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Mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf Hebräer 12.1 Zeitschrift für aktive Christen H 11661 Meinerzhagen Nummer 143 Jahrgang 2013 2013 3 Mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf Hebräer 12.1

fest & treu 3 / 2013

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Zeitschrift für aktive Christen

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Mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf

Hebräer 12.1

Zeitschrift für aktive Christen

H 11661Meinerzhagen Nummer 143Jahrgang 2013

20133

Mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf

Hebräer 12.1

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HerausgeberCLVChristliche Literatur- Verbreitung e.V.Postfach 110 13533661 Bielefeld

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ko sten los bezogen werden.

Schriftleiter und VersandstelleWolfgang BühnePostfach 1126 58527 Meinerzhagen

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IMPRESSUMNR. 1433. Quartal 2013

Diesen Sommer waren wir an der Ostsee und meine Aufmerksamkeit wurde durch eine gelähmte Frau von ca. 60 Jahren gefesselt. Ihr Mann rumpelte sie im Rolli bis an den Sandstrand. Dort baute er ihr eine Luftmatratzen-Liege sowie ein Schattendach und kümmerte sich rührend um sie. Dennoch wirkte die Frau mürrisch und unzufrieden.

Irgendwann traf ich den weißhaarigen Mann alleine am Strand. Ich wagte ihn anzu-sprechen: „Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie anspreche. Aber ich beobachte Sie nun schon den dritten Tag. Und ich bin sehr beeindruckt, wie aufopferungsvoll Sie sich um Ihre Frau kümmern. Ich möchte Ihnen nur sagen, dass Sie für mich ein riesiges Beispiel für Treue und Selbstlosigkeit sind. Danke dafür!“

Der zierliche Mann schaute mich mit gerunzelter Stirn an und sagte dann fast flü-sternd: „Das hat mir noch n i e ein Mensch gesagt. Noch nie! Die meisten Menschen tun so, als ob wir Luft wären. Auch hier am Strand. Aber glauben Sie mir – es ist unsäglich schwer für mich.“ Und dann fing er an zu weinen …

Ich konnte dem fremden Mann den Arm um die Schulter legen. Es war berührend, wie nah wir uns nach den paar Sätzen waren:

„Wissen Sie, meine Frau hat seit 15 Jahren MS. Als es schlimmer wurde, musste ich meinen Beruf aufgeben, um sie betreuen zu können. Unsere Kinder konnten und wollten das nicht übernehmen. Sie leben in Berlin und im Schwarzwald. Dann will sie auch noch alles selber machen und ist starrsinnig und uneinsichtig. Heute Nacht ist sie mir z.B. wieder aus dem Bett gefallen. Es ist schon eine große Mühe für mich.

Und wissen Sie was? Freunde sagten mir mehrfach: ‚Warum tust du dir das an. Steck’ sie doch in ein Pflegeheim.‘ Aber das kann ich doch nicht machen. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, Mutti wegzugeben!"

„Ja, das habe ich meiner Frau auch versprochen – ihr auch in schweren Zeiten bei-zustehen und ihr treu zu sein. Aber wo wird dieses Ehegelöbnis heute noch gehalten? Deshalb bin ich von Ihrem Vorbild so beeindruckt!“, erwiderte ich.

Dann fragte ich ihn noch ziemlich direkt: „Guter Mann, haben Sie in all der Not einen Halt im Glauben? Können Sie sich an Gott wenden?“

„Ach, ich weiß nicht. Irgendwie glaube ich schon an Gott. Dann wieder nicht, denn dann wäre das alles ja nicht so gekommen …“

Wir konnten ihm das Buch „Schrei aus der Tiefe“ geben und später bemerkten wir, wie er es seiner Frau vorlas. Als Familie beteten wir währenddessen für die beiden.

Wir wünschen, dass bei uns allen Festigkeit und Treue im Glauben und in der Näch-stenliebe nicht nachlässt. Dazu segne unser Herr auch dieses Heft.

INHALTInhalt dieser Ausgabe:

Erfolg und Misserfolg – der fromme Fallstrick? . . . . . . . . . . . . . . . . . 3Eine AT-Trilogie für junge Leute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4Leben im Bewusstsein des Todes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8„Erinnerungsstücke, die ans Herz wachsen …“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 9Adoniram Judson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11Christen in China – Licht und Schatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Buchbesprechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20

A.W. TozerRainer NietzkeThomas Lange

Helmut MehringerChristoph Grunwald

Wolfgang Bühne

Bildnachweis:Seite 2: Mopic | Fotolia.comSeite 5: http://www.usc.edu/dept/LAS/wsrp/educational_site/dead_sea_scrolls/qohelet.shtml (29.08.2013)Seite 8 photonetworkde / Fabian Petzold | Fotolia.com

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„Demütigt euch nun unter die allmächtige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zur rechten Zeit.“

(1Petr 5,6)

Wie kommt es, dass die bekennende Christenheit so wenig gelernt hat von dem, was unser Herr klar und deutlich über menschliche Erfolge, über Misserfolge und Versagen gelehrt hat, sowohl in ein-facher Predigt als auch in Gleichnissen?

Wir sehen immer noch, wie die Menschen sehen – und urtei-len nach menschlichen Gesichtspunkten. Welch angestrengter „Biberfleiß“ wird doch auf religiösem Gebiet aus dem fleischlichen Wunsch heraus geleistet, es gut zu machen?

Wie viele Gebetsstunden werden vergeudet, wenn wir Gott anflehen, Projekte zu segnen, die so gestaltet sind, dass sie kleine Menschen verherrlichen?

Wie viel heiliges Geld wird über Menschen ausgeschüttet, die mitsamt ihren tränenreichen Appellen nur eine fleischliche Show aufführen?

Der wahre Christ sollte sich von alldem abwenden. Niemand ist es wert, Erfolg zu haben, bevor er nicht seine Schwachheit einzu-gestehen bereit ist.

Niemand ist moralisch würdig, Erfolg in religiösen Tätigkeiten zu haben, bevor er nicht bereit ist, die Ehre für den Erfolg anderen zu gönnen, wenn Gott es zulässt.

Gott mag seinem Diener Erfolg erlauben, wenn Er ihn so weit erzogen hat, dass er den Erfolg nicht mehr braucht, um glücklich zu sein. Wer durch den Erfolg erhoben und durch das Versagen zu Boden gedrückt wird, ist noch ein fleischlicher Mensch.

Gott mag seinem Diener den Erfolg erlauben, wenn dieser gelernt hat, dass der Erfolg ihn bei Gott nicht insgesamt angeneh-mer oder wertvoller macht.

Unsere größte Ehre liegt darin, dem Herrn möglichst in allem nachzufolgen, angenommen zu werden bei denen, die Ihn anneh-men, und verworfen zu werden von denen, die Ihn verwerfen, und geliebt zu werden von denen, die Ihn lieben. Welche größere Ehre könnte einem Menschen je gewährt werden?

(Aus: A.W. Tozer; Verändert in sein Bild; CLV; S. 89)

A .W. Tozer

Erfolg und Misserfolg – ein frommer Fallstrick?

3NACHGEDACHT

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Rainer Nietzke

Eine AT-Trilogie für junge Leute

Teil 1: Der Prediger

1A Der Prediger ist ähnlich aufgebaut wie eine wissenschaftliche Abhandlung: Er beginnt mit dem Autor, dem Thema, einer Zusammenfassung, der beabsichtigten Vorgehensweise und den wesentlichen Ergebnissen.

Der erste Hauptteil beinhaltet dann die eigentliche Analyse, gefolgt von ersten Anwendungen der gewonnenen Erkenntnisse im zweiten Hauptteil. Daran schließt sich eine vertiefende Zusammenfas-sung anhand von drei exemplarisch ausgewählten Themenbereichen an, bevor es über zehn kleine Lebensweisheiten zur Schreibabsicht und zum Endziel der Abhandlung kommt.

Fragen zur Texterschließung❶ Wer ist der Verfasser des Predigers? Bitte begründe dies sorgfältig anhand von Prediger 1.❷ Welche Besonderheiten (häufige Wiederholungen, ungewöhnliche Worte usw.) fallen Dir auf?❸ Was ist das Thema von Prediger? Lies den Beginn des Buches und achte dabei auf die beob-

achteten besonderen Ausdrücke und häufigen Wiederholungen!❹ Welche Vorgehensweise wählt der Schreiber? Was sagt er ausdrücklich in Kapitel 1?❺ Welches Ergebnis seiner Analyse formuliert der Schreiber bereits zu Beginn seiner Abhand-

lung?❻ Zu welchem Endergebnis gelangt der Schreiber? (Wo steht das Endergebnis wohl?)❼ An wen ist das Buch in erster Linie gerichtet? (Siehe das Ende des Buches!)❽ Welche Schreibabsicht verfolgt der Schreiber? Lies die letzten beiden Kapitel!❾ Der Autor hält siebenmal in seiner Analyse an, blickt zurück und zieht Bilanz. Woran erkennt

man dies?❿ Warum ist es erstaunlich, dass Gott in diesem Buch überhaupt vorkommt (s. Frage 4)? Hast Du

eine Erklärung dafür?

Teil 1a – Fragen zum Prediger

Sowohl das Alte als auch das Neue Testament enthalten jeweils eine Trilogie von Büchern, die sich speziell an junge Leser richten. Während die drei neutestamentlichen Bücher 1Timotheus, 2Timotheus und Titus recht bekannt sind, kann man das von den drei alttestamentlichen Büchern Prediger, Sprü-che und Hohes Lied von König Salomo nicht sagen – und es wird auch selten über sie gepredigt. Diese Artikelserie soll eine Einführung in diese drei vernachlässigten alttestamentlichen Bibelbücher sein.

Zuerst werden Fragen zum Buch gestellt, die helfen sollen, den Text selbst zu erarbeiten und zu verstehen. Im jeweils zweiten Teil wird ein Überblick über das Buch, seinen Inhalt und seine Bedeu-tung gegeben. Dies soll zu weiterem Studium anregen.

Ich bitte die Leser eindringlich, sich selbst anhand der Fragen mit dem Bibeltext auseinander zu setzen und nicht nur das – von anderen (auch von mir) – „Vorgekaute“ zu „genießen“. So wird Gottes Wort viel lebendiger und kann direkt zu uns reden.

Bei der Untersuchung des Bibeltextes wird es vordringlich darum gehen, die direkte Bedeutung und Zielrichtung des Buches zu verstehen und nicht um eine typologische Auslegung (also eine Aus-legung, die auf neutestamentliche Wahrheiten hinweist). Eine typologische Auslegung ist auch nur dann sinnvoll, wenn der eigentliche Text selbst verstanden wurde.

4 BIBELARBEIT

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❶ Wer ist der Verfasser von Prediger?Salomo, der Sohn Davids, ist der einzige Nach-komme Davids, der in Jerusalem über ganz Israel und nicht nur über Juda herrschte (1,1.12).

Probleme zur Verfasserschaft:Einwand: Der Prediger verwendet aramäische Begriffe, die nur aus dem 7. Jahrhundert vor Chris-tus bekannt sind. Also kann der Prediger erst in dieser Zeit entstanden sein.Antwort: Inzwischen wurden fast alle Begriffe schon wesentlich früher nachgewiesen. Die biblische Aussage ist immer vertrauenswürdiger als vorläufige archäologische Befunde.

Einwand: Der Prediger berichtet rückblickend auf sein Leben. Wann soll Salomo den Prediger dann geschrieben haben? Von einer Umkehr Salomos wird weder in Könige noch in Chronik berichtet.Antwort: Salomos Umkehr wird nicht berichtet – und sie hatte leider auch keine Auswirkungen mehr auf die Geschichte Israels. Sein Götzendienst leitete den geistlichen Verfall Israels ein.

❷ Welche Auffälligkeiten / Besonderheiten gibt es im Prediger?• „Unter der Sonne“ / „unter dem Himmel“Bedeutung: Es wird eine Sichtweise beschrieben, die sich auf das beschränkt, was unterhalb der Sonne, des Himmels zu beobachten ist, also eine rein irdische Sichtweise.• „Eitelkeit der Eitelkeiten“ / „Nichtigkeit der Nichtigkeiten“ / „Sinnlosigkeit der Sinnlosig-keiten … und ein Haschen nach Wind“Bedeutung: Die Sichtweise „unter der Sonne“ führt zu dem Schluss, dass nichts wirklich andauert, nichts wirklich einen Sinn macht. Alles ist so wenig greifbar wie der Wind.

❸ Was ist das Thema von Prediger?Nichts auf dieser Erde und nichts unter der Sonne macht Sinn, wenn man Gott ausblen-det (1,1-3)!

❹ Wie geht der Schreiber bei seinen Überlegungen vor?Seine Vorgehensweise nennt man Methodischen Atheismus. Dabei wird versucht, das Welt-geschehen zu erklären, ohne Gott ins Spiel zu bringen (1,12.13)Zur Beschreibung naturwissenschaftlicher Gesetzmäßigkeiten ist diese Vorgehensweise durchaus sinnvoll, nicht jedoch zur Erklärung von Herkunft und Sinn der Welt.

❺ Ergebnis der Analyse des PredigersBegrenzt man die Sicht auf das, was unter der Sonne geschieht, so bleibt alles Geschehen vollkommen sinnlos. Nichts ist wirklich greifbar (1,14).Darüber hinaus zeigt sich, dass es völlig unhaltbar ist, Gott auszuklammern (1,13).

