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Fragebeantwortung unter www.falkfoundation.de Falk Gastro-Kolleg 1 Blut vom Darm Blut zum Herz Harnstoff Ammoniak Ammoniak Glutamin Glutamin- Synthetase Harnstoff- zyklus NAGS + Titelbild: Schematische Darstellung der Entgiftung von Ammoniak in 2 Schritten in den periportalen Hepatozyten (Harnstoffzyklus) sowie in den perivenösen Hepatozyten (Glutamin-Synthetase) Hyperammonämie bei Kindern und Erwachsenen: Einteilung und Krankheitsbilder Zusammenfassung Die Hyperammonämie ist ein nicht-spezifischer Laborbefund, der als Surrogatmarker eine Störung im Stickstoffmetabolismus anzeigt und bei einer Reihe von Krankheitsbildern primär oder sekundär auftreten kann. Weil Ammoniak ab einer bestimmten Konzentration neurotoxisch ist, sind Zustände mit vermehrter Produktion oder eingeschränkter Ent- giftung von Ammoniak stets als Notfall anzusehen, sofern klinische Symptome vorliegen. Ammoniak wird im Harnstoffzyklus in der Leber entgiftet. Bei einem angeborenen Defekt des Harnstoffzyklus (entweder eines der beteiligten Enzyme oder eines Transporters) resultiert eine primäre Hyperammonämie. Ist hingegen die Funktion des Harnstoffzyklus durch toxische Metabolite oder durch Substratmangel beeinträchtigt, wird die Situation als sekundäre Hyperammonämie bezeichnet. Diese Unterscheidung hat ihre Bedeutung nicht nur für das Verständnis der Pathophysiologie, sondern besitzt auch Relevanz für das diagnostische und therapeutische Vorgehen. Unabhängig von der Ätiologie führt eine Hyperammonämie zu irreversiblen Schäden des Gehirns, wenn keine rechtzeitige und effektive Behandlung erfolgt. Daher besitzen ein frühzeitiges Erkennen und die sofortige Einleitung der spezifischen Maßnahmen größte Bedeutung. Die wichtigsten prognosti- schen Faktoren sind, unabhängig von der zugrunde liegenden Ursache, die Dauer einer hyperammonämischen Bewusstseinsstörung und das Ausmaß der Hyperammonämie. Diese Übersicht beschreibt die biochemischen Hintergründe der primären und sekun- dären Hyperammonämie und gibt einen Überblick über die verschiedenen Aspekte im Management betroffener Patienten. Prof. Dr. Johannes Häberle Abteilung Stoffwechselkrankheiten Kinderspital Zürich Steinwiesstr. 7 0 Zürich Schweiz Falk Gastro-Kolleg Leber und Gallenwege Ammoniakentgiftung in der Leber

Falk Ammoniakentgiftung in der Leber Gastro-Kolleg · eine unzureichende Aktivität der Glutamin-Synthetase) [2–3]. Die Entgiftung von Ammoniak erfolgt überwiegend durch den Harnstoffzyklus

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Fragebeantwortung unter

www.falkfoundation.de

Falk Gastro-Kolleg

1

Blut vom Darm Blut zum Herz

Harnstoff

Ammoniak Ammoniak

Glutamin

Glutamin-Synthetase

Harnstoff-zyklus

NAGS+

Titelbild: Schematische Darstellung der Entgiftung von Ammoniak in 2 Schritten in den periportalen Hepatozyten (Harnstoffzyklus) sowie in den perivenösen Hepatozyten (Glutamin-Synthetase)

Hyperammonämie bei Kindern und Erwachsenen: Einteilung und KrankheitsbilderZusammenfassung

Die Hyperammonämie ist ein nicht-spezifischer Laborbefund, der als Surrogatmarker eine Störung im Stickstoffmetabolismus anzeigt und bei einer Reihe von Krankheitsbildern primär oder sekundär auftreten kann. Weil Ammoniak ab einer bestimmten Konzentration neurotoxisch ist, sind Zustände mit vermehrter Produktion oder eingeschränkter Ent-giftung von Ammoniak stets als Notfall anzusehen, sofern klinische Symptome vorliegen. Ammoniak wird im Harnstoffzyklus in der Leber entgiftet. Bei einem angeborenen Defekt des Harnstoffzyklus (entweder eines der beteiligten Enzyme oder eines Transporters) resultiert eine primäre Hyperammonämie. Ist hingegen die Funktion des Harnstoffzyklus durch toxische Metabolite oder durch Substratmangel beeinträchtigt, wird die Situation als sekundäre Hyperammonämie bezeichnet. Diese Unterscheidung hat ihre Bedeutung nicht nur für das Verständnis der Pathophysiologie, sondern besitzt auch Relevanz für das diagnostische und therapeutische Vorgehen. Unabhängig von der Ätiologie führt eine Hyperammonämie zu irreversiblen Schäden des Gehirns, wenn keine rechtzeitige und effektive Behandlung erfolgt. Daher besitzen ein frühzeitiges Erkennen und die sofortige Einleitung der spezifischen Maßnahmen größte Bedeutung. Die wichtigsten prognosti-schen Faktoren sind, unabhängig von der zugrunde liegenden Ursache, die Dauer einer hyperammonämischen Bewusstseinsstörung und das Ausmaß der Hyperammonämie. Diese Übersicht beschreibt die biochemischen Hintergründe der primären und sekun-dären Hyperammonämie und gibt einen Überblick über die verschiedenen Aspekte im Management betroffener Patienten.

Prof. Dr. Johannes HäberleAbteilung Stoff wechselkrankheitenKinderspital ZürichSteinwiesstr. 70 ZürichSchweiz

Falk Gastro-Kolleg

Leber und Gallenwege

Ammoniakentgiftung in der Leber

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Hyperammonämie bei Kindern und Erwachsenen: Einteilung und Krankheitsbilder

