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www.landtag.sachsen-anhalt.de ALTERSARMUT: Wo steht Sachsen-Anhalt? DDR-UNRECHT: Kein Verfallsdatum gefordert KINDERFÖRDERUNGSGESETZ: Novelle diskutiert DAS MAGAZIN DES LANDTAGS VON SACHSEN-ANHALT 04 | 2017 FORUM DER GENERATIONEN

FORUM DER GENERATIONEN - Landtag von …...(DIE LINKE). Für ihre Fraktion/Par-tei sind andere Kandidaten der jeweiligen Landes-liste der Landtags-wahl 2016 nach-gerückt. Unter den

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  • www.landtag.sachsen-anhalt.de

    ALTERSARMUT: Wo steht Sachsen-Anhalt?DDR-UNRECHT: Kein Verfallsdatum gefordertKINDERFÖRDERUNGSGESETZ: Novelle diskutiert

    DAS MAGAZIN DES LANDTAGS VON SACHSEN-ANHALT 04|2017

    FORUM DER GENERATIONEN

  • DER LANDTAGTWITTERTDer Landtag von Sachsen-Anhalt hat seit dem 1. Dezember 2017 einen eigenen Twitter-Kanal. Unter dem Namen @Landtag_LSA berichtet das Referat Medien- und Öffentlichkeitsarbeit über die ganze Bandbreite des politischen Geschehens im Parlament.

    Mit dem Twitter-Account will der Landtag neue Zielgruppen auf das Internetangebot des Landtags aufmerksam machen und viele Menschen da abholen, wo sie auch unterwegs sind – in den sozialen Netzwerken. Es handelt sich zunächst um ein Pilotprojekt, das nach einem Jahr evaluiert wird.

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    INHALT

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    ALTERSARMENHAUSSACHSEN-ANHALT?Der Landtag diskutierte auf Antrag der Fraktion DIE LINKE die Entwick-lung der Altersrenten.

    16

    BAD LAUCHSTÄDT: AUF GOETHES SPURENDas Kurbad hat eine beeindrucken-de Bade- und Theatergeschichte vorzuweisen.

    22

    EIN TAG CHEF BEI DER LANDTAGSPRÄSIDENTINRichard Gerstmann blickte Gabriele Brakebusch bei deren Arbeit über die Schulter.

    AUS DEM PLENUM 10 | Mehreinnahmen sinnvoll einsetzen

    Durch einen Antrag wollte die Fraktion DIE LINKE die Landesregierung aufgefordert wissen, dem Parlament noch vor Jahresende einen Nachtragshaushalt für 2017 und 2018 vorzulegen.

    11 | Stärkung der Wissenschaftsfreiheit

    Mit der Verabschiedung eines Antrags der Koalitionsfraktionen spricht sich der Landtag für die Stärkung der Wissenschaftsfreiheit der Fachhochschule Polizei Sachsen-Anhalt in Aschersleben aus.

    IM BLICKPUNKT12 | Anhörung zur KiFöG-Novelle

    Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration hat sich mit einem Gesetzentwurf zur vierten Änderung des Kinderförderungsgesetzes beschäftigt.

    13 | Für mehr Verkehrssicherheit

    Die Landesregierung hat mit verschiedenen Akteuren ein Programm für mehr Verkehrssicherheit aufgestellt.

    14 | Mehr Mitbestimmung im Land

    Im Dezember 2016 wurde vom Landtag eine Enquete-Kommission zur „Stärkung der Demokratie“ eingesetzt. Jetzt wurde der Abschlussbericht übergeben.

    15 | Von der Aula zum Plenarsaal

    Zwanzig Jahre ist es her, dass 1997 der Neubau des Plenarsaals für den Landtag abgeschlossen wurde. Mit der Schlüsselübergabe verbesserten sich die Arbeitsbedingungen nicht nur für die Abgeordneten.

    IM DIALOG20 | Forum der Generationen

    Der Dialog zwischen Jung und Alt stand im Mittelpunkt eines erstmals gemeinsam vom Landtag, der Landesseniorenvertretung und dem Landesschülerrat Sachsen-Anhalt durchgeführten Forums der Generationen.

    IM RÜCKBLICK24 | Aus 21 wurden 11

    Am 1. Juli 2007 trat das Gesetz zur Kreisgebietsneuregelung in Kraft. Von ehemals 21 schrumpfte die Kommunalstruktur Sachsen-Anhalt auf elf Landkreise.

    IN GEDENKEN30 | Frieden ist nicht nur kein Krieg

    Unter dem Motto „Darum Europa!“ wurde am Volkstrauertag der Opfer von Krieg und Gewalt auf der ganzen Welt gedacht.

  • 4

    IMPRESSUM

    HerausgeberDie Präsidentin des Landtags von Sachsen-Anhalt

    auflage und erscHeinen10 000 Exemplare, vierteljährlich

    redaktion/bestelladresseLandtag von Sachsen-AnhaltReferat Medien- und Öffentlichkeitsarbeit,Besucherdienst und ProtokollDomplatz 6 - 9, 39104 MagdeburgFon: 0391 560 0Fax: 0391 560 [email protected]

    redaktionUrsula Lüdkemeier (Ltg.), Stefanie Böhme, Ulrich Grimm, Dr. Stefan Müller, Gudrun Oelze,Michael Rahmfeld, Wolfgang Schulz

    fotos & grafikenTitelseite: Stefanie BöhmeSeite 2: Screenshot/LandtagSeite 3: Wilhelmine Wulff/pixelio.de; Gudrun Oelze; Stefanie BöhmeSeite 4: Dr. Stefan Müller; Agentur DIG Trialon BerlinSeite 5: Viktoria KühneSeite 6: Wilhelmine Wulff/pixelio.deSeite 7: Brigitte Matthias; DIE LINKE; SPDSeite 8: Katharina Wieland Müller/pixelio.deSeite 9: Brigitte MatthiasSeite 10: R. Jürgens/pixelio.deSeite 11: FH PolizeiSeite 12: Highwaystarz/fotolia.comSeite 13: polizei-beratung.deSeite 14: Dr. Stefan MüllerSeite 15: Archiv LandtagSeite 16-19: Gudrun OelzeSeite 20-21: Stefanie BöhmeSeite 22-23: Stefanie Böhme; Wirtschaftsjunioren MagdeburgSeite 25: Grafik ideengut.infoSeite 26-27: Verlage wie angegebenSeite 28: Stefanie Böhme; benjaminnolte/fotolia.comSeite 29: Ulrike Brandt/Landtag; Beate Rentmeister/LandtagSeite 30: Dr. Stefan MüllerSeite 31: Stefan Hanke; Fachwerkzentrum Quedlinburg e. V.; Christine Heinemann Seite 32: neirfy/fotolia.com satz & gestaltungIdeengut OHG | www.ideengut.info

    druckHarzdruckerei GmbH | www.harzdruck.de

    redaktionsscHluss30. November 2017. Dieses Magazin dient der Öffent-lichkeitsarbeit des Landtags von Sachsen-Anhalt. Es wird kostenfrei verteilt. Es darf weder von Wahlbewerbern noch von Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden.

    Thomas Lippmann ist neuer Fraktionsvorsitzender

    W ährend der Fraktionsvor-standswahl am 14. November 2017 wurde Thomas Lippmann zum neuen Vorsitzenden der Landtags-fraktion DIE LINKE gewählt. Er folgt damit Swen Knöchel im Amt. Der 55-jährige Hallenser erhielt zwölf Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen bei 14 abgegebenen Stimmen. Er wird auch weiterhin die Funktion des bildungspolitischen Sprechers der Fraktion ausüben. Seinen Vorsitz im Ausschuss für Bildung und Kultur übernimmt Monika Hohmann, die kin-der- und familienpolitische Sprecherin der Fraktion. Parlamentarischer Geschäfts-führer bleibt der Abgeordnete Stefan Gebhardt. Als stellvertretende Fraktionsvor-sitzende und zugleich Arbeitskreisleiterinnen wurden Eva von Angern, Henriette Quade und Kerstin Eisenreich gewählt. Der Fraktionsvorstand wurde durch die Zusammenlegung der Ämter der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und der Arbeitskreisleiterinnen verkleinert. Dr. Stefan Müller

    Der Abgeordnete Thomas Lippmann ist der

    neue Fraktionsvorsitzende der Linken.

    Heimelige Weihnachtsstimmung im Landtagsfoyer

    A lle Jahre wieder wird der Landtag von Sachsen-Anhalt mit einem stattlichen Weihnachtsbaum aus-gestattet; er begrüßt die Gäste des Hauses direkt im Foyer. In diesem Jahr wurden Kinder der vierten Klasse der Grund-schule am Schloss-park Rösa (Muldestausee) mit dem Schmücken „beauftragt“. Im Vorfeld hatten die Mädchen und Jungen mit dem Abgeordneten Wolfgang Aldag Weihnachtsschmuck aus natürlichen Materialien gebastelt, mit dem der Baum, eine Kiefer, geschmückt wurde. Der von Wolfgang Aldag gestiftete Weihnachtsbaum stammt aus dem Natur-park Dübener Heide. Dem Schmücken war ein kleines Programm vorausgegangen, das den Landtag gekonnt in vorweihnachtliche Stimmung tauchte. Zur Schmück-Aktion gesellten sich traditionsgemäß Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch, Mitglieder des Landtags sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen und der Landtagsverwaltung. Für die jungen Akteure gab es als Beloh-nung literarische Überraschungen. Dr. Stefan Müller

    Gruppenbild mit Baum: Die Kinder und Erwachsenen

    nach der Schmückaktion.

  • Zwischenruf 04/2017 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

    Liebe Leserinnenund Leser,als Präsidentin des Hohen Hauses, des Landtags von Sachsen-Anhalt, heiße ich Sie an dieser Stelle herzlich willkommen und lade Sie zur Lektüre des Zwischen-Rufs ein. Nehmen Sie sich etwas Zeit für die vierte Ausgabe der Zeitschrift des Landtags in diesem Jahr. Das Redakti-onsteam der Landtagsverwaltung hat sie wie gewohnt mit viel Engagement und Sorgfalt, journalistischem Gespür und die Leser immer im Blick habend zusam-mengestellt. Mit dieser Ausgabe beschließen wir ein bewegtes Jahr des Landtags, dem landesweiten Schauplatz des demokrati-schen Geschehens in unserem Bundes-land. Hier treffen sich alle gewählten Ver-treter der Parteien in ihren Fraktionen, um sich in einer von allen anerkannten verbalen Diskussionskultur mit den The-men unseres Landes auseinanderzuset-zen. Ergebnisse sind Beschlüsse, nach denen sich das Regierungshandeln des Kabinetts und somit der einzelnen Minis-terien ausrichtet. Somit darf der Landtag für sich in Anspruch nehmen, das höchs-te politische Gremium unseres Bundes-landes zu sein. Durch unsere Verfassung ist er auf den Namen „Landtag“ getauft. Er kann als einziges Verfassungsorgan auf eine unmittelbare Legitimation durch unsere Bürgerinnen und Bürger aufbauen. In der Verantwortung aller in ihm arbeitenden Abgeordneten liegt es, ruhig durch mitunter bewegte Zeiten zu gehen und unsere jeweiligen Aufgaben in Koalition und Opposition verantwortungs-bewusst zu erledigen.Parlamentsarbeit ist Menschenwerk. Auch deshalb ist die parlamentarische Demokratie unvollkommen und anfällig für Fehler. Darüber, aber auch über unse-re politischen Grundüberzeugungen und über unsere Vorstellungen davon, was

    für unser Land wichtig ist, dürfen und sollen wir im Landtag leidenschaftlich sowie klar in Haltung und Sprache mitei-nander streiten. Allerdings sollte dabei jede/r Abgeordnete den notwendigen politischen Streit so führen, dass auch sein Gegenüber das Gesicht wahren kann. Respekt ist das unsichtbare Luft-polster zwischen politischen Gegnern. Ich bin mir sicher, dass wir einen res-pektvollen Umgang mit- und untereinan-der weiterhin leben, sodass wir das hohe Gut der parlamentarischen Demokratie pflegen und erhalten und das Hohe Haus würdevoll mit Leben füllen. In diesem Sinne blicke ich zuversichtlich auch in das vor uns liegende Jahr 2018 der Parlamentsarbeit.

    Ihre

    Präsidentin des Landtagsvon Sachsen-Anhalt

  • 6

    AUS DEM PLENUM

    AltersarmenhausSachsen-Anhalt?

    Die Fraktion DIE LINKE hatte im Mai 2017 eine Große Anfrage zur„Entwicklung der Altersrenten in Sachsen-Anhalt“ gestellt. Die Antworten der

    Landesregierung wurden nun im November-Plenum diskutiert.