❻ Zu welchem Endergebnis gelangt der Prediger?Der Leser soll dazu geführt werden, dass er gottesfürchtig wird und auf Gottes Worte hört. Denn Gott existiert und wird den Menschen zur Rechenschaft ziehen (12,13.14).Der Prediger ist damit eine gute Evangeliums-Vorbereitung. Das NT geht natürlich weit über den Prediger hinaus!

❼ Wer ist die (vorrangige) Zielgruppe des Predigers?Junge Menschen, die das Leben noch vor sich haben (11,1-12,7.12).

Ein in den Qumran-Höhlen gefundenes Fragment aus dem Buch des Prediger

1BTeil 1b – Eine Einführung in den Prediger

5BIBELARBEIT

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❽ Was ist die Schreibabsicht des Predigers?Der Prediger tritt als Hirte auf. Seine Worte sind als Treibstacheln gedacht, die den jungen Menschen zu Gott treiben und ihm Umwege ersparen sollen (12,9-12)

❾ Der Autor hält sieben Mal in seiner Analyse an, blickt zurück und zieht Bilanz. Woran erkennt man dies?Er verwendet jeweils den Ausdruck „ich wandte mich …“, wenn er ein Resümee einleitet:

Resümee 1 Das Lustprinzip ist sinnlos 2,11

Resümee 2 Irdische Weisheit ist sinnlos 2,12-16

Resümee 3 Nihilismus führt nur zur Verzweiflung 2,20-23

Resümee 4 Tote sind besser dran als Lebende 4,1-3

Resümee 5 Beziehungen sind besser als Reichtum 4,7-12

Resümee 6 Kein Mensch lebt so, wie er sollte 7,25-28

Resümee 7 Alles irdische Leben ist vergänglich 9,11 .12

❿ Warum ist es erstaunlich, dass Gott in diesem Buch überhaupt vorkommt?Der Prediger hat angekündigt, dass er den Methodischen Atheismus als Untersuchungs-methode verwendet. Dass er dennoch von Gott redet, macht deutlich, dass sich Wissenschaft ohne Gott letztlich nicht durchhalten lässt. Folgende Gottes-Exkurse enthält der Prediger:

Exkurs 1 Nicht einmal Essen geht ohne Gott 2,24-26

Exkurs 2 Der Mensch kann gar nichts ohne Gott 3,13-15

Exkurs 3 Ohne Gottes Gericht ist Unrecht unerträglich 3,17 .18

Exkurs 4 Alle Menschen sind Gott verantwortlich 5,1-9

Exkurs 5 Gott muss selbst zum Genuss ermächtigen 5,18b-6,2

Exkurs 6 Die Schöpfung ist ohne Gott unverständlich 7,13 .14

Exkurs 7 Gottesfurcht bewahrt vor Extremen 7,18

Exkurs 8 Gott ist schuldlos an der Sünde 7,29

Exkurs 9 Die Schöpfung verlangt nach einem Schöpfer 8,16 .17

⓫ Schlussfolgerungen des Predigers• Du kannst ganz so leben, wie du möchtest, so als ob Gott nicht existieren würde. Aber du musst wissen, dass Gott dich dafür eines Tages zur Rechenschaft ziehen wird (11,7-10).• Deshalb triff deine Entscheidung rechtzeitig, wenn du noch jung bist, denn von dem Alter ist außer Altersbeschwerden und Tod nichts mehr zu erwarten (12,1-8).

⓬ Schwierigkeiten in PredigerDer Prediger hat seinen Ansatz – den Methodischen Atheismus – mit verschiedenen Ziel-setzungen und mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bis zum bitteren Ende selbst durchexerziert. Das jeweilige Ergebnis macht er rückblickend („da wandte ich mich …“) deut-lich. Hier zieht Salomo Bilanz und präsentiert ein Resümee aus den vorangegangenen Unter-suchungen. Immer wieder kommt er zu dem Schluss, dass ein Leben „unter der Sonne“, „unter dem Himmel“ – also ohne Gott – völlig sinnlos ist. Aus diesem Grund ist seine Absicht zu zeigen, dass der von ihm gewählte Zugang ohne Gott niemals Erfüllung bringen kann. Des-halb tauchen auch immer wieder Exkurse auf, in denen er die Notwendigkeit eines Schöpfer-Gottes für den Menschen aufzeigt.

Alle Aussagen in Prediger sind also wahr, wenn man berücksichtigt, dass Gott weitgehend ausgeklammert wird. Dann besteht z.B. tatsächlich kein Unterschied mehr zwischen Mensch und Tier.

6 BIBELARBEIT

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Teil 1c – Überblick über den Prediger

1,1-1

4

Das Thema: Ein Leben ohne Gott ist völlig sinnlos 1,1-3

Einführung

Eine erste Annäherung an das Thema 1,4-11

Der Verfasser: Salomo, der König über ganz Israel 1,12

Die Methodik: Der Methodische Atheismus 1,13a

Das Ergebnis: Ohne Gott ist alles völlig sinnlos 1,13b .14

1,15

– 6,

12

Folgerung 1: Die Sinnlosigkeit irdischer Weisheit 1,15-18

Analyse und 11 Folgerungen aus

dem Methodischen Atheismus

Folgerung 2: Die Sinnlosigkeit des Lustprinzips 2,1-16

Folgerung 3: Die Sinnlosigkeit des Nihilismus 2,17-26

Folgerung 4: Zeitliche Begrenztheit alles Irdischen 3,1-15

Folgerung 5: Ungesühntes Unrecht schreit nach Gott 3,15-18

Folgerung 6: Ohne Gott wird der Mensch zum Tier 3,19-4,3

Folgerung 7: Die Sinnlosigkeit kapitalistischen Handelns 4,4

Folgerung 8: Die Sinnlosigkeit der Faulheit 4,5(-12)

Folgerung 9: Die Sinnlosigkeit irdischer Weisheit 4,13-5,9

Folgerung 10: Die Sinnlosigkeit des Reichtums 5,10-6,9

Folgerung 11: Die Sinnlosigkeit des Determinismus 6,10-12

7,1 –

8,8 Irdischer Vorzug des Nachdenkens vor der Oberflächlichkeit 7,1-14

Erste Anwendung – 3 irdische Prioritäten Irdischer Vorzug der Mittelmäßigkeit 7,15-29

Irdischer Vorzug der Bedächtigkeit 8,1-8

8,9–

9,18 Ungesühntes Unrecht schreit nach einem gerechten Gott 8,9-17 Zusammenfassung

– 3 exemplarisch aus-gewählte Beispiele

Völlige Ungerechtigkeit & Sinnlosigkeit eines auf die Erde beschränkten Lebens ohne Gott 9,1-12

Der relative irdische Vorzug der Weisheit 9,13-18

10,1

– 11,

6

1. Ein wenig Torheit zerstört viel Weisheit 10,1-3

Zweite Anwendung –

10 irdische Lebens-weisheiten

2. Ein wenig Gelassenheit bewahrt viel 10,4

3. Wenig Würde in hohem Rang 10,5-7

4. Kleine Argumente für viel Faulheit 10,8 .9

5. Kleine Ursache, große Wirkung 10,10 .11

6. Nur Torheit – und schlimme Folgen 10,12-15

7. Die Wirkung von Wenigen auf Viele 10,16 .17

8. Ein wenig Faulheit zerstört viel 10,18 .19

9. Kleine Gedanken können große Folgen haben 10,20

10. Freigiebigkeit zahlt sich aus 11,1-6

11,7

– 12

,14

Genieße dein Leben, bevor das Alter kommt – doch denke daran: Ein sinnloses Leben ohne Gott endet im Gericht! 11,7-10

Schlussfolgerungen & Schreibabsicht

Entscheide dich jetzt, in deiner Jugend, denn vom Alter ist nichts mehr zu erwarten. 12,1-8

Schreibabsicht: Die Worte des Predigers sind Treibstacheln, die junge Menschen zu Gott treiben und Umwege ersparen sollen. 12,9-12

Das Endziel: Der Leser soll zur Gottesfurcht geführt werden, dennGott wird den Menschen zur Rechenschaft ziehen. 12,13 .14

1C

7BIBELARBEIT

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Thomas Lange

Leben im Bewusstsein des Todes

4:30 UhrEs ist 4:30 Uhr und mein Wecker klingelt. Ich habe Frühschicht – mein Arbeitsplatz ist in einem Pflegeheim für alte Menschen.

Wie es meine Gewohnheit ist, danke ich gleich nach dem Ausschalten des Weckers dem Herrn, dass ich gesund aufstehen und mit ihm den Tag beginnen darf. Dann erfolgt das übliche Prozedere vor dem Weg zur Arbeit: Frühstück, Zähneputzen, Bibel lesen, beten.

6:00 UhrAls ich pünktlich um 6:00 Uhr meine Arbeit beginnen möchte, erfahre ich, dass eine unserer Heimbewohnerinnen in den frühen Morgen-stunden verstorben ist.

Eine Bewohnerin, welche ich in dieser Früh-schicht eigentlich hätte pflegen und versorgen sollen.

Ich begebe mich in das Zimmer, in welchem sie die letzten Jahre wohnte. Sie liegt in ihrem Bett, mit einem weißen Bettlaken zugedeckt. Ich ziehe das Laken etwas zurück, sodass der Kopf zu sehen ist. Es ist deutlich zu erkennen, dass in dieser Frau kein Leben mehr ist. Die Seele hat sich vom Leib gelöst. Vor mir liegt die Hülle eines Menschen – kalt, keine Durchblutung, kein Puls, kein Herzschlag, nichts mehr. Die Leichenstarre hat bereits begonnen.

Ich „verabschiede“ mich von ihr und muss immer wieder darüber nachdenken, wo sie jetzt wohl sein mag. Hatte sie Frieden mit Gott? Diese Frage bleibt für mich unbeantwortet. Seitdem ich sie kenne, litt sie unter Demenz im Endsta-dium.

Wieder 4:30 UhrDann lese ich das Protokoll der Nachtschicht und werde auf einmal sehr nachdenklich.

Der Todeszeitpunkt war 4:30 Uhr!Als der Herr über Leben und Tod den Wecker

benutzte, um mich aus dem Nachtschlaf zu holen (der ja ein Bild des Todes ist), wurden zum selben Zeitpunkt die Augen eines anderen Menschen für immer geschlossen – Leben und Sterben liegen so nah beieinander.

Davids Worte aus 1Samuel 20,3 kamen mir in Erinnerung: „Nur ein Schritt ist zwischen mir und dem Tod!“ Wie schnell kann es auch andershe-rum sein und ich werde abberufen während ein anderer aus dem Schlaf aufwacht!

Die nächsten Tage ging mir diese „4:30 Uhr – Zeitüberschneidung“ nicht mehr aus dem Kopf.

Was wollte der Herr mir damit sagen? Fol-gende Punkte wurden mir wieder sehr wichtig:

1. Leben im Bewusstsein der Vergänglichkeit

„Die Tage unserer Jahre sind siebzig Jahre, und wenn in Kraft, achtzig Jahre, und ihr Stolz ist Mühe und Nichtigkeit, denn schnell eilt es vorüber, und wir fliegen dahin. … So lehre uns denn zählen unsere Tage, damit wir ein weises Herz erlangen!“ (Ps 90,10.12)

2. Die von Gott anvertraute Zeit ist begrenzt …

„Seht nun genau zu, wie ihr wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise. Kauft die rechte Zeit aus! Denn die Tage sind böse. Darum seid nicht töricht, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist!“ (Eph 5,15-17)

3. Richtige Prioritäten sind gefragt„Vernachlässige nicht die Gnadengabe in dir …!“ (1Tim 4,14) „Sieh auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, dass du ihn erfüllst.“ (Kol 4,17)

Als der Herr über Leben

und Tod den Wecker

benutzte, um mich aus dem

Nachtschlaf zu holen,

wurden zum selben Zeit-

punkt die Augen eines

anderen Menschen für immer

geschlossen

8 NACHGEDACHT

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Liebe Freunde,heute morgen stieß mich der Herr in Seinem

Wort auf einen Begriff bzw. ein Charakteristi-kum, das im Leben seiner wahrhaft Erretteten zu sehen sein sollte und ich fragte mich, inwieweit das bei mir wirklich der Fall ist: Ein „ungeteiltes Herz“, das zuallererst und völlig auf den Herrn gerichtet ist. Kurz danach sollte es dann eine unerwartete und sehr reale „Trainings-Einheit“ dafür geben …

Es ist ein Gebot des Herrn „… euer Herz sei ungeteilt mit dem HERRN, unse-rem Gott, um in seinen Satzungen zu wandeln und seine Gebote zu halten“ (1Kö 8,61; vgl. Jak 4,8b). Das Liebesgebot von 5Mo 6,5 (Mt 22,37) ist im Grunde eine der Äußerungen eines ungeteil-ten Herzens.

Ein ungeteiltes Herz wird von Gott belohnt „… die Augen des HERRN durchlaufen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist.“ (2Chr 16,9).

Es gibt VorbilderUnter den Vorbildern derer mit einem ungeteil-ten Herzen für den Herrn können wir z.B. König Asa und Paulus studieren:

„… doch das Herz Asas war ungeteilt mit dem HERRN alle seine Tage“ (1Kö 15,4).

