Fiebach. Die augustinischen Anschauungen Papst Innocenz' III als Grundlage für die Beurteilung seiner Stellung zum deutschen Thronstreit (1198 bis 1208). 1914

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    Dieaugustinischen Anschauungen Papst Innocenz' III.als Grundlage fr die Beurteilung seiner Stellung

    zum deutschen Thronstreit (1198 bis 1208)

    Inaugural-Dissertationzur

    Erlangung der Doktorwrdeder Pliilosophisdioii Fakultt

    der K u i ^i i ch e n U n i v e r s i t ii t Greifs w a 1 dvorgelegt von

    Johannes FiebachIIaBRA^'^T 9 1922

    ^-:^-/yOFTO \^V

    NeisseF. Br 's Buchdruckerei, G.m.b.H.

    1914

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    Gedruckt mit Genehmigung der Philosophischen Fakulttder Universitt Greifswald

    Dekan: Prof. Dr. E. Pernio eReferent : Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. E. B e r n h e i m

    Tag der mndlichen Prfung: 5. Februar 1914

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    Meinem Lehrer,Herrn Geheimen Regierungsrat

    Prof. Dr. Ernst Bernheim,gewidmet

    in dankbarer Verehrung

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    Inhalt.SeiteEinleitung 15

    I. Die Geschichtsauffassung Augustins in den SchriftenPapst Innocenz' III 615

    II. Die speziellen politischen Begriffe Papst Innocenz' III.im Lichte augustinischer Geschichtsanschauung IG (in

    Pax, tranquillitas IG 20. Superbia (tempestas), dis-cordia, scandala, pugna domestica 20 34. - Pax falsa,otiositas 34 36. Justutn bellum, bonum odium undFeindesliebe 36 41. Justitia, rex iustus, oboedientia,humilitas 41 49. Inoboedientia 49 50. Libertasecclesiae, servitus diaboli, rex iniustus, tyrannus 50 55. Innocenz III. als vicarius Christi und successorPetri ; geistliche und weltliche Madit, gladius spiri-tualis gladius materialis 55 60.

    Sdilug 61-64

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    Digitized by the Internet Archivein 2011 with funding fromUniversity of Toronto

    http://www.archive.org/details/dieaugustinischeOOfieb

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    Einleitung.Das erste eigentliche System einer Philosophie der

    Geschichte hat der Kirchenvater Augustinus formuliert undin seinen 22 libri de civitate Dei niedergelegt.

    Im Jenseits und hier auf Erden stehen sich zwei Reichegegenber, das Gottesreich und das Teufelsreich. Lefeteresist durch den Abfall des Teufels metaphysisch begrndetund breitet sich seit der Snde des ersten Menschenpaaresauf Erden aus. Kain ist sein erster Brger, whrend Abelund seine Nachkommenschaft als die Auserwhlten Gottesdie civitas Dei darstellen. Da die civitas diaboli durch dieAusbreitung der asiatischen Vlker und des rmischenReiches zu groger Macht gelangt, steigt Christus zur Erdenieder, um das Gottesreich zu erneuern: Christus stiftetdie ecclesia Dei, die unter dem Schut5e Gottes den Kampfgegen die cives diaboli nunmehr siegreich durchfhrt. AmTage des jngsten Gerichts werden die Teufelskinder in dieHlle verstoen, whrend die Kinder Gottes der ewigenSeligkeit in der himmlischen civitas Dei teilhaftig werden.

    Zur civitas Dei gehren diejenigen, welche sich alsdemtige, friedfertige Gotteskinder in iustitia und oboe-dientia den Geboten Gottes unterwerfen. Dementsprechendgilt der den Befehlen Gottes sich demtig unterordnendeHerrscher als friedfertiger, gerechter Knig, als rex iustus.Das Ziel seiner Herrschaft ist Pax, das Streben, sich undseinen Untergebenen die Harmonie mit Gott und der Weltzu erhalten. Pax und Justitia bilden also die Signaturdes wahrhaft christlichen Herrschers.

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    2 Die Anhnger des Teufelsreiches sind die gottlosen

    cives diaboli, gebrandmarkt durch inneren Unfrieden, Zwie-tracht mit der Umwelt, Ungehorsam gegen Gott und seineGebote. In der civitas diaboli herrscht der tyrannus, derrex iniquus, iniustus; er gilt als filius diaboli, wenn nichtgar als der Satan selbst. Superbia und Inoboedientiasind die Kriterien seiner Herrschaft, die das Sndenreichzu Grunde richtet.

    Dag die in diesem System entwickelte dualistisch-theokratische Auffassung der Weltgeschichte der biszum Weltuntergang tobende, mit uerster Erbitterunggefhrte Kampf des Teufels und seiner Scharen gegen dieGotteskinder im ganzen Mittelalter geherrscht hat, istbei dem wachsenden Verstndnis fr die Wichtigkeit derGeschichtsphilosophie whrend der lefeten Jahrzehnte ver-schiedentlich allgemein dargestellt worden. ^ Aber erstBernheim hat nachgewiesen, eine wie tiefgehende Be-deutung die Kenntnis der speziellen Begriffe des geschidits-philosophischen Systems Augustins fr- das intime Ver-stndnis des Mittelalters hat, die man als Schlagworteihrer Zeit, in ihrem spezifischen Sinne erfassen mug, umganze Werke, die Standpunkte fhrender Parteimnner,wesentliche Stdce des mittelalterlichen Geisteslebens ber-haupt zu verstehen". 2)

    1) O. Giercke, Genossenschaftsrecht, Berlin 1868-1881, III. Teil,p. 511 ff. H. V. Eicken, Geschichte und System der mittelalter-lidien Weltanschauung, Stuttgart 1887, p. 304 ff. - C. Mirbt, DieStellung Augustins in der Publizistik des Gregorianischen Kirchen-streites, Diss. Leipzig 1888. - C. Mirbt, Die Publizistik im ZeitalterGregors VII., Leipzig 1894.

    2) E. Bernheim, Politische Begriffe des Mittelalters im Lichteder Anschauungen Augustins (Pax, iustitia, oboedientia, rex iustus,discordia, superbia, inoboedientia, tyrannus; regimen iusti pastoris,libertas regni ecclesiae Romanae), in der deutschen Zeitschrift frGeschichtswissenschaft. Neue Folge. 1. Jahrgang 1896/97. 1. Heft. -Vergl. E. Bernheim, Lehrbuch der historisdien Methode und derGeschichtsphilosophie, Leipzig 1908, p. 687 ff. - Vergl. E. Bernheim,Die augustinische Geschichtsanschauung in Ruotgers Biographie desErzbischofs Bruno von Cln, in der Zeitschrift der Savingnystiftungfr deutsche Reditsgesdiidite. Bd. 33, kanon. Abt. Bd. II, 1912, p. 299 ff.

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    3 In seiner Abhandlung ber den Charakter Ottos

    von Freising und seiner Werke weist Bernheim nadi,dag infolge der Unkenntnis der zu Grunde Hegendengeschichtsphilosophischen Anschauungen die damit eng ver-knpften pohtischen Ansichten nicht nur im groen Ganzen,sondern bis zum einzelnen Wortsinn unverstanden und nach-weisliche Textverderbnisse unbeanstandet geblieben sind.

    Entsprechende Tatsachen werden uns auch in derfolgenden Abhandlung begegnen.

    Mit dem geschichtsphilosophisdien System Augustins,das in den Moralia" Gregors des Groen und dem flschlichCyprianus zugeschriebenen Werk De XII abusivis saeculi"-)vorzgliche Kommentare und Ausfhrungen erhalten hat,verbinden sich in dem politischen Ideenkreis des Mittel-alters die apokalyptischen Erwartungen des Antichrist-').Whrend des ganzen Mittelalters hat man sich mit derFrage nach der Zeit seines Erscheinens beschftigt. AlsZeichen des nahenden Antichrists werden in den Kom-mentaren zur Johannesapokalypse und in den Sdiriftender Kirchenvter Zwietracht, Hag, Mord, Gottlosigkeit inder Familie, im Staat, bei ganzen Vlkern bezeichnet.Man war sich nicht klar darber, ob der Antichrist identischmit dem Satan oder sein Vorlufer sei, ob er als krper-liches oder rein geistiges Wesen, transfigurans se inangelum lucis," sein gefrchtetes Schreckensregiment berdie sndige Welt ausbreiten werde. Als Heuchler werdeer sub specie religionis", sub praetextu iustitiae" unterden Menschen einherwandeln, sodag auch Kinder Gottesseinen Verfhrungsknsten zum Opfer fallen werden.Tyrannis ist das Kennzeichen seiner Herrschaft. Wir er-kennen, wie nahe es fr einen civis Dei des Mittelalterslag, einen papstfeindlichen Knig, einen rex iniquus mit

    ^) Mitteilungen des Instituts fr sterreichische Geschidits-forschung, Bd. 6, 1885.

    -) Herausgegeben von S. Hellmann, Leipzig 19U9, in : Texteund Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur vonAd. Harnack und C. Schmidt, 3. Reihe, 4. Bd., Heft 1.

    ^') W. Bousset, Der Antichrist, Gttingen 1895.1*

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    4dem Antichrist zu identifizieren, ein Moment, das bei derInterpretation mittelalterlicher Texte nicht auger Adit ge-lassen werden darf. Und andererseits verbindet sidi mitdem Ideenbild des rex iustus das des in den sibyllinisdienProphetieen verkndeten groen Friedensfrsten, der vordem Weltende eine herrliche ra des Glcks und Segensherauffhren wird.^

    Innocenz III., nadi Gregor VII. der bedeutendste dermittelalterhdien Ppste, steht, wie jener, ganz auf demBoden augustinischer Geschichtsansdiauung. Wir knnenseine politischen Bestrebungen, insbesondere seine Stellung-nahme im deutschen Thronstreit zwischen Philipp vonSchwaben und Otto von Wittelsbadi nur dann richtig be-urteilen, wenn wir den Papst, ebenso wie seine Freundeund Feinde, aus den Anschauungen ihrer Zeit heraus zuverstehen suchen, in der die Lehre von der civitas Deiund der civitas diaboli Gemeingut aller Gebildeten war.

    Infolge der Eigenart Innoncenz' III., auffallend hufigdie heilige Schrift zu eitleren wir finden in seinenPredigten und theoretischen Schriften fters lngere Ab-schnitte, in denen ohne jeghche Zwischenbemerkung Bibel-stelle an Bibelstelle gereiht ist knnte man zu derirrtmlichen Auffassung gelangen, Innocenz sei zu seinenAusfhrungen unmittelbar durch die heilige Schrift an-geregt worden. Darauf ist zu erwidern, dag sich Innocenzallerdings auf die heilige Schrift beruft, wie diese selbst-verstndlich auch dem System Augustins zu Grunde liegtund von ihm ausgiebig citiert wird. Jedoch die Art undWeise der Zusammenstellung der Schriftstellen, ihre Ver-wendung und Erklrung im Zusammenhang und die prak-tischen Folgerungen daraus lassen deuthch erkennen, dagInnocenz' Anschauungen das System Augustins zu Grundeliegt. Zudem erkennen wir oft genug die charakteristischenBegriffe, Wendungen und Ideen Augustins in des PapstesWorten. Zuweilen bemerken wir auch charakteristischeAusfhrungen und Modifikationen jener Ideen.

    ^) E. Sackur, Sibyllinische Texte und Forschungen: Pseudo-methodius, Adso, die Tiburtinisdie Sibylle. Halle 1898.

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    5 Man ist diesen Zusammenhngen im Gedankensystem

    Innocenz' bisher nicht nachgegangen; auch HurterO hatin seiner Annalyse der Anschauungen des grogen Papsteses nicht getan. In der folgenden Abhandlung soll esversucht werden.

    ^) Hurter, Gesdiidite Papst Innocenz' III., 1830.

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    I. Die Geschichtsauffassung Augustinsin den Schriften Papst Innocenz' III,Der von Augustin in seiner Civitas Dei geschilderte

    Dualismus in der Weltgeschichte/) der leidenschaftlicheKampf der Teufelskinder gegen die Kinder Gottes, dermit dem Fall der Engel und der Snde unserer Stamm-eltern beginnt und bis zum Tage des jngsten Gerichtsdauert, durch das die Gotteskinder zur ewigen Seligkeitberufen, der Satan aber und seine Scharen zu ewigerVerdammnis in die Hlle verstoen werden, dieser Kampfmit allen seinen Tcken und Greueln, durch die der Teufeldas Gottesreich zu vernichten sucht, und seine siegreicheAbwehr durch die Cives Dei bilden, bald versteckt, baldklar hervortretend, den leitenden Gedanken fr die Ent-sdiliegungen Papst Innocenz' III. und kommen in seinenBriefen, Predigten und theoretischen Schriften zum Ausdruck.