1. Einführung

Die Messung der Konzentration von Ammoniak im Plasma gehört zu den notwendi-gen Notfalllaboruntersuchungen bei einem Patienten mit ungeklärter Bewusstseins-störung [1]. Ist der Ammoniakwert im Plasma erhöht, ist dies zwar ein unspezifischer Befund, aber dennoch aufgrund der möglichen Neurotoxizität von großer Bedeutung für den Patienten. Die Hyperammonämie ist ein Indikator für eine Vielzahl von ver-schiedenen vererbten oder erworbenen Krankheitszuständen [2]. Hyperammonämie ist definiert als ein Plasma-Ammoniakwert > 50 µmol/L (> 100 µmol/L bei Neugebo-renen) und sollte, sofern gleichzeitig klinische Symptome bestehen, stets als Notfall betrachtet werden. Eine Hyperammonämie kann bestehen i) bei einer erhöhten Produktion von Ammo-niak (mögliche Ursachen: z. B. intestinale bakterielle Überwucherung, neurogene Bla-se, Medikamente, Infektionen oder andere katabole Zustände mit endogenem Abbau von Eiweiß) oder ii) bei verminderter Ammoniakentgiftung (mögliche Ursachen: z. B. verminderte Harnstoffzyklusfunktion, intrahepatische portosystemische Shunts oder eine unzureichende Aktivität der Glutamin-Synthetase) [2–3]. Die Entgiftung von Ammoniak erfolgt überwiegend durch den Harnstoffzyklus in den periportalen Hepatozyten [4]. Die Funktion des Harnstoffzyklus kann direkt durch einen Mangel an einem der beteiligten Enzyme und Transporter betroffen sein; die daraus resultierende Hyperammonämie wird als primäre Hyperammonämie bezeichnet [2]. Außerdem kann die Funktion des Harnstoffzyklus beeinträchtigt sein, wenn bestimmte inhibierende Stoffwechselprodukte anfallen oder wenn ein Mangel an Intermediär-substraten besteht; ein solcher Zustand wird als sekundäre Hyperammonämie bezeich-net [2]. Neben dem Harnstoffzyklus dient das Enzym Glutamin-Synthetase (GS) der vollständigen Entgiftung von Ammoniak [5]. Dies ist vor allem bei erworbenen Leber-erkrankungen von Bedeutung und beispielsweise die Ursache der Hyperammonämie bei Leberzirrhose. Die Notwendigkeit einer normalen Funktion der GS für eine voll-ständige Ammoniakentgiftung wurde kürzlich bei Patienten mit angeborenem GS-Defekt belegt [6].Die Einteilung in eine primäre oder sekundäre Hyperammonämie ist hilfreich zum Verständnis der zugrunde liegenden Pathophysiologie, aber auch für die Anpassung der diagnostischen und therapeutischen Strategien. Allerdings kann es bei beiden Formen der Hyperammonämie zu einer Enzephalopathie und irreversiblen Schädi-gung des Gehirns kommen, sofern die Behandlung nicht rechtzeitig und konsequent durchgeführt wird [7]. Das frühzeitige Erkennen einer Hyperammonämie und die so-fortige Einleitung der spezifischen Behandlung sind von größter Bedeutung für die Prognose des Patienten [8]. Die wichtigsten prognostischen Faktoren sind, unabhän-gig von der zugrunde liegenden Ursache, die Dauer einer hyperammonämischen Be-wusstseinsstörung und die maximale Ammoniakkonzentration. Neben einer hyper-ammonämischen Enzephalopathie gehen vor allem bei Erwachsenen mit erworbener Lebererkrankung manche Krankheitsbilder mit nur geringer Erhöhung der Plasma-Ammoniakwerte (im Bereich um 100 µmol/L) einher, die klinische Relevanz dieser Situation ist jedoch noch nicht vollständig verstanden.

P Eine Hyperammonämie kann zu Enzephalopathie führen und ist stets ein Notfall.

Schlüsselwörter

Hyperammonämie | Harnstoffzyklusstörung | Organoazidopathie | Glutamin-Synthetase | N-Acetylglutamat-Synthase | hyperammonämisches Koma | Stoffwechselentgleisung | Bewusstseinsstörung

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Dieser Übersichtsbeitrag beschreibt die verschiedenen Formen der Hyperammonämie, deren biochemische, genetische und pathophysiologische Grundlagen, die häufigsten Krankheitsbilder sowie die wesentlichen Aspekte des diagnostischen und therapeu-tischen Managements betroffener Patienten.

2. Grundlagen der primären Hyperammonämie

Der Harnstoffzyklus ist im Säugetierorganismus der Hauptweg für die Entgiftung von Stickstoff, sofern dieser nicht als Bestandteil von Aminosäuren für die Herstellung von zum Beispiel Strukturproteinen, Enzymen oder Hormonen verwendet werden konnte. Der vollständige Harnstoffzyklus ist nur in der Leber und dort nur in periportalen Hepatozyten exprimiert [4]. Dies ist verständlich, weil diese Zellen als erste in Kontakt mit Pfortaderblut aus dem Darm kommen, welches eine Ammoniakkonzentration von 100–300 µmol/L aufweist. Im ersten Schritt des Harnstoffzyklus werden Ammo-niak und Bikarbonat durch das Enzym Carbamoylphosphat-Synthetase 1 (CPS1, OMIM *608307) zu Carbamoylphosphat umgewandelt. Dieser erste Schritt und auch der fol-gende, katalysiert durch die Ornithin-Transcarbamylase (OTC, OMIM *300461), ist im Mitochondrium lokalisiert. Dagegen erfolgen die 3 nachstehenden enzymatischen Reaktionen (katalysiert durch die Argininosuccinat-Synthetase [ASS], OMIM *603470; die Argininosuccinat-Lyase [ASL], OMIM *608310; die Arginase 1 [ARG1], OMIM *608313) im Cytosol. Zusätzlich werden für die Harnstoffzyklusfunktion 2 Transporter benötigt, der Ornithin-Transporter ORNT1 (OMIM *603861) und der Aspartat-Glutamat-Antipor-ter Citrin (OMIM *603859) [9] (Abb. 1).

Enzyme und Transporter des Harnstoffzyklus in Mitochondrium und Cytosol der periportalen Hepatozyten

MitochondriumCytosol

Citrullin

Ornithin

Aspartat

Harnstoff

ARG1

OTC

NH3 + HCO3-

Carbamoyl-phosphat

Glutamat

N-Acetyl-L-glutamat

Argininosuccinat

+

Harnstoffzyklus

Orotsäure

Citrullin

ASL

ASS

+

Glutamin

Acetyl-CoA

GLNase

Urin

Arginin

Ornithin

GDH

Blut aus der Pfortader

NAGS

ORNT1

ORNT1

Citrin

Carbamoylphosphat

CPS1

ARG1 = Arginase 1; ASL = Argininosuccinat-Lyase; ASS = Argininosuccinat-Synthetase; CPS1 = Carbamoylphosphat-Synthetase 1; GDH = Glutamat-Dehydrogenase; GLNase = Glutaminase; NAGS = N-Acetylglutamat-Synthase; ORNT1 = Ornithin-Citrullin-Antiporter; OTC = Ornithin-Transcarbamylase

Für die oben genannten enzymatischen Reaktionen wie auch für die beiden Transpor-ter existieren angeborene Krankheiten durch Defekte der jeweiligen Gene. Des Weite-ren benötigt der Harnstoffzyklus die Aktivierung durch N-Acetylglutamat (NAG), wel-ches durch die N-Acetylglutamat-Synthase (NAGS, OMIM *608300) in Mitochondrien

Abb. 1

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bereitgestellt wird und obligater Aktivator der CPS1 ist (s. Abb. 1). Auch die NAGS kann selten von angeborenen Defekten betroffen sein (NAGS-Mangel, OMIM #237310), häu-figer jedoch beeinträchtigen diverse Metabolite die enzymatische Aktivität der NAGS und führen dann sekundär zur Hyperammonämie (s. unten) [2] (Tab. 1).