„Vergessend, was dahinten, und mich aus-streckend nach dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus.“ (Phil 3,13)

Die praktische „Trainings“- bzw. „Test-Ein-heit“ kam nach dem Frühstück mit einer eMail:

Das Frachtschiff, mit dem der Container mit unseren Sachen von Indonesien nach Hamburg unterwegs war, ist im Arabischen Ozean bei einem Unwetter in zwei Teile zerbrochen und mit ca. 1.700 Containern gesunken …

In einem der Container waren einige Kis-ten untergebracht, mit denen wir das, was uns wichtig war, nach Deutschland bringen lassen wollten: meine gesamte dreisprachige Biblio-thek einschließlich meiner dicken Studierbibeln mit Notizen der letzten 15 Jahre, Geli’s Küchen-utensilien, unsere Bekleidung, Werkzeug, Bürosachen, Bilder und Geschenke der vielen Freunde, usw. usw. – und halt all die Sachen, die sich in zwölf Jahren so ansammeln und einem als kleine Erinnerungsstücke ans Herz wachsen.

Tja, das sollte wohl eine praktische Hilfe sein, um uns bewusst zu machen, woran unser Herz wirklich hängt bzw. ob unser Herz tatsächlich u n g e t e i l t auf den Herrn gerichtet ist. Und damit wohl tatsächlich ein Grund zum Danken (1Thes 5,18) und Freuen (Phil 4,4).

Somit ist jetzt klar: Vor zwölfeinhalb Jah-ren reisten wir mit zwei Reisetaschen und zwei Alukisten nach Indone-sien aus. Letzte Woche sind wir mit drei Reise-taschen zurückgekom-men – weniger als bei der Ausreise. Und wenn wir nach Abschluss der Renovierungs-Arbeiten in unsere Wohnung ein-

Helmut Mehr inger

„Erinnerungsstücke, die ans Herz wachsen …“Eine schmerzliche „Trainingseinheit“ nach dem Frühstück

Angelika und Helmut Mehringer –sicher vielen „Fest&treu“- Lesern bekannt – sind im Juni nach über 12 Jahren Missionsarbeit in Indonesien nach Deutschland zurückgekehrt.

Während sie bereits mit drei Reisetaschen in ihrer alten Heimat angekommen waren, warteten sie auf all das, was sich an Erinnerungsstücken, Büchern und anderen wich-tigen Sachen und Unterlagen in einem Containerschiff befand, welches in Richtung Deutschland unterwegs war.

Die schmerzlichen und gleichzeitig wertvollen Erfahrungen, diese sie während dieser Wartezeit machten, berichteten sie in ihren letzten Rundbriefen, aus denen wir hier Aus-züge veröffentlichen, durch welche auch unsere Haltung zu irdischen Gütern hinterfragt wird.

Vor zwölf einhalb Jahren reisten wir mit zwei Reisetaschen und zwei Alukisten nach Indonesien aus. Letzte Woche sind wir mit drei Reisetaschen zurückge-kommen – weniger als bei der Ausreise

9NACHGEDACHT

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ziehen können, wird es dort viel übersichtlicher und aufgeräumter aussehen als geplant.

Geschwister haben uns inzwischen auch darauf hingewiesen, dass im Internet über „unser“ Containerschiff „MOL COMFORT“ berichtet wird – und Fotos gezeigt werden. Sei-tens der Reederei wurde inzwischen bestätigt, dass der Container, in dem sich unsere Sachen befanden, im gesunkenen Teil des Schiffes ver-laden war. Damit können wir dieses Kapitel nun wirklich abschließen und vertrauensvoll-freudig in die Zukunft blicken: „Vergessend, was dahin-ten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus.“ (Phil 3,13) „Die Augen des HERRN durchlaufen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist.“ (2Chr 16,9)

Mögen wir den Herrn täglich um solch ein ungeteiltes Herz bitten – und dafür, dass Er die nötigen Mittel verwendet, uns dazu zu verhel-fen.

William Carey (1761 – 1834) – und eine schmerzliche ErfahrungIm Zusammenhang damit wollen wir euch eine bekannte Begebenheit aus der Kirchenge-schichte weitergeben. Ein lieber Bruder hatte sie uns geschickt und uns daran erinnert. Im Vergleich dazu ist unser kleiner Verlust nicht der Rede wert – wohl aber auch eine gute Erin-nerung, dass der Herr alle Umstände in seinen Händen hat und immer so lenkt, dass sie seinen guten Plänen dienen müssen. Ihm sei Dank und Lob dafür!

Am 12. März 1812 kam es in Serampore in Indien zu einem großen Brand, durch den inner-halb von wenigen Minuten die jahrelange und mit vielen Opfern verbundene Übersetzungs-

Arbeit der Bibel durch William Carey in Flammen aufging. Der Verlust an Papier zum Druck von Bibeln war unermesslich. Der frisch gegossene Tamil-Schriftsatz und die chinesischen Metall-typen wurden vollständig zerstört. Teile von Manuskripten, Grammatiken und Wörterbü-chern – von Carey in mühseliger Arbeit zusam-mengetragen – verbrannten.

William Carey schrieb damals: „Nichts außer der Druckpresse konnte gerettet werden. Dies ist ein schwerer Schlag, weil er das Drucken der Heiligen Schrift auf eine lange Zeit hinaus ver-zögert. Zwölf Monate harter Arbeit reichen nicht aus, um das Vernichtete wiederherzustellen, vom Verlust der Manuskripte usw. überhaupt nicht zu reden, die wir nie mehr werden ersetzen können.“

Das erwähnte Manuskript bezog sich auf die meisten Teile seiner Schriftauslegungen in indischer Sprache, sein ganzes kanaresisches Neues Testament, zwei Bücher, die das Alte Tes-tament in Sanskrit enthielten, viele Seiten seines Bengali-Wörterbuches, seine ganze Telugu. Dies alles und ein großer Teil der Punjabi-Grammatik und jede Spur seines weit fortgeschrittenen Sanskrit-Wörterbuches waren durch das Feuer ausgelöscht, die Missionsarbeit war vorerst gestoppt. Warum lässt Gott so etwas zu?

William Careys Reaktion: „Gott wird zweifel-los das Beste aus diesem Unglück werden lassen und unsere Interessen fördern.“

Es dauerte nicht lange, da wurde die gött-liche Strategie offenbar. „Die Katastrophe öffnete die Ohren der britischen Christenheit. In der Feuersbrunst erkannte sie die Größe des Unternehmens … So erwies sich die Vernichtung als ein Leuchtfeuer, das die Schar der eifrigen Missionsfreunde vervielfältigte. Das Feuer hat eurer Arbeit eine unvergleichliche Berühmtheit gebracht“, schrieb Andrew Fuller in einem sei-ner treuen Warnbriefe. „Die Öffentlichkeit spart nicht mit ihrem Lob. Achthundert Guineas wur-den allein für Carey gespendet.“

Anthony Groves (1795 – 1853) – und ein bitterer Verlust …Eine weitere kurze, aber bestimmt schmerz-hafte Episode und Lektion aus dem Leben von Anthony Norris Groves, der seine langjährige Studierbibel auf See verlor – seinen einzigen irdischen Schatz:

Während der Seereise schrieb Anthony Groves Notitzen in seine Bibel, dorthin, wo noch Platz war und noch keine Kommentare und Anmerkungen standen, die er während der vergangenen Jahre sorgfältig festgehalten hatte. Tag für Tag sammelte er Themen und Verweise für künftige Studien und für Schriften über verschiedene Themen, die er gerne sch-

Ich weiß, dass der Herr gut

ist, sogar in solchen

Ereignissen. Er wollte,

dass ich wieder und

wieder in Seinem Wort

grabe, um noch mehr

und noch reichere

Schätze zu bergen als

die, welche ich bis dahin

schon ent-deckt hatte

10 NACHGEDACHT

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EINLADUNGMaleachi-Tag am 26 .10 .2013 in MetzingenThema: „Gottes Reich zuerst“Vorträge von Siegfried Weber, Johannes Pflaum, Martin Meyer und Martin VedderAb 10:00 Uhr • Haus Bethesda • Reutlingerstr. 40 • 72555 MetzingenWer am gemeinsamen Mittagsessen teilnehmen möchte bitte anmelden: [email protected] • Tel.: 07445 2276 (Erholungsheim Waldesruhe)

Herzliche Einladung für „Christen in der zweiten Lebenshälfte“So ., 6 .10 . – Fr ., 11 .10 .013 • Thema: Das Buch RuthOrt: Begegnungsort des Bibellesebundes, MarienheideInformationen und Anmeldung:E.J. Stücher • Ostring 33 • 63512 Hainburg •Tel.: 06182 5950

reiben wollte. Er hatte gerade „alle Grundsätze des Neuen Testaments“ abgeschlossen und alle Prophetien markiert und eingeteilt. Außer einem kleinen Teppich war diese alte Bibel das einzige, was er besaß: „Sie war tatsächlich fast der ein-zige Schatz, den ich mein eigen nennen wollte. Und sie war mein Begleiter und mein Trost durch viele dunkle und trostlose Jahre.“

Er brachte diese Bibel mit auf Deck, um mit dem Waisenjungen Anundoo darin zu lesen. Plötzlich schlugen die Segel hin und her und das Schiff taumelte. Während Groves den Jungen packte, damit er nicht hinfiel, wurde die Bibel aus seiner Hand geschlagen.

Anthony Groves Fazit: „Aber ich weiß, dass der Herr gut ist, sogar in solchen Ereignissen.

Er wollte, dass ich wieder und wieder in Seinem Wort grabe, um noch mehr und noch reichere Schätze zu bergen als die, welche ich bis dahin schon entdeckt hatte … Gut, meine Bibel ist fort und ich denke, dass ich nie das Gefühl vergessen werde, das ich verspürte, als sie über Bord fiel und ich sie hinter uns rasch forttreiben sah.“

Chr istoph Grunwald

Adoniram Judsonbedrängt, aber nicht besiegt (Teil 2)

„Wir fühlen uns völlig allein in der Welt – ohne einen Freund, außer uns selbst – niemanden, auf den wir uns verlassen können – außer Gott. […]

Die Abkehr von unseren früheren Meinungen hat uns mehr Schmerzen verursacht als alles andere, was uns jemals im Leben geschehen ist.“

Ann Judson1

Die Überfahrt nach Indien begann alles andere als ruhig. Kurz nach dem Auslaufen wurden sowohl Harriet Newell als auch Ann Judson seh-krank und nach nur fünf Tagen entdeckte man ein Leck in der Caravan. Nur mit äußerster Mühe konnte das einströmende Wasser ausgepumpt und das Loch geschlossen werden – danach

entspannte sich die Reise jedoch. Die frisch verheirateten Paare genossen die Zweisamkeit und die Zeit mit den Freunden. Zuerst entdeckten sie kuri-oserweise das Seilspringen und später das Tanzen als Beschäftigung auf der fünf Monate währenden Reise.

BILDNACHWEISS. 9: www.bt.dk/sites/default/files-dk/node-images/535/6/6535279-india-vessel-split-in-two.jpg (28.08.2013)S. 10: www.marinerthai.net/pic-news3/2013-06-28_023.jpg (28.08.2013)

KIRCHENGESCHICHTE 11

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Die Reise(n) Adoniram Judsons nach Burma, eingezeichnet auf eine Karte aus dem Jahr 1800.Die Datumsangaben zu den Reisen sind in der Aufzeichnung wichtiger Daten (s. nächste Seite) enthalten.

Die Tauf-FrageAdoniram verbrachte die Überfahrt außerdem mit der Fortsetzung einer Bibelübersetzung aus dem Griechischen, die er im College in Andover, vermutlich zu Übungszwecken, begonnen hatte. Mitte April blieb er bei der Bedeutung des grie-chischen Wortes baptizo („taufen“) hängen. Als Kongregationalist war er als Kind getauft worden und stand bislang auch theologisch hinter dieser Praxis. Bei seinen Untersuchungen schien es ihm nun aber, dass der Begriff im Neuen Testament ein Untertauchen und nicht nur ein Besprengen mit Wasser meint – und damit im Widerspruch zur kongregationalistischen Praxis stehe.