    Innocenz III. nennt die inimicos Civitatis Dei falsifratres,-) filii hominum,') filii BeliaV) qui pugnant contraDeum."^) Sie fliehen das magisterium ecclesiae Romanaeet novis adinventionibus auditorum corda seducunt. Die

    ') Speziell lib. XI ff.^) Ep. IX, 208. (Innocentii III. Romani PontificisOpera omnia, Bd. I IV bei Migne, Patrologiae cursus completus,

    Patres, latini Series II, tom. 214-217.) Vergl. Augustinus,Enarratio in Ps. 142. (Migne, Bd. 37, p. 1847 und fter. -St. Aureli iAugustini, Hipponensis episcopi, opera omnia bei Migne,Patrologiae cursus completus, Patres latini, Series I, tom. 32-47.)

    ^) Ep. I, 388. - Vergl. Augustinus, Enarratio in Ps. 52.(Bd. 36, p. 618 und fter.)

    4) Ep. V, 155; VII, 212.') Ep. VI, 4.

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    7 simplices und indocti fallen ihnen zuerst zum Opfer ;0denn in favorem propriae perversitatis doctrinam evangeli-cam, propheticam et apostolicam pervertunt.^) Die inimicierklren das Gute fr schlecht und das Schlechte fr gut.An Stelle des Lichtes setzen sie Finsternis, und woFinsternis ist, behaupten sie, sei Licht. Ses verkehren siein Bitteres und umgekehrt. Sie frchten Gott nicht undehren keinen Menschen. Durch ihre falschen Erklrungenwerden die Glaubenswahrheiten sinnlos gemacht undkanonische Bestimmungen entstellt. Die erprobte Hierarchieder Kirche Gottes wollen die filii iniquitatis ^) ins Wankenbringen. An Stelle der erfahrenen Wrdentrger in derKirche sollen unkundige Neulinge treten, an Stelle derErprobten Leute, die an Ordnung und Gehorsam nichtgewhnt sind. Hinc detractio tyrannorum et populi inDeum et ecclesiarum contemptus procedit."^) Unermdlichist der Teufel, der antiquus hostis der Gotteskinder, ander Arbeit, die cives Dei virtutum amictu spoliare etpeccatorum piagas imponere.^) Denn der Teufel kannnicht bestehen in veritate,'*) er hagt Gott, der die Wahrheitist,^) und ergibt sich dem Vitium falsitatis,^) der frausinimicorum.'^) Quotidie daemon cum vitiis contra miserum

    ^) Ep. I, 94; vergl. Ep. II, 123.-Vergl. Sa(kur, 1. c. : Hominessimplices sunt amantes libertatem, veraces, mansueti, benigni, amantesconsolationes pauperum et satis sapientes.

    2) Ep. 1, 509.'^) Vergl. Augustinus Civ. Dei XVII, 18.') Ep. III, 24; vergl. Ep. I, 80; II, 1, 99, 123, 228; VI, 114,

    239; IX, 7, 208; X, 54, 149 und die ausfhrliche Darstellung in derAsdiermittwochspredigt, Sermo XII, (Bd. IV, p. 367).

    0 Ep. V, 161.^) Augustinus Civ. Dei XI, 14: Tamquam ea sit causa,ut in veritate non steterit, quod in eo veritas non sit: cum potius

    ea sit causa, ut in eo veritas non sit, quod in veritate non steterit.Vergl. Augustinus Civ. Dei XIX, 13.

    ') Ep. VI, 4.'^) Ep. VI, 116; vergl. Ep. I, 81; VII, 36, 39; X, 101, 143; XI,

    85. - Vergl. Sackur, 1. c: qui facit prodigia et signa magna perfalsas simulationes (p. 185).

    '->) Ep. VII, 127.

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    8 hominem pugnatJ) Innocenz vergleicht den Teufel mitder Nacht,-) oder er nennt ihn den princeps tenebrarum,(dilectio tenebrarum id est dilectio iniquitatis, AugustinusCiv. Dei VII, 31,) der das Licht hat, weil er Sdileditestut in tenebris vitiorum, erroris, infidelitatis et ignorantiae.-^)Unter dem Scheine eines guten Engels, se transfiguransin angelum lucis,^) naht der Versucher dem Gerechtenspecie pietatis, virtutem autem abnegans,^^) specie iustitiae,'*)pace simulata,^ simulatae pacis et amicitiae fictae vellerevelatus.^) Deshalb warnt Innocenz den Bischof P.: Nonfacile credas omni spiritui, donec veraciter probes, utrumhuiusmodi Spiritus sit ex Deo, ne forte, maligno deceptuserrore, dicas bonum malum, aut malum bonum, ponasquelucem tenebras, aut tenebras lucem.^) Der Satan kenntmille nocendi modos et dolositates multiplices spiritusperditionis,^o) non solum in civitatibus, sed etiam in soli-tudinibus, non solum in campis, sed etiam in montibus,non solum in domibus, sed etiam in speluncis, non solum

    1) Sermo XXXI, Bd. IV, p. 589.2) Sermo III, Bd. IV, p. 326.') Sermo II, Bd. IV, p. 324; vergl. Sermo V, Bd. IV, p. 333;Sermo XXIII, Bd. IV. p. 557; Sermo XXIV, Bd. IV, p. 561; de

    contemptu mundi, cap. 31. Bd. IV, p. 729; Sermo XIII, Bd. IV,p. 371; Sermo XXIII, Bd. IV, p. 415; Sermo II in consecrationePontificis Maximi, Bd. IV, p. 653.

    4) Ep. I, 359, 530; VII, 136; IX, 62; X, 143; Sermo V, Bd. IV,p. 333. - Vergl. Augustinus Civ. Dei XIX, 9.

    ) Ep. II, 123; VI, 113. Vergl. Augustinus Speculum deScriptura sacra", Bd. 34, p. 1025: habentes speciem quidem pietatis,virtutem autem eius abnegantes. - Vergl. Sackur, 1. c. : homines,quod verum est, abnegantes (p. 179), amantes falsitatem (p. 183).

    ) Ep. I, 94. - Vergl. hierzu das im 2. Hauptteil ber diepax falsa" Gesagte.

    ') Ep. VI, 216. - Vergl. Augustinus Civ. Dei XIX, 12.^) Ep. V, 155; Bd. IV, p. 97.9) Ep. VII, 136.1") Ep. I, 262. - Vergl. Sackur, 1. c, p. 105 ff.: Antidiristus

    multos habet suae malignitatis ministros . . . Habebit magos, male-ficos, divinos et incantatores, qui eum diabolo inspirante nutrientet docebunt in omni iniquitate, falsitate et nefaria arte. Et maligniSpiritus erunt duces eius et socii semper et comites indivisi.

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    9in custodiis, sed etiam in cavernis terrae. Suae fraudismalignitate et variis modis eis praestat materiam excedendiet animas eorum inextricabili laqueo nititur irretiri,^) uteos secum in ignem perpetuae gehennae retrudat.^) SeinZiel ist, den Namen Gottes vom Erdboden zu vertilgen/)Mit zu Herzen gehenden Worten, in treuer Erfllung derPfliditen, die ihm als paterfamilias-^) gegenber den filiiecclesiae auferlegt sind, schildert Innocenz in der Pfingst-predigt den Zuhrern, wie die schwachen Menschen all-mhlich den Versuchungen des frohlockenden Satans, derihnen unbemerkt das virus suae iniquitatis einflgt,")erliegen. Die tief empfundene Abscheu vor dem Satan,dem princeps der augustinischen civitas diaboli, fhrt denPapst zu folgender, bei Augustin noch nicht nachweisbarerVorstellung : Gera quidem ad ignem primo mollescit, secundoliquescit, tertio evanescit. Sic et diabolus, qui est malorumintentor, primo ignem tentationis accendit, quo magis animaliquefacta quasi cera mollescit, cum incipit delectari. Se-cundo magis ignem tentationis accendit, quo magis animaliquefacta quasi cera liquescit, cum incipit consentire.Tertio, magis ac magis anima calefacta, quasi cera penitusevanescit, cum incipit perpetrare. Quia peccatum cumfuerit consummatum, generat mortem (Jac. I)", propterquod legitur: Sicut cera a facie ignis, sie pereant pecca-tores a facie Dei. (Psalm LXVII)." ')Auch die Schilderung von dem dreifachen Auftretendes lupus, d. i. des Teufels, mssen wir als eine eigeneModifikation Innocenz' betrachten: Lupus est daemon,lupus est haereticus, lupus est tyrannus. De primo dicitur:

    1) Sermo VI, Bd. IV, p. 617.2) Ep. I, 80.4 Ep. I, 494.4) Ep. II, 191.^) Ep. I, 192,509; II, 228; 111,44; IX, 181. - Vergl. Augustinus

    Civ. Dei XIX, 14 und 16. Weitere Ausfhrungen ber die Pflichtendes paterfamilias findet man unter dem Stidiwort berlas ecclesiae".

    ) Ep. I, 94. - Vergl. Sackur, l. c. p. 106: iustos veneno suaemalitiae occidit.

    7) Bd. IV, p. 415.

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    10 Lupus rapit et dispergit oves. De secundo legitur: Attenditea falsis prophetis, qui veniunt ad vos in vestimentisovium, intrinsecus autem sunt lupi rapaces. De tertio veroscribitur: Ecce mitto vos, sicut agnos inter lupos. Haere-ticus rapit, tyrannus dispergit, daemon autem et dispergitet rapit. Dispergit per violentiam, rapit per fraudulentiam.Quia est violentus ut leo, et fraudulentus ut dracoJ)

    In den Schilderungen der Feinde Gottes vermgenwir trofe der Weiterbildung durch Innocenz deutlich diezu Grunde liegende Anschauung Augustins zu erkennen,die in Innocenz' III. Predigt zum Apostelfest besondersklar zu Tage tritt. Wir glauben in den Schriften Augustinszu lesen : Rex regum diversas habet in diversis regionibuscivitates, coelestem (id est ecclesia triumphantium) etterrestrem (est ecclesia militantium); spiritualem (est fide-lis anima) et corporalem (est miserabilis Jerosolyma) . . .Utraque civitas multiplices hostes habet: superiores etinferiores, interiores et exteriores. Superiores sunt dae-mones malignantes, inferiores sunt homines adversantes,interiores sunt concupiscentiae carnales, exteriores suntillecebrae saeculares .... Infelix homo, quem tot inimicicircumstant, quem tot hostes impugnant! . . Primus enimhostis tamquam serpens callidus Evam seduxit, secundustamquam vulpes dolosa vineas depascit, tertius tamquamDalila blandiens Samsonem circumvenit, quartus tamquamSirena mulcens nautas adducit . . . Primus hostis perse-quitur per diabolicas suggestiones, secundus per haereticassubversiones, tertius per vanas delectationes, quartus permundanas ambitiones. Sed ut caeteros praetermittam, exipsis hominibus varios habet hostes: impios et schismaticos,perfidos et haereticos.^) Die Verwandschaft mit deraugustinischen Auffassung von der Civitas Dei und der

    ifSermo XXI, Bd. IV, p. 4U5; vergl. Ep. I, 151; II, 123. -Weitere Schilderungen des Teufels und seines gottverhagten Treibenssiehe bei Innocenz: Ep. I, 79, 80, 306, 494; VI, 216; X, 1, 69, 156;Bd. IV, p. 129. - Vergl. Augustinus ber den Teufel: Civ. DeiXIX, 13. - Sermo contra Judaeos, Paganos et Arianos, cap. 2.(Bd. 42, p. 1117 ff.)

    2) Sermo II, Bd. IV, p. 601.

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    Civitas diaboli ist deutlidi zu erkennen. Die Einteilungder Gottesfeinde in superiores, inferiores, interiores undexteriores, entsprechend der Teilung in vier civitates, istals eine interessante Weiterbildung der augustinisdienAuffassung durch Innocenz bemerkenswert.

