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j Fragmente aus dem Leben der jüdischen Familie Melchiker aus Berlin (1933-1945) j Zusammengetragen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und in den Vereinigten Staaten von Amerika von Axel Huber und Alexander Watson

Fragmente aus dem Leben der jüdischen Familie … · Großbritannien und in den Vereinigten Staaten von Amerika ... (3) Die Antwort lautete ... Kaufleute, Ingenieure, Intellektuelle

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Fragmente aus dem Leben der

jüdischen Familie Melchiker aus Berlin

(1933-1945)

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Zusammengetragen in Deutschland, Frankreich,

Großbritannien und in den Vereinigten Staaten von Amerika

von Axel Huber und Alexander Watson

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Zum Geleit

In diesem kleinen Büchlein sind die traurigsten und grausamsten Momente der Geschichte der jüdischen Familie Melchiker vereint. Als die Welt nach dem 8. Mai 1945 langsam wieder zur Ruhe kam, hatte einzig Rolf Melchiker in Südafrika überlebt. Nachdem er eine wohlbehütete Jugend erlebt hatte, zerstörte der National- sozialismus wie ein unheimliches Donnerwetter zwölf Jahre lang jegliche Gewissheiten und Sicherheiten.

Rolf Melchiker ließ sich sein Herz von den traumatischen Erlebnissen nicht vergiften. Er heiratete und führte eine glückliche Ehe. Die beiden Töchter erzählen heute noch, was für ein liebevoller Vater er war. Und das ist das Beruhigende: Die Liebe hat gewonnen. Wenn Rolf Melchiker noch leben würde, dann würde er seine vier Enkel glücklich verheiratet sehen und mit seinen vier Urenkeln spielen.

Mein Dank geht an die Tochter von Rolf Melchiker, die es mir gestattet hat, ihre Familiengeschichte zu erforschen.

Auf dem Weg von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Stolpersteinverlegung bin ich vielen wundervollen Menschen begegnet, die mir geholfen haben und denen ich von tiefstem Herzen Danke sage. Mit Alexander Watson aus Frankreich habe ich dabei einen Freund gefunden, den ich gesondert erwähnen will: Alexander Watson hat mit sehr großem Aufwand, hartnäckigem Nachfragen und immer neuen Ideen das Schicksal von Werner Melchiker in Frankreich aus der Tiefen der weit verstreuten Archive ausgegraben. Er hat auch die liebevollen Einladungskarten und dieses Büchlein gestaltet. Danke!

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Der tödliche Sturmwind wehte ab dem 30. Januar 1933, dem Tag der Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler, durch das Deutsche Reich. Der braune Freudentanz begann an diesem Tag, Fackelzüge von SA und der NSDAP zogen in der Nacht durch Berlin. Die Massen jubelten. Die Juden nicht.

Die gutbürgerliche und wohlhabende Familie Melchiker verlor in vielen kleinen Einzelschritten den sicheren Halt. Geschäftliche Einbußen begann sofort nach dem 30. Januar 1933, der gesellschaftliche Abstieg – begleitet von täglichen Demütigungen – setzte ebenso unmittelbar ein. Sohn Werner flüchtete 1933 nach Frankreich – und en-tkam den Häschern nicht. Sohn Rolf verließ Deutschland 1936 ins sichere Südafrika und baute sich mühsam eine neue Existenz auf. Die Eltern Joseph und Elise blieben in Berlin und verzweifelten am nationalsozialistischen Terror, der sie im Vorabend ihrer Deportation in den Selbstmord trieb.

Das sind ihre Geschichten.

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Flucht nach Frankreich: Werner Melchiker (1933)

Die letzte Fahrt für Werner Melchiker begann am 4. September 1942 in Drancy. Ziel: Auschwitz-Birkenau. Kaum drei Wochen nach seinem 32. Geburtstag griff sich der Tod den jungen Mann, der neun Jahre zuvor seine Heimat Berlin verlassen hatte. In Frankreich suchte er sein Glück. Und er suchte immer weiter, auch als die Weltgeschichte ihm schon längst keine Chance mehr gab.

Werner Melchiker hatte das Maybach-Gymnasium in Berlin-Friedenau zu Ostern 1928 im Alter von 17 Jahren nach dem Erreichen der Obersekunde verlassen – zwei Jahre vor dem Abitur. Wie der Vater, so der Sohn: Er wollte Kaufmann werden, begann eine kaufmännische Ausbildung bei der Deutschen Gasglühlicht AG (Auergesellschaft) und bekam nach Abschluss der Lehre eine Festanstellung in der Exportabteilung für das Geschäft mit Polen.(1) Doch die Ausläufer mehrerer Krisen erwischten den jungen Berliner: Die junge Weimarer Republik geriet bedenklich ins Wanken, als die Weltwirtschaftskrise zu Massenarbeitslosigkeit und Hoffnungslosigkeit führte. Zudem eröffnete die Deutsche Glasglühlicht AG ein eigenes Werk in Polen, die Exportabteilung musste sich verkleinern. Werner Melchiker verlor wie so viele andere Menschen seinen Job.(2) Aber nur kurz.

Vater Joseph hatte sich im Laufe des Jahres 1928 aus dem aktiven Geschäft bei der

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Betriebsgesellschaft Berliner Mühlen mbH & Co zurückgezogen und eine eigene Handelsagentur für Getreide und Mehl aufgezogen, für die er an der Berliner Produktenbörse zugelassen war. Werner Melchiker arbeitete fortan mit dem Vater zusammen. Nach Angaben seines Bruders Rolf Melchiker aus den 1950er-Jahren liefen die Geschäfte blendend. Aber dann kam der 30. Januar 1933. Innerhalb von Wochen verschlechterte sich die Geschäftslage schlagartig in Richtung Nichts. Joseph Melchiker verlor die Zulassung an der Berliner Produktenbörse. Die Familie zog von der komfortablen 7-Zimmer-Wohnung in der Goßlerstraße in eine Vier-Zimmer-Wohnung in der Prinzregentenstraße 84. Und der 22-jährige Werner Melchiker stellte sich die Frage: Habe ich in Berlin, in Deutschland eine Zukunftsperspektive?(3)

Die Antwort lautete: Nein. In diesem unruhigen Frühjahr 1933 blickten politische Aktivisten, Prominente, Künstler, Schriftsteller und ganz normale Menschen wie Werner Melchiker hoffnungsvoll zum Nachbarn in den Westen: „Frankreich mit dem Brennpunkt Paris war in dieser Zeit [...] das wichtigste Zufluchtsland“, schreibt die Historikerin Julia Franke. (4) Werner Melchiker schloss sich der ersten großen Fluchtwelle aus dem nationalsozialistischen Deutschland an und verließ Anfang Juni 1933 seine Heimatstadt Berlin. Über Belgien reiste er am 13. Juni 1933 nach Frankreich und betrat im nordostfranzösischen Jeumont französischen Boden mit regulären Visa-Papieren.(5) Zu seinen Beweggründen äußerte sich Werner Melchiker in seinem Antrag auf Anerkennung als Flüchtling aus Deutschland am 16. Dezember 1936: „Man hat mich aus meiner Anstellung entlassen, weil ich jüdischer Religion bin, und ich will mich nicht - ganz im Widerspruch zu den Menschenrechten - wie ein minderwertiges Individuum behandeln lassen.“ (Im Antrag schrieb er: „Etant de réligion israélite on m’avait congédié de mon emploi, et je ne voulai pas me laisser traiter comme individu inférieur, hors des droits humains.“)(6)

Die erste Adresse in Paris lautete 228, rue de Vaugirard im 15. Arrondissement. Den Eiffelturm erreichte Werner Melchiker zu Fuß in einer halben Stunde. In Werners Meldekarte des Pariser Polizeipräsidiums spiegelt sich das Hauptproblem vieler Emigranten in knappen Worten: „Profession: Sans“(7). Zu Deutsch: Ohne Beruf. Eine Zeit lang schlug er sich mit kleinen Geschäftchen durch, bot seine Dienste als freier Photograph, Korrespondent und als Kaufmann an. Bis ihn andere, missgünstige Emigranten bei den Behörden meldeten und die Probleme begannen.(8) Arbeiten durften nur die Emigranten, die eine Arbeitserlaubnis erhielten. Die war aufwändig und kompliziert zu beantragen beim Arbeitsministerium und die Bearbeitung zog sich über Monate, zudem war die Erlaubnis oft nur auf wenige Monate beschränkt. Bis zum November 1933, so ein Bericht des Pariser Polizeipräsidiums, hatten nur 34 Flüchtlinge eine unbefristete Arbeitserlaubnis erhalten, 100 durften zwei bis sechs Monate

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arbeiten - und weitere 370 Anträge lagen noch zur Bearbeitung im Ministerium.(9) Werner Melchiker erhielt keine Arbeitserlaubnis, wie sich sein Bruder Rolf 1959 in einem Schreiben an das Entschädigungsamt erinnerte.(10) Julia Franke schreibt: „Am ärmsten waren die zehn Prozent, die ihren bisherigen Beruf völlig aufgaben und sich in einer ganz neuen Branche versuchten.“(11) Werner Melchiker musste Hilfe erbitten beim Zentralen Unterstützungskomitee für jüdische Emigranten in Paris („Comité central d’assistance aux émigrants juifs“), das von 1927 bis 1936 insgesamt 34.574 Flüchtlinge unterstützte.(12)

Werner Melchiker kam aus einer wohlhabenden Familie und stand mit 23 Jahren völlig alleine da. Die Freiheit hatte er sich teuer erkauft, denn in Paris lief es nicht gut für ihn. Keine Arbeit und keine Perspektiven.

Mitte 1934 begann eine Krise am Pariser Arbeitsmarkt. Große Hilfskomitees schlossen, die Spendenbereitschaft sank. Teilweise machten Zeitungen Stimmung gegen „Schnorrer“. Werner Melchiker wurde unruhig und suchte ein neues Ziel. Er ließ sich im 30. Oktober 1934 vom Pariser Polizeipräsidium neue Ausweispapiere ausstellen, die zwei Jahre gültig waren. Am 17. November 1934 verließ er die große Hauptstadt und zog aufs Land.(13)

Der nächste Neuanfang führte Werner Melchiker mehr als 600 Kilometer südwest-lich von Paris in das winzig kleine Saint-Eutrope-de-Born, das etwa in der Mitte zwischen den Städten Bordeaux und Toulouse liegt. Werner wollte ein neues Leben als Landwirt beginnen. Die landwirtschaftliche Organisation „Le Renouveau“ (Association pour des intérêts agricoles israélites) hatte im Frühjahr 1934 das Château de Born gekauft, ein herrschaftliches Schloss aus dem 12. Jahrhundert mit 60 Hektar Land. Ehrenpräsident von „Le Renouveau“ war Albert Einstein, dessen Schwiegersohn Dr. Dmitri Marianoff, ein aus Berlin geflüchteter Rechtsanwalt, das Projekt Château de Born leitete. Die Organisation verschuldete sich, um das Schloss aufwändig zu restaurieren: Handwerker bauten eine Zentralheizung ein sowie Duschen, Bäder und fließendes Wasser auf den Zimmern. Der Grundgedanke bestand darin, jüdischen Emigranten eine landwirtschaftliche Ausbildung zu ermöglichen für den Neuanfang. Die rund 100 Schüler zahlten 75 Reichsmark pro Monat für Kost, Logis und Ausbildung.(14)

Werner Melchiker schickte seinem Bruder Rolf Ende 1935 ein Foto, das den 25- Jährigen in einfacher, zerschlissener Kleidung vor dem Schloss zeigt. Der Gruß auf der Rückseite: „Meinem Bruder! Aus dem Beginn eines neuen Berufes. Château de Born, Dezember 1935.“ In der Landwirtschaft sah Werner seine Zukunft, wie er im Antrag auf Anerkennung als Flüchtling aus Deutschland am 16. Dezember 1936 schrieb. Frage: „Welche Absichten oder Vorschläge haben Sie für Ihre Zukunft (Berufliche Betätigung?)“. Antwort: „1. Kauf von Eigentum nach der landwirtschaftlichen