Aber nicht nur dieser etymologische Aspekt ließ ihn seine bisherige Position überdenken. Er stellte sich neben der Frage nach dem „Wie“ auch die Frage „Wen“? Adoniram ging etwas

naiv davon aus, dass sich schon bald die ersten Heiden bekehren würden. Ihm war klar, dass die gläubig Gewordenen getauft werden sollten – aber was war mit ihren Familien, insbesondere den Kindern? In welcher Beziehung standen sie zur Gemeinde, wenn ihre Eltern gläubig gewor-

den waren? Sollten sie auch getauft werden? Letzteres war Praxis und Lehrmeinung der Kongregationalisten, aber je mehr Adoniram diese Frage durchdachte, desto mehr stellte er diese Meinung in Frage, zumal Markus 16,16 die Taufe ausdrücklich mit dem Glauben verknüpft. Außerdem fehlte jeglicher Schriftbeleg in Für-sprache der Kindertaufe:

„Wir sollten natürlich erwarten, dass die Kindertaufe – wenn sie denn vorgeschrieben wäre – in dem Gebot, dass die Anordnung der christliche Taufe eingeführt hat, vorgeschrieben wäre. Aber dieses Gebot schweigt in Bezug auf Kinder. Hat aber nicht Christus uns irgendein anderes Gebot gegeben, was die Kindertaufe vorschreibt? Nicht ein einziges! Haben nicht die Apostel, denen weitere Anweisungen des Wil-lens Christi anvertraut wurden, einige Gebote

zu diesem Thema hinterlassen? Nicht eines. Haben sie uns nicht ein Beispiel für Kindstaufe gegeben? Nicht eines. Haben sie nicht über Kindertaufe gesprochen und uns so unzweifel-hafte Andeutungen für diese Praxis gegeben? Nein, zu keiner Gelegenheit. Im Gegenteil, wann

a) Dieses „Argument des Schweigens“ drehten Judsons Gegner einfach um: Da die Juden ihre Kinder beschneiden ließen und die Gemeinde die Fortsetzung des abrahamitischen Bundes darstellt, sei davon auszugehen, dass die Christen automatisch auch ihre Kinder taufen ließen (vgl. Apg 21,21). Wenn also Jesus bzw. die Apostel gegen die Kindertaufe gewesen wären, hätten sie ausdrücklich Stellung nehmen müssen. Da sie dies aber an keiner Stelle tun, dulden sie damit den allgemeinen Usus. (vgl. Pond, Enoch; „A treatise on the mode and subjects of Christian baptism, in two parts“; 1819; S 116)

12 KIRCHENGESCHICHTE

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immer sie über die Taufe gesprochen haben, oder über die, denen sie gewährt wurde, macht ihre Sprache deutlich, dass Taufe ein freiwilliger Akt der Anbetung war und der Getaufte ein bekennender Gläubiger.“2,a)

Am 17. Juni 1812 lief die Caravan in den Hafen von Kalkutta ein – an Bord zwei Missionare, die von den Kongregationalisten ausgesandt waren und von denen einer nun im Begriff stand, die Standpunkte der Baptisten anzunehmen! Ann stand „zwischen den Stühlen“ – sie wusste genau, was auf sie und ihren Mann zukommen würde, wenn sie wirklich ihre bisherige Sicht verwarfen! Es war in keiner Weise realistisch, weiterhin die finanzielle Unterstützung des „Board of Foreign Mission“ zu erwarten. Was zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz klar war, aber kurze Zeit später offensichtlich wurde: auch die Zusammenarbeit mit den Newells und den noch auf der Harmony nachkommenden Paaren würde unmöglich werden. Wenn sie in einem so wichtigen, praktischen Punkt verschiedenartig dachten, würde es auf Dauer zu schwerwiegen-den Problemen in der Missionsarbeit kommen.

In Kalkutta angekommen trafen Adoniram und Samuel Newell (die Frauen blieben vorerst an Bord der Caravan) den altgedienten William Carey, der sie auf die Missions-Station nach Serampore (etwas nördlich von Kalkutta) einlud. Die Begegnung mit den englischen Missionaren war schon vor der Abreise geplant worden – auch das war für Adoniram ein Anstoß sich mit der Tauf-Frage zu beschäftigen, da er damit rechnete, mit den Baptisten in Diskussionen gedrängt zu werden. In diesem Punkt lag er aber falsch. Die Missionare in Serampore vertra-ten das schöne Prinzip, dass sie nie mit einem anders denkenden Gast bzw. einem Mitglied einer anderen Denomination eine Diskussion über abweichende Lehrmeinungen vom Zaun brachen.

HindernisseNeben den geistlichen Umbrüchen brach die unbarmherzige Realität des von den Briten besetzten Indiens über die Missionare herein. Am 18. Juni – also einen Tag nach der Ankunft – erklärten die USA dem britischen Empire den Krieg.b) Das die Ost-Indien-Kompanie, der die Verwaltung der indischen Kolonie oblag, dies zu diesem Zeitpunkt wusste, ist natürlich kaum vorstellbar, aber die der Kriegserklärung vor-ausgegangenen langjährigen politischen Span-nungen waren selbstverständlich auch in Indien

wahrgenommen worden. Insofern hatten die amerikanischen Missionare bei den Briten keinen besonders guten Stand.

Sie erreichten nur eine kurzfristige Aufent-haltsgenehmigung. Nach nur wenigen Tagen wurden sie von Serampore nach Kalkutta auf die Polizeistation gerufen, wo man ihnen mitteilte, dass sie schnellstmöglich das Land verlassen sollten. Nur wohin? Zurück in die USA war keine Option. Indien und Ceylon (Sri Lanka) war ihnen durch die Behörden verwehrt.

Adoniram wollte ohnehin schon seit er über Mission nachdachte nach Burma. Er hatte damals den Reisebericht eines britischen Offiziers gelesen, der aus politischen Gründen in Burma gewesen war. Dieser Offizier Syme beschrieb Burma in den schillerndsten Farben und so hatte sich Adoniram ein recht romantisches Reise-ziel vorgestellt. In Kalkutta wurde er aber durch aktuelle und vor allem unvoreingenommene Reiseberichte eines Besseren belehrt. Schnell stellte sich heraus, das Syme nicht die Realität beschrieben hatte und das ganz Burma über den offensichtlich naiven und leicht zu täuschenden Offizier lachte. Tatsächlich – so berichteten Seeleute, die aus Burma kamen – war Burma nichts weiter als eine despotisch geführte Tyrannei, die zur Zeit in einem heftigen Krieg mit Siam lag. An den Aufenthalt eines Ausländers war gar nicht zu denken. William Carey bestä-tigte diese Gerüchte. Sein eigener Sohn Felix lebte in Burma – er hatte dort mit drei weiteren Missionaren eine Missionsstation aufbauen wol-len. Einer der Missionare, Brain, war inzwischen tot, ein anderer, Pritchett, war nach Vizagapa-tam aufgebrochen und Chater, der dritte, arbei-tete inzwischen in Ceylon! Nur Felix Carey selbst war noch in Burma. Dort wurde er geduldet, da er eine burmesische Frau geheiratet hatte und zeitweilig für die Regierung arbeitete.

Eine Ausreise nach Burma schien schlichtweg unmöglich!

Die Bibliothek des Mr. RoltDie Missionare standen unter großem Druck. Sie waren unmissverständlich aufgefordert worden, das Land zu verlassen. Allerdings gab es zu die-sem Zweck auch nicht unendlich viele Möglich-keiten. Ein Schiff musste gefunden werden, wel-ches die Missionare als Gäste mitnehmen würde. Nach eifrigem Suchen fand sich eines, welches bereit war, wenigstens ein Paar als Passagiere mit nach Mauritius zu nehmen. Die Missionare entschieden sich dafür, dass die Newells die Passage annehmen sollten, da Harriet in nur drei

b) Dieser Krieg ist unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt: „Krieg von 1812“, „Mr. Madisons Krieg“ oder „2. Unabhängig-keitskrieg“ sind die verbreitetsten Bezeichnungen. Der Krieg endete am 24. Dezember 1814 mit dem „Frieden von Gent“. Am Ende konnte sich keine der beiden Parteien als wirklichen Sieger bezeichnen. (Mehr Infos unter wikipedia.org > „Britisch-Amerikanischer-Krieg“.)

Die Ab-kehr von unseren früheren Meinun-gen hat uns mehr Schmerzen verursacht als alles andere, was uns jemals im Leben geschehen ist

13KIRCHENGESCHICHTE

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Monaten ihr erstes Kind zur Welt bringen sollte. Judsons würden in Kalkutta auf die Notts, Halls und Luther Rice warten, die noch immer mit der Harmony auf See waren. Anschließend würden sie über weitere Schritte beraten.

Ein freundlicher Engländer, Mr. Rolt, bot den Judsons für die Wartezeit sein Haus als Wohnung an. Da Jud-sons eigentlich nichts zu tun hatten, beschäftigte sich Adoniram erneut mit der Tauf-Frage, um endgültige Klar-heit zu bekommen. Mr. Rolt hatte eine üppige Bibliothek, die seine Frau, Witwe eines Baptisten-Missionars, mit in die Ehe gebracht hatte. Ann studierte nun ihrerseits die Schrift. Sie hatte ihrem Mann schon angedroht, dass er gerne Baptist werden könne, sie aber um nichts in der Welt von ihrer Position weichen würde. Nach einiger Zeit des Studiums stiegen aber auch in ihr Zweifel auf, bis sie sich am Ende eingestand, dass ihr Mann – und mit ihm die Vertreter der Erwachsenen-Taufe – die biblischere Position vertraten.

Kurz darauf traf die Harmony ein und nach einem herzlichen Willkommen wurde das Thema unter den Missionaren

diskutiert. Besonders Luther Rice versuchte die Judsons vehement von der kongregationalis-tischen Sicht zu überzeugen. Seine Lautstärke überspielte dabei gekonnt seine eigene Unsi-cherheit bezüglich der Position, die er vertrat …

Für Adoniram war die Sache inzwischen klar: Die Baptisten hatten Recht, die Kongregationa-listen Unrecht. Das hatte aber zur Folge, dass er selbst noch keine „biblische“ Taufe erlebt hatte. Daher entschied er sich, einen Brief an die Bap-tisten in Serampore zu schreiben:

„Meine Untersuchungen […] haben mich zu der festen Überzeugung geführt, dass das Untertauchen eines bekennenden Gläubigen die einzige christliche Taufe ist. […] Mrs. Judson hat ein ähnliches Studium durchgeführt und ist zur gleichen Schlussfolgerung gekommen. Da wir uns daher in einem noch nicht getauften

Stand sehen, wünschen wir unseren Glauben durch die Taufe, in Gehorsam seinen heiligen Geboten gegenüber, bekennen.“3

Am 06. September 1812 wurden Ann und Adoniram in Kalkutta getauft. Luther Rice ließ sich am 01. November ebenfalls taufen.

Adoniram predigte drei Wochen nach seiner Taufe, am 27. September, seine bekannte Pre-digt „Sermon on Christian Baptism“4, – nach William Carey die beste Predigt über Taufe, die er je gehört hatte. Es ist die einzige Predigt Jud-sons, die in Druck ging und veröffentlicht wurde. Zusammen mit einem Brief an seine Heimatge-meinde, in welchem er sich erklärte, ist das Buch auch heute noch als Reprint verfügbar.

Erwartete ReaktionenJudson ahnte, wie die amerikanischen Kongre-gationalisten reagieren würden. Er schrieb ihnen einen Brief, indem er klar machte, dass er keine Unterstützung vom „Board“ erwartete:

„Nun liegt vor mir die Aussicht, allein zu einer fernen Insel zu gehen, mit keiner gegen-wärtigen Gesellschaft verbunden, von der ich Mitarbeiter oder finanzielle Unterstützung erwarten könnte. Ob sich die baptistischen Gemeinden in Amerika über meine Situation erbarmen, weiß ich nicht. Ich hoffe daher, dass während meine Freunde das verurteilen, was sie als Abkehr von der Wahrheit erachten, sie am Ende doch Mitleid mit mir haben und für mich beten.“5

Gleichzeitig hielt er fest:„Das Lob Christi ist besser als das Lob der

Menschen. Lasst mich bei allen Ereignissen an Christus festhalten und seine Gunst meiner höchsten Freude vorziehen.“6

In Amerika löste Judsons Umdenken gelinde formuliert einige Irritationen aus. Viele fühlten sich verraten und zurückgestoßen. Es kursierten sogar Gerüchte, Judson hätte sich aus „Rache“ von den Kongregationalisten abgewandt. Um das zu verstehen muss man wissen, dass sich Judson nach seiner Rückkehr von der Londoner Mission Society den amerikanischen Brüdern gegenüber, welche die Ausreise noch hinauszu-

c) Federführend scheint hier ein Theologe aus Ward namens Enoch Pond, später Rektor des Bangor College, gewesen zu sein. Er veröffentlichte als Reaktion auf Judsons Predigt ein Büchlein mit dem sperrigen Titel „Eine Abhandlung über die Art der Taufe und die zu Taufenden, in zwei Teilen. Entworfen als Antwort zu den Behauptungen und Argumenten des Rev. Adoniram Judson“ (Manning; 1819) Darin verteidigt er vehement die pädobaptistische Sicht. Das Buch ist zwar nicht frei von (z.T. auch scharfsinnigen) Argumenten, besticht jedoch leider viel mehr durch eine hässliche Polemik gegenüber Judson. Obwohl Judsons Denominationswechsel nun schon sieben Jahre zurücklag, skizziert Ponds ausführlich Judsons „Rüge“ und schließt auf die o.g. niederen Motive bei Judsons Gesinnungswechsel. Kleinkariert wird aufgearbeitet, wer was wann wusste und warum Judson seine Bedenken angeblich auch vor seinen Missionarsfreunden bis zu seiner Taufe streng geheim hielt usw. Samuel Nott, der mit der Harmony Kalkutta erreichte, machte jedoch deutlich: „Vom Zeitpunkt meiner Ankunft in Kalkutta an war ich in seine inneren Kämpfe eingehend eingeweiht; und ich gebe meiner vollen Überzeugung Ausdruck, wenn ich sage, dass er die Frage aufs gründlichste und sehr ernsthaft untersuchte, dass er sie mit gläubigem Sinn durchdachte, und dass er in allen Gesprächen über das Thema von einem ehrfürchtigen, tiefreligiösen Geiste durchdrungen war“ (Warburton, Stacy, R.; „Ostwärts!“; Ev. Buchhandlung St. Gallen, 1947; S. 82f)

d) Adonirams Vater, Adoniram Judson Senior, überdachte die Frage nach der Taufe ebenfalls und kam einige Jahre später zur gleichen Überzeugung wie sein Sohn. 1817 musste er deshalb sein Pastorat in Plymouth niederlegen.