    Auger den impii, schismatici, perfidi, haeretici, gehrenzur Civitas Diaboli audi die pagani, qui honorem Deodebitum animalibus brutis, arboribus frondosis, aquis lim-pidis, virentibus herbis et spiritibus immundis impendunt.O

    Seine Stellung gegenber den Juden charakterisiertInnocenz folgenderweise: Ut esset Cain vagus et profugussuper terram, nee interficeretur a quoquam, tremoremcapitis Signum Dominus imposuit super eum : Quia Judaei,contra quos clamat vox sanguinis Jesu Christi, etsi occidinon debeant, nee divinae legis obliviscatur populus Chri-stianus, dispergi tamen debent super terram ut vagi,quatenus facies ipsorum ignominia repleatur et quaerantnomen Jesu Christi. Blasphematores enim nominisChristianinon debent a Christianis principibus in oppressionem servo-rum Domini confoveri, sed potius comprimi Servitute,qua se dignos merito reddiderunt, cum in illum manusiniecere sacrilegas, qui veram eis conferre venerat liber-tatem.-) Die Juden, die Innocenz also auch zu den civesdiaboli rechnet, sollen in drckender Knechtschaft gehalten,die Hretiker, jene satellites Satanae, ) jene homines pes-tilentes sitientes perniciem animarum,^) sogar ausgemerztwerden, was Innocenz in den Briefen sehr hufig betont:haeretici exstirpandi sunt.-')

    Dies mug um so unverzglicher getan werden, alsdas Unkraut, das der Satan unter den Weizen gest hat,inimicus homo superseminans zizania,^*) vielfltige Fruchtbringt. Malitia et iniquitas hominum, malignae opprimentium,

    ^) Ep. II, 191. - Vergl. (auch zu dem folgenden) AugustinusSermo contra Judaeos, Paganos et Arianos. (Bd. 42, p. 1117 ff.)-') Ep. X, 190.^) Ep. XI, 2G.4 Ep. III, 3, VI, 113. - Vergl. Augustinus Civ. Dei XVI, 1 1^) Ep. I, 81, 94; II, 123; III, 3; XI, 26 u. a.) Ep. I, 182; II, 1, 24; V, 3, 26; VII, 76; X, 206; XI, 174 u. s. w.

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    12 perversitas eorum effraenata crescunt in immensum.O Refriguit vanitas hominum et iniquitas abundavit, ut,qiii dati sunt in reprobum sensuni, laetentur, cum malefecerint et in pessimis rebus exsultent, ac se ipsos perse-quendo dilanient; ita, ut in suo sanguine cruententur.-)

    Noch in vielen anderen Briefen und Predigten be-sdiftigt sich Innocenz mit der iniquitas und pravitasimproborum-^) und ihrer Abwehr durch die Kinder Gottes.Beklagt Innocenz auch voller Trauer die fallax suggestioantiqui hostis,*) den defectus conditionis humanae,^) dieangustiae et arumnae ecclesiae,^) die durdi die Sndeerregte tempestas/) die fragilitas humana,^) die augen-blickliche schlimme Zeit, in der die tentationes inimici be-sonders heftig den Seelenfrieden zu stren suchen,^) soverliert der Lenker der irdischen Civitas Dei doch nichtsein Vertrauen zur ineffabilis sapientia Conditoris, quaenihil in terra sine certa causa propriaque ratione disponitJ'^)Gott hilft, 11) deshalb braucht Innocenz niemanden zufrchten. 12) Gott wird die violentia des Satans von der

    1) Ep. I, 15, 79, 172, 509; III, 51; VI, IM; VII, 45; IX, 166;Bd. IV, p. 107; Sermo XXIII, Bd. IV (p. 415).

    2) Ep. III, 51.3) Ep. I, 172, 118, 151, 156, 198; II, 203; III, 6; IV, 155; VI,

    113, 114, 150, 184; VII, 76, 79, 197, 212; VIII, 85; IX, 119, 132, 208;X, 19, 101, 121, 202, 214; XI, 26; (Bd. TV, p. 98). Auerdem: Sermo VI,(Bd. IV, p. 617); Sermo IX, (Bd. IV, p. 351); Sermo XXIII, (Bd. IV,p. 415). Im Prooemium zum Commentar der Bugpsalmen, (Bd. IV,p. 967), und in seinem Werk De contemptu mundi" sive De miseriaconditionis humanae", lib. I, cap. 20, de hostibus hominis, (Bd. IV, p. 712).

    *) Ep. I, 306.5) Ep. II, 202.6) Ep. IX, 132.') Ep. IX, 150. Vergl., was ber Superbia" gesagt werden wird.) Ep. X, 138.'') Ep. I, 88. Hierber wird bei der Besprediung der scandala"

    und pugna domestica" ausfhrlich zu handeln sein.1^) Ep. I, 1.'1) Vergl. Augustinus In Johannis Evang., Tractatus 77.

    (Bd. 35, p. 1834.)12) Ep. VI, 182.

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    13 Kirche abwehren. Christus, das fundamentum ecclesiae,^)qui est omnium bonorum largitor,-^) hat seinen Apostelnversprodien: Vobiscum ero omnibus diebus usque adconsummatiorem saecuU". Si Deus nobiscum, qui contranos? . . . Frustra laborat haereticus vel schismaticus,frustra laborat perfidus lupus, ut demoliatur vineam, uttunicam scindat,^) ut evertat candelabrum, ut lucernamextinguat, iuxta verbum Gamalielis: Si ex hominibus esthoc consihum, dissolvetur; si vero ex Deo est, non poteritisillud dissolvere, ne forte et Deo inveniamini repugnare".Dominus mihi adiutor, non timebo, quid faciat mihi homo ?)

    Zur Erluterung des DuaHsmus zwischen Gottes- undTeut'elsstaat benut5t Innocenz den Vergleich zwischen derecclesia, sponsa Christi, und der synagoga Satanae: UnusDominus, Jesus Christus, unam sibi sponsam, ecclesiamvidelicet ex gentibus congregatam, elegit, non habentemmaculam neque rugam. Quidam diversas sibi ecclesias,imo potius Satanae synagogas, confingunt, doctrinam evan-gelicam . . . depravantes et ad defensionem sui errorisin suae salutis perniciem pervertentes.^) Ecclesia habetregnum et sacerdotium, templum et altare, legem etpropheticam. Synagogae ablatum est regnum Dei. Tamgrandi detinetur errore, ut nee intelligat veritatem.^)

    1) Ep. II, 4.2) Ep. X, 137.') Ep. I, 8.*) Vergl. p. 28.^) Sermo II, in consecratione Pontificis maximi, (Bd. IV, p. (353);

    vergl. Sermo V, Bd. IV, p. 333; Ep. I, 11, 12, 13, 230, 354, 559.6) Ep. I, 94.') Sermo XVI, (Bd. IV, p. 385).Vergl. Augustinus Sermo 90, cap. G. (Bd. 38, p. 563): Jamad convivium acceditis et vestem in hominem sponsi nondum habetis.

    Vestis enim nuptialis in honore accipitur coniugationis, id est sponsiet sponsae. Nostis sponsum: Christus est; nostis sponsam: ecclesia est.Augustinus De symbolo Sermo ad catechumenos, cap. 13.(Bd. 40, p. 668): Ecclesia sponsa Christi est; gratia eins dealbata,pretioso sanguine dotata. - Augustinus Sermo 91, cap. 6. (Bd. 38,p. 570) Reliquit et matrem synagogam, de qua carnaliter natus est.Adhaesit uxori suae, id est ecclesiae suae. - Augustinus Enarratio

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    14 ~Eindrucksvoll beleuchtet Innocenz den augustinischen

    Dualismus dadurch, dag er die Freveltaten der cives diabolihinstellt als Undankbarkeit der ungeratenen Shne gegendie Kirche/) quae est mater et magistra omnium.^) Innocenzschreibt ber die filii ingratitudinis an den Erzbischof derLombardei: Fihi etenim, si tamen filii sint dicendi, qui affectudeposito filiali, hostilem animum induerunt, maledicentespatri et matri, non tarn verbis quam factis, ut morte per-petua moriantur, quos exaltare ecclesia studuit et nutrire,retribuentes ei mala pro bonis et pro dilectione odiumrependentes, non solummodo hanc spreverant, sed velutgenimina viperarum coniurarunt in matrem, eins sanguinemsitientes, cuius consueverant mamilla lactari. Deduxeratenim eos in cellaria sua, parvulis potum tribuerat et nonescam, provectis cibum solidum ministrarat, ad refectionemeorum panes de mensa propositionis assumens, et aquamei sapientiae salutaris exponens; sed illi iam incrassati etiam dilatati, recedentes ab ipsa, erigunt calcaneum contramatrem, contra stimulum calcitrant et ei, cuius panesedebant, pro pane lapidem, pro pisce serpentem et proovo porrigunt scorpionem.'^

    Eine charakteristische Darstellung des Unterschiedeszwischen Civitas Dei und Civitas Diaboli im Sinne Augustinsgibt uns Innocenz in folgender Schilderung: Mali quippegaudent in saeculo, beati vero in Deo gaudent. Istigaudent de spirituahbus et aeternis, illi vero de carnalibusin Psalmum 81, 1. (Bd. 37, p. 1047): In synagoga populum Israelaccipimus; quia et ipsorum proprie Synagoga dici solet, quamvis etecclesia dicta sit. Nostram vero Apostoli nunquam synagogamdixerunt, sed semper ecclesiam. Vergl. Augustinus Dealtercatione ecclesiae et synagogae dialogus." (Bd. 42, p. 1131 ff.)

    1) Vergl. Augustinus de agone christiano", cap. 30. (Bd. 40,p. 307.)

    2) Ep. I, 123, 302, 349, 375, 378; II, 57, 45, 58, 59, 88, 191; III,13, 39; IV, 160; IX, 98, 167, 204, 34; X, 16; XI, 250; Bd. IV, p. 53.

    ^) Ep. VI, 184; vergl. Ep. I, 182; III, 6; VI, 114, 234; VII, 212;IX, 208. - Vergl. Augustinus De symbolo Sermo ad catechumenos,cap. 13. (Bd. 40, p. 668): Nee habebit Deum Patrem, qui ecclesiamnoluerit habere matrem.

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    15 et mundanis; isti de virtutibus, illi de vitiis . . . Verumistorum gaudium est perpetuum, illorum verum gaudiummomentaneum. ... quot hodie sunt tales in mundo,quos nullum tangit gaudium de spiritualibus et aeternis,sed tantum de carnalibus et mundanis. ^) An andererStelle sagt Innocenz: Beati, qui occupantur in bonis, quiade bonis transibunt ad optima. Miseri, qui occupantur inmalis, quia de malis transibunt ad pessima.-)

    Derartige Gegenberstellungen zum Zwecke des Ver-gleiches der beiden civitates finden sich auch bei A u g u s t i n,zum Teil in ganz hnlichem Sinne: Fecerunt itaquecivitates duas amores duo : terrenam scilicet amorem suiusque ad contemptum Dei, coelestem vero amorem Deiusque ad contemptum sui. Denique illa in se ipsa, haecin Domino gloriatur. Illaenim quaerit ab hominibus gloriam;huic autem Dens, conscientiae testis, maxima est gloria.Illa in gloria sua exaltat caput suum; haec dixit Deo suo:Gloria mea, et exaltans caput meum (Psalm III, 4)." Illiin principibus eins, vel in eis, quas subiugat, nationibusdominandi libido dominatur; in hac serviunt invicem incaritate et praepositi consulendo et subditi obtemperando.Illa in suis potentibus diligit virtutem suam; haec dicit Deosuo: Diligam te. Domine, virtus mea. (Psalm XVII, 2.)"-')

    1) Sermo VI, (Bd. IV, p. 337.)^ Sermo IX, (Bd. IV, p. 351.)') Augustinus Civ. Dei XIV, 28. - Vergl. p. 26. - Augu-stinus: Differentia temporalis vitae et aeternae". (Bd. 42, p. 11 29 f.)

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    IL Die speziellen politischen BegriffePapst Innocenz' III. im Lichte

    augustinischer Geschichtsanschauung.Innocenz begngt sich nicht damit, nur die Haupt-

    pfeiler aus dem kunstvollen Gebude des augustinischenGottesstaates in sein Gedankensystem einzubauen, nein,er, der bedeutendste Gelehrte und Politiker seiner Zeit,hat auch die Sonderbegriffe augustinischer Gesdiidits-auffassung, gleichsam die groen hellen Fenster des Ge-budes, sich zueigengemacht und sie in ihrer von derklassischen stark abweichenden Bedeutung verwandt, ohnees fr ntig zu erachten, auch nur ein einziges Mal Augustinuszu eitleren, was uns als Beweis dafr zu dienen hat, wieallgemein verbreitet und gelufig diese Begriffe im Mittel-alter waren.

    Nach Augustins Anschauung sind pax, iustitia, oboe-dientia die eigentlichen Kennzeichen der Kinder Gottes,whrend die filii diaboli durch die Laster der superbia,discordia, inoboedientia gebrandmarkt sind.