    N ach Angaben des Statistischen Landesamtes sind derzeit etwa 81 000 Menschen über 65 Jahre von Altersarmut bedroht, davon sind 52 779 Frauen. Gemessen an der Gesamtbevölkerung in Sachsen-Anhalt sind das etwa zwölf Prozent aller Män-ner und 16 Prozent aller Frauen. Dies sei „skandalös“, erklärte Monika Hoh-mann (DIE LINKE). Die Antworten aus der Großen Anfrage hätten zudem belegt, dass Altersarmut eine Folge von Niedriglohn und kontinu-ierlichem Absinken des Rentenniveaus ist. „Auch der ak-tuelle Mindestlohn reicht nicht aus, um ausreichend für das Alter vorzu-sorgen.“ Hohmann plädierte daher für eine Anhebung auf mindestens zwölf Euro. Außerdem sollten die Menschen wieder mit 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen dürfen, denn die wenigsten arbeiteten bis 67 und müssten demzufolge mit Ab-schlägen rechnen. Die Landesregierung sehe Altersarmut dagegen leider nur bei Menschen, die Grundsicherung im Alter erhalten, und komme somit lediglich auf eine Zahl von drei Prozent der Bevölke-rung. Wenn es nicht grundsätzliche Verände-rungen im Rentensystem gebe, dann steuere Sachsen-Anhalt darauf zu, „ein katastrophales Armenhaus in der Bun-desrepublik“ zu werden. Um dies zu ändern, fordert die Fraktion DIE LINKE unter anderem eine solidarische Min-

    destrente in Höhe von monatlich 1 050 Euro netto.Petra Grimm-Benne (SPD), Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration, erläu-terte, dass die durchschnittlichen Ren-ten in den vergangenen Jahren von 765 Euro (im Jahr 2000) auf 944 Euro (im Jahr 2017) gestiegen seien und die be-schlossene Rentenangleichung zu einer Verbesserung der Renteneinkommen führen werde. Um Altersarmut zu ver-hindern, müssten schon in der Erwerbs-phase entsprechende Weichen gestellt werden, heißt es zudem in der Antwort

    ihres Ministeriums auf die Große An-frage.Die Einführung des Mindestlohns sei ein erster Schritt dahin gewesen, so Grimm-Benne. Die in der Diskussion befindliche Einbe-

    ziehung aller nicht anderweitig abge-sicherten Selbstständigen in die ge-setzliche Rentenversicherung wäre ein weiterer Schritt. Außerdem erklärte sie, dass die höchsten Armutsrisiken und auch die höchsten Anstiege innerhalb der letzten Jahrzehnte sich vor allem bei Kindern und Menschen im jungen Erwachsenenalter gezeigt hätten. In Sachsen-Anhalt seien mehr als 30 Prozent der Bürgerinnen und Bürger Rentner, daher sei das Thema von gro-ßer Bedeutung, sagte Tobias Krull (CDU). Er erinnerte daran, dass in den nächs-ten Jahren vermehrt die Auswirkungen der gebrochenen Erwerbsbiographien nach der politischen Wende bemerkbar

    Nach Angaben des Statistischen

    Landesamtes sind derzeit

    etwa 81 000 Menschen über 65 Jahre in Sachsen-Anhalt von

    Altersarmut bedroht.

    „Die beste Absicherung gegen Alters armut ist eine sozialversicherungs-pflichtige Beschäftigung.“ Tobias Krull, CDU

  • 7Zwischenruf 04/2017 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

    AUS DEM PLENUM

    Bundestagswahlsorgt im Landtagfür Nachrücker

    D ie Bundestagswahl hatte Auswir-kungen auf die Abgeordnetenliste im Landtag von Sachsen-Anhalt. Nach dem vier Landtagsabgeordnete in den Bundestag eingezogen, drei davon ihr Landtagsmandat niedergelegt ha-ben, rücken drei Abgeordnete in das Landesparla-ment nach. Aus-geschieden sind: Katrin Budde (SPD) sowie Birke Bull-Bischoff und Matthias Höhn (DIE LINKE). Für ihre Fraktion/Par-tei sind andere Kandidaten der jeweiligen Landes-liste der Landtags-wahl 2016 nach-gerückt. Unter den drei „Neuen“ ist al-lerdings nur eine Abgeordnete wirk - lich neu im Parla- ment: Katja Bahl- mann (DIE LINKE). Die Wirtschafts-fachwirtin aus Droyßig ist Jahr-gang 1976 und rückt für Matthias Höhn nach. Ihr zum Gegensatz sind Gui-do Henke (DIE LINKE) und Ronald Mor-mann (SPD) schon erfahrene Abgeordne-te. Beide waren sowohl in der 5. als auch der 6. Wahlperiode Abgeordnete des Landtags von Sachsen-Anhalt. Der AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Mrosek, der bei der Bundestagswahl ein Mandat für Berlin erzielen konnte, behält nach bisherigem Stand sein Landtagsmandat. Dr. Stefan Müller

    Katja Bahlmann

    Guido Henke

    Ronald Mormann

    würden. Krull ist überzeugt: „Die beste Absicherung gegen Altersarmut ist eine sozialversicherungspflichtige Beschäfti-gung.“ Bei allen Veränderungen müsste zudem immer auf einen Generations-ausgleich geachtet werden.„Das Ziel der AfD-Fraktion ist es, die Al-tersarmut zu bekämpfen und allen Men-

    schen eine angemessene Rente zu ermöglichen“, betonte Robert Farle (AfD). Immer

    weniger jünge-re Arbeitnehmer müssten demnächst immer mehr Rentner versorgen, wenn das System nicht grundsätzlich verän-dert werde. Der AfD-Abgeordnete frag-te, wie Menschen zusätzlich selbst für ihre Renten sorgen sollen, wenn das verdiente Geld kaum zum Leben reiche. Seiner Ansicht nach sei die Sicherung der Rentenfinanzierung eine gesamtge-sellschaftliche Aufgabe.Aus folgenden Gründen werde das Rentenproblem noch verschärft: die Null-Zins-Politik der Europäischen Zen-

    tralbank, die Ausplünderung vieler Men-schen durch das „Geschäftsmodell Energiewende“ und die „Politik der un-begrenzten Massenzuwanderung“. In einem „Volks-Renten-Konzept“ fordert die AfD-Fraktion deshalb unter anderem die paritätische Einbeziehung aller Ein-kommensbezieher in das Rentenkas-sensystem und die sofortige Rentenan-passung zwischen Ost und West. Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) freute sich, dass der soge-nannte „pension gap“ zwischen Mann

    und Frau langsam kleiner werde. Manche Zahlen bezüglich der Altersarmut seien dennoch mit Vorsicht zu genießen, weil viele Menschen aus Scham nicht zum Amt gingen, obwohl ihnen Grund-sicherung zustehen würde. Eine

    nächste Renten-reform müsste flexiblere Über-gänge zwischen Arbei ts leben und Renten-zeit bieten. Die Grünen p läd ie ren

    für eine G a r a n -t ierente

    nach 30 Arbeitsjah-

    ren von etwa 850 Euro.

    Gerade in Ostdeutschland gebe es viele Geringverdiener mit längeren Zei-ten von Arbeitslosigkeit, dies müsste man berücksichtigen und dafür sorgen, dass diese Menschen nicht von Alters-armut betroffen sind, forderte Andreas Steppuhn (SPD). Seine Fraktion spreche sich dafür aus, das Rentenniveau auf 48 Prozent anzuheben und die Renten-angleichung zwischen Ost und West zu forcieren. Nach Ansicht von Steppuhn brauche Deutschland dringend eine Ren-tenreform.Am Ende der Debatte zur Großen Anfra-ge wurden keine Beschlüsse gefasst. Stefanie Böhme

  • 8

    AUS DEM PLENUM

    A ndré Poggenburg (AfD) kritisierte die bisherige Herangehenswei-se der Landesregierung bei der Bekämpfung des Riesen-Bärenklaus und sprach von einem „Zuständigkeitschaos“. Mit einem entsprechenden Antrag wollte

    sich seine Fraktion für eine konsequente Bekämpfung des Riesen-Bärenklaus ein-setzen. So solle die Landesregierung bei-spielsweise eine Meldepflicht über neue Vorkommen einführen und eine breite Aufklärungskampagne in der Bevölkerung starten. Zudem lobte Poggenburg die Ko-ordinationsstelle Invasive Neophyten in Sachsen-Anhalt beim UfU e. V. (Korina). Dabei handle es sich um eine deutsch-landweit einmalige Einrichtung, auf die man ab 2018 nicht verzichten könne. Er

    appellierte an die Umweltministerin, die dort tätigen zwei Wissenschaftler mit ih-rem Expertenwissen ins Ministerium zu integrieren.Prof. Dr. Claudia Dalbert, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, er-

    läuterte, der Riesen-Bärenklau sei nur eine von 49 invasiven Arten auf der Lis-te der Europäischen Union. Bis Februar 2019 werde ein bundesweit abgestimm-tes Management-Konzept zum Umgang mit diesen Arten entwickelt. Deshalb ma-che es keinen Sinn, jetzt für eine invasive Art „gesonderte Maßnahmen“ festzule-gen. Außerdem hätten in den vergange-nen Monaten bereits umfangreiche Auf-klärungs- und Bekämpfungsmaßnahmen zum Riesen-Bärenklau stattgefunden. Der AfD-Antrag gehe seiner Fraktion nicht weit genug, denn man könne sich nicht nur auf eine invasive Pflanze konzentrie-ren, schloss sich Detlef Radke (CDU) der Umweltministerin an. Daher hätten die Ko-alitionsfraktionen einen Alternativantrag eingebracht. Dieser sehe unter anderem die Erarbeitung eines landespolitischen Konzeptes vor und die Aufklärungsarbeit

    zu intensivieren.Auch Hendrik Lange (DIE LINKE) ist über-zeugt, dass es wenig Sinn mache, sich nur mit einer invasiven Art zu beschäfti-gen, sondern es bedürfe eines „syste-mischen und kohärenten Ansatzes“. Der Alternativantrag seiner Fraktion schlage vor, die EU-Listen für invasive Arten zu erweitern und auch zu handeln, falls Ar-ten noch nicht darauf verzeichnet seien. Daneben sollten Forschungskapazitäten besser genutzt werden.Die Korina habe in den vergangenen Jah-ren tatsächlich sehr gute Arbeit geleistet, indem sie ein Überwachungssystem für invasive Arten geschaffen habe, lobte Jürgen Barth (SPD). Eine effektive Be-kämpfung setze professionelles Vorge-hen und entsprechende finanzielle Mittel voraus. Dies müsste bei den nächsten Haushaltsplanungen berücksichtigt wer-den.Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN) betonte, wie wichtig ein „koordinier-tes und abgestimmtes Vorgehen“ sei, der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen ziele genau darauf ab. Aldag sagte wei-ter: „Wir müssen der Natur ausreichend Raum und Freiheit geben, um sich selbst regenerieren zu können.“ Dies sei Aufga-be der gesamten Gesellschaft.Hannes Loth (AfD) kritisierte, dass die fachliche Arbeit der Korina zwar gelobt werde, die Mitarbeiter beklagten sich je-doch über stetig zunehmende „bürokra-tische Gängelung“. An die Ministerin ge-richtet sagte der AfD-Abgeordnete: „Geht Korina, sollten auch Sie gehen!“Am Ende der Debatte wurden der Antrag der AfD-Fraktion und der Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE abgelehnt. Dem Alternativantrag der Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wur-de zugestimmt. Stefanie Böhme

    Riesen-Bärenklau bekämpfen

    Beim Riesen-Bärenklau handelt es

    sich um eine invasive Pflanzenart,

    die eigentlich aus dem Kaukasus

    stammt. Mittlerweile hat sie sich auch

    in Sachsen-Anhalt ausgebreitet und

    kann bei Berührung zu schmerzhaften

    verbrennungsähnlichen Erscheinungen

    auf der Haut führen.

    Alle Fraktionen wollen sich für eine bessere Bekämpfung von invasiven Tier- und Pflanzenarten in Sachsen-Anhalt einsetzen. Am Beispiel des Riesen-Bärenklaus diskutieren sie über die beste

    Herangehensweise. Es gab mehrere Anträge.