Formen der Hyperammonämie, deren wesentliche Diagnostik, Leitmetabolite und Pathomechanismen

Primäre Hyperammonämie

Enzymdefekte des Harnstoffzyklus

Krankheit Wesentliche Diagnostik Leitmetabolite Pathomechanismus

N-Acetylglutamat-Synthase (NAGS)-Mangel

Aminosäuren im Plasma Glutamin im Plasma erhöht, Orotsäure im Urin normal

Enzymatischer Block im Harnstoffzyklus

Carbamoylphosphat- Synthetase-1 (CPS1)-Mangel

Aminosäuren im Plasma Glutamin im Plasma erhöht, Orotsäure im Urin normal

Enzymatischer Block im Harnstoffzyklus

Ornithin-Transcarbamylase (OTC)-Mangel

Aminosäuren im Plasma, Orotsäure im Urin

Glutamin im Plasma erhöht, Orotsäure im Urin erhöht

Enzymatischer Block im Harnstoffzyklus

Argininosuccinat-Synthetase (ASS)-Mangel

Aminosäuren im Plasma, Orotsäure im Urin

Citrullin im Plasma erhöht, Orotsäure im Urin erhöht

Enzymatischer Block im Harnstoffzyklus

Argininosuccinat-Lyase (ASL)-Mangel

Aminosäuren im Plasma, Orotsäure im Urin

Argininosuccinat in Plasma und Urin vorhanden, Orotsäure im Urin erhöht

Enzymatischer Block im Harnstoffzyklus

Arginase-1 (ARG1)-Mangel Aminosäuren im Plasma Arginin im Plasma erhöht Enzymatischer Block im Harnstoffzyklus

Transporterdefekte des Harnstoffzyklus

Hyperammonämie- Hyperornithinämie- Homocitrullinurie-Syndrom

Aminosäuren in Plasma und Urin

Ornithin im Plasma erhöht, Homocitrullin im Urin erhöht

Mangel an mitochondrialem Ornithin (Substrat der OTC)

Citrullinämie Typ II Aminosäuren im Plasma Citrullin im Plasma erhöht Mangel an Aspartat (Substrat der ASS)

Sekundäre Hyperammonämie mit Hemmung des Harnstoffzyklus

Organoazidopathien

Krankheit Wesentliche Diagnostik Leitmetabolite Pathomechanismus

Methylmalonazidurie (MMA) Organische Säuren im Urin, Acylcarnitine im Blut

Methylmalonsäure und Methylcitrat im Urin erhöht, Proprionylcarnitin im Blut erhöht

Hemmung der NAGS durch Metabolite der MMA

Propionazidämie (PA) Organische Säuren im Urin, Acylcarnitine im Blut

3-Hydroxy-Propionsäure und Methylcitrat im Urin erhöht, Proprionylcarnitin im Blut erhöht

Hemmung der NAGS durch Metabolite der PA

Isovalerianazidämie (IVA) Organische Säuren im Urin, Acylcarnitine im Blut

Isovalerylglycin und 3-Hydroxy-Isovaleriansäure im Urin erhöht, Isovaleryl-carnitin im Blut erhöht

Hemmung der NAGS durch Metabolite der IVA

Sekundäre Hyperammonämie mit funktioneller Insuffizienz des Harnstoffzyklus

Fettsäurenoxidationsdefekte und Defekte des Carnitinzyklus

Krankheit Wesentliche Diagnostik Leitmetabolite Pathomechanismus

Mittelkettiger Acyl-CoA- Dehydrogenase-Mangel

Acylcarnitine im Blut, organische Säuren im Urin

Erhöhtes Octanoylcarnitin im Blut, vermehrt Hexanoyl-glycin und Dicarbonsäuren im Urin

Mangel an Acetyl-CoA, Acylierung der CPS1

Multipler Acyl-CoA- Dehydrogenase-Mangel

Acylcarnitine im Blut, organische Säuren im Urin

Erhöhte mittel- und lang-kettige Acylcarnitine im Blut, vermehrt Ethylmalonsäure und Dicarbonsäuren im Urin

Mangel an Acetyl-CoA, Acylierung der CPS1

Carnitin-Palmitoyl- transferase-II-Mangel

Acylcarnitine im Blut Erhöhte langkettige Acylcarnitine im Blut

Mangel an Acetyl-CoA, Hemmung der CPS1

P Bei primärer Hyperammonämie besteht ein angebore­ner Defekt der Enzyme oder Transporter des Harnstoffzyklus, wäh rend bei sekun därer Hyperammo nämie die Funktion des Harnstoffzyklus indirekt betroffen ist.

Tab. 1

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Carnitin-Acylcarnitin- Translo kase-Mangel

Acylcarnitine im Blut Tiefes Carnitin im Blut, erhöhte langkettige Acylcarnitine im Blut

Mangel an Acetyl-CoA, Hemmung der CPS1

Substratmangel

Lysinurische Proteinintoleranz Aminosäuren im Urin Vermehrte Ausscheidung von Lysin, Arginin und Ornithin

Mangel der Harnstoffzyklus-Substrate Arginin und Ornithin

Pyrrolin-5-Carboxylat- Synthetase-Mangel

Aminosäuren im Plasma Tiefe Konzentrationen von Prolin, Arginin, Citrullin und Ornithin im Plasma

Mangel der Harnstoffzyklus-Substrate Arginin und Ornithin

Pyruvatcarboxylase-Mangel Aminosäuren im Plasma, Laktat im Blut

Erhöhtes Citrullin und Alanin, Laktat erhöht

Mangel an Aspartat (Substrat der ASS)

Ornithin-Aminotransferase-Mangel

Aminosäuren im Plasma Ornithin im Plasma erhöht Mangel an Ornithin (Substrat der OTC)