    Der zentrale Begriff im augustinischen System istder Begriff des Friedens, der Pax. Pax, in der ideellstenBedeutung, das Aufgehen der Seele in Gott im knftigenLeben, pax in vita aeterna vel vita aeterna in pace,^beatitudo finalis, ipse perfectionis finis, qui consumentemnon habet finem,^) ist das erstrebenswerte Ziel jedes Gottes-kindes. Sie ist der gttliche Lohn fr den Sieg, den die Tugendim Kampfe gegen das Laster hienieden errungen hat.^)

    1) Augustinus, Civ. Dei, XIX, 11.2) Augustinus, Civ. Dei, XIX, 10.*) ibidem.

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    17 Da das Verlangen nach diesem inneren Frieden ein all-gemeines Naturgesefe ist/) suchen die Menschen das tantumbonum pacis" ^) schon in diesem Leben zu erreichen.^) ImV^. Kapitel des 19. Buches seiner Civitas Dei" gibtAugustin die verschiedenen Modifikationen des BegriffesPax" und kommt zu dem Ergebnis: Fax hier auf Erdenist der Zustand des inneren und ueren Gleichgewichts,in dem sich alles Geschaffene, wie es aus der Hand Gotteshervorgegangen ist, befindet und zu seinem Teil, an seinerStelle an der Einheit in Gott teilnimmt, krperlich wieseelisdi, die unbelebte Natur das ist zu beachten, wennman dem philosophischen Geiste und der praktischenTragweite des Systems gerecht werden will , wie diebelebte, vor allem auch der Mensch in allen seinen Be-ziehungen, sodag man den Begriff Fax" am entsprechendstenund fr uns verstndlichsten wiedergibt, wenn man ihnmit Harmonie" berseht. In diesem Sinne bezeichnetAugustinus den Frieden als das hchste Gut, jenen be-deutungsvollen Begriff der antiken Ethik, den er so um-wertet. Der Mensch hat dieses Gut in allen Beziehungenzu erstreben, also den Frieden, die Harmonie in seinemInneren, in der Familie, in den greren Gemeinschaftender Stadt, des Staates, endlich und berall in und mitGott." (Bernheim.) ^)

    1) Augustinus Civ. Dei XIX, 12.2) Ep. I, 432; V, 104; X, 226.^) Augustinus Civ. Dei, XIX, 11.^) Bei der zentralen Stellung, die die Pax im philoso-phischen System Augustins einnimmt, finden wir diesen

    Begriff auch in seinen anderen Sdiriften hufig erlutert : Enarratioin Ps. 36, n. (Bd. 36, 362); - Knarr, in Ps. 84. (Bd. 37, 1075); -De continentia, cap. 7. (Bd. 40, 360); - Epistolae ad GalatasSt. Augustini expositio, cap. 51 (Bd. 35, 2141); - In JohannisEvangelium Tractatus 104, cap. 1. (Bd. 35, 1901); - Quarundampropositionum ex epistolis ad Romanos, St. Augustini expositio(Bd. 35, 2065); De sermone Domini in monte, lib. I, cap. II, 9(Bd. 34, 1233); - Enarr. in Ps. 4, 8-9 (Bd. 36, 82); - Sermo 25(Bd. 38, 170) - Sermo 168, cap. 2 (Bd. 38, 912); - Enarr. in Ps. 124,4-5 (Bd. 37, 1655). -

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    18 -Alle, die von der diristlidien Pax, dem Zustande des

    inneren und ueren Gleidigewidits, erfllt sind, die sdionhienieden nach der Vereinigung mit Gott streben, versprenin sidi das beseligende Gefhl der tranquillitas, der recon-ciliatio mit Gott. Entsprechend den zwei Arten der Pax,auf Erden und im Himmel, scheidet Augustinus auch beider TranquiUitas. Von der Tranquillitas der Kinder Gottesauf Erden sagt Augustinus: Pax omnium rerum esttranquillitas ordinis ; ordo est parium dispariumque rerumsua cuique loca tribuens dispositio; proinde miseri, quiin quantum miseri sunt, utique in pace non sunt, tran-quillitate quidem ordinis carunt, ubi perturbatio nulla est.')Tranquilli sunt, quos non movet fenum peccatorum.^) Alsden Inbegriff der vera tranquillitas im Jenseits nenntAugustinus: Gaudium immortalitatis,societas Angelorum.^-)Den Gegensa zur Tranquillitas bildet die Perturbatio. Vonihr handelt Augustinus ausfhrlich in seinen Confessiones,lib. X, cap. 14: Dico quattuor esse perturbationes animicupiditatem, laetitiam (hier: die ungeordnete Freude),metum, tristitiam, (die ja die cives diaboli infolge desfehlenden Gottvertrauens beschleichen mug).'^)

    Es ist wichtig festzustellen, ein wie bedeutenderFaktor die augustinischen Begriffe der Pax, Tranquillitasund Perturbatio im Ideenkreise Innocenz* III. sind. Innocenzspricht von der nuptiae der Seelen mit Gott; wer Gottanhngt, ist eines Geistes mit ihm, und wer in seinerLiebe bleibt, bleibt in Gott und Gott in ihm.^) Inseinem Werke de contemptu mundi", lib. I, cap. 21 ")klagt Innocenz, die pax, der Frieden der Seele, werdedurch die Verbindung mit dem Krper gestrt: Educde carcere animam meam. Nusquam quies et tran-quillitas, nusquam pax nee securitas, ubique timor ettremor, ubique labor et dolor. Nur die Kirche Christi

    1) Augustinus Civ. Dei XIX, 13.2) Enarratio in Ps. 91. (Bd. 37, p. 1180).'^) Enarratio in Ps. 34, 15. (Bd. 36, p. 319).4) Bd. 30, p. 788.^) Sermo III, (Bd. IV, p. 659).6) Bd. IV, p. 713.

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    - 19 kann den Gottesfrieden spenden. Sie zeigt uns den Weg,auf dem wir zum ewigen Frieden gelangen : Hierusalem,civitas illa terrestris (das ist die Kirche, Gegensatz: civitascoelestis, himmlisches Jerusalem), secundum interpreta-tionem vocabuli pacis visio" nuncupetur, et ipsa vixunquam vel modico tempore pacem potuerit obtinere,promissio pacis ad illam Hierusalem nos profecto trans-mittit, quae sursum est mater nostra, in qua pax Dei,quae exsuperat omnem sensum, abundat.^ Diesen Ge-danken fhrt Innocenz in seiner Predigt fr den 2. Advents-sonntag nher aus-): Scitis, carissimi, quod Hierusalem(id est ecclesia) quattuor modis accipitur . . . Innocenzvergleicht Jerusalem mit der ecclesia superior (id estecclesia triumphantium), der ecclesia inferior (id estecclesia militantium), mit der ecclesia interior (id est fidelisanima) und der ecclesia exterior (id est miserabilis Hiero-solyma). Hierusalem quippe visio pacis" interpretatur.Est autem pax peccatorum in vitiis, pax conversorum inmoribus, pax iustorum in gratia et pax beatorum in gloria.De pace peccatorum dicit Psalmista : Celavi in peccatoribuspacem peccatorum videns (Psalm 27). Hanc autem pacemvidit Hierusalem exterior, id est miserabilis Hierosolyma,quam modo possident peccatores, qui de vanitate conveniuntin idipsum. De pace conversorum in moribus inquitApostolus: Christus est pax nostra, qui fecit exutroqueunum,ut duos condat in semetipso parietes in uno novo hominefaciens pacem (Ephes. II). Hanc pacem videt Hierusaleminferior, id est ecclesia militantium, qui ambulant in domoDomini cum consensu (Psalm 54). De pace iustorum ingratia Dominus ait: Pacem meam do vobis, pacem meamrelinquo vobis, non quomodo mundus dat, ego do vobis(Joh. 14). Hanc autem pacem videt Hierusalem interior,id est fidelis anima. Quia fructus spiritus est: charitas,gaudium, pax, patientia (Gal. 5). De pace beatorum ingloria dicit Propheta: In pace in idipsum dormiam etrequiescam (Psalm 4). Hanc autem pacem videt Hierusalem

    1) Ep. II, 271.2) Bd. IV, p. 330 ff.

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    20superior, id est ecclesia triumphantium, quoniam interelectos est pax super pacem."

    Die eigentmliche bersefeung von Jerusalem mitvisio pacis" zeigt uns ganz deutlich die enge AnlehnungInnocenz' III. an Augustin, der mehrmals in seinenWerken diese Interpretation gibt: filii delecti, o filiiregni, o cives Jerusalem, quoniam in Jerusalem visio pacisest, omnes qui amant pacem, benedicuntur in ea, et ipsiintrant, cum clauduntur portae et firmantur rectis.-) Inder Civitas Dei" liber XIX, cap. 11 sagt Augustinus:Nam et ipsius civitatis (seil. Dei) mysticum nomen, idest Jerusalem, quod et ante iam diximus, Visio pacisinterpretatur. Wieder an anderer Stelle drckt sichAugustinus so aus: Audite, Jerusalem interpretaturVisio pacis." Intelligat Caritas vestra, Jerusalem inter-pretatur Visio pacis". ^)

    Nicht immer bedeutet Pax bei Innocenz, wie natrlichauch bei Augustin und anderen mittelalterlidien Schriftstellernnicht immer, den Frieden im Sinne Augustins. Wir begegnenauch der gewhnlichen, klassischen, Bedeutung. PolitischerFrieden, Ruhe und Sicherheit vor Kriegsgefahr sind wichtigfr den Gottesstaat, denn im Kriegsgetmmel kann derGottesfrieden nicht gedeihen: religiosorum quies ab omnisit perturbatione secura et a iugo mundano oppressionisservetur illaesa.*)

    Sowie Pax das wesentliche Kennzeichen der Gottes-kinder ist, so gilt Superbia, Inoboedientia als das Charak-teristikum der Teufelskinder, durch das die ursprnglicheHarmonie der Weltordnung gestrt wurde. Gott hat esin unerforschlichem Ratschlug zugelassen, dag der EngelLucifer von ihm abfiel, da dieser etwas fr sich sein wollte,sich in hochmtig trogiger Eigenliebe der Gottesgemein-

    1) Vergl. Ep. II, 271.2) Enarratio in Ps. 147, 14. (Bd. 37, p. 1923).^) Enarratio in Ps. 124, 45 (Bd. 37, p. 1655); vergl. Enarratio

    in Ps. 9, 15 (Bd. 36, p. 123). - Vergl. auch: Gregor I., Homiliarumin Ezediielem liber II, homilia I. (Bd. 76, p. 938).

    ^) Ep. I, 331.

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    21 sdiaft unbotmgig entzog, sich von der Gottesliebe, deminnigen Aufgehen in Gottes Willen und Sein lossagte.Anstatt zu sudien, was Gottes ist (quaerere quae Dei sunt),beging er die Ur- und Grundsnde der Superbia oderInoboedientia, des Amor sui. Er wurde darum in denAbgrund gestrzt und wandelte sich unbugfertig aus demEngel des Lichtes in den Engel der Finsternis. i) Gottlieg es ferner zu, dag der Satan Adam und Eva zu der-selben Ursnde, zum eigenwilligen Ungehorsam gegenGott, verfhrte, sie und ihre Nachkommen des Paradiesesverlustig und des Todes schuldig machte, zugleich dieganze paradiesische Harmonie der Natur zerstrte, Zwist,Kampf, Snde, kurz jegliche Disharmonie in der Weltverursachte. So ist durch das Grundbel der Superbiader Gegensag der Civitas Dei und der Civitas Diabolimetaphysisch und irdisch begrndet, der die ganze Welt-geschichte erfllt, die Kinder Abels und Kains auf ewigtrennt als cives Dei und cives Diaboli". (Bernheim.)Die Auflehnung Lueifers gegen Gott und der Un-gehorsam des ersten Menschenpaares im Paradies werdenvon Innocenz als die beiden tempestates charakterisiert 2):Prima tempestas est in empyreo coelo, secunda in paradiso.Prima inter angelos, secunda inter homines. Prima namquetempestas fuit tumor superbiae,-^) per quem Lucifer voluitad aequalitatem Dei ascendere, iuxta quod ait: Ascendamin coelum et ponam sedem meam ad aquilonem et erosimilis Altissimo (Isa. XIV.)." Sed volens ascendere ceciditsecundum illud: Quomodo cecidisti, Lucifer, quia maneoriebaris? (Ibid.)" Secunda tempestas fuit ardor cupiditatis.