  • 9

    AUS DEM PLENUM

    Zwischenruf 04/2017 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

    Auf Grundlage der SED-Unrechtsbereini-gungsgesetze (UnBerG) haben politisch Verfolgte der SBZ/DDR die Möglichkeit, für erlittenes Unrecht rehabilitiert und finanziell entschädigt zu werden. Die Antragstellung ist jedoch auf den 31. Dezember 2019 befristet. Die Koaliti-onsfraktionen von CDU, SPD und Grü-nen setzten sich nun dafür ein, eine Antragstellung zu entfristen und das entsprechende Gesetz auf Bundesebe-ne zu novellieren.Florian Philipp (CDU) erklärte, mit den SED-UnBerG hätten Menschen seit 25 Jahren eine Möglichkeit, dass das ih-nen widerfahrene Unrecht wiedergut-gemacht werde. Dabei sei die Rehabi-litation nie nur als monetärer Ausgleich gedacht gewesen, sondern immer auch mit der Frage verbunden, wie die Gesellschaft als Ganzes mit dem er-littenen DDR-Unrecht umgeht. Um die DDR-Opfer zu rehabilitieren, sei jedoch eine saubere und teilweise aufwändige Recherche und Sachbearbeitung nötig, denn „Unrecht ist immer eine Einzelfall-betrachtung“, ergänzte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Seit 1992 hätte es in Sachsen-Anhalt mehr als 25 000 Anträge gegeben, etwa zwei Drit-tel davon wurden positiv beschieden. Die SED-UnBerG seien somit ein wich-tiger Bestandteil der Aufarbeitung der DDR-Diktatur. Eva von Angern (DIE LINKE) sagte, ihre Fraktion teile das Ziel des Koalitionsan-trages und werde ihm zustimmen, auch wenn er in Teilen nicht weit genug gehe. Es dürfe kein Verfallsdatum für Unrecht geben und bei der Rehabilitierung müss-te man immer die Perspektive der Opfer im Blick haben, denn jede andere würde ihnen nicht gerecht werden. Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE

    GRÜNEN) schloss sich seinen Vorred-nern im Wesentlichen an, seine Fraktion unterstütze selbstverständlich den Koa-litionsantrag. Außerdem fügte er hinzu: „Die Diktatur der DDR war ein Werk der SED, getragen und stabilisiert wurde sie von vielen anderen [Red.: Menschen und Institutionen]“. Jeder müsste sich daher fragen lassen, was sein Beitrag gewesen sei, um die SED-Diktatur zu stabilisieren. Viele Betroffene fühlten sich noch im-mer nicht in der Lage, sich mit ihrem Schicksal auseinanderzusetzen, sagte Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen (SPD). In manchen Bereichen, wie beispielsweise beim Missbrauch von Arzneimitteln, ste-he selbst die Justiz noch am Beginn der Aufklärung. Unter diesen Umständen könne man nicht von den Opfern verlan-gen, sich innerhalb einer bestimmten Frist zu melden.Auch André Poggenburg (AfD) teilte das Anliegen der Aktuellen Debatte, an die DDR-Unrechts-Opfer zu erinnern. Gleich-zeitig verwies er auf ungleiche Renten

    zwischen Ost und West als Zeichen einer noch immer nicht in aller Konse-quenz vollzogenen Wiedervereinigung. Sein Fraktionskollege Oliver Kirchner (AfD) erinnerte an persönliche Schick-sale in seiner Familie. In einem Alter-nativantrag forderte die AfD-Fraktion, dass sich die Landesregierung auch für eine Entfristung des Antragsverfahrens für ehemalige deutsche Zwangsarbeiter einsetzen soll, zog diesen im Lauf der Debatte allerdings zurück.Am Ende der Debatte wurde dem Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zuge-stimmt. Stefanie Böhme

    Kein Verfallsdatum für DDR-UnrechtPolitisch Verfolgte in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR sollten auch nach 2019 einen Antrag auf Rehabilitierung stellen können. Das war zentrales Anliegen eines Antrags der

    Koalitionsfraktionen, der im Rahmen einer Aktuellen Debatte diskutiert wurde.

    Im Sommer 2017 präsentierte der

    Landtag eine Ausstellung von vier

    Fotokünstlern, die einen großen

    Teil ihrer Kindheit und Jugend

    zu Unrecht in Kinderheimen und

    Jugendwerkhöfen der DDR verbrachten.

    Die Fotos sind ein wichtiger Teil ihrer

    Vergangenheitsbewältigung.

  • 10

    AUS DEM PLENUM

    N ach der jüngsten Steuerschät-zung zeichnen sich deutliche Mehreinnahmen des Landes ab. Diese sollten dringend für wichtige Zukunftsinvestitionen genutzt werden, so DIE LINKE. Die Fraktion der AfD setzte sich mit einem Änderungsantrag ebenfalls für einen Nachtragshaushalt ein.Ihre konkreten Vorstellungen über die Verteilung der Mehreinnahmen äußer-te DIE LINKE unter anderem wie folgt: 350 Millionen Euro zur Beschleunigung von Investitionen bei Krankenhäusern und Unikliniken, für einen barrierefreien ÖPNV, den schnelleren Breitbandausbau und die Fortführung des Umweltsofort-programms sowie für weitere kommuna-le Bedarfe. 100 Millionen Euro werden für die Neueinstellung von 1 000 Lehre-rinnen und Lehrern sowie 400 Pädago-gischen Mitarbeiterinnen und Mitarbei-tern veranschlagt (Ziele der aktuellen Volksinitiative). „Ausgaben begrenzen, Schulden tilgen, Steuern senken“, das sei das Gebets-mühlenmantra der Koalition, kritisierte Thomas Lippmann (DIE LINKE). Es gelte freilich, sparsam und effizient zu sein, „aber das heißt nicht geizig“. Gerade diese permanente Ausgabenbegren-zung habe zu den heutigen Problemen im öffentlichen Dienst und der Daseins-vorsorge geführt.Die Linksfraktion habe ihn mit ihrem Antrag aufgefordert, ein Füllhorn mit 500 Millionen Euro über das Land aus-zuschütten, wunderte sich Finanzminis-ter André Schröder (CDU). Der aktuelle Doppelhaushalt sei mit einem Vorbehalt von 577 Millionen Euro (globale Minder-ausgabe, Steuerschwankungsreserve) geplant worden, die im Haushaltsvoll-zug erst erwirtschaftet werden müss-

    ten. Durch die Steuermehreinnahmen stünde also kein zusätzliches Geld zur Verfügung. Andreas Schmidt (SPD) forderte einen Ruck durch die geplanten Investitionen im Land. Seine Fraktion spreche sich dafür aus, durch Rücklagen den Bau der JVA Halle schon jetzt finanziell abzusi-chern und die Investitionen in den Breit-bandausbau, den Kita-Ausbau und die Einstellung von Lehrern und Erziehern voranzubringen.Nicht einmal die Hälfte der geforderten Ausgaben von 515 Millionen Euro sei finanziell durch die Steuermehreinnah-men von 236 Millionen Euro gedeckt – „Das ist unseriös“, warf Alexander Raue (AfD) der Fraktion DIE LINKE vor. Es müsse stattdessen dafür gesorgt wer-den, dass Investitionsmittel zeitgemäß abflössen. „Sich ergebende finanzielle Spielräume sollten klug und mit Augenmaß genutzt werden“, konstatierte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). „Ich er-warte von der Opposition ein Minimum an Realitätsbezug.“ Die Grünen stre-ben die Sicherstellung der Unterrichts-

    versorgung von 103 Prozent an, dafür seien im realistischen Rahmen mehr In-vestitionen in Stellen und Fortbildungs-maßnahmen nötig.„Es könnte eine schöne besinnliche Vor-weihnachtszeit werden, wenn da nicht die immer länger werdenden Wunsch-zettel der Linken und der SPD an den Landeshaushalt wären“, sagte Eva Feußner (CDU). Die CDU halte einen Nachtragshaushalt derzeit für falsch. Zunächst sollten geplante Investitionen umgesetzt werden. Dazu müssten vie-lerlei Verwaltungsabläufe beschleunigt werden, denn investive Mittel flössen nicht ausreichend ab, weil schlichtweg die Personalkapazitäten erschöpft sei-en.Im Anschluss an die Debatte wurden der Antrag der Fraktion DIE LINKE und der Alternativantrag der AfD-Fraktion in den Ausschuss für Finanzen überwie-sen. Dr. Stefan Müller

    Mehreinnahmen sinnvoll einsetzen

    Laut Antrag der Fraktion DIE LINKE

    sollte unter anderem in den ÖPNV

    investiert werden.

    Durch einen Antrag wollte die Fraktion DIE LINKE die Landesregierung aufgefordert wissen, dem Parlament noch vor Jahresende einen Nachtragshaushalt für 2017 und 2018 vorzulegen.

    Darüber wird nun im Ausschuss beraten.

  • 11

    AUS DEM PLENUM

    Zwischenruf 04/2017 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

    A uf lange Sicht soll durch den An-trag der Standort der FH Polizei attraktiver für Personal und Aus-zubildende werden. Drei wesentliche Anliegen werden verfolgt: Insbesondere durch die Absicherung einer sachgemä-ßen Ausstattung (wissenschaftliches Personal, Hilfe bei der Anwerbung von Drittmittelprojekten) soll eine Stärkung und Unterstützung eigenständiger und anwendungsorientierter Forschungs-

    vorhaben der FH Polizei gewährleistet werden. Zudem soll geprüft werden, inwiefern Möglichkeiten einer engeren Kooperation der FH Polizei mit der Hoch-schule Harz und der Martin-Luther-Uni-versität Halle-Wittenberg bestehen. Darüber hinaus soll geprüft werden, ob

    ein hochschuleigenes Institut für Po-lizei- und Sicherheitsforschung sowie ein Fortbildungsinstitut für die Polizei in Sachsen-Anhalt eingerichtet werden kann. Ein entsprechendes Konzept soll bis zum IV. Quartal 2018 dem Aus-schuss für Inneres und Sport sowie dem Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung vorgestellt werden.Im Studiengang „Polizeivollzugsdienst B.A.“ an der Fachhochschule Polizei

    werden, so Dr. Katja Pähle (SPD), – be-vor die Polizeianwärter in den tatsäch-lichen Dienst einsteigen – berufsprakti-sche Fähigkeiten und Kenntnisse sowie wissenschaftliche Grundlagen über The-orien und Methoden mit juristischen und sozialwissenschaftlichen Inhalten vermittelt. Eine effektive Ausbildung von Polizeibeamten und gleichzeitig Forschungsarbeit zu betreiben, stünden nicht in Widerspruch, betonte Katja Pähle.Die Fachhochschule Polizei stehe für po-lizeiliche Lehre, Studium, Weiterbildung und Forschung, erklärte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Ob die Grün-

    dung von Instituten, wie es im Antrag vorgesehen ist, die richtige Lösung sei, werde sich bei den kommenden Bera-tungen herausstellen, so Stahlknecht.„Wir warnen vor einer Verwissenschaft-lichung der Polizeiarbeit“, sagte Mario Lehmann (AfD). Die Polizisten müssten ihr Handwerk aus dem Effeff beherr-schen und auch anpacken können, statt zu philosophieren. „Wir wollen eigenständige Forschungs-vorhaben an der Fachhochschule Polizei unterstützen“, betonte dagegen Sebas-tian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN). Die Polizei soll gut ausgestattet, fachkundig und bürgernah agieren. Am Ende werde man in Sachsen-Anhalt nicht nur mehr Personal, sondern auch eine fachkundigere Polizei haben, zeigte sich Striegel überzeugt.Ihre Fraktion begrüße den Antrag der Ko-alition, sagte Henriette Quade (DIE LIN-KE). In der Polizei müsse eine moderne und zeitgemäße Ausbildung angeboten werden. Der praktische Nutzen aus ei-ner anwendungsorientierten Forschung sei erwartbar groß. Quade legte auch die Zusammenarbeit mit dem Brand- und Katastrophenschutz des Landes nahe.Die Pflege und Entwicklung der polizeili-chen Ausbildung solle sichergestellt und ausgebaut, Synergien genutzt werden, sagte Chris Schulenburg (CDU). Nach Ansicht seiner Fraktion stehe dabei aber die praxisorientierte Ausbildung im Vordergrund. Die klassische Forschung sei nicht die vordringliche Aufgabe der FH Polizei. Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag mit den Stimmen der Koalition und der Fraktion DIE LINKE angenom-men, die AfD lehnte den Antrag ab. Dr. Stefan Müller

    Stärkung der WissenschaftsfreiheitMit der Verabschiedung eines Antrags der Koalitionsfraktionen im November-Plenum spricht sich der

    Landtag für die Stärkung der Wissenschaftsfreiheit der Fachhochschule Polizei Sachsen-Anhalt in Aschersleben aus.

    Zwei Polizeianwärter beim

    Bücherwälzen in der Bibliothek

    der Fachhochschule Polizei.

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    IM BLICKPUNKT

    D as Kinderförderungsgesetz (KiFöG) des Landes soll erneut verändert werden. Im Oktober-Plenum hatte die Landesregierung ei-nen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Zum einen sollen die Landes-pauschalen angehoben werden, wobei der gestiegene Betreuungsumfang und die durch Tariferhöhungen gestiegenen Personalkosten berücksichtigt wer-den. Demnach würden ab 2018 etwa 30,6 Millionen Euro an Landesgeldern zusätzlich über die Landkreise an die Städte und Gemeinden fließen, erklärte Petra Grimm-Benne (SPD), Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration bei der Einbringung des Gesetzentwurfes.Zum anderen sieht der Gesetzentwurf vor, Mehr-Kind-Familien zu unterstützen. Für jedes zweite Kind zahlen die Eltern nur noch 60 Prozent der Beiträge, ab dem dritten Kind ist die Kita-Betreuung beitragsfrei. Ziel des Gesetzentwurfs soll es sein, die Gemeinden zu ent-lasten und die Elternbeiträge stabil zu halten. Ministerin Grimm-Benne sagte, dass es sich bei den zusätzlichen Lan-desgeldern nicht um ein „Extra“ han-delt, sondern das Land lediglich seinen verfassungsmäßigen Verpflichtungen nachkomme. Das Landesverfassungs-gericht (LVerfG) hatte in seinem Urteil vom Oktober 2015 erklärt, dass §12b des KiFöG mit Art. 87 Abs. 3 der Ver-fassung des Landes Sachsen-Anhalts unvereinbar ist. Dem wurde mit dem neuen Gesetzentwurf Rechnung getra-gen. Demnach müssen Gemeinden nun nicht mehr mindestens 50 Prozent der Kosten für die Kinderbetreuung über-nehmen.Die meisten Anzuhörenden haben den vorliegenden Gesetzentwurf als ersten Schritt in die richtige Richtung begrüßt.