Carbonic-Anhydrase-V-Mangel Laktat im Blut Laktat erhöht Fehlendes Bikarbonat (Substrat der CPS1)

Andere

Hyperinsulinismus- Hyperammonämie-Syndrom

Glukose im Blut Hypoglykämie Erhöhte Produktion von Ammoniak, verminderte Verfügbarkeit von Glutamat (nicht nachgewiesen)

Mitochondriale Krankheiten Laktat im Blut Laktat erhöht Eingeschränkte ATP-Produktion

Glutamin-Synthetase (GS)-Mangel

Aminosäuren in Plasma und Urin

Glutamin erniedrigt Unzureichende Ammoniak-entgiftung

2.1 Enzymatische Defekte des Harnstoffzyklus

Sämtliche klassische Harnstoffzyklusdefekte (engl. urea cycle disorders, UCD), d. h. die Enzymdefekte der NAGS, CPS1, OTC, ASS, ASL oder ARG1 können zu lebensbedrohlicher Hyperammonämie bei Patienten aller Altersgruppen führen (s. Tab. 1) [9–10]. Die ge-nannten Enzymdefekte werden autosomal-rezessiv vererbt, außer der Mangel an OTC (OMIM #311250), welcher einen X-chromosomalen Erbgang aufweist. Die kumulative Inzidenz der Harnstoffzyklusdefekte beträgt nach neu erhobenen Zahlen etwa 1:35.000 [11]. Nach einem kurzen unauffälligen Intervall erkrankt etwa die Hälfte der Patienten um den 3. Lebenstag mit rasch progredienter hyperammonämischer Enzephalopathie. Ohne frühzeitige Diagnosestellung und Behandlung besteht eine hohe Sterblichkeits-rate aufgrund eines irreversiblen Hirnödems. Aber auch bei aggressiver Therapie ist ein relevanter Teil der Patienten von den neurologischen Folgen einer neonatalen hyper-ammonämischen Enzephalopathie betroffen. Die wesentlichen Komplikationen sind Krampfanfälle sowie geistige oder psychomotorische Retardierung. Dies unterstreicht die Bedeutung der möglichst frühzeitigen Behandlung betroffener Neugeborener, gilt jedoch auch für die Erstmanifestation in jeder anderen Altersgruppe. Bemerkenswert ist weiter, dass viele der Neugeborenen mit UCD zunächst für einige Zeit unter der Verdachtsdiagnose einer bakteriellen Sepsis behandelt werden, ehe in zweiter Linie ein Stoffwechseldefekt differenzialdiagnostisch erwogen wird; dies führt oft zu rele-vanter Verzögerung und damit schlechter Prognose. Im Verlauf sind katabole Situationen vor allem bei (ansonsten banalen) viralen Infektio-nen, Fieber oder durch längeres Fasten die Hauptauslöser für wiederkehrende Stoff-wechselentgleisungen. Für die neurologische Prognose sind die Dauer eines hyperammonämischen Komas und das Ausmaß der Ammoniakerhöhung die relevantesten Einflussgrößen [12–13]. Leider ist die Prognose von UCD-Patienten oft nach wie vor schlecht, weil die Mög-lichkeit einer endogenen Intoxikation durch Ammoniak bei differenzialdiagnostischen Überlegungen vielfach nur in zweiter Linie erwogen wird [14–15]. Die Entwicklung eines Hirnödems stellt die bedeutendste Komplikation einer Harn-stoffzyklusstörung dar. Während viele der neurologischen Folgeerscheinungen auf die neurotoxische Wirkung von Ammoniak zurückzuführen sind, existieren weitere schä-digende Metabolite. Etwa kann ein Mangel an Arginin oder von dessen Metaboliten ebenfalls das Gehirn schädigen [16–17]. Bei Patienten mit ASL-Mangel (OMIM #207900) treten neurokognitive Beeinträchtigungen auch ohne hyperammonämische Episoden

P Harnstoffzyklusdefekte sind die häufigste Ursache einer (primären) Hyperammonämie; sie können in jedem Lebensalter erstmals auftreten.

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auf; hier dient als spezifische pathophysiologische Erklärung, dass bei ASL-Mangel die Verfügbarkeit von Stickstoffmonoxid durch Beeinträchtigung eines zytosolischen Multienzymkomplexes eingeschränkt ist. Ein Sonderfall sind OTC-Patientinnen, die in Abhängigkeit vom Muster der X-Inaktivierung typische neurokognitive Defizite aufwei-sen, selbst wenn manche Patientinnen lebenslang klinisch asymptomatisch sind [18].

2.2 Transporterdefekte des Harnstoffzyklus

Die beiden Transporter des Harnstoffzyklus, ORNT1 und Citrin, führen, sofern defekt, in unterschiedlicher Weise zu Hyperammonämie [19]. Das Hyperammonämie-Hyperorni-thinämie-Homocitrullinurie (HHH)-Syndrom (OMIM #238970), verursacht durch einen Defekt des Ornithin-Transporters ORNT1, hat viele Gemeinsamkeiten mit den klassischen Harnstoffzyklusstörungen. So sind Neugeborene ebenfalls von einer hyperammonä-mischen Stoffwechselentgleisung bereits wenige Tage nach der Geburt betroffen. Im Gegensatz dazu ist der Citrin-Mangel (Synonym: Citrullinämie Typ II) klinisch davon sehr verschieden. Patienten können hier als Neugeborene oder Säuglinge/Kleinkinder eine cholestatische Lebererkrankung entwickeln, welche meist ohne Hyperammonä-mie abläuft (OMIM #605814). Dagegen sind erwachsene Patienten mit einem Defekt im gleichen Transporter klinisch in anderer Weise betroffen: Es bestehen ein chroni-sches Hirnödem sowie neurologische Symptome wie Verwirrtheit oder gestörtes Bewusstsein (OMIM #603471).

