6
felslabor grimsel forschen für die sichere tiefenlagerung radioaktiver abfälle

forschen für die sichere tiefenlagerung radioaktiver abfälledefault… · radioaktiver Stoffe (Radionuklide) im Gestein oder zur Auswirkung von Kolloiden und Wässern mit hohem

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: forschen für die sichere tiefenlagerung radioaktiver abfälledefault… · radioaktiver Stoffe (Radionuklide) im Gestein oder zur Auswirkung von Kolloiden und Wässern mit hohem

felslabor grimsel

forschen für die

sichere tiefenlagerungradioaktiver abfälle

Page 2: forschen für die sichere tiefenlagerung radioaktiver abfälledefault… · radioaktiver Stoffe (Radionuklide) im Gestein oder zur Auswirkung von Kolloiden und Wässern mit hohem

Felslabor Grimsel

Beteiligte Länder

Gletsch

Grimsel-pass

Innertkirchen

Guttannen

Oberwald

FelslaborGrimsel

2 km

Das Felslabor Grimsel

450 Meter tief unter dem JuchlistockDas Felslabor Grimsel liegt 1730 Meter über Meer in granitischen Gesteinen des Aarmassivs. Es wird über den Zugangs-stollen der Kraftwerke Oberhasli AG er-reicht. Das Labor ist rund einen Kilometer lang und wurde 1983/84 mit einer Tunnel-bohrmaschine und im Sprengvortrieb auf-gefahren und seitdem dreimal erweitert.

International anerkanntes ForschungszentrumMehr als 20 Partnerorganisationen aus verschiedenen Ländern sowie die EU be-teiligen sich an den Untersuchungen im Felslabor Grimsel. Dieses leistet einen wichtigen Beitrag zum langfristigen Erhalt und zur Weitergabe des erworbenen Know -hows an zukünftige Generationen.

Kein Labor im üblichen SinneTief im Berg gibt es unterschiedliche geologische Verhältnisse mit geklüfteten und intakten Gesteinsbereichen. Also Bereiche, in denen Wasser fliessen kann respektive die keinen Wassertransport zulassen. Das Felslabor bietet somit ideale Rahmenbedingungen, um die Wir-kungsweise geologischer und techni scher Sicherheitsbarrieren von geologischen Tiefenlagern zu untersuchen. Dazu wer-

den Experimente im Massstab 1:1 sowie unter natürlichen Bedingungen durchge-führt. In einer kontrollierten Zone werden beispielsweise kleinste Mengen an radio-aktiven Substanzen eingesetzt. Damit un-tersucht man das Transportverhalten dieser Substanzen direkt im Gestein.

GeologieVor rund 300 Millionen Jahren sind im Grimselgebiet Magmen zu granitischen Gesteinen erstarrt. In die Spalten des abkühlenden Gesteins drangen neue Schmelzen ein und erstarrten als Gang-gesteine. Bei der alpinen Gebirgsbildung, die das Grimselgebiet vor etwa 40 Mil-lionen Jahren erfasste, wurden die Gesteine des Aarmassivs durch die nach Norden vorstossenden alpinen Decken überfahren und dadurch etwa zwölf Kilo-meter tief versenkt. Unter hohen Tempe-raturen und Drücken wurden sie über-prägt, und es bildeten sich Scherzonen und Kluftsys teme aus. Durch Hebung (0,5 bis 0,8 mm/Jahr) und Erosion, die bis heute andauern, kamen die Gesteine wie-der an die Oberfläche. Die im Grimselge-biet bekannten Kluftmineralien bildeten sich vor rund 16 Millionen Jahren.

Besuchen Sie uns! Die Nagra bietet von Juni bis Oktober für Gruppen kosten-lose Führungen im Felslabor Grimsel an. Uns haben schon Zehntausende von Leuten besucht, gehören auch Sie dazu! Erleben Sie Forschung live auf internationalem Niveau. Sie können Ihren Besuch im Felslabor auch mit einer Wanderung im schönen Grimselgebiet kombinieren. Mehr Informationen zum Felslabor: fuehrungen.nagra.ch.

