinnährböden klare Höfe zeigen, wird von einer Chitina-

se-Aktivität ausgegangen. Deutliches Wachstum auf Chitin oder Chitosan als einzige

Kohlenstoff- und Energiequelle, ohne dieses aufzulösen, setzt die Anwesenheit eines

anderen Enzyms des Chitinabbaus voraus, welches die Chitinmoleküle jedoch nicht

bis zur Löslichkeit abbaut. Bei solchen Stämmen wurde die Anwesenheit einer Chi-

tindeacetylase vermutet. Diese Stämme wurden dann auf Chitindeacetylase (CDA) -

Aktivität überprüft. Bei positivem Befund wurde dies in der Tabelle ebenfalls ver-

merkt. Die Ergebnisse des colorimetrischen Testes auf Chitosan sowie der Acetat-

Freisetzung sind dann in den nachfolgenden Tabellen 3.3 bzw. 3.4 nochmals aufge-

führt.

Bei fünf der marinen Stämme konnte ein Abbau des Agars festgestellt werden. Hier-

bei zeigten sich an den beimpften Stellen der Nährböden Furchen, an denen der A-

gar nach einigen Tagen vollständig verschwunden war. Lediglich ein kleiner, trüber

Film blieb auf dem Kunststoff der Petri-Schalen zurück. Drei dieser Stämme zeigten

zudem noch eine Auflösung des Chitins.

Das Vorkommen von Chitinasen und der Chitindeacetylasen sowohl bei den marinen

als auch bei den terrestrischen Stämmen geht aus Tabelle 3.5 hervor.

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Ergebnisse

66

Tabelle 3.1 Marine Isolate (Marines Grundmedium sie he 2.2.1)

Num

mer

Herkunft des

Inokulums

Zellform

und

Bew

eglichkeit

Farbe der K

o-

lonie

Oberfläche

der Kolonie

Wachstum

mit

Acetat

Wachstum

mit

Chitin

Wachstum

mit

Ch

itosan

78%

Chitinolyse

Enzym

e

AN 01 SW, Knock Stäbchen, mobil Cremefarben Glatte Oberfläche + +++ + + CHI

AN 02 KR, Knock Stäbchen, kurz Cremefarben Glatte Oberfläche ++ +++ ++ + CHI

AN 03 S, Knock Stäbchen Weiß Glatte Oberfläche + + +/- + CHI, Agar

AN 04 SW, Knock Stäbchen Weiß Glatte Oberfläche + + +/- + CHI

AN 06 SW, Knock Kokken Gelb Glatte Oberfläche + ++ + - Agar, CDA?

AN 07 SW, Knock Stäbchen Gelb Glatte Oberfläche + +/- +/- -

AN 08 KR, Knock Stäbchen Weiß Glatte Oberfläche + - - -

AN 09 KR, Knock Stäbchen Gelb Glatte Oberfläche + + + - Agar

AN 11 KR, Knock Stäbchen Cremefarben Glatte Oberfläche ++ ++ ++ + CHI, Agar

AN 13 KR, Knock Stäbchen Gelb Glatte Oberfläche ++ ++ ++ + CHI, Agar

KR = Krabbenschalen; S = Sediment; SW = Meerwasser; CHI = Chitinase; Agar = Lyse des Agar; XXX = Chitinisolat

- = kein Wachstum; + = schlechtes Wachstum; ++ = mittleres Wachstum; +++ = gutes Wachstum

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Ergebnisse

67

Tabelle 3.1 Marine Isolate (Fortsetzung)

Num

mer

Herkunft des

Inokulums

Zellform

und

Bew

eglichkeit

Farbe der K

o-

lonie

Oberfläche

der Kolonie

Wachstum

mit

Acetat

Wachstum

mit

Chitin

Wachstum

mit

Ch

itosan

78%

Chitinolyse

Enzym

e

AN 14 KR, Knock Stäbchen Cremefarben Glatte Oberfläche ++ +++ +/- + CHI

AN 15 KR, Knock Stäbchen Weiß Glatte Oberfläche ++ ++ ++ + CHI

AN 16 KR, Knock Stäbchen Cremefarben Glatte Oberfläche ++ ++ ++ + CHI, Agar

AN 18 KR, Knock Stäbchen Gelblich Glatte Oberfläche + + + + CHI, Agar

KFIV B1 KR, Knock Stäbchen Beige Glatte Oberfläche ++ - - -

SW I A SW, Knock Weiß Stark verlaufend ++ ++ - + CHI

SW II A SW, Knock Stäbchen Gelblich Gefurcht ++ + - - CDA

SW IV SW, Knock Stäbchen Cremefarben Gefurcht ++ - - - CDA

S II A S, Knock Stäbchen Weiß Glatte Oberfläche ++ - - -

1 B Juist Stäbchen, 2er Beige Lappig, leicht schleimig

++ -+/- +/- -

KR = Krabbenschalen; S = Sediment; SW = Meerwasser; Agar = Lyse des Agar; CHI = Chitinase; XXX = Chitinisolat

- = kein Wachstum; + = schlechtes Wachstum; ++ = mittleres Wachstum; +++ = gutes Wachstum

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Ergebnisse

68

Tabelle 3.1 Marine Isolate (Fortsetzung)

Num

mer

Herkunft des

Inokulums

Zellform

und

Bew

eglich-

keit

Farbe der

Kolonie

Oberfläche

der Kolonie

Wachstum

mit A

cetat

Wachstum

mit C

hitin

Wachstum

mit C

hito

san

Chitinolyse

Enzym

e

2 A Juist Kokken Beige Lappig +++ ++ + - CDA?

4 Juist Stäbchen, kurz Orange +++ + ++ -

8 Juist Kurze Stäbchen Beige Gefurchte Kolonie +++ + + -

10 Juist Kokken, Ketten Beige Gefurchte Oberfläche +++ + + -

12 Juist Kokken, Ketten Beige Gefurchte Oberfläche +++ + + -

15 Juist Kokken, 4er Weiß Glatte Oberfläche +++ + + -

99.1A WHV Kokken, 2er Gelb Glatte Oberfläche +++ +++ ++ + CHI

99.2 WHV Kokken, klein Gelb +++ +++ ++ ++ CHI

99.6 WHV Kokken, oval Gelb

Teilweise glatt, teilwei-se jedoch leicht mycel-artig. +++ +++ ++ ++ CHI/CDA

100.4 WHV Kurze Stäbchen Weiß Schleimig +++ +/- +/- -

100.5A WHV Stäbchen. Ketten Orange Glatte Oberflääche +++ ++ ++ - CDA ?

CHI = Chitinase; CDA = Chitindeacetylase; WHV = Meerwasser vor Wilhelmshaven; XXX = Chitinisolat

- = kein Wachstum; + = schlechtes Wachstum; ++ = mittleres Wachstum; +++ = gutes Wachstum

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69

Tabelle 3.1 Marine Isolate (Fortsetzung)

Num

mer

Herkunft des

Inokulums

Zellform

und

Bew

eglich-

keit

Farbe der

Kolonie

Oberfläche

der Kolonie

Wachstum

mit A

cetat

Wachstum

mit C

hitin

Wachstum

mit C

hito

san

Chitinolyse

Enzym

e

101.1 WHV Nicht bestimmt Beige Glatte Oberfläche +++ +/- +/- -

101.2B WHV Nicht bestimmt Beige Schleimig +++ + + -

102.1A WHV Nicht bestimmt Hellbraun Glatte Oberfläche +++ +++ ++ + CHI

102.2A WHV Stäbchen Ocker Glatte Oberfläche +++ - - -

102.2B WHV Stäbchen Beige Glatte Oberfläche +++ +/- +/- -

103.1 WHV Kokken, Ketten Weiß Glatte Oberfläche ++(+) +++ ++ ++ CHI

103.5 WHV Kokken Weiß – Rosa Mycelartig +++ ++ +(+) + CHI

104.4A WHV Stäbchen Braun Glatte Oberfläche +++ +++ ++ ++ CHI

104.5 WHV Stäbchen, lang Braun Glatte Oberfläche ++ +++ ++ ++ CHI

105.1A WHV Stäbchen Gelb Glatte Oberfläche +++ +++ ++ ++ CHI

105.3 WHV Stäbchen Orange Glatte Oberfläche +++ +/- +/- -

CHI = Chitinase; CDA = Chitindeacetylase; WHV = Meerwasser vor Wilhelmshaven; XXX = Chitinisolat

- = kein Wachstum; + = schlechtes Wachstum; ++ = mittleres Wachstum; +++ = gutes Wachstum

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70

Tabelle 3.1 Marine Isolate (Fortsetzung)

Num

mer

Herkunft des

Inokulums

Zellform

und

Bew

eglich-

keit

Farbe der

Kolonie

Oberfläche

der Kolonie

Wachstum

mit A

cetat

Wachstum

mit C

hitin

Wachstum

mit C

hito

san

Chitinolyse

Enzym

e

105.4 WHV Stäbchen, Sporen Gelb Glatte Oberfläche +++ ++ ++ - CDA ?

105.5 WHV Stäbchen Beige Schleimig +++ - - -

105.7 WHV Stäbchen Gelb Glatte Oberfläche +++ +++ ++ + CHI

106.2 WHV Kurze Stäbchen Gelb Sternförmig +++ ++ ++ - CDA

106.3 WHV Kokken, länglich Beige Glatt, transparent +++ +++ +++ - CDA?

106.4B WHV Kurze Stäbchen Hell orange Schleimig +++ ++ ++ - CDA

106.5 WHV Kokken Beige Schleimig +++ + + -

108.1 WHV Kokken, Ketten Weiss Punkt an Spitze ++ +/- +/- -

109.4A1 WHV Stäbchen Orange-Braun Schleimig +++ +/- +/- -

109.4B WHV Stäbchen Orange-Braun Schleimig +++ + + -

CHI = Chitinase; CDA = Chitindeacetylase; WHV = Meerwasser vor Wilhelmshaven; XXX = Chitinisolat

- = kein Wachstum; + = schlechtes Wachstum; ++ = mittleres Wachstum; +++ = gutes Wachstum

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Ergebnisse

71

Tabelle 3.1 Marine Isolate (Fortsetzung)

Num

mer

Herkunft des

Inokulums

Zellform

und

Bew

eglich-

keit

Farbe der

Kolonie

Oberfläche

der Kolonie

Wachstum

mit A

cetat

Wachstum

mit C

hitin

Wachstum

mit C

hito

san

Chitinolyse

Enzym

e

109.5 WHV Kokken Hellbeige Glatte Oberfläche +++ +/- +/- -

109.6 WHV Kokken, klein Ocker Glatte Oberfläche ++ +/- +/- -

109.8 WHV Nicht bestimmt Hellbeige Glatte Oberfläche ++ +/- +/- -

CHI = Chitinase; CDA = Chitindeacetylase; WHV = Meerwasser vor Wilhelmshaven

- = kein Wachstum; + = schlechtes Wachstum; ++ = mittleres Wachstum; +++ = gutes Wachstum

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Ergebnisse

72

Tabelle 3.2: Terrestrische Isolate

Num

mer

Herkunft des

Inokulums

Zellform

Farbe der

Kolonie

Form

der

Kolonie

Wachstum

auf Acetat

Wachstum

auf C

hitin

Wachstum

auf Ch

itosan

Wachstum

Acetam

id

Chitinolyse

Enzym

e

FS 1 Kompost Stäbchen Beige Glatt +++ +++ ++ + +/- CHI

FS 2 Kompost Stäbchen Gelb Glänzend ++ +++ + - + CHI

FS 3 Kompost Kokken Gelb Myzelartig ++ +++ ++ + + CHI

FS 5 Kompost Stäbchen Braun Myzelartig + +++ ++ ++ + CHI

FS 6 Kompost Stäbchen Gelb Glänzend + ++ +++ + - CDA?

FS 13 Kompost Stäbchen Braun Agar rosa verfärbt +++ +++ ++ - +++ CHI

FS 14 Kompost Stäbchen Gelb Schmierig +++ +++ + + + CHI

FS 16 Kompost Kokken Gelb Glänzend ++ +++ - - +++ CHI

FS 17-A Kompost Kokken Gelb Glatt +++ ++ - - + CHI /CDA ?

FS 17-B Kompost Kokken Weiß Glatt ++ ++ - - + CHI

CHI = Chitinase ; CDA = Chitindeacetylase ; +++ = starkes Wachstum

- = kein Wachstum; + = schlechtes Wachstum; ++ = mittleres Wachstum; +++ = gutes Wachstum

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Ergebnisse

73

Tabelle 3.2 Terrestrische Isolate (Fortsetzung)

Num

mer

Herkunft des

Inokulums

Zellform

Farbe der

Kolonie

Form

der

Kolonie

Wachstum

auf Acetat

Wachstum

auf C

hitin

Wachstum

auf Chito

san

Wachstum

Acetam

id

Chitinolyse

Enzym

e

FS 18 Kompost Nicht bestimmt Gelb Glänzend, wolkig +++ ++ - +/- + CHI

FS 20 Kompost Nicht bestimmt Rosa Glänzend, Glatt +++ +++ ++ +++ - CDA?

FS 21 Kompost Stäbchen Farblos Glänzend, Glatt ++ + - +/- +/- CHI/CDA

FS 23 Kompost Stäbchen Farblos Glänzend, Glatt + +/- - +/- -

FS 24 Kompost Nicht bestimmt Gelb Glänzend, Glatt ++ +/- - - -

FS 25 Kompost Stäbchen Gelb Glänzend, Glatt +++ +++ + - +++ CHI

FS 27 Kompost Kokken Weiss Glänzend + + - - -

FS 28 Kompost Kurze Stäbchen Weiss Wolkig, Glänzend ++ + - - - CDA

FS 29 Kompost Stäbchen Gelb Wolkiger Rand ++ ++ ++ - +++ CHI

FS 30 Kompost Stäbchen Weiss Glänzend ++ + - - -

CHI = Chitinase ; CDA = Chitindeacetylase ; +++ = starkes Wachstum

- = kein Wachstum; + = schlechtes Wachstum; ++ = mittleres Wachstum; +++ = gutes Wachstum

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Ergebnisse

74

Bei den marinen Stämmen konnte bei 21 von 55 Stämmen eine chitinolytische Aktivi-

tät durch klare Höfe gezeigt werden, was 38 % entspricht. Bei den terrestrischen

Stämmen lag der Anteil chitinolytischer Bakterien bei 13 von 20 Stämmen (65%).