3. Grundlagen der sekundären Hyperammonämie

Wie oben bereits erwähnt, kann die Funktion des Harnstoffzyklus auf verschiedene Weise sekundär beeinträchtigt sein. Durch Anstau von Metaboliten aus anderen Stoffwechselwegen kann der Harnstoff-zyklus inhibiert werden; dies ist am häufigsten der Fall bei einer Krankheit aus der Gruppe der Organoazidopathien. Beispiele sind hier vor allem Stoffwechseldefekte im Abbau verzweigtkettiger Aminosäuren, etwa die Methylmalonazidurie bei Defekt der Methylmalonyl-CoA-Mutase (MMA, OMIM #251000), die Propionazidurie bei Defekt einer der Untereinheiten der Propionyl-CoA-Carboxylase (PA, OMIM #606054) oder die Isova-lerianazidurie bei Defekt der Isovaleryl-CoA-Dehydrogenase (IVA, OMIM #243500) [2]. Bei all diesen angeborenen Stoffwechselkrankheiten kommt es zu einer Hemmung der Funktion des Harnstoffzyklus und dadurch zu einer sekundären Hyperammonämie. In gleicher Weise können Medikamente den Harnstoffzyklus hemmen, etwa Valproin-säure durch direkte Hemmung der NAGS durch den Metaboliten Valproyl-CoA [20]. Außer einer Hemmung des Harnstoffzyklus kann dessen Funktion auch durch Substrat-mangel beeinträchtigt werden; beispielsweise besteht eine verringerte Verfügbarkeit der Aminosäuren Arginin, Citrullin und Ornithin bei der lysinurischen Proteinintoleranz (LPI) bei Defekt des kationischen Aminosäuren-Transporters (OMIM #222700) oder bei Pyrrolin-5-Carboxylat-Synthetase-Mangel (P5CSD, OMIM #219150) [21–22]. Zudem führen alle Zustände, bei denen vermindert das Substrat der NAGS, Acetyl-CoA, bereitgestellt wird, zu einer beeinträchtigten Produktion von NAG und dadurch zu verminderter Aktivierung des Harnstoffzyklus. Dies ist etwa der Fall bei Fettsäurenoxidationsstörun-gen (z. B. mittelkettiger Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel [MCADD], OMIM #201450; multipler Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel [MADD], OMIM #231680) sowie bei De-fekten des Carnitinzyklus (z. B. die neonatale Form des Carnitin-Palmitoyltransferase-II-Mangels, neonataler CPT-II-Mangel, OMIM #608836) [23] (s. Tab. 1).

3.1 Sekundäre Hyperammonämie aufgrund einer Hemmung des Harnstoffzyklus

OrganoazidopathienOrganoazidopathien sind eine Gruppe angeborener Enzymdefekte im Abbau ver-zweigtkettiger Aminosäuren. Die Symptome dieser Krankheiten sind vorwiegend neurologisch, zudem bestehen verschiedenste Komplikationen mehrerer Organe (einschl. Gehirn, Nieren, Herz, Knochen und Bauchspeicheldrüse). Ähnlich den Harn-stoffzyklusstörungen sind aus klinischer Sicht Neugeborene erneut am meisten be-troffen, weil diese ebenfalls von einer schwerwiegenden Hyperammonämie mit hoher

P Transporterdefekte des Harnstoff­zyklus sind eine seltene Ursache einer (primären) Hyperammonämie.

P Bei Hemmung der Enzymfunktion oder bei Substratmangel kann der Harnstoffzyklus sekundär betroffen sein; dieser Situation können verschiedene angeborene Stoffwechselkrankheiten zugrunde liegen.

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Morbidität und Mortalität bedroht sein können. Auch Organoazidopathien können sich in jedem Lebensalter erstmals manifestieren. Die Höhe des Ammoniakwerts er-laubt keine Unterscheidung zu den primären Störungen des Harnstoffzyklus. Eher kann die Konzentration von Glutamin im Blut zur Unterscheidung dienen, weil diese Aminosäure bei Organoazidopathien oft geringer oder gar nicht erhöht ist. Bei Organoazidopathien ist die Ammoniakkonzentration sekundär erhöht, weil Meta-bolite wie Methylmalonsäure, Methylzitronensäure oder Propionsäure zu einer Hem-mung der NAGS- und CPS1-Funktion führen. Aus diesem Grund wird der Einsatz von N-Carbamylglutamat, einem chemischen NAG-Analogon, für die Behandlung der akuten Hyperammonämie bei den häufigsten Organoazidopathien MMA, PA und IVA empfohlen (und ist für diese Indikation auch durch die EMA zugelassen) [24–25].

ValproatValproinsäure ist eine Carbonsäure (C8-verzweigtkettige Fettsäure) und wird seit 1967 als Medikament für die Behandlung von epileptischen Anfällen, später auch für die Behandlung von psychiatrischen Störungen und Migräne, verwendet. Während dieser mehr als 40 Jahre wurden wiederholt unerwünschte Ereignisse berichtet, am relevan-testen ist hier sicherlich das akute Leberversagen zu nennen. Als ursächlich werden eine Hemmung der Fettsäurenoxidation oder des Abbaus von Carnitin und Acetyl-CoA oder eine noch nicht näher bekannte mitochondriale Störung diskutiert. Immer wieder wurde das Auftreten einer Hyperammonämie unter Valproatbehand-lung beobachtet. Vor Kurzem wurde nachgewiesen, dass die Metabolite der Valproin-säure, etwa Valproyl-CoA, eine direkte hemmende Wirkung auf die Aktivität der NAGS haben und dies zu einer geringeren Aktivierung der CPS1 und somit des Harnstoff-zyklus führt [20]. Diese Hemmung ist reversibel, sodass nach Absetzen von Valproat eine normale NAGS-Funktion wiederkehrt und die Hyperammonämie verschwindet. Bis dies tatsächlich eintritt, kann als Überbrückung die Gabe von N-Carbamylglutamat erwogen werden.

3.2 Sekundäre Hyperammonämie aufgrund einer funktionellen Störung des Harnstoffzyklus

Defekte der Fettsäurenoxidation Patienten mit Störungen der mitochondrialen Fettsäurenoxidation können sich in jedem Alter und mit großer klinischer Variabilität präsentieren. Die gefürchtetsten kli-nischen Zeichen bei schwerer Krankheit sind ein hypoketotisch-hypoglykämisches Koma und Leberversagen sowie Kardiomyopathie und Rhabdomyolyse. Als Labor-befunde während einer Entgleisung werden eine hypoketotische Hypoglykämie, Lak-tatazidose und Hyperammonämie gefunden. Als Ursache der Hyperammonämie bei Fettsäurenoxidationsdefekten wird ein Mangel an Acetyl-CoA als Folge der Blockie-rung des Abbaus der Acylcarnitine angenommen [26]. Dadurch steht ein Substrat der NAGS nicht ausreichend zur Verfügung. Zudem wurde eine Hemmung der Aktivität der CPS1 durch langkettige Fettsäuren-Acyl-CoA, insbesondere Palmitoyl-CoA, be-schrieben. Diese Hemmung der CPS1, bedingt durch Acylierung, ist Bestandteil der Stickstoff-sparenden Strategie des Organismus bei Hunger, kann jedoch im Fall von vor allem (sehr) langkettigen Acyl-CoA-Oxidationsdefekten fatal sein.