Anmeldung für Führungen Frau Renate Spitznagel: Tel. 056 437 12 82 [email protected]

Page 3: forschen für die sichere tiefenlagerung radioaktiver abfälledefault… · radioaktiver Stoffe (Radionuklide) im Gestein oder zur Auswirkung von Kolloiden und Wässern mit hohem

Untersuchung vonNaturanaloga

Forschungsprojektein Felslabors

Laborstudien

Bausteine von Entsorgungs-programmen

Systemverständnis

Konzeptuelle Modelle

StandortspezifischeFelduntersuchungen

Sicherheits-analyse

BautechnischeMachbarkeit

Geologisches Tiefenlager

Sicherheitsbarrieren eines geologischen TiefenlagersMehrere sich ergänzende Barrieren schliessen die Abfälle ein. Sicherheitsmin-dernde Einflüsse werden von den Abfällen ferngehalten und die radioaktiven Stoffe so lange zurückgehalten, bis sie auf natürliche Werte zerfallen sind.

Die technischen Barrieren eines Tiefenlagers für hochaktive Abfälle bestehen aus der schwerlöslichen Abfall-matrix (1a Glas oder 1b Kernbrennstoff), welche die radioaktiven Stoffe enthält, einem dickwandigen Stahl-behälter (2; Durchmesser ein Meter) und der Stollenverfül-lung aus Bentonit (3; Mischung aus Tonminera lien). Die geologische Barriere ist das Wirtgestein (4), das die Lagerstollen enthält.

Wiederaufarbeitungsabfälle

Verbrauchte Brennelemente

Mit Blick auf die geologische Tiefenlagerung

Verantwortung tragenUnsere Generation verursacht radioaktive Abfälle. Es ist unsere Pflicht, diese Abfälle verantwortungsbewusst und nachhaltig zu entsorgen. Die Nagra wurde von den Verursachern mit der Erarbeitung und Um-setzung einer Entsorgungslösung betraut.

Auf dem Weg zu TiefenlagernExperten weltweit sind sich einig, dass die geologische Tiefenlagerung radioak-tiver Abfälle eine langfristige und sichere Entsorgungslösung ist. In der Schweiz ist sie gesetzlich vorgeschrieben. Die not-wendigen Arbeitsschritte auf dem Weg zu geologischen Tiefenlagern zeigt die Nagra in Entsorgungsprogrammen auf.Das Felslabor Grimsel (BE) und das Fels-labor Mont Terri (JU) sind wichtige For-schungszentren für das Entsor gungs-programm und die internationale Zusammenarbeit. In Felslabors werden Erkenntnisse zur Sicherheit von Tiefen-lagern, Charakterisierung von Gesteinen und Funktion technischer Sicherheits-barrieren gewonnen und vertieft. Ergän-zend dazu werden Experimente in ex-ternen Laborstudien durchgeführt und vergleichbare Prozesse in der Natur (Naturana loga) untersucht.

Beitrag der FelslaborsFelslabors leisten einen zentralen Bei-trag, um Fragen der Langzeitsicherheit zu beantworten und um die technische Machbarkeit der Tiefenlagerung radioak-tiver Abfälle zu überprüfen. Forschungs-schwerpunkte und Aufgaben sind zum Beispiel: • Geologische und hydrogeologische

Charakterisierung von Gesteinen, die sich für die Tiefenlagerung eignen,

• Eigenschaften und Langzeitverhalten von Komponenten der technischen Sicherheitsbarrieren,

• Transportverhalten und Rückhalte-eigenschaften von radioaktiven Stoffen in technischen Sicherheitsbarrieren und im umgebenden Gestein,

• Verifizierung von Daten und Rechen-modellen für Sicherheitsanalysen,

• Stollenbau und Einlagerungstechnik,• Internationale Zusammenarbeit und

Erfahrungsaustausch,• Information von Bevölkerung, Politik

und Behörden.

1a 1b2 3 4

Oberflächeninfrastruktur

Zugangsbauwerke

Lagerbereich untertag

Page 4: forschen für die sichere tiefenlagerung radioaktiver abfälledefault… · radioaktiver Stoffe (Radionuklide) im Gestein oder zur Auswirkung von Kolloiden und Wässern mit hohem