    Allerdings erklärten sie, dass es noch weitergehende Verbesserungen geben muss, zum Beispiel beim Kinder-Erzie-her-Schlüssel und im Qualitätsmanage-ment. „Jedes Kind hat das Recht auf eine gute und qualitativ hochwertige Bildung“, betonte beispielsweise Ma-rita Magnucki vom Caritasverband für das Bistum Magdeburg. Dies müss-te in allen Regionen Sachsen-Anhalts und als verlässliches Angebot gelten. Die Landeselternvertretung fürchtet, dass einige Kommunen den Wegfall der 50:50-Regelung nutzen werden, um die Beiträge deutlich zu erhöhen. Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege im Land plädierte dafür, die Elternbeiträge zu-künftig mindestens auf zwei Drittel des Kindergeldes zu deckeln, noch besser wäre eine gänzlich kostenfreie Kinder-betreuung.Die kommunalen Spitzenverbände kriti-sierten, dass der Gesetzentwurf nicht wirklich eine Entlastung für die Städte und Gemeinden bringen wird, da §13 Abs. 6 KiFöG ersatzlos gestrichen wer-

    den soll. Dabei handelt es sich um etwa 23 Millionen Euro vom Bundesbetreu-ungsgeld, die das Land eigentlich auch 2018 an die Gemeinden weiterreichen wollte. Dies soll nun mit dem Hinweis auf die große KiFöG-Novelle nicht ge-schehen und wird von den Spitzenver-bänden kategorisch abgelehnt. Dr. Petra Weiher vom Landesrechnungs-hof Sachsen-Anhalt beurteilte den Ge-setzentwurf als „Zwischenlösung“, um dem Urteil des LVerfG in Bezug auf den Beitrag der Kommunen gerechtzuwer-den. Alle anderen Probleme und Mängel würden jedoch fortgeschrieben und ver-mutlich bis zur „großen“ KiFöG-Novelle im nächsten Jahr vertagt. Stefanie Böhme

    Anhörung zur KiFöG-Novelle

    Ein Gesetzentwurf zur vierten

    Änderung des KiFöG war

    Mitte November Thema einer

    öffentlichen Anhörung im Landtag

    von Sachsen-Anhalt.

    Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration hat sich in einer öffentlichen Anhörung mit einem neuen Gesetzentwurf zur vierten Änderung des Kinderförderungsgesetzes beschäftigt.

    Es gab Zustimmung, aber auch Kritik.

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    IM BLICKPUNKT

    Zwischenruf 04/2017 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

    D as von der Landesregierung initiierte Verkehrssicherheits-programm  2021 wurde Anfang September 2017 von Landtagspräsi-dentin Gabriele Brakebusch als Druck-sache an den Ausschuss für Landesent-wicklung und Verkehr überwiesen. Die Mitglieder des Ausschusses setzten das Programm auf die Tagesordnung und führten ein Fachgespräch in öffent-licher Sitzung durch. Im Mittelpunkt der Bemühungen um mehr Verkehrssicherheit stehe der Mensch selbst, erklärte der Staatsse-kretär im Ministerium für Landesent-wicklung und Verkehr, Dr. Sebastian Putz: „Jeder Verkehrstote ist einer zu viel! Unser Fernziel ist die ‚Vision 0‘: alle kommen an, keiner kommt um.“ Zielgruppenspezifische Maßnahmen sollen dafür umgesetzt werdenZum einen gehe es um die Mobilitäts- und Verkehrserziehung für Verkehrsteil-nehmer selbst, zum anderen um mehr Aufklärung, beispielsweise über den Ge-nuss von Alkohol, Medikamenten und Drogen im Straßenverkehr. Hier sollen die sogenannten Peer-Education-Projek-te ausgebaut werden, also die Aufklä-rung durch Gleichaltrige über Gefahren von Drogen und Alkohol im Straßenver-kehr. Zudem sollen mehr attraktive Mo-bilitätsalternativen für nicht mehr fahr-tüchtige Senioren geschaffen werden.Im Bereich der Infrastruktur sollen zu-künftig mehr intelligente Verkehrssys-teme zum Einsatz kommen. Nachdem Wildunfälle im Jahr 2016 zur Hauptun-fallursache Nr. 1 geworden sind, sollen an stark belasteten Unfallstrecken ver-mehrt akustische und optische Gerä-te zum Einsatz kommen, um Tiere am Kreuzen der Straßen zu hindern.Der Vizepräsident der Landesverkehrs-

    wacht Sachsen-Anhalt, Wulf Hoffmann, erklärte: „Im Sinne einer auskömmli-chen Finanzierung der Verkehrssicher-heit und Verkehrsprävention sind hier und dort Finanzierungslücken erkannt worden, beispielsweise bei den Ju-gendverkehrsschulen im Land.“ Die Verkehrswacht regte an – vor dem Hin-tergrund der zu geringen Personaldichte bei der Polizei –, insbesondere an Un-fallhäufungsstellen mehr stationäre Ge-räte zur Geschwindigkeitsüberwachung zu installieren.Felix Höfinghoff vom ADAC Niedersach-sen/Sachsen-Anhalt ergänzte: „Die zunehmende Digitalisierung hat einen enormen Einfluss auf sämtliche Hand-lungsfelder der Verkehrssicherheit.“ Auf der einen Seite positive, nämlich durch die guten Sicherheitshilfen durch Fahrassistenzsysteme, auf der anderen auch negative, da die Nutzung von Me-diengeräten – zum Beispiel Smartphone- nutzung beim Autofahren – das Verkehrs-unfallrisiko erhöhten.„Es gibt im Programm noch Verbesse-

    rungspotenzial hinsichtlich des Radver-kehrs“, sagte Norman Dreimann vom ADFC Sachsen-Anhalt. Es müsse in der Öffentlichkeitsarbeit mehr über den Um-gang von Auto- und Lkw-Fahrern mit Rad-fahrern im Verkehr informiert werden.Thematisiert wurde zudem die Ein-richtung oder Erweiterung von Tempo-30-Zonen im Straßenverkehr, sowohl vor schutzwürdigen Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen, aber auch in besonderen Straßenzügen, bei denen man vom Kriterium Verkehrsfluss abwei-chen dürfen müsste. Dr. Stefan Müller

    Für mehr Verkehrssicherheit

    Polizei und Verkehrswacht tragen

    maßgeblich zur Sicherheit im

    Straßenverkehr bei.

    Die Landesregierung hat mit verschiedenen Akteuren ein Programm für mehr Verkehrssicherheit aufgestellt. Dieses wurde im Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr

    in öffentlicher Sitzung vorgestellt.

    Zum Verkehrs-

    sicherheits-

    programm der

    Landesregierung

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    IM BLICKPUNKT

    I m Dezember 2016 wurde auf Antrag der AfD-Fraktion eine Enquete-Kom-mission eingesetzt, die Handlungs-empfehlungen für die „Stärkung der Demokratie“ erarbeiten sollte. Andreas Schumann, Vorsitzender der Kommissi-on übergab am Dienstag, 14. November 2017, den Abschlussbericht an Land-tagsvizepräsident Wulf Gallert. Darin heißt es: „Demokratie lebt davon, dass sich Bürgerinnen und Bürger aktiv in das gesellschaftliche und politische Leben einbringen – sei es über Wahlen und Abstimmungen oder über Diskussionen und Engagement in der Nachbarschaft bzw. der Gemeinde. […] Bürgerinnen und Bürger sprechen sich verstärkt für Beteiligungsmöglichkeiten aus, die ein eher kurzfristiges, themenbezogenes Engagement zulassen.“ Dem Bericht waren mehrere Sitzungen inklusive Anhörungen und Fachgesprä-che in den zurückliegenden Monaten vorausgegangen. Vertreter der kommu-nalen Spitzenverbände und des Minis-teriums für Inneres und Sport waren zu jeder Sitzung eingeladen. Der Bericht enthält nicht nur eine Darstellung des Gangs der Beratungen, sondern eben jene gemeinsamen Empfehlungen und Standpunkte der Enquete-Kommission. Darüber hinaus sind noch Stellungnah-men der Mitglieder der Fraktion der AfD und der Fraktion DIE LINKE Teil des Be-richts.„Das Ergebnis der Arbeit der Enquete-Kommission ist durchaus dazu geeig-net, sich auf die geplante Neufassung des Kommunalverfassungsgesetzes auszuwirken, wir haben kontrovers, aber auch konstruktiv diskutiert“, betonte Andreas Schumann. Konkret gehe es um noch mehr und dabei vereinfachte Bürgerbeteiligung. Beispielsweise wird

    empfohlen, die Quoren bei einer Bür-gerbefragung auf 20 Prozent zu senken. Damit läge man deutschlandweit im Mittelfeld. „Wir haben eine gute Arbeits-grundlage geschaffen, ganz bewusst ha-ben wir jede Form von Populismus aus dem Thema herausgehalten, denn es ging uns um die Sache an sich“, versi-cherte Schumann.„Die Enquete-Kommission diente dazu, externen Sachverstand in die parla-mentarische Arbeit der Abgeordneten einzubringen“, rekapitulierte Landtags-vizepräsident Wulf Gallert. Der Bericht verfüge zwar über keine gesetzesbin-dende Kraft, aber er diene der Vorbe-reitung der Debatte in der Landesregie-rung und im Landtag.Empfehlungen wurden unter anderem für folgende Themenkomplexe und Fragestellungen abgegeben: Ob und unter welchen Voraussetzungen kann für Ortschaften unter 300 Einwohnern ab 2019 die Möglichkeit eingeräumt werden, einen Ortsvorsteher oder ei-nen Ortschaftsrat zu wählen? Ob und

    unter welchen Voraussetzungen kann die Möglichkeit geschaffen werden, Ort-schaftsräte in Stadtteilen zu wählen? Ob und unter welchen Voraussetzungen können in nichtbeschließenden kommu-nalen Ausschüssen zukünftig Bürgerfra-gestunden ermöglicht werden? Dr. Stefan Müller

    Mehr Mitbestimmung im Land

    Andreas Schumann (r.)

    übergab den Abschlussbericht

    der Enquete-Kommission

    „Stärkung der Demokratie“ an

    Landtagsvizepräsident

    Wulf Gallert.

    Im Dezember 2016 wurde vom Landtag eine Enquete-Kommission zur „Stärkung der Demokratie“ eingesetzt. Deren Vorsitzender Andreas Schumann übergab den Abschlussbericht an

    Landtagsvizepräsident Wulf Gallert.

    Zum Abschlussbe-

    richt der Enquete-

    Kommission.

  • 15Zwischenruf 04/2017 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

    IM BLICKPUNKT

    Von der Aula zum PlenarsaalZwanzig Jahre ist es her, dass 1997 der Neubau des Plenarsaals für den Landtag

    abgeschlossen wurde. Mit der Schlüsselübergabe verbesserten sich die Arbeitsbedingungennicht nur für die Abgeordneten.