Deutliches Wachstum auf Chitinnährböden, ohne das Chitin zu lysieren, zeigten 7

der marinen und 2 der terrestrischen Stämme. An diesen Stämmen wurden die Tests

auf Chitindeacetylase-Aktivität angewendet. Zunächst wurde mit dem colorimetri-

schen Test ein erstes Screening durchgeführt.

Der Stamm FS 6 wuchs auf dem Chitosannährboden deutlich besser als auf dem

Chitinnährboden oder dem Acetatnährboden. Daher wurde zunächst von einer Chi-

tosanase ausgegangen. Es konnten jedoch keine klaren Höfe auf den Chitosannähr-

böden festgestellt werden. Dies besagt jedoch lediglich, dass Chitosanasen unter

den gegebenen Bedingungen nicht nachgewiesen werden konnten.

3.2 Colorimetrische Bestimmung von gebildetem Chito san

Zum Nachweis von gebildetem Chitosan wurde der colorimetrische Test nach Muz-

zarelli (siehe 2.9.2) an ausgewählten Stämmen durchgeführt. Dadurch wird das

Hauptprodukt der Chitindeacetylase, Chitosan nachgewiesen. Der colorimetrische

Test auf Chitosan wurde bei einigen, anhand der Ergebnisse der Plattentests (siehe

Tabellen 3.1 und 3.2) ausgewählten Stämmen nach Wachstum in Schüttelkultur

durchgeführt. Die folgende Tabelle 3.3 gibt für die getesteten Stämme neben der er-

mittelten Konzentration von Chitosan noch den pH-Wert nach der Inkubation, die In-

kubationsdauer sowie das verwendete Substrat an. Die Stämme, die aufgrund der

Plattentests als besonders hoffungsvolle Kandidaten betrachtet wurden, sind in der

Spalte „Stammbezeichnung“ fett gedruckt.

Bei den Stämmen AN01, AN02, 105.4 und 109.6 konnte kein Wachstum in chitinhal-

tigem Flüssigmedium beobachtet werden. Diese Stämme gehen daher nicht in weite-

re Experimente ein. Bei Stamm 105.4 handelte es sich um einen jener Stämme, die

für weitere Tests aufgrund der Plattentests vorgesehen waren.

Chitosankonzentrationen unterhalb von 5 mg/l wurden als negativ bewertet und nicht

in die Tabelle aufgenommen. Eine deutliche Bildung von Chitosan aus Chitin konnte

lediglich bei vier Stämmen nachgewiesen werden. Die Stämme SW IIA, SW IV,

106.2 sowie 106.4B bildeten Chitosan in Konzentrationen von über 10 mg/l. Hiervon

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Ergebnisse

75

waren 106.2 sowie 106.4B anhand der Plattentests ausgesucht worden. Bei den üb-

rigen 5 Kandidaten, welche anhand der Plattentests ausgesucht worden sind, konnte

keine Chitosanbildung durch den colorimetrischen Test nachgewiesen werden.

Bei den Stämmen SW IIA, SW IV und 106.4B fällt auf, dass in den Ansätzen mit Tin-

tenfischchitin deutlich mehr Chitosan nachgewiesen werden konnte als in den Ansät-

zen mit Chitin aus Garnelenschalen. Beim Stamm 106.2 findet sich der höchste Wert

in der Tabelle ebenfalls bei Chitin aus Tintenfisch. Hierfür konnte leider kein Ver-

gleichswert für Crustaceenchitin ermittelt werden, da die entsprechende Kultur nicht

anwuchs.

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Ergebnisse

76

Tabelle 3.3:: Colorimetrischer Nachweis von Chitosa n

Stamm Inkubation (Tage)

pH-Wert Chitin aus

Chitosan gebildet

Bemerkungen

AN 06 5 7,1 Crangon -

AN 09 6 7,6 Crangon -

AN 14 6 7,3 Crangon - Chitin lysiert

SW IA 10 8,2 Crangon 5,9 mg/l Chitin lysiert

SW IA 10 7,8 TiFi 6,7 mg/l

SW II A 10 6,8 Crangon -

SW II A 10 6,9 TiFi 17,6 mg/l 0,9 % des Chi-tins umgesetzt

SW IV 10 7,1 Crangon -

SW IV 10 7,8 TiFi 21,7 mg/l 1,1 % des Chi-tins umgesetzt

2A 8 8,2 Crangon -

2A 8 7,4 TiFi -

8 10 7,2 Crangon -

8 10 7,6 TiFi -

12 10 6,8 Crangon -

12 10 6,8 TiFi -

15 10 7,6 Crangon -

15 10 7,4 TiFi -

99.1a 10 8,1 Crangon -

99.1a 10 8,3 TiFi -

99.6 8 8,4 Crangon 5,5 mg/l Chitin lysiert

99.6 8 8,3 TiFi - Chitin lysiert

-= Kein Chitosan nachgewiesen (Werte unter 5,0 mg /l wurden als negativ bewer-tet.); XXX = Chitinisolat; Fettgedruckte Stammbezeichnung = Plattentests ließen CDA-Aktivität vermuten.

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Ergebnisse

77

Stamm Inkubation (Tage)

pH-Wert Chitin aus

Chitosan gebildet

Bemerkungen

100.5a 6 7,2 Crangon -

101.1 10 7,5 Crangon -

101.1 10 7,2 TiFi -

102.1a 10 8,5 Crangon 6,0 mg/l Chitin lysiert

102.1a 10 8,4 TiFi 7,6 mg/l

104.4a 8 8,5 Crangon 5,2 mg/l Chitin lysiert

104.4a 8 8,2 TiFi 5,9 mg/l Chitin lysiert

106.2 8 8,2 TiFi 30,4 mg/l 1,5 % de Chi-tins umgesetzt

106.3 8 8,4 Crangon -

106.3 8 8,1 TiFi -

106.4b 8 8,1 Crangon -

106.4b 8 7,5 TiFi 14,3 mg/l 0,7% umge-setzt

106.5 8 8,2 Crangon 8,7 mg/l

106.5 8 7,1 TiFi -

109.4b 10 7,1 Crangon -

109.4b 10 7,5 TiFi -

109.5 10 7,8 Crangon -

109.5 10 7,6 TiFi -

FS 6 4 7,9 TiFi -

FS 13 4 8,6 TiFi -

FS 14 8 8,3 TiFi - Chitin lysiert

- = Kein Chitosan nachgewiesen (Werte unter 5,0 mg /l wurden als negativ bewertet);

XXX = Chitinisolat; Fettgedruckte Stammbezeichnung = Plattentests ließen CDA-Aktivität vermuten.

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Ergebnisse

78

Stamm Inkubation (Tage)

pH-Wert Chitin aus

Chitosan gebildet

Bemerkungen

FS 17-A 4 8,3 TiFi 6,3 mg / l Chitin lysiert

FS 18 4 7,4 TiFi -

FS 20 4 8,1 TiFi -

FS 24 4 6,9 TiFi -

- = Kein Chitosan nachgewiesen (Werte unter 5,0 mg /l wurden als negativ bewertet.)

In einem weiteren Versuch wurde die Chitosankonzentration gegen die Inkubations-

zeiten ermittelt. Beim Stamm 106.2 wurden je 5 Kolben mit Tintenfisch und Crusta-

ceenchitin eingesetzt. Der Stamm 106.4B wurde nur mit Chitin aus Crangon in 5 Kol-

ben getestet. Alle 15 Kolben wurden zeitgleich beimpft. Nach 1, 2, 3, 4 und 6 Tagen

wurde von jedem Ansatz 1 Kolben abgeerntet und getestet (siehe 2.9.2). Die ermit-

telten Chitosankonzentrationen wurden in Abbildung 3.1 gegen die Inkubationsdauer

aufgetragen.

0

5

10

15

20

25

30

35

0 2 4 6

Inkubationsdauer (Tage)

Geb

ildet

e C

hito

sank

onze

ntra

tion

(µg/

ml)

106.2 Crangon

106.2 TiFi

106.4B TiFi

Abbildung 3.1: "Chitosanbildung" im Zeitverlauf. Flüssigkultur mit 0,2 % Chitin als Substrat + Vi-

taminlösung. Kultur aerob geschüttelt bei 30 °C, pH zu Beginn = 6,8

Der höchste Messwert aller Kurven zeigt eine Chitosanbildung von 30,5 µg/ml. Die-

ser Wert wurde vom Stamm 106.4B nach einer Inkubationsdauer von 6 Tagen er-

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Ergebnisse

79

reicht und entspricht einer Umsetzung von 1,3 % des eingesetzten Chitins. Beim

Vergleich der beiden Ansätze des Stammes 106.2 zeigt sich, dass auch bei diesem

Stamm mit Tintenfischchitin die höhere Konzentration an Chitosan erreicht wird. Im

Tintenfisch-Ansatz wurden nach sechs Tagen 21,5 µg/ml nachgewiesen (0,9 %)

während im Ansatz mit Crustaceenchitin nur 6,1 µg/ml messbar waren (0,3 %).

Sofern hier von einer Umwandlung von Chitin zu Chitosan gesprochen wird, so meint

dies eine Umwandlung zu Chitosan mit einem Deacetylierungsgrad von 78 %. Dies

war der Deacetylierungsgrad des Chitosans, welches als Standardsubstanz für die

Kalibrierungskurven eingesetzt worden war (siehe 2.9.2.2).

Bezüglich des pH-Wertes am Ende der jeweiligen Inkubation lassen sich keine all-

gemeinen Tendenzen erkennen. Während beim Stamm SW IIA der pH-Wert in bei-

den Ansätzen nahezu unverändert blieb (Tintenfisch: pH = 6,9; Crangon: pH = 6,8),

wurde das Medium beim Stamm SW IV im Tintenfischansatz leicht alkalisch (pH 7,8),

wohingegen es im Ansatz mit Crangon mit pH = 7,1 nahezu neutral blieb.

Beim Stamm 106.4B zeigt sich die genau umgekehrte Tendenz. Mit Tintenfisch als

Substrat erreichte der pH-Wert eine Höhe von 7,5, während der Stamm im Ansatz

mit Chitin aus Crangon einen Wert von 8,5 erreichte. Dieser Ansatz war zugleich der

Ansatz mit dem höchsten pH-Wert, bei dem eine Bildung von Chitosan nachgewie-

sen werden konnte.

Alle Chitinsubstrate wurden bei der Aufreinigung bis zur Neutralität gewaschen. Di-

rekt vor dem Autoklavieren wurde bei allen Medien der pH-Wert auf 6,8 eingestellt.

3.3 Bestimmung des gebildeten Acetats

Acetat ist neben Chitosan das zweite Produkt der Chitindeacetylase (CDA). Für den

Nachweis einer Chitindeacetylase-Aktivität kann neben dem Nachweis von Chitosan

also auch der Nachweis von Acetat verwendet werden. Der Vorteil liegt bei einem

Acetat-Nachweis darin, dass die gebildeten Acetatmengen genauer bestimmt werden

können, als dies bei Chitosan der Fall ist. Beim colorimetrischen Chitosannachweis

werden ja letztlich die freien Aminogruppen des Chitosans nachgewiesen. Deren

Menge hängt jedoch von der Konzentration und dem Deacetylierungsgrad des gebil-

deten Chitosans ab (siehe 2.9.2). Auch funktioniert ein Acetat-Test selbst dann,

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Ergebnisse

80

wenn Chitinasen aktiv sind und einen colorimetrischen Nachweis nach Muzzarelli

stören würden.

Wichtig ist, dass die Freisetzung des Acetats aus Chitin durch zellfreien Kulturüber-

stand bewirkt wird. Bakterien könnten Acetat ansonsten ebenfalls bilden aber auch

als Substrat verwenden.

3.3.1 Boehringer Acetat-Test

Die folgende Tabelle gibt die Ergebnisse von Acetat-Bestimmungen durch den Boeh-

ringer-Test wieder. Verwendet wurde hier kolloidales Chitin als Substrat für die CDA,

welche ja im Kulturüberstand nachgewiesen werden sollte. Zum Teil wurde ein Ge-

misch aus Tintenfischchitin und Krabbenchitin (je 50 mg) verwendet. Dies wird in der

Spalte Substrat als Mix angegeben. Ansonsten wurden 100 mg Krabbenchitin ver-

wendet. Dazu wurden 10 mL des Überstandes der zu untersuchenden Kultur gege-

ben (siehe Material und Methoden 2.9.3). Während die Kulturen bei 30 °C angezo-

gen wurden, wurden die Überstände mit dem Chitin bei 37 °C inkubiert.

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Ergebnisse

81

Tabelle 3.4: Acetatfreisetzung aus Chitin durch zel lfreien Überstand

Stamm Alter der Kul-tur (h)

Substrat

100 mg

Inkubation Enzym

(Tage)

Acetat mg/l

Im Ansatz

Errechnete Stei-gerung des DA des Chitin

2A 72 Krabbenchitin 1 8,31 0,25 %

2A 72 Krabbenchitin 3 8,61 0,25 %

2A 72 Ohne 3 6,81 n.a.

99.6 48 Mix 1 75,00 2,25 %

99.6 48 Mix 2 211,00 6,32 %

99.6 48 Mix 3 289,00 8,66 %

100.5A 96 Krabbenchitin 1 6,51 0,20 %

100.5A 96 Krabbenchitin 3 7,71 0,23 %

100.5A 96 Ohne 3 5,91 n.a.

106.2 72 Krabbenchitin 1 4,15 0,13 %

106.2 72 Krabbenchitin 3 7,25 0,22 %

106.2 72 Ohne 3 2,61 n.a.

106.3 72 Krabbenchitin 1 6,02 0,18 %

106.3 72 Krabbenchitin 3 7,86 0,23 %

106.3 72 Ohne 3 - n.a.