Defekte des Carnitinzyklus und Mangel an Carnitin Defekte des Carnitinzyklus stellen eine Gruppe erblicher Krankheiten dar, bei denen der Transport von Carnitin-gebundenen langkettigen Fettsäuren aus dem Cytosol in das Mitochondrium gestört ist. Dadurch ist die Oxidation langkettiger Fettsäuren be-einträchtigt, sodass toxische Metabolite akkumulieren, welche zum Teil den Harnstoff-zyklus inhibieren können. So sind für alle Defekte des Carnitinzyklus hyperammonä-mische Entgleisungen beschrieben, die mitunter sehr ausgeprägt verlaufen können (z. B. bei einem Defekt der Carnitin-Acylcarnitin-Translokase, CACT-Mangel, OMIM #212138). Zudem sind auch bei alimentärem Carnitin-Mangel hyperammonämische Enzephalopathien beschrieben.

P Organoazidopathien sind die häufigste Ursache einer sekundären Hyperammonämie; sie können in jedem Lebensalter erstmals auftreten und sind vom Ausmaß der Hyperammonämie nicht von den primären Störungen zu unterscheiden.

P Valproat führt zur Hemmung der N­Acetylglutamat­Synthase und damit sekundär zu Hyperammonämie.

P Störungen der mitochondrialen Fettsäurenoxidation und des Carnitin­zyklus führen sekundär zu Hyper­ammonämie, weil toxische Metabolite akkumulieren oder Acetyl­CoA fehlt.

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Lysinurische ProteinintoleranzDie lysinurische Proteinintoleranz (LPI) ist eine autosomal-rezessiv vererbte Störung der Reabsorption der dibasischen Aminosäuren Lysin, Arginin und Ornithin an der baso-lateralen Membran in Darm und Nieren [21]. Als Ergebnis des renalen Verlusts dieser Aminosäuren besteht eine funktionelle Insuffizienz des Harnstoffzyklus durch Mangel an Intermediärmetaboliten. Dabei kann eine hyperammonämische Enzephalopathie auftreten, wobei diese nicht im Vordergrund der LPI steht, welche als Multiorgankrank-heit (mit u. a. Gedeihstörung, interstitieller Pneumonie, chronischer Niereninsuffizienz, Osteopenie und immunologischer Dysfunktion) verstanden werden sollte. Ursächlich ist ein Defekt im SLC7A7-Gen, welcher sehr selten außerhalb von Süditalien oder dem Norden Japans auftritt.

Pyrrolin-5-Carboxylat-Synthetase-MangelDer Pyrrolin-5-Carboxylat-Synthetase-Mangel (P5CSD) ist autosomal-rezessiv vererbt und führt ebenfalls zu einem Mangel an Substraten des Harnstoffzyklus und damit funktioneller Harnstoffzyklus-Insuffizienz. Eine metabolische Besonderheit sind die er-niedrigten Konzentrationen der Aminosäuren Prolin, Ornithin und Arginin als Folge der gestörten Umwandlung von Glutamat zu Δ1-Pyrrolin-5-Carboxylat, einer Vorstufe des Prolins [22]. Die Hyperammonämie bei P5CSD ist typischerweise präprandial am ausgeprägtesten und unterscheidet sich damit von anderen hier vorgestellten Stö-rungen. Allerdings ist P5CSD eine sehr seltene und bislang nur im Kindesalter be-schriebene Entität (weitere Symptome sind angeborene Katarakt, Cutis laxa, Hyper-mobilität der Gelenke und geistige Behinderung).

4. Weitere angeborene Krankheitsbilder mit Hyperammonämie

Hyperinsulinismus-Hyperammonämie (HIHA)-SyndromDas HIHA-Syndrom (OMIM #606762) entsteht bei „gain of function“-Mutationen im Gen der mitochondrialen Glutamat-Dehydrogenase 1 (GDH1), GLUD1 [27]. Dieses Gen wird durch Guanosin-5‘-Triphosphat (GTP) reguliert, welches die Enzymaktivität in hibiert. Diese Inhibition geht bei bestimmten Mutationen verloren, sodass durch die GDH1-Überaktivität vermehrt α-Ketoglutarat (stimuliert die Insulinsekretion aus β-Zellen des Pankreas) und Ammoniak entstehen. Allerdings ist die Hyperammonämie bei einigen Patienten mit HIHA-Syndrom nicht besonders ausgeprägt (Werte um 100 µmol/L) und erfordert dann möglicherweise keine Therapie.

Störungen der Atmungskette, ATP-Mangel und Pyruvat-Dehydrogenase-MangelStörungen der Atmungskette umfassen eine große und sehr heterogene Gruppe an-geborener Defekte des Energiestoffwechsels. Häufig resultiert ein ATP-Mangel durch Beeinträchtigung der mitochondrialen oxidativen Phosphorylierung. Es wird vermu-tet, dass der ATP-Mangel den Harnstoffzyklus beeinträchtigt, weil einige der daran beteiligten Enzyme (CPS1 und ASS) ATP-abhängig sind. So wird bei einigen Patienten mit Störungen der Atmungskettenfunktion eine zum Teil ausgeprägte Hyperammon-ämie beobachtet, wobei dies bislang nur für wenige der bekannten Defekte beschrie-ben ist. Ein Beispiel ist der Defekt des TMEM70-Gens (mitochondrialer Komplex-V-Mangel, OMIM #614052), welches für ein Protein der ATP-Synthase kodiert; Patienten zeigen bereits als Neugeborene eine schwere Hyperammonämie mit Laktatazidose. Defekte der Pyruvat-Dehydrogenase (PDH) umfassen eine Gruppe von Störungen einer der Komponenten des PDH-Multienzymkomplexes. Patienten zeigen oft eine globale Retardierung, Fehlbildungen des Gehirns sowie eine Laktatazidose. In einzel-nen Fällen wurde zudem eine Hyperammonämie beschrieben, welche möglicherweise ebenfalls durch eine verminderte Funktion der CPS1 bei ATP-Mangel bedingt ist.

Hyperammonämie bei Defekt der Glutamin-SynthetaseIn der Literatur sind einzelne Patienten mit einem angeborenen Defekt der Glutamin-Synthetase (GS) und daraus resultierendem systemischem Glutamin-Mangel be-schrieben. Alle Patienten sind bereits als Neugeborene mit schwerer Enzephalopathie aufgefallen [6, 28]. Neben der sehr niedrigen Konzentration von Glutamin in Blut, Urin und Liquor bestand eine Hyperammonämie mit Ammoniakwerten zwischen 100 und 200 µmol/L. Dies illustriert perfekt die Notwendigkeit der GS für eine vollständige Am-moniakentgiftung im Säugetierorganismus und beim Menschen.