1812(19. Feb)

1812(17. Jun)

1812(01. Sep)

Beginn der Überfahrt nach Indien

Aufzeichnung einiger wichtiger Daten und Ereignisse

(aus: Judson, Edwards, „Adoniram Judson“, Anson D.F.Randolph & Company; New York 1894, S. 561ff)

Ankunft in Kalkutta, Indien

1812(06. Sep)

Taufe in Kalkutta

1812(30. Nov)

Abreise nach Mauritius

1813(17. Jan)

Ankunft in Port St. Louis, Mauritius

1813(01. Apr)

Fertigstellung der „Sermon on Christian Baptism“ für den Druck

1813(07. Mai)

Aufbruch nach Madras, Indien

1813(04. Jun)

Ankunft in Madras

1813(22. Jun)

Abreise nach Rangoon, Burma

1813(13. Jul)

Ankunft in Rangoon

Benachrichtigung der Mission über die veränderte Haltung zur Taufe

14 KIRCHENGESCHICHTE

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zögern empfahlen (s. Teil 1), anscheinend recht ungehalten benommen haben muss. Er wurde dafür offiziell gerügt – erkannte sein Fehlverhal-ten aber sofort und bereute es. Wahrscheinlich hat er selbst die Sache damit auch als erledigt angesehen und vergessen. Auf Anfrage schrieb er nämlich später, dass er nie eine derartige Rüge erhalten habe. Das „Board of Mission“ hin-gegen stellte schriftlich klar, dass es tatsächlich eine Zurechtweisung gab – was Judsons Gegner gierig aufgriffen und seine Erinnerungslücke als absichtliches Vertuschen seiner wahren Motive darstellten.c),d)

Eine neue geistliche HeimatHilfesuchend wandten sich die Judsons an die Missionare in Serampore. Diese empfahlen den amerikanischen Baptisten, die zu diesem Zeit-punkt verstreut waren und kaum als geschlos-sene Denomination auftraten, die jungen Missionare als „Vorsehung Gottes“ anzusehen, die es ihnen möglich machen sollte, „am Eifer der kongregationalistischen missionarischen Brüder … teilzuhaben“7. Auch Adoniram schrieb einige Briefe an führende Brüder in den USA, die daraufhin in Bosten begeistert eine Organisation mit dem Namen „Society for propagating the Gospel in India and other Foreign Parts“8 zur Unterstützung der jungen Missionare gründe-ten. Über verworrene Pfade war nun die zweite Missionsgesellschaft in den USA gegründet worden – und Adoniram trug in beiden Fällen maßgeblich dazu bei!

AbreiseNach kurzer Zeit wurde ein Schiff gefunden, welches ebenfalls nach Mauritius segelte. Nach einigen Schwierigkeiten und dramatischen Zwi-schenfällen bestiegen die Missionare die Creole und trafen am 17. Januar 1813 in Port Louis ein. Dort wartete Samuel Newell auf sie – allein! Harriet war tot – genauso wie das Kind, das sie erwarteten. Da sich ihre Reise wegen ungüns-tiger Winde verzögert hatte, gebar sie das Kind

mitten auf Hoher See. Zwei Tage nach der Geburt kamen sie in einen schweren Sturm, der dazu führte, dass alle auf dem Schiff völlig durchnässt wurden. Das Baby bekam eine Lungenentzün-dung und starb nur drei Tage später. Harriet sel-ber bemerkte kurz darauf erste Anzeichen einer Tuberkulose – der Krankheit, die schon meh-reren ihrer Angehörigen das Leben genommen hatte. Sie starb drei Wochen nach der Ankunft in Port Louis und ließ den gebrochenen Samuel allein zurück.e)

Den jungen Missionaren wurde langsam bewusst, dass ihre romantischen Vorstellungen von der Mission, denen sie im heimischen Ando-ver so gerne nachgehangen hatten, an der rauen Wirklichkeit zerbrechen mussten …

Aufbruch nach BurmaIn Port Louis waren die Missionare zwar von offi-zieller Seite gern gesehen – aber hier gab es kein Arbeitsfeld. Auf der kleinen Insel fanden sich fast nur Sklaven und deren Besitzer. Gerade letz-tere waren nicht besonders an Evangelisations-Veranstaltungen interessiert.

Luther Rice‘s Leberprobleme, die schon die ganzen letzten Monate nicht zu leugnen gewe-sen waren, begannen sich zu verschlimmern. Er reiste nach einigen Beratungen zurück in die USA.

Doch was sich den Missionaren als Verlust darstellte, zeigte sich im Rückblick als unglaub-liche Fügung! Rice reiste zwar nie wieder auf das eigentliche Missionsfeld, aber dafür unermüdlich durch die USA. Dort sammelte er unentwegt Gelder für die Mission und trieb maßgeblich die Gründung der „General Missionary Convention of the Baptist Denomination in United States of America for Foreign Missions“9 voran – einem Zusammenschluss aller kleineren Missionsge-sellschaften, die in den zwei vorausgegangenen Jahren entstanden waren.f)

Darüber hinaus gründete Rice außerdem das Columbia College, welches heute unter dem

e) Harriet Newell starb im Alter von 19 Jahren am 30. November 1812. Teile ihres Tagebuches und ihrer Korrespondenz wurden kurze Zeit später als „Memoiren“ veröffentlicht und prägten in den USA eine Vielzahl von Christen. Kurz bevor sie erkrankte schrieb Harriet: „Ich hoffe, dass ich unser Ziel in guter Gesundheit erreiche. Aber ich sorge mich deswegen nicht. Ich weiß, dass Gott alle Dinge in der bestmöglichen Weise anordnet. Wenn er anordnet, dass ich Schmerzen leiden sollte und auf dem stürmischen Ozean krank und ohne Freundin den größten Unbequemlichkeiten ausgesetzt bin, soll ich dann murren und denken, dass er mich hart behandelt? Oh nein. Sollen die heftigsten Prüfungen und Enttäuschungen zu meinem Los werden, schuldig und schwach wie ich bin, dennoch denke ich, dass ich im Herrn jubeln und mich am Gott meiner Errettung erfreuen kann.“ („Memoirs of Mrs Harriet Newell“; Edinburgh 1817; S. 187). Ihr Mann hielt die letzten Szenen fest: „Als ich ihr sagte, dass sie den nächsten Tag nicht überleben würde, erwiderte sie, ‚Was für erfreuliche Nachrichten: ich sehne mich danach aufzubrechen.‘ Einige Zeit später fragte ich sie: ‚Wie erscheint dir der Tod?‘ Sie antwortete: ‚Herrlich, wahrhaft willkom-men.‘“ (Ebd. S.191)

f) Judsons Hilfegesuch hatte nicht nur die Gründung der o.g. Organisation in Bosten zur Folge, sondern im ganzen Land wur-den kleinere Gesellschaften gegründet, die dann 1814 zusammengeführt wurden, so dass die Baptisten erstmals offiziell als Denomination organisiert waren. Schon 1845 spalteten sie sich jedoch im Vorfeld des Bürgerkrieges. Die Diskussion um die Haltung von Sklaven ließ auch die Christen nicht unberührt und die meisten Christen in den Südstaaten befürworteten die Sklavenhaltung, während die Baptisten im Norden sie nicht gutheißen konnten. Der allgemeine amerikanische Konflikt führte also nicht nur zur politischen Spaltung in Süd- und Nordstaaten, sondern auch in Süd-Baptisten („Southern Baptist Convention“) und Nord-Baptisten („American Baptist Missionary Union“)!

Das Lob Christi ist besser als das Lob der Menschen. Lasst mich bei allen Ereignissen an Christus festhalten und seine Gunst mei-ner höch-sten Freude vorziehen

15KIRCHENGESCHICHTE

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Wolfgang Bühne

Christen in China – Licht und Schatten

Seit 2004 besuchen wir jährlich mindestens einmal eine wachsende Anzahl „Hauskirchen“ in verschiedenen Provinzen dieses riesigen Landes, das einer einzigen Großbaustelle gleicht.

Die Bezeichnungen „Hauskirchen“ oder „Untergrundkirchen“ sind eigentlich nicht mehr zutreffend, denn die Christen versammeln sich inzwischen nicht mehr nur in Häusern, sondern auch in gemieteten Sälen oder Seminar-Räumen von Hotels.

Auch handelt es sich meist nicht mehr um einen „Untergrund“, denn in vielen Fällen sind die Versammlungen in der Öffentlichkeit bekannt und manchmal sogar mit einem einladenden Schild versehen. Allerdings handelt es sich um illegale Versammlungen – also Gemeinden, die nicht registriert sind und in früheren Zeiten

tatsächlich verfolgt wurden.

Seit einigen Jahren wer-den sie aber mit wenigen Ausnahmen „geduldet“.

Von Jahr zu Jahr kön-nen wir beob-achten, dass die Gemein-den wachsen

und immer neue Gemeinden entstehen. Beson-ders junge Menschen – darunter erstaunlich viele Studenten und Akademiker – kommen zum Glauben an den Herrn Jesus. Nicht durch öffentliche Evangelisationen, die nach wie vor nicht erlaubt sind. Auch nicht durch Traktat- und Verteil-Aktionen, die nur illegal durchgeführt werden können, sondern durch das persönliche Zeugnis und das veränderte Leben der Christen.

Wie eine „Hauskirche“ entstehtVor zwei Jahren zum Beispiel besuchten wir in einer der großen Millionenstädte ein junges chinesisches Ehepaar. Beide waren vor wenigen Jahren als Studenten in Deutschland zum Glau-ben gekommen und nun nach China zurückge-kehrt, um als Mediziner in verantwortungsvollen Positionen zu arbeiten.

Sie waren damals sehr zurückhaltend mit ihrem Bekenntnis zum Herrn, weil sie wussten, dass ihre berufliche Karriere sehr schnell been-det sein könnte, wenn sie sich öffentlich als Christen outen würden. Damals hätten wir ihnen mehr Mut zum Zeugnis gewünscht.

Als wir sie aber im Juli dieses Jahres besuch-ten, wurden wir von ihnen in ein Restaurant ein-geladen, wo bereits eine Anzahl junger Mediziner mit vielen Fragen auf uns wartete. Sie alle waren für unseren Herrn gewonnen worden – durch das zaghafte, zurückhaltende, aber glaubwür-dige Verhalten unserer beiden Freunde.

Namen „George Washington University“ immer noch existiert.

Die Judsons kehrten indes zurück nach Mad-ras, Indien. Dort wurden sie erneut mit der Ost-Indien-Gesellschaft konfrontiert und wieder zu einer schnellen Ausreise angehalten. Judson trieb sich täglich im Hafen herum, um ein Schiff zu finden. Schließlich stieß er auf die Georgiana – ein „gebrechliches, altes Fahrzeug“10. Am 22. Juni 1813 bestiegen Adoniram und seine inzwi-schen schwangere Frau eineinhalb Jahre nach ihrer Ausreise und unzähligen bereisten Seemei-len das Schiff, welches sie – trotz aller mensch-licher Warnungen – in ihre neue Heimat bringen sollte: Rangoon, Burma.

QUELLENANGABEN1 Brief an eine Freundin; 07.09.1812 bzw. Brief an ihre Eltern

14.02.1813; Wayland, Francis; „A Memoir Of The Life And Labors Of The Rev. Adoniram Judson“, Vol I und II; Phillips, Sampson and Company; Boston; 1853 (Reprint) S. 106 / 108

2 „A Sermon on Christian Baptism“; Boston 1846; S. 343 27.08.1812; Wayland, a.a.O. S. 1094 „Predigt über die christliche Taufe“5 Judson, Edward; „Adoniram Judson, A Biography“; Anson

D.F.Randolph & Company; New York; 1883; S. 42.436 Brief an die Gemeinde in Plymouth, Massachusetts; Way-

land, a.a.O. S. 1027 Brief von Rev. Marsham an Rev. Baldwin, Bosten, 01. Sep-

tember 1812; Wayland, a.a.O. S. 1138 „Gesellschaft zur Verbreitung des Evangeliums in Indien

und anderen fremden Teilen“9 „Allgemeiner Missionsbund der baptistischen Denomina-

tion in den USA für Außenmission.“10 Edwards, a.a.O. S.48Bild S. 11 aus: Warburton, Stacy R.; „Ostwärts!“; Ev. Buch-

handlung St. Gallen, 1947;

16 MISSION

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WENZHOU

NANJINGSHANGHAI

PEKING

GUANGZHOU

Inzwischen sind es über 20 Christen, die sich als „Hauskirche“ treffen und bereits überlegen, eine zweite Gemeinde zu bilden, weil der Platz nicht mehr für alle Besucher reicht.

Ungebremstes Wachstum in WenzhouDiese etwa sieben Millionen-Stadt im Süd-Osten des Landes ist als „Jerusalem von China“ bekannt. Dort leben schon seit vielen Jahren enorm viele Christen. „Gebet für die Welt“ (Stand 2001) schätzt die Zahl der Christen in die-ser Stadt auf 30% der Bevölkerung. Diese Zahl scheint etwas hoch zu sein, aber wenn es „nur“ 15% wären – was realistischer ist – dann würden allein in dieser Stadt mit Umfeld mehr als eine Millionen Christen leben!

Ein Beispiel für das Wachstum:Als wir 2004 zum ersten Mal eine „Hauskirche“ besuchten, waren dort etwa 30-40 Geschwister versammelt. Heute sind aus dieser Gemeinde

drei Gemeinden entstanden mit je mehr als 100 Geschwistern, die zudem zahlreiche evange-listische Hauskreise und Jüngerschaftskreise betreuen und eine christliche Buchhandlung im Universitäts-Gelände unterhalten.

Inzwischen sind auch einige Missionare aus diesen Gemeinden in solche Gebiete ausgesandt worden, wo zahlreiche Minderheiten leben, die bisher vom Evangelium nicht erreicht wurden.

Dort lernten wir ein weiteres junges Ehepaar kennen, die sich vorbereiten, um unter den Mus-limen in der Qinhai-Provinz zu evangelisieren.

In Wenzhou besuchten wir auch eine der zahlreichen, offiziellen christlichen Buchhand-lungen und konnten nur staunen über das wachsende Angebot an christlicher Literatur.

Allerdings fanden wir in den Regalen auch wieder jede Menge „Unkraut unter dem Wei-zen“. Neben den Büchern von C.H. Spurgeon, Warren W. Wiersbe, Oswald Sanders, John Bunyan, John Piper, Tim Keller usw. findet man auch fragwürdige Autoren wie Joyce Meyer,

Norman V. Peale, Rick Warren, Kenneth Hagin und andere mehr.

Es fehlen in den zahlreichen christli-chen Buchläden ein-fach gereifte Mitarbei-ter, welche die Inhalte der meist amerikani-schen Autoren beur-teilen können.

Interessant war uns die Mitteilung, dass immer mehr Christen ihre Bücher online bestellen und damit der Versandhandel auf Kosten der Buchläden wächst – ähnlich wie in Europa.

Die wach-sende Stadt Wenzhou

„Der mäßige Druck von Seiten der Regierung hält uns nahe beim Herrn. Wenn kein politischer Druck mehr vorhanden ist, wird auch uns der Ma-terialismus überschwem-men und geistlich arm und kraftlos machen!“

17MISSION

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Christliche SchulenDie Zahl der illegalen christlichen Schulen in China wächst ebenfalls von Jahr zu Jahr. „Alicia“, die Schulleiterin der „Elia-Schule“ in Nanjing (s. Fest und Treu 02/2012), schätzt die Zahl auf über 200. In Nanjing ist man übrigens mit der Schule in die Stadtmitte umgezogen, um die wachsende Zahl an Schülern unterrichten zu können. Dort teilt man sich die Räume mit einer Musikschule, um einerseits die Kosten zu senken und andererseits unauffälliger zu sein.

Für uns war es sehr interessant, mit den etwa 20 Lehrern der Schule – die alle für ein halbes Gehalt dort arbeiten – einen Austausch zu haben, viele Fragen zu stellen und ihre Fragen zu beantworten.

Abschiedsbesuch bei Samuel LambEin weiteres Besuchsziel war die Stadt Guang-zhou, wo wir unter anderem noch einmal Samuel Lamb besuchen wollten, den geistlichen Vater der wohl größten lokalen „Untergrundkirche“ in China mit mehr als 4.000 Mitgliedern!

Bis vor einem Jahr hatte dort Samuel Lamb noch wöchentlich gepredigt, aber nun mussten wir ihn in einem mehr als schlichten Kranken-haus aufsuchen, weil er an einem unheilbaren Leber-Tumor erkrankt war.

Wir trafen ihn zur Mittagszeit in einem Zweibett-Zimmer, wo man die Mahlzeiten auf einem kleinen Kocher selbst zubereiten kann oder muss. Es waren einige Besucher da, die sich um ihn sorgten und wir fanden unseren 89 Jahre alten Bruder zwar von der Krankheit gezeichnet, aber wie gewohnt mit einem freudigen, getros-ten Lächeln. Er erzählte uns, dass er den Herrn gebeten hatte, ihn an seinem 90sten Geburtstag im Oktober dieses Jahres heimzuholen.

Als wir ihn am Schluss unseres Besuches fragten, ob er uns noch einen Gruß für die Chris-

ten in Deutschland mitgeben könnte, antwor-tete er spontan und kurz: „Liebe Grüße an die Geschwister in Deutschland! Gott segne euch alle! Setzt euer Leben ein im Dienst für unseren Herrn Jesus! Hallelujah!“

Als wir uns anschließend mit einem der neun Ältesten der „Gemeinde ohne Namen“ trafen, erzählte er uns, dass Samuel gebeten wurde, doch einen Bruder aus seiner Verwand-schaft zu seinem Nachfolger auszurufen, um die Gemeinde vor einem möglichen Chaos nach sei-nem Tod zu schützen. Aber Samuel Lamb hatte sich geweigert, einen solchen zu ernennen. Sein Argument:

„Die Gemeinde ist einzig und allein ein Werk Gottes und Gott soll bestimmen, wie es nach meinem Heimgang weitergehen soll!“

Am 3. August, etwa drei Wochen nach unse-rem Besuch, erreichte uns die Nachricht, dass unser Herr diesen treuen Bruder noch vor seinem Wunschtermin „heimgeholt“ hat.

Bedenkliche Entwicklungen: „Die Digitale Demenz“Obwohl uns von allen Brüdern, die wir auf unserer Reise trafen, bestätigt wurde, dass die Freiheit für die Christen im Land mit wenigen Ausnah-men wächst, beobachteten wir dennoch einige Entwicklungen, die uns Sorge bereiten und für die wir um Gebets-Unterstützung bitten.

Während wir in den vergangenen Jahren in den Parkanlagen, in der U-Bahn, im Flughafen usw. beobachten konnten, dass fast alle Chi-nesen ein Buch oder eine Zeitung in der Hand hatten und eifrig darin lasen, so stellten wir in diesem Jahr fest, dass jetzt fast alle statt Litera-tur ein Handy, Smartphone oder ähnliche Geräte bedienten. Die „Digitale Demenz“ verbreitet sich offensichtlich in China noch schneller als in Deutschland – leider auch in den Gemeinden.

Während sonst jeder eine Bibel und Schreib-zeug in der Hand hatte, schauen nun die meisten auf einen kleinen Monitor und kein Verkündiger kann feststellen, ob tatsächlich Bibeltext gele-

Ein Buchladen in Wenzhou

Wolfgang Bühne und Samuel Lamb

Wer sich ein Bild von der Situation der Christen

in China unter Mao Tse-tung machen und die erstaunlichen

und überaus ermutigenden Erfahrungen Samuel Lamb’s in seiner über 20jährigen Haftzeit miterleben möchte, sollte seine

Lebensgeschichte „Niemals allein – Verfolgung und Erweckung

im Land des Roten Drachen“, CLV, lesen.

18 MISSION

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sen oder Börsendaten und Sport-Nachrichten studiert werden.

Wenn das keine kurzzeitige Mode-Erschei-nung ist, dann muss man echte Sorge um die geistliche und geistige Entwicklung unserer Geschwister haben!

Karriere-StressBesonders viele der gebildeten und begabten Geschwister stehen in Gefahr, ein „Burn-out“ zu bekommen. Der Leistungsdruck im Beruf ist sehr stark und nimmt viel Zeit in Anspruch. Dazu kommt, dass fast jeden Abend eine Gemeinde-Veranstaltung stattfindet: Gebetsstunden, Hauskreise, Jüngerschaftskurse, evangelistische Treffen, Bibelstunden usw. Für die Familie bleibt nur wenig Zeit – meist sind beide Eheleute berufstätig – und was an Zeit und Kraft für die persönliche Stille vor dem Herrn übrig bleibt, ist minimal. Das kann auf die Dauer nicht gut gehen – besonders dann, wenn man nicht mehr Student ist.

KlerikalismusDer wachsende Einfluss durch presbyteriani-sche Verkündiger, Seminare und elektronische Medien (meist aus Süd-Korea, Singapur und den USA) haben positiv dafür gesorgt, dass z.B. die Charismatische Bewegung in den meisten Regionen immer weniger Einfluss hat und das Bibelstudium und Bibelwissen zugenommen haben. Das wird auch an der wachsenden Zahl puritanischer und calvinistischer Literatur in den Buchläden deutlich.

Leider ist damit aber oft eine bedenkliche Tendenz zum Klerikalismus verbunden. Statt auf Älteste legt man plötzlich Wert auf „Pastoren“ die dazu meist auf Seminaren ordiniert wurden. Die Gemeindeglieder werden dann zu Zuschau-ern oder Konsumenten degradiert, die nicht mehr angeleitet werden, ihre eigenen Gaben zu entdecken und zu entfalten, sondern sich unter-halten bzw. bedienen lassen.

Ein anderes Problem ergibt sich daraus, dass einige durchaus konservative Gemeinden glauben, von Gott einen politischen Auftrag zu haben, bzw. gegen die Missstände in der Politik und Gesellschaft protestieren oder demon-strieren zu müssen. Das lässt sich die Regie-rung natürlich nicht gefallen, sondern geht mit Schärfe gegen diese Aktionen vor, wodurch es tatsächlich zu Verhaftungen, Versammlungs-verboten usw. kommt. In der westlichen Presse ist dann schnell die Rede von wachsender „Verfolgung“ oder „Unterdrückung“ – wobei sich dieser Druck nicht grundsätzlich gegen die Christen wendet, sondern gegen ihre politischen Aktivitäten.

Was tun?Für uns sollte das ein Grund mehr sein, für die Geschwister in China zu beten. Es sind Führer nötig, die demütig und gottesfürchtig als Vorbild vorangehen. Brüder wie Samuel Lamb, Siegfried Koll, Allan Yuan und andere, die inzwischen beim Herrn sind. Sie hatten Einfluss und Autorität – auch über die regionalen Grenzen hinaus.

Es ist auch Literatur nötig, um die Christen auf Schieflagen, ungesunde Theologie, Irrlehren usw. hinzuweisen. Daher sehen wir es für uns als eine der wichtigsten Aufgaben, für gute Litera-tur zu sorgen. In Zusammenarbeit mit unseren chinesischen Freunden haben wir den Druck von zahlreichen wichtigen Kommentaren in Auftrag gegeben. Dazu erweckliche, apologetische und evangelistische Bücher vor allem von William McDonald, aber auch von E. Lutzer, A. Seibel und eine hohe Auflage von W. Busch: „Jesus unser Schicksal“. Dieses bekannte evangelisti-sche Buch wird in China erstaunlicherweise sehr gerne von jungen Menschen gelesen.

Die Bücher werden zur Zeit meist noch im „Untergrund“ gedruckt und kostenlos verbrei-tet. Besonders in den abgelegenen und ärme-ren Regionen sind solche Bücher für unsere Geschwister eine große Hilfe, für die sie sehr dankbar sind. (An dieser Stelle auch ein herz-liches Dankeschön an alle Geschwister, die mit-geholfen haben, diese Drucke zu finanzieren!)

Noch kann man dankbar sein für die gewal-tige Erweckung in China, die Gott geschenkt hat. Aber die ersten Anzeichen von Ermüdung und schleichendem Materialismus sind erkennbar.

Bereits vor Jahren hatte uns Samuel Lamb voller Sorge gesagt: „Der mäßige Druck von Seiten der Regierung hält uns nahe beim Herrn. Wenn kein politischer Druck mehr vorhanden ist, wird auch uns der Materialismus überschwem-men und geistlich arm und kraftlos machen!“

Beten wir ernstlich, dass Gott das in sei-ner Gnade verhindert und die Herzen unserer Geschwister in China auf den Herrn ausgerichtet hält!

Lehrer und Lehrerinnen der Elia-Schule

„Liebe Grüße an die Ge-schwister in Deutsch-land! Gott segne euch alle! Setzt euer Leben ein im Dienst für unseren Herrn Jesus! Hallelujah!“Samuel Lamb

19MISSION

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Randy AlcornPost von Graf ModerthalCLV, Pb., 320 S., € 8,90Viele Leser werden dankbar sein, dass dieses einige Jahre vergriffene Buch nun wieder neu aufgelegt wurde.

Spannend geschrieben, sollte die-ses aktuelle, an- und aufregende Buch jeder Christ lesen. Aber auch aufge-schlossenen Außenstehenden könnte es einen heilsamen Schrecken einja-

gen und sie zum Nachdenken bringen.Worum es geht: Graf Moderthal, ein Dämon oberer Rang-

ordnung, schreibt seinem Unterteufel Qualob Briefe, die ge-zielte Instruktionen enthalten, wie er J. Fletcher, einen ganz normalen Familienvater, der Tag für Tag durch sein Leben stol-pert, davon abhalten kann Christ zu werden. Nachdem er seine Bekehrung nicht verhindern konnte, versucht er ihn zumindest an der konsequenten Nachfolge zu hindern und ihn zur Sünde zu verführen.

Der Autor, durch C. S. Lewis Klassiker „Briefe an einen Un-terteufel“ angeregt, bietet mit diesem Buch aber keinen billigen Abklatsch, sondern eine intelligent geschriebene Lektüre. Da-bei greift er sehr aktuelle Lebensphilosophien unserer Zeit, aber auch Trends und Lebensgewohnheiten unter Evangelikalen auf, die der Teufel benutzt, um uns unglaubwürdig, lächerlich und für ihn ungefährlich zu machen. Szenen aus dem Leben Flet-schers wechseln jeweils mit einem Brief Graf Moderthals ab, in dem er seinem Untergebenen Qualob bösartige Anweisungen gibt, wie er die momentane Lebenssituation Fletchers für seine Ziele ausnutzen kann. Dabei geht es z.B. um Sexualität, Internet, Fernsehen, okkulte Musik und Spiele, Ehe- und Erziehungspro-bleme, Selbstsucht, aber auch falsche Vorstellungen über Him-mel und Hölle, Umgang mit Geld und Zeit, sowie um Weltför-migkeit und Gesetzlichkeit unter Christen. Es wird deutlich, wie Satan all das für seine finsteren Zwecke einsetzt. Dieses Buch dient zur Selbstprüfung und schärft das Gewissen. Bitte lesen und weiterempfehlen! Wolfgang Bühne

Frederick L. KosinBriefe, die nie geschrieben werden …CLV, Pb., 156 S., € 7,90

Der Autor dieses äußerst aktuellen und aufwühlenden Buches sieht seit vielen Jahren seine Aufgabe darin, zu-sammen mit seiner Frau überall in der Welt Missionare zu besuchen, sich Zeit für ihre Sorgen, Freuden, Zweifel, Pro-

bleme und Wünsche zu nehmen und sie zu ermutigen.Das, was er immer wieder an Enttäuschungen, Frustrati-

onen, Ehe- und Glaubenskrisen zu hören bekam, hat er in diesen „Briefen“ zu Papier gebracht: Briefe von einem Missionskandi-dat, einem Kurzzeit-Missionar, einem altgedienten Missionar, einem Missionarskind, einem Missionar, der versagt hat, einer Mutter, die Missionarin ist usw. Was sie schreiben würden, wenn sie sich endlich einmal alles ehrlich von der Seele laden könnten, was sie wirklich bedrückt, was keiner erwartet und was auch

keinen Spender animiert, das Spendenvolumen zu erhöhen – das findet seinen Niederschlag in diesen „nicht geschriebenen“ Briefen.

Sie zeigen die Alltagsrealität vieler Missionare, von welcher in der Regel weder die Heimatgemeinde etwas ahnt, noch die mehr oder weniger zahlreichen Spender, welche meist ein völ-lig unrealistisches Bild von dem Tagesablauf, den Anfechtungen und Auseinandersetzungen von Missionaren haben.

Das Buch endet mit wichtigen Ratschlägen, was die Ge-betsinhalte in der Fürbitte für Missionare betrifft und gibt An-regungen, wie eine Gemeinde Missionare aus ihren eigenen Reihen zubereiten und begleiten kann.

Dieses Buch habe ich in einem Rutsch gelesen und bin sehr dankbar für die einfühlsame, aber sehr realistische Schilderung der Probleme und Erfahrungen von Missionaren. Alle, die sich für Mission interessieren, für Missionare beten, sich auf einen Ein-satz vorbereiten oder selbst Missionare sind, werden nachdenk-lich und mit vielen neuen Gebetsanliegen dieses Buch aus der Hand legen. Wolfgang Bühne

Werner GittSchatzsucher… eine verblüffende EntdeckungCLV, Pb., 352, € 6,50

Dieses Buch des bekannten Wissen-schaftlers ist recht ungewöhnlich zu-sammengestellt: Der erste Teil ent-hält eine anschauliche Auslegung des Gleichnisses vom „Schatz im Acker“, mit dem Ergebnis, dass es nichts Loh-nenderes und Erstrebenswerteres gibt

als den himmlischen „Schatz“. Es folgt ein Teil mit fünf Kapiteln über den Himmel selber, in dem W. Gitt anhand vieler Bibelstel-len und persönlicher Begegnungen zeigt, wie schön und span-nend es wohl im Himmel sein muss – im Reich des gütigsten und liebevollsten aller Herrscher. Ein dritter Teil ist eine Zusammen-stellung verschiedener interessanter Erlebnisse, die auch meist mit der Suche oder der Ablehnung des Himmels zu tun haben.

Und der große letzte Teil, der über die Hälfte des Buches ausmacht, enthält zehn Zeugnisse von Menschen, denen der Autor durch seine Vortrags- und Reisetätigkeiten begegnet ist. Ganz unterschiedliche Menschen aus Europa beschreiben da-rin, wie sie Jesus begegnet sind und dadurch verändert wurden: Eine Frau aus Schlesien, die als Kind unter einem brutalen Stief-vater zu leiden hatte und später von Beziehungen enttäuscht wurde. Ein Bulgare, der auf der Suche nach Gott zunächst or-thodoxer Priester werden wollte, dann aber – vom Studium der orthodoxen Theologie enttäuscht – Medizin studierte. Als Mediziner begegnete er an einer deutschen Uni Christen und schließlich wurde er eine Schlüsselfigur, um Bibeln und christ-liche Literatur in das damals kommunistische Bulgarien zu brin-gen, auch zu Politikern, Ministern und Bürgermeistern. Ein Athe-ist, der später Geschäftsleute missionierte. Ein Tscheche, der den „Prager Frühling“ erlebte und als Student die Flucht in den Westen und in die „Freiheit“ schaffte, wo er durch Vorträge von Werner Gitt zum Glauben kam und später mit der Familie wie-der nach Tschechien zog, um seinen desillusionierten Lands-leuten das Evangelium vorzuleben. Eine türkische Muslimin,

20 BUCHBESPRECHUNGEN

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stertum vor allem Thema des 3. Mosebuches ist; von dem Wandel als Pilger und Fremdlinge unter den Nationen (2,11-4,6), was seine Parallele in der Darstellung der Wüsten-wanderung im 4. Mosebuch findet, und schließlich von der Offenbarung der Herrlichkeit Gottes (4,7-5,14), so wie das Ziel und Ende der Wege Gottes im Fokus des 5. Mosebuches stehen.Wer an einer an Anekdoten reichen Unterhaltungslektüre

interessiert ist, wird sicher von dem Buch enttäuscht sein. Doch wer die Heilige Schrift im Gesamtzusammenhang kennenlernen möchte, wird dankbar von der Auslegung Gebrauch machen. In-ternetnutzer können den Text kostenlos von der Homepage des Verlages downloaden. Mit der Einfügung in das digitale Bibel-studienprogramm CLeVer ist zu rechnen. Gerrit Alberts

Manuel SeibelEintracht oder ZwietrachtEine Herausforderung für das Volk GottesVCG, geb., 206 S., € 12,00

Über Richter 19-21 werden wohl nur wenige Leser einmal einen Vortrag oder eine Bibelarbeit gehört haben. Die ausführliche Schilderung der grau-samen Ereignisse im Volk Israel zur damaligen Zeit vermutet man nicht in

der Heiligen Schrift – und doch sind sie von Gott inspiriert und enthalten wichtige Warnungen und Lektionen für das Verhalten Einzelner und ganzer Gemeinden in einer Zeit der Oberfläch-lichkeit, der Weltförmigkeit und des Individualismus.

Genau diese nicht leicht zu verstehenden Kapitel hat der Autor in diesem Buch sehr sorgfältig und verständlich ausgelegt. Auch wenn sich seine praktischen Anwendungen und selbstkri-tischen Bezüge in erster Linie auf einen besonderen Kreis von Gemeinden beziehen, sind sie doch für jeden Leser wichtig und nachdenkenswert, der die Bildersprache des Alten Testamentes schätzt und das aktuelle, aber leider auch notvolleThema „Ein-heit und Gemeinschaft“ noch nicht frustriert beiseite gelegt hat. Wolfgang Bühne

Friedhelm JungGlaube kompaktGrundzüge biblischer DogmatikLichtzeichen, geb., 184 S., € 11,95

Dieses Buch ist eine Zusammenfas-sung der Dogmatik-Vorlesungen, die der Autor als Dozent am Bibelseminar Bonn gehalten hat. Es geht um die zentralen biblischen Lehren, die für den christlichen Glauben grundlegend sind, um vor allem fragenden Lesern

und jungen Christen eine Hilfe zu bieten, eigene Überzeu-gungen anhand der Bibel zu überprüfen und im missionarischen Gespräch weitergeben zu können. Daher verzichtet der Autor mit wenigen Ausnahmen bewusst auf eine Auseinandersetzung mit den Sichtweisen anderer Theologen, sondern versucht allein

die in Deutschland aufwuchs, aber zwangsverheiratet wurde, schreckliche Ehen und eine Abtreibung erlebte, bis sie bei Jesus endlich wahre Liebe fand. Ein Topmanager, den eine innere Lee-re quälte. Eine Familie, die ihren jugendlichen Sohn verlor usw.

Alle Berichte sind sehr interessant zu lesen und vermitteln neben den unterschiedlichsten persönlichen Schwierigkeiten und den verschiedenen Wegen, die Gott benutzte, auch noch interessante Informationen über andere Kulturkreise, andere politische Systeme und die Situation in Deutschland von der Hitlerzeit bis heute.

Die Kapitel über den Himmel wirken auch für einen „alten“ Gläubigen sehr motivierend. Skeptiker und dem Glauben Fern-stehende werden eventuell etwas Mühe haben, die sehr vielen Bibelzitate einzuordnen. Dafür sind die Beispiele aus Geschich-te, Gegenwart und Wissenschaft und die Zeugnisse umso ver-ständlicher. Fazit: Lesenswert, aber nicht für jeden Außenste-henden wird alles nachvollziehbar sein. Michael Bühne

Benedikt PetersDer erste Brief des PetrusCLV, geb., 144 Seiten, € 8,90

Die Auslegung des ersten Petrus-Briefes ist ein weiterer Band der Kommentar-Reihe des Autors im CLV-Verlag. Sie begann mit der Erläuterung des Propheten Sacharja und soll mit weiteren Bänden fortgesetzt werden.

Die Ausführungen machen zu-nächst den Zusammenhang zwischen

dem Leben des Petrus und seinem Brief deutlich: Als Jünger er-lebte er in besonderer Weise die Gnade des Herrn Jesus. Ernüch-tert durch sein Versagen erhielt er den Auftrag, die Herde des Herrn zu hüten und zu weiden. In der Auslegung wird „die wahre Gnade“ (5,12) des „Gottes aller Gnade“ (5,10) als roter Faden des Briefes herausgearbeitet.

Der Kommentar zeichnet sich durch folgende Vorzüge aus:• Eine durchdachte Zusammenfügung der Gesamtaussage

des Briefes und der Details. Der rote Faden erschließt die Einzelheiten des Briefes und die Einzelheiten zeigen den roten Faden.

• Eine sorgfältige Vers-für-Vers-Auslegung. Auch schwer verständliche und häufig missverstandene Aussagen wie die Predigt zu den Geistern im Gefängnis (3,19) und die Tatsa-che, dass den Toten gute Botschaft verkündigt wurde, wer-den aus dem Zusammenhang erklärt.

• Hilfreiche sprachliche Erläuterungen des griechischen Grundtextes. Zum Beispiel bringt der Autor sprachliche und inhaltliche Argumente, warum in 2,24 zu übersetzen ist: „welcher selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen hat“ und nicht „auf das Holz“, ein sprachlich klei-ner, aber inhaltlich immenser Unterschied.

• Eine fundierte Einordnung in den Gesamtkontext der Heili-gen Schrift. Exemplarisch seien hier die Parallelen zwischen dem 1. Petrusbrief und den fünf Büchern Mose genannt. Pe-trus spricht anfangs von Gottes Erwählung und Verheißung (1,1-12), ein Thema im 1. Mosebuch; von der Erlösung (1,13-25) die im 2. Mosebuch thematisiert wird; von dem heiligen und königlichen Priestertum der Gläubigen (2,1-10), wie das Prie-

21BUCHBESPRECHUNGEN

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Diese Bücher können in jeder christlichen Buchhandlung bestellt werden

von der Bibel her zu argumentieren, deren absolu-te Autorität und Irrtumslosigkeit er deutlich bekennt.Es geht vor allem um sieben große Themen der Bibel: „Von

Gott“ – „Von der Schöpfung“ – „Von der Sünde“ – „Von Chri-stus“ – „Von der Gnade“ – „Von der Gemeinde“ – „Von den letz-ten Dingen“.

F. Jung vertritt bei den ersten fünf Themen eine konserva-tiv-reformatorische Theologie was das Menschenbild, die Er-wählung, die Person Christi und die Gnade betrifft. In den Aus-führungen zu den beiden letzten Themen erkennt man seine baptistische und dispensationalistische Prägung. Bei einigen schwierigen Themen bleiben jedoch Fragen offen – so verwirft er z.B. die calvinistische Lehre von der „begrenzten Sühne“.

Ansonsten schreibt der Autor wohltuend eindeutig, leicht verständlich, nachvollziehbar und verzichtet dabei auf Weit-schweifigkeit.

Eine gute, kompakte Hilfe, die eigenen Überzeugungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Wolfgang Bühne

Matthew HenryKommentar zur BibelMatthäus – JohannesÜberarbeitet von Martin H. Manser3L, geb., 780 S., (zweispaltig), Lexikonformat, € 39,90

In der englischsprachigen Welt ist der puritanische Bibelausleger Matthew Henry (1662-1714) ein Begriff.

Spurgeon sagte von ihm: „Als Ersten unter den Gewaltigen der Bibelausleger müssen wir Matthew Henry nennen. Er ist fromm und kernig, gesund und vernünftig, suggestiv und nüch-tern, treffsicher und vertrauenswürdig. Du wirst feststellen, er glitzert nur so vor Metaphern, ist reich an Analogien, voll von Illustrationen, überfließend an Betrachtungen … Er ist gewöhn-lich klar, anschaulich und voller Mark; er sieht sofort durch einen Text hindurch.“ Spurgeon empfahl den Studenten an seinem Predigerseminar, die ersten zwölf Monate nach ihrer Absolvie-rung den gesamten Henry (sechs Bände zu je über 1000 Seiten) zu lesen. Das werde ihnen Anleitungen und Anregungen zum Predigen geben: „Euch werden Gedanken und Einfälle kommen wie die Schwalben, die im Herbst eine alte Scheune umschwir-ren.“

Das nun auf Deutsch erschienene Werk wird als „neu“ vor-gestellt, denn es handelt sich nicht um die Übersetzung des ur-sprünglichen Kommentars von Matthew Henry, sondern um eine Bearbeitung. Im „Vorwort zur neu überarbeiteten Ausgabe“ er-fahren wir vom englischen Bearbeiter M. H. Manser, dass er den Kommentar lesbarer machen wollte, weshalb er die von ihm als „langatmig“ empfundenen Sätze Henrys kürzte.

Ich lese seit vielen Jahren den ursprünglichen Henry und habe seine Sätze nie als langatmig empfunden. Lang, ja, aber von großer Frische und Lebendigkeit. Manser hat aber nicht nur gekürzt, er hat auch ganze Sätze ausgelassen – leider. Zudem hat er, wie er bekennt, Henrys „Standpunkte – wie zum Bei-spiel gegenüber der Römisch Katholischen Kirche – etwas ab-gemildert“. Das ist äußerst bedauerlich, zumal Manser nicht nur abgemildert, sondern teilweise Verurteilungen des Katholischen Aberglaubens ganz unterschlagen hat.

Hier ein Beispiel: Henry schreibt zu Johannes 19,25: „Es ist eine gottlose und gotteslästerliche Konstruktion aus der Feder gewisser papistischer Schreiber, wenn sie aus der Tatsache, dass die Jungfrau Maria am Kreuz stand, folgern, sie habe nicht we-niger als Christus dazu beigetragen, für unsere Sünden Genü-ge zu tun, so dass sie Co-Mediatrix (Mit-Mittlerin) Co-Adiutrix (Mithelferin) unserer Errettung geworden sei.“ Ich halte es heute für mindestens so wichtig wie zur Zeit Henrys (17./18. Jhdt), die Irrtümer der Kirche von Rom mit klaren Worten aufzudecken.

Der Bearbeiter hat aber auch geändert. Im ursprünglichen Text steht zu Johannes 17,2 u. a. diese Erklärung: „Hier sehen wir, wie der universalen Herrschaft des Erlösers das Folgende un-terstellt wurde: Er hat Gewalt über alles Fleisch, damit er der Zahl der Auserwählten ewiges Leben geben möchte. Man be-achte: Die Herrschaft Christi über die Menschenkinder bezweckt die Errettung der Gotteskinder. Denn alles ist um ihretwillen, 2Kor 4,15. Alle Gesetze Christi, alle Verordnungen und Verhei-ßungen, die allen gegeben sind, haben den Zweck, in wirksamer Weise all denen, die Christus gegeben wurden, das ewige Leben sicherzustellen. Er ist als Haupt über alles der Gemeinde gege-ben. Die Verwaltung der beiden Reiche der Vorsehung und der Gnade sind in die gleiche Hand gegeben, und damit muss alles zum Guten zusammenwirken für die Berufenen.“

In Mansers Bearbeitung und darum auch in der deutschen Ausgabe fehlt der ganze fett gedruckte Satz. Steht der aber nicht, hat der darauf folgende Satz nicht die Bedeutung, die Henry ihm gab. Das muss man nachgerade eine Verfälschung der Gedanken M. Henrys nennen. Und dann fehlen im Anschluss daran wichtige Erläuterungen. Der ganze übersetzte Abschnitt lautet im „Neuen Matthew Henry“: „Hier gibt es die Unterord-nung der umfassenden Vollmacht des Erlösers unter dies. Chri-sti Vollmacht über die Menschen soll das Heil der Kinder Gottes bewirken. Die Verwaltung der Reiche der Vorsehung und der Gnade sind in die gleichen Hände gelegt, damit alle Dinge dazu gebracht werden können, zum Guten derer zusammenzuwirken, die berufen sind.“

Abgesehen von diesen Mängeln haben die Herausgeber der deutschen Leserschaft einen nützlichen Kommentar zugänglich gemacht. Was findet er in ihm?

Einleitend zum ganzen Werk erörtert Henry zunächst die Bedeutung und Eigenart des Neuen Testaments (leider gegen-über dem Original sehr stark gekürzt) und darauf der vier Evan-gelien. Zu einem jeden Evangelium gibt er eine kurze, prägnante und nützliche Einleitung. Jedes Kapitel wird einleitend in knap-pen Worten zusammengefasst und gegliedert. Darauf folgen die Kommentare zu jedem Vers. Zunächst wird Sinn und Bedeutung desselben diskutiert; dazu findet der Autor immer wieder An-lass, wichtige, im jeweiligen Textabschnitt enthaltene Lehren zu erörtern, auch falsche Lehren zu widerlegen. Es folgen darauf stets praktische Anwendungen für das Glaubensleben. Hier als Kostprobe einige Gedanken Matthew Henrys zu Johannes 17,2:

„Er hat Vollmacht über alles Fleisch: Über das ganze Men-schengeschlecht. Er hat auch Vollmacht über die Welt der Gei-ster, doch jetzt, als er Mittler zwischen Gott und der Mensch-heit war, machte er seine Vollmacht über alles Fleisch geltend. Die er unterwerfen und retten sollte, waren Menschen; aus dem Menschengeschlecht war ihm ein Überrest gegeben, und des-halb waren alle aus dieser Reihe von Lebewesen seinen Füßen unterworfen (Hebr 2,8). Über das Menschengeschlecht, welches als verderbt und gefallen betrachtet wurde …

EINLADUNG

22 BUCHBESPRECHUNGEN

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Sehr hilfreich und informativ sind die aus-führlichen und sachlich-fairen Darstellungen und Beurtei-lungen der verschiedenen Auffassungen und falschen Positi-onen, die zu den jeweiligen biblischen Lehren existieren, wobei die eigene Überzeugung des Autors bescheiden, aber deutlich erkennbar vertreten und begründet wird. So vertritt er z.B. die Überzeugung, dass die Schöpfungstage aus jeweils 24 Stunden und nicht aus längeren oder langen Perioden bestanden haben, ohne aber andere Auffassungen von ernsthaften bibeltreuen Theologen respektlos für absolut ausgeschlossen zu halten.

Wohltuend ist die gottesfürchtige und demütige Haltung, die das ganze Werk kennzeichnet. Grudem hält sich durchaus für fehlbar und überlässt es dem Leser, die richtigen Schlüsse aus seinen Erkenntnissen und Ausführungen zu ziehen. Jedes Thema wird mit einem passenden Lied und mit Anregungen und Fragen abgeschlossen, damit der Leser praktische Konse-quenzen für sein Leben ziehen kann.

Der Autor verzichtet bewusst auf eine akademische Spra-che, schreibt leicht verständlich und betont erbaulich, unzwei-deutig, aber nicht polemisch.

Für Grudem ist „wahre Theologie ‚Lehre, die der Gottes-furcht entspricht‘ (1Tim 6,3), und wenn Theologie richtig stu-diert wird, dann wird dies ein Wachstum in unserem Christen-leben und unsere Anbetung zur Folge haben“ (S. 23).

Man wird eine Anzahl sachlicher Fehler finden – z.B. ist die Annahme längst widerlegt, dass vor J.N. Darby die Lehre von der „geheimen Entrückung der Gemeinde“ in der Kirchengeschichte nie vertreten wurde (S. 1218).

Auch wird man mit Recht bemängeln können, dass einige seiner Ausführungen und Schlussfolgerungen zum Thema „Gei-stesgaben“, „Wunder“ usw. eindeutig von Charismatikern wie John Wimber und Jack Deere geprägt sind, denen er zwar nicht blind folgt, die aber meines Ermessens nach biblisch nicht halt-bar sind und deshalb besonders kritisch gelesen werden sollten. So wird z.B. auch das „Ruhen im Geist“ (S. 709) verharmlost und zu blauäugig dargestellt.

Andererseits staunt man, wie Wayne Grudem auf feine, geistliche Weise falsche Lehren und Traditionen in allen evan-gelikalen Lagern korrigiert und widerlegt. Dabei bekommt man nicht den Eindruck, dass der Autor konfessionell festgelegt ist, sondern auch korrekturbereit ist, wenn es biblische Argumente gibt.

Besonders solche Leser, die gefestigte biblische Überzeu-gungen haben, werden sicher nicht alle Sichtweisen Grudems teilen können. Dennoch kann ihnen dieses umfassende Werk eine große Hilfe sein, um auch andere Sichtweisen und Tradi-tionen zu bestimmten Lehrthemen kennenzulernen, zu verste-hen – aber auch auf eine überzeugende, gewinnende und vor allem biblisch begründete Weise widerlegen zu können.

Wolfgang Bühne

Der Herr Jesus hat alle Vollmacht über dieses sündige Ge-schlecht und alles Gericht ist ihm übergeben (s. Joh 5,22). Wen er nicht beherrscht, den verwirft er, Ps 22,29; 72,8; Mt 28,18; Joh 3,35. Die große Absicht und der Zweck dieser Vollmacht: Damit er allen ewiges Leben gebe, die du ihm gegeben hast. Hier ha-ben wir, wie der Vater die Erwählten dem Erlöser übergibt und sie ihm als die Krone und die Belohnung seines Werkes gibt. Hier haben wir, wie sich der Sohn verpflichtet, die Seligkeit derer zu bewahren, die ihm gegeben waren, damit er ihnen ewiges Leben gebe …“ (S. 705) Benedikt Peters

Wayne GrudemBiblische DogmatikEine Einführung in die systematische TheologieVKW/Arche, geb., 1.430 S., (Lexikonformat), € 59,90

Nachdem dieses umfassende Werk bereits in viele Sprachen übersetzt und weit verbreitet worden ist, liegt es nun erstmals auch in deutscher Überset-zung vor.

Der Autor gibt bereits im Vorwort einen Überblick über seine persönlichen Überzeugungen, was fair und auch für den Leser zur Einordnung dieses Werkes sehr hilfreich und wertvoll ist:

Wayne Grudem vertritt u.a.:• Eine „konservative Sichtweise der biblischen Irrtumslosig-

keit, die deutlich im Einklang mit der ‚Chicago-Erklärung‘ steht“

• „Eine traditionell reformierte Position in Bezug auf die Fra-gen der Souveränität Gottes und der Verantwortung des Menschen, des Ausmaßes des Sühneopfers und der Versöh-nung sowie der Frage der Prädestination“

• Die Überzeugung, „dass diejenigen, die wahrhaft wiederge-boren sind, ihr Heil niemals verlieren werden“

• Dass Männer und Frauen in der Ehe und in der Gemeinde verschiedene Rollen bzw. Aufgaben haben

• Die Glaubenstaufe nach baptistischem Verständnis• Dass alle Geistesgaben heute noch gültig sind – allerdings

ist „Apostel“ seiner Meinung nach ein „Amt“ und keine „Gabe“ und daher heute nicht mehr existent

• Die Sicht, dass die Wiederkunft Christi jeden Tag stattfinden kann. Sie wird seiner Überzeugung nach „prämillenialistisch“ (vor dem Tausendjährigen Reich), aber „posttribulationis-tisch“ (nach der Großen Trübsal), sein.Mit diesem Bekenntnis macht Grudem deutlich, dass er we-

der ein klassischer Cessationist noch Dispensationalist ist, aber auch kein klassischer calvinistischer Bundestheologe. Damit be-wahrt der Autor den Leser vor falschen Erwartungen.

EINLADUNGKfG – Herbstkonferenz • 03 .10 . – 06 .10 .2013 • Rehe/WesterwaldThema: „Gemeindegründung und Gemeindebau“Vorträge von Fred Colvin; Abendvorträge: Andreas Ebert (FR) und Wolfgang Bühne (SA)Informationen und Anmeldung: KfG • Postfach 1322 • 36082 Hünfeldwww.kfg.org

NOCH PLäTzE FREI !

23BUCHBESPRECHUNGEN

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Wolfgang Bühne • Postfach 11 26 • D-58540 MeinerzhagenPVSt. • Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt! • VKZ H 11661

A W O Z E R

Gott mag seinem Diener Erfolg erlauben, wenn Er ihn so weit erzogen hat, dass er den Erfolg nicht mehr braucht, um glücklich zu sein.

Wer durch den Erfolg erhoben und durch das Versagen zu Boden gedrückt wird, ist noch ein �eischlicher Mensch.