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Poster Fluorapatit-Gelatine-Komposite: Biomimetische Morphogenese und Realstruktur Paul Simon a , Caren Göbel a , Wilder Carrillo- Cabrera a , Petr Forma ´nek b , Dorin Geiger c , Reiner Ramlau a , Harald Tlatlik a , Jana Buder a , Rüdiger Kniep a a Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe, Nöthnitzer Straße 40, D-01187 Dresden b Innovation for High Performance Microelectronics GmbH, Im Technologiepark 25, D-15236 Frankfurt/Oder c Triebenberg-Laboratorium, Institut für Strukturphysik, Technische Universität Dresden, D-01062 Dresden Keywords: Biomineralisation; Gelatine; Electron microscopy; Apa- tite; Composite Unsere laufenden Untersuchungen zur Biomineralisation beschäf- tigen sich mit Selbstorganisation, Morphogenese und Musterbil- dung von Fluorapatit-Gelatine-Kompositen [15]. Die vorliegende Arbeit ist auf elektronenmikroskopische Untersuchungen und ihre Interpretation fokussiert. Die Präparate wurden durch Gegenstromdiffusion in Gelatine-Ma- trices unter Variation der Fluoridkonzentration in einer der Aus- gangslösungen hergestellt. Durch Untersuchung der gebildeten Feststoff-Aggregate in den voneinander getrennten Liesegangschen Bändern wurden Erkenntnisse zur Phasenbildung (Octacalcium- phosphat, Apatit) und Morphogenese erhalten. Die innere Archi- tektur der kugelförmigen OCP-Aggregate wird durch Kugel-Schale- Anordnungen und radiale Strukturen bestimmt. Die Apatit-Kom- posite entwickeln sich zunächst nach dem bereits beschriebenen fraktalen Mechanismus ausgehend von einem hexagonal-prismati- schen Keim. Mit zunehmendem Fluoridgehalt in der Apatitkompo- nente des Komposits werden die Einzelindividuen der fraktalen Ag- gregate stabiler (kompakter). Die Ausbildung eines torusförmigen Hohlraumes um den zentralen Keim in den fraktalen Aggregaten entspricht dem Wachstumsmechanismus und ist grundsätzlich be- kannt. Erstmalig haben wir nun auch den hexagonalen Querschnitt des torusförmigen Hohlraumes beobachtet (Abb. 1), wie es nach dem fraktalen Bildungsprinzip zu erwarten ist. In das fraktale Wachstumsmodell (Abb. 2) wird dann die experimentelle Beobach- tung integriert, dass das Aufwachsen der ersten Generation auf dem Keim nicht ausschließlich unmittelbar an den Basisflächen, sondern auch von den Basisflächen entfernt auf den Prismenflä- Abb. 1 REM Bild des torusförmigen Hohlraumes im zentralen Teil eines sphärischen Fluorapatit-Gelatine-Komposits. 1760 2004 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 69451 Weinheim zaac.wiley-vch.de Z. Anorg. Allg. Chem. 2004, 630, 1760 chen stattfindet. Die Simulation (Abb. 2) zeigt dann auch sehr schön die Naht zwischen den Halbkugeln und die brauenartig ge- schwungene Struktur um die Kavität. Abb. 2 2D-Simulation eines geschlossenen (fraktalen) Fluorapatit- Gelatine-Aggregats. Zur Untersuchung der Realstruktur des Fluorapatit-Gelatine- Komposits haben wir uns zunächst auf Dünnschnitte (Mikrotom bzw. FIB-Technik) des hexagonal-prismatischen Keims (senkrecht zur hexagonalen Achse) beschränkt. Verglichen mit rein anorgani- schem Apatit wird das Apatit-Gelatine-Komposit durch eine Über- struktur mit einer Periodizität von ~10 nm charakterisiert (Abb. 3). Die Überstruktur wird offensichtlich durch mineralisierte, tripelhe- likale Gelatinemoleküle (Orientierung der Längsachse der Mole- küle [001] der hexagonal prismatischen Einheiten) hervorgerufen. Die calcifizierten Tripelhelices wirken dabei als Nukleationszentren für ausgeprägt Mosaik-kontrollierte Apatit-Bereiche auf der Na- noskala. Abb. 3 TEM Bild eines Komposit-Keims (Schnitt senkrecht zur hexagonalen Achse). Die Pfeile kennzeichnen die bevorzugte Orien- tierung der Überstruktur. Oben rechts ist das zugehörige fourier- transformierte Bild gezeigt. Die diffusen Streifen der Überstruktur entsprechen einer Periodizität von ~10 nm. [1] R. Kniep and S. Busch, Angew. Chem. 1996, 108, 2788; Angew. Chem. Int. Ed. Engl. 1996, 35, 2624. [2] S. Busch, H. Dolhaine, A. DuChesne, S. Heinz, O. Hochrein, F. Lacri, O. Podebrad, U. Vietze, T. Weiland, R. Kniep, Eur. J. Inorg. Chem. 1999, 10, 1643. [3] S. Busch, U. Schwarz and R. Kniep, Chem. Mater. 2001, 13, 3260. [4] S. Busch, U. Schwarz and R. Kniep, Adv. Funct. Mater. 2003, 13, 189. [5] R. Kniep, in Facetten einer Wissenschaft, Eds.: A. Müller, H.- J. Quadbeck-Seeger, E. Diemann, Wiley-VCH, Weinheim, 2004, p. 221261. DOI: 10.1002/zaac.200470133