P Die lysinurische Proteinintoleranz und der Pyrrolin­5­Carboxylat­Synthe­tase­Mangel führen sekundär zu Hyperammonämie, weil Intermediär­metabolite des Harnstoffzyklus fehlen.

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Schließlich gibt es auch Patienten, bei denen ein erworbener GS-Mangel sowie eine Hyperammonämie nach orthotoper Lungen- oder Knochenmarktransplantation be-stehen. Deren Ursache ist nicht vollständig geklärt, vermutet wird eine deutlich redu-zierte GS-Expression und -Aktivität.

5. Grundlagen nicht-metabolischer oder erworbener Ursachen einer Hyperammonämie

Neben den oben genannten Situationen gibt es weitere, in denen selten auch eine Hyperammonämie resultieren kann: bei Überwucherung mit Urease-bildenden Bakte-rien in Blase und Harnwegen (v. a. bei Infektionen der Harnwege und bei einer neuro-genen Blase) oder im Darm (v. a. bei verminderter Motilität oder Dilatation intestinaler Segmente), bei Verwendung von Medikamenten wie L-Asparaginase (Hydrolyse von Asparagin zu Asparaginsäure und Ammoniak) oder von Chemotherapeutika oder bei hoch dosierten Aminosäureninfusionen im Rahmen einer parenteralen Ernährung.Zudem können vaskuläre Besonderheiten, vor allem bei Vorliegen eines portokavalen Shunts, zu einer verminderten Ammoniakentgiftung führen [29]. Dies kann angeboren der Fall sein, noch häufiger jedoch erworben im Rahmen einer Leberzirrhose (Tab. 2).

Erworbene Hyperammonämie-Formen

Situation/Erkrankung Pathomechanismus

Akute oder chronische Leberinsuffizienz

Reduzierte Kapazität des Harnstoffzyklus, verminderte Funktion der Glutamin-Synthetase aufgrund einer Hemmung durch Tyrosin-Nitrie-rung, intrahepatische portosystemische Shunts

Malformation von Gefäßen Intrahepatische portosystemische Shunts

Valproatbehandlung Hemmung der N-Acetylglutamat-Synthase durch Metabolite des Valproats, Carnitin-Mangel

L-Asparaginase-Behandlung Erhöhte Produktion von Ammoniak durch Hydrolyse von Asparagin

Urease-produzierende Organismen

Erhöhte Produktion von Ammoniak in den Harnwegen und im Darm

Totale parenterale Ernährung (TPN)

Unausgewogene TPN-Zusammensetzung mit relativem Arginin-Mangel

Ernährungsbedingter Carnitin-Mangel

Beeinträchtigung der Fettsäurenoxidation und dadurch Mangel an Acetyl-CoA

Zystoskopie mit Glycin- haltigen Lösungen

Erhöhte Produktion von Ammoniak bei Stickstoffüberladung

Status nach Lungen- oder Knochenmarktransplantation

Reduzierte Expression und Aktivität der Glutamin-Synthetase unbekannter Ursache

Transiente Hyperammonämie des Neugeborenen

Intrahepatische portosystemische Shunts (nicht nachgewiesen)

Akute oder chronische LeberinsuffizienzNeben den vielfältigen angeborenen Defekten, welche mit Hyperammonämie ein-hergehen können, kann auch eine erworbene Leberinsuffizienz die Entgiftung von Ammoniak betreffen. Dies ist etwa der Fall bei einer Leberzirrhose, bei der zum einen der normale Blutfluss durch die Leber beeinträchtigt ist und zum anderen die Anzahl der funktionsfähigen Hepatozyten unter einen Schwellenwert für ausreichende Am-moniakentgiftung vermindert sein kann. Im fortgeschrittenen Stadium kann eine he-patische Enzephalopathie mit ausgeprägter Hyperammonämie resultieren.

P Weitere angeborene Krankheiten gehen (allerdings nicht als führendes Symptom) mit Hyperammonämie einher; deren Ursache ist jeweils verschieden.

P Mehrere Medikamente sowie portokavale Shunts bei Malformationen von Gefäßen können zu Hyperammo n­ämie führen.

Tab. 2

P Erworbene Lebererkrankungen gehen oft mit Hyperammonämie einher, unter anderem, weil die Entgiftungs­leistung der Leber für Ammoniak nicht mehr ausreichend ist.

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Ein weiterer Faktor bei Lebererkrankungen ist der erworbene Defekt der Glutamin-Synthetase (GS) durch Tyrosin-Nitrierung [30]. Als deren Folge ist der notwendige zweite Schritt der Ammoniakentgiftung neben dem Harnstoffzyklus, die Reaktion der GS, beeinträchtigt.

Hyperammonämie bei gesteigerter Produktion von AmmoniakBei Infektionen der Harnwege mit Urease-produzierenden Organismen (z. B. Proteus mirabilis und einige Klebsiella-Arten) kann durch Spaltung von Harnstoff eine Hyper-ammonämie resultieren. Dies kann auch bei Patienten mit Ureter-Dilatation, neuro-gener Blasenstörung und Restharn oder bei solchen mit eingeschränkter Motilität und Dilatation des Kolons der Fall sein, wobei jeweils eine bakterielle Überwucherung Ursache des vermehrten Anfalls von Ammoniak ist. Unter diesen Bedingungen kann die Konzentration von Ammoniak im Plasma (nach Erfahrung des Autors) Werte von > 300 µmol/L erreichen und damit Auslöser einer hyperammonämischen Enzephalo-pathie sein. Weiterhin können einige Medikamente zu einer erhöhten Produktion von Ammoniak führen; dies sind Chemotherapeutika (Auslöser eines ausgeprägten Katabolismus), L-Asparaginase sowie pegylierte Asparaginase (dieses bakteriell gewonnene Enzym katalysiert die Hydrolyse von Asparagin in Asparaginsäure und Ammoniak) oder auch Glycin-haltige Spüllösungen während Zystoskopie-Untersuchungen (vermehrter An-fall von Stickstoff bzw. Ammoniak). Auch bei Diuretika und Antiepileptika sind Hyper-ammonämien als Nebenwirkung beschrieben.Daneben kann eine totale parenterale Ernährung, sofern diese (bei relativem Mangel an Arginin) hohe Konzentrationen an Eiweiß enthält, zu Dysfunktion des Harnstoff-zyklus und Hyperammonämie führen. Interessanterweise wurde diese Komplikation vor allem in den 1980er- und 1990er-Jahren berichtet, während möglicherweise nach Verbesserung der Zusammensetzung der verwendeten Lösungen keine weiteren Be-richte in der Literatur nach 2001 existieren.