106.4b 48 Mix 1 1,20 0,04 %

106.4b 48 Mix 2 13,00 0,40 %

106.4b 48 Mix 3 25,00 0,76 %

AN 06 72 Krabbenchitin 1 12,00 0,36 %

AN 06 72 Krabbenchitin 3 13,15 0,40 %

AN 06 72 Ohne 3 10,80 n.a.

XXX = CDA-Aktivität aufgrund der Plattentests (siehe 3.1) vermutet;

n.a. = nicht anwendbar, da kein Chitin im Ansatz

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Ergebnisse

82

Stamm Alter der Vor-kultur (h)

Substrat

100 mg

Inkubation Enzym

(Tage)

Acetat mg/l

Im Ansatz

Errechnete Stei-gerung des DA des Chitin

FS 17 48 Mix 1 34,74 1,04 %

FS 17 48 Mix 2 10,80 0,32 %

FS 17 48 Mix 3 286,60 8,59 %

FS 21 48 Krabbenchitin 3 6,86 0,20 %

FS 21 48 Krabbenchitin 5 51,10 1,53 %

FS 21 48 Ohne 5 0,61 n.a.

FS 23 48 Krabbenchitin 3 9,30 0,27 %

FS 23 48 Krabbenchitin 5 13,10 0,40 %

FS 23 48 Ohne 5 1,83 n.a.

FS 27 48 Krabbenchitin 3 7,74 0,22 %

FS 27 48 Krabbenchitin 5 13,95 0,41 %

FS 27 48 Ohne 5 0,00 n.a.

FS 28 48 Mix 1 42,53 1,28 %

FS 28 48 Mix 2 72,81 2,18 %

FS 28 48 Mix 3 7,20 0,22 %

FS 28 48 Ohne 3 11,02 n.a.

FS 29 48 Krabbenchitin 3 5,70 0,16 %

FS 29 48 Krabbenchitin 5 9,77 0,29 %

FS 29 48 Ohne 5 0,61 n.a.

n.a. = nicht anwendbar, da kein Chitin im Ansatz

Eine Lysis des Chitins beim Wachstum der Vorkultur konnte bei den Stämmen 99.6,

FS 17 und FS 29 beobachtet werden. Bei Stamm 100.5A konnte auch nach 72 h In-

kubation noch kein deutliches Wachstum festgestellt werden, so dass die Inkubation

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Ergebnisse

83

um 24 h verlängert wurde. Dann wurde die Kultur trotz schwachen Wachstums ab-

geerntet und der Überstand dem Acetattest unterzogen.

Bei den Stämmen 99.6, FS 17, FS 21 und FS 28 konnte eine deutliche Zunahme der

Acetat-Konzentration im Ansatz beobachtet werden. Eine deutliche Zunahme wurde

so definiert, dass der Deacetylierungsgrad des eingesetzten Chitins um mindestens

ein Prozent gesteigert wurde. Der höchste Wert wurde mit 8,7 % in 3 Tagen vom

Stamm 99.6 erreicht, der im colorimetrischen Test allerdings negativ abschnitt. Die

Stämme FS 21 (1,5 % in 5 Tagen) sowie FS 28 (2,2 % in 2 Tagen) zeigten ebenfalls

deutliche Ergebnisse.

Die Ergebnisse des Stammes FS 17 ließen ebenfalls auf einen Treffer hoffen. Bei

einer Kontrolle der Stammplatten stellte sich jedoch heraus, dass es sich bei FS 17

um eine Mischkultur zweier Kokkenstämme handelte, welche sich lediglich in der

Farbe unterschieden. Als Mischkultur hat FS 17 ein gutes Ergebnis im Acetattest ge-

liefert. Die beiden einzelnen Stämme zeigten jedoch keine Aktivität im Acetattest und

auch nicht im colorimetrischen Test.

Die Stämme 2A, 100.5A, 106.3 und FS 6 bestätigten im Acetattest die negativen Er-

gebnisse des colorimetrischen Tests. Diese Stämme gehörten zu jenen Stämmen,

bei denen anhand der Plattentests eine CDA-Aktivität vermutet worden war.

Zu diesen Stämmen gehörten ebenso die Stämme 106.2 und 106.4B. Diese beiden

Stämme wurden anhand des colorimetrischen Tests positiv bewertet. 106.4B war

dort sogar der Stamm mit der höchsten Bildung von Chitosan. Im Acetattest schnitten

beide Stämme jedoch negativ ab. Im Gegensatz dazu steht der oben erwähnte

Stamm 99.6.

3.4 Chitin-relevante Enzyme bei den isolierten Stäm men

Die nachfolgende Tabelle zeigt, wie verbreitet die chitin-relevanten Enzyme bei den

isolierten Bakterien sind. Die Anzahl der Stämme, welche positiv auf eine Chitindea-

cetylase getestet wurden, ergibt sich aus der Summe der positiven Stämme im colo-

rimetrischen Test wie im Acetatfreisetzungstest. Bei den chitinolytischen Isolaten

wird von aktiven Chitinasen ausgegangen. Zu unterscheiden ist zwischen Stämmen,

die in Chitinmedium angereichert und dann auf Acetat isoliert worden sind und

Stämmen, die in Chitin angereichert und auf Chitin isoliert wurden.

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Ergebnisse

84

Tabelle 3.5: Verbreitung der Enzyme

Marin Terrestrisch Gesamt

Zahl der isolierten Stämme 55 20 75

Davon direkt auf Chitin isoliert1 26 0 0

Chitinolytische Stämme 21 13 34

Auf Chitin isolierte, chitinolytische Stämme

17 0 17

Wachstum auf Chitin ohne Lysis ( mindestens ++)

7 2 9

CDA-positive Stämme 5 2 7

Davon auf Chitin isolierte Stämme 4 0 4

Anzeichen für Chitosanasen 0 0 0

Lysis des Agar 5 0 5 1= Die übrigen Stämme wurden auf Acetat isoliert (Nach Anreicherung mit Chitin); Marines Medium siehe 2.2.1; terrestrisches Medium siehe 2.2.2

Für die weiteren Untersuchungen an einer Chitindeacetylase wurde der Stamm 99.6

ausgewählt. Dieser verfügte neben der Chitindeacetylase auch über starke Chitina-

se-Aktivität. Neben dem positiven Befund im Acetat-Freisetzungstest lagen für die-

sen Stamm jedoch auch positive molekularbiologische Befunde vor. So konnte in der

Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Otto aus der DNA des Stammes 99.6 ein cda-Gen iso-

liert werden, welches in E.-coli kloniert werden konnte. Bei der Expression des Prote-

ins in E. coli konnte CDA-Aktivität festgestellt werden (Otto et al. 2002).

Zur weiteren Untersuchung der CDA des Stammes 99.6 wurde fortan der Acetat-Test

im Mikrotiterplattenformat verwendet. Dieser versprach eine höhere Empfindlichkeit

und vor allem einen höheren Probendurchsatz, was vor allem bei kinetischen Unter-

suchungen, bei denen viele Proben anfallen, von Vorteil ist. Zunächst folgen die Er-

gebnisse zur Entwicklung dieses Tests.

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Ergebnisse

85

3.5 Eigenschaften des Stammes 99.6

3.5.1 Allgemeines

Mit dem Stamm 99.6 wurden weitere Untersuchungen durchgeführt. Diese dienten

der Ermittlung von Parametern, die für eine Fermentation und für die Gewinnung der

Chitindeacetylase nützlich sind. Der Stamm wurde aufgrund der hohen Acetatfreiset-

zung ausgewählt (siehe 3.4). Für molekularbiologische Untersuchungen wurde der

Stamm an die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Otto am Fraunhofer Institut in Hannover

weitergegeben.

Das folgende elektronenmikroskopische Bild zeigt sehr deutlich die kokkoide Er-

scheinung der Bakterien. Die Größe der Zellen liegt bei ca. 0,5 µm. Zum Teil konnte

bei Stamm 99.6 die Bildung eines Mycels beobachtet werden.

Der Stamm 99.6 ist Gram-positiv, was unter anderem auch als ein Merkmal bei der

Überprüfung gewonnener Mutanten getestet worden ist.

Das Wachstum fand unter aeroben Bedingungen statt. Der Stamm wuchs gut bei

30 °C.

Der Stamm wuchs sehr gut auf Acetatnährböden und auf Chitinnährböden. Auch auf

den Chitosannährböden wuchs der Stamm noch, jedoch schlechter als auf Chitin-

nährböden. Eine Lysis des Chitosans konnte nicht beobachtet werden.

Abbildung 3.2: Elektronenmikroskopische Bild von 99 .6 (Jochen Meens, Hannover): Deutlich

sichtbar ist die kokkoide Erscheinung des Stammes.

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Ergebnisse

86

Dass der Stamm 99.6 Chitinasen bildet, ließ sich durch klare Höfe auf Chitinnährbö-

den gut zeigen. Die folgende Abbildung 3.2 zeigt solche klaren Höfe. Im linken Teil

der Abbildung sind noch vorhandene Chitinpartikel schwach zu erkennen. Einzelne,

kreisförmige klare Höfe sind hier leider nicht zu erkennen.

Resttrübung durch nicht gelöste

Chitinpartikel

Abbildung 3.3: Chitinlysis bei 99.6. Durch Wirkung der Chitinasen verschwindet die Trübung um

die Kolonien, da sichtbare Chitinpartikel hydrolysiert werden.

Analysen der 16S-r-RNA durch Frau Irene Wagner Döbler (Otto et al. 2002) zeigten

eine Übereinstimmung von 95,4 % mit der Art Promicromonospora citrea. Damit

handelt es sich bei 99.6 wohl um eine neue Art innerhalb der Gattung Promicromo-

nospora. Zusammen mit den Gattungen Cellulomonas, Oerskovia und Jonesia bilden

sie zusammen die Familie der Cellulomonadaceae.

Bakterien der Gattung Promicromonospora wurden bisher vor allem aus Böden und

Kompost, aber auch aus Luftbefeuchtern in Heizungsanlagen isoliert (Stackebrandt

und Prauser 1991).

3.5.2 Wachstum mit variiertem Salzgehalt und pH Wert

Aufgrund der Herkunft des Stammes aus marinen Sedimentproben wurden die ers-

ten Untersuchungen und Plattentests des Stammes 99.6 stets mit marinen Medien

durchgeführt (Synthetisches Meerwasser siehe 2.2.1). Da es sich bei dem Stamm

99.6 aber um eine Art der Gattung Promicromonospora handelt (Otto et al. 2002),

deren Vertreter bisher aus terrestrischen Habitaten isoliert worden sind (Sta-

ckebrandt und Prauser 1991), sollte auch das Wachstum bei variierten Salzgehalten

untersucht werden. Solche Ergebnisse sind besonders für Fermentationen im techni-

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Ergebnisse

87

schen Maßstab von Bedeutung, da die Korrosion durch Salzmedium bei den Fer-

mentern eine große Rolle spielt. Das folgende Diagramm zeigt das Wachstum bei

verschiedenen Salzgehalten (siehe 2.7.2).

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1

0 10 20 30 40

Stunden

OD

650

24,7 g/l22,2 g/l19,8 g/l17,3 g/l14,6 g/l12,4 g/l9,9 g/l7,4 g/l4,9 g/l2,5 g/l0,4 g/l

Abbildung 3.4:Wachstum von 99.6 in Flüssigkultur be i variablem Salzgehalt (0.5% Pepton,

0.1 % Hefeextrakt als einzige C-Quellen), Die Konzentrationsangaben geben den Gehalt an NaCl

im Medium an. Dieser wurde durch Mischen des Meerwassers mit terrestrischem Medium (s.2.2.2)

erreicht; pH-Wert zu Beginn war stets 6,8.

Abbildung 3.4 zeigt, dass Wachstum auch noch in reinem terrestrischen Mineralme-

dium (siehe 2.2.2) stattfindet. Dieses fällt allerdings um 60 % geringer aus als bei

marinem Medium (siehe 2.2.1). Steigert man den Salzgehalt des Mediums auf 40 %

des marinen Mediums, so werden 90 % des Wachstums bei marinem Medium er-

reicht.

Es kann also im Vergleich zum marinen Medium auf 60 % des Salzes im Medium

verzichtet werden. Dies entspricht einer Ersparnis von 14,4 g NaCl pro l Medium.

Durch den geringeren Salzgehalt ist auch die Korrosivität des Mediums deutlich her-

abgesetzt. Dies spielt eine Rolle bei Wachstumsversuchen in Stahlfermentern.

Neben dem Salzgehalt ist vor allem der pH-Wert von hoher Bedeutung für die späte-

re technische Kultivierung des Stammes. Niedrige pH-Werte sind vor allem deshalb

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Ergebnisse

88

von Interesse, weil bei ihnen das Chitin zum Teil in Lösung geht. Auch könnte wäh-

rend einer Fermentation des Chitins gleichzeitig eine Demineralisierung erfolgen (sie-

he 1.5.2).

Die folgende Abbildung zeigt die Wachstumskurven bei sauren pH-Werten. Das Me-

dium wurde nach 2.3.1 angesetzt. Die pH-Werte der Medien wurden vor der Inkuba-

tion eingestellt.

00,10,20,30,40,50,60,70,80,9

1

0 10 20 30

Stunden

OD

650

pH 4

ph 4,5

pH 5

pH 5,5

pH 6

pH 6,5

pH 7

Abbildung 3.5: Wachstum von 99.6 in Flüssigkultur b ei variierten pH-Werten zu Beginn der

Inkubation (0.5% Pepton, 0.1 % Hefeextrakt als einz ige C-Quellen). Salzgehalt 100 % = 426 mM

NaCl (Siehe 2.2.1)

Man kann anhand der Abbildung erkennen, dass das optimale Wachstum im neutra-

len pH-Bereich stattfindet. Bei pH-Werten von 4,5 und tiefer erfolgt kein Wachstum

mehr. Bei pH 5,0 erfolgt noch ein gutes Wachstum, welches jedoch um ca. 22 % ge-

ringer ausfällt als bei pH 7,0 (berechnet bei t = 26,5 h).

3.6 Wachstum mit verschiedenen Substraten

Der Stamm 99.6 wurde darauf überprüft, ob er in der Lage ist, N-Acetyl-Glucosamin,

Glucosamin, Glucose und Chitobiose zu verwerten. Die Auswahl dieser Substrate

erfolgte anhand der möglichen Abbauwege des Chitins (siehe Abbildung 1.3). N-

Acetyl-Glucosamin ist das monomere Endprodukt des Abbauweges über Chitinasen.