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Fortbildung und Ausüben des Berufs des Landwirts. 2. Stellen des Einbürgerung-santrags.“ (Im Original: „1.) Après un stage agricole âchat d’une propriété pour y exercer la profession d’un agriculteur. 2.) Déposer la demande de naturalisation.“).(15)

Während sich Werner Melchiker mit Pflanzenkunde und den Freuden der Landwirtschaft beschäftigte, zogen dunkle Wolken über Château de Born auf, das groß- zügige Spenden vom amerikanischen Joint Comittee bezog. Die Pariser Vertreter der Organisation schickten im Frühjahr 1935 die Empfehlung nach Amerika, „Le Renouveau“ nicht weiter zu unterstützen, da ohne sorgsame Planung und Erfahrung gearbeitet werde und die Finanzierung mehr als unseriös sei. Dabei hatte „Le Renouveau“ noch im Februar 1935 voller Stolz berichtet, dass Château de Born „trotz großer Anfangsschwierigkeiten und mancher Kinderkrankheit“ nun „auf dem Wege zur Selbsterhaltung“ sei.(16) Nähere Details zu den weiteren Vorgängen liegen nicht vor. „Le Renouveau“ stellte in Paris Mitte 1935 „unter wenig erfreulichen Umständen“ die Arbeit ein, Ende 1935 verließen die meistern Lehrer und die ärmeren Schüler das Schloss und im Juli 1936 stellte das Lehrgut den Betrieb ganz ein.(17)

Wieder eine verlorene Hoffnung für Werner Melchiker. Und wieder leuchtete in Lichtstrahl ins Leben des jungen Mannes. Wenige Kilometer vom Château de Born entfernt war in Villeneuve-sur-Lot eine landwirtschaftliche Siedlung unter Leitung des ORT entstanden. Der „Obschtschestwo rasprostranenija truda“ wurde 1880 in Russland gegründet, siedelte irgendwann nach Berlin über und flüchtete 1933 von dort nach Frankreich mit dem neuen Namen „Union des Sociétés pour la propagation du traivail industriel et agricole parmi les Juifs“. Das Konzept von ORT sah vor, dass die geflüchteten Juden – Kaufleute, Ingenieure, Intellektuelle – zwischen 5.000 und 10.000 Reichsmark in einen kleinen Hof investierten, den sie mit Unterstützung der Vereinigung bewirtschafteten. Im September 1934 lebten 15 Familien auf ihrem eigenen Grundbesitz in der Nähe von Villeneuve-sur-Lot, im Februar 1935 waren es 18.(18) Andere Quellen sprechen davon, dass 1935 zeitweise nur noch acht Neu-Ansiedler in Villeneuve-sur-Lot lebten.(19) In Deutschland hatten die Flüchtlinge alle Arten von Berufen ausgeübt, in Frankreich begannen sie ohne Fachwissen als Landwirte ein völlig neues Leben.

Max Wachenheimer hatte als Journalist bis 1933 für die Frankfurter Allgemeine Zeitung gearbeitet und sich eine Landwirtschaft in der Nähe nahe Villeneuve-sur-Lot gekauft.(20) Die Wohnadresse war in Bourbon, eine Meldekarte von 1936 listet als Bewohner auf: Max Wachenheimer (geb. 1900 in Berlin), Ehefrau Claire (geb. 1908 in Berlin), Tochter Marianne (geb. 1930 in Köln), Mutter Marguerite (geb. 1874 in Berlin) und Werner Melchiker(21). Der befand sich immer noch in landwirtschaftlicher Ausbildung und arbeitete fleißig mit - entweder in Bourbon

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und/oder in Courbiac. Die Quellenlage lässt hier kein eindeutiges Urteil zu. Bourbon liegt sechs Kilometer vom Stadtzentrum von Villeneuve-sur-Lot entfernt, Courbiac rund 30 Kilometer. In beiden Orten besaß Max Wachenheimer Grundstücke.

Die weitgehend ahnungslosen Landwirte gerieten in größte Schwierigkeiten, da sie der Alltag als Landwirt völlig überforderte. Die deutschen Flüchtlinge waren mit der Betreuung durch den ORT unzufrieden. Max Wachenheimer überreichte im Frühjahr 1935 im Namen aller 18 Familien eine Resolution. Nach der Ankunft in Villeneuve-sur-Lot im Winter habe ORT einen Agrarwissenschaftler geschickt, um sie zu unterstützen. Doch rechtzeitig zum Frühjahr, als alle relevanten Fragen zum Thema Ackerbau aufkamen, wurde der Spezialist wieder abgezogen und die Jung-Landwirte waren auf sich alleine gestellt. Mit teilweise verheerenden Ergebnissen. Wachenheimer beklagte die „völlige Gewissenlosigkeit der ORT-Mitarbeiter, die sie hilflos hängen ließen“. Mangels Alternativen blieben die Emigranten in der Gegend um Villeneuve-sur-Lot und ab 1938 gab es endlich erstmals gute Ernten.(22) Max Wachenheimer schrieb am 18. September 1938 in einem Brief an den ebenfalls nach Frankreich emigrierten jüdischen Autor Alfred Döblin, Schöpfer des legendären, 1929 veröffentlichen Romans „Berlin Alexanderplatz“, über die Verhältnisse in der Fremde: „Sonst geht es uns - für Emigranten - nicht schlecht. Wir haben Brot, Wein, Erbsen und Bohnen, kein Geld und immer Ebbe im Portemonaie, aber doch wohl weniger Sorgen als die Mehrzahl unserer unglücklichen engeren Schicksalsgenossen.“(23)

In dieser chaotischen Zeit und Umgebung suchte Werner Melchiker nach einer Orientierung und traf eine Fehlentscheidung. Bruder Rolf war im Februar 1936 aus Berlin nach Südafrika ausgewandert und hatte es geschafft, für Werner ebenfalls Ausreisepapiere zu organisieren. Doch der war frisch verliebt, lehnte das Angebot ab(24) und beantragte am 16. Dezember 1936 die Anerkennung als Flüchtling aus Deutschland, um seinem Traum näher zu kommen: Das kleine Glück vom Landwirt im Süden Frankreichs, der sich selbst versorgt und eine Familie gründet.

Natürlich löste der Antrag Schriftverkehr zwischen den Behörden aus. Die Ausländerpolizei in der Präfektur von Lot-et-Garonne teilte am 26. Februar 1937 dem Innenministerium mit: „Seit er sich in Lot-et-Garonne aufhält, war MELCHIKER nie Gegenstand einer Beschwerde; sein Verhalten und seine Moral scheinen gut zu sein und seine Einstellung zum nationalen Standpunkt korrekt. Unter diesen Voraussetzungen gebe ich eine günstige Stellungnahme bezüglich dieser Anfrage ab.“ (Im Original: „Depuis qu’il séjourne en Lot-et-Garonne, MELCHIKER n’a pas fait l’objet de plainte; sa conduite es sa moralité semblent bonnes et son attitude au point de vue national correcte. Dans ces conditions, j’émets un avis favorable à la prise en considération de cette requête.“) Das Flüchtlingskomitee innerhalb des

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Innenministeriums bewilligte das Ansinnen und der Sachbearbeiter verpasste dem Antrag am 15. April 1937 einen Stempel: „Die Eigenschaft als Flüchtling aus Deutschland ist anerkannt.“ (Im Original: „LA QUALITÉ DE RÉFUGIÉ PROVENANT D’ALLEMAGNE EST RECONNUE.“)(25)

Im kurzen Leben von Werner Melchiker versammelten sich im Jahr 1937 die schönsten und aufregendsten Momente. Die süße Frucht der Liebe versüßte in jenen Tagen das Herz von Werner Melchiker. Der junge Landwirtschaftsschüler besuchte regelmäßig aus dienstlichen Gründen die Saatguthandlung von Egon Smilowski in Villeneuve-sur-Lot. Egon Smilowski wurde am 14. Januar 1891 in Berlin als Sohn der russischen Einwanderer Icek und Ida Smilowski geboren.(26) Als junger Mann mit 18 Jahren ging er 1909 nach England.(27) Bei der Volkszählung für England und Wales 1911 wohnte der 20-Jährige als Pensionsgast beim Ehepaar John (23) und Esther (19) Rowan in der 23 Parron Street in Liverpool und arbeitete als Büroangestellter.(28) Es suchte und fand die Liebe - und heiratete 1912 die aus Breslau stammende Helene Wagner (geb. 3.10.1888). Das einzige Kind Rose kam am 12. April 1913 in Liverpool auf die Welt. Ein Jahr später brach der Erste Weltkrieg aus und die Smilowskis galten als feindliche Ausländer in England. Die Liste deutscher Kriegsgefangener mit der Nummer 28.XXIII des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zeigt, dass Egon Smilowski unter der laufenden Nummer 27261 als Zivilist im Lager Handforth interniert wurde.(29) Im Verlaufe des Krieges verlegten die Englänger den jungen Vater in das Kriegs- gefangenenlager Knockaloe auf der Isle of Man - einer 52 Kilometer langen und 22 Kilometer breiten Insel in der Irischen See.(30) Die Deutschen waren nach Kriegsende äußerst ungern gesehen in England, die junge Familie kehrte 1919 in die Heimat zurück nach Berlin. Egon Smilowski arbeitete erfolgreich als Kaufmann. Und dann kam 1933. Das neue Glück suchte Egon Smilowski in Villeneuve-sur-Lot, am 12. August 1934 zog er in die 23, avenue de Paris.(31) Vermutlich hatte sich Egon Smilowski den deutschen Emigranten angeschlossen, die in Frankreich ein neues Berufsumfeld suchten. 1942 gab er in einem Fragebogen an, immer als Kaufmann gearbeitet zu haben und durch Umschulung den Beruf des Landwirts erlernt zu haben.(32) Als Saatguthändler machte er sich kurze Zeit später selbstständig im blauen Geschäft („Au magasin bleu“) in der 29, rue de Penne, zeitweise muss Familie Smilowski auch in Lédat nordwestlich von Villeneuve-sur-Lot gelebt haben.(33) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt kamen Ehefrau Helene und Tochter Rose nach. Das Töchterlein hatte vom 1. November 1933 bis zum 24. Februar 1934 die Landes-Haushaltungsschule in Söhle bei Neutitschein besucht. Ein Ort, der ganz im Osten von Tschechien liegt und heutzutage den Namen Žilina trägt. Im Abgangszeugnis finden sich mehrere „vorzüglich“ und „lobenswert“. Den Anforderungen der damaligen Zeit entsprechend musste Rose Smilowski sich auch mit Dingen beschäftigen, die ihr nicht so gut lagen: Feldwirtschaft

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(„genügend“), Großtierzucht („genügend“), Kleintierzucht („befriedigend“), Rechnen und Buchführung („befriedigend“) oder Molkereiwesen („genügend“). Andere Themen lagen ihr besser: Im Gartenbau gab es ein „lobenswert“, in Haushalts- und Warenkunde sowie in Nahrungsmittelkunde, Speisenzubereitung und Servieren bekam Rose jeweils ein „vorzüglich“.(34) Mit diesem Zeugnis im Gepäck traf Rose Smilowski in Villeneuve-sur-Lot ein und arbeitete vermutlich im Geschäft des Vaters mit. Und irgendwann muss der Landwirtschaftsschüler Werner Melchiker ins Geschäft gekommen sein…

Die jungen Liebenden fanden zueinander in einer Zeit, in der die Spannungen in Europa zunahmen. Das faschistische Italien hatte vom 2. Oktober 1935 bis zum 9. Mai 1936 in einem nie dagewesenen Gewaltexzess das ostafrikanische Kaiserreich Abessinien (heute: Äthiopien) erobert – unter Einsatz von Giftgas und Massenerschießungen. Der Historiker Aram Mattioli spricht hier von einem „Experimentierfeld der Gewalt“.(35) In Spanien erhoben sich im Sommer 1936 rechtsgerichtete Putschisten unter Führung von General Francisco Franco gegen die demokratisch gewählte Regierung der Zweiten Spanischen Republik. Der Bürgerkrieg erhielt eine internationale Dimension über die Unterstützung der jeweiligen Konfliktparteien. Auf Seiten der Putschisten engagierten sich das faschistische Italien und das nationalsozialistische Deutsche Reich, für die Freiheit kämpften Internationale Milizionäre und Internationale Brigaden aus allen Ländern der Welt. Villeneuve-sur-Lot lag nur rund 200 Kilometer von der spanischen Grenze entfernt.