    ^) Vergl. p. 8, Anmerkung 4.2) Vergl. hierzu Augustinus in seiner Abhandlung de

    cataclysmo" cap. 3, (Bd. 40, p. 1594) von der tempestas huius saeculi,die nur durdi die potentia Verbi Dei beseitigt werden konnte. -Augustinus Sermo 131, cap. II (Bd. 38, p. 730): In tali itinereabundant fluctus et tempestates diversarum tentationum." - DieSpezialisierung als die beiden tempestates, mssen wir als Eigen-bildung Innocenz' III. hinstellen, wenn auch die augustinisdie Vorlagezu erkennen ist.

    ^) Vergl. Augustinus Enarr. in Ps. 18, 13-14 (Bd. 36, p. 163).

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    22per quem homo Dei scientiam concupivit, iuxta quodserpens illis promiserat: Eritis sicut dii, scientes bonumet malum. (Gen. III.)" Sed concupiscens alienum, amisitproprium, secundum illud: Honio quidam descendebat abJerusalem in Jericho et incidit in latrones. (Lucc. X.)"Haec duo vitia sunt radix et origo omnium malorum,omnium vitiorum. Nam de superbia legitur: Initium peccatiest superbia. (Eccli. X.)" De cupiditate dicit Apostolus:Radix omnium malorum est cupiditas. (I. Tim. VI.)"

    Innocenz kommt fters auf die tempestates : ardorcupiditatis et tumor concupiscentiae, die ja die Wurzelnaller bel sind, zurck.-)

    Auch Augustinus geigelt das Laster der superbiamit scharfen Worten und stellt es als das grte allerbel hin: Porro malae voluntatis initium quod potuit essenisi superbia? Initium enim omnis peccati superbia est.(Eccli. X, 15)." Quod est autem superbia nisi perversaecelsitudinis appetitus? Perversa enim celsitudo est, de-serto eo cui debet animus inhaerere principio, sibi quodam-modo fieri atque esse principium. ') An anderer Stellesagt Augustinus: Initium omnis peccati superbia, quaeangelum de coelo, hominem de paradiso expulit.^) Caputomnium morborum est superbia, quia caput omnium pec-catorum superbia.^) Superbia est inimica Deo. Nihilsie odit Dens quomodo superbiam . . . Superbia peccatumomnium pessimum . . . Ideo vide, quantum malum su-perbia Sit quod excusationem non habet.'')

    ^) Aus der Predigt am 1. Adventssonntag (Bd. IV, p. 31G).2) Vergl. Weihnachtspredigt (Bd. IV., p. 451); Sermo XXIII,

    p. 415; Ep. I, 410; Ep. IX, 97, 119. Siehe p. 12.:^) Civ. Dei XIV, 13.^) Augustinus De vita eremitica, cap. 38 (Bd. 32, p. 14G2).'') A u g u s ti n u s In Johannis Evangelium Tractatus 26, cap. 4

    (Bd. 35, p. 1G4).'') Sermo de oboedientia et humilitate. (Bd. 40, p. 1221.)

    Vergl. Augustinus De genesi ad litteram, lib. VIII, cap. 14(Bd. 34, 384); Ibid. lib. XI, cap. 14-15 (Bd. 34, p. 43G) ; - Enarratioin Ps. 18,13-14 (Bd. 3G, p. 163); - Enarratio in Ps. 58,5 (Bd. 36,p. 709). - Liber de agone Christiano cap. 1 (Bd. 40, p. 289).Augustinus Civ. Dei, lib. XIX, cap. 14 ff. - Audi Gregor der

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    23 Durch dieses Vergehen gegen die Pax ist zwischen

    Gott, dem Princeps pacis, einerseits und dem Teufel, demCaput superbiae '), und den von ihm verleiteten Menschen-kindern andrerseits eine gravis discordia inimicitiarum ent-standen.-) Scitis enim, carissimi, quod ante Redemptorisadventum erant inimicitiarum parietes." Die Menschheit,durch die Feindschaft mit Gott in die Fesseln der superbia,der teuflischen Gewalt, berhebung, Selbstsucht, desZwists und Unfriedens geschlagen, htte sich aus eigenerKraft die Gnade Gottes niemals wiedererwerben knnen,wenn nicht der Princeps pacis*) selbst, Jesus Christus, zurErde niedergestiegen wre, um den schwier gestraftenGotteskindern das bonum pacis ^'), den Frieden mit Gott,mit der Welt und sich selbst, wiederzugeben. Bei seinerGeburt wird Christus von den Engeln mit dem Friedens-sang begrt: Gloria in exelsis Deo et in terra pax ho-minibus.") Christus, der durch seine Menschwerdung denFrieden zwischen Gott und den Menschen vermittelte, me-diator Dei et hominum '), scheute sich nicht, den Hndender Teufelskinder ausgeliefert zu werden et in ara crucis,quasi esca sacri corporis sui, apostatam inimicum pacisin oculis suis capiens pretiosum sanguinem suum fudit.^)Durch den Kreuzestod Christi ist die Harmonie zwischenGroge stellt auf Grund der Anschauungen Augustins die Superbia,die schwerste Snde des weltlichen und geistlichen Vorgesetjten, andie Spi^e aller Laster. Moralia lib. XXI, 15; XXIII, 6; XXVI, ;XXVI, 40. - Regula pastoralis II, G. (Sancti GregoriiPapaelcognomento Magni opera omnia bei Migne, Patrologiaecursus completus, Patres latini, Series I, tom. 75-79.)

    ') Sackur, 1. c. p. 185.2) Sermo III (Bd. IV, p. 4G1).') Sermo XII (Bd. IV, p. 509).*) 3. Weihnachtspredigt (Bd. IV, p. 459).^) Ep. I, 432; V, 104; X, 226.0) Ep. X, 8G; Weihnachtspredigt (Bd. IV, p. 451); Sermo X

    (Bd. IV, p. 505).') Ep. I, 316,355; X, 86. - Vergl. Augus tinus Confessiones

    b. X cap. 43 (Bd. 32, p. 808). De civitate Dei IX, 15 ff., XI, 2, XVII, 5und fters.8) Ep. X, 101.

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    24 Gott und den Menschen, die pax Dei, wiederhergestellt.Christus et ecclesia duo sunt in corpore uno, . . . duo inuna persona. quam utilis renovatio, per quam caecivident, claudi ambulant, leprosi mundantur, surdi audiunt,mortui resurgunt, pauperes evangelizantur (Lucc. IL)" ^)Innocenz III. spricht offenkundig unter dem Einflug augusti-nischer Ideen, wenn er das Erlsungswerk Christi, quinon est Deus dissensionis sed pacis-), in erster Linie alsdas groge Werk des Friedens feiert. '^)

    Mit den Worten Pacem meam do vobis, pacem re-linquo vos" endlich hat Christus ausdrcklich den wahren,den Gottesfrieden, den cives Dei zurckgelassen.*) Undhier tritt uns eine wichtige Folgerung aus diesem augusti-nischen Gedanken entgegen, wodurch der Papst als derpastor iustus des Augustin aar i'SoyJjv erscheint. Durch dieWorte Christi: Tu es Petrus, et super hanc petram aedi-ficabo Ecclesiam meam ... et quodcumque ligaveris superterram, erit ligatum et in coelis ; et quodcumque solveris superterram, erit solutum et in coelis (Matth. XVI, 18, 19)"ist das Amt des Friedenshters in der Civitas Dei vonChristo auf Petrus bertragen worden, pacificans, quae incoelis erant et quae super terram et dissolvens maceriarumparietem ac faciens ex utroque unum.-') Innocenz hat alsvicarius Christi" und successor Petri" ") das Amt des

    1) Predigt am 2. Adventssonntage (Bd. IV, p. 527). Vergleiche,wie Pseudo-Cyprian (1. c.) die Segnungen des christlichen Friedensschildert: Pax populorum est tutamen patriae, munitas plebis, muni-mentum gentis, cura languidorum, gaudium hominum, temperiesaeris, serenitas maris, terrae fecunditas, solacium pauperum, hereditasfiliorum et sibimet ipsi spes futurae beatitudinis.

    2) Ep. XI, 19G; vergl. Bd. IV, p. IGl.^) Weihnachtspredigt (Bd. IV, p. 451); Predigt zu MariaReinigung (Bd. IV, p. 505) ; - 3. Weihnachtspredigt (Bd. IV, p. 451)).^) Ep. I, 355; VI, G8, 69, 70; IX, 91; X, 86. - Vergl. Augu-stinus Epistolae ad Romanos inchoata expositio, cap. 8, (Bd. 35,

    p. 2093). - Vergl. p. 19.5) Ep. I, 316.) Innocenz legt Wert darauf, diese Wrden mglichst oft zu

    erwhnen: Ep. I, 75, 336, 536; II, 197, 218; VI, 24; VII, 1; IX, 103,105 ; X, 219 ; XI, 89.

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    - 25 Friedenshters jefet inneJ) Auch die Worte Christi: Pasceoves meas" legen Petrus und mithin auch dessen Nach-folger Innocenz die Verpflichtung auf, das bonum pacis"zu sdifeen. Kraft seines Amtes als Pastor bonus-) willInnocenz dafr sorgen, ut verbum pacis in cordibus nostrisaltius figeretur et inter discordes pacis vinculum re-formetur.-^) Er hlt es fr seine Pflicht, ut corda discor-dantium filiorum ad concordiam revocet, et de his, quaedissensionis materiam pariunt, inter eos sie provide acconsulte disponat, ut cessent lites et iurgia sopiantur neerepullulent in germen contentionis antiquae.^ Evangeli-zare pacem ex ibidem iniuncto nobis officio tenemur^'),sagt Innocenz von sich und verspricht deshalb paci quoqueac tranquillitati paterna sollicitudine providere.'O DiePriester sollen ihn in seinem schwierigen Amt Unterstufenund pro ecclesiae pace preces devotissime dicere. ^)

    Durch den Kreuzestod Christi ist zwar der Friedenzwischen Gott und den Menschen wiederhergestellt, aberdas Teufelsreich nicht beseitigt. Der Teufel, der princepsdiscordiae, princeps iniquitatis, und seine Scharen, diefilii superbiae, filii perditionis,^) frhnen weiter dem Lasterder superbia und fhren einen scharfen Kampf gegen diepax der Kinder Gottes.'^) Sie hassen deren Frieden,^") dennsie knnen Gott nicht lieben. Laster und weltliche Lusterregen ihr Wohlgefallen. '^) Multi, quae sua sunt, non

    ^) ibidem.'-) Ep. I, 22, 31, 3H, 39, 43, 46, 58, 65, 70, 84, 151, 155, 192, 210,

    419, 350, 358, 401, 432; 11,57, 59 usw. - Vergl. AugustinusLiber de diligendo Deo", cap. 12 (Bd. 40, 858) ; de agone chris-tiano", cap. 30 (Bd. 49, p. 307); Sermo 146 (Bd. 38, p. 796).

    ') Ep. IX, 191.4) Ep. V., 3; vergl. Sermo XXI (Bd. IV, p. 405); - Sermo in

    solemnitate Petri et Pauli (Bd. IV, p. 547).') Ep. VI, 163; vergl. Ep. I, 355.'0 Bd. IV, p. 137.') Bd. IV, p. 190.**) Sadcur, 1. c. p. 185.') Ep. I, 182, 410; II, 75.10) Ep. II, 24. - Vergl. Augustin us Civ. Dei XIX, 12: Odit

    ergo iustam pacem Dei.^1) Ep. II, 24; X, 112; Sermo VI, Bd. IV, p. 337.

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    26 quae Jesu Christi, quaerentes et abutentes per iiisolentiamsedis apostolicae patientia, pacem perturbaiit, corrumpuntiustitiam, stratam violant et terram offendunt.^ In ihrerEigenhebe gleichen sie jenem Sldhng, qui pascit ovescupiditate lucri, non autem amore Dei.'-^) Deshalb schreibtInnocenz an den Kardinalpresbyter von St. Praxedis: Quianon es de mundo, ut mundana secteris, cum non, quaetua sunt, quaeras, sed quae sunt potius Jesu Christi, neegloriam propriam, sed crucis verius crucifixi . . . odit temundus et quem per prospera sibi conciliare non potuit,adversis nititur perturbare.^) hnlich spricht sich Innocenzin einem Schreiben an den Prior von Cantuaria ausMundus, qui vos odit, quia de mundo non estis (alioquinquod suum esset diligeret) persecutiones vobis excitatgraviores.*)

    Hier haben wir es mit einer bewuten AnlehnungInnocenz' an Augustinus zu tun, der es liebt, diebeiden civitates speziell durch die Gegenberstellung desAmor Dei und des Amor sui zu charakterisieren. Die wich-tigste hierhin gehrende Stelle aus der Civ. Dei (XIV, 28)haben wir bereits oben Seite 15 im Wortlaut citiert.^')Doch auch in den anderen Sdiriften Augustins werdendie beiden amores eingehend charakterisiert. NachdemAugustin in seinem Werke De genesi ad litteram,"lib. I, cap. 14 15^) die superbia erklrt hat als amorexcellentiae suae et propriae rei" fhrt er fort: Cui morbocontraria charitas non quaerens, quae sua sunt, id est nonprivata excellentia laetatur, merito ergo et non inflatur.Hie duo amores, quorum alter sanctus est, alter immundus,alter socialis, alter privatus, alter communi utilitati consulenspropter supernam societatem, alter etiam rem communemin potestatem propriam redigens propter arrogantemdominationem, alter subditus, alter aemulus Deo, alter

    i) Ep. II, 203.2) Sermo XXI (Bd. IV, p. 547).) Ep. VI, 130. ^) Ep. I, 436.'') Vergl. auch Augustinus Civ. Dei XIV, 13.'0 Bd. 34, 436.