Fluorapatit-Gelatine-Komposite: Biomimetische Morphogenese und Realstruktur

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Fluorapatit-Gelatine-Komposite:Biomimetische Morphogenese undRealstruktur

Paul Simona, Caren Göbela, Wilder Carrillo-Cabreraa, Petr Formanekb, Dorin Geigerc, ReinerRamlaua, Harald Tlatlika, Jana Budera,Rüdiger Kniepa

a Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe,Nöthnitzer Straße 40, D-01187 Dresdenb Innovation for High Performance Microelectronics GmbH,Im Technologiepark 25, D-15236 Frankfurt/Oderc Triebenberg-Laboratorium, Institut für Strukturphysik,Technische Universität Dresden, D-01062 Dresden

Keywords: Biomineralisation; Gelatine; Electron microscopy; Apa-tite; Composite

Unsere laufenden Untersuchungen zur Biomineralisation beschäf-tigen sich mit Selbstorganisation, Morphogenese und Musterbil-dung von Fluorapatit-Gelatine-Kompositen [1�5]. Die vorliegendeArbeit ist auf elektronenmikroskopische Untersuchungen und ihreInterpretation fokussiert.Die Präparate wurden durch Gegenstromdiffusion in Gelatine-Ma-trices unter Variation der Fluoridkonzentration in einer der Aus-gangslösungen hergestellt. Durch Untersuchung der gebildetenFeststoff-Aggregate in den voneinander getrennten LiesegangschenBändern wurden Erkenntnisse zur Phasenbildung (Octacalcium-phosphat, Apatit) und Morphogenese erhalten. Die innere Archi-tektur der kugelförmigen OCP-Aggregate wird durch Kugel-Schale-Anordnungen und radiale Strukturen bestimmt. Die Apatit-Kom-posite entwickeln sich zunächst nach dem bereits beschriebenenfraktalen Mechanismus ausgehend von einem hexagonal-prismati-schen Keim. Mit zunehmendem Fluoridgehalt in der Apatitkompo-nente des Komposits werden die Einzelindividuen der fraktalen Ag-gregate stabiler (kompakter). Die Ausbildung eines torusförmigenHohlraumes um den zentralen Keim in den fraktalen Aggregatenentspricht dem Wachstumsmechanismus und ist grundsätzlich be-kannt. Erstmalig haben wir nun auch den hexagonalen Querschnittdes torusförmigen Hohlraumes beobachtet (Abb. 1), wie es nachdem fraktalen Bildungsprinzip zu erwarten ist. In das fraktaleWachstumsmodell (Abb. 2) wird dann die experimentelle Beobach-tung integriert, dass das Aufwachsen der ersten Generation aufdem Keim nicht ausschließlich unmittelbar an den Basisflächen,sondern auch von den Basisflächen entfernt auf den Prismenflä-

Abb. 1 REM Bild des torusförmigen Hohlraumes im zentralen Teileines sphärischen Fluorapatit-Gelatine-Komposits.

1760 2004 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 69451 Weinheim zaac.wiley-vch.de Z. Anorg. Allg. Chem. 2004, 630, 1760

chen stattfindet. Die Simulation (Abb. 2) zeigt dann auch sehrschön die Naht zwischen den Halbkugeln und die brauenartig ge-schwungene Struktur um die Kavität.

Abb. 2 2D-Simulation eines geschlossenen (fraktalen) Fluorapatit-Gelatine-Aggregats.

Zur Untersuchung der Realstruktur des Fluorapatit-Gelatine-Komposits haben wir uns zunächst auf Dünnschnitte (Mikrotombzw. FIB-Technik) des hexagonal-prismatischen Keims (senkrechtzur hexagonalen Achse) beschränkt. Verglichen mit rein anorgani-schem Apatit wird das Apatit-Gelatine-Komposit durch eine Über-struktur mit einer Periodizität von ~10 nm charakterisiert (Abb. 3).Die Überstruktur wird offensichtlich durch mineralisierte, tripelhe-likale Gelatinemoleküle (Orientierung der Längsachse der Mole-küle �� [001] der hexagonal prismatischen Einheiten) hervorgerufen.Die calcifizierten Tripelhelices wirken dabei als Nukleationszentrenfür ausgeprägt Mosaik-kontrollierte Apatit-Bereiche auf der Na-noskala.

Abb. 3 TEM Bild eines Komposit-Keims (Schnitt senkrecht zurhexagonalen Achse). Die Pfeile kennzeichnen die bevorzugte Orien-tierung der Überstruktur. Oben rechts ist das zugehörige fourier-transformierte Bild gezeigt. Die diffusen Streifen der Überstrukturentsprechen einer Periodizität von ~10 nm.

[1] R. Kniep and S. Busch, Angew. Chem. 1996, 108, 2788; Angew.Chem. Int. Ed. Engl. 1996, 35, 2624.

[2] S. Busch, H. Dolhaine, A. DuChesne, S. Heinz, O. Hochrein,F. Lacri, O. Podebrad, U. Vietze, T. Weiland, R. Kniep, Eur. J.Inorg. Chem. 1999, 10, 1643.

[3] S. Busch, U. Schwarz and R. Kniep, Chem. Mater. 2001, 13,3260.

[4] S. Busch, U. Schwarz and R. Kniep, Adv. Funct. Mater. 2003,13, 189.

[5] R. Kniep, in Facetten einer Wissenschaft, Eds.: A. Müller, H.-J. Quadbeck-Seeger, E. Diemann, Wiley-VCH, Weinheim, 2004,p. 221�261.

DOI: 10.1002/zaac.200470133