Rose und Werner waren verliebt und machten sich um die Weltpolitik nur wenig Gedanken. Im Frühjahr 1937 besuchte ihn seine Mutter Elise, die er seit 1933 nicht mehr gesehen hatte. Im Europa der Gegenwart gibt es offene Grenzen, normalerweise können Deutsche ohne jegliche Kontrolle nach Frankreich fahren. Im Europa der 1930er-Jahre reichte Elise Melchiker am 6. Mai 1936 einen Visa-Antrag beim französischen Konsulat in Berlin ein. Begründung der Reise: „Pour revoir mon fils, que se trouve en France depuis 3 ans.“ Zu Deutsch: „Um meinen Sohn wiederzusehen, der sich seit 3 Jahren in Frankreich befindet.“ Vom Konsulat in Berlin reiste der Antrag ins französische Innenministerium zur genauen Prüfung. Weitere deutsche Flüchtlinge wollte man in Paris vermeiden und so hatte der Mitarbeiter im Konsulat auf dem Antrag vermerkt, dass Elise Melchiker „nicht geflüchtet“ sei (Im Original: „non réfugiée“). Im Angesicht permanenten Misstrauens forderte der Sachbearbeiter im Juni 1936 eine Stellungnahme der Ausländerpolizei in der Präfektur von Lot-et-Garonne an. Dieser schrieb im September zurück: „J’ai l’honneur de vous faire connaître que je ne vois aucun inconvénient à ce que satisfaction soit donnée à Mme Melchiker, Elise.“(36) Im November erfolgte im Innenministerium der positive Bescheid, mit Datum 26. Januar 1937 erging die Visa-Genehmigung an das französische Konsulat in Berlin. Und

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Mitte Februar 1937 erreichte Eise Melchiker endlich Bourbon bei Villeneuve-sur-Lot. Das Visum erlaubte Elise Melchiker einen Besuch von acht bis zehn Tagen.

Es müssen schöne Stunden gewesen sein in Bourbon und in der Umgebung. Nach fast vier Jahren sah die Mutter ihren Sohn wieder. Mit 22 Jahren hatte Werner seine Heimat verlassen. Und immer mehr Juden flohen aus Deutschland. Der schöne Schein der olympischen Spiele 1936 hatte nur wenige Menschen getäuscht. Die nie auch nur im Ansatz festsitzende Maske der Harmlosigkeit rutschte den National- sozialisten immer deutlicher von ihrer Fratze des Hasses herunter. In einer weiteren Eskalationsstufe drängten die Nationalsozialisten in den Jahren ab 1936 die Juden zur Freude eifriger Arisierungsgewinner noch massiver aus der Geschäftswelt. Für Elise Melchiker war die Reise nach Frankreich ein kurzer Ausflug aus einer wüsten Bedrängung, die das Leben in Berlin immer mühseliger werden ließ.

Es gibt ein Foto, versehen mit dem Datum 18.2.1937, das Elise Melchiker inmitten des neuen Lebens von Werner zeigt. Rose Smilowski hält sie liebevoll im Arm, ihr Sohn lacht zu ihr herüber und nebenan stehen Helene und Egon Smilowski. Ein zweites Foto vom gleichen Tage zeigt, wie Rose und Werner herzlich miteinander lachen. Aufgenommen wurden beide Fotos in La Sartresse, rund 20 Kilometer südlich von Villeneuve-sur-Lot. Werner schickte sie nach Südafrika zu seinem Bruder mit verliebtem Gruß: „Unserem lieben Brüderchen! von Röschen und Werner.“ Ein wenig Glück in unsicheren Zeiten.

Die jungen Liebenden in Zeiten der Krise sprachen rasch von Hochzeit und verlobten sich. Werner Melchiker zog nach Lédat zu den Smilowskis.(37) 1937 gingen die Verlobten aus nicht bekannten Gründen nach England, sehr wahrscheinlich nach Liverpool. Ein Foto vom 18. Februar 1938 zeigt einen ganz anderen Werner Melchiker als noch Ende 1935, als er die einfache Kleidung eines Landarbeiters trug. Rose im edlen Pelzmantel, Werner mit modischem Hut, edlem Mantel, Lederhandschuhen, Anzug, Hemd und Krawatte. Ein Hauch Noblesse lässt sich erkennen. Aufgenommen wurde das Foto im Calderstones Park, einem zentral gelegenen, öffentlichen Park inmitten von Liverpool. Rose und Werner waren verliebt und schrieben „Pfannküchlein und Kasperle“ auf die Rückseite, bevor sie das Foto nach Südafrika schickten. Über die Zeit in England gibt es keinerlei Quellen, im Polizeiverhör gab Werner Melchiker 1941 an, dass er im August 1938 wieder nach Frankreich zurückkehrte. Alleine. Nach Paris. In die 6, rue Lebouteux im 17. Arrondissement. Werner Melchiker trug zu dieser Zeit lediglich Papiere bei sich, die ihn als von Frankreich anerkannten deutschen Flüchtling auswiesen. Seine deutschen Papiere waren abgelaufen und ungültig. Vielleicht wurde Werner aus England ausgewiesen, weil man dort nicht noch mehr Flüchtlinge haben wollte. In den National Archives in England finden sich keine Unterlagen zu dieser Frage. Die Verlobte blieb in England. Bei der Volkszählung am 29.

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September 1939 – wenige Wochen nach Beginn des Zweiten Weltkriegs – wohnte Rose Smilowski im Haushalt von George und Rose Michael in Hendon im Großraum London und arbeitete als Hausmädchen. Ebenso findet sich an dieser Stelle der Hinweis, dass Rose zu diesem Zeitpunkt unverheiratet war.(38)

Die Liebenden müssen schwer gelitten haben.

Als das Deutsche Reich mit dem Angriff auf Polen die Welt am 1. September 1939 in den Zweiten Weltkrieg riss, erklärten Frankreich und England am 3. September dem Deutschen Reich den Krieg. An den Grenzen geschah außer harmlosen Scharmützeln vorerst wenig bis nichts. Es war die Rede vom „Drôle de guerre“, vom seltsamen Krieg, vom Sitzkrieg. Werner Melchiker wurde in Paris als feindlicher Ausländer verhaftet und knapp 130 Kilometer südlich in Saint Jean de Ruelle, einer Kleinstadt bei Orléans, in einem Gefangenenlager interniert. Es teilte das Schicksal zehntausender anderer Männer, die ab 1933 aus dem Einflussbereich der Nationalsozialisten geflohen waren. Den einzigen Ausweg in dieser Situation bot die Französische Fremdenlegion, die in den Internierungslagern „Freiwillige“ suchte. Wer sich als „prestataire“, als so genannter Arbeitsverpflichteter, für die Dauer des Kriegs in Diensten der Fremden- legion stellte, konnte die Lager verlassen.(39) Werner Melchiker unterschrieb die Verpflichtungserklärung für den Dienst in der Fremdenlegion „pendant la durée de la guerre“ – für die Dauer des Krieges – am 27. November 1939 um 17 Uhr in Orléans.(40) Und die Reise ging weiter: Weil Fremdenlegionäre nicht gegen ihr Herkunftsland eingesetzt werden sollten, wurden die Deutschen nach Afrika versetzt – in ein ungewohnt heißes Klima, in dem harte Arbeit wartete.(41) Weisungsgemäß hatte er vorgesorgt: Im Falle eines Unfalls sollte Egon Smilowski in Villeneuve-sur-Lot informiert werden. Dienstort für Werner Melchiker beim zweiten Ausländerregiment war Meknès in Marokko(42). Ein Foto vom 30. April 1940 zeigt Werner Melchiker in Uniform inmitten seiner Kameraden im raschen Marsch. Es ist das letzte bekannte Foto von Werner Melchiker.

Die Weltgeschichte brachte wieder Unruhe in das Leben des jungen Fremdenlegionärs. Das Deutsche Reich begann am 10. Mai 1940 den Westfeldzug und eroberte Frankreich innerhalb weniger Wochen. Der Waffenstillstand im Wald von Compiègne am 22. Juni 1940 teilte das französische Staatsgebiet in eine besetzte und in eine unbesetzte Zone im Süden, die etwa 40 Prozent des Landes umfasste und ihren Regierungssitz in Vichy hatte unter Führung des Ministerpräsidenten Marschall Henri Philippe Pétain.

Die Dienstzeit von Werner Melchiker in der Fremdenlegion endete am 23. Oktober 1940. Die genauen Umstände sind unklar, in seinem Dienstbuch steht lediglich ein Satz: „Demobilisé et renvoyé dans ses foyers le 23.10.40. se retire à Villeneuve-sur-Lot

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(Lot et Garonne) 29 Rue de Penne.“(43) Wieder hatte sich eine Zukunftsperspektive zerschlagen, der 30-Jährige kehrte zu seinen verhinderten Schwiegerleuten Egon und Helene Smilowski in die offiziell unbesetzte Zone Frankreichs zurück.

Der Sturmwind zog auf und wehte jeden Tag stärker.

Die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Berlin beantragte mit Schreiben vom 15. November 1940 beim Reichssicherheitshauptamt – Referat I A 11 – die „Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit des Juden Werner Israel Melchiker“. Der Gestapo-Beamte notierte als Grund: „Melchiker hat bei den französischen Behörden einen Flüchtlingspaß beantragt und damit zum Ausdruck gebracht, daß er auf die deutsche Staatsangehörigkeit verzichtet.“(44) Formal sollte alles korrekt ablaufen, so dass in das Verfahren zur Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit von Werner Melchiker auch noch der Reichsführer-SS und Chef der deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern, die Abteilung I des Reichsministeriums des Innern und das Auswärtige Amt involviert waren. Nach Abschluss des Vorgangs wurde Werner Melchiker die deutsche Staatsangehörigkeit am 18. März 1941 entzogen.(45) Ganz offiziell und in aller Öffentlichkeit. Im Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staats- anzeiger Nr. 65 erschien am 18.3.1941 folgende Bekanntmachung: „Auf Grund des §2 des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 14. Juli 1933 (Reichsgesetzbl. I S.480) in Verbindung mit §1 der Verordnung über die Aberkennung der Staatsangehörigkeit und den Widerruf des Staatsangehörigkeitserwerbs in der Ostmark vom 11. Juli 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 1235) erkläre ich im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Auswärtigen folgende Personen der deutschen Staatsangehörigkeit für verlustig:“ Es folgte eine Liste mit 127 Namen, an Position 82 stand: „Melchiker, Werner Israel, geb. am 12.8.1910 in Berlin-Charlottenburg.“(46)

Im vermeintlich freien Teil Frankreichs geriet Werner Melchiker ebenfalls in den Fokus der Behörden. Die Postzensur hatte einen Brief abgefangen, den Werner an seinen Kameraden, den Fremdenlegionär Jaconson (Personenkennziffer 89351) nach Marokko geschrieben hatte. Dieser weilte zu der Zeit im Krankenhaus St. Louis in Meknès – rund 150 Kilometer östlich von Rabat. Wie das Polizeikommissariat Villeneuve-sur-Lot in einem Bericht am 24. Januar 1941 zusammenfasste, zeigte Werner Melchiker in dem Brief „Gefühle und eine schlechte geistige Verfassung in allen Ansichten, so dass er vom Sonderkommissar in Agen am 14. Dezember vergangenen Jahres befragt wurde“. (Im Original: „Dans cette lettre, Werner Melchiker montrait des sentiments et un état d’esprit fâcheux à tous points de vue et une enquête a été effectuée per M. le Commissaire Spécial à Agen, suite à une de vos notes du 14 Décembre dernier.“) Werner Melchiker war, so der Kommissar weiter, nie sonderlich aufgefallen während seines