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    tranquillus, alter turbulentus, alter pacificus, alter seditiosus,alter veritatem laudibus errantium praeferens, alter quoquemodo laudis avidus, alter amicalis, alter invidus; alter hocvolens proximo quod sibi, alter subiicere proximum sibi,propter proximi utilitatem regens proximum, alter proptersuam; praecesserunt in angelis, alter in bonis, alter inmalis, et distinxerunt conditas in genere humano civitatesduas, alteram iustorum, alteram iniquorum. Und Pseudo-Cyprian sagt hierzu: Nolite diligere mundum, neque ea,quae in mundo sunt. Mundi enim amor et Dei pariterin uno corde cohabitare non possunt, quemadmodum idemoculi caelum pariter et terram nequaquam conspiciuntJ)

    Im Gottesstaat herrscht Frieden und Eintracht; dasvinculum pacis,-) das zugleidi das vinculum charitatis ist,-'*)umsdilingt die gesamte Christenheit.'^) Im Teufelsreichhingegen ist jedem der scharfe aculeus contradictionis etrebellionis tief eingebohrt;') hier kennt man kein Sehnennach Gott, es herrscht contumacitas rebellium et super-borum.") Die Superbia der Teufelskinder leugnet eingttliches Walten: Non estDeus!') Manus nostra excelsaet non Deus fecit haec omnia,^) wozu in eindrucksvollemKontrast das Streben der Kinder Gottes steht: non gloriarinisi in cruce.")

    ') 1. c. p. 47. - Vergl. Augustinus Liber de agone cap. 1.(Bd. 40, p. 289.) - Augustinus Sermo 344 De amore Dei etamore saeculi." (Bd. 39, p. 1512.)

    '^) Ep. I, 182; IX, 191. - Vergl. Augustinus. (Siehe Anm. 4.)^) Ep. VII, 42. Vergl. Augustinus Enarr. in Ps. 127.

    (Bd. 37, 1G85) : Sine caritate nuUa pax.4) Vergl. Augustinus Enarr. in Ps. 124 (Bd. 37, 1653):Vinculum pacis inter Dominum et plebem suam.') Dualismus Augustins!) Ep. I, 118. - Vergl. Augustinus Enarr. in Ps. 30, IG.(Bd. 36, p. 393): Qui non sunt pacifici, impii sunt.^) Ep. XI, 185. - Vergl. Augustinus Enarr. in Ps. 52.

    (Bd. 36, p. 618.)8) Ep. I, 11, 12, 302, 328, 336 ; VII, 45.) Ep. I, 336, 353; V, 130. - Vergl. Augustinus Sermo

    131, cap. 2. (Bd. 38, p. 730). - In Johannis Evangelium, Tractatus 26, 4.(Bd. ,J5, 1604.)

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    28Die durch die pax bedingte Einheit der Kirdie Christi,

    tunica inconsutihs Jesu Christi, ist den cives diaboh einDorn im Auge: Hi, qui laniant vestem inconsutilem JesuChristi, deteriores sunt Pilati mihtibus, qui tunicam ipsamscindere minime attentaverunt.OUm den Frieden Gottes zu stren, suchen die satelhtesdiaboli pacis consiHum odientes, scandala suscitare-) etsuscitata nutrire : =^) Licet iuxta testimonium Veritatis necesseSit, ut veniant scandala, . . . tarnen dolemus non modicum,cum inter viros ecclesiasticos, qui pacem evangehzaretenentur, seditionis ahcuius materia pullulat, Htigiosorumincentiva subcrescunt; cum in ecclesiae corpore omniadebeant in vinculo pacis et unitate tractari. Quamvisautem super quorumhbet ecclesiasticorum virorum discordiaplurimum doleamus, maiori tamen dolore concutimur, cumvel pater in filios vel filii seditionem suscitant in parentemet illos discordia dividit, quibus ad unius Ecclesiae obse-quium deputatis deberet esse cor unum et anima una.^)Innocenz vertraut auf den obersten Herrn der civitasDei, der die Angriffe der tckischen Feinde, die demwahrhaft Gerechten nur ein Probstein sind, dem Klein-glubigen aber zum Verderben gereichen, abwehren wird:'')Quot enim turbationes et scandala diebus nostris orbisupervenerint universo, hodie plus experimur in facto quamscriptum reperiamus in libro. Necesse est autem, ut veniantscandala, non solum scihcet inevitabile, sed et utile;

    ') Ep. VII, 212; - vergl. Ep. I, 94, 3o3; VI, 234, 243; VII,7(), 212; VIII, 55; XI, 47. - Vergl. Pseudo-Cyprianus, 1. c, p. 57 ff.

    -) Ep. I, 171, 357, 360, 410, 432; II, 75; III, 38; X, 910.3) Ep. II, 24.1) Ep. I, 182. Vergl. Sadcur, 1. c. p. 183: Inter paganosnamque multa proelia et pugnae erunt. . . Et in diebus illis tradet

    frater fratrem in mortem et pater filium, et frater cum sororecommiscetur et multa nefanda hominum malitia erit in terra, senescum virginibus cubabunt et sacerdotes mali cum deceptis puellis ....- Vergl. p. 32.^) Vergl. Augustinus In Johannis Evang. Tractatus 77

    (Bd. 35, 1834). Vergl. oben p. 12.

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    29 quoniam in quo deficit malus, proficit bonus, et aurumin fornace probatur.^)

    Im Gegensat5 zu dem ffentlichen scandalum, durchdas Belial dem Gottesfrieden zu schaden sucht, steht dasteuflische Whlen des hostis familiaris, insidiae hostisfamiliaris : ^) Timendi sunt familires ut hostes, et amicivelut inimici cavendi, ne magis familiaris noceat inimicus,et inimici hominis domestici eins fiant.-^) In der Predigtam Feste Johannes des Tufers sagt Innocenz: Est quaedampugna domestica, quanto familiarior, tanto gravior. Neeparvula videtur, quia contra parvulos agitur, ut teneanturet allidantur ad petram. Quis enim malarum cogitationumvitare posset intellectum ? Quem cogitationes importunaenon vexent?^) In einem Briefe an Knig Richard vonEngland charakterisiert Innocenz als den eigentlichen fami-liaris inimicus die concupiscentia: In medio duorum hostiumpositus miser homo, dum caro adversus spiritum et adversuscarnem Spiritus concupiscit. . . Sane, nulla pestis efficaciorad nocendum quam familiaris inimicus . . ., quoniam inimicihominis domestici eins, quibus tanto minus resistitur,quanto difficilius evitantur.'^) Zum Vergleich mit diesemBrief lassen wir einige Ausfhrungen Augustins folgen,mit denen jener Brief stark hervortretende hnlichkeit nichtnur in der Auffassung, sondern besonders im Wortgebrauchhat. Man ist versucht zu glauben, Innocenz eitlere denbetreffenden Passus aus Augustin nach dem Gedchtnisund habe nur den genauen Wortlaut nicht sicher gegenwrtig.

    ') Ep. II, 75.'^) Vergl. Augustinus Sermo V ad fratres in eremo (Bd. 40,

    1244): Et quod gravius mihi est, non solum a malignis spiritibussaepe mala patimur, sed etiam a domesticis dilaniamur; etfrequenterpeiora sunt intrinseca bella, a quibus non cavetur, quam forinseca,quae praevidentur. - Augustinus Sermo 256 (Bd. 38, 1191)Condelector lege Dei secundum interiorem hominem ; video autemaliam legem in membris meis repugnantem legi mentis meae etcaptivantem in lege peccati, quae est.

    ^) Ep. V, 155.*) Sermo XVII (Bd. IV, p. 537). - Vergl. Bd. IV, p. 98;

    Ep. VI, 184; VII, 76; X, 214.') Ep. V, 20.

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    30Augustinus sagt in seiner Civitas Dei, lib. XIX, cap. 4,von dem bellum intestinum, das im Menschen wtet,folgendes: Tanto quippe minus anima subditur Deo, quantominus Deum in ipsis suis cogitationibus concipit; et tantominus animae subditur caro, quanto magis adversus spiritumconcupiscit. Quamdiu ergo nobis inest haec infirmitas,haec pestis, hie languor, quomodo nos iam salvos . . .dicere audebimus? Auch inAugustins Liber de diligendoDeo", cap. 13 ^) findet sich eine dem Wortlaut des Briefeshnlidie Stelle: Primus hostis continentiae nostrae caronostra est concupiscens adversus spiritum. Quam domes-ticus hostis, quam periculosa lucta, quam intestinum bellum!Hostem hunc crudelissimum nee fugere possumus, o animamea, nee fugare!

    Die vllig gleichartige Auffassung vom familiaris in-imicus, vom domesticus hostis, bei Augustinus und beiInnocenz und weiter die Verwendung augustinischer Wort-verbindungen in den Schriften des lefeteren bedeutet einweiteres Glied in der Kette der Beweise fr den Aufbaudes Ideenkreises Innocenz' auf augustinischer Grundlage.

    Noch in zahlreichen anderen Briefen stellt Innocenznach dem Beispiel Augustins den Teufel als den Erbfeindder christlichen Fax hin. 2)

    Mit aller Macht sucht Innocenz der Superbia ent-gegenzuarbeiten, quae est omnibus odiosa, inter omniavitia semper prima, semper ultima^) Er klagt ber die,qui ex suggestione diabolica in tantam se superbiamcontra Deum exaltant, quod Deitatis nomen sibi nisifuerint usurpare iuxta suggestionem invisoris pacis: Eritissicut dii, scientes bonum et malum^); er klagt ber die,die suggerente eo, qui in fihos superbiae dominatur, cuiest sollicitudo continua pacis profectibus obviare, wederGott noch ihm die schuldige Unterwrfigkeit zollen und an

    ') Bd. 40, 858.2) Ep I, 31, 80; II, 24, 203; VII, 139; IX, 89, 208; XI, 26, 229;

    Bd. IV, p. 97, p. 107 ; Sermo XXIX (Bd. IV, 585).3) De contemptu mundi, cap. 31 (Bd. IV, p. 729).*) Ep. X, 101.

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    31 seinen vterlichen Ermahnungen mit tauben Ohren vor-bergehend) Warnend ruft er ihnen die Worte der heiligenSchrift zu: Deus superbis resistit, humilibus autem datgratiam ! -) Omnis qui se exaltat, humiliabitur, et qui sehumiliat, exaltabitur/^) Bittere Vorwrfe erhebt Innocenzgegen Raimund von Toulouse, der, von teuflischer superbiaverblendet, die ecclesia Dei verfolgt: Proh dolor! Quaecor tuum superbia tumefecit, quae te, vir pestilens, vesa-nia comprehendit, ut pacem cum proximis servare con-temnas, ut a legibus recedendo divinis hostibus te catho-licae veritatis adiungas? Numquid parvum tibi videtur,hominibus esse molestum, nisi molestus etiam sis et Deo ?. . . Deo iniurians haereticam pestem foves! . . . Superbiasei ein so schweres Vergehen gegen Gott, dag Raimundverdiene, durch plfelichen Tod bestraft zu werden. WennGottes Barmherzigkeit ihm trofedem das Leben erhaltenhabe, so werde Raimund bestimmt nicht den Plagen ent-gehen, mit denen der Herr die superbos schlgt: subito febri-bus invaduntur, percutiuntur lepra, paralytici fiunt, arripiun-tur daemoniis, morbis incurabilibus flagellantur. ^ Man gingevllig in die Irre, wollte man die in diesem Briefe ent-haltenen sdiweren Anschuldigungen und Verwnschungenals Ausflle eines vor Hag und Leidenschaft bebenden,wuterfllten Stellvertreters Christi ansehen, was ja geradevon Innocenz III. nidit selten in den Handbchern derGeschichte zu lesen ist; es sind vielmehr die ugerungender Grundideen dieser Weltanschauung: wer die christlichePax verschmht, wer sich den Feinden der Civitas Dei an-

    ^) ibidem.2) Ep. II, 209; VII, 153; X, 65, 86. 101; Sermo XVI (Bd. IV,

    p. 385) ; Sermo I in Nativ. Dom. (Bd. IV, 451) ; Sermo II in consecr.Pontif. max. (Bd. IV, 653.) Vergl. Augustinus in der Praefatiozur Civitas Dei"; auerdem Civ. Dei XIX, 27 und fters.

