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1 Festschrift 100 Jahre Sozialdemokratische Partei Roggwil 1916 – 2016

Festschrift 100 Jahre Sozialdemokratische Partei Roggwil 2016 · wo sich auch Schulabgänger aufhalten können, wo junge Musik-Bands üben können, ... Ende 2003 konnte die kitaRo

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Festschrift 100 Jahre Sozialdemokratische Partei Roggwil 1916 – 2016

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Jubiläum 100 Jahre Sozialdemokratische Partei Roggwil

Inhaltsverzeichnis 1. Vorwort 2

2. Gründerjahre 4

3. 1918 – 1945 6

4. 1946 – 1961 8

5. 1962 – 1990 9

6. 1991 – 2016 10

7. Zwei prägende Frauen 17

8. Gewerkschaften 21

9. Arbeiterbildungsausschuss 24

10. SP – Frauengruppe 26

11. Gemeindewahlen 2014 28

12. Yolanda Büschi, Parteipräsidentin 29

13. Schlusswort 33

14. Anhang 35

Liste der SP-Parteipräsidenten / SP-Parteipräsidentinnen

Liste der SP-Gemeindepräsidenten / SP-Gemeindepräsidentinnen

Liste der SP-Grossräte / SP-Regierungsräte / SP-Nationalräte

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1. Vorwort 1916 – mitten im 1. Weltkrieg – gründete eine Gruppe von Gemeindebürgern im Gasthof „zur Linde“ die Sozialdemokratische Partei Roggwil. Über Ziele, Arbeit, Erfolge und Niederlagen, welche diese Partei anstrebte, leistete, erstritt und erduldete, soll diese Festschrift erzählen. Zu berichten ist über die hart erkämpfte Einführung der Proporzwahlen im Herbst

1918, wo die Partei auf Anhieb vier der insgesamt neun Gemeinderatssitze errang. Im gleichen Jahr hinterliess der Generalstreik im Dorf seine Spuren: In der Textilindustrie und in der Ziegelei wurde die Arbeit niedergelegt. Ein Trupp mutiger Roggwiler und Wynauer liess das Elektrizitätswerk Wynau stilllegen. Während mehreren Tagen waren die vom Werk gespiesenen Dörfer in Dunkel gehüllt. Im Dorf kam es teilweise zu heftigen Reaktionen. Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war Roggwil ein Textilarbeiterdorf. Wenn am Mittag um halb zwölf die Fabrik ihre Tore öffnete, drängte ein dunkel gekleideter Strom von Frauen und Männern zu Fuss oder per Fahrrad heim in ihre Küchen, wo das am Vorabend gar gekochte Essen auf sie wartete. Gegen ein Uhr rief die Fabriksirene zu neuer Pflicht. Aus dieser Arbeiterschaft schöpfte die Sozialdemokratische Partei ihre Kraft: Klare Mehrheiten an der Gemeindeversammlung, Spitzenresultate bei kommunalen, kantonalen und eidgenössischen Wahlen waren während Jahren die Regel. Der nach dem 2. Weltkrieg sich unaufhaltsam entwickelnde internationale Konkurrenzdruck führte zu einem weitgehenden Zusammenbruch der schweizerischen Textilindustrie.

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So wurden auch die Textilwerke Gugelmann & Cie AG sukzessive geschlossen. Hunderte von Arbeitsplätzen verschwanden. Dies war für die politische Linke von Roggwil ein schwerer Schlag! Nun galt es, sich neu auszurichten, aus der Minderheitsposition heraus Verbündete zu suchen und projektorientiert zu arbeiten. Das von über 300 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnete Volksbegehren „Arbeitsplätze in Roggwil/Wynau“, welches das Gugelmann-Areal wirtschaftlich beleben sollte, fand seine letzte Ruhe im Archiv. Erfolgreicher war die Partei mit ihren Vorstössen im Bereich einer fortschrittlichen Gesellschaftspolitik: die Kindertagesstätte, die Tagesschule, der Bau und Betrieb von Jugend- und Alterseinrichtungen, welche der Gemeinde gut anstehen, sind die Früchte dieser Bemühungen. Die rasante Entwicklung im technologischen, digitalen Bereich und die globalen Verschiebungen von Menschen und wirtschaftlicher Macht werden auch für die Sozialdemokratische Partei Roggwil das Feld darstellen, auf welchem sie die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen hat. Sie wird diese Leistung als demokratische Kraft gemeinsam mit andern politischen Parteien zu erbringen haben. In den vergangenen 100 Jahren haben engagierte Frauen und Männer der Sozialdemokratischen Partei Roggwil im Kleinen und Grossen zum Gemeinwohl der Gemeinde beigetragen. Ihnen schulden wir Dank! Ein besonderer Dank gebührt unserem Mitglied Willi Kunz, welcher zielgerichtet und kompetent, begleitet durch die Journalistin Irmgard Bayard, diese Festschrift verfasste. Schliesslich verdient unsere Partei- und OK-Präsidentin Yolanda Büschi für ihre langjährige, umsichtige Führungsarbeit ein herzliches Dankeschön. September 2016 Kurt Meyer, Alt-Regierungsrat

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2. Gründerjahre Bevor es zur Gründung der Schweizerischen Sozialdemokratischen Partei (SPS) mit ihren Kantonal- und Gemeindesektionen kam, entstanden im 19. Jahrhundert verschiedene Arbeiterorganisationen, Gewerkschaften und Vereinigungen, die für die Rechte der in der Fabrik arbeitenden Menschen eintraten. In Roggwil waren es die Gewerkschaft der Textilarbeiter und eine Sektion des Schweizerischen Grütlivereins. Am 21. Oktober 1888 beschloss der Schweizerische Arbeitertag die Gründung der SPS. Die Sozialdemokratische Partei Roggwil wurde am 21. November 1916, mitten im 1. Weltkrieg, im Saal des Gasthofs „Linde“ gegründet. Die Leitung der neu gegründeten Partei übernahmen zwei Lehrer, Hans Marti und der einheimische Fritz Meyer, Vater von Alt-Regierungsrat Kurt Meyer.

Gründungsmitglieder Hans Marti Co-Präsident Fritz Meyer Co-Präsident Walter Schneeberger Vizepräsident Arnold Kohler Beisitzer Hans Sigrist Beisitzer

Fritz Meyer Wenige Monate später schloss sich die Partei, die sich in der Zwischenzeit vom Grütliverein gelöst hatte, enger mit der lokalen Textilgewerkschaft zusammen. Gemeinsam wollte man für die Rechte der Arbeiter eintreten.

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Am 11. November 1918 brach der Generalstreik aus. Die Arbeiterschaft versuchte, ihren Forderungen mit dem Mittel des Streiks zum Durchbruch zu verhelfen. Obwohl der Streik vorzeitig abgebrochen werden musste, brachte er der Arbeiterschaft wichtige Erfolge. Nach der Einführung des Proporzwahlsystems bekamen die Parteien eine neue, wichtige Funktion als Meinungs- und Parolenbildner. 1918 brachte die erste Proporzwahl in den Roggwiler Gemeinderat den Sozialdemokraten auf Anhieb vier der neun Sitze. In den politischen Versammlungen und an den Gemeindeversammlungen war die Arbeiterschaft stets stark vertreten. Mit Gründungsmitglied Fritz Meyer (1894 – 1963) erhielt die SP Roggwil bald auch ihren ersten Vertreter im Grossen Rat. Er gehörte der Berner Legislative von 1925 – 1947 an und war 1945/46 als Grossratspräsident auch höchster Berner. Während elf Jahren, von 1943 – 1954, gehörte Fritz Meyer auch dem Nationalrat an.

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3. 1918 - 1945 In der Zwischenkriegszeit von 1918 bis 1939 begegnete die Gemeinde der herrschenden Arbeitslosigkeit mit einem Arbeitsbeschaffungs-programm, war es doch sinnvoll, gerade in Krisenzeiten in das Gemeinwesen zu investieren. So entstanden das Schwimmbad (1935), die Turnhalle Bündtenacker (1936), die Kanalisation und verschiedene neue Strassen.

Von sozialdemokratischer Seite forderte man auch den Bau eines Wasserreservoirs „im Buechwald“ sowie eines gemeindeeigenen Ferienheims. Die beiden Projekte scheiterten aber am bürgerlichen Veto.

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Auch wenn 1937 die Mehrheit im Gemeinderat noch nicht erreicht werden konnte, wuchs der Einfluss der Sozialdemokratie auf das Gemeindeleben. In dieser Zeit wurden in Roggwil auch verschiedene Arbeitervereine gegründet: Turnverein SATUS, ATB, Arbeiter Männer- und Frauenchor. Zu den Naturfreunden pflegte man eine freundschaftliche Beziehung. Während des Zweiten Weltkrieges, bei den Wahlen im Dezember 1942, errangen die Sozialdemokraten im Gemeinderat und in den Kommissionen die absolute Mehrheit. In dieser Zeit entstand mit Unterstützung der Burgergemeinde aus der aktuellen Wohnungsnot heraus die Wohnsiedlung „Buchägerten“, ebenso wurde eine neue Wasserfassung mit einem Pumpwerk eingerichtet. Versammlungen der SP Roggwil wurden meistens im Gasthof zum Ochsen durchgeführt.

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4. 1946 - 1961 Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten weitere geplante Projekte wie der Ausbau der St. Urbanstrasse sowie der Bahnhofstrasse, der Bau des neuen Sekundarschulhauses und die Renovation des Primarschulhauses II realisiert werden.

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5. 1962 - 1990 Bei den Gemeindewahlen 1962 verloren die Sozialdemokraten die absolute Mehrheit im Gemeinderat. Doch sie blieben im Dorf durch die Arbeitervereine und die Gewerkschaft verwurzelt, so dass man ihre Politik stets ernst nehmen musste. Mit Kurt Meyer, Sohn des Parteigründers Fritz Meyer, hatte die SP eine starke Persönlichkeit im Gemeinderat. Er war in der Folge über ein Vierteljahrhundert die prägende Figur der Roggwiler Sozialdemokratie. Kurt Meyer hatte während 18 Jahren (1958 – 1976) Einsitz im Gemeinderat. Von 1966 bis 1976 war er Mitglied des Grossen Rates, den er 1974/75 – 30 Jahre nach seinem Vater – präsidierte. Von 1973 – 1977 war er Mitglied des Nationalrates. 1976 schaffte er als erster Roggwiler den Sprung in den Regierungsrat, dem er bis 1990 angehörte. Kurt Meyer

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6. 1991 - 2016

SP-Forum Von 1993 – 1996 wurden monatliche Diskussionsrunden zu aktuellen Themen aus der Dorf-, Kantons- und Bundespolitik angeboten. Das SP-Forum war ein Ort der freien Meinungsäusserung und offenen Diskussion. Kompetente Referentinnen und Referenten stellten Themen wie Aareschutzinitiative, Arbeitslosigkeit, Asylrecht und Gewalt vor.

Erstes Jugendpostulat 2007 Seit der auf den 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Gemeindeordnung besteht in Roggwil das Volksrecht des Jugendpostulates. Bisher hatte die Roggwiler Jugend dieses Recht noch nie genutzt. In Zusammenarbeit mit einigen Jugendlichen, welche ihre Anliegen bei Priska Grütter deponierten und um Unterstützung baten, sowie mit der Unterstützung der SP Roggwil, des Jugendparlamentes Oberaargau und der regionalen JUSO Bern Nord Oberaargau, welche alle das Anliegen der Jugendlichen unterstützten, wurde nun das Jugendpostulat für ein „Jugendfreundliches Roggwil“ erarbeitet und am 5. Juli 2007 eingereicht. Inhaltlich verlangte das Postulat, dass die Gemeinde neben einem Jugendtreff für 6. bis 9. Klässler den Jugendlichen einen Ort anbietet, wo sich auch Schulabgänger aufhalten können, wo junge Musik-Bands üben können, wo Feste organisiert werden können,... kurz: ein Ort wo man sich aufhalten kann, ohne in der Öffentlichkeit zu stören. Das Jugendpostulat „Jugendfreundliches Roggwil“ ist somit das erste eingereichte Jugendpostulat in der Geschichte von Roggwil.

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Projekte In den letzten Jahren konnten auf Initiative der SP Roggwil und mit Unterstützung der Gemeinde und der übrigen Ortsparteien verschiedene Projekte realisiert werden.

Mittagstisch Eine Projektgruppe unter der Leitung von Yolanda Büschi setzte sich zum Ziel, in Roggwil eine Kinderkrippe und einen betreuten Mittagstisch zu realisieren. Während der Aufbau einer Kinderkrippe mehr Zeit in Anspruch nahm, konnte der Mittagstisch bereits im März 2002 im reformierten Kirchgemeindehaus gestartet werden. Ehrenamtliche Betreuungspersonen waren für den reibungslosen Ablauf besorgt. Der Mittagstisch ist heute in die Tagesschule integriert.

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Kindertagesstätte kitaRo Nachdem sich der Gemeinderat einstimmig hinter das Projekt stellte, konnte im September 2002 die „Genossenschaft Kindertagesstätte Roggwil“ gegründet werden. Unter Führung von Genossenschafts-Präsident Kurt Meyer erfolgten grosse Vorbereitungsarbeiten. Ende 2003 konnte die kitaRo im „alten Doktorhaus“ an der Geissbergstrasse in zweckmässig eingerichteten Räumen ihren Betrieb aufnehmen. Die Finanzierung ist heute durch abgestufte Elternbeiträge sowie durch Beiträge der öffentlichen Hand gesichert. Gleichzeitig konnte die kitaRo vom Förderprogramm des Bundes profitieren.

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Tagesschule Im März 2008 fand die erste Sitzung der Arbeitsgruppe Tagesschule der SP Roggwil statt. Nachdem der Kanton mit der Teilrevision des Volksschulgesetzes 2008 die Gemeinden verpflichtet hat, bei einer verbindlichen Nachfrage ein Tagesschulangebot einzurichten, wurde auch die Gemeinde aktiv. Eine neue Arbeitsgruppe aus Bildungskommission, Schulleitung, Kindertagesstätte und Eltern wurde beauftragt, die konkrete Planung des Tagesschulangebotes weiterzuführen. Seit Februar 2010 ist die Tagesschule Roggwil in Betrieb, ein familienergänzendes Betreuungsangebot inklusive Mittagstisch. Die Angebote werden durch Eltern, Gemeinde und Kanton gemeinsam finanziert.

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Kampf dem Littering / Abfallfässer Seit 2009 führt die SP Roggwil jedes Jahr eine Dorfputzete durch. Um weiter auf das Thema Littering aufmerksam zu machen und einen konkreten Beitrag zu leisten, wurde ein weiteres Projekt realisiert. Gemeinsam mit vielen Vereinen, Gruppierungen, Organisationen in unserem Dorf wurden unter Projektleiterin Marianne Burkhard, der heutigen Gemeindepräsidentin, aus 18 Fässern grosse, kunstvoll verzierte Kehrichtkübel fabriziert. Diese wurden anschliessend an stark frequentierten Orten wie der Badi, dem Dorfzentrum oder dem Bahnhof „Roggwil Dorf“ aufgestellt und anlässlich der 1. Mai-Feier 2010 offiziell der Gemeinde übergeben.

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Entsorgungsanlage

Die Entsorgungssituation für Altglas war der SP Roggwil lange ein Dorn im Auge. Aus diesem Grund wurde am 1. August 2011 die Unterschriften-sammlung für eine Volksinitiative „Entsorgung unterirdisch!“ gestartet. Dieses Anliegen fand im Dorf breite Unterstützung. Bereits zwei Monate später konnten der Gemeinde die nötigen Unterschriften eingereicht werden.

Der Gemeinderat nahm dieses Anliegen ernst und teilte mit, die Entsorgungsstelle rasch zu realisieren. Die Umsetzung wurde zügig an die Hand genommen. Im Frühjahr 2013 konnte die neue Entsorgungs-anlage in Betrieb genommen werden.

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7. Zwei prägende Frauen Die Frauen haben in der SP Roggwil in den letzten Jahrzehnten eine grosse Rolle gespielt. Dass dies nicht immer so war und wie sie sich eingebracht haben, davon erzählen Käthy Schneeberger und Elsbeth Egger-Zopfi im Gespräch mit Irmgard Bayard. Käthy Schneeberger – eine ganz Linke und Grüne „In der SP habe ich mich immer als Linkste und Grünste empfunden.“ Diese Aussage von Käthy Schneeberger ist typisch für die engagierte Kämpferin für Soziale Gerechtigkeit und die Umwelt. Weil sie ihre Anliegen immer mit einer Beharrlichkeit verfolgt und selten ein Blatt vor den Mund genommen hat, war sie für viele im Dorf ein Rotes Tuch. Noch heute erhebt die mittlerweile 84-Jährige die Stimme, wenn sie zum Beispiel von der Ortsplanungsrevision spricht. „Ich bin in einer SP-Familie aufgewachsen, mein Vater war Eisenbahner, engagierter SPler und Gewerkschafter“, blickt Käthy zurück. Ihre Grossmutter war Grütlianerin, also in einer Art Vorstufe der SP. Ihr hätte früher die FDP mehr zugesagt, „aber das wäre mir als Verrat an der Familie vorgekommen“, sagt Käthy. Die SP sei ihr zu betulich gewesen, und zwar in Wynau, wo sie zuerst politisierte, und später auch in Roggwil. „Eine Grüne Partei gab es damals noch gar nicht, sonst wäre ich sicher dieser beigetreten, denn ich engagierte mich schon als Kind für die Umwelt.“

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Ihre ersten Sporen in einem Gemeindeamt verdiente sie sich in Wynau in der Schulkommission ab, wofür sie von der FDP angefragt wurde. „Ich sagte damals nur unter der Bedingung zu, dass ich als Parteilose auf die Liste darf.“ Die FDP war ihr dann aber doch zu elitär. Als Parteilose zog Käthy 1979 mit ihrer Familie nach Roggwil. Dort wurde sie Ende 1982 in den Gemeinderat gewählt, „mit dem zweitbesten Resultat“, wie sie stolz erzählt. Nur: „Als Parteilose nahm ich zwar an den SP-Fraktionssitzungen teil, hatte aber kein Stimmrecht. Das war der Grund, weshalb ich schliesslich doch der SP beigetreten bin.“ Die Aufnahme erfolgte am 18. September 1985. „In den ersten vier Jahren im Gemeinderat konnte ich viele meiner ‚grünen Anliegen‘ einbringen“, erinnert sich Käthy an ihren Start im Gemeinderat von Roggwil. „Als Präsidentin der Ortsplanungsrevision hätte ich gerne in der zweiten Legislatur das Ressort Bau übernommen oder mein Wissen als Präsidentin des Regionalen Sozialdienstes im Ressort ‚Soziales‘ eingebracht. Beides wurde mir verwehrt. Ich musste die Schule übernehmen.“ In dieser Zeit habe sie oft daran gedacht, den Bettel hinzuschmeissen. „Mein Mann hat auch immer gesagt, ich soll mir das nicht antun.“ Dank ihrer Beharrlichkeit ist Käthy dann doch geblieben, und das, obwohl sie an der Gemeindeversammlung sogar einmal Redeverbot erhalten hatte. Auch in der Frauengruppe engagierte sich Käthy Schneeberger, und zwar von 1964 bis 1991. „Die ursprüngliche Idee war es wohl, die Frauen für das kommende Stimmrecht zu schulen“, glaubt sie. Obwohl sie dort nie im Vorstand tätig war, kam der Vorschlag, sie für den Gemeinderat zu nominieren, von dieser Seite aus. „Als junge Frau hatte ich viele Träume“, sinniert Käthy Schneeberger-Fahrni, wenn man sie nach dem Privatleben befragt. „Da ich selber keine Kinder bekommen konnte, wollte ich studieren. Kunstgeschichte hat mich immer interessiert, ebenso die Musik und die Natur.“

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Als sie und ihr Mann, der vor sechs Jahren verstorbene Psychiater Ernst Schneeberger, sich entschlossen, den Sohn ihres Bruders aufzuziehen, sei dies nicht mehr möglich gewesen. „Das machte aber nichts“, betont Käthy. „Ich konnte auch so immer tun, wozu ich Lust hatte.“ Dazu gehörte neben der Politik das Singen im Kammerchor, die Kirchliche Erwachsenenbildung und die Freiwilligenarbeit, unter anderem seit vielen Jahren bei Pro Natura Oberaargau. Elsbeth Egger-Zopfi – die stille Schafferin „Ich wähle noch heute immer die SP und deren Parolen, auch wenn ich die Kandidierenden hier in Olten kaum kenne und nicht mehr immer dieselbe Meinung vertrete wie die Partei.“ Obwohl Elsbeth Egger-Zopfi seit ihrer Heirat 1985 die SP Roggwil verliess, um mit ihrem Mann nach Olten zu ziehen, ist sie mit dem Oberaargau noch immer verbunden. Elsbeth Zopfi war fünf Jahre alt, als sie mit ihren Eltern von Wynau nach Roggwil zog. Ihr Vater, ein Sozi, arbeitete bei Gugelmann, verstarb jedoch bereits 1955. So ergab es sich, dass sie bis zu ihrer Heirat mit ihrer Mutter zusammenlebte. Dank Fritz Hegi, der 13 Jahre lang bei den beiden Frauen als Zimmerherr wohnte, interessierte sie sich für die SP und gehörte schliesslich zu den Gründerinnen der Frauengruppe. „Denn bei den Männern durften wir zu dieser Zeit noch nicht mitmachen.“

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Natürlich wurden sie auch nicht an die Parteiversammlungen eingeladen. Das hinderte Mutter und Tochter jedoch nicht daran, diese zu besuchen, wie eine Anekdote beweist: „Einmal kamen wir beim Spazieren beim Schulhaus vorbei, wo wir Männern auf dem Weg zur Versammlung begegneten. Da wir nicht fein genug gekleidet waren, dort aber unbedingt dabei sein wollten, eilten wir nach Hause, zogen uns um und machten uns wieder auf den Weg ins Schulhaus.“ Die Sitzordnung war damals übrigens noch nicht gemischt: „Die Frauen sassen rechts, die Männer links, wie in der Kirche“, erinnert sich Elsbeth an diese Zeit. Als dann die Frauen endlich das Stimmrecht erhielten, kam es oft vor, dass die engagierte SP-Frau „mit einem Wagen voller Frauen“ an die Urne fuhr. Bei den Frauen schrieb Elsbeth wenn nötig das Protokoll. Mit der Präsidentin Dora Kurt und Dora Jakob besuchte sie viele Kongresse und Sitzungen in Bern. „Und selbstverständlich nahm man damals an der 1. Mai-Feier und dem Umzug teil“, betont die mittlerweile 80-Jährige. Sie half beim Basar und verkaufte 1-Mai-Bändeli. Elsbeth bekleidete zwei öffentliche Ämter, einerseits in der Fürsorge-kommission, andererseits zwölf Jahre in der Steuerkommission. Zwar arbeitete Elsbeth bis zu ihrer Frühpensionierung über 30 Jahre lang bei Ringier als Datatypistin, fand trotzdem nebenbei immer Zeit, sich in verschiedenen Vereinen zu engagieren, wie zum Beispiel im Arbeiterfrauenchor, bei den Naturfreunden und natürlich beim Satus-Turnverein, was die silbernen Löffel bezeugen, die Elsbeth noch heute benutzt. Ihren inzwischen verstorbenen Mann, den sie bereits aus Kindertagen kannte, heiratete sie erst spät. Mit ihm zog sie 1985 nach Olten, „aber ich denke sehr gerne an die Zeit in Roggwil, meinen Einsatz bei der SP und den anderen, der Partei nahen Vereine zurück“, sagt Elsbeth. Und dank dem „Roggwiler“ und den Unterlagen, die sie von den Naturfreunden zugeschickt erhält, ist sie bis heute über das Dorfgeschehen gut informiert. Wie gross ihr Engagement zu werten ist, zeigt ein Ausspruch von Kurt Meyer, den sie nicht ohne Stolz wiedergibt: „Überall, wo es etwas zu tun gibt, hört und liest man den Namen Zopfi.“

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8. Gewerkschaft Textil Chemie Papier Mit der Gründung der Textilfabrik Gugelmann in der Brunnmatt standen der Roggwiler Bevölkerung während Jahrzehnten sichere Arbeitsplätze zur Verfügung. 1864 wurde der Betrieb aufgenommen.

Am 2. Oktober 1916 wurde die Gründung der Textilarbeiter-gewerkschaft beschlossen. In den folgenden Jahren erreichte die Gewerkschaft in zähen Verhandlungen mit der Firma Arbeitszeitverkürzungen, Lohnerhöhungen, Teuerungszulagen sowie den 13. Monatslohn. Gegen 1930 nahm die Teuerung wieder zu, Arbeitslosigkeit drohte. Die Löhne hinkten den Lebenshaltungskosten wieder nach. Nach dem 2. Weltkrieg verbesserte sich das Betriebsklima merklich. Die Arbeiter erkannten die Bedeutung der gewerkschaftlichen Organisation, und die Sektion Roggwil erhielt grossen Zulauf.

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Die Sektion konnte als eine der ersten Gewerkschaften der Schweiz mit dem Arbeitgeber einen Gesamtarbeitsvertrag aushandeln, in welchem die Minimallöhne, der Teuerungsausgleich, die Ferien, das Krankentaggeld und die Pension geregelt wurden. 1963 fusionierte die Textilarbeitergewerkschaft mit der Gewerkschaft der Chemie- und Papierindustrie zur Gewerkschaft Textil, Chemie und Papier (GTCP). Die spätere Fusion mit der Gewerkschaft Bau und Holz (1991) und 2004 mit dem Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiterverband SMUV zur Grossgewerkschaft UNIA hatte Auswirkungen auf die lokale Gewerkschaftsbewegung. Der in der Zwischenzeit gegründete Gewerkschaftsbund Langenthal, der später im Gewerkschaftsbund Oberaargau (GBO) aufging, kümmerte sich in der Folge um die Belange der Roggwiler Textilarbeiter. Nach der Übernahme der Gugelmann AG durch Adrian Gasser von der Spinnerei Lorze konzentrierte man sich auf die Garnproduktion. Die Färberei wurde nach Zofingen ausgelagert. Im Dezember 1990 musste die Schliessung der Spinnerei bekannt gegeben werden.

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Die inländische Textilproduktion war der ausländischen Konkurrenz nicht mehr gewachsen.

Für Roggwil war die Aufgabe der Textilproduktion und der damit verbundene Verlust der Arbeitsplätze ein harter Schlag. 250 Arbeitskräfte standen auf der Strasse. Die Gewerkschaft forderte die Rücknahme der ausgesprochenen Kündigungen und eine Weiterproduktion in Roggwil. Nach einer Aussprache mit der Firmenleitung konnte einzig erreicht werden, dass ein Sozialplan gemeinsam erarbeitet wurde.

Der GBO unterstützt heute die lokale Dachorganisation der einzelnen Gewerkschaften, auch die gewerkschaftlich organisierten Roggwiler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Er beteiligt sich an der politischen Meinungsbildung und entfaltet vielfältige Aktivitäten zur Wahrung der sozial- und wirtschaftspolitischen Interessen der Arbeitnehmenden. Der GBO fördert und koordiniert heute gewerkschaftliche Aktionen und macht verschiedene Angebote im Bereich Bildung und Kultur.

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9. Arbeiterbildungsausschuss Der Arbeiterbildungsausschuss (ABA) war von 1928 - 1994 tätig. Ziel dieser Institution war es, die Arbeiterschaft politisch sowie in allgemeinbildenden Fächern zu schulen. Zu diesem Zweck wurden Vorträge, Studienzirkel, Filmvorführungen und Exkursionen durchgeführt. Über viele Jahre wurde auch eine Bibliothek geführt. Nachfolgend einige Beispiele von interessanten und gut besuchten Veranstaltungen: 18. Dezember 1928: Reisevortrag „In den Wildnissen Zentralbrasiliens“. In der Kirche. Anwesend: 197 Personen Eintritt: 50 Rp. Dem Sigrist wurden für die Reinigung der Kirche 5 Fr. zugesprochen. 6. Dezember 1933: Film „Lichter der Grossstadt“ (Charlie Chaplin). Saal Gasthof „zur Linde“. Anwesend: 150 Personen 24. Oktober 1934: Film „Grock“ (Clown Adrian Wettach). Saal Gasthof „zur Linde“. Anwesend: 300 Personen 10. Februar 1936: „Die Einführung in das Musikverständnis“. Vortrag von Dr. Kurt Pahlen, Wien, im Singsaal Anwesend: 67 Personen 26. September 1937: Besichtigung der Irrenanstalt St. Urban. Besucher: 110 Personen

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Zwischenzeitlich ruhte die Tätigkeit des Arbeiterbildungsausschusses. Ab 1971 änderten sich die Bedürfnisse. Nun wurden vermehrt Kochkurse und Hobbyausstellungen organisiert. Der ABA wurde 1994 aufgelöst.

Präsidenten des ABA 1928 - 1932 Hans Sigrist 1933 - 1934 Ernst Mathys 1934 - 1937 Walter Meyer 1937 - 1938 Ernst Mathys 1941 Liechti 1946 Hans Zopfi 1946 Hans Grunder 1946 - 1948 Rudolf Sägesser 1948 - Fritz Hegi 1971 – 1976 Hanspeter Glur 1977 – 1981 Hanspeter Schwarz 1988 – 1993 Heinrich Furger 1993 – 1994 Ernst Haudenschild

Hanspeter Glur

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10. SP - Frauengruppe Am 8. März 1964 wurde die SP-Frauengruppe als Untergruppe der Sozialdemokratischen Partei gegründet. An der Gründungs-versammlung waren 15 Frauen anwesend, nach zehn Jahren verzeichnete man die stolze Zahl von 43 Mitgliedern. Vorträge und Reisen wurden organisiert, an Tagungen, Kursen und Vorträgen wurden die SP-Frauen politisch geschult. Neben der Teilnahme an Parteitagen, Delegiertenversammlungen, Frauenkonferenzen und weiteren SP-Anlässen stand das Engagement in kommunalen Aufgaben im Vordergrund. Mit der Einführung des Frauenstimmrechts war die politische Aufgabe der Frauen nicht erledigt. Die SP-Frauen engagierten sich in Kommissionen wie Fürsorge und Vormundschaft, Bildung und Hauswirtschaft. Im Jahr 1975 fand in Roggwil das SP-Frauentreffen des Kantons Bern statt. Die SP-Frauengruppe nahm regelmässig Stellung zu aktuellen Fragen, konnte Meinungen und Anliegen an den SP-Parteiversammlungen einbringen und an Lösungen konstruktiv mitarbeiten.

Als 1. Präsidentin wurde Dora Kurt-Hürzeler (1919 – 2015) gewählt. Sie war 1976 auch die erste Frau, die im Gemeinderat Einsitz nahm. 1987 wurde über die Auflösung der SP-Frauengruppe diskutiert, da es zunehmend schwierig wurde, die Chargen im Vorstand zu besetzen. Die langjährige Präsidentin Dora Kurt-Hürzeler übernahm noch einmal den Vorsitz.

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Dennoch wurde an der Hauptversammlung vom 10. Januar 1991 die Auflösung der SP-Frauengruppe beschlossen.

Präsidentinnen der SP-Frauengruppe 1964 – 1978 Dora Kurt 1978 – 1980 Dora Jakob 1980 – 1987 Ruth Krebs 1987 – 1991 Dora Kurt

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11. Gemeindewahlen 2014 Die Gemeindewahlen 2014 waren für die SP Roggwil ein voller Erfolg: Mit knapp 35 Prozent Wähleranteil konnte das beste Ergebnis seit 1998 erreicht werden. Die bisherigen Gemeinderatsmitglieder Marianne Burkhard und Hanspeter von Flüe wurden souverän wiedergewählt. Dank einem Sitzgewinn zog auch Yolanda Büschi neu in den Gemeinderat ein.

Das sehr gute Ergebnis war ein schöner Vertrauensbeweis der Roggwiler Bevölkerung gegenüber der Arbeit der bisherigen Behördenmitglieder und das Resultat einer ausgewogenen Listengestaltung.

In einer Kampfwahl um das Gemeindepräsidium wurde bei einer historisch hohen Stimmbeteiligung von 49.2 Prozent Marianne Burkhard zur neuen Gemeindepräsidentin gewählt. So konnte die SP nach über fünfzig Jahren dieses Amt wieder besetzen.

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12. Yolanda Büschi, Parteipräsidentin

Die 56-jährige Yolanda Büschi ist eine prägende Persönlichkeit der SP Roggwil. Unermüdlich kämpft sie seit vielen Jahren für die Anliegen der Bevölkerung. Im Interview mit Irmgard Bayard erzählt die Powerfrau, wie sie zur SP gekommen ist, welche Höhepunkte sie erlebt hat und wie sie die Zukunft der Partei sieht.

Yolanda, Du bist seit 1997 Mitglied der SP Roggwil und stehst der Partei, nach einem zweijährigen Unterbruch, seit 2003 als Präsidentin vor. Wie ist es dazu gekommen? Ich habe mich in der Gemeinde orientiert, welche Parteien es gibt. Ein Besuch bei der FDP hat mich weniger überzeugt als die Arbeit mit zwei SP-Frauen im Vorstand der Arbeitsgruppe für den Jugendtreff. Als dann am 1. Mai 1999 die damalige SP-Grossrätin Maya Eigenmann Fisch eine Rede hielt, wusste ich: Ich gehöre zur SP. 2000 kam ich in den Vorstand, ein Jahr später wurde ich Vizepräsidentin und 2003 schliesslich zur Präsidentin gewählt.

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Du hast im Dorf viel „angezettelt“. Welches waren Deine ersten Anlässe und wie ging es weiter? Noch als Vizepräsidentin organisierte ich zwei Anlässe zum Thema Taschengeld. Das zeigt bereits, dass meine Hauptanliegen diejenigen der Familie waren. Die Idee eines ganzen Hauses für die familien- externe Betreuung ist zwar nie umgesetzt worden, aber dank der SP wurde der Mittagstisch, die kitaRo und die Tagesschule ins Leben gerufen. Das sind alles Projekte der SP, die heute im Dorf nicht mehr wegzudenken sind. Ist die SP mit ihren Anliegen immer auf offene Ohren und Türen gestossen? Leider nicht. Oft hiess es zuerst, dafür bestehe kein Bedarf und das sei zu teuer. Erst wenn wir unsere Umfrage-Werte vorlegen konnten, wurden unsere Ideen aufgenommen. Bei der Tagesschule zum Beispiel, war die SP bis und mit der Bedürfnisabklärung federführend. Danach hat der Gemeinderat eine Arbeitsgruppe eingesetzt und das Anliegen umgesetzt. Auch das Thema Recycling wurde beiseitegeschoben und entsprechende Vorschläge jahrelang schubladisiert. So lange, bis die SP eine Initiative startete. Nun haben wir eine unterirdische Sammelstelle und bunte Fässer im Dorf. Dann hat die SP im Dorf sicher einen guten Ruf als aktive Partei? Ganz so ist es leider nicht. Vieles gilt heute als selbstverständlich. Dass die SP jedoch die Initialzündung gegeben hat, davon spricht heute niemand mehr. Ähnlich sieht es übrigens bei Projekten im Altersbereich aus, wo unser Markus Meyer jeweils den Lead übernahm. Wenn Du zurückblickst, welches sind die Highlights Deiner bisherigen Amtszeit als Präsidentin der SP Roggwil? Ganz klar der Besuch der damaligen Bundesrätin Micheline Calmy-Rey am 21. Juni 2006 und der daraus resultierende Marsch zu ihr ins Bundeshaus.

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Als sie bei uns in Roggwil war, veranstalteten wir nämlich einen Wettbewerb, bei dem die Distanz zwischen Roggwil und dem Bundeshaus geschätzt werden sollte. Hansruedi Leuthold aus Schwarzhäusern hat sie dann gefragt, ob sie uns empfangen würde, falls wir den Weg zu Fuss zurücklegen würden. So sind wir dann am 14. September losmarschiert und am 15. September bei ihr angekommen. Du kennst sehr viele Leute. Wie sind diese Beziehungen zustande gekommen? Ich habe schon früh gemerkt, dass es in der Partei, nicht nur in Roggwil, viele „alte Hasen“ gibt, von denen man viel lernen kann. Also habe ich viel Zeit mit Personen verbracht wie Kurt Meyer, Res Ryser aus Langenthal, Hansruedi Leuthold aus Schwarzhäusern und dem vor einigen Jahren verstorbenen Paul Knutti aus Bützberg, um nur einige zu nennen. Welche Projekte der SP sind aktuell? Dieses Jahr veranstalten wir die dritte Talentshow. Wir möchten junge Leute für unsere Anliegen, unsere Politik motivieren. Das bedingt jedoch, dass wir mit ihnen zusammen etwas machen, ihnen etwas bieten. Die Show mit vorausgehendem Casting ist beliebt und für uns ein „Lehrplätz“. Es ist nämlich äusserst spannend zu erleben, wie die heutige Jugend so etwas organisiert. Da läuft viel im letzten Moment und spontan via Handy und nicht, wie wir es gewohnt sind, mit einer Anmeldung im Voraus. Ein weiteres Projekt, das wir dieses Jahr erstmals und aufgrund der aktuellen Situation zusammen mit der reformierten Kirche und der ehemaligen Leitung des Asylzentrums in St. Urban organisieren, ist „zäme läbe“. Dabei sollen ausländische Mitbewohner und Flüchtlinge mit der Dorfbevölkerung ein gemeinsames Mittagessen verbringen. Wir wollen die sich noch fremd fühlenden Menschen unterstützen und bei den Einheimischen Ängste abbauen.

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Die erste Ausgabe stand unter dem Motto „zäme läbe, zäme ässe - Köchinnen und Köche aus Eritrea, Syrien und Afghanistan verwöhnen uns.“ Der Erfolg war überwältigend. Die Veranstalter rechneten mit 30 Personen, bis um 14 Uhr waren es schliesslich mit rund 85 Interessierten fast dreimal so viele. Ein grosses Ereignis ist schliesslich die 100-Jahr-Feier im September. Um dieses Jubiläum entsprechend feiern zu können, sind wir seit einem Jahr am Organisieren. Damit kommen wir zur Zukunft der SP in Roggwil. Deine Prognose? Wie es die SP früher brauchte, um die Arbeiter zu unterstützen, wie sie jetzt nötig war und ist, um Strukturen für junge Familien und ältere Leute aufzubauen, so wird sie in Zukunft wichtig sein als treibende Kraft, um die Bedürfnisse der Bevölkerung aufzunehmen und diese - zusammen mit den Verantwortlichen in der Gemeinde - umzusetzen. Für die Sozialdemokratische Partei ist und wird die wichtigste Aufgabe bleiben, für alle Menschen und ihre Bedürfnisse da zu sein, sie zu vertreten und zu unterstützen. Einfach gesagt: Sehen, hören - handeln.

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13. Schlusswort

Die Rolle der SP Roggwil in der Zukunft Der Mensch steht im Mittelpunkt

Auch künftig steht der Mensch bei der SP Roggwil im Mittelpunkt. Der Fokus gilt dabei drei Themen: Integration Ob Asylsuchende, Neuzuzügerinnen und Neuzuzüger, ältere Menschen oder Familien: Das Thema Integration prägt das Jetzt und die Zukunft – und es geht uns alle an. Unsere Partei will hier pragmatische Hilfestellungen bieten und nicht Ängste verbreiten oder gar negativ Stimmung machen. Die SP Roggwil setzt sich für alle Menschen ein, die in Roggwil angesiedelt sind oder es noch werden. Sie hilft ihnen, sich zu integrieren und ein menschenwürdiges Leben zu gestalten. Arbeit Arbeitsplätze im Dorf sind wichtig, sie müssen erhalten und wenn immer möglich neu geschaffen werden. Dazu sind wir auf wohlwollende Arbeitgeber angewiesen. Das heisst aber auch, dass wir diese in die Pflicht nehmen. Denn in den Firmen soll ebenfalls der Mensch im Zentrum stehen und deshalb vor der Rendite kommen. Es darf nicht sein, dass viele Arbeitende zugunsten von wenigen Reichen auf angemessene Löhne und soziale Leistungen verzichten müssen. Denn: ohne Arbeitende keine Produkte und somit kein Gewinn.

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Soziale Sicherheit Unsere Genossinnen und Genossen haben viel erreicht. Es gilt, diese Errungenschaften zu verteidigen. Kommende Generationen sollen ebenfalls in den Genuss von AHV, Renten, Ergänzungsleistungen und Hilflosenentschädigungen kommen. Themen wie zunehmende Krankheits- und Versorgungskosten, zu wenig günstiger Wohnraum etc. und damit verbunden drohendes Armutsrisiko werden uns mehr denn je beschäftigen. Hier wird ein grosses Engagement der SP über unser Dorf hinaus gefragt sein.

Alt und Jung zusammen gestalten die Zukunft. Schauen wir gut hin, damit sich das Leben im Dorf und in der Region lohnt. Gemeinsam für alle – in diesem Sinne freue ich mich auf ein weiterhin lebenswertes Roggwil. Yolanda Büschi, Präsidentin SP Roggwil

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14. Anhang

Liste der SP-Parteipräsidenten / SP-Parteipräsidentinnen 1916 – Fritz Meyer 1916 – Hans Marti Edmund Käser Erwin Käser Hans Mathys Walter Ammann 1961 – 1972 Kurt Meyer 1972 – 1975 Rudolf Hämisegger 1975 – 1982 Hans-Rudolf Walther 1982 – 1985 Ursula Spichiger 1985 – 1992 Markus Hutmacher 1992 – 1994 Hans-Rudolf Hirsbrunner 1994 – 2000 Markus Meyer 2000 – 2001 Thomas Pfister 2001 – 2003 Hans-Rudolf Hirsbrunner 2003 – 2011 Yolanda Büschi 2011 – 2013 Priska Grütter 2013 – Yolanda Büschi

Liste der SP-Gemeindepräsidenten / SP-Gemeindepräsidentinnen 1942 – 1954 Fritz Meyer 1955 – 1956 Ernst Gloor 1957 – 1961 Otto Zimmermann 2015 – Marianne Burkhard

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Liste der SP-Grossräte 1925 – 1947 Fritz Meyer 1958 – 1961 Rudolf Hönger 1966 – 1976 Kurt Meyer 1998 – 2014 Markus Meyer

Liste der SP-Regierungsräte 1976 – 1990 Kurt Meyer

Liste der SP-Nationalräte 1943 – 1954 Fritz Meyer 1973 – 1977 Kurt Meyer

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