Hyperammonämie bei intrahepatischen portosystemischen ShuntsVaskuläre Malformationen können zu einer Verbindung von Pfortader und Vena cava inferior und damit zur Umleitung von Blut aus dem Darm unter Umgehung der Leber direkt in den Körperkreislauf führen. Das Ausmaß der Hyperammonämie liegt im Be-reich der Ammoniakkonzentration in der Portalvene (100–300 µmol/L).

6. Fazit

Eine Hyperammonämie kann sehr verschiedene Ursachen haben. Im Kindesalter sind darunter vorwiegend angeborene Stoffwechselkrankheiten, wenngleich diese sich grundsätzlich in jedem Alter manifestieren können. Im Erwachsenenalter spielen eher erworbene Erkrankungen der Leber eine Rolle. Das wichtigste klinische Zeichen einer Hyperammonämie ist die (nicht anderweitig erklärte) Bewusstseinsstörung. Für das Verständnis der Situation und das diagnostische und therapeutische Management ist die Zuordnung der vorliegenden Störung zu primärer oder sekundärer Hyperammo n-ämie hilfreich. In jedem Fall ist ein unverzügliches Handeln dringend anzuraten, so-fern eine symptomatische Hyperammonämie, also eine Enzephalopathie, besteht. Im Vordergrund steht die möglichst rasche Entgiftung von Ammoniak. Die Prognose ist von einem sofortigen und konsequenten Therapiebeginn abhängig. Für die Details des diagnostischen und therapeutischen Prozederes wird auf die verfügbaren Leitlinien verwiesen [8, 31].

Danksagung und Hinweis für den Leser

Die Arbeiten des Autors zu Harnstoffzyklusdefekten und Hyperammonämie werden vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt (Projekt-Nr. 310030_127184). Dieser Artikel basiert auf einer kürzlich veröffentlichten Übersichtsarbeit des Autors [2], die Struktur des Manuskripts sowie der Text wurden jedoch mit Blick auf die erwartete Leserschaft stellenweise sehr stark verändert.

PVerschiedene seltene Situationen können zu vermehrter Produktion von Ammoniak führen; dazu zählen Urease­produzierende Bakterien sowie mehrere Medikamente.

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Bitte beachten Sie:Bei der Beantwortung der Fragen ist immer nur 1 Antwort möglich.

Die Beantwortung der Fragen und Erlangung des Fortbildungszertifikats ist nur online möglich. Bitte gehen Sie dazu auf unsere Homepage www.falkfoundation.de. Unter dem Menüpunkt Falk Gastro-Kolleg können Sie sich anmelden und die Fragen beantworten. Bitte diesen Fragebogen nicht per Post oder Fax schicken!

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Leber und Gallenwege

Fragen zur Hyperammonämie

Welche Antworten sind richtig?

Frage 1:Als Ursache einer Hyperammonämie kommt folgende Erklärung nicht infrage:

EE Vermehrte Produktion von AmmoniakEE Urease-spaltende BakterienEE Überaktivität der Glutamin-SynthetaseEE Transporterdefekte des HarnstoffzyklusEE Portosystemische intrahepatische Shunts

Frage 2:Unter einer primären Hyperammonämie wird verstanden:

EE Ein Anstieg des Ammoniaks vor dem Auftreten von SymptomenEE Der erstmalige Nachweis einer HyperammonämieEE Ein Ammoniakanstieg ohne klinische ZeichenEE Ein Anstau des Ammoniaks vor der LeberEE Ein unmittelbarer Defekt des Harnstoffzyklus

Frage 3:Als nicht-relevant für die Prognose bei Hyperammonämie wird angesehen:

EE Die Zeit eines hyperammonämischen KomasEE Das Ausmaß der HyperammonämieEE Die Geschwindigkeit des Abfalls von AmmoniakEE Die maximale AmmoniakkonzentrationEE Das Ausmaß eines etwaigen Hirnödems

Frage 4:Eine sekundäre Hyperammonämie kann auftreten bei ...

EE angeborener Störung eines der Enzyme des HarnstoffzyklusEE Fehlernährung mit EiweißüberladungEE defektem mitochondrialen Ornithin-TransporterEE Fehlen von Substraten des HarnstoffzyklusEE raschem Anfall von Ammoniak als Folge einer Infektion

Frage 5:Zu den erworbenen Ursachen einer Hyperammonämie gehören nicht:

EE Vaskuläre MalformationenEE ImpfungenEE Verminderte DarmmotilitätEE Einnahme von Medikamenten (z. B. Valproat)EE Leberzirrhose

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Frage 6:Die klinischen Zeichen einer Hyperammonämie ...

EE können bei Patienten jeden Alters erstmals auftretenEE sind spezifisch in jeder AltersgruppeEE betreffen die meisten KörperfunktionenEE erlauben oft eine Zuordnung zur zugrunde liegenden DiagnoseEE sind vorwiegend gastrointestinal und hepatisch

Frage 7:Verschiedene Medikamente können eine Hyperammonämie auslösen, dazu zählen nicht:

EE ValproatEE ChemotherapeutikaEE DiuretikaEE AntiepileptikaEE Antibiotika

Frage 8:Eine akute Hyperammonämie mit Zeichen der Enzephalopathie ...

EE erfordert Kontrollen des Ammoniakwerts bereits nach 1–2 StundenEE ist bei Erwachsenen meist Folge einer spät diagnostizierten angeborenen

StoffwechselstörungEE sollte zunächst Anlass sein, ein Leberversagen auszuschließenEE ist stets als Notfall zu betrachtenEE kann bei bakterieller Sepsis sekundär auftreten

Frage 9:Die Entgiftung von Ammoniak ...

EE erfolgt gleichermaßen in Leber und Nieren EE erfordert die vollständige Expression des Harnstoffzyklus EE setzt eine ubiquitäre Expression der Glutamin-Synthetase vorausEE erfolgt überwiegend mitochondrial EE unterliegt tageszeitlichen Schwankungen

Frage 10:Zu den Symptomen einer Hyperammonämie zählen nicht:

EE Die Entwicklung eines HirnödemsEE Episodisches ErbrechenEE Somnolenz EE Ataxie oder TremorEE Rezidivierende Infekte

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