    3) Ep. I, 108, 353, 367; Ep. VI, 131; IX, 139; X, 86. Sermo Iin Nativitate Domini (Bd. IV, p. 451); Sermo I de Apostolis (Bd. IV.59:3); Sermo III, in consecr. Pontif. maximi (Bd. IV, p. 653). SermoXXIX (Bd. IV, p. 441); Sermo VI (Bd. IV, p. 473); Sermo XIII(Bd. IV., p. 513); Sermo VII (Bd. IV, p. 341); Sermo XV (Bd. IV,p. 524) ; Sermo XXVIII (Bd. IV, p. ^i75).

    ') Ep. X, 69.

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    32 sdiliegt, wer haereticam pestem fovet, ist ein Freund desTeufels, des inimicus pestilens, also selbst pestilens. Esist dies eine charakteristische, von Augustinus, speziell vonPseudo-Cyprian, stammende Folgerung Innocenz' III. Mandarf sich bei derartigen Verwnschungen den Papst desMittelalters wohl in heller Entrstung, von Abscheu undheiligem Zorn erfllt, vorstellen, aber daraus fassungsloseLeidenschaft und Gehssigkeit zu konstruieren und demgotteseifrigen Verfechter augustinischer pax und iustitiaanzudichten, wrde eine gnzliche Verkennung der Psycho-logie des Mittelalters beweisen.Immer wieder erhebt Innocenz warnend seine Stimmegegen das Laster der superbia.^ Den ganzen Jammerdes vom Laster zerrtteten Teufelsreiches schildert Innocenzin bewegten Worten dem Patriarchen von Jerusalem.-)Als Folgen des Unfriedens nennt Innocenz: Oppressionespauperum, persecutiones ecclesiarum, captivitates homi-num, caedes virorum, iniurias, violentias, rapinas;^) de-struuntur ecclesiae, pauperantur divites, pauperes op-primuntur, et, dum nee religioni nee sexui parcitur, virireligiosi, qui consueverant orationi vacare, mendicare co-guntur, et illae prostituuntur, quod dolentes dicimus, vo-luptati praedonum, quae virginitatem suam voverant vir-ginitatis auctori.^) Es knnte der Einwand erhoben werden,es handle sich in diesem Falle nicht um Pax und Discordiaim Sinne Augustins, es liege vielmehr eine Mahnung zum

    1) Ep. I, 367; VI, 4, 131, 152. - Sermo XII (Bd. IV, p. 367);Sermo XIII (Bd. IV, p. 371); 1. Weihnachtspredigt (Bd. IV, p. 451);Sermo XXV (Bd. IV, p. 565.)2) Ep. X, 214. 3) Ep. III, 49.4) Ep. VI, 68, 69, 70. - Vergl. p. 28. Anm. 4. -Pseudo-Cyprian

    (I. c, p. 52) schildert die Folgen des Unfriedens wie folgt : Saepepax rumpitur, terrarum fructus diminuuntur et servitia populorumpraepediuntur, multi et varii dolores prosperitatem regni inficiunt,carorum et liberorum mortes tristitiam conferunt, hostium incursusprovincias undique vastant, bestiae armentorum et pecorum gregesdilacerant, tempestates aeris et hiemisperia turbata terrarum fe-cunditatem et maris ministeria prohibent et aliquando fulminumictus segetes et arborum flores et pampinos exurunt. - Die Folgendes Gottesfriedens bei Pseudo-Cyprian : siehe oben p. 24, Anm. 1.

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    33Frieden vor in dem Kriege, der im Jahre 1203 zwischenEngland und Frankreich ausgefochten wird. Darauf ist zuentgegnen: Die Mahnung zum Frieden ist mit wrtlichgleichlautendem Text an den Knig von Frankreich/) denKnig von England, 2) an den gesamten hheren undniederen weltlidien und an den klsterlichen Klerus Frank-reichs^) geschickt worden. Wir wissen, dag Innocenz beideKnige als principes catholici, als reges iusti, ehrte. ^)Deshalb war der Krieg zwischen beiden Lndern eine umso schlimmere Strung des Gottesfriedens, ilio suadente,cuius est proprium pacem turbare. Dag Innocenz ganzsicher diese Auffassung hatte, geht aus dem Passus hervor,der der citierten Stelle voransteht und ebenfalls in allendrei Briefen enthalten ist: Novit autem regia celsitudo,quod inter ipsas Dominicae Nativitatis primitias pacemangelus bonae voluntatis hominibus nuntiavit et in articulopassionis pacem Dominus in discipulos quasi haereditarioiure transfudit, dum quasi ultimum testamentum conficiensinquit eis: Pacem meam (meinen" Frieden, das ist derFrieden Christi, der gttliche Frieden, oder wie Augustinussagt: die Harmonie zwischen Gott und den Menschen, imGegensat5 zur discordia der civitas diaboli, durch die derSatan auch die cives Dei, wie z. . die Knige von Frank-reich und England, zu entzweien sucht) do vobis, pacemrelinquo vos et, ut quod moriturus dixerat, confirmaret,postmodum immortalis post resurrectionem suam hacprimum voce ad discipulos fuit usus: Pax vobis et iterumdico pax vobis. Ne igitur nos, qui sumus secundumApostolum haeredes Dei, cohaeredes autem Christi, relictaenobis haereditatis exhibeamus indignos et gratiae, quamin nos abundantius praeparticipimus nostris effudit,ostendamus ingratos, pacem evangelicare tenemur filiispacis praesertim, ut super eos pax nostra secundumverbum evangelicum requiescat. So ist es audi nur imvollen Umfange zu verstehen, wenn Innocenz fortfhrt:Nosti etenim quanta mala ex dissensione, quae inter te et

    Ep. VI, G. ^) Ep. VI, 69. ^) Ep. VI, 70.') Ep. I, 131; VII, 42; XI, 28; X, 113.

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    84 carissimum in Christo filium nostriim, J. regem Anglorumillustrem, peccatis exigentibus, est exorta, non soiumcommuniter regnis vestris, sed generaliter universo pro-venerint populo Christiano. Wir haben also die obengenannten Folgen der discordia nicht aufzufassen alsUnglcksflle schlechthin, wie sie als Begleiterscheinungeneines jeden Krieges auftreten, sondern als von Gott ge-sandte Strafen fr das Laster der discordia, die die ge-samte Menschheit peccatis exigentibus ber sich ergehenlassen mug, diabolo instigante.^)

    Derartige Schilderungen der abschreckenden Folgenund Strafen der discordia finden sich hufig bei Innocenz. -)Da der Frieden ein so unvergleidiliches Gut ist, er-streben ihn auch die Teufelskinder. Freilich knnen diesenur einen S dieinf rie den erwerben (pax falsa, pax ter-rena, pax iniqua, pax simulata, species pacis), den Augu-stinus so erlutert: Diligit tamen ipse (scilicet: miser po-pulus a Deo alienatus) etiam quandam pacem non im-probandam, quam quidem non habebit in finem, quia nonea bene utitur ante finem. ') Odit ergo iustam pacem Deiet amat iniquam pacem suam.^) Doch Augustin sefetgleich hinzu: . . . Pax iniquorum in pacis comparationeiustorum nee pax est dicenda.

    Den Unterschied zwisdien der vera pax der cives Deiund dem Scheinfrieden der Gottlosen schildert Innocenzin der zweiten Weihnachtspredigt :'^) Das von den Rmernaus Dankbarkeit gegen den friedenschirmenden heidnischen(pax paganorum = pax falsa!) Kaiser Augustus erbautetemplum Pacis sei in der Geburtsstunde des Heilandes,der erst den wahren Frieden brachte, eingestrzt. Cumenim pax plena et perfecta per totum orbem universaliter

    1) Diese im Ma, hufig gebrauchten Wendungen erhalten erstihren eigentlichen tieferen Sinn, wenn wir uns die zu Grundeliegende, oben dargelegte augustinische Idee vergegenwrtigen.

    ^) Ep. I, 355, oG7; VI, 1G3; VII, 42; VIII, 1, 174; X, 8G.=^) Augustinus Civ. Dei XIX, 2G.*) Augustinus Civ. Dei XIX, 12; - Augustinus, In

    Johannis Evangelium Tractatus VI, cap. 1, 4 (Bd. 35, p. 1427.)^>) Bd. IV, p. 455.

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    85 abundaret, quod nunquam ante contigerat, . . . natus estDominus, Princeps Pacis. Unde Propheta: Orietur indiebus eins abundantia pacis." Pax erit in terra nostra,cum venerit. Ipse enim est pax Dei, quae exsuperatomnem sensumJ)

    Den Erzbischof von Bourges warnt Innocenz vordem, der pace simulata homines facit de pace securos.-)Deshalb ist Innocenz mit dem Beschlug der Apulier ganzeinverstanden, qui per se sponte iuraverant, quod nullamcum perfido Marcwaldo, filio iniquitatis, qui per fraudesvaleret superare, pacem inirent.-^) Denn nicht pax pectoris(das ist der Frieden der Gotteskinder) viget unter denTeufelskindern, sed pax potius peccatoris (das ist derFrieden, den die cives diaboli trofe ihrer Laster erreichenknnen, der aber nichts von der Glckseligkeit des Gottes-friedens bietet).') Innocenz ist bemht, die Gottlosen zubekehren, damit auch sie als Kinder Gottes des wahrenFriedens teilhaftig werden: Nos qui vices Christi, licetinsufficientes, exercemus in terris, eins sequentes exemplumet praedecessorum nostrorum consuetudinem imitantes,ad reformandas inter discordantes verae pacis concordiamintendere volumus et tenemur/')Wenn auch der Frieden auf Erden fr die KinderGottes ein groes Glck bedeutet, so drfen sie ihndoch nicht zur Sorglosigkeit ausarten lassen: Otiositasenim est inimica virtutibus, sed vitiis amica.'') In diesemSinne schreibt Innocenz an den Bischof von Sutri:Cum Siciliae populus et ceteri de eodem regno effemi-nati, otio et pace nimia dissoluti, de suis divitiisgioriantes, sese in voluptatibus corporis lascivius exer-cerent, ascendit in altum fetor eorum et traditi sunt

    ') Vergl. Ep. II, 271. ') Ep. VI, 216. ') Ep. III, 23.*) Ep. VI, 235. - Vergl. p. 19.^') Ep. I, 355.*') Sermo X (Bd. IV, p. :%5). - Vergl. Augustinus Civ.

    Dei XIX, 19: Nee sie esse quisque debet otiosus, ut in eodem otioutilitatem non cogitet proximi. . . In otio non iners vacatio delectaredebet, sed aut inquisitio aut inventio veritatis, ut in ea quisqueproficiat et. quod invenerit, ne alteri invideat.

    3*

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    ~ :36ob multitudinem peccatorum suorum in manibus perse-quentium.') An den ppstlidien Legaten P. de Castronovoschreibt Innocenz : Licet enim Ivlariae sedentis secus pedesDomini otium, Marthae ministerio praeferatur, eo quod sitStatus illesecurior, utpote a saecularium strepitu segregatus:activa tarnen potest utilior iudicari, eo quod sibi pro-ficiens et aliis, tribulationes sustinet et pressuras, per quasvirtutes suscipiunt incrementum. . . Et plerumque contingit,quod, sicut virtus in infirmitate perficitur et auditui praebetvexatio intellectum, sie eadem ex tranquillitate -) tepescit.Nam Abel esse desinit, quem Cain non exercet; et David,quem bella non vicerant, otium superavit. Itaque, exigentenecessitate, te a contemplationis otio, quod elegeras, adtempus duximus evocandum.')