    N ach der Wahl Magdeburgs zur Landeshauptstadt am 28. Okto-ber 1990 war die Frage zu beant-worten, ob auch der Landtag seinen Sitz dort haben wird. Würde sich ein Gebäude finden, das Bedingungen für die Arbeit eines Parlaments mit damals 106 Ab-geordneten böte oder müsste gar über einen Neubau nachgedacht werden? Die Ingenieurschule für Wasserwirtschaft be-herbergte am Magdeburger Domplatz bis zu diesem Zeitpunkt ihren Forschungs- und Studienbetrieb. Darüber hinaus bot das Gebäude Platz für einen Teil der Was-serwirtschaftsdirektion. Die Studenten verfügten über Hörsäle, Seminarräume und eine Aula. Im Kellerbereich war ein

    Labor mit einem Testkanal zur Simulation von Fließgeschwindigkeiten in Gewässern integriert. Zugleich konnten die Studieren-den im Hause wohnen, essen und Sport treiben (Internatsbetrieb). Davon ausge-hend eignete sich der Zuschnitt des Ge-bäudes grundsätzlich auch für den Parla-mentsbetrieb. Nach einer ersten Renovierung fanden ab dem 17. Januar 1991 die Plenarsitzun-gen des Landtags in der Aula der ehemali-gen Ingenieurschule für Wasserwirtschaft statt. 1993 wurde der Bauantrag gestellt, den östlichen Teil des Gebäudekomple-xes mit einer elliptischen Erweiterung zum Innenhof neu zu gestalten. Nach einer dreijährigen Planungsphase ist der

    Komplex bis auf die Außenmauer zum benachbarten Kloster Unser Lieben Frau-en abgetragen und in einer zehn Monate dauernden Bauphase erneuert worden. Mit der großen Glasfront im Innenhof wur-de ein neues helles Ambiente gewonnen. So konnte im Untergeschoss die Parla-mentsbibliothek untergebracht werden. Im Erd- und ersten Obergeschoss fanden die Sitzungs- und Beratungsräume für die Landtagsfraktionen sowie die Ausschüs-se Platz. Die obere Ebene beherbergt nun den Plenarsaal mit zwei Tribünen. Auf ihnen können gleichermaßen Medienver-treter und Zuschauer Politik live erleben. Durch den Einbau raumlufttechnischer Anlagen, verschiedener Lifte und der In-stallation von Induktionsschleifen wird die Mandatsausübung für Menschen mit Handicap gewährleistet. Am 6. Juni 1997 wurde der 23.139.000 DM teure Neubau feierlich übergeben. Seitdem nutzen über 13 000 Gäste im Verlauf eines Jahres die Möglichkeit, Plenardebatten live vor Ort zu verfolgen. Ulrich Grimm

    Landtagssitzung in der Aula

    der Ingenieurschule für

    Wasserwirtschaft (l.), Entkernung

    und Neubau des Gebäudeflügels

    (M.) und eine Sitzung im

    Plenarsaal in seiner Gestaltung

    seit 1997 (u.).

  • 16

    REGIONALFENSTER

    V om zweiten bis zum dritten Adventswochenende wird der historische Kurpark von Bad Lauchstädt wieder zum märchenhaften Christkind’l-Markt. Der Ruhm des vorweih-nachtlichen Marktes in der Goethestadt, der in diesem Jahr bereits zum 27. Mal nach Bad Lauchstädt einlädt, reicht weit über die Region hinaus und wird am 8. De-zember von Sachsen-Anhalts Ministerprä-sidenten Dr. Rainer Haseloff eröffnet.Zehn Tage lang werden Besucher aus nah und fern dann vom Kurpark-See aus von einem überdimensionalen, in der Dunkel-heit hell strahlenden Christkind begrüßt. Auch gegenüber der Goethe-Schule im historischen Schloss lockt eine überle-bensgroße Engelfigur zum Christkind’l-Markt in den Park. Die einzigartige At-

    mosphäre der historischen Kuranlagen verleihen ihm mit vielen Weihnachtsfigu-ren, Märchenwald- und Rehwiese, Schwib-bogen, Pyramide und nach historischen Vorbildern gestalteten Händlerbuden im Park und Schlosshof ein bezauberndes Flair. Doch nicht nur im Advent lohnt ein Besuch der nur rund 20 Kilometer von Halle ent-fernten Stadt, zu der neben den Städten Bad Lauchstädt und Schafstädt auch die Gemeinden Delitz am Berge, Großgräfen-dorf, Klobikau und Milzau gehören. Seit 2008 leben die rund 9 500 Einwohner dieser Kommune im Saalekreis in einer amtlichen „Goethestadt“, trägt doch Bad Lauchstädt im Unterschied zu Weimar, Frankfurt am Main oder Ilmenau und Wetz-lar als bisher einzige Stadt in Deutschland

    den Namen jenes Dichterfürsten, dessen Wirken mit der Entwicklung des Ortes so eng verbunden ist. Doch die heutige Goethestadt Bad Lauchstädt hatte ihre erste Blütezeit schon hinter sich, als Jo-hann Wolfgang von Goethe sie erstmals besuchte. Die Ursprünge des Ortes reichen alten Klosterverzeichnissen nach weit zurück. Zur Stadt wurde Bad Lauchstädt erst 1430, als die Bischöfe von Merseburg ihr Stadtrecht verliehen.  Seit 1561 un-ter kursächsischer Hoheit, ist deren Ein-fluss noch im Stadtbild erkennbar, zum Beispiel im Renaissanceschloss, in dem heute Bad Lauchstädts Sekundarschüler lernen. Mit der um 1700 zufällig entdeckten Heilquelle wandelte sich die trotz herzog-

    Bad Lauchstädt:Auf Goethes Spuren

    Seit mehr als 200 Jahren ist Lauchstädt am Rande der Querfurter Platte untrennbar mit dem Namen des Dichterfürsten Goethe verbunden. Seit 2008 trägt das Kurbad mit seiner eindrucksvollen Theatergeschichte und heilkräftigen Quelle den Ehrennamen Goethestadt.

  • 17

    licher Besuche nach wie vor beschauliche Ackerbürgerstadt zum Hauptbadeort des Dresdner Hofes. Mit dem Adel kam auch das aufstrebende Bürgertum aus umlie-genden Städten in Scharen in das neue Modebad, das der Merseburger Stiftsbau-meister Johann Wilhelm Chryselius ab 1776 rund um den Mineralquell-Brunnen in ein „sächsisches Pyrmont“ verwandelte

    – mit jenen reizvollen barocken Gebäuden und Anlagen für Kurbetrieb und Freizeitge-staltung bei Glücksspiel und Theater, die noch heute erhalten sind.Den Mittelpunkt bildete die von einer stei-nernen Balustrade gefasste Quelle. Hin-ter dem Brunnen entstand der Kursaal, flankiert von zwei zierlichen Pavillons, sowie Kolonnaden mit 29 Krambuden für Händler und Gastwirte. Parkteich, Pavil-lons, Kursaal, geschnittene Baumalleen und Kolonnaden prägten fortan den öst-lichen Teil der Kuranlagen, während der westliche Parkteil landschaftlich gestaltet wurde. Die Hauptachse der historischen bau- und gartenkünstlerischen Anlage ver-lief einst wie heute vom Schlosstor über den Brunnen zum Kurhaus.Als das Interesse am Badeort verblasste,

    bekam Bad Lauchstädt mit dem Bau des neuen Kurtheaters Aufschwung. Theater wurde in der Stadt bereits seit 1761 ge-spielt, zog doch das Badeleben Komödi-antengruppen an, die bei den Kurgästen für Abwechslung sorgten. Erste Vorstellun-gen mit Marionetten sollen im „Strohhof“ zu sehen gewesen sein, ehe 1785 der Weimarer Theaterdirektor Bellomo ein höl-zernes Komödienhaus errichten ließ. Dit-tersdorfs Opern und Schauspiele von Iff-land standen dort auf dem Programm, am meisten aber lockten die Namen Schiller und Goethe.Aufführung von „Kabale und Liebe“ setz-ten wahre Völkerwanderungen von Halle aus, wo das Theaterspielen verboten war, nach Lauchstädt in Gang. Als 1791 das Weimarer Hoftheater mit seinem Direktor Johann Wolfgang von Goethe dort debü-tierte, begann für Bad Lauchstädt eine neue Zeitrechnung – die als überregional anerkannter Aufführungsort für Theater, Oper und Konzert. Das Ensemble um den Dichterfürsten sorgte für einen nie dagewesenen Zu-strom des Publikums. Die Schauspieler kamen gern nach Lauchstädt, wo sie nicht nur auf der Bühne eine Rolle spielten. Ihr Eintreffen Ende Juni bedeutete den An-fang, die letzte Vorstellung den Schluss der Theatersaison am Kurort.40 Lauchstädter Sommerdarbietungen sollen ebenso viel Geld in die Kasse ge-bracht haben wie 100 Vorstellungen in Weimar. Geheimrat Goethe machte sich daraufhin für den Bau eines „schickliche-ren Schauspielhauses“ stark, das nach genauen Vorgaben des Dichters in kurzer Bauzeit errichtet und 1802 mit der Auffüh-rung einer Mozart-Oper eröffnet wurde.Der äußerlich schlicht wirkende Bau nahe dem Lauchstädter Schloss ist das einzige original erhaltene Theater, in dem Goethe in seiner Zeit als Oberdirektor der Weima-rer Hofschauspielergesellschaft wirkte. Die Bühnentechnik wird nach wie vor im Original genutzt: Die mit einer hölzernen Maschinerie ausgestattete Gassenbühne, auch Guckkastenbühne genannt, ermög-licht durch ein System von Wellen, Rollen und Seilen einen Dekorationswechsel in Sekundenschnelle. >>>

    Zwischenruf 04/2017 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

    REGIONALFENSTERREGIONALFENSTER

    Immer ein Besuchermagnet – der

    traditionelle Christkind‘l-Markt

    in Bad Lauchstädt mit dem

    überdimensionalen Christkind

    mitten im Kurparksee (l.o.), der

    Weihnachtspyramide (r.o.) und

    buntem Treiben rund um die

    Kolonnaden (r.u.).

  • 18

    Der Lauchstädter Theaterbau faszinierte auch Richard Wagner. Erst 21 Jahre alt, kam er 1834 nach Bad Lauchstädt – und wollte eigentlich gleich wieder weg. Doch dann verliebte er sich in die Schauspiele-rin Minna Planer, die er später heiratete. Wagner debütierte dann doch am Lauch-städter Theater als Dirigent mit Mozarts „Don Giovanni“. So reiht sich auch dieser berühmte Mu-siker in die glanzvolle Lauchstädter The-atergeschichte ein, die nach 200 Jahren noch immer fortgeschrieben wird. Nach wie vor gibt es im Sommer geladene Gastspiele. Im Anschluss an die meist am Nachmittag stattfindenden Aufführun-gen laden zahlreiche Cafés und Gastwirt-schaften zum Verweilen ein. Zwar ist der reguläre Kurbetrieb seit 1941 eingestellt, doch ist die heutige Goethestadt Bad Lauchstädt mit ihren historischen Kuranlagen nach wie vor Anziehungspunkt für Erholungssuchende und Kunstliebhaber. Die Bauten dienen seit ihrer Restaurierung in den 1960er und 1990er Jahren öffentlichen, muse-alen und kulturellen Zwecken. Mehr als 20 000 Besucher reisen jährlich in die einzige Goethestadt Deutschlands, wo im Goethe-Theater von April bis Oktober in annähernd 50 Vorstellungen die füh-renden Stadt-, Landes- und Staatstheater gastieren. Auch das von Kammersänge-rin Prof. Edda Moser initiierte „Festspiel der deutschen Sprache“ bringt seit 2007 künstlerischen Glanz in den historischen Badeort und das Goethe-Theater. Nach mehrjähriger Unterbrechung wird 2017 die Tradition des Konzert-Winters in Bad Lauchstädt fortgesetzt. Ein „kuli-narisches Abendkonzert“, weihnachtliche Darbietungen der Goethe-Schule und des Goethe-Chores sowie „Christmas Love Songs“ eröffnen am ersten Adventswo-chenende im restaurierten historischen Kursaal, einer der wichtigsten Innenar-chitekturen des deutschen Klassizismus, den Konzert-Winter der Goethestadt. Sie lädt auch in der kalten Jahreszeit zu Füh-rungen durch die Museen zur Theater- und Badegeschichte Bad Lauchstädts ein. Oder wie wäre es mit einem Bummel durch den Park hin zur Christiane-Laube?