Aktuelle Experimente im Felslabor GrimselCFM (Colloid Formation and Migration) Bildung und Transport von Kolloiden und deren Einfluss auf die RadionuklidmobilitätCIM (C-14/I-129 Migration through aged cement) Testen der Transporteigenschaften von C-14 und I-129 durch ZementbarrierenEBS Lab (Engineered Barrier System Laboratory) Versuche mit Komponenten der technischen Barrieren sowie ParameterbestimmungFEBEX (Full-scale Engineered Barriers Experiment) 1:1-Demonstra-tionsversuch des Einlage-rungskonzepts für hoch-aktive AbfälleGAST (Gas Permeable Seal Test) Gasversiegelungsexpe-riment: gasdurchlässige Stollenversiegelungen für das SMA-Lager unter realis-tischen Bedingungen und in realistischem MassstabHotBENT (High-Temperature Bentonite Project) Untersu-chungen zur Sicherheitsfunk-tion von Bentonitbarrieren unter erhöhten TemperaturenISC (In-situ Stimulation and Circulation Test) Kontrollierte hydraulische Stimulation bestehender Störungszonen(Experiment des Swiss Competence Centers for Energy Research – Supply of Electricity)LASMO (Large Scale Monitoring) Überwachung und Charakterisierung der GeosphäreLCS (Long-term Cement Studies) Zementinjektions-experiment: Langzeitwech-selwirkungen zwischen Zementlösungen, Poren-wässern und GesteinLTD (Long-term Diffusion)Langzeitdiffusion von RadionuklidenMaCoTe (Material Corrosion Test) Korrosionsexperimente mit Komponenten der technischen BarrierenMoDeRn (Monitoring Developments for Safe Repository Operation and Staged Closure) Workpackage im EU-Projekt zum Test kabelloser Überwachungs-systeme (TEM)

Über 30 Jahre Forschung im Felslabor Grimsel

Bisherige ForschungsschwerpunkteDie wissenschaftlichen Tätigkeiten kon-zentrierten sich im Wesentlichen auf: • Entwicklung von Techniken für Stand-

ortuntersuchungen. Ein Beispiel ist die Fernerkundung des Gebirges mit seismischer Tomografie.

• Tests von Techniken zum Lagerbau und deren Auswirkungen auf die Funktion der geologischen Barriere. Untersucht werden beispielsweise die Versiegelung von Bohrlöchern oder kleinste Veränderungen im Gestein durch den Tunnelbau.

• Entwicklung und Test des technischen Barrierensystems. Die Experimente hierzu liefern einen wichtigen Daten-satz auch für Vorhersagen zur Lang-zeitentwicklung eines Tiefenlagers.

• Überprüfung von Modellierungen und Datengrundlagen für Sicherheits-analysen. Beispiele sind Experimente zum Transport und zur Rückhaltung radioaktiver Stoffe (Radionuklide) im Gestein oder zur Auswirkung von Kolloiden und Wässern mit hohem pH-Wert auf das Transportverhalten der Radionuklide.

Heute und morgenIm 21. Jahrhundert werden viele Tiefen-lagerprojekte konkretisiert und umge-setzt. Die Untersuchungen im Felslabor Grimsel gehen dieser Entwicklung voraus. Bei der Planung von Experimenten stehen Machbarkeit und Betriebssicherheit von Tiefenlagern im Vordergrund. Zweck dieser Experimente ist es, das Verhalten der Ein-lagerungskonzepte über Jahrzehnte unter lagerrelevanten Bedingungen zu bestim-men, die technischen Abläufe optimal zu gestalten und deren Sicherheit zu doku-mentieren. Für die kommenden Jahre wurden folgende Ziele gesetzt: • Durchführung von Experimenten zur

Demonstration und Verifizierung des technischen und geologischen Barrie-rensystems eines Tiefenlagers. Dazu müssen die Bedingungen, wie sie in solchen Lagern herrschen, über viele Jahre nachgeahmt werden, um langsam ablaufende gekoppelte Prozesse besser quantifizieren zu können.

• Entwicklung von neuen Techniken für die Einlagerung von radioaktiven Abfällen (z. B. Fernsteuerungs- und Überwachungstechnik).

• Ausbildung und Training von Fach-leuten und Studenten.

N

Kraftwerk-

zentrale 2

ZentralerBereich

Labo

rsto

llen

Zugangsstollen

Kontrollierte Zone

Kabelstollen

BK-Kaverne

GMT-Kaverne

VE-Kaverne

WT-StollenMaCoTe

GAST

1500 m

FEBEX/HotBENT

CFM

CIM

LTD

MoDeRn (TEM)

LASMO

ISC

LCS

FORGE

Stollensystem des Felslabors Grimsel• ca. 1100 m Stollen und Kavernen• ca. 6000 m Kernbohrungen• ganzjährig ca. 13 °C Gelbe Linien: Bohrungen (Auswahl)

Page 5: forschen für die sichere tiefenlagerung radioaktiver abfälledefault… · radioaktiver Stoffe (Radionuklide) im Gestein oder zur Auswirkung von Kolloiden und Wässern mit hohem

RadionuklideVon jedem chemischen Element gibt es stabile und spontan zerfallende (= radio - aktive) Atomarten. Radio-aktive Atomarten nennt man auch Radionuklide.