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Ergebnisse

89

Der Chitosanweg führt dagegen zum monomeren Glucosamin, wobei die Chitobiose

ein dimeres Zwischenprodukt ist.

Die Versuche wurden in Mikrotiterplatten durchgeführt, in denen die entsprechenden

Medien vorgelegt wurden. Es wurde ein Salzgehalt von 50 % gewählt (siehe 2.7.2).

Die folgende Grafik zeigt vergleichende Wachstumskurven mit den oben genannten-

Substraten

0,01

0,1

1

10

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45

Zeit (h)

OD

(65

0 nm

)

0,5 % Glucose

0,5 % Glucosamin

0,5 % N-Acetylglucosamin

0,5 % Chitobiose

Abbildung 3.6: Vergleichende Wachstumskurven des St ammes 99.6 mit verschiedenen Sub-

straten ( halblogarhithmische Darstellung, 50 % Sal z). Die Kurven wurden in Mikrotiterplatten bei

30 °C aufgenommen. Medien wurden vorgelegt, Beimpfu ng erfolgte durch das Gerät.

Man kann der Abbildung entnehmen, dass das N-Acetylglucosamin durch den

Stamm 99.6 nicht verwertet werden kann. Die anderen Substrate können gut verwer-

tet werden. Der leichte Anstieg, der bei allen Kurven noch am zweiten Tag zu beo-

bachten ist, könnte auch durch Verdunstungseffekte in der Mikrotiterplatte zurückzu-

führen sein. Die einzelnen Wells konnten ja nicht verschlossen werden, da sonst kei-

ne aeroben Wachstumsbedingungen gegeben wären. Bei einem Volumen von 220 µl

pro Well macht sich über mehrere Tage dann auch die Verdunstung bemerkbar. Für

die Frage, ob ein Substrat verwertet werden kann oder nicht, scheint die Methode

dennoch gut geeignet.

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Ergebnisse

90

3.7 Fermentation mit dem Stamm 99.6

Aufgrund der vorausgegangenen Wachstumsversuche war bekannt, dass der Stamm

99.6 auch mit reduziertem Salzgehalt zu wachsen vermag. Nun sollte in Fermentati-

onen festgestellt werden, ob der Stamm 99.6 die CDA auch in Abwesenheit von Chi-

tin, also konstitutiv bildet. Wird die CDA nur in Anwesenheit von Chitin gebildet, han-

delt es sich um ein induzierbares Enzym.

Der Stamm 99.6 wurde zunächst in Vollmedium (0,5 % Pepton, 0,1 % Hefeextrakt,

Salzgehalt 50 %) fermentiert. Die Abbildung 3.8 zeigt den gut bewachsenen Fermen-

ter mit dem Stamm 99.6

Abbildung 3.7: Fermentation des Stammes 99.6 auf Vo llmedium (siehe 2.3.1) (Focken, 2003).

Der Salzgehalt war auf 50 % des marinen Mediums reduziert. (0,5 % Pepton, 0,1 % Hefeextrakt)

Die nachfolgende Abbildung 3.8 zeigt den Verlauf des Wachstums von 99.6 anhand

der OD 650 nm und anhand des Proteingehaltes in Vollmedium mit 50 % des Salzge-

haltes des marinen Vollmediums (siehe 2.3.1).

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Ergebnisse

91

0,0

10,0

20,0

30,0

40,0

50,0

60,0

70,0

0 50 100 150 200 250Zeit [h]

Pro

tein

geha

lt im

Med

ium

g/m

l]

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

Protein im Medium [µg/ml] OD 650nm

OD

650nm

Abbildung 3.8: Fermentationsverlauf 99.6 in Vollmed ium (Siehe 2.3.1), mit 50 % Salzgehalt des

marinen Mediums (Siehe 2.2.1). (0,5 % Pepton, 0,1 % Hefeextrakt als einzige C-Quellen)

Die Abbildung 3.9 zeigt den Fermentationsverlauf mit 0,5 % Chitin als einzigem Sub-

strat bei verschiedenen Salzgehalten (10%, 50% und 80% des marinen Vollmediums

(siehe 2.3.1).

0,0

20,0

40,0

60,0

80,0

100,0

120,0

140,0

160,0

0,0 50,0 100,0 150,0Zeit [h]

Pro

tein

geha

lt im

Med

ium

[µg/

ml] 10% sSWred. 50% sSWred. 80% sSWred.

Abbildung 3.9: Fermentation des Stammes 99.6 mit 0, 5 % Chitin („Krabbe“) als einzigem Sub-

strat. Es wurden drei parallele Fermentationen mit 10 %, 50 % und 80 % des Salzgehaltes des mari-

nen Vollmediums (siehe 2.3.1) durchgeführt.

Aufgrund der Chitinpartikel im Medium konnte das Wachstum in Abbildung 3.9 nicht

anhand der optischen Dichte dargestellt werden.

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Ergebnisse

92

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

0,0 50,0 100,0 150,0 200,0

Zeit [h]

OD

650

nm

0,00

0,20

0,40

0,60

0,80

1,00

1,20

1,40

OD 650nm Trockengewicht [mg/ml]

Trockengew

icht [mg/m

l]

Abbildung 3.10: Zusammenhang zwischen optischer Dic hte bei 650 nm und der Trockenmasse

bei Stamm 99.6 in Vollmedium (siehe 2.3.1), 50 % Sa lz. In Vollmedium (0,5 % Pepton, 0,1 % Hefe-

extrakt)

Da der Stamm ein gutes Wachstum zeigte, sollte bei einem konstitutiv gebildeten

Enzym auch eine CDA-Aktivität nachweisbar sein. Überstände wurden gewonnen

und auf CDA-Aktivität überprüft. Eine CDA-Aktivität konnte bei dieser Fermentation

ebenso wenig festgestellt werden wie bei einer ähnlichen Fermentation mit reduzier-

tem Salzgehalt.

Eine konstitutive Bildung der Chitindeacetylase konnte in mehreren Fermentationen

nicht festgestellt werden.

In Fermentationen, welche sowohl Pepton als auch Chitin als Substrat enthielten

konnte ebenfalls keine aktive CDA nachgewiesen werden.

3.8 Entwicklung des Acetat-Nachweises mit der Acety l-

CoA-Synthetase

Da der Boehringer Acetattest mit viel Pippetieraufwand verbunden ist, wurde nach

einem alternativen Acetattest gesucht. Dieser sollte einen hohen Probendurchsatz

erlauben und in der Empfindlichkeit variabel sein. Bei dem Acetattest in Mikroti-

terplatten musste zunächst die Funktionalität des Testes mit verschiedenen Vorver-

suchen und Eichreihen überprüft werden, da es sich nicht um einen etablierten Test

handelt.

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Ergebnisse

93

Die folgende Grafik zeigt einen Vergleich zwischen verschiedenen Ansätzen der

Acetat-Bestimmung. Einmal wurde nur Acetyl-CoA-Synthetase gemäß Gleichung 2.4

(siehe 2.9.3.4) eingesetzt. Im zweiten Ansatz wurde zusätzlich PPase eingesetzt,

um das Pyrophosphat gemäß Gleichung 2.5 (siehe 2.9.3.4) aus dem Gleichgewicht

in Gleichung 2.4 zu entfernen.

0

10000

20000

30000

40000

50000

60000

70000

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1

mM Acetat

RLU

ACS ACS + PPase

Abbildung 3.11: Vergleich verschiedener Acetat-Test -Ansätze. Die Pyrophosphatase (PPase)

wandelt das Pyrophosphat in anorganisches Phosphat um. Somit wird dir Reaktion irreversibel.

Im Diagramm ist zu erkennen, dass die gestrichelte Linie nicht linear verläuft. Dies ist

dadurch zu erklären, dass bei der Reaktion nach Gl.2.4 ein Gleichgewicht vorliegt, so

dass das Acetat nicht vollständig umgesetzt werden kann. Beim Ansatz mit PPase

hingegen kann die Reaktion des Acetats vollständig ablaufen, da das Pyrophosphat

aus der Reaktion entfernt wird. Zu sehen ist das an dem nahezu linearen Kurvenver-

lauf. Dieser schneidet bei der Konzentration von ca. 1,0 mM die X-Achse. Dieser

Wert entspricht den Erwartungen, da ja eine ATP-Konzentration von 1,0 mM vorlag.

Bei einer Acetat-Konzentration von 1,0 mM ist das ATP vollständig umgesetzt wor-

den.

Der Einfluss des Mediums auf den Test musste ebenfalls überprüft werden. Wird ein

Stamm in salzhaltigem Medium gezogen, könnten die Salze die Reaktionen des

Tests beeinflussen. Deshalb wurde der Test mit zwei parallelen Eichreihen durchge-

führt. Eine Eichreihe wurde in Phosphatpuffer („Puffer-Kalibrierungskurve“), die ande-

re in synthetischem Meerwasser („Medium-Kalibrierungskurve“) angesetzt. Beim wei-

teren Vorgehen wurde jedoch für die Verdünnungen zwischen den Inkubationen mit

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Ergebnisse

94

der Acetyl-CoA-Synthetase und der Luciferase immer mit 50 mM Phosphatpuffer ver-

dünnt. Dieser enthielt stets auch 2 mM MgCl2.

0

10000

20000

30000

40000

50000

60000

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1

mM Acetat

RLU

(M

ittel

wer

te a

us D

oppe

lbes

timm

unge

n)

Puffer

Medium

Abbildung 3.12: Vergleich verschieden angesetzter K alibrierungskurven. Da vor der Lumino-

metrie mit Puffer verdünnt wird, fällt der Einfluss der Salze des Mediums auf die Luciferase gering

aus.

Die Abbildung zeigt, dass der Unterschied zwischen den beiden verschiedenen Ace-

tat-Kalibrierungskurven sehr gering ausfällt. Die Salz-Kalibrierungskurve liegt dicht

unterhalb der Puffer-Kalibrierungskurve. Da der Ansatz vor der Luciferase-Reaktion

im Verhältnis 1:100 verdünnt wird, sollten Einflüsse des Salzes auf diese Reaktion

ausgeschlossen werden. Also könnte man annehmen, dass das Acetat in den Stan-

dards der Salz-Kalibrierungskurve durch die Acetyl-CoA-Synthetase geringfügig bes-

ser umgesetzt als in den Standards der Puffer- Kalibrierungskurve.

Da jedoch auch der Wert bei der Acetat-Konzentration von (c=0 mM) in der Salz-

Kalibrierungskurve geringer ausfällt, muss eine andere Erklärung gesucht werden.

Schließt man Pipetierfehler aus, so kommt man zu dem Schluss, dass das Salz die

Reaktion der Acetyl-CoA-Synthetase beeinflusst.

Der verfälschende Effekt ist zwar gering, lässt sich aber dennoch einfach dadurch

vermeiden, dass die benötigten Standardreihen in dem Medium angesetzt werden,

aus dem auch der enzymhaltige Überstand gewonnen wurde. Es muss lediglich dar-

auf verzichtet werden, Proben unterschiedlicher Herkunft gemeinsam auf einer Platte

zu messen.

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Ergebnisse

95

3.8.1.1 Überprüfung des Acetat-Tests anhand Acetat- Freisetzung durch den

Pilz Mucor rouxii

Um zu überprüfen, ob mit dem Acetat-Test eine Freisetzung von Acetat aus Chitin

durch Enzyme nachgewiesen werden kann, wurde der Pilz Mucor rouxii verwendet,

bei dem die Chitindeacetylase bekannt ist (Kafetzopoulos et al. 1993). Der Rohex-

trakt aus Mucor rouxii wurde, wie in 2.12 beschrieben, gewonnen. Die folgende Gra-

fik zeigt den Anstieg der Acetat-Konzentration während einer Dauer von 1,5 Stunden.

1

1,05

1,1

1,15

1,2

1,25

1,3

1,35

1,4

0 20 40 60 80 100

t (Minuten)

Ace

tat-

Kon

zent

ratio

n (m

M)

Abbildung 3.13: Acetat-Freisetzung aus kolloidalem Chitin durch Mucor rouxii –Rohextrakt.

Es wurden Kontrollen mit abgekochtem Extrakt mit und ohne Chitin durchgeführt. Die

Kontrollen hatten folgende Werte:

Kontrolle 1) = Abgekochter Extrakt mit Chitin, t = 0: 0,94 mM

Kontrolle 2) = Abgekochter Extrakt mit Chitin, t = 90: 1,06 mM

Kontrolle 3) = Abgekochter Extrakt ohne Chitin, t = 0: 0,85 mM

Aus der Kontrolle 3 ergibt sich, dass bereits der Rohextrakt von Mucor rouxii Acetat

enthält, und zwar in einer Konzentration von 0,85 mM. Die gemessenen Acetat-

Konzentrationen sind also nicht ausschließlich auf die Chitindeacetylase zurückzu-

führen, sondern haben ihren Ursprung im Stoffwechsel des Pilzes.

In der Messung wurde ein Anstieg der Acetat-Konzentration von 1,04 mM auf 1,34

mM im Ansatz registriert. Dieser Anstieg um 0,3 mM liegt um das 2.5-fache höher als

der Anstieg, welcher bei abgekochtem Extrakt festzustellen war (0,12 mM).

Der Test mit Mucor rouxii zeigt, dass sich durch den entwickelten Acetat-Test auch

Acetat-Mengen nachweisen lassen, welche durch die Chitindeacetylase innerhalb

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Ergebnisse

96

von 90 Minuten freigesetzt werden. Zu beachten sind allerdings immer Acetat-

Konzentrationen, welche bereits im Rohextrakt des Mikroorganismus nachzuweisen

sind und nicht durch die Chitindeacetylase aus Chitin freigesetzt wurden.

3.9 Erste Acetatbestimmungen in Überständen eigener Iso-

late

Bei den ersten Acetat-Messungen wurde der zu testende Kulturüberstand für mehre-

re Stunden inkubiert. In der folgenden Abbildung ist die Freisetzung von Acetat durch

Kulturüberstand des Stammes 99.6 dargestellt.