    Gelegen auf einer Halbinsel im Kur-parkteich, ist das kleine Bauwerk auf drei Seiten von Wasser umgeben. Die Portrait-büste darin erinnert an Goethes Gefährtin und Ehefrau Christiane Vulpius, die einst gern in Bad Lauchstädt kurte und tanzte. Ein an sie erinnernder und vergnüglicher geführter Spaziergang durch die Lauch-städter Kuranlagen wie zur Glanzzeit des Kurbades kann allerdings nur von Mai bis September gebucht werden. Die wechselvolle Geschichte des Thea-terspiels im vormaligen Luxus- und Mo-debad vornehmlich im 19. und 20. Jahr-hundert lässt eine Ausstellung im 2013 als „Neues Schillerhaus“ eingeweihten Gebäude Revue passieren. Sie berich-

    tet von den beiden Besuchen Friedrich Schillers in Bad Lauchstädt 1789 und 1803. Im Rahmen von Führungen zu be-sichtigen ist auch das Neue Badehaus zu Lauchstädt, in dem heute die Verwaltung der historischen Kuranlagen und die Goe-the-Theater Bad Lauchstädt GmbH ihren Sitz hat.Vor dem Prunkbau des Kursaals zeigt im Douche-Pavillon eine Dauerausstel-lung die Geschichte des mineralischen Bades von 1704 bis zur Gegenwart, im gegenüberliegenden Quell-Pavillon fand das Besucherzentrum sein Domizil. Bei-de Bauten sind über unterirdisch verlegte Röhren mit der zwischen ihnen liegenden Brunnenkammer verbunden, dem eigent-

    REGIONALFENSTER

  • 19

    gibt es nicht mehr, seit auch neue Inves-toren das Unternehmen Bad Lauchstäd-ter Heilbrunnen vor einigen Jahren in die Insolvenz führten. Seither wird die Tradi-tion des Brunnenfestes in Eigeninitiative der Goethestadt aufrechterhalten. Diese hat in unmittelbarer Nähe zu Sachsen-Anhalts größtem künstlichen Gewässer, dem Geiseltalsee, auch in ihren Ortstei-len und dem Umland Interessantes zu bieten.In Bad Lauchstädt selbst verbesserten die Sanierung des Schlossensembles, des Rathauses und anderer kommunaler Gebäude sowie die Umgestaltung und Erweiterung des Schlossgrabens das Stadtbild.Die Stadt Schafstädt entstand als Nie-derlassung germanischer Schafzüchter, worauf der Ortsname hinweist: „skap“  (Schaf) und „scab“ (Stätte) – eine für „Schafe“ günstige „Stätte“. Seit 1558 zwar mit Stadtrecht versehen, blieb dank der guten Bodenqualität im Bereich der Querfurter Platte die Landwirtschaft bis in die Gegenwart prägender Wirtschafts-faktor von Schafstädt.Delitz am Berge hat dank der welligen Aufteilung des Ortes durch einzelne Hö-henlagen wie Mühl- , Kirsch- oder Schul-berg einen besonderen Reiz.Südlich von Großgräfendorf, gelegen zwischen den Städten Bad Lauchstädt und Schafstädt am Bachlauf der Laucha, befindet sich mit 152 m über NN die höchste natürliche Erhebung der Region, deren Höhenniveau nur von künstlich auf-geschütteten Abraumhalden der Gegend übertroffen wird.Die Halde Klobikau, mit einer Fläche von über 300 Hektar und einer Höhe von 218 Metern über NN die größte Abraumhalde des Geiseltales, ist heute ein beliebter Ausgangspunkt für Rad- und Wander-touren. Vom Parkplatz auf der zweiten Ebene gelangt man über eine 100-stu-fige Holztreppe auf das Hochplateau mit Aussichtsturm, der einen herrlichen Rundblick über den Geiseltalsee bietet. Am Südhang befindet sich ein Weinberg – der einzige auf einer ehemaligen Ab-raumhalde in Deutschland. Gudrun Oelze

    REGIONALFENSTER

    Zwischenruf 04/2017 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

    Vom Kurhaus (r.o.) gelangt

    man durch den Park zum

    gegenüberliegenden Schloss

    von Bad Lauchstädt (l.o.). Direkt

    daneben wird im historischen

    Goethe-Theater (l.u.) die 200-jährige

    Theatergeschichte der Goethestadt

    fortgeschrieben.

    lichen Ursprungsort der heilkräftigen Quelle, die sich bis 1905 in die erhalten gebliebene runde Brunnenschale aus Marmor ergoss. Die dahinter stehende Quellnymphe ist der für Bad Lauchstädt geschaffene Abguss einer antiken Skulp-tur aus der Sammlung der Eremitage in St. Petersburg.Die Quelle sprudelt immer noch, aller-dings nur unterirdisch. Doch zu besonde-ren Anlässen lässt Bürgermeister Chris-tian Runkel Gäste von dem heilsamen Nass schöpfen. An ihre Bedeutung für Bad Lauchstädt erinnert alljährlich am dritten August-Wochenende das traditio-nelle Brunnenfest, einst veranstaltet von den Inhabern des Heilbrunnens. Diese

  • 20

    IM DIALOG

    V or dem Hintergrund der beson-deren Anforderungen des Demo-graphiewandels sollten Impulse für die öffentliche Diskussion und den Meinungsbildungsprozess in Politik und Gesellschaft gegeben werden. Neben 40 Senioren und 20 Schülern nahmen auch Studierende am Forum teil. Die Ergebnisse der beiden Arbeitsgruppen wurden am Ende im Plenarsaal des Landtags präsentiert.„Die souveräne Gelassenheit der Ju-gend und die Lebenserfahrung der Älte-ren sollen im Forum zueinanderfinden“, erklärte Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch bei der Eröffnung der Ver-anstaltung im Plenarsaal. „Beide Seiten sollten dabei aufgeschlossen aufeinan-der zugehen.“Angelika Zander, Vorsitzende der Lan-desseniorenvertretung Sachsen-Anhalt e. V., wies in ihrem Eröffnungsstatement darauf hin, dass sich die Beziehungen zwischen den Generationen verän-derten. Während die höhere Mobilität mehr Gestaltungsraum schaffe, trage sie auch dazu bei, die Generationen voneinander zu trennen: Dies sei bei der Wohnsituation zu beobachten, aber auch bei einer separierten Freizeitge-staltung. Der Dialog zwischen den Ge-nerationen sei indes lebenswichtig für die Gesellschaft, so Zander. Die Seniorenvertreterin betonte die Wichtigkeit des lebenslangen Lernens: „Bildung verbessert die Gesundheit, man lernt, seine Interessen zu erwei-tern und zu vertiefen, die selbststän-dige Alltagsführung wird länger auf-rechterhalten oder ausgebaut.“ Wichtig sei, auch bildungsfernen Menschen entsprechende Angebote zu unterbrei-ten – niedrigschwellig und finanziell er-schwinglich.

    Forum der GenerationenDer Dialog zwischen Jung und Alt stand im Mittelpunkt eines erstmals gemeinsam vom Landtag,der Landesseniorenvertretung und dem Landesschülerrat Sachsen-Anhalt durchgeführten Forums

    der Generationen im Parlament.

  • 21

    IM DIALOG

    Senioren und Jugendliche beim

    gemeinsamen Arbeiten im Plenarsaal

    (o.) und in der Arbeitsgruppe (u.). Den

    Sitzungsvorstand bildeten Michael

    Benecke, Gabriele Brakebusch und

    Angelika Zander (M.v.l.).

    Zwischenruf 04/2017 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

    „Wir reden über Zukunft“, sagte Michael Benecke, Vorsitzender des Landesschü-lerrats Sachsen-Anhalt e. V. Und diese sei keine ferne Utopie. Sie verbinde die Generationen über die Altersgrenzen hinweg. Das „Forum der Generationen“ beinhalte zukunftsweisende Themen. „Die Digitalisierung spielt schon eine enorme Rolle im Alltag, dies wird sich noch intensivieren“, ist sich Benecke sicher – ein Grund mehr, sie im Forum zu thematisieren. Digitalisierung und lebenslanges Lernen hängen sehr eng zusammen – „es steht so viel Wissen wie nie zur Verfügung“, sagte der Schü-lervertreter. Nun müssten Maßnahmen und Wege gefunden werden, wie mög-lichst jeder in den Genuss von Wissen, digitalen Vereinfa-chungen der Wis-sensane ignung und der damit einhergehenden Verbesserung der Mobilität kommen könnte.Die 80 Teilneh-merinnen und Teilnehmer der älteren und jüngeren Generationen dis-kutieren vor dem Hintergrund ihrer sehr unterschiedlichen Sichtweisen die The-menbereiche „Lebenslanges Lernen“ sowie „Mobilität und Digitalisierung“, zunächst in zwei Arbeitsgruppen, später im Plenum gemeinsam mit Abgeordne-ten der im Landtag vertretenen Frakti-onen.Ein stärkeres Miteinander zwischen den Generationen haben die Jugendlichen, Studenten und Senioren in ihrer Arbeits-gruppe als gemeinsames Ziel für die Zukunft herausgearbeitet. Dort, wo die traditionellen Familienverbünde nicht mehr so wirkten wie früher, müsste es zu einem stärkeren Aufeinanderzuge-hen zwischen Jung und Alt kommen. Vorstellbar wäre dies beispielsweise, indem Jugendliche den Älteren in Ge-meinschaftstreffs Nachhilfe in Sachen Digitalisierung anböten. Ein flächende-ckendes Angebot an Internet wäre frei-lich die Voraussetzung.

    Unter dem Motto „Digitalisierung und Mobilität fangen im Kopf an“ sollte schon in der Schule auf die Möglich-keiten und Gefahren der digitalen Welt hingewiesen werden. Eine Brücke zur Arbeitsgruppe „Lebenslanges Lernen“ schlug sich hier automatisch: Denn kei-ne Generation sei vor dem Nutzen und den Gefahren des Internets gefeit. Da die Jungen zwangsläufig „die Alten von morgen“ sein werden, sei es ratsam, frühzeitig die technischen, rechtlichen und inhaltlichen Dimensionen der digi-talen Welt zu kennen und schon jetzt auf eine Verbesserung der Bedingungen hinzuwirken. Schlagwort war hier zum Beispiel ein „Mobilitätskonzept“ für den Schüler-, aber auch für den Seniorenver-

    kehr.„Lebenslang es Ler-nen ist nicht nur ein Konzept, son-dern auch eine Haltung“, heißt das Fazit aus der gleichlautenden zweiten Arbeits-gruppe. Junge wie alte Menschen

    müssten in die unterschiedlichen For-men des Lernens hineinwachsen. Die dafür notwendige Zeit müsse aufge-bracht und die entsprechende Motivati-on gefunden werden. Wichtig sei, wieder „mehr für sich selbst zu lernen“. Der Zugang zu Bildungs- und Kulturan-geboten sei jedoch gerade im ländli-chen Raum oft umständlich und mit hohen Kosten verbunden. Ohne einen kostengünstigen ÖPNV würde man aus den Dörfern kaum in die Ortschaften mit Volkshochschulen und ähnlichen Ein-richtungen gelangen. Empfehlenswert wäre ehrenamtlich geleisteter Unterricht von Jung für Alt, genauso wie von Alt für Jung. Hierfür müsse dem Ehrenamt eine größere Würdigung zuteilwerden.Die Erkenntnisse aus dem Forum der Generationen sollen die Abgeordneten des Landtags in ihre Fraktionen tragen und so in die Arbeit zu Jugend, Familie und Senioren einfließen lassen. Dr. Stefan Müller

    „Bildung verbessert die Gesundheit, man lernt, seine Interessen zu erweitern und zu vertiefen.“ Angelika Zander, Vorsitzende der

    Landesseniorenvertretung Sachsen-

    Anhalt e. V.

  • 22

    EINBLICK

    F ür einen Tag als Chef in die höchs-ten politischen und wirtschaftli-chen Kreise hineinschnuppern – das konnten am 17. November 2017 zehn Jugendliche aus Magdeburg. Einer von ihnen war Richard Gerstmann aus der 12. Klasse des Werner-von-Sie-mens-Gymnasiums. Er hatte das ganz große Los gezogen und durfte einen Tag lang die ranghöchste Politikerin des Landes begleiten – Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch. Organisiert wurde das Projekt „Ein Tag Chef“ von den Wirt-schaftsjunioren Magdeburg. Ziel ist es, jungen Menschen zu ermöglichen, einen Arbeitstag lang einer Führungskraft über die Schulter zu schauen und so mögli-che berufliche Perspektiven aufzuzei-gen.Der 17-jährige Richard Gerstmann gab beim morgendlichen Treffen mit der Landtagspräsidentin ehrlich zu, dass er sich bisher wenig für Politik interessiert

    Ein Tag ChefDer 17-jährige Schüler Richard Gerstmann aus Magdeburg durfte im Rahmen eines Projektes für

    Nachwuchsführungskräfte einen Tag lang LandtagspräsidentinGabriele Brakebusch begleiten.

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    EINBLICK

    Zwischenruf 04/2017 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

    Richard Gerstmann erlebte

    einen spannenden und

    abwechslungsreichen Tag an der

    Seite von Landtagspräsidentin

    Gabriele Brakebusch.

    habe und auch sein Wissen aus dem Sozialkundeunterricht schon etwas ver-staubt sei. Aber – ganz wie es sich für einen guten Chef gehört – hat er sich vor seinem Treffen mit der Landtags-präsidentin vorbereitet und im Internet schon mal gelesen, was auf ihn zukom-men könnte. Nach einem kurzen Kennenlernen im Büro der Landtagspräsidentin ging es auch gleich los für Richard Gerstmann. Er begleitete Gabriele Brakebusch zu einer Sitzung der Europäischen Bewe-gung Sachsen-Anhalt e. V. Danach ging es für den Gymnasiasten, der später „vielleicht mal irgendwas mit Biologie studieren“ möchte mit dem Dienstwa-gen der Landtagspräsidentin nach Klein Oschersleben. In der dortigen Förder-

    schule für Lernbehinderte beteiligte sich Gabriele Brakebusch auch in die-sem Jahr am bundesweiten Vorlesetag und las Grundschülern aus dem Buch von Hans Fallada „Geschichten aus der Murkelei“ vor.Nach einem weiteren Termin in Oschers-leben fuhren beide zurück nach Magde-burg. Denn dort kamen am Nachmittag alle Teilnehmer des Projektes „Ein Tag Chef“ und Landtagspräsidentin Gab-riele Brakebusch zu einer Abschluss-veranstaltung in der Festung Mark zusammen. Richard Gerstmann zog ab-schießend ein sehr positives Fazit: „Es war wirklich sehr interessant und durch den Blick hinter die Kulissen bekommt man ganz andere Einblicke.“ Stefanie Böhme

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    IM RÜCKBLICK

    B ereits im Jahr 2004 sorgten die Pläne der Landesregierung, die Kreisgebietsstruktur ab 2007 für die Zukunft fit zu machen, für Auf-regungen, die bis in die kleinsten Ge-meinden drangen. Konkret ging es um den Zuschnitt von elf neuen Landkrei-sen und die Bestimmung neuer Kreis-städte. Mit größeren Kreisen verbanden viele Bürgerinnen und Bürger zunächst Nachteile, die sich aus möglicherweise längeren Wegen in die neuen Kreisstäd-te ergeben könnten. Weitaus weniger standen andere wichtige Argumente in der öffentlichen Wahrnehmung, wie zum Beispiel eine moderne Verwal-tungsstruktur, die im nationalen und in-ternationalen Wettbewerb als wichtiger Standortfaktor gilt. Auch stellte sich die Frage, ob vor dem Hintergrund der pro-gnostizierten demografischen Entwick-lung gerechtfertigt werden könne, dass zwar die Bevölkerungszahlen sinken, die Verwaltungsstrukturen aber nicht ange-passt werden.Die Verfassung des Landes Sachsen-An-halt definiert im Artikel 87 die kommuna-le Selbstverwaltung. Demnach sind die Landkreise und Gemeinden berechtigt und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet, in ihrem Gebiet alle öffent-lichen Aufgaben selbstständig wahrzu-nehmen. Davon ausgehend wurde das Reformziel formuliert, dass leistungs-starke und zukunftsfähige Strukturen ge-schaffen werden, die den Anforderungen an die kreisliche Ebene auch bei rückläu-figen Einwohnerzahlen gerecht werden. Als Messwerte für die Leistungsfähigkeit der Landkreise formulierte die Koalition von CDU und FDP bereits 2005 eine bür-gerfreundliche Verwaltung, zunehmende Qualitätserwartungen sowie die Auswir-kungen der demografischen Entwicklung,

    die insbesondere aus Gründen der Kos-tenbelastung der Bevölkerung zu berück-sichtigen seien. Daraus und aus einer Reihe weiterer Gründe sollte bei neuen Kreiszuschnitten nach Möglichkeit das Prinzip der Vollfusion angewandt wer-den. Des Weiteren wurde auf eine Grö-ße von 150 000 Einwohnern und eine Ausbreitung von 2 500 km2 orientiert. Ausnahmen sollte es nur geben, wenn die Fläche eines Kreises bereits über-durchschnittlich groß war oder er eine

    unterdurchschnittliche Dichte von 70 Einwohnern je km2 hatte. Zum Zeitpunkt der Planungsphase für die Kreisgebiets-reform umfasste die Statistik für die damals 21 Landkreise durchschnittlich 95 330 Einwohner bei einer Größe von 950,51 km2, im Mittel von 100,29 Ein-wohnern je km2.Unter anderem der letzte Aspekt führ-te dazu, dass die Landkreise Salzwedel und Stendal in ihren Strukturen beste-hen blieben. Der Ohrekreis fusionier-te mit dem Bördekreis zum Landkreis Börde. Die Stadt Wanzleben verlor an Haldensleben den Kreissitz. Die den Harz tangierenden Kreise Halberstadt, Wernigerode und Quedlinburg bilden seit 2007 den Landkreis Harz, Kreis-sitz: Halberstadt. Der rund um die Stadt Halle gelegene Saalkreis vereinte sich mit dem Kreis Merseburg-Querfurt zum neuen Saalekreis. Den Kreissitz verlor Querfurt zugunsten von Merseburg. Zu-

    Aus 21 wurden 11Am 1. Juli 2007 trat das Gesetz zur Kreisgebietsneuregelung in Kraft.

    Von ehemals 21 schrumpfte vor zehn Jahren die Kommunalstruktur Sachsen-Anhaltauf elf Landkreise. Eine hitzige Debatte begleitete die Diskussion im Vorfeld.

    sammengefasst wurden auch die Kreise Burgenland und Weißenfels zum Bur-genlandkreis, Kreissitz: Naumburg. Geo-grafisch betrachtet war die Fusion der Landkreise Sangerhausen und Mansfel-der Land zum Kreis Mansfeld-Südharz die Folge. Die Lutherstadt Eisleben ist seit 2007 keine Kreisstadt mehr. Die Kreise Aschersleben-Staßfurt, Bernburg und Schönebeck bilden seitdem den Salzlandkreis, Kreisstadt: Bernburg. Im Zuge der Beratungen zur Kreisgebiets-reform hatten Bitterfeld und Köthen da-rum geworben, zusammen den neuen Landkreis Anhalt-Bitterfeld zu bilden. Die Stadt Bitterfeld verlor dabei den Status einer Kreisstadt. Der Landkreis Anhalt-Zerbst wurde geteilt und ist in die Kreise Jerichower Land (Kreisstadt Burg) und Wittenberg aufgegangen. Die zum Reformzeitpunkt bestehenden kreisfreien Städte Halle und Magdeburg veränderten sich nicht, lediglich Dessau fusionierte mit dem bis dahin zum Land-kreis Anhalt-Zerbst gehörenden Roßlau. Die gesetzliche Grundlage bildet das vom Landtag Sachsen-Anhalt am 6. Ok-tober 2005 verabschiedete Gesetz zur Kreisgebietsneuregelung. Ulrich Grimm

    Ziel war es, vor dem Hintergrund sinkender Einwohnerzahlen, leistungsstarke und zukunftsfähigeStrukturen zu schaffen.

    Die Redaktion des ZwischenRufs nimmt den zeitlichen Abstand vom In-Kraft-Treten des Gesetzes 2007 zum Anlass, die Gebietsänderungen ins-besondere für die jüngere Generation zu rekapitulieren. Den Gesetzentwurf mit seiner umfassenden Begründung sowie den stenografischen Bericht mit allen Redebeiträgen der damaligen Landtagssitzung finden Sie als Online-dokumente zum gleichnamigen Artikel auf www.landtag.sachsen-anhalt.de

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    ALTMARKKREISSALZWEDEL

    LANDKREISE AB DEM 1. JULI 2007

    MANSFELD-SÜDHARZ

    SALZLAND-KREIS

    BURGENLANDKREIS

    SAALEKREIS

    ANHALT-BITTERFELD

    WITTENBERG

    JERICHOWER LAND

    STENDAL

    BÖRDE

    Ohrekreis

    Bördekreis

    Wernigerode

    Sangerhausen

    Mansfelder LandSaalkreis

    Weißenfels

    Merseburg-Querfurt

    Quedlinburg

    StendalAltmarkkreisSalzwedel

    Landkreise bis 30. Juni 2007

    HARZ

    HalberstadtSchönebeck

    Anhalt-Zerbst

    Jerichower Land

    Bernburg Köthen

    Bitterfeld

    Wittenberg

    Aschersleben-Staßfurt

    Burgenlandkreis

    MAGDEBURG

    DESSAU-ROSSLAU

    HALLE (SAALE)

    GEBIETSREFORM 2007

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    WEITBLICK

    Hektische Reformennach Schockstarre

    S chon vor über 50 Jahren warnte der Philosoph und Pädagoge Georg Picht vor der Gefahr einer „Bildungskatastrophe“. Seitdem gab es viele Reformbemühungen auf gesamtstaatlicher und Länderebene. Ein

    Resümee versuchten im Jahr 2015 der Philosoph Julian Nida-Rümelin und der Erziehungswissenschaftler Klaus Zierer zu ziehen. Es fällt weitgehend ernüchternd aus: Nach der Schockstarre der ersten PISA-Ergebnisse im Jahr 2000 erfolgte nach Auffassung der Autoren eine Reihe hektischer Reformen, die nicht die tatsächlichen Fehler und Mängel des deutschen Bildungssystems beheben konnten.Stattdessen wurde versucht, sich an internationale Trends anzupassen: Verkür-zung der Schulzeit, Bologna-Reform an den Universitäten (mit der Folge einer Verschulung des Studiums), Umstellung der Curricula ohne Berücksichtigung der Folgen für Lehre und Studium.Die eigentlichen Stärken des deutschen Bildungssystems, die gleichbleibende Qualität der Studiengänge und das duale System der beruflichen Bildung, treten mehr und mehr in den Hintergrund. Als Ergebnis dieser Studie werden zwölf „unangenehme Wahrheiten“ herausgearbeitet, für welche die Autoren dringenden Handlungsbedarf sehen.Julian Nida-Rümelin, Klaus Zierer:

    „Auf dem Weg in eine neue deutsche Bildungskatastrophe“

    Freiburg: Herder, 2015.

    Argumentationshilfengegen rechte Logik

    D er vorliegende Ratgeber ist seit 2005 nun bereits in 3. Auflage erschienen und soll insbesondere Pädagogen und in der politischen Bildungsarbeit aktive Menschen dazu befähigen, sich argumentativ

    mit rechten Positionen auseinanderzusetzen. Unter „rechts“ werden dabei nationalistische, rassistische und ausländerfeindliche Positionen verstanden. Die Autoren gehen davon aus, dass solche Überzeugungen weder durch Ächtung ihrer parlamentarischen Vertreter oder außerparlamentarischen Bewegungen noch durch Parteienverbote oder die reine Strafverfolgung revidiert oder aus der Welt geschafft werden können. Sie gehen vielmehr der Logik entsprechender rechtsgerichteter Denkmuster nach und bieten an konkreten Beispielen orientierte Argumentationshilfen an. Hilfreich für die hauptamtliche politische Bildungsarbeit dürften dabei vor allem die im letzten Kapitel aufgeführten „Holzwege politischer Bildung gegen Rechts“ sein, die pointiert die Notwendigkeit argumentativer Auseinandersetzung aufzeigen, statt auf einen Automatismus heilsamer Lernprozesse zu bauen. Der Ratgeber enthält eine Vielzahl einschlägiger Quellen und setzt sich mit den darin enthaltenen Ideen und Vorstellungen präzise auseinander.Rolf Gloël, Kathrin Gützlaff, Jack Weber:

    „Gegen Rechts argumentieren lernen“

    VSA: 3. überarbeitete und aktualisierte Auflage Hamburg, 2017.

    Rolf Gloël / Kathrin Gützlaff / Jack Weber

    Gegen Rechts argumentieren lernen

    VSA:

    Aktualisierte Neuausgabe

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    WEITBLICK

    Zwischenruf 04/2017 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

    Zahlen,DatenundFakten

    D as bewährte Nachschlagewerk liefert mit der Ausgabe 2017 eine Kombination von

    Zahlen, Daten und Fakten für alle Staaten der Welt, in der vorliegenden Taschenbuchausgabe mit dem zusätzlichen Schwerpunkt von Sicherheitsaspekten unter Berücksichtigung neuerer globaler Entwicklungen. Eigenständige Kapitel behandeln die Europäische Union, internationale Organisationen sowie die größeren Themenbereiche Wirtschaft und Umwelt in internationaler Perspektive.Im Staatenteil werden zu jedem Land Informationen zu Fläche, Einwohnern, Amtssprachen, dem Bruttoinlandsprodukt sowie Währung und Botschaften des jeweiligen Staates angeboten.Der Weltalmanach enthält außerdem weitere Details zur Landesstruktur, Bevölkerung, Staats- und Regierungsform, Regierung und Parteien sowie eine Chronik bezogen auf den Berichtszeitraum. Die Informationen zu Deutschland, Österreich und der Schweiz sind dabei umfangreicher, es werden jedes Bundesland bzw. jeder Kanton genauer vorgestellt sowie weitere Statistiken aufgeführt.Ein hilfreiches Glossar sowie ein umfangreiches Stichwortverzeichnis erleichtern die Nutzung dieses Werkes zusätzlich.Der neue Fischer-Weltalmanach 2017

    Schwerpunkt Sicherheit, Frankfurt/Main: Fischer, 2016.

    Lebensweg einer„unwahrscheinlichen Kanzlerin“

    A ngela Merkel ist seit dem Jahr 2005 deutsche Bundeskanzlerin, eine der mächtigsten und

    einflussreichsten Frauen der Welt, häufig porträtiert und ständig beobachtet. Und doch bleibt sie vielen politischen

    Beobachtern rätselhaft, manche ihrer Entscheidungen bringen ihr neben Zustimmung und Bewunderung auch Ablehnung oder sogar Hass ein. Wer ist diese Frau, deren Lebensweg so ungewöhnlich wie unwahrscheinlich war, die erst mit 35 Jahren in die Politik ging und zwei Jahre später Bundesministerin wurde? 15 Jahre später war sie

    die „unwahrscheinliche Kanzlerin“, mittlerweile gilt ihre Kanzlerschaft in Deutschland als „Normalzustand“.Der Journalist und Berliner Korrespondent Volker Resing nähert sich der Regierungschefin von einer ungewohnten Seite. Welche Bedeutung haben ihre kirchliche Herkunft, haben Glaube und Christentum für ihre Politik? Was sind die Grundhaltungen ihrer Politik, welche Rolle spielen dabei Glaube und Christentum? Die überarbeitete und aktualisierte Neuauflage basiert maßgeblich auch auf Gesprächen mit Weggefährten, Freunden, politischen Gegnern sowie Mitstreitern und Mitarbeitern.Volker Resing:

    „Angela Merkel – Die Protestantin“

    Herder: Freiburg, 2017.

    Die Landtagsbibliothek als wissenschaftliche Spezialbibliothek steht den Abgeordneten und ihren Mitarbeitern sowie den Beschäftigten der Parlamentsverwaltung zur Verfügung. Sie ist jedoch auch für interessierte Bürgerinnen und Bürger zugänglich und nutzbar. Sie finden dort einen umfangreichen Literatur- und Zeitschriftenbestand sowie komfortable Arbeitsmöglichkeiten im Lesesaal vor. Die Sammelschwerpunkte umfassen die Bereiche Recht, Politik, Parlamentarismus, Sozialwissenschaften, Geschichte und Landeskunde. Als kleinen „Appetizer“ stellt die Bibliothek an dieser Stelle interessante Werke vor, die vor Ort eingesehen werden können. Sind Sie interessiert?! Die Landtagsbibliothek ist von Montag bis Donnerstag von 8 bis 16.30 Uhr und am Freitag von 8 bis 15 Uhr geöffnet. Für die Ausleihe von Literatur benötigen Sie einen Personalausweis. Nähere Informationen erhalten Sie unter der Nummer 0391 560 1135. Wir freuen uns auf Ihren Besuch! Michael Rahmfeld

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    IN KÜRZE

    D ie Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Landtags von Sachsen-Anhalt ist Mitte November zu ihrer Mitglieder-versammlung im Landtag zusammen-gekommen. Vorsitzender Ulrich Seidel informierte über aktuelle und zukünftige Vereinsaktivitäten. Als Gast gab Kay Barthel, Präsident des Landesrechnungshofs, einen kurzen Einblick in seine Arbeit und unterstrich dabei insbesondere die politische Unab-hängigkeit des Rechnungshofs. Zudem nutzte Barthel (selbst Mitglied des Land-

    tags von 2011 bis 2015) die Gelegen-heit, um seinen Aufnahmeantrag in die Vereinigung abzugeben. Der Antrag wur-de einstimmig angenommen.In der Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Landtags wird seit der Gründung 1995 der überparteiliche Gedankenaus-tausch zu aktuellen politischen Fragen ge-pflegt. Dazu kommen die Vereinsmitglie-der regelmäßig mit aktiven Abgeordneten und Mitgliedern der Landesregierung so-wie außerparlamentarischen Institutionen ins Gespräch. Stefanie Böhme

    Weiter politisch interessiertGegen Gewalt an Fraueneinsetzen

    A uf der 83. Plenarsitzung am 17. Dezember 1999 ernannte die UN-Generalversammlung den 25. November zum „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“. Frau-en kommen vielerorts nicht in den vollen Genuss ihrer Menschenrech-te und Grundfreiheiten.Der Gedenktag soll das öffentliche Interesse auf die Gewalt an Frauen lenken und Strategien zur Bekämp-fung der Gewalt in den Mittelpunkt rücken. Im Mittelpunkt der Aktio-nen 2017 stand das Thema „Früh-ehen – Rechtslage, Kindeswohl und Bedarfe“. So auch bei einer Gedenkstunde, die auf Einladung von Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch und des Landesfrauen-rats im Landtag von Sachsen-Anhalt stattfand.„Wenn uns Geschehnisse Anhalts-punkte bieten, die zeigen, dass die Grundrechte auf Selbstbestimmung und Gewaltfreiheit verletzt werden, so sind wir unbedingt gefordert, die-se Umstände klar und deutlich zu thematisieren“, forderte Landtags-präsidentin Gabriele Brakebusch. Ein „Nein“ müsse auch so gewertet und akzeptiert werden. „Nur wenn die Probleme offen benannt werden und um Lösungen gerungen wird, können Dinge sich ändern.“ Mit Worten könne auf die Missstände in der Gesellschaft hingewiesen werden, Taten müssten dann folgen. „Ein selbstbestimmtes Leben ohne stete Angst vor Übergriffen muss un-anfechtbar sein. Gemeinsam tragen wir Verantwortung für die Fundamen-te unserer Gesellschaft“, betonte die Landtagspräsidentin.

    www.frauenrechte.de Dr. Stefan Müller

    D er Landtag von Sachsen-Anhalt hat im September 2017 ein geänder-tes Rettungsdienstgesetz beschlossen. Dabei geht es vor allem um das neue Berufsbild des Notfallsanitäters, der den Rettungs assistenten ablösen wird. Die Ausbildung dauert drei statt bisher zwei Jahre und soll mehr medizinisches Fachwissen vermitteln. Ziel ist es, dass auf den Rettungswagen besser qualifi-ziertes Personal unterwegs ist. Die Aus-bildung zum Notfallsanitäter hat nach Angaben des Deutschen Roten Kreu-

    zes schon begonnen, sodass die ers-ten Notfallsanitäter 2018 arbeitsbereit sind. Während einer zehnjährigen Über-gangsphase dürfen die alten Rettungs-assistenten weiter eingesetzt werden. Darüber hinaus behalten Hilfsorganisa-tionen, wie das Deutsche Rote Kreuz, ihre Vorrangposition bei der Vergabe von Rettungsdienstkonzessionen, ohne jedoch private Anbieter auszuschließen. Auch die Hilfsfrist von zwölf Minuten bleibt unverändert bestehen. Stefanie Böhme

    Neu ab 2018: Notfallsanitäter

    Der Landtag hat eine

    Änderung des

    Rettungsdienst gesetzes

    beschlossen.

    Die Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Landtags von Sachsen-Anhalt traf

    im Rahmen ihrer Mitgliederversammlung den Präsidenten des Landesrech-

    nungshofs Kay Barthel (9.v.l.).

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    IN KÜRZE

    Zwischenruf 04/2017 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

    D ie 18-köpfige Delegation aus Sachsen-Anhalt kam mit öster-reichischen Experten aus Po-litik, Wissenschaft und Marketing ins Gespräch. Außerdem besuchten sie verschiedene landwirtschaftliche Betrie-be in der Region, um sich direkt vor Ort ein Bild über den Stand der Entwicklung zu machen und Anregungen mit nach Sachsen-Anhalt zu nehmen. „Wir haben gelernt, dass es in Österreich durch alle Instanzen und Ebenen einen festen Wil-len gibt, Regionaldirektvermarktung zu fördern, zu betreiben und voranzubrin-gen“, zog Ausschussvorsitzender Bern-hard Daldrup (CDU) ein sehr positives Fazit zur Reise.

    Im Vergleich zu Sachsen-Anhalt sei auf-gefallen, dass die Österreicher nicht nur vom Landwirt her denken, sondern auch aus der Perspektive der Verbraucher. Außerdem werde die regionale Direkt-vermarktung vom Lebensmitteleinzel-handel angetrieben. Denn anders als hierzulande würden die Bürger hochwer-tige gesunde Lebensmittel aus der Re-gion im Discounter erwarten und seien im Gegenzug auch bereit, mehr dafür zu bezahlen.Zum Thema Kastenstandhaltung bei Sauen sagte Daldrup: „Verbesserun-gen sind möglich, allerdings kann eine Umstellung nicht von heute auf morgen erfolgen.“ Bei der Größe der Betriebe in Sachsen-Anhalt müssten unbedingt Übergangsregelungen gefunden und Mehraufwendungen im Vergleich zur konventionellen Stallhaltung durch För-dermittel abgefedert werden. Am Ende sei jedoch von entscheidender Bedeu-tung, dass der Mehraufwand auch ent-sprechend vermarktet werden kann, schloss Daldrup. Stefanie Böhme

    Der Ausschuss für Ernährung.

    Landwirtschaft und Forsten

    besuchte auf seiner Reise

    nach Wien auch den Musterhof

    Hütthaler in Oberösterreich, auf

    dem Lebensmittel für das FairHof-

    Programm eines großen Discounters

    hergestellt werden.

    Reise bringt neueAnregungen

    Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat sich auf einer Reise nach Wien über regionale Direktvermarktung, Verbraucherschutz und Kastenstandhaltung von Sauen informiert.

    Die Landtagsdelegation

    im Maximilianeum.

    Reform beim Petitionsrecht wünschenswert

    E ine Delegation des Petitionsaus-schusses hat sich im bayerischen Landtag über den Umgang mit Petitionen informiert. Dabei konnten grundsätzliche Unterschiede zum sachsen-anhaltischen Verfahren festgestellt werden, erklärte Ausschussvorsitzende Christina Buch-heim (DIE LINKE).So gebe es in Bayern ein eigenes Petiti-onsgesetz und alle Petitionen würden in öffentlicher Sitzung behandelt – zumin-

    dest wenn es keine Einwände gibt. Außer-dem sei es üblich, dass allen Petenten ermöglicht wird, direkt im Ausschuss an-gehört zu werden. Auf diese Weise könne der Sachverhalt schneller und einfacher aufgeklärt werden.Ein weiterer Unterschied ist, dass die meisten Eingaben und Beschwerden in Bayern von den jeweiligen Fachausschüs-sen behandelt werden und nicht wie in Sachsen-Anhalt ein Petitionsausschuss ressortübergreifend zuständig ist. Die bay-erischen Kollegen würden äußerst sach-orientiert und bürgernah arbeiten, zeigte sich Buchheim beeindruckt.Zudem hätten die bayerischen Ausschüs-se stärkere Rechte gegenüber der Lan-desregierung und könnten Petitionen di-rekt dorthin überweisen. Die Ministerien müssten sich dann um das Anliegen der Bürger kümmern und dem Ausschuss berichten. Die Delegation aus Sachsen-Anhalt kam überein: „Es gibt Handlungs-bedarf, unser Petitionsrecht zu reformie-ren.“ Stefanie Böhme

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    IM GEDENKEN

    LAND.tagTERMIN: V0M 5. BIS 29. MÄRZ 2018

    LAND.tag ist eine Spezialschau mit Grafiken und Zeichnungen der Künstlerin Christine Heinemann aus Zeitz. 2007 begann Heinemann an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee Freie Kunst und Malerei zu studieren. Sie wurde Meisterschülerin bei Professor Schimansky und erwarb ihr Diplom noch ein Semester vor Ende der Regelstudienzeit. 2014 folgte der Meisterschülerabschluss. Nach dem Studium in Berlin führten Studienreisen die Künstlerin nach England, Frankreich und Italien. Inzwischen ist sie in die Elsterstadt Zeitz zurückgekehrt. Mitteldeutschland mit seiner wunderschönen Landschaft und der lebendigen Kulturgeschichte inspiriert sie immer wieder. Dabei ist ihre größte Leidenschaft die Druckgrafik. Die Ausstellung zeigt eine feine kleine Auswahl an liebevollen Zeichnungen und Druckgrafiken der Künstlerin.

    Integrativer Ort – BauDENKMAL!TERMIN: VOM 6. BIS 29. MÄRZ 2018

    Das Deutsche Fachwerkzentrum Quedlinburg e. V. arbeitet seit 15 Jahren an der energetischen und Ressourcen schonenden Sanierung von historischen Bauten. Doch es geht noch um weit mehr: das Fachwerkzentrum hat sich darüber hinaus zu einer Stätte für kulturellen Austausch, Bildung und Integration entwickelt. In international besetzten Seminaren des Fachwerkzentrums werden der Schutz und die behutsame Instandsetzung von Kulturgütern sowie handwerkliche Fähigkeiten gelehrt. Die Seminare finden an national wertvollen Kulturgütern in Sachsen-Anhalt statt, so zum Beispiel im ältesten Schulgebäude von 1697 in Halberstadt, dem ehemaligen Adelshof Bunter Hof in Osterwieck und im Schloss Erxleben. Die Ausstellung dokumentiert auf zehn Plakaten die Phasen der Arbeiten sowie die beeindruckenden Ergebnisse.

    AUSSTELLUNGEN IM LANDTAGVON JANUAR BIS MÄRZ 2018

    KZ ÜBERLEBTTERMIN: VOM 27. JANUAR BIS 28. FEBRUAR 2018

    Die Nationalsozialisten ermordeten Millionen von Menschen in Konzentrations- und Vernichtungslagern. Am Ende des Dritten Reiches wurden Hunderttausende Häftlinge aus den NS-Konzentrationslagern befreit. Deren Leidensweg war aber mit der Befreiung nicht zu Ende. Wie erging es diesen Menschen, wie lebten sie mit dieser Last des Unfassbaren weiter? Diese Fragen begleiteten Stefan Hanke, als er Überlebende aller noch erreichbaren Verfolgtengruppen aufsuchte. In seinem Projekt „KZ überlebt“ gibt es keine Opferhierarchie. Ein großer Teil der Protagonisten ist jüdischer Herkunft, aber er portrai