DiffusionDen passiven Konzentra-tionsausgleich von gasför-migen oder gelösten Stoffen zwischen Bereichen höherer und niedrigerer Konzentra-tion nennt man Diffusion.

KolloideAls Kolloide bezeichnet man Mikropartikel organischer oder anorganischer Herkunft (z. B. feine Tonpartikel), die in einem Medium (z. B. Wasser) fein verteilt sind.

Zu welchen aktuellen Fragestellungen liefert das Felslabor Grimsel Antworten?

FEBEXUnter der Leitung der spanischen Entsorgungsorganisation ENRESA wurde im «Full-Scale Engineered Barriers Experiment» ein Lagerstollen für verbrauchte Brennelemente gemäss spanischem Einla-gerungskonzept nachgebildet.

Wie werden radioaktive Stoffe im Gestein zurückgehalten und was beeinflusst deren Mobilität?Die meisten Tiefenlagerkonzepte sehen auch die Verwendung von Zementmateria-lien vor, die mit dem Grundwasser zu-sammen Wässer mit hohen pH-Werten bilden können. Dadurch können das Fliessverhalten der in den Gesteinsporen enthaltenen Wässer und das Rückhalte-vermögen des Gesteins für freigesetzte radioaktive Stoffe (Radionuklide) verän-dert werden.Im LCS-Experiment (Laufzeit: 2005 bis 2016) wurde die Wechselwirkung zwischen dem Gestein und solchen Wässern mit hohen pH-Werten erforscht.Beim LTD-Experiment geht es um die Diffusion von Radionukliden im unge-störten Gesteinsbereich, wo sie zum Teil zurückgehalten werden.Im CFM-Experiment wird untersucht, welchen Einfluss Kolloide im Bereich von Klüften und Scherzonen auf das Trans-portverhalten (Mobilität) von Radionu-kliden haben. Solche In-situ-Versuche werden unter möglichst realistischen Randbedingungen direkt im Gestein durchgeführt. Die Untersuchungen lie-fern auch wichtige Informationen zum Erosionsverhalten von Bentonit.

Was passiert mit Gasen, die in einem Lagerstollen entstehen?Durch Korrosion von Metallen und Abbau von organischem Material entstehen in einem verfüllten Tiefenlager Gase. Das GAST-Experiment ist ein grossmassstäb-liches Versiegelungsexperiment, bei dem das Sättigungsverhalten und der kontrol-lierte Gastransport durch das Verfüllma-terial untersucht werden. Zudem werden Erfahrungen zur bautechnischen Mach-barkeit solcher Versiegelungsbauwerke gesammelt.

Wie wirkt sich die Abwärme von hoch-aktiven Abfällen auf die Stollenverfül-lung und das angrenzende Gestein aus?Das FEBEX-Experiment ist ein Demon-strationsexperiment für hochaktive Ab-fälle im Massstab 1:1. Es wurde 1997 im Felslabor Grimsel eingebaut und nach 18 Jahren Laufzeit 2015 ausgebaut. Die Aus-wertung der unzähligen Daten und Infor-mationen läuft noch. Die Resultate dienen dazu, möglichst genaue Vorhersagen für das Verhalten der technischen Barrieren im unmittelbaren Umfeld eines wärme-produzierenden Abfallbehälters zu erfor-schen, um schliesslich robuste Aus sagen für die Langzeitsicherheit eines späteren Tiefen lagers zu machen.

Page 6: forschen für die sichere tiefenlagerung radioaktiver abfälledefault… · radioaktiver Stoffe (Radionuklide) im Gestein oder zur Auswirkung von Kolloiden und Wässern mit hohem

Nationale Genossenschaftfür die Lagerungradioaktiver Abfälle

Hardstrasse 73Postfach 280CH-5430 Wettingen

Tel 056 437 11 11Fax 056 437 12 07

[email protected]

Überarbeitete Auflage, November 2017Fotos: Nagra, © Comet Photoshoping, Dieter EnzGrafik: © Infel AG, Claudio Köppel