Kontrolle x

0,40,420,440,460,480,5

0,520,540,560,580,6

0 50 100

t (min)

mM

Ace

tat

c

Abbildung 3.14: Acetat-Kinetik mit marinem Kulturüb erstand von 99.6 (Anzuchbedingungen: 3

Tage, aerob, T= 30 °C, 0,2 %, gemahlenes Chitin, Kr abbe)

Der Proteingehalt des Überstandes bei Abbruch der Kultur lag bei 246,8 µg/ml nach

drei Tagen Inkubation. Der Ansatz hatte eine Größe von 2 ml. Die Acetat-

Konzentration stieg von 0,43 mM auf 0,58 mM, was einem Konzentrationsanstieg

von 150 µM entspricht. Bei 2 ml Volumen entspricht dies der Bildung von 0,3 µmol

Acetat in 120 Minuten.

Die Aktivität des Überstandes liegt dann bei 2,5 x 10-3 U.

Die spezifische Aktivität liegt bei 1,01 x 10-5 U/mg Protein.

Die Kontrolle mit abgekochtem Überstand ergab eine Acetat-Konzentration von 0,41

mM nach 120 Minuten (siehe „x“ in der Abbildung).

Die Kontrolle ohne Chitin ergab 0,10 mM zum Zeitpunkt t=0

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Ergebnisse

97

Neben der sehr geringen Menge an Acetat, die nachgewiesen wurde, fällt der ver-

gleichsweise hohe Wert für Acetat zum Zeitpunkt 0 auf. Da die Kontrolle mit inakti-

viertem Überstand ebenfalls einen hohen Gehalt an Acetat ergab, die Kontrolle ohne

Substrat jedoch kaum Acetat enthielt, muss das gefundene Acetat aus dem

verwendeten kolloidalem Chitin stammen.

Um den hohen Anfangsgehalt an Acetat zu Beginn der Inkubation zu verhindern,

wurde das kolloidale Chitin bei den folgenden Versuchen stets vor dem Autoklavie-

ren gewaschen (siehe Probenvorbereitung in Material und Methoden 2.9.3.1).

3.9.1.1 Inkubation über längere Zeiträume

Aufgrund der geringen Acetat-Freisetzungen während einiger Stunden wurde die

Inkubation der Überstände mit dem Chitin auf mehrere Tage ausgedehnt. Um bakte-

rielles Wachstum während der Inkubation auszuschließen, wurde das Chitin vor dem

Ansatz autoklaviert, der Überstand wurde durch Spritzenvorsatz-Filter sterilfiltriert

und dem Ansatz wurde Natriumazid zugegeben (Endkonzentration 10 mM). Eine

Hemmung der CDA wurde nicht erwartet (siehe 2.9.3.1)

Bei längeren Inkubationen besteht daneben noch die Möglichkeit der Instabilität der

CDA. Um diesem Problem vorzubeugen, wurde dem Ansatz noch 0,1 % Cholsäure

zugegeben (Nach einem mündlichen Hinweis von Herrn Christian Schmalz). Die

Cholsäure soll auf die CDA stabilisierend wirken.

Bei der Messung wurden zwei Kontrollen durchgeführt:

Bei Kontrolle 1 wurde der Überstand vor Zugabe zum Chitin durch Erhitzen im sie-

denden Wasserbad deaktiviert. Enzymatische Reaktionen werden dadurch vermie-

den, eventuelle chemische Reaktionen sind jedoch weiterhin möglich.

Bei Kontrolle 2 wird der aktive Überstand ohne Chitin inkubiert. Auf diese Weise wird

überprüft, ob Acetat eventuell andere Ursprünge haben kann als Chitin.

In diesem Versuch wurden parallel zwei Ansätze mit Mutanten inkubiert, deren Chiti-

nase-Aktivität durch UV-induzierte Mutationen reduziert wurde. Die Mutante mit der

Bezeichnung Mu1 wurde durch Bestrahlung des Stammes 99.6 mit UV-Licht (254

nm) für 60 s gewonnen. Die Mutante wurde anhand der geringeren Lysishöfe auf

Chitinnährböden ausgewählt (siehe Material und Methoden 2.8).

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Ergebnisse

98

Die Mutante Mu2 wurde dann durch Bestrahlung der Mutante Mu1 gewonnen. So-

wohl die Mutante Mu1 als auch die Mutante Mu2 verfügten noch über Chitinasen,

wobei bei der Mutante Mu2 die klaren Höfe nur noch schwach zu erkennen waren.

0

1

2

3

4

5

6

7

0 50 100 150 200

Zeit (Stunden)

Ace

tat-F

reis

etzu

ng (m

M) WT A

WT B

Mu 1 A

Mu1 B

Mu2 A

Mu2 B

Kontrolle 1

Kontrolle 2

Abbildung 3.15: Langzeitkinetik mit Überständen von 99.6 und Mutanten. Überstand sterilfiltriert,

+ Natriumazid (10 mM Endkonzentration im Überstand) + 0,1 % Cholsäure. Proteingehalte: WT +

Kontrolle: 186 µg/ml; Mu1: 176 µg/ml; Mu2: 192 µg/ml

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99

Die Abbildung 3.6 zeigt eine deutliche Abnahme der Acetat-Freisetzung bei Chitinase

negativen Mutanten. Während die einfache Mutante noch ca. 60 % der Menge des

vom Wildtyp freigesetzten Acetats freisetzt, wird durch Mutante 2, welche ja durch

erneute Mutation aus der Mutante 1 hervorgegangen ist, nur noch ca. 13 % dieser

Menge freigesetzt.

Nach einem Zeitraum von 100 Stunden wurde auch beim Wildtyp keine weitere Er-

höhung der Acetat-Konzentration beobachtet, obwohl erst ca. 22 % der maximal frei-

setzbaren Acetatmenge freigesetzt wurden (siehe 2.9.3.7). Dies könnte als Ursache

haben, dass einige Bereiche im Chitin nicht durch die CDA deacetylierbar waren. Da

aber auch bei den anderen Ansätzen die Deacetylierung auf niedrigerem Niveau

stoppte, muss davon ausgegangen werden, dass das Enzym nach diesem Zeitraum

inaktiv war.

Die folgende Tabelle gibt die Proteingehalte der Überstände, die Konzentrationen an

Acetat zum Zeitpunkt t = 49 h (in mM) und die Differenz zum Zeitpunkt t = 31 (in

µmol) sowie die berechneten Aktivitäten an. Die Aktivität in U wird in µmol freigesetz-

tem Acetat pro Minute und ml angegeben.

Tabelle 3.6: Berechnung der Aktivitäten der Kinetik (gemittelte Werte aus 2 Pa-

rallelen)

Stamm Proteinge-halt ÜS

C (Acetat) (t = 49 h)1

Differenz zu t= 31 h (µmol)2

U (µmol x min-1 x ml-1)

Spezifische Aktivität

99.6 186 µg/ml 4,1 mM 23,0 2,13 x 10-3 U 3,78 x 10-3 U/mg

Kontrolle 1 186 µg/ml 0,2 mM 0,2 Nicht be-stimmbar

Nicht bestimmbar

Kontrolle 2 186 µg/ml 0,2 mM 0,2 Nicht be-stimmbar

Nicht bestimmbar

Mutante 1 176 µg/ml 2,0 mM 11,1 1,03 x 10-3 U 2,47 x 10-3 U/mg

Mutante 2 192 µg/ml 0,6 mM 2,5 2,31 x 10-4 U 1,20 x 10-4 U/mg

1= Mittelwert aus zwei Messungen 2= Im Zeitraum t = 49 -31 = 18 Stunden gebildete Gesamtmenge an Acetat im Ansatz

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Ergebnisse

100

Für die Berechnung der spezifischen Aktivitäten wird der Proteingehalt der Über-

stände auf das Ansatzvolumen hochgerechnet (10 ml). Die Aktivitäten in U werden

dann durch den Proteingehalt in mg dividiert.

Dass der Überstand von 99.6 und die beiden Kontrollen über den gleichen Protein-

gehalt verfügen, liegt daran, dass es sich um den identischen Überstand handelt, mit

dem Unterschied, dass die Kontrollen vor der Inkubation erhitzt wurden oder kein

Substrat zugegeben worden ist.

Bei der Mutante Mu1 ist der Proteingehalt im Überstand etwas geringer, während

dieser bei der Mutante Mu2 etwas höher liegt als beim Wildtyp 99.6. Es kann also

nicht von einer geringeren Chitinase-Aktivität auf der Platte auf eine geringere Prote-

inausscheidung ins Medium geschlossen werden.

Die CDA-Aktivitäten beider Mutanten sind deutlich geringer als beim Wildtyp 99.6.

Bei der Mutante Mu1 ist sie etwas weniger als halb so hoch, während sie bei der

Mutante Mu2 beinahe um den Faktor 10 verringert wurde.

Bei der Kontrolle 1 ist beim letzten Messwert eine Acetat-Konzentration von 1 mM

gefunden worden, obwohl der Überstand vor der Inkubation sterilfiltriert und durch

Hitze inaktiviert worden ist. Da zu diesem Zeitpunkt bereits sieben Proben aus dem

Röhrchen entnommen worden sind, ist eine bakterielle Kontamination nicht gänzlich

auszuschließen. Eine solche Kontamination könnte Acetat auf anderem Wege als

durch Deacetylierung von Chitin bilden. Eine Trübung ließ sich allerdings aufgrund

der Chitinpartikel in allen Ansätzen (Außer bei Kontrolle 2) finden.

3.10 Versuche zur Aufkonzentrierung der CDA

3.10.1 Verwendung von Zentrifugalkonzentratoren

Die verwendeten Zentrifugalkonzentratoren wurden anhand der Größe der CDA aus-

gewählt. In der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Otto wurde das Molekulargewicht mit

27,1 kDA bestimmt (Schmalz 2003). Da die CDA die Membran nicht passieren soll,

musste eine kleinere Porenweite gewählt werden. Der angegebene „Molecular Cut

Off“ war 10 000. Das heißt, dass Moleküle mit einem Molekulargewicht größer als 10

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101

kDa die Membran nicht passieren können. Die nächstgrößere Porenweite war mit

30000 zu groß für die CDA.

Von einem Überstand wurden 20 ml entnommen und konzentriert. Die Aktivitäten

wurden vor und nach der Filtration berechnet.

Die Daten der folgenden Tabelle entstammen der Diplomarbeit von Constanze

Jenschke (Jenschke 2003).

Tabelle 3.7: Daten der Aufkonzentrierung der CDA

Probe c (Protein)

(µg/ml)

Gesamtprotein

(µg)

CDA-Aktivität

U in 2 ml

Spezifische

Aktivität (U/mg)

Kulturüberstand

(99.6) 20 ml

145,6 2912 6,7 x 10-4 2,3 x 10-3

Konzentrat

(5 ml)

290,4 1452 1,1 x 10-3 1,9 x 10-3

Der Tabelle ist zunächst zu entnehmen, dass eine Aufkonzentrierung der Proteine

gelungen ist. Auch nachdem die Menge an Protein aus dem Filtrator mit Puffer auf

5 ml gestreckt wurde, lag die Proteinkonzentration noch doppelt so hoch wie im Kul-

turüberstand selbst. Die Gesamtmenge an Protein lag im Konzentrat jedoch genau

bei der Hälfte der Proteinmenge des Überstandes. Den verschwundenen Rest bilden

die Proteine, welche kleiner als 10 kDA sind und somit die Membran passieren konn-

ten.

Während die Aktivität mit der Konzentrierung von 6,7 x 10-4 U auf 1,1 x 10-3 U an-

stieg, was einem Faktor von 1,64 entspricht, wurde bei der spezifischen Aktivität eine

Abnahme um den Faktor 0,8 festgestellt (Von 2,3 x 10-3 auf 1,9 x 10-3.

In weiteren Filtrationen, in der der Überstand noch weiter eingeengt wurde, konnte

der Proteingehalt des Überstandes von 138 µg/ml auf 412 µg/ml konzentriert werden.

Allerdings konnte mit dem Konzentrat keinerlei Acetat-Freisetzung mehr beobachtet

werden. Dies und auch die Reduktion der spezifischen Aktivität in der obrigen Tabel-

le sprechen dafür, dass die CDA aus 99.6 ein instabiles Enzym ist, welches bereits

durch die Zentrifugation inaktiviert wird.

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Ergebnisse

102

3.10.2 Gefriertrocknung

Bei der Gefriertrocknung (Lyophilisation) wird der Überstand in einem Rundkolben

möglichst schnell eingefroren. Dies geschieht rotierend im Methanolbad. Anschlie-

ßend wird ein Vakuum angelegt und die gefrorene Flüssigkeit im Kolben kann direkt

sublimieren. Da hier keine Gefriertrocknung zur Konservierung (vollständige Trock-

nung), sondern lediglich eine Aufkonzentrierung erfolgen sollte, wurde das Vakuum

nach 45 Minuten belüftet. Der Überstand konnte Auftauen und für den Aktivitätstest

verwendet werden.

53 ml eines Kulturüberstandes mit der spezifischen Aktivität von 1,6 x 10-2 U/mg

wurden auf ein Volumen von 45,6 ml eingeengt. Die spezifische Aktivität stieg in die-

sem Fall auf einen Wert von 1,5 x 10-1 an (Jenschke 2003).

3.10.3 Enzym-Substrat-Komplex

10 ml eines Überstandes von 99.6 mit einer spezifischen Aktivität von 2,0 x 10 -2

U/mg wurden mit 100 mg kolloidalem TiFi-Chitin versetzt. Es sollte sich ein Enzym-

Substrat-Komplex bilden, mit dessen Hilfe das Chitin aus dem Überstand entfernt

werden sollte. Das nach einer Stunde abzentrifugierte Chitin wurde dann in 2 ml 200

mM Phosphatpuffer aufgenommen.