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Aufenthalts in Villeneuve-sur-Lot und habe immer frankophile Gefühle gezeigt. (Im Original: „Durant son séjour dans ma résidence Melchiker n’avait fait l’objet d’au-cune remarque particulière et il avait toujours affiché des sentiments francophiles.“) Als Folge dieses einen abgefangenen Briefes schlug der Kommissar dem Präfekten von Lot-et-Garonne ein hartes Vorgehen vor: die Einweisung in ein Konzentrations- lager. (Im Original: „En conséquence, je crois qu’il y aurait lieu de ne pas laisser cet indésirable bénéficier du droit d’asile et que son internement dans un camp de concentration constituerait une mesure administrative opportune à prendre à son ègard.“)(47) Wenige Tage später schrieb der Präfekt am 7. Februar 1941 an die Ausländerpolizei im Innenministerium in Vichy und erbat die Erlaubnis, Werner Melchiker im Konzentrationslager Vernet zu internieren. Die Antwort kam am 4. März 1941 mit einer klaren Anweisung: „J’ai l’honneur de vous faire savoir que par suite des mauvais renseignements fournis sur le compte de cet étranger et, conformément à vos propostions, il y a lieu de le diriger sur le camp du Vernet. Vous voudrez lieu avertir de sa mise en route votre collègue de l’Ariège.“(48) Der Präfekt von Lot-et-Garonne informierte am 21. März 1941 seinen Amtskollegen in der Präfektur L’Ariege à Foix, dass er ihm den am 12. August 1910 in Berlin geborenen Werner Melchiker in das Lager Vernet zuführen werde. Vermutlich wurde Werner Melchiker an seiner letzten Wohnadresse 29, rue de Penne in Villeneuve-sur-Lot vor den Augen von Egon und Helene Smilowski verhaftet. Am 30. März 1941 wurde er im 170 Kilometer weiter südlich gelegene Lager Vernet mit der Nummer 7495 als neuer Häftling registriert. Untergebracht war er in Quartier B, Baracke 8.(49)

Der spätere Begründer des Internationalen Auschwitz-Komitees Hermann Langbein, ein vormals kommunistischer Kämpfer auf Seiten der Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg, war von April 1940 bis April 1941 im Konzentrations- lager Vernet interniert, in dem laut seiner Erinnerung ein sehr militärischer und schroffer Ton herrschte. Sein Bericht steht stellvertretend für die Erlebnisse von Werner Melchiker in diesem Konzentrationslager. Seine Ankunft beschrieb Hermann Langbein so: „Wir werden in eine leer stehende Baracke gestopft, dort sollen wir übernachten, ohne Stroh und auch ohne Essen. In der Früh schauen wir uns mit krachendem Magen und steifen Gliedern um. Die Umgebung ist schön. Auf der einen Seite geht es bergab zu einem Flusstal und am anderen Ufer des Flusses erheben sich steile Hügel. Einzelne Bäume zeigen den Verlauf eines Weges, sanfte Erdwellen geben dem Bild jenes liebliche Gepräge, das an heimatliche Hügel erinnert. Wir müssen antreten, stehen und warten und werden schließlich in unsere Baracke geführt.“(50) Der Alltag gestaltete sich nach den Worten von Hermann Langbein langweilig. Es gab ein wenig Arbeit, die Häftlinge lasen in der Freizeit Bücher, spazierten im Lager umher. Im Herbst wurde es ungemütlich: „Der Herbst kommt. Der Wald schimmert in allen Farben. Schöne

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Tage gibt es jetzt, nicht mehr so heiß. Auch Regen, Wind und Nebel dazwischen. Unsere Dächer halten den Wind und den Regen nicht ab. Immer wieder muss einer hinauf und flicken. Auf die Rationen werden wieder gekürzt. Vor allem das Brot, und das ist doch das Wichtigste.“(51) Später spricht er von Kälte, Hunger und Elend in Vernet. Und dann kam der Winter: „Das Leben im Lager ist im Frost erstarrt. Die Waschbecken, die im Freien stehen, sind voll Eis. Kein Ofen ist im Lager, keine einzige Baracke geheizt. Ich habe neben meinem Strohsack immer eine Flasche stehen. Eines Morgens ist sie voll Eis. [...] Lang, entsetzlich lang sind diese Wintermonate hier.“(52) Im Frühjahr hungerten alle Häftlinge und sie protestierten. Es gab dann etwas bessere Nahrung. Drei Wochen nach der Ankunft von Werner Melchiker wurde Hermann Langbein aus Vernet ins Konzentrationslager Dachau verlegt.

Der Schock hielt lange an. Werner Melchiker schrieb im Juni 1941 einen Brief an seinen Cousin Gerhard Graupe, der nur bruchstückhaft überliefert ist: „Warum bin ich hier interniert? ... Wir gehen spazieren in unserem Stacheldrahtzaun in einer Umgebung wie am Strand ... Ich war Soldat für Frankreich ... Damals trug ich das gleiche Gewehr, das mich heute bewacht ... Ich sehe Kinder spielen jenseits des Zauns und verste-he es nicht...Wir haben gelernt, uns an Sorgen zu gewöhnen.“(53) Werner Melchiker wollte sich damit nicht abfinden und begann einen leidenschaftlichen Kampf um die Freiheit - und letztendlich um sein Leben. Offiziell wurde er lediglich als Verdächtiger geführt, „gefährlich im Hinblick auf die nationale Perspektive“. Werner schrieb an den Präfekten von L’Ariege à Foix und bat um seine Freilassung. Er wollte zurück nach Villeneuve-sur-Lot und bei seinem Chef, dem Landwirtschaftsbesitzer André Tournie wieder arbeiten. Der Lagerkommandant von Vernet unterstützte den Antrag und verwies auf das tadellose Verhalten von Werner Melchiker. Der Präfekt leitete das Schreiben an seinen Amtskollegen in Lot-et-Garonne weiter. Dieser verwies am 3. August 1941 auf die negative Einschätzung der Polizei in Villeneuve-sur-Lot über Werner Melchiker vom 24. Januar 1941 und lehnte den Antrag auf Freilassung ab. Der Lagerkommandant von Vernet fügte sich, Werner blieb Gefangener.

Ein allerletztes Lebenszeichen von Werner Melchiker hat sich in den Archiven des United States Holocaust Memorial Museum in Washington erhalten. Anfang März 1942 wurde ein Bettelbrief des jungen Mannes aus dem Lager Vernet an eine Hilfsorganisation in Marseille weitergeleitet: das Komitee zur Unterstützung von Flücht-lingen aus Deutschland („Comité d’Assistance aux Réfugiés d’Allemagne“). Der Brief ist kaum lesbar. Die wenigen Wortfetzen lassen die Verzweiflung erahnen. Seine Situation muss schlecht gewesen sein, er schrieb von seinem Schicksal. Davon, dass er keine Pakete bekam und auch sonst keine materielle Hilfe. Er bat das Komitee um Hilfe, um sich „ein bisschen aus dem Elend herauszuziehen...“.(54)

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Im Juli 1942 schnappte die Falle endgültig zu. Das Innenministerium ordnete am 18. Juli 1942 an, die Emigration ausländischer Juden sofort zu unterbinden, schon erteilte Ausreisevisa verloren ihre Gültigkeit. In einer Dienstbesprechung am 27. Juli beschlossen Vertreter der SS und der beiden französischen Zonen die Auslieferung der Juden aus den Internierungslagern an die besetzte Zone. Ende Juli erhielten die ersten Präfekten der freien Zone die Anweisung, Deportationslisten zu erstellen. Und eines Tages standen die schwarz uniformierten Bereitschaftspolizisten der „Groupes mobiles de réserve“ (GMR) im Lager.(55) Ende Juli wussten alle Häftlinge in den Internierungs-lagern, dass etwas Ungewisses bevorstand. Gerüchte machten die Runde. Die Juden sollten aus dem freien Frankreich ausgeliefert und nach Polen deportiert werden. Ein Augenzeuge: „Drückende Atmosphäre, alle hatten Angst, nach Polen zu kommen.“ Es gab verzweifelte Selbstmordversuche, teilweise Fluchtversuche, kaum Rebellion.(56) Wenn die schwarzen Uniformen der Bereitschaftspolizisten auftauchten, begann die Reise.

Werner Melchiker verließ Vernet mit 252 weiteren Juden am 31. August 1942. Auf seiner Häftlingskarte ist das Ziel Vierzon vermerkt, knapp 500 Kilometer nördlich.(57) Vermutlich brachten die Bewacher die Todgeweihten nur bis nach Toulouse. Im südfranzösischen Gurs fuhr am 1. September um 6.50 Uhr ein Zug mit 501 Juden ab. Er hielt kurz in La Fauga im Département Haute-Garonne und nahm weitere 161 Deportierte auf und stoppte zwischen 14 und 15.26 Uhr an diesem Tag in Toulouse, um Werner und die anderen Häftlinge aus Vernet aufzusammeln.

Hauptmann Annou von der Gendarmerie in Cahors war bis zur Ankunft in Vierzon (2. September 1942, 7.45 Uhr) verantwortlich für den Transport. Er legte einen Bericht vor, in dem er die schwierigen Reisebedingungen beschrieb: „Der Transport vom 1. September beförderte eine Gruppe von Männern, Frauen, Kindern, Alten und Kranken. Mit Ausnahme einiger Weniger, die in zwei Dritte-Klasse-Passagierwaggons unterkamen, wurde die Mehrheit auf von Urin durchtränktem Stroh deponiert. [...] Viele fielen wegen der Hitze und des Gestanks in Ohnmacht.“ Der Hauptmann beschwerte sich, dass der Anblick des Zugs in verschiedenen Bahnhöfen einen zutiefst ungünstigen Eindruck bei der lokalen nichtjüdischen Bevölkerung hinterlassen habe. Er riet dazu, zukünftige Transporte besser zu organisieren.

Der Zug mit 780 Personen erreichte Drancy bei Paris, dem großen Durchgangslager 20 Kilometer nordöstlich von Paris, am 2. September um 14.13 Uhr. Letzte Stunden im Chaos. In katastrophalen Verhältnissen. Georges Czaczkes gehörte zu jenen, die aus dem Lager Le Vernet deportiert wurden. In seiner Zeugenaussage nach dem Krieg erinnerte er sich an seine Ankunft in Drancy: Den Deportierten wurde gesagt, dass man sie befragen und dann zur Arbeit nach Deutschland schicken würde. Sie wurden

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in Räumen mit nichts als Stroh auf dem Boden untergebracht und jeder Häftling erhielt eine Decke. Alle 780 Juden, die am 2. September in Drancy ankamen, wurden in einen Transport eingeschlossen, der am 4. September nach Auschwitz abfuhr. Das letzte Lebenszeichen von Werner Melchiker. Der 4. September 1942. Aufstellen, Abmarsch. In jeden Viehwaggon wurden annähernd 90 Juden gesteckt.(58) Beim Erfassen der Namen machten die Mordgehilfen einen Fehler und registrierten Werner Melchiker als Werner Melochirer.(59) Die Türen wurden verschlossen, so dass die Deportierten nichts mehr sehen konnten.

Der Zug 901-23 verließ die Bahnstation Le Bourget-Drancy mit insgesamt etwa 1000 Juden am 4. September um 8.55 Uhr. Gemäß dem Fahrplan für die erste Deportation aus Drancy im Juni 1942 nahm der Zug vermutlich die folgende Route: Nach der Ab-fahrt aus Drancy passierte er Bobigny, Noisy-le-Sec, Épernay, Châlons-sur-Marne, Re-vigny, Bar le Duc, Lérouville und Novéant (Neuburg), den letzten Halt vor der deutschen Grenze, anschließend fuhr er weiter über Saarbrücken, Frankfurt am Main, Dresden, Görlitz, Neisse, Kosel, Kattowitz und schließlich Auschwitz-Birkenau. Laut Augenzeuge Georges Czaczkes starben mehrere Männer während der Reise an einem Herzinfarkt und ihre Leichen wurden von den Deutschen herausgeholt, als der Zug einen Halt ein-legte. Dies war das einzige Mal, dass die Türen geöffnet wurden.

Der SS-Arzt Johann Paul Kremer traf am 30. August 1942 an seinem neuen Dienstort ein: Konzentrationslager Auschwitz. Der Mann führte gewissenhaft Tagebuch und notierte am 2. September: „Zum 1. Male draußen um 3 Uhr früh bei einer Sonderaktion zugegen. Im Vergleich hierzu erscheint mir das Dante’sche Inferno fast wie eine Komödie. Umsonst wird Auschwitz nicht das Lager der Vernichtung genannt!“ Geradezu vergnügt erlebte er nach schweren Durchfallattacken den 6. September 1942: „Heute Sonntag ausgezeichnetes Mittagessen: Tomatensuppe, 1/2 Huhn mit Kartoffeln u. Rot-kohl (20 g Fett), Süßspeise und herrliches Vanilleeis.“ Lediglich später am Tage kam noch eine Störung in den gemütlich, heißen Spätsommersonntag: „Abends um 8 Uhr wieder zur Sonderaktion draußen.“(60) Der Transport Nummer 28 aus Drancy.

Mehr als 60 Stunden standen, saßen, lagen die Menschen in quälender Enge in die Viehwaggons beisammen, als der Zug am Sonntagabend langsamer und langsamer wurde. Ankunft an der Judenrampe mehrere hundert Meter vom Lagertor von Auschwitz-Birken entfernt. Jegliche Hoffnung erstarb sofort, als die Türen aufgerissen wurden. Tempo, Tempo. Aussteigen. Aufstellen. Männer und Frauen getrennt. Männer in SS-Uniformen, darunter SS-Arzt Paul Kremer, schauten sich die Ankömmlinge und wiesen sie mit einem Fingerzeig nach links und nach rechts. 16 Männer durften leben, ihnen wurden die Nummern 63065-63080 eintätowiert. 38 Frauen erhielten die Nummern 19170-19207.(61)

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Die restlichen Männer, Frauen und Kinder ließen alles zurück und marschierten los. Ein kleiner Feldweg. Durch das Tor. Vorbei an den Baustellen für die Großkremato-rien. Damals töteten die Mörder ihre Opfer in Provisorien: in zwei zu Tötungsstätten umgebauten Bauernhäusern, dem so genannten Bunker I und Bunker II. In einer Ba-racke mussten sich die Opfer entkleiden und dann nackt die wenigen Meter bis zum Bauernhaus gehen. Die notdürftig hergerichteten Gaskammern hatten in Bunker I eine Größe von 90 Quadratmetern und in Bunker II eine Größe von 105 Quadratmeter. Jeweils genügend Platz für mehr als 700 Opfer.

Was dann geschah, beschrieb SS-Unterscharführer Oskar Gröning, der 1942 eine Mordaktion in einem der Bauernhäuser beobachtete, im Prozess gegen ihn am 21. April 2015 in kalter Präzision: „Einer schüttete Gas in die Klappe, dann wurden die Schreie immer lauter, aber bald wieder leiser.“(62)

Häftlinge des so genannten Sonderkommandos zogen die Leichen aus den Kammern und vergruben sie in Massengräbern unmittelbar bei den Bauernhäusern. Ein Vorgehen, das Probleme bereitete. In der Sommerhitze 1942 lag ein grausiger Verwesungsgeruch über dem Gelände. Gase stiegen aus dem Boden auf, das Leichenwasser bedrohte das Grundwasser. Ab der zweiten Septemberhälfte 1942 musste das Sonderkommando die Ermordeten wieder ausgraben, auf Scheiterhaufen in unmittelbarer Nähe zu den Mordhäusern verbrennen, nach dem Feuer die Knochenreste verkleinern. Das Sonderkommando karrte die letzten Überreste der Ermordeten zur Soła, dem Fluss, der sich auch heute noch so zärtlich durch Auschwitz und die Landschaft schlängelt, und schüttete Asche und Knochensplitter hinein. Ende November 1942 waren die Massengräber bei den Bauernhäusern beseitigt, das Sonderkommando wurde überflüssig. SS-Männer töteten die Zeugen der Aufräumaktion.

In jeden Meter Erde auf dem Gelände des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau wiederholen sich die Geschichten vom Tod. Jeder kleine Erdkrümel kann ein Grab sein. Die Zeugin Angela Orosz-Richt sagte im Prozess gegen SS-Unterscharführer Oskar Gröning am 2. Juni 2015: „Mein Vater hat kein Grab. Seine Überreste wurden verbrannt, die Asche in Auschwitz verteilt. In den Wald geschaufelt oder als Dünger auf Feldern benutzt. Das Grab meines Vaters ist Auschwitz. Als ich Auschwitz im Januar zum ersten Mal besuchte, lief ich umher wie in Trance. Ich konnte kaum atmen. Ich hatte Angst: Mit jedem Schritt trete ich auf das Grab von jemandem. Nichts kann diesen Alptraum auslöschen.“(63)

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Flucht nach Südafrika: Rolf Melchiker (1936)

Den Alltags-Antisemitismus hatte Rolf Melchiker als junger Kerl schon kennengelernt. Sein Gebetsbuch hatte er immer in Papier eingeschlagen, wenn er sich auf dem Weg zur Synagoge machte, weil er sonst gegängelt wurde. Wie der große Bruder ging auch Rolf Melchiker auf das Maybach Realgymnasium, auf dem er zu Ostern 1932 nach neun Jahren das Reifezeugnis erlangte. Im Jahrbuch der Schule gab jeder Schüler seinen Berufswunsch an. Rolf schrieb Kaufmann – wie sein Vater. Zum 1. April 1932 begann er eine kaufmännische Ausbildung bei der Farmey GmbH Großhandelshaus pharmazeutischer und kosmetischer Spezialitäten und Parfümerie in der Alexandrinenstraße 97 in Berlin-Kreuzberg, zum 1. Oktober 1934 übernahm ihn die Firma in ein festes Arbeitsverhältnis nach dem erfolgreichen Abschluss der Lehre. Im Arbeitszeugnis schrieb der Firmenchef Ende 1935: „Herrn Melchiker war Gelegenheit geboten, sich in unserem Grosshandelsbetrieb Warenkenntnisse über sämtliche im Handel befindlichen pharmazeutischen und kosmetischen Spezialitäten anzueignen, sowie die Expedition, den Einkauf und den Wareneingang kennen zu lernen und sich hierin auszubilden. Herr Melchiker zeigte für alles grosses Interesse und wir waren mit seinen Leistungen so zufrieden, dass wir ihn auch nach Beendigung sei-ner Lehrzeit bis heute als Lagerist weiter beschäftigten. In dieser Eigenschaft hatte er die täglichen Bestellungen durchzusetzen, die Waren zu kontrollieren u.s.w. Herr Melchiker war ehrlich und fleissig; seine Führung vorzüglich.“(64)

Im Jahr 1935 bereitete sich das Deutsche Reich auf die Olympischen Spiele vor, die vom 6. bis zum 16. Februar 1936 in Garmisch-Partenkirchen und vom 1. bis zum 16. August 1936 in Berlin stattfinden sollten. Das Internationale Olympische Komitee hatte die Spiele schon am 13. Mai 1931 an das Deutsche Reich vergeben. Nach dem 30. Januar 1933 und dem sofort offen zeigten Antisemitismus gab es in Frankreich und den USA starke Kräfte, die für einen Boykott der Spiele in Deutschland eintraten. Die Nationalsozialisten gaben dem IOC 1933 eine Zusicherung, dass die Spiele „allen Rassen und Konfessionen“ offen stünden – und führten ihre Hetze gegen die Juden unvermindert fort.

In den Entschädigungsakten von Rolf Melchiker haben sich zwei konkrete Beispiele erhalten, wie er persönlich diskriminiert wurde. Als junger Deutscher wollte er seinen Wehrdienst in der jungen Wehrmacht ableisten und bewarb sich mit Schreiben vom 12. Juli 1935 um Zulassung zum Wehrdienst. Dreizehn Tage später wurden die entsprechenden Gesetze geändert, so dass der Vorsitzende des Prüfung-sausschusses für die Zulassung zum aktiven Wehrdienst am 19. August 1935 knapp antwortete: „Nach Ihrem Antrage vom 12.7.35 auf Zulassung zum aktiven Wehrdienst sind Sie Volljude. Gemäß § 2, Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Nichtariern zum aktiven Wehrdienst vom 25.7.35 – Reichsgesetzbl., Teil I, S. 1947 – können Sie daher zum aktiven Wehrdienst nicht herangezogen werden.“(65)

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Gravierendere Folgen hatte die Arisierung seines Arbeitgebers, der Farmey GmbH. Am 11. November 1935 flatterte die Kündigung zum Jahresende ins Haus, der alte Firmenchef schrieb knapp im Arbeitszeugnis: „Seine Entlassung erfolgte zum 31. Dezember 1935, weil der Betrieb in arische Hände übergegangen ist.“(66) 1938 wurde der Betrieb vollständig liquidiert.(67)

Im Herbst 1935 – am 15. September – verabschiedete der Reichstag in Berlin die „Nürnberger Gesetze“. Sie bildeten die juristische Grundlage, die Juden im Deutschen Reich zu Menschen zweiter Klasse zu degradieren.

Das Reichsbürgergesetz teilte die Deutschen in Staatsbürger und Reichs- bürger auf: Die vollen Bürgerrechte erhielten nur noch Angehörige „deutschen und artverwandten Blutes“, Juden galten fortan als Staatsbürger des Deutschen Reiches ohne politische Rechte. Sie durften keine öffentlichen Ämter mehr bekleiden und verloren jegliches Stimmrecht. Als Jude galt per Gesetz, wer drei jüdische Großeltern hatte, der jüdischen Glaubensgemeinschaft angehörte oder mit einem sogenannten „Volljuden“ verheiratet war. Die juristische Einteilung in „Volljude“, „Halbjude“ und „Vierteljude“ folgte im November 1935 mit einer ergänzenden Verordnung.

„Das Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ stellte die Eheschließung sowie den außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen Juden und „Staatsangehörigen deutschen Blutes“ unter Strafe.(68) In Berlin verhafteten Polizei und Gestapo im Oktober 1935 wegen „Rassenschade“ und „staatsfeindlicher Einstellung“ 42 Juden, im November 57, im Dezember 36 und im Januar 1936 schon 71. Die Berliner Verwaltung kündigte an, alle Straßennamen zu ändern, deren Namen irgendetwas mit Juden zu tun hatten. Die Bezirksbürgermeister beschlossen, alle noch in den Bezirksverwaltungen tätigen Juden zu entlassen.(69)

Eine Zukunft in Berlin? Unter diesen Vorzeichen? Ohne Perspektiven auf ein freies Leben?

Nein. Im Entschädigungsantrag schrieb Rolf Melchiker am 22. Februar 1957: „Da ich selbstverständlich als Jude keine weitere Moeglichkeit mehr hatte, eine andere Stellung in Deutschland zu finden, entschloss ich mich, nach Suedafrika auszuwandern.“

Es war eine kleine Abschiedsparty am 11. Februar 1936 in der Prinzregentenstraße 84. Rolf, seine Eltern und die befreundete Familie Alice und Bruno Warschauer saßen zusammen. Stießen an auf die Zukunft des 21-Jährigen in einer neuen Welt. Am anderen Ende der Welt. An diesem Tag entstand – vermutlich mit der Kamera der Warschauers - ein letztes Foto mit Selbstauslöser. Die Warschauers und Vater Joseph schauten fröhlich in den Kamera, der Blick von Mutter Elise schweifte traurig ins Nichts. Jetzt verließ sie auch der zweite Sohn. Bruno Warschauer entwickelte das Foto schnell als

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Postkarte und schickte diese am 15. Februar mit einem lieben Gruß an Rolf Melchiker:

„Lieber Rolf,

In Afrika – in Wüstensand denkst Du gewiss an allerhand. An Eltern, Freunde u. so weiter Wo Du geweilt – mal trist – mal heiter. Gewiss wird es nicht leicht dort sein drum wünsch ich Dir gehörig Schwein Bleib recht gesund, verdien viel Geld, Sei fröhlich in der andern Welt! Dies Bild erinnert Dich zuletzt An uns u. unser Abschiedsfest! Deine Warschauers“(70) (Quelle: Postkarte vom 15.2.1936, Privatarchiv)

Ein mulmiges Gefühl wird die Herzen der Warschauers und der Melchikers beim Abschied beschlichen haben. Rolf Melchiker drehte sich sicher oft um, als er ging. Als der Zug aus Berlin abfuhr. Weder die Warschauers noch seine Eltern sollte er jemals wieder sehen.

Die immer noch wohlhabende Familie Melchiker hatte dem Sohn ein Erste-Klasse-Ticket für die Zugfahrt ins englische Southampton gekauft. Dort bestieg den unter englischer Flagge fahrenden Passagierdampfer Balmoral Castle. Der erreichte am 9. März 1936 Kapstadt. Vermutlich an seinem 22. Geburtstag – dem 10. März – stieg Rolf Melchiker in den Zug, der ihn ans Ziel seiner Reise bringen sollte: Johannesburg. Knapp 9000 Kilometer Luftlinie von Berlin entfernt.

Und dann begann mit 22 Jahren die harte Realität. Rolf Melchiker war erst einmal arbeitslos. Seinen Kindern erzählte er später, dass er in der Anfangszeit oft Sardinen und Bananan aß, weil beides recht billig zu kaufen war. Mitte des Jahres bekam er einen Job bei der Firma HARDWARE BAZAARS (Pty) Ltd. in Johannesburg. Haustürgeschäfte, Monatslohn rund zehn Pfund. Weniger als das Existenzminimum. Dennoch sparte Rolf, wo er nur konnte und schickte seinen Eltern Geld nach Deutschland, weil die ab 1936 gar kein Einkommen mehr hatten.(71)

Mit Briefen blieben die Melchikers in Frankreich, Deutschland und Südafrika in Kontakt. Rolf und Werner trugen als junge Burschen die üblichen auch harschen Reibereien miteinander aus und fanden erst über die Distanz Frankreich-Südafrika wieder zueinander. Werner schrieb in einem der Briefe an Rolf: „Ich habe mein Land verloren, aber einen Bruder gewonnen.“(72)

Ab Herbst 1942 kamen keine Briefe mehr aus dem Lager Vernet in Frankreich in

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Südafrika an, ab Dezember 1942 keine Briefe mehr aus Deutschland. Einfach nichts mehr. Und keiner wusste etwas. Niemand konnte Rolf Melchiker helfen. Kurz vor Ende des Krieges erfuhr er, dass seine Eltern aus dem Leben geschieden waren am Vorabend ihrer Deportation. Und dass Werner irgendwohin in den Osten gebracht wurde. Noch 1958 herrschte Unklarheit über sein Schicksal. Dem Entschädigungsamt schrieb Rolf Melchiker am 13. Februar 1958: „Mein einziger Bruder […] wurde von der franzoesischen Polizei nach der Besetzung Frankreichs durch die deutschen Truppen verhaftet und von dort aus nach einem unbekannten Vernichtungslager im Osten deportiert, und ist nicht mehr zurueckgekehrt.“(73) Der Name Auschwitz tauchte erst kurze Zeit später in den Akten auf.

Die Anforderungen des Alltags lenkten ihn ab. Er heiratete eine Jüdin, die aus Wien geflüchtet war und bekam zwei Töchter. 16 Jahre nach der Auswanderung kam endlich wirtschaftliche Stabilität ins Leben von Rolf Melchiker. „Von Mitte 1952 an arbeitete ich als Einkaeufer bei der Firma GREATERMANS (SOUTH AFRICA) LIMITED, Johannesburg, und seit dieser Zeit habe ich ein Einkommen, das mir und meiner Familie eine ausreichende Lebensgrundlage gewaehrt, obwohl ich keinen Vertrag habe und jederzeit meine Stellung verlieren kann“, schrieb er am 22. Februar 1957 ans Entschädigungsamt.(74)

Als Vater, so schreibt seine Tochter, war er immer ein liebevoller und netter, sanftmütiger Mann, der seine Liebe zur Musik mit seinen Töchtern teilte. Einfach ein wunderbarer Vater. Ein warmherziges Wesen, das mit einer großen inneren Traurigkeit lebte. Er hatte sich bemüht, seinen Bruder und seine Eltern nach Südafrika zu holen. Und es nicht geschafft. Er fühlte eine tiefe Schuld und lebte mit dieser. Das ist ein Phänomen, das oft bei den Überlebenden zu beobachten ist: Dieses Gefühl, diese offene Frage: Warum habe ich überlebt und die anderen nicht?

Die Töchter wuchsen in einem Umfeld auf, in dem keine Familie komplett war. Viele Freunde der Eltern waren geflüchtete Juden aus Deutschland und Österreich, die Familienangehörige verloren hatten. So schreibt die Tochter: „Als Kind akzeptiert man die Gegebenheiten so wie sie sind und fragt nicht nach.“ Da sie weder ihre Großeltern noch den Onkel kannte, war der Schmerz nicht so groß, und sie sagt: „Diese schreckliche Zeit war wirklich nicht im Mittelpunkt unseres Lebens. Wir lebten in einer liebevollen Familie und hatten eine sehr glückliche Kindheit.“

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Foto 1: Ein letztes Mal vereint (von links): Rolf, Elise, Joseph und Werner Melchiker (ca. 1932).

Foto 2: Werner Melchiker als Landwirtschafts- schüler in Château de Born (Dezember 1935).

Foto 3: Ein letztes Glück: Rose Smilowski und Werner Melchiker im Calderstones Park in Liverpool (18. Februar 1938).

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Foto 4: Abschied von Berlin (von links): Alice und Bruno Warschauer, Elise, Joseph und Rolf Melchiker (11. Februar 1936).

Foto 5: Ein letztes Wiedersehen in La Sartresse (von links): Egon und Helene Smilowski, Elise Melchiker, Rose Smilowski und Werner Melchiker (18. Februar 1937).

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Fotos 7 & 8: Im Buch der Namen in Block 27 im Staatlichen Museum Auschwitz- Birkenau wird der Opfer des Holocaust gedacht - auch Werner Melchiker.

Foto 9: Das Grab von Joseph und Elise Melchiker auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee (November 2015).

Foto 6: Werner Melchiker in der französischen Fremdenlegion in Marokko (30. April 1940).

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Das Ende: Joseph und Elise Melchiker (1942)

Mit mörderischer anti-jüdischer Rhetorik machten die Nationalsozialisten von ihrer ersten Stunde an Stimmung. Die SA-Banden schlugen bereits 1933 im gesamten Deutschen Reich die ersten Juden tot. Hetze, Erniedrigung und Hass steigerten sich jeden einzelnen Tag während der Herrschaft von Adolf Hitler. In seine Rede vom 30. Januar 1939 drohte er, selbst schon den Zweiten Weltkrieg planend, mit den martialischen Worten: „Ich will heute wieder ein Prophet sein: Wenn es dem internationalen Finanzjudentum in und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa.“

Die professionalisierte Massenmordmaschinerie aus der Reichshauptstadt in die Tötungsstätten im Osten begann am 27. November 1941 vom Bahnhof Grunewald aus. 1053 Männer, Frauen und Kinder - davon waren 38 unter zehn Jahre alt - fuhren in einem Sonderzug in Richtung Riga. Direkt nach der Ankunft führten die Mörder ihre Opfer in den Wald von Rumbula bei Riga und erschossen sie ohne Ausnahme.(75)

Eine beängstigende Stille legte sich um Joseph und Elise Melchiker. Wer konnte, war noch rechtzeitig geflohen. Seit Kriegesbeginn 1939 war die Ausreise kaum noch möglich, nach dem behördlich angeordneten Ausreiseverbot vom 23. Oktober 1941 gar nicht mehr. Regelmäßig rollten nun die Züge in den Osten. Freunde verschwanden. Gerüchte schwirrten durch die Unsicherheit. Theresienstadt sei eine besondere Einrichtung für ältere Juden, in der sie gut aufgehoben seien. Postkarten aus Theresienstadt und aus den Lagern im Osten – alle unter Zwang und unter strenger Zensur geschrieben – erweckten den Eindruck, dass die Abtransportierten wohlbehalten an- und untergekommen seien. Zwischen den Zeilen versteckten die Absender die eigentlichen Botschaften, so dass die Daheimverbliebenen immer stärker ahnten, dass die verlogene Evakuierung nach dem Osten einen unvorstellbaren Massenmord in harmlos klingenden Worten verbergen wollte.

In dieser Atmosphäre von Angst begann das Jahr 1942 für Joseph und Elise Melchiker. Das Jahr der vielen Abschiede. Drei von vielen Beispielen sind bekannt.

17.7.1942: Die Schwester von Elise Melchiker musste als erste gehen: Rosa Rebecca Selten. Ihr Ehemann Heinrich Selten war am 27. November 1935 gestorben. Vermutlich zog sie wenige Monate später zu Joseph und Elise Melchiker in den Prinzregenten- straße 84. Als kinderlose Witwe waren die Geldmittel begrenzt, zudem wohnten die Melchikers damals noch in einer Vier-Zimmer-Wohnung. Bei der Volkszählung am

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17. Mai 1939 wurde Rosa Rebecca Selten ganz offiziell als Haushaltsmitglied bei den Melchikers geführt.(76)

Der Deportationsbescheid für Rosa Rebecca Selten kam wenige Tage vor der Abfahrt. Üblicherweise bot die Geheime Staatspolizei den älteren Personen einen „Heimeinkaufsvertrag“ für Theresienstadt an, wobei das Wort aufgezwungen den Vorgang präziser beschreibt. Die Unterzeichner mussten ihre Bankguthaben auf ein Konto der Reichsvereinigung der Juden einzahlen, das restliche Eigentum wurde ohne Ausnahme beschlagnahmt.(77) Die Jüdische Kultusvereinigung teilte den Betroffenen mit, wie sie sich vor und während der Deportation verhalten sollten und bat darum, die Vorbereitungen in Ruhe und Besonnenheit zu treffen und zu einem reibungslosen Ablauf des Transportes beizutragen.

100 Männer und Frauen fuhren am 17. Juli 1942 los in Richtung Theresienstadt. Rosa Rebecca Selten stand an Position 55 der Transportliste ,(78) ihr Schwager Fritz Selten (geb. 4. September 1875) saß im gleichen Zug(79) . Beide galten wegen ihres Alters als nicht arbeitsfähig.

Der 48-jährige Dr. Israel Friedrich beugte sich am 7. März 1943 um 13.15 Uhr über die tote Rosa Rebecca Selten und begann mit der Totenschau. Wenige Minuten zuvor war die Witwe aus Berlin im Ghetto Theresienstadt gestorben. Mit 67 Jahren. Dr. Friedrich, selbst erst am 28. Januar 1943 aus Berlin deportiert, notierte in das Standardformular „Todesfallanzeige“ als Todesursache „Herzmuskel-Entartung“. Wegen ihrer Herzerkrankung hatte sich die Berlinerin schon längere Zeit in Behandlung bei Dr. Erich Fantl befunden, der am 20. November 1942 von Prag nach Theresienstadt verschleppt worden war. Rosa Rebecca Selten starb im Ghetto. Geschwächt vom Leben im Elend des völlig überfüllten Ghettos Theresienstadt ohne ordentliche medizinische Hilfe. Nach einem Winter ohne richtige Heizung. Nach Monaten mit völlig unzureichender Lebensmittelversorgung. Nach Jahren der Demütigung.(80)

24.7.1942: Joseph Melchikers Schwester Dora und ihr Mann Paul Graupe mussten eine Woche später ihre Wohnung in der Bayrischen Straße 29 – knapp zwei Kilometer von der Wohnung der Melchikers entfernt – verlassen. Wieder saßen 100 ältere Männer und Frauen im Zug nach Theresienstadt, das Ehepaar Graupe hatte in der Transportliste die Nummern 64 und 65.(81) Es war der 29. Alterstransport von Berlin nach Theresienstadt.

Die Söhne Heinz (geb. 1906), Ernst (geb. 1908) und Gerhard (geb. 1911) hatten Deutschland rechtzeitig verlassen. Vom Schicksal der Eltern wussten sie im Herbst 1942 vorerst nichts, wie ein über das Rote Kreuz übermittelter Brief von Dr. Heinz Graupe vom

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8. September 1942 zeigt. Er wohnte zu der Zeit mit seiner Frau Hella und Sohn Daniel in Haifa und schrieb so knapp wie möglich, da ein Rot-Kreuz-Brief maximal 25 Wörter haben durfte: „Sorgen um Euch. Wir gesund. Arbeiten beide. Dani begabter wilder Junge. Vergisst nie Großeltern, braucht Euch. Bleibt gesund, stark. Gut Neujahr, Wiedersehen. Heinz, Hella, Daniel.“ Das Schreiben kam bei Joseph und Elise Melchiker an, die am 22. November 1942 antworteten: „Meine Lieben! Wie 5/8 Rotkreuzbrief mitgeteilt, Eltern 24/7 gefasst, stark Protektorat abgereist, postalisch noch unerreichbar, bisher nachrichtslos.“(82)

Vier Monate nach der Deportation hatten weder die Söhne im Ausland noch die Melchikers in Berlin ein Lebenszeichen von Paul und Dora Graupe erhalten. Das war kein gutes Zeichen. Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs erhielten die Graupe- Kinder die traurige Gewissheit über das Schicksal ihrer Eltern. Dora Graupe starb keine zwei Wochen nach der Deportation im Zentralkrankenhaus von Theresienstadt an den Folgen einer beidseitigen Lungenentzündung und daraus resultierender Herzschwäche. Als Todeszeitpunkt trug der Arzt auf der „Todesfallanzeige“ den 6. August 1942 um 7.10 Uhr ein. Ehemann Paul Graupe blieb alleine zurück in Gebäude No. L 217, Zimmer 18.(83) Nur kurz. Seine letzte Reise begann am 21. September 1942 mit 2001 weiteren Opfern mit dem Zug nach Treblinka. Direkt nach der Ankunft zwangen Mordgehilfen ihre Opfer, sich zu entkleiden und in eine so genannte Dusche zu rennen. Im Nachbarraum setzten die Mörder den Motor eines erbeuteten russischen Panzers in Gang und leiteten die Abgase in die Gaskammer. Das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf vom 3.9.1965, 8 I Ks 2/64) fasste das Geschehen in einem Urteil vom 3. September 1965 so zusammen: „Die Masse der übrigen Opfer, die unter Peitschen- und Kolbenhieben zu den Gaskammern getrieben wurden, erlitten, wenn sie in den Kammern auf engstem Raum zusammengepresst waren und den nahen Tod vor Augen hatten, nicht nur unermessliche seelische Not, sondern mehrere Minuten lang - bei gelegentlichen Motorschäden sogar manchmal einige Stunden lang - heftige Erstickungsqualen, ehe sie bewusstlos waren und umkamen. Die im Schlauch Wartenden mussten sich sogar die Schreie der ihnen im Tod vorausgehenden Opfer anhören, bevor sie selbst an der Reihe waren.“

Am 11. Mai 1945 veröffentlichten die Söhne Heinz, Ernst und Gerhard Graupe eine Todesanzeige in der Exilzeitung „Der Aufbau“ mit den Worten: „Erst jetzt erhielten wir die traurige Nachricht, dass unsere geliebte Mutter Dora Graupe geb. Melchiker (früher Berlin) am 8. August 1942 in ihrem 67. Lebensjahr in Theresienstadt verschieden ist, und dass unser geliebter Vater Paul Graupe kurz darauf in seinem 73. Lebensjahr weiter nach Polen verschickt wurde.“

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4.8.1942: Recha Frankenstein musste mit dem 36. Alterstransport nach Theresienstadt. Sie war eine ganz liebe Freundin gewesen. Ernst Graupe erinnerte sich am 12. Mai 1960: „Meine Familie und die Familie Melchiker waren mit der Familie Frankenstein, die in Berlin-Wilmersdorf, Pariserstr. wohnte, eng befreundet; der verstorbene Ehemann Frankenstein war ein Schulfreund meines Vaters. Auch nach dem Tode des Herrn Frankenstein setzten sich die Freundschaft und die Beziehungen zwischen der Familie Melchiker und der verwitweten Recha Frankenstein in gleicher Weise fort. Frau Frankenstein war, da sie nunmehr alleinstehend war, ein besonders häufiger Besucher unserer Familien.“(84)

Mit 66 Jahren galt Recha Frankenstein als nicht mehr arbeitsfähig, wie auf der Deportationsliste vom 4.8.1942 vermerkt ist.(85) Für ihr Umfeld überraschend verschwand auch sie von der Berliner Bildfläche. Die weitläufig Verwandte 20-Jährige Marie Jalowicz erfuhr davon, als sie sich bei Leo Davidsohn, dem Cousin ihrer Mutter, verabschieden wollte. Sie hatte sich entschieden, den Judenstern nicht mehr zu tragen und in die Illegalität abzutauchen - anstatt sich abtransportieren und ermorden zu lassen. Der Dialog zwischen der lebensfreudigen Marie und dem ängstlichen Leo steht stellvertretend für viele Gespräche der damaligen Zeit in Berlin:

„Du gehst ohne Stern?“, fragte er mich als Erstes, ohne richtige Begrüßung. Er war sichtlich empört.

„Ja, ich will versuchen zu überleben. Ich bin gekommen, um mich zu verabschieden. Ich gehe nachher auch noch zu Recha Frankenstein“, gab ich zurück. Recha war die Lieblingscousine meiner Mutter und außerdem ihre engste Vertraute gewesen.“

„Das kannst du dir sparen. Sie ist vorige Woche abgeholt worden“, sagte er bit-ter. Der Kneifer auf seiner Nase zitterte. Leo war voller Wut auch mich, weil ich ihm ohne Stern gegenübertrat. „Du störst“, fuhr er barsch fort, „wir haben keine Zeit. Die Schwestern sind mit Vorbereitungen für den Abtransport befasst, den wir demnächst erwarten.“

„Entschuldigung. Ich will euch nicht lange aufhalten. Ich wollte nur auf Wiedersehen sagen.“

„Was denkst du dir denn dabei, einfach nicht mitzugehen, wenn du abgerufen wirst?“

„Ich möchte überleben.“

„Aber wenn die dich erwischen … weißt du, was die mit dir machen?“

„Was denn?“

„Die deportieren dich glattweg in den Osten.“

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„Das will ich ja gerade vermeiden.“(86)

Recha Frankenstein überlebte Theresienstadt. Sie arbeitete dort als Kranken- betreuerin. Und sie traf auf so viele alte Freunde aus Berlin, die wie sie dorthin gebracht wurden. Die meisten blieben nicht lange und wurden weiterdeportiert in die verschiedenen Tötungseinrichtungen. Als Anfang Februar 1945 Theresienstadt das Gerücht aufkam, die SS würde einen Transport in die Schweiz vorbereiten, glaubte niemand daran. Tatsächlich verließ der Transport mit 1.200 vornehmlich älteren Männern und Frauen am 5. Februar 1945 um 16 Uhr Theresienstadt. In Konstanz verließ der Zug das Deutsche Reich, nach einem herzlichen Empfang in Kreuzlingen fuhr er weiter bis nach St. Gallen, wo er am Abend des 7. Februar eintraf.(87)

Die jahrelangen Qualen hatten den Körper der nur 1,44 Meter großen Recha Frankenstein geschwächt, das Herz im doppelten Sinne angegriffen. Sie trug eine große Last mit sich, so viele traurige Geschichten hatte sie in Theresienstadt gesehen, erlebt oder gehört. Sie schrieb lange Briefe, einen auch an Ernst Graupe in London, in dem sie ihn über das Schicksal seiner Eltern und das der Familie Melchiker aufklärte.(88)

Recha Frankenstein wollte Europa verlassen. Die Verwandten in Nordamerika bemühten sich um Papiere. Währenddessen kam die staatenlose Rentnerin vom Auffanglager in das Flüchtlingsheim „Bristol“ in Territet beim Montreux. Eine ärztliche Untersuchung im Klinikum in Montreux im Mai 1945 zeigte ein schweres Herzleiden auf. Größere Anstrengungen oder Reisen hatten zu unterbleiben. Im Juli 1946 zog Recha Frankenstein um in das Flüchtlingsheim Mirabeau in Clarens, das ebenfalls zu Montreux gehörte. Sie sollte sich nicht mehr erholen.

Recha Frankenstein starb im Alter von 70 Jahren am 7. November 1946 gegen Mitternacht an den Folgen einer Angina pectoris. Vier Tage zuvor hatte sie ein Testament aufgesetzt und bestimmt: „Ich wünsche eine Bestattung nach jüdischem Ritus mit den entsprechenden Gebeten, einen Grabstein mit Namen, Geburtsdatum, Sterbetag und Hinweis auf die langjährige Internierung in Theresienstadt. Meine Verwandten, deren Adressen ich hinterlasse, sind zu benachrichtigen.“ Für ihre eigene Beerdigung und den Grabstein hatte sie unter Zeugen 250 Schweizer Franken an Louis Salomon, ein 1872 geborener Überlebender von Theresienstadt, übergeben. Und sie bekam ihren Willen. Im Schreiben an ihre Verwandten heißt es: „In Anbetracht der Erlebnisse in den letzten Jahren und mit Rücksicht auf das hohe Alter, konnte trotz der Ihrer Schwester zuteil gewordenen Pflege der Tod nicht verhindert werden. Ihre Schwester wurde auf dem Jüdischen Friedhof in La Tour de Peilz (Kanton Waadt) unter Berücksichtigung der rituellen Zeremonien beerdigt.“(89)

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Woche für Woche wurde es einsamer um Joseph und Elise Melchiker. Neben den unmittelbaren Verwandten verschwanden immer mehr Freunde und Bekannte. Der Wohlstand der 1920er-Jahre war vergangen, die Geldreserven aufgebraucht, Gold und Schmuck zwangsweise abgeliefert. Sohn Rolf schickte Geld aus Südafrika. Ab dem 19. September 1941 mussten Juden den Judenstern tragen in der Öffentlichkeit. Elise Melchiker musste ab dem 3. November 1941 Zwangsarbeit leisten, Joseph ab dem 22. Oktober 1941(90) in der Schlosserei von Ernst Starke (Rathausstraße 90, Berlin- Mariendorf).(91) Nach vielen Jahren des Luxus einer Sieben-Zimmer-Wohnung in der Goßlerstraße 23 (Berlin-Friedenau) und anschließend einer Vier-Zimmer-Wohnung in der Prinzregentenstraße 84 waren die Melchikers in einer Zwei-Zimmer-Wohnung zusammengerückt. Auf Anordnung der Geheimen Staatspolizei sollten Joseph und Elise auf Ende 1942 einige Häuser weiter ziehen in die Prinzregentenstraße 89 zu Familie Jacoby.

Es sollte völlig anders kommen. In der Burgstraße 28, vormals Standort der Berliner Börse und erster Arbeitsort von Joseph Melchiker, residierte seit 1941 das Judenreferat der Staatspolizeileitstelle Berlin der Geheimen Staatspolizei. Hier planten und organisierten die Mörder der Gestapo die Deportation der Berliner Juden(92). Einer von ihnen setzte die Namen Joseph Melchiker, Elise Melchiker und Rosa Jacoby auf die Liste für den Transport am 9. Dezember 1942 nach Auschwitz.

Die Berliner Juden wussten mehrheitlich, dass die so genannte Evakuierung nach dem Osten als Synonym für die eigene Ermordung stand. Der Deportationsbescheid führte einem den eigenen, fremdbestimmten Todeszeitpunkt vor Augen. Im Fall der Melchikers wäre es der 10. Dezember 1942 gewesen. Unmittelbar nach Ankunft und Selektion in Auschwitz. Der Autor Christian Goeschel fasst die Situation in seinem Buch über Selbstmord im Dritten Reich zusammen: „Im Oktober 1941 wurde die Auswanderung von Juden verboten, bis dahin konnten jüngere Juden Deutschland verlassen, allerdings waren bis zu endgültigen Ausreise viele Hürden zu überwinden. Zur Zeit der Deportationen dann konnten junge Juden immer noch untertauchen. Für ältere jüdische Menschen waren das keine wirklichen Optionen; wenn sie in dieser schwierigen Situation die Kraft der Selbstbehauptung aufbrachten, dann wählten sie den Selbstmord. Angesichts der Erniedrigungen und Demütigungen durch die Nationalsozialisten starben sie lieber durch die eigene Hand.“(93) Ergänzend die Worte von Beate Kosmala: „Der amtliche Bescheid, ihre Wohnung zu räumen und sich zur Evakuierung bereit zu halten, löste bei vielen, die sich nun jeglichen Rückhalts beraubt sahen, den Entschluß zur Selbsttötung aus.“(94)

Wann Joseph und Elise Melchiker den Entschluss fassten, selbstbestimmt aus dem Leben zu scheiden, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Sie hatten sich

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rechtzeitig Schlafmittel besorgt. Und sie kündigten ihren Abschied an. Ihren Brief an Heinz Graupe vom 22. November 1942 ließen sie enden mit den Wortfragmenten: „… wir grosse Reise vorbereitend – herzinnigste Abschiedsgrüsse. Jockel Elise“(95) Während die Wörter „grosse Reise“ und „herzinnigste Abschiedsgrüsse“ in diesem Brief noch mehrere Interpretationsmöglichkeiten zuließen, gab es im letzten Brief an den Sohn Rolf und seine erste Ehefrau Gerda nach Südafrika keine Unklarheiten mehr:

„Herzliebste Kleinen!

Letztes allerherzlichstes Lebewohl vor Abreise – sind sehr müde – Elternse-gen, Gottessegen Eurem ferneren Lebensweg! – bleibt stark und gut – Dank liebende Fürsorge.

allerinnigste Grüsse

Abschiedsküsse

1. Dez. 1942 Joseph, Elise Melchiker“(96)

Der Tag der Deportation rückte näher. Bis zum Schluss mussten Joseph (63) und Elise (61) jeden Tag Zwangsarbeit leisten. Joseph Melchiker und sein Arbeitgeber Ernst Starke verstanden sich dem Vernehmen nach gut und so kam zu einem denkwürdigen Treffen, von dem Martha Starke in ihrem Brief an Rolf Melchiker am 24. Oktober 1947 berichtete: „Mein Mann hatte im Kriege mehrere Juden bei sich zu beschäftigen gehabt und darunter auch ihren Vater. Nun sollte mein Mann diese Leute alle extra behandeln, sie wissen ja wie ich das meine, aber das tat mein Mann nicht – im Gegenteil er han-delte von Mensch zu Mensch und so auch ihren Vater. Sie hatten beide gut zusammen gearbeitet und sind prima ausgekommen. Nun hatte ihr Vater meinen Mann mal ein-geladen zu ihm zukommen, es war natürlich sehr schwierig, aber meinen Mann war es egal und besuchte ihm auch. Ihr Vater hatte sich riesig gefreut und als Dank hatte er meinen Mann ein Lexikon geschenkt was wir sehr in Ehren halten und unser Mädel hat es schon viel gebraucht in der Schule. Es war wohl daß letzte Mal, daß mein Mann ihren Vater sah, denn am anderen Tage hatte sich ihr Vater das Leben genommen. Es tat uns furchtbar leid und [wir] waren sehr traurig darüber.“(97)

Das Ehepaar Melchiker verbrachte einen letzten traurigen Abend gemeinsam. Es müssen schwere Stunden gewesen sein mit all den Erinnerungen an die glücklichen Jahre. Mit der Hoffnung, dass es den Söhnen einmal besser ergehen sollte – nicht wissend, dass Werner Anfang September in Auschwitz ermordet worden war –, nahmen sie ihr Schlafmittel und dämmerten langsam weg.

Als die Gestapo am 6. Dezember die Melchikers zur Sammelstelle abholen wollte,

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fanden die Todesboten die schlaffen Körper. Joseph Melchiker war schon tot, Ehefrau Elise wurde noch ins Jüdische Krankenhaus in der Iranischen Straße gebracht, wo sie am 7. Dezember starb. Die Gestapo versiegelte die Wohnung und hinterlegte den Schlüssel beim Hauswart Albert Kordylewski.(98) Nachbarin Rosa Jacoby wurde am 9. Dezember planmäßig nach Auschwitz gefahren, wo sie sehr bald nach der Ankunft am 10. Dezember ermordet wurde.(99)

Nachbarin Rosa Jacoby war eines von 994 Opfern, das mit dem 24. Osttransport nach Auschwitz gebracht wurde. Nicht einmal ein Fünftel des Transports überstand die Selektion direkt nach der Ankunft an der Judenrampe.(100) Die Todgeweihten marschierten zu den so genannten Bunkern, zwei zu Tötungsstätten umgebauten Bauernhäusern, in denen sie vergast wurden. Angehörige des Sonderkommandos zogen die toten Leiber aus den Gaskammern und verbrannten sie im Freien. Die Asche wurde zum Düngen benutzt oder in einen der vielen Tümpel geschüttet, die heute noch so zahlreich und friedlich über dem gesamten Gelände von Auschwitz-Birkenau verteilt liegen und ihr grausames Geheimnis verbergen.

Joseph und Elise Melchiker lagen in der Pathologie des Jüdischen Krankenhauses und wurden am 21. Dezember 1942 um 14.15 Uhr würdevoll bestattet auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee in den Gräbern 110392 und 110393. Die Bestattungskosten von jeweils 306,40 Reichsmark übernahm die Jüdische Gemeinde.(101) Begraben wurden Joseph und Elise allerdings unter dem ihnen zuletzt wieder aufgezwungenen Nachnamen Milchiker. Die Eltern von Joseph Melchiker waren als Olga und Samuel Milchiker vermutlich im Frühjahr 1877 aus Russland nach Berlin gekommen. Irgendwann rund um die Jahrhundertwende hatte die komplette Familie den Namen von Milchiker in Melchiker geändert. Und die Nationalsozialisten zwangen Joseph und Elise vor 1939 wieder den typisch jüdischen Nachnamen Milchiker auf. Bei der Volkszählung am 17. Mai 1939 unterschrieben die beiden eigenhändig mit „Milchiker“.(102)

Rabbi Martin Riesenburger beschrieb in seinen Lebenserinnerungen seine Arbeit auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee: „Ich befand mich nun hier auf dem Friedhof von der Frühe des Morgens bis zum späten Abend, umgeben von einem kleinen Kreis jüdischer Mitarbeiter, welche in nicht mehr zu überbietender Hingabe und treuester Pflichterfüllung ihre ungeheuer schwere Arbeit verrichteten. Jeder Tag war umzäunt von Angst, jede Stunde brachte neues schweres Leid, jede Minute stellte uns vor oft kaum zu erfüllende Aufgaben. […] Tag für Tag wurden zahlreiche Menschen auf dem Friedhof eingeliefert, die, innerlich zerrissen, den Freitod den entsetzlichen Qualen, Folterungen und Mißhandlungen vorzogen. Alle Giftmittel standen hoch im Kurs. Menschen im blühenden Alter, aber auch solche, die im Herbst ihres Lebens standen, bereiteten diesem Dasein selbst ein Ende durch Einnehmen dieser Schlaf- und

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Giftmittel. Wie oft stand ich hier an Särgen, deren vier Bretter ein einst hoffnungsvolles Leben bargen, ein Leben, das heute viel Wertvolles hätten leisen können, ein Leben, das vielleicht der Menschheit viel Schönes hätte spenden können. Es hat Wochen gegeben, in denen die Anzahl dieser Freitode so groß war, daß wir oft bis in die Abendstunden hinein Beerdigungen vollzogen.“(103)

Ein Nachmieter für die Wohnung von Joseph und Elise Melchiker stand erstaunlicherweise sofort nach dem Abtransport der aus dem Leben geschiedenen Eheleute bereit: SS-Obersturmführer Heinrich Volke, Mitarbeiter im Reichssicherheitshauptamt – dem Zentrum des Terrors mitten in Berlin. Mehr als 20 Jahre nach der Wohnungsübernahme befragten das Wiedergutmachungsamt Heinrich Volke und in einem Schreiben vom 5. Februar 1963 erinnerte der sich erstaunlich genau an die ersten Momente im neuen trauen Heim: „Die zugewiesene Wohnung bestand aus einem ca. 20 und einem ca. 15 Qm. großen Zimmer, einer ca. 15 Qm. großen Küche, Bad und Diele.

Als ich die Wohnung mit meiner Frau betrat, befanden sich alle Räume bis auf einen, in dem alle Möbel u. sonstige Sachen des früheren Wohnungsinhabers übereinandergestapelt waren, leer. Es kann sein, daß sich ggf. ein Küchentisch u. zwei Stühle u. ein Küchenschrank noch in der Küche befanden, daran kann sich aber weder meine Frau noch ich ganz genau erinnern.

Ich setzte mich sofort am Tage nach Empfangnahme der Wohnungsschlüssel mit dem für die Räumung der Wohnung zuständigen Amt in Verbindung, da ich ja mit meinen eigenen Möbeln schnellsten einziehen wollte. Wie dieses Amt hieß weiß ich heute nicht mehr. – Es kam dann ein- oder zwei Tage darauf ein Beamter, der mich fragte, ob ich selber an dem Wohnungsinventar Interesse hätte. Ich bezeichnete zwei weiße einfach Kleiderschränke, eine alte Nähmaschine, ein Küchenbüffet, Küchentisch und zwei Küchen-Bretterstühle als die Möbelstücke, die ich erwerben wollte. (Es sei bemerkt, daß auch die Küchenmöbel denkbar einfach und alt waren. – Wie Ihre eigenen Unterlagen bezeugen, habe ich dann RM 440.- für die ausgesuchten Möbel bezahlt.)

Ich bat den Beamten, für schnellste Abfuhr, der aufgestapelten Wohnungs- Inventarstücke schnellstens zu sorgen. An einem der nächsten Tage wurden dann sämtliche in dem betr. Zimmer befindlichen Möbel u.s.w. abgeholt, sodaß wir auch diesen Raum leer übernehmen konnten.“(104) Es gibt keine Unterlagen darüber, was mit den abtransportierten Möbeln geschah. In der Regel räumten Speditionsfirmen die Wohnungen, vernichteten alle persönlichen Gegenstände und verkauften den Rest preiswert weiter.

Natürlich wurde der Kauf diverser Möbel durch den Nachmieter korrekt

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abgewickelt und dokumentiert. Der Beamte Dietrich der Reichsfinanzverwaltung führte am 14. Dezember 1942 exakt auf, was sich der SS-Obersturmführer Heinrich Volke aus dem Besitz der Familie Melchiker aneignete: „2 Kleiderschränke alt = 80 RM, Bettstelle mit Auflage u. mit Bettständer u. Bezüge = 40 RM, 1 Kleiner Spiegelschrank braun = 25 RM, 1 Ausziehtisch mit 2 Stühlen = 50 RM, 2 Polstersessel = 40 RM, 1 Rauchtisch = 10 RM, 1 Nachttisch weiß = 5 RM, 1 Bettcouch m. Auflage Tuch defekt = 35 RM, 1 Handkoffer, Schließkorb mit Schuhen, alte Wäsche u. Hausrat = 30 RM, 1 alter Untersatz defekt = 5 RM, 2 kleine Schränkchen = 5 RM, 3 Decken u. schmutzige Wäsche = 30 RM, 2 kl. Tischchen defekt = 10 RM, 1 Truhe mit Geschirr u. def. Flurgarderobe u. elektr. Lampe = 75 RM, 1 Nähmaschine Singer = 75 RM.“(105) Die 440 Reichsmark Einnahmen wurden vom Beamten Dietrich entgegengenommen und auf das Konto des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg eingezahlt.

SS-Obersturmführer Heinrich Volke blieb ein längerer Aufenthalt im neuen trauten Heim verwehrt. Bei einem Luftangriff der Alliierten mit 250