    Wir haben dargetan, dag der Teufel und seine Scharenden ihnen verhagten Frieden der Kinder Gottes, das donumfr die electi Dei,*) auf jeghche Weise durch offenen undversteckten Kampf zu stren und zu vernichten suchen.Deshalb bleibt fr die cives Dei trog ihrer Friedensliebeoder auch wegen ihrer Friedensliebe nichts anderes brig,als zum Schwerte zu greifen.'') Ja es ist sogar ihre Pflicht,die inimici zu bekmpfen, wenn dadurch der wahre Friedenwiederhergestellt wird.**) Es liegt also durchaus keinWiderspruch vor, wenn die christliche Behrde, derenSignatur der Friede ist, zum Kampf gegen die Gottesfeindeaufruft. Freilich darf der Krieg nicht aus irdischen Beweg-grnden, aus Eigennug, Herrschsucht, Ruhmbegier u. s. w.,wie es die Gottlosen tun, gefhrt werden.') Der Krieg

    ') Ep. I, 2G.-) Hier tranquillitas ausnahmsweise in der Bedeutung von

    otiositas, wie das Folgende zeigt. Vergl. hierzu p. IS.-') Ep. VII, 210. ') Sermo XIV, (Bd. IV, p. 375).) A u g u s t i n u s , in Johannis Evangelium Tractatus 77 (Bd. 35

    p. 1834): Pacem suam nobis relinquit, in qua manentes hostemvincimus.*') Augustini annotationes in Job (Bd. 34, p. 875). Quantomagis abundat iniquitas, tanto magis adversus diabolum acrius pug-nandum atque bellandum est, ne charitas perseverantium refrigescat.') Augustinus Civ. Dei lib. IV, 15; V, 24; XIX, 27.

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    87 mu im Dienste der Sache Gottes, im Dienste des wahrenFriedens gefhrt werden, er mu ein bellum iustum sein.')Wenn auch der Krieg ein bel ist, so bleibt der Kampfgegen die Feinde der civitas Dei docli ein Gott wohl-geflliger, ein proelium Dei, in das zu ziehen Pflicht einesjeden vir catholicus ist.-) So schreibt Innocenz an denErzbischof von Mainz: Rogamus et fraternitatem vestrammonemus, quatenus scutum fidei et salutis galeam assumentesproelium Domini studeatis viriliter et efficaciter proeliari,de coelo auxilium etnostriim etiamsubsidiumexspectantes.")

    Noch viele andere Briefe Innocenz' III. enthalten Auf-forderungen zum Kampfe gegen die inimici.^) Gott, dermchtig ist und gerecht, hilft. ^) Nicht auf ihre Anzahl undihre Strke sollen sie vertrauen, sondern auf den Beistanddessen, qui docet manus ad proelium et digitos ad bellum,qui content bella, qui currum et exercitum Pharaonisproiecit in mare.**) Die Pisaner fordert Innocenz zumKampfe gegen Marcwald auf und nicht zu zgern, dennneglegere, cum possis perturbare perversos, nihil aliud estquam fovere.') Als warnendes Beispiel fhrt er die An-gehrigen der Dizese Narbonne an, die Gott ihre nach-lssige Kriegfhrung gegen die inimici mit einer furchtbarenfames habe ben lassen.'') Die Worte des Propheten

    ') Augustinus Civ. Dei lib. XIX, 7: Sed sapiens, inquiunt,iusta bella gesturus est. Quasi non, si se hominem meminit, multomagis dolebit iustorum necessitatem sibi exstitisse bellorum, quianisi iusta essent, ei gerenda non essent, ac per hoc sapienti nuUabella essent. Iniquitas enim partis adversae iusta bella ingeritgerenda sapienti. . .

    Vergl. Augustinus Civ. Dei lib. I, 21; XIX 15; Augu-stinus de diversis questionibus, cap. G9, T) (Bd. 40, 7G).-) Vergl. Gott will es", der Kreuzfahrer. Siehe: R. Hammler,

    Gregors VII. Stellung zu Krieg und Frieden im Rahmen seinerGesamtanschauung. Dissertation Greifswald 1912.

    ') Ep. I, 12.4) Ep. 1, 13, 81; 11, 270, 271, 33G, 438; III, 3, 7, 24, 38; VI, 130,

    235; VIII, 83; X, 190; XI, 28, 185.^) Ep. I, 12, 13; X, 8G.^) Ep. I, 13; vergl. Ep. I, 302; II, 220; VII, 12.7) Ep. V, 4. -) Ep. VI, 243.

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    38 ~Jerernias: Maledictus homo, qui prohibet manum suum asanguine, die Gregor VII. nach der Interpretation durchGregor den Grogen ') im Sinne geistUcher Ermahnung fat,gewinnen bei Innocenz III. mehr die ursprngHche Be-deutung: blutiger Kampf gegen die inimici civitatis Dei,deren Macht im Wachsen begriffen ist.-) MiHtia est vitahominis super terram,^) schreibt Innocenz dem Erzbischofvon Cusento. Er solle tapfer gegen die Kinder derFinsternis kmpfen, quatenus in pugna, quam contra teper ministros suos universae terrae malleus incitavit, nondeficias, sed proficias et adversus principes et potestatesharum tenebrarum invicta mente resistas. Deus enimfluctuationem in aeternum iusto non dabit, nee tentari tepatietur ultra quam valeas sustinere. Mgen auch fr ihndie Worte der heiligen Schrift Geltung haben: Persequarinimicos meos et comprehendam illos et non convertardonec deficiant (IL Reg. 22).^) Ewiger Lohn werde ihm,der den Kampf gegen die alte Schlange siegreich bestandenhabe, sicher sein.'') Den Knig von England und alleGetreuen der Kirche bittet Innocenz bellari bellum Dominigegen die Hretiker, diese Diener des Satans, qui operibuspacis invidet. Der Sieg gehre unzweifelhaft den proeliumDei proeliantes sub divino praesidio.*') Eia igitur, poten-tissimi Christi milites^ eia strenuissimi militiae Christianaetirones! Opponite vos Antichristi praeambulis et pugnatecum serpentis antiqui ministris ! Pugnastis hactenus cumgloria transitoria, pugnate iam pro gloria sempiterna!Pugnastis pro corpore, pugnate pro anima. Pugnastis procorpore, pugnate pro Deo ! Tapferkeit im Kampfe gegendie Feinde Christi erntet des Papstes uneingeschrnktesLob: Cum nuper opposueris te murum inexpugnabilem indie proelii pro domo Domini, aliis ascendentibus ex adverso,tanto libentius tibi favorem apostolicum impertimur.^)

    1) Reg. pastoral. III, 25.2) Ep. IX, 166.^) Vergl. Sermo XXX (Bd IV, 587).4) Vergl. Ep. VIII, 207.5) Ep. X, 202. ) Ep. XI, 229. ^) Ep. IX, 230.4 Ep. III, 25; vergl. Ep. I, 563.

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    Endlich stellt uns Innocenz als den vorbildlichenKmpfer gegen die inimici civitatis Dei Christus, denPrinceps pacis, selbst dar. In der Predigt zum FesteMaria Verkndigung berichtet Innocenz ganz ebenso wiein der oben erwhnten zweiten Weihnachtspredigt/) dagder zu Ehren des rmischen Kaisers Augustus erbauteFriedenstempel in der Geburtsstunde des Heilandes zurRuine zusammengesunken sei. Dodi hier gibt uns Innocenzeine durchaus andere Begrndung fr den Einsturz desFriedenstem.pels : Romae vero templum pacis mirabihtercorruit, quia natus est ilie, qui non venerit mittere pacem,sed gladium (Matth. II.) Wir stnden hier vor einemanscheinend unlsbaren Rtsel, da im selben Zusammen-hange wenige Zeilen vorher gesagt wird : Puer natus estnobis ... et vocabitur nomen eins . . . Princeps pacis(Isa. IX.). Die einzige und zweifelsohne richtige Lsungbietet uns Augustin -) : Da die cives diaboli die Lehre desPrinceps pacis von der pax Dei, der Harmonie des Menschenmit Gott, wie vorauszusehen war, bekmpfen wrden,hat Christus, der Friedenshter, den cives Dei, derenPflicht es ist, fr die Erhaltung und Verbreitung deswahren Friedens zu sorgen, zugleidi mit seiner Lehre vomFrieden das Schwert geschenkt zum Kampfe gegen denprinceps discordiae. )

    Innocenz lebt also der festen berzeugung, dasmenschliche Leben mu erfllt sein vom Kampf gegen denbsen Feind, den Satan. Erbarmungslosen Hag gegen diecives diaboli mug jedes Gotteskind im Herzen tragen.Dieser Hag ist keine Snde, im Gegenteil, ein bonumodium, von dem der Psalmist sagt: Iniquos odio habuiet legem tuam dilexi, oder Perfecto odio oderam illos, etinimici facti sunt mihi. Nam qui bene odit, hie custodit.^)

    Das Gebot der Feindesliebe zu befolgen, Gutes zutun denen, die ihn hassen, ist fr Innocenz, der aufgeht

    1) Siehe p. 34.-) Siehe oben p. 23; p. 24. Anm. 2 und ;); p. 2.").) Bd. IV, p. r)24.') Sermo XXVI (Bd. IV, p. 71).

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    40 im Kampf zwischen dem friedliebenden Gottesstaat unddem rnkeschtigen Teufelsstaat, diesem gegenber einDing der Unmglichkeit. Die Feinde Gottes, die impii,schismatici, perfidi, haeretici,^ die in ihrer Verstocktheitnur darauf ausgehen, die Civitas Dei zu Grunde zu richten,sind auszumerzen, exstirpandi sunt.-) Doch sobald diearmen Verirrten Reue erfagt, sobald sie sich vom Satanabkehren und wieder in den Scho der Kirche auf-genommen werden wollen, fleht Innocenz mit InbrunstGottes Barmherzigkeit auf sie herab. -^ Denn Gott, derdie Welt durch misericordia et iustitia erlst hat,*) quipatiens et multum misericors est et praestabilis supermalitia,^) will ja nidit den Tod des Gottlosen, sonderndag er sich bekehre und lebe."^)

    Diejenigen Gotteskinder, die gezwungen sind, in derGemeinschaft der Gottlosen zu leben, ermahnt Innocenz,

    ') Siehe p. 10 f.-) Siehe p. 11. ~ Vergl. Augustinus, de diversis quaesti-onibus, cap. 69, 5 (Bd. 40, 76): Oportet enim eum pugnare, donec

    ponat omnes inimicos suos sub pedibus suis. Nach Pseudo-Cyprianusgehrt zu den Pflichten des christlichen Herrschers : iniquos nonexaltare, impudicos et histriones non nutrire, impios de terra perdere,parricidas et periurantes vivere non sinere. (1. c. p. 51). Vergl.Sackur, (1. c. p. 185): Omnes ergo insulas et civitates paganorumdevastabit et universa idolorum templa destruit et omnes paganosad baptismum convocabit et per omnia templa cruce Jesu Christierigetur . . . Qui vero cruce Jesu Christi non adoraverit gladiopunietur.

    ^) Vergl. Augustini Retractionum liber I, cap. 19, 5 (Bd. 30,p. 615); Solvenda est quaestio, cur Dominus praeceperit diligendosinimicos (Matth. V, 44), cum alio loco praecipiat odio habendos etparentes et fiiios (Luc. XIV, 26); id est: ut diligamus inimicoslucrandos regno Dei et oderimus in propinquis, si impediunt aregno Dei. - Augustinus Enarr. in Ps. 100, 3-4 (Bd. 37, 1286):Qui sunt praevaricatores ? Qui oderunt legem Dei, qui audiuntillam et non faciunt. Facientes praevaricationem odio habe, repelleillos a te. Sed odisse debes praevaricatores, non homines. HominemDeus fecit, praevaricatorem ipse se fecit; ama in illo, quod Deusfecit, persequere in illo quod ipse sibi fecit.

    *) Erste Weihnachtspredigt (Bd. IV, p. 451) ; - Sermo IX(Bd. IV, p. 489).

    ^) Ep. VI, 51. 6) Ep. VI, 51; VII, 13; X, 127.

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    jenen ugeiiichen Scheinfrieden, den, wie oben dargelegt,')die cives diaboli erwerben knnen, zu benut5en, um unterseinem zeitweiligen Schule dem wahren Gotte dienen zuknnen. Innocenz fhrt als Beispiel das auserwhlte Volkder Juden an, das auf Gottes Befehl selbst dem heidnischenKnig Nabuchodonosor gedient habe.-) Audi hier greiftInnocenz ganz deutlich erkennbar auf Augustin zurd^,der in der Civ. Dei, lib. XX, cap. 26, sagt: Hanc autem(den Scheinfrieden der cives diaboli), ut Interim habeatin hac vita, nostra etiam interest: quoniam quamdiupermixtae sunt ambae civitates, utimuret nos paceBabylonis.Pro