Tabelle 3.8: Untersuchungen am Enzym-Substrat-Kompl ex (Jenschke 2003)

Probe c (Protein)

(µg/ml)

Gesamtprotein

(µg)

CDA-Aktivität

U in 2 ml

Spezifische

Aktivität (U/mg)

Kulturüberstand

(99.6) 20 ml

66,1 2912 1,3 x 10-2 2,0 x 10-2

Abzentrifugiertes Chitin (+ 2 ml Puffer)

47,4 1452 9,8 x 10-4 1,0 x 10-2

Sowohl die Aktivität als auch die spezifische Aktivität haben nach der Zentrifugation

stark abgenommen. Der Versuch, die CDA sozusagen mit dem Substrat aus dem

Überstand zu angeln, kann nicht als erfolgreiche Aufkonzentrierung betrachtet wer-

den. Die spezifische Aktivität hat sich auf den halben Wert reduziert.

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Ergebnisse

103

3.11 pH-Wert-Optimum und Substratspektrum der CDA

Zur Bestimmung eines pH-Optimums wurde Überstand einer Kultur, die mit Krab-

benchitin kultiviert wurde, zu je 1,5 ml fraktioniert und mit 200 mM Tris-HCl Puffer auf

die pH-Werte 7,2; 7,5; 8,0; 8,5 und 9,0 eingestellt. Der pH-Wert des Überstandes war

8,0

pH-Abhängigkeit

0,000

0,002

0,004

0,006

0,008

0,010

0,012

0,014

ÜBS pur 7,2 7,5 8 8,5 9

pH-Wert

spez

ifisc

he A

ktiv

ität

[U/m

g]

Abbildung 3.16: pH-Optimum der CDA aus 99.6 (Jensch ke 2003).

Wie der Abbildung zu entnehmen ist, sind die Unterschiede in den spezifischen Akti-

vitäten nicht einer generellen Tendenz zuzuordnen, da die spezielle Aktivität bei pH

7,2 über der von 7,5 liegt. Die höchste Aktivität wurde bei pH 8,5 verzeichnet.

Um die Aktivität der CDA mit verschiedenen Substraten zu untersuchen, wurde ein

aktiver Überstand mit einem Proteingehalt von 73 µg/ml verwendet. Dessen spezifi-

sche Aktivität lag bei 1,1 x 10-2 U/mg. Dieser Überstand wurde zunächst eingefroren

und nach dem Auftauen wurden drei Ansätze mit verschiedenen Substraten durchge-

führt.

Die folgende Tabelle gibt für die verschiedenen Substrate die Aktivitäten und die

spezifischen Aktivitäten an.

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Ergebnisse

104

Tabelle 3.9: CDA-Aktivitäten bei verschiedenen Subs traten

Substrat Aktivität (U) Spezifische Aktivität (U/mg)

Kolloidales Krabbenchitin 4,5 x 10-4 3,1 x 10-3

Kolloidales Tintenfischchitin 2,2 x 10-4 1,5 x 10-3

Feingemahlenes Krabbenchitin 6,8 x 10-4 4,7 x 10-3

Zunächst fällt auf, dass die spezifische Aktivität beim kolloidalen Krabbenchitin durch

das Einfrieren von 1,1 x 10-2 U/mg auf 3,1 x 10-3 U/mg gefallen ist. Die Aktivität der

CDA ist also beim Einfrieren bei -20 °C nicht stabi l. Den parallelen Ansätzen dieses

Versuches kann man aber noch entnehmen, dass die spezifische Aktivität beim kol-

loidalen Krabbenchitin doppelt so hoch ist wie beim kolloidalen Tintenfischchitin.

Am höchsten ist die spezifische Aktivität jedoch beim fein gemahlenen Krabbenchitin.

Sie liegt dreimal so hoch wie beim kolloidalen Tintenfischchitin und ca. 50 % über der

des kolloidalen Krabbenchitins.

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Diskussion

105

4 Diskussion

4.1 Verwertung von Chitin und Chitosan

Von den 55 aufgeführten marinen Stämmen konnten 21 Stämme (38 %) Chitin als

Substrat verwerten und zeigten die charakteristischen Lysishöfe auf den Chitinnähr-

böden. Bei den terrestrischen Stämmen traf dies auf 13 von 20 Stämmen zu (65 %).

Bei den marinen Stämmen erscheint der Wert von 38 % recht gering, da die Bakteri-

en ja auch auf Medium angereichert wurden, welches 5 % Chitin enthielt. Möglicher-

weise konnten die Lysishöfe nicht erkannt werden, oder aber die Bakterien haben

ihre Fähigkeit, Chitin zu nutzen, verloren.

Für die terrestrischen Stämme, bei denen ja bereits das Inokulum der Anreiche-

rungskulturen einer Art Anreicherungskultur, nämlich mit Chitin versetztem Kompost,

entstammt, ist die Fähigkeit, Chitin zu verwerten, deutlich stärker ausgeprägt.

Bei 22 Stämmen konnte jedoch deutliches Wachstum (mindestens +) auf Chitinnähr-

böden festgestellt werden, jedoch keine Lyse des Chitins. Hierfür sind drei Erklärun-

gen möglich:

Zum einen könnten die Bakterien den „Chitosan-Weg“ einschlagen (siehe Abbildung

1.3). Dies hätte zur Folge, dass das Chitin deacetyliert wird und das freigesetzte Ace-

tat metabolisiert wird. Das verbleibende Chitosan bleibt unlöslich und es sind keine

Lysishöfe zu erkennen. Dieses Ergebnis wäre für unsere Aufgabenstellung der Ideal-

fall, da das Ziel der Arbeit ja der Nachweis einer bakteriellen Chitindeacetylase ist.

Eine solche Deutung der Ergebnisse der Wachstumstests muss aber durch weitere

Tests der Stämme überprüft werden.

Auch besteht die Möglichkeit, dass die Bakterien das Chitin auf dem herkömmlichen

Weg metabolisieren, die Aktivität der Chitinase wäre dann allerdings zu gering, um

sichtbare klare Höfe zu erzeugen. Wenn nur bestimmte Bereiche des Chitins, wie

zum Beispiel die Enden der Ketten, hydrolysiert werden, bleiben auch hier die Lysis-

höfe aus. Das Wachstum sollte in diesem Falle geringer ausfallen als bei jenen

Stämmen, die das Chitin vollständig lysieren.

Die letzte Begründung für ein Wachstum ohne Lysishöfe liegt darin, dass die Bakte-

rien ein alternatives Substrat verwerten können. Als Substrate kämen zum Beispiel

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Diskussion

106

Proteine in Frage. Als Quelle für diese Verunreinigungen kämen der Agar und das

Chitin in Frage. Für die Chitinnährböden wurde der Agar zwar mehrmals mit entmine-

ralisiertem Wasser gewaschen, ein letzter Rest Protein wird aber wohl nicht gänzlich

auszuschließen sein. Auch das Chitin kann noch Reste von Proteinen enthalten,

auch wenn das Chitin beim Kolloidalisieren umkristallisiert und mehrfach gewaschen

wurde. Da es sich nur um Verunreinigungen handelt, muss das Wachstum der Bak-

terien in diesen Fällen deutlich geringer ausfallen als bei den Stämmen, die das Chi-

tin als Substrat zu verwerten vermögen.

Stämme, bei denen auf Chitin ein schwaches Wachstum beobachtet wurde (+/-),

wurden nicht als Chitin verwertend betrachtet. Diese Stämme wurden nicht in weitere

Untersuchungen einbezogen.

Bei immerhin acht Stämmen (marin: 2A, 100.5A, 105.4, 106.2, 106.4B, AN 06, ter-

restrisch: FS 6 und FS 20) konnte ein kräftiges Wachstum auf Chitin ohne eine Hyd-

rolyse des Chitins beobachtet werden. Ein kräftiges Wachstum ist mit ++ oder +++

bewertet worden. Diese Stämme wurden zu weiteren Tests herangezogen, in denen

die Aktivität einer Chitindeacetylase nachgewiesen werden sollte (siehe 4.2).

Die Lysis von Chitosan konnte bei unseren Isolaten nicht beobachtet werden. Dies

bedeutet jedoch nur, dass unter den gegebenen Bedingungen das eingesetzte Chi-

tosan nicht lysiert wurde, Wachstum war jedoch möglich. Chitosanasen sind bei Bak-

terien jedoch im Gegensatz zu Chitindeacetylasen beschrieben worden. Beispiels-

weise bei Bacillus cereus wurde eine Chitosanase beschrieben (Kurakake et al.

2000). Hierbei ist aber zu beachten, dass in der genannten Quelle lediglich die

Hydrolysis von gelösten Chitosan-Oligomeren durch aufgereinigte Chitosanase beo-

bachtet worden ist. Eine solche Aktivität wäre in den von uns durchgeführten Platten-

tests nicht aufgefallen, da die eventuell vorhandenen löslichen Chitosanoligomere im

Substrat bei der Wäsche des Chitosans ausgewaschen worden wären.

4.2 CDA-Aktivität und ihr Nachweis bei Bakterien

Die marinen Stämme 2A, 100.5A, 105.4, 106.2, 106.4B, AN 06 sowie die terrestri-

schen Stämme FS 6 und FS 20 wurden zunächst anhand der Plattentests als hoff-

nungsvolle Kandidaten betrachtet.

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Diskussion

107

Im colorimetrischen Test konnte davon lediglich bei den Stämmen 106.2 und 106.4B

eine Chitosanbildung nachgewiesen werden. Hinzu kamen noch die Stämme SW IIA

und SW IV, die ebenfalls Chitosan gebildet haben. Bei den terrestrischen Stämmen

konnte keine Bildung von Acetat durch den colorimetrischen Test nachgewiesen

werden.

Im Acetatfreisetzungs-Test konnten hingegen die Stämme 99.6, FS 21 und FS 28

positive Resultate erzielen. Der Stamm FS 17 erwies sich leider als eine Mischkultur,

weshalb dieser Stamm trotz ähnlich hoher Ergebnisse wie bei 99.6 nicht weiter ver-

wendet werden konnte.

Dass der Stamm 106.4B im colorimetrischen Test positiv ausfiel, in der Acetat-Frei-

setzung jedoch negativ, mag damit zu tun haben, dass die CDA an die Membran der

Zellen gekoppelt ist. Somit würde die CDA beim Zentrifugieren mit ins Pellet gelan-

gen. Der Überstand wäre dann folglich frei von einer Chitindeacetylase und kann

folglich kein Acetat aus Chitin freisetzen.

Im Gegenzug wurde der Stamm 99.6 im colorimetrischen Test nicht als positiv ent-

deckt. Dies wird auf das Vorhandensein von Chitinasen zurückgeführt, welche das

Chitin in Oligomere spalten.

Zusammengefasst konnte bei sieben Stämmen eine Chitindeacetylase-Aktivität

nachgewiesen werden, wobei fünf dieser Stämme marinen Ursprungs waren.

Auch wenn die Zahl der Isolate, welche eine Chitindeacetylase-Aktivität zeigten, nur

sehr gering ist, so ist dies bereits als ein Erfolg zu werten. War doch die Chitindeace-

tylase bisher nur von Pilzen bekannt und der Nachweis bakterieller Chitindeacetyla-

sen war das Hauptziel dieser Arbeit.

In der Literaturrecherche trifft man auf einen Artikel von Natsir et al. In diesem wird

von einer Chitindeacetylase Aktivität bei Bacillus sp. berichtet (Natsir et al. 2002).

Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass für den CDA-Nachweis lösliches

Glycolchitin als Substrat eingesetzt wurde. Zur Detektion der Aktivität wurden Gluko-

samin-Reste bestimmt. Es kann also genauso gut das Zusammenwirken einer N-

Acetyl-Glukosaminidase mit einer N-Acetyl-Glucosamin-Deacetylase nachgewiesen

worden sein, wobei letztere die Monomere deacetyliert.

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Diskussion

108

Zumindest bei jenen Stämmen, deren CDA-Aktivität durch den colorimetrischen Test

festgestellt wurde, kann die Wirkung einer N-Acetyl-Glukosaminidase ausgeschlos-

sen werden, da deren Produkt Glucosamin keine positive Reaktion bewirken könnte.

Warum nur wenige Stämme eine Chitindeacetylase-Aktivität zeigten, mag mehrere

Gründe haben. Die einfachste Erklärung ist jene, wonach eine Chitindeacetylase bei

Bakterien einfach nur selten vorkommt. Für ein Chitin abbauendes Bakterium stellt

es ja einen gewissen Aufwand dar, ein zweites kataboles Enzym für Chitin zu produ-

zieren. Und viele der Isolate verfügen ja über Chitinasen.

Bei Pilzen, speziell den pflanzenpathogenen, sieht die Sache anders aus. Bei ihnen

ist Chitin einer der Hauptbestandteile der eigenen Zellwand und eine Umwandlung in

Chitosan ist eine Antwort auf Chitinasen der Pflanzen als Abwehrmechanismus. (Pe-

ter 2002B). Bei Bakterien ist Chitin in der Zellwand jedoch nicht vorhanden, so dass

einer Chitindeacetylase nur eine katabole Funktion zukommen kann. Diese Funktion

wird aber durch die Enzyme des Chitinaseweges bereits erfüllt. Daher stellt sich die

Frage, ob es einen zweiten Abbauweg für Chitin, den „Chitosanweg“ (siehe Abbil-

dung 1.3) bei Bakterien überhaupt gibt. Auch mag die Frage von Interesse sein, ob

ein Bakterium nur über einen von beiden Abbauwegen verfügt, oder ob es gar zwi-

schen beiden Wegen wählen kann.

Eine andere Begründung für die geringe Anzahl positiver Stämme könnte auch in der

Konzeption der Nachweismethoden liegen (siehe 4.3). Während beim colorimetri-

schen Test Chitinasen oder Chitosanasen einen störenden Einfluss haben (kurze

Oligomere werden nicht detektiert), erfasst der Acetat-Freisetzungstest nur Enzyme,

welche in das Kulturmedium ausgeschieden werden. Im Bezug auf einen späteren

technischen Einsatz des Enzyms sind jedoch vor allem extrazelluläre Enzyme ge-

fragt, weshalb der Acetat-Test auch nur solche berücksichtigt.

Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass sich in der Kultur, aus der der enzym-

haltige Überstand gewonnen werden soll, ein Enzym-Substrat-Komplex bildet. Die

gesuchte Chitindeacetylase bindet sich in diesem Fall an das Chitin. Beim Abzentri-

fugieren des Zellmaterials mit dem restlichen Chitin würde die CDA dann ebenfalls

verloren gehen. Dieses Problem könnte bei Stämmen, die auch über eine Chitinase

verfügen, dadurch umgangen werden, dass man die Kulturen so lange wachsen

lässt, bis kein Chitin mehr vorhanden ist. In der Praxis scheiterte dies aber daran,

dass das Chitin in den allermeisten Fällen nicht vollständig lysiert wurde. Sei es,

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Diskussion

109

dass Teile des Chitins nicht lysierbar waren, oder aber die Stämme wuchsen nicht

mehr aufgrund anderer Bedingungen in der Batch-Kultur.

Das enge Angebot an Substraten, welche für den CDA-Nachweis eingesetzt wurden,

mag ebenfalls bei einigen Stämmen dafür verantwortlich sein, dass keine positiven

Ergebnisse gefunden wurden. Aber auch bei der Auswahl der Substrate spielte eine

technische Anwendung bereits eine Rolle. So kommen in Emden vor allem zwei

Substrate für eine enzymatische Deacetylierung in Frage. Chitin aus Schalen der als

„Nordseekrabbe“ bezeichneten Garnele der Art Crangon crangon, welche in der

Nordsee gefangen wird, und Chitin aus Tintenfischen, welche in Emden bei der Fir-

ma Costa verarbeitet werden.

Da dies die Substrate sind, die für einen technischen, enzymatischen Prozess zur

Verfügung stehen, wurde auch gezielt nach Deacetylasen gesucht, die speziell diese

Substrate deacetylieren.

4.3 Vorteile der einzelnen CDA-Nachweise

Der colorimetrische Chitosannachweis nach Muzzarelli wird dann im Ergebnis ver-

fälscht, wenn die Bakterien neben einer Chitindeacetylase noch Chitinasen oder Chi-

tosanasen produzieren. Bei Monomeren funktioniert die Methode nach Muzzarelli

nicht. Sollte ein Bacterium neben einer Chitindeacetylase über eine Chitosanase ver-

fügen, so kann dies auf den Nachweis der Chitindeacetylase ebenso störend wirken

wie eine Chitinase, nur dass die Chitinketten dann nach der Deacetylierung verkürzt

werden

Ein weiterer Nachteil des colorimetrischen Tests ist die schlechte Differenzierbarkeit

zwischen der Konzentration des gebildeten Chitosans und der Höhe des Deacetylie-

rungsgrades des Chitosans. Beide Faktoren können ein positives Ergebnis bewirken,

da beide Einfluss auf die Anzahl freier Aminogruppen haben, welche durch den colo-

rimetrischen Test quantifiziert werden. Ein Ergebnis müsste also stets durch eine

weitere Analyse überprüft werden. Die Aufreinigung des Chitins bzw. Chitosans für

die Analytik wird dabei sicherlich ein weiteres Problem darstellen.

Für den colorimetrischen Test allein genügt es bereits, das Chitosan zu extrahieren.

Für weitere Analysen müsste genug Chitosan in Lösung gehen, um es nach der Ex-

traktion wieder auszufällen.

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Diskussion

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Ein Vorteil des colorimetrischen Nachweises von Chitosan liegt darin, dass es keine

Rolle spielt, wo die Chitindeacetylase sich in der Zelle befindet. Ob extrazellulär, in-

trazellulär (was nicht wahrscheinlich ist), oder an die Zellwand der Zelle gebunden,

spielt bei diesem Test keine Rolle, da die Zellen aufgeschlossen werden und das

Chitosan anschließend extrahiert wird.

Demgegenüber liegt die Schwachstelle des Acetatnachweises darin, dass nur Enzy-

me nachgewiesen werden können, die von den Bakterien ins Kulturmedium ausge-

schieden werden. Dies war bei der Konzeption des Testes durchaus gewollt. Das

Interesse lag ja darin, für die enzymatische Herstellung von Chitosan ein Enzym zu

finden, welches ins Medium abgegeben wird. Ein solches Enzym bedarf nicht eines

Zellaufschlusses und ist somit leichter zu gewinnen. Eine Chitindeacetylase welche

an die Bakterienzelle gebunden ist, sei es im Zellinneren, an die Membran oder aber

außen an der Zellwand, ist für die biotechnologische Nutzung weniger geeignet, da

eine Aufreinigung des Enzyms aufwändiger wäre. Dies berücksichtigend wurde der

Test so konzipiert, dass solche Enzyme gar nicht erst erfasst werden.

Schön wäre es in diesem Zusammenhang auch, wenn man einen Test in Händen

hätte, mit dem sich auf bewachsenen Chitinnährböden gebildetes Chitosan von Chi-

tin unterscheiden ließe. Mit einem solchen Test ließe sich das Screening sicherlich

um einiges komfortabler gestalten, da positive Bakterien sehr viel schneller erkannt

werden könnten. Versuche mit dem Farbstoff des colorimetrischen Chitosan-

Nachweises, Cybachron Brilliant Red sowie dem Farbstoff Calcoflour brachten leider

keine verwertbaren Ergebnisse.

Mit dem Farbstoff Calcoflour werden Chitinasebanden und Chitindeacetylase-

Banden auf einem Polyacrylamid-Gel sichtbar gemacht, nachdem die Enzyme nach

der Auftrennung auf lösliches Glycolchitin einwirken konnten (Trudel und Asselin

1990).

Wurden Chitinnährböden zum Teil mit einer Chitosan-Lösung beschichtet, um sie

anschließend mit Calcoflour anzufärben, so konnte zwar ein leichter Unterschied

festgestellt werden, jedoch war dieser zu schwach, als dass man diesen Effekt für

die Detektion von CDA-Aktivität bei Bakterien nutzen könnte.

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Diskussion

111

4.4 Untersuchungen an der bakteriellen CDA von 99.6

Ein genereller Vorteil bakterieller Enzyme ist, dass bei den Bakterien keine posttrans-

lationale Modifikation stattfindet, wie sie bei Eukaryonten vorkommt. Wird eine Se-

quenz aus Pilzen in Bakterien kloniert und exprimiert, so wird das gebildete Enzym

eventuell nicht aktiv, weil eine solche Modifikation, zum Beispiel eine Glycosylierung,

nicht erfolgt ist.

Sollte eine Chitindeacetylase bei Bakterien erst einmal nachgewiesen sein, so könn-

te die Suche auch auf extremophile Bakterien fokussiert werden. Hierbei wären vor

allem thermophile und acidophile Bakterien von Interesse, da deren Enzyme auch

bei höheren Temperaturen bzw. niedrigeren pH-Werten noch stabil sein dürften. Da

ein Screening mit extremophilen Bakterien jedoch aufgrund der Kulturbedingungen

sehr aufwändig ist, sollte zuvor der Beweis erbracht werden, dass eine Chitindeace-

tylase bei Bakterien überhaupt existiert.

Die Untersuchungen über die Chitindeacetylase wurden bei uns auf den Stamm 99.6

konzentriert. Bei diesem Bakterium wurde in einem molekularbiologischen Screening

an der Universität Hannover eine DNA-Sequenz gefunden, welche eine Chitindeace-

tylase kodiert (Otto et al. 2002, Schmalz 2003). Auch konnte in Hannover das Protein

erfolgreich in E. coli exprimiert und seine Aktivität nachgewiesen werden. Der mole-

kularbiologische Nachweis der CDA ist also bereits in Hannover erbracht worden.

Diese Arbeiten erfolgten in Kooperation innerhalb des Forschungsschwerpunktes

„Meeresbiotechnologie in Niedersachsen“.

Der Fokus unserer Arbeit lag aber darauf, natürliche, das heißt nicht genveränderte,

Organismen zu erhalten und für molekularbiologische Untersuchungen sowie techni-

sche Anwendungen zur Verfügung zu stellen. Mit diesen Stämmen sollte sich die

Chitindeacetylase für die technische Anwendung produzieren lassen, ohne den, für

genveränderte Organismen gültigen, Sicherheitsmaßnahmen zu unterliegen.

Während also in Hannover das Gen aus 99.6 in E.coli kloniert wurde, wollten wir mit

dem Stamm selbst arbeiten. Die Tatsache, dass der Stamm neben einer Chitindea-

cetylase auch über Chitinasen verfügt, ist negativ zu bewerten, weil die Chitinasen

die Chitosanproduktion stören könnten. Die Chitinasen von 99.6 waren auch wohl

der Grund, weshalb der Stamm 99.6 bei früheren Screenings mit dem colorimetri-

schen Test nicht positiv aufgefallen ist.

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Diskussion

112

Da Chitindeacetylasen bisher bei Bakterien nicht beschrieben wurden, können nur

die Daten der CDA aus 99.6 aus der Arbeit von Herrn Christian Schmalz und aus

dieser Arbeit mit den Daten von CDAs aus Pilzen verglichen werden. Die folgende

Tabelle 4.1 gibt eine Übersicht über wichtige Enzymdaten für Chitindeacetylasen

verschiedenen Ursprungs.

Tabelle 4.1: Vergleich der CDA aus Pilzen und aus 9 9.6 (Aus Martinou et al.

2001)

Merkmal Organismus

M. rouxii A. coeru-lea

S. cerevisi-ae

C.lindemuthianum 99.6

Vorkommen PP PP CP Medium Medium

MW (kDa) 75 75 43 31,5

150

27,011

pH Opt. 4,5 5,0 8,0 11,5

8,5

8,0

7,0 1

T. Opt. (°C) 50 50 50 60

50

25 °C 1

Acetat Inhi. Ja Ja Ja Nein

Nein

n.d.

Abkürzungen: PP = Periplasma; CP = Cytoplasma; MW = Molekulargewicht; pH Opt. = pH Optimum

T.Opt = Temperaturoptimum; Acetat Inhi.= Inhibierung durch Acetat; n.d. = nicht durchgeführt.

Bei C. lindemuthianum: Zwei Stämme wurden untersucht. 1 Schmalz 2003

Deutliche Unterschiede zur CDA aus Pilzen finden sich in der Größe des Enzyms.

Mit 27,01 kDA zeigt sie den kleinsten gefundenen Wert. Bei Colletotrichum linde-

muthianum findet sich eine CDA von 31,5 kDA. Die CDA von Mucor rouxii liegt mit 75

kDA deutlich höher. Die ins Medium ausgeschiedenen CDAs haben deutlich geringe-

re Größen als jene CDAs welche sich im Periplasma oder im Cytoplasma finden.

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Diskussion

113

Das Temperaturoptimum liegt mit 25°C deutlich unter dem der Pilz-CDAs. Diese ha-

ben allesamt Optima von 50 – 60°C.

Das pH-Optimum liegt beim Stamm 99.6 im neutralen (Schmalz 2003) beziehungs-

weise im alkalischen Bereich von 8,0 bis 8,5, im Gegensatz zu Mucor rouxii oder Ab-

sidia coerulea deren Optima im sauren Bereich bei pH 4,5 oder 5,0 liegen.

Leider muss gesagt werden, dass die Chitindeacetylase des Stammes 99.6 ein sehr

instabiles Enzym ist. Beim Einfrieren von enzymhaltigen Überständen ging oftmals

die Aktivität des Enzyms stark zurück.

4.5 Verknüpfung der beiden Chitin Abbauwege

Die anhand der Acetat-Freisetzung nachgewiesene CDA-Aktivität war für unsere

Gruppe ein positives Ergebnis, wenngleich das Enzym sehr instabil ist. Die zusätzli-

che Chitinase-Aktivität stellt wiederum neue Fragen in den Raum. Eine strikte Tren-

nung zwischen dem Chitinase-Weg und dem Deacetylase-Weg, wie in Abbildung 1.3

dargestellt, ist zumindest für den Stamm 99.6 nicht vorhanden. Vielmehr deutet die

verminderte CDA-Aktivität (siehe Abb. 3.14) bei reduzierter Chitinase-Aktivität bei

den Mutanten auf ein Zusammenspiel der beiden Enzyme hin. Die Tatsache, dass

eine Chitinase die Wirkung der Chitindeacetylase unterstützt, lässt mehrere Interpre-

tationsmöglichkeiten, unter anderem auch zum Wirkmechanismus der Chitindeacety-

lase zu.

Es könnte sich um einen „single chain Mechanismus“ handeln (Tsigos et al. 2000),

bei dem die CDA an einem Ende beginnt und dann die Kette quasi entlang gleitet

und dabei die einzelnen Gruppen deacetyliert. In diesem Fall hätte eine Chitinase

positive Auswirkungen auf die Geschwindigkeit der Deacetylierung, da sie aus einer

langen Chitinkette mindestens zwei kurze Ketten macht und dadurch mehrere Start-

punkte für das Enzym schafft. Da das Substrat ja nicht vollständig acetyliert ist, kann

es auch sein, dass viele acetylierte Bereiche zwischen deacetylierten Bereichen lie-

gen und somit für ein „single Chain Enzym“ nicht erreichbar sind. Durch Chitinase-

Aktivität, in diesem Falle die Aktivität einer Endochitinase, könnten diese Bereiche für

die CDA erreichbar werden. Dadurch hätte die Chitinase nicht nur Auswirkungen auf

die Geschwindigkeit der Deacetylierung, sondern auch auf deren Ausmaße.

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Diskussion

114

Bei einem „multiple chain“-Mechanismus hingegen setzt das Enzym mitten in der

Kette an und deacetyliert eine Zuckereinheit, um dann vom Substrat zu dissoziieren

und an anderer Stelle zu binden (Tsigos et al. 2000). Auf diesen Mechanismus hätte

eine Chitinase-Aktivität einen geringeren Einfluss als beim „single chain Mechanis-

mus“, da es ja egal ist, ob die CDA an anderer Stelle in der gleichen Kette oder aber

an einer anderen Kette anbindet und Gruppen deacetyliert.

Einer weiteren Interpretation zufolge könnten durch die Einwirkung der Chitinasen

die Chitinketten bis zur Löslichkeit gespalten werden. Möglicherweise wird das Chitin

durch die Chitinase bereits soweit gespalten, dass Oligomere vorliegen. In diesem

Fall wäre das Substrat der CDA nicht Chitin, sondern Chitooligomere. Man müsste

dann von einer Chitinoligomer-Deacetylase sprechen. Die Ergebnisse der Doktorar-

beit von Herrn Schmalz legen eine solche Deutung nahe. Hohe Steigerungen des

Deacetylierungsgrad (84 – 92 %) wurden dort bei Oligomeren von 2 – 6 Zuckerein-

heiten mit dem klonierten und in E.coli exprimierten Enzym nachgewiesen. Bei kol-

loidalen Substraten waren die Steigerungen (10 – 17 %) deutlich geringer.

Eine Mutation, welche ein Operon betrifft, das nur eine Chitinase kodiert, hätte direk-

te Auswirkungen auf die Testergebnisse, sollte das Acetat durch eine Chitooligomer-

Deacetylase freigesetzt worden sein.

Möglicherweise liegen Chitinase und Chitindeacetylase aber auch auf ein und dem-

selben Operon. Eine Mutation hätte dann Auswirkungen auf beide Enzyme. In die-

sem Falle spräche man von Pleiotropie.

Eine Chitinoligomer-Deacetylase lässt vermuten, dass neben dem Abbauweg über

Chitinasen und dem Chitosanweg (siehe Abb. 1.3) ein weiterer Abbauweg für Chitin

existitiert. In der folgenden Abbildung wird ein solcher Abbauweg vorgestellt.

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115

ChitinPoly[ß-(1-4)-N-Acetylglucosamin]

ExochitinaseDeacetylase 1

Chitosan Chitinoligomere

Chitosanase Oligomer-Deacetylase 1, 2

Chitobiose Chitosan-Oligomere

Glucosaminidase

Glucosamin

N-Acetyl-Chitobiose

Oligomer-Deacetylase 1, 2

Glucosaminidase

Chitinase

N-Acetyl-Chitobiose

N-Acetyl-Glucosaminidase

N-AcetylGlucosamin

Endochitinase

Abbildung 4.1: Postulierter bakterieller Chitinabba u über eine Chitinoligosaccharid-

Deacetylase (1 Bei der Deacetylase und der Oligomer-Deacetylase kann es sich um ein identisches

Enzym handeln, welches über ein weites Substratspektrum verfügt. 2 = Beide Reaktionen wurden in

Hannover für das klonierte Enzym nachgewiesen (Schmalz 2003)).

Je nachdem, ob die Chitinase Dimere oder Oligomere produziert, entstehen durch

die Aktivität der Oligomer-Deacetylase deacetylierte Dimere oder Oligomere. Diese

können dann durch den von Davies und Eveleight 1984 postulierten Chitosanweg

weiter umgesetzt werden.

Die Möglichkeit, dass der Stamm 99.6 einen solchen Abbauweg nutzt, wird durch

mehrere Indizien nahe gelegt.

Sowohl Dimere als auch Oligomere von bis zu sechs Einheiten wurden durch die

Deacetylase aus 99.6 deacetyliert (Schmalz 2003).

Chitin wird durch den Stamm gut hydrolysiert, was auf Chitinasen schließen lässt.

Dass die Deacetylase-Aktivität durch Verringerung der Chitinase-Aktivität beeinträch-

tigt wird, lässt ebenfalls vermuten, dass Oligomere bevorzugt deacetyliert werden.

Da das acetylierte Monomer N-Acetyl-Glucosamin nicht von 99.6 verwertet werden

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Diskussion

116

kann (siehe 3.6), kann eine Deacetylierung von Monomeren ausgeschlossen wer-

den, was den klassischen Abbauweg über Chitinasen ausschließt. Auch die hohen

Deacetylierungen bei Oligomeren in der Arbeit von Herrn Schmalz (Schmalz 2003)

lassen diesen Weg möglich erscheinen.

Sollte das Chitin durch den Stamm 99.6 tatsächlich über eine Chitinoligomer-

Deacetylase abgebaut werden, so entstände als monomeres Endprodukt Glucosa-

min. Dieses kann gut verwertet werden (siehe 3.6), was nahe legt, dass ein Trans-

portmechanismus für Glucosamin vorhanden ist.

N-Acetyl-Glucosamin wird hingegen nicht verwertet. Eine katabole Verwertung die-

ses Monomers in der Zelle bietet sich deshalb nicht an, weil das Monomer ein Be-

standteil des Mureins ist. Murein ist der Hauptbestandteile der Zellwand gram positi-

ver Bakterien, zu denen ja auch der Stamm 99.6 gehört.

Durch die intrazelluläre Verwertung von N-Acetyl-Glucosamin würde sich die Zelle

also selber bei der Zellwandsynthese behindern. Dies wäre ein möglicher Grund,

weshalb die Deacetylierung der Oligomere außerhalb der Zelle erfolgt.

5 Ausblick

Auf dem Weg zum Ziel, der enzymatischen Herstellung von Chitosan aus Chitin, sind

durch die vorliegende Arbeit lediglich die ersten Etappen erreicht. Bakterien wurden

isoliert, ein Aktivitätstest wurde entwickelt und die CDA-Aktivität konnte wiederholt

nachgewiesen werden. Auch wurden erste, für eine Fermentation nützliche Eigen-

schaften des Stammes ermittelt, wie zum Beispiel die Toleranz gegenüber niedrigen

Salzkonzentrationen im Medium.

Während der Arbeiten sind aber auch Probleme erkannt worden, die für einen tech-

nischen Einsatz noch geklärt werden müssen. Zum einen gehört dazu die Instabilität

des Enzyms. Durch Einfrieren des Überstandes ging die spezifische Aktivität ebenso

zurück wie durch den Einsatz von Zentrifugalkonzentratoren zur Konzentrierung des

Enzyms. Der Zusatz von 0,1 % Cholsäure zum Kulturüberstand brachte zwar erste

Erfolge bei den Inkubationen über mehrere Tage, doch sollte auch über den Einsatz

von Proteaseinhibitoren nachgedacht werden.

Für eine Charakterisierung des Enzyms sind eine Aufreinigung des Enzyms sowie

eine Stabilisierung unumgänglich. Für vergleichende Untersuchungen, beispielswei-

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Diskussion

117

se verschiedener Substrate, ist eine ausreichende Enzymmenge gleich bleibender

Qualität von hoher Bedeutung. Deshalb sind weitere Fermentationen in chitinhalti-

gem Medium durchzuführen, die eine CDA-Aktivität zeigen sollten.

Das andere Hauptproblem ist die Chitinase-Aktivität, die der Stamm 99.6 leider auch

zeigt. Für die Produktion von hochmolekularem Chitosan sind Chitinasen störend.

Leider nahm bei den Mutanten mit geringerer Chitinase-Aktivität auch die CDA-

Aktivität ab. Ob die deacetylierende Aktivität auch bei völliger Entfernung der Chitin-

asen noch zu finden sein wird, sollte in weiteren Experimenten ebenfalls ermittelt

werden.

Wenn die Reduzierung der CDA-Aktivität bei den Mutanten auf verringerte Aktivität

der Chitinasen zurückzuführen ist, etwa weil die CDA nur lösliche Chitinoligomere

umsetzt, so sollte durch Zugabe einer kommerziellen Chitinase die CDA-Aktivität

wieder gesteigert werden. Dies würde auch dann die Acetat-Freisetzung steigern,

wenn es sich bei dem gefundenen Enzym um eine Chitinoligomer-Deacetylase han-

delt.

Genauere Aussagen über den Mechanismus der Chitindeacetylase bedürfen weite-

rer Untersuchungen. Ob sich die bakterielle Chitindeacetylase vom Substrat trennt,

wenn eine deacetylierte Gruppe in der Kette sitzt, oder ob sie einfach darüber hinweg

gleitet, ist uns genauso unbekannt geblieben, wie die Richtung, in welcher das En-

zym die Kette deacetyliert.

In welcher Weise ein technologischer Prozess zu führen sein wird, ist eine weiter in-

teressante Frage. Das Enzym zu reinigen und dann zum Chitin zu geben, scheint

aufgrund der genannten Probleme schwierig. Denkbar ist auch eine direkte Zugabe

des Chitins zur Bakterienkultur. Chitinasen würden dabei stören, Proteasen der Bak-

terien hingegen dienten gleichzeitig der Entfernung von Proteinresten aus dem Sub-

strat. Sie könnten allerdings auch die CDA zerstören.

Eine weitere Möglichkeit wäre ein Festbettreaktor, in dem das Chitin vom Ablauf ei-

ner kontinuierlichen Kultur berieselt wird. Dabei müssten die Zellen jedoch schon

Chitin im Medium vorfinden, damit die Chitindeacetylase auch induziert wird.

Eine Reinigung des Chitins durch bakterielle Proteasen wäre aber auch ohne die

Mitwirkung von Deacetylasen interessant, da sich die restlose Entfernung der Protei-

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ne vom Chitin als sehr schwierig erweist. Gerade für medizinische Produkte ist je-

doch die Abwesenheit von Proteinen Vorraussetzung für deren Einsatz.

Sollte es sich bewahrheiten, dass es sich bei der Deacetylase des Stammes 99.6 um

eine Chitinoligomer-Deacetylase handelt, so ist diese für die Deacetylierung von

hochmolekularem Chitin natürlich nicht besonders gut geeignet. In diesem Falle

muss auf die Deacetylasen anderer Isolate zurückgegriffen werden.

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Anhang

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7 Wichtige Ereignisse der Chitinchemie

Jahr Ereignis

1811 Braconnot isolierte eine alkali-resistente Fraktion aus höheren Pilzen. Die

Substanz, die er „Fungin“ nannte, zeigte die Bildung von Acetat und er

schloss, dass es sich um eine neue Substanz handelte.

1823 Odier isolierte einen unlöslichen Rest aus Maikäfer-Schalen durch Behand-

lung mit heisser KOH. Er nannte diesen Rest Chitin. Er wies jedoch noch

keinen Stickstoff nach. Er wies Chitin später auch in Krabbenschalen nach.

1824 Children veröffentliche eine englische Übersetzung von Odiers Artikel und

konnte zusätzlich Stickstoff in Chitin nachweisen.

1859 Rouget entdeckte die Herstellung von Chitosan durch Behandlung von Chi-

tin mit konzentrierter KOH-Lösung. Er nannte es „modifiziertes Chitin“ und

stellte auch die Löslichkeit in verdünnter organischer Säure fest.

1876 Ledderhose hydrolysierte Chitin in konzentrierter HCl und fand eine Über-

einstimmung der gewonnenen Kristalle in der Zusammensetzung mit Hexo-

samin-Hydrochlorid. Auch die Acetat-Freisetzung während der Hydrolyse

wurde von ihm beobachtet.

1884 Tiemann wandte den Namen Glukosamin an. Zwei Jahre später klärte er die

Position der Aminogruppe am C2-Atom des Zuckerringes auf.

1894 Hoppe-Seyler beschrieb die Darstellung von Chitosan aus Chitin aus Scha-

len von Krabben, Skorpionen und Spinnen durch Erhitzen auf 180 °C mit

KOH. Das Produkt war löslich in verdünnter Essigsäure und in verdünnter

Salzsäure. Er prägte den Namen Chitosan.

1939 In verschiedenen Artikeln wurde die Konfiguration am C2-Atom beschrieben.

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Anhang

127

8 Danksagung

Mein Dank gilt:

Herrn Prof. Dr. Friedrich Widdel, vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in

Bremen, für die Begutachtung dieser Arbeit und die Bereitschaft, als Hauptreferent

dieser Arbeit zu fungieren.

Herrn Prof. Dr. Eike Siefert von der Fachhochschule in Emden für die Bereitstellung

des Themas, für das übernommene Koreferat dieser Dissertation sowie für zahlrei-

che Tipps während der Durchführung der praktischen Arbeiten. Auch für das allzeit

freundliche Arbeitsklima möchte ich mich an dieser Stelle bedanken.

Herrn Prof. Dr. Michael Schlaak danke ich für sein stetes Interesse, sowie die Bereit-

schaft, in den Treffen der „Chitosanrunde“ stets einen Gesamtüberblick zu vermitteln.

Dr. Wolfgang Lindenthal war so freundlich, diverse Chitine und Chitosane zur Verfü-

gung zu stellen sowie mit Literatur auszuhelfen.

Frau Uta Bünger für die Einarbeitung in die IR-Analytik sowie in das Projekt im All-

gemeinen.

Frau Renate Sanders-Janssen und Frau Elke von Lessen standen bei alltäglichen

Fragen im Labor stets mit Rat und Tat zur Seite.

Frau Maike Fokken und Frau Constanze Jenschke halfen im Rahmen ihrer Diplom-

arbeiten bei den Fermentationen sowie Aktivitätstests und Proteinbestimmungen.

Der Arbeitsgruppe Mikrobiologie am Max-Planck-Institut in Bremen, insbesondere

Herrn Dr. Jens Harder danke ich für einige hilfreiche Hinweise, welche ich bei den

Vorstellungen meines Projektes dort erhalten habe.

Den Herren Dr. Hayssam Zakaria, Dr. Jochen Meens und Dr. Christian Schmalz aus

Hannover danke ich für einige interessante Hinweise zur CDA.

Den Lehrenden der Universität Oldenburg danke ich für die Ausbildung, die ich dort

während des Studiums genossen habe.

Ein besonderer Dank gilt meinen Eltern für ihre geduldige Unterstützung.

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Anhang

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9 Erklärung

Hiermit erkläre ich, Bernd Schmietenknop, geboren am 25.09.1969 in Oldenburg (in

Oldenburg), dass ich die im Fachbereich 2 (Biologie/Chemie) der Universität Bremen

eingereichte Dissertation mit dem Titel:

„Extrazelluläre Chitindeacetylase mariner und terre strischer Chitin verwerten-

der Bakterien “

an der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven am Standort Emden

angefertigt habe.

Die Arbeit habe ich ohne unerlaubte fremde Hilfe angefertigt.

Außer den angegebenen Quellen und Hilfsmitteln habe ich keine weiteren Mittel be-

nutzt.

Die den angegebenen Quellen entnommenen Stellen habe ich als solche kenntlich

gemacht.

Oldenburg, den 12.09.2006

Bernd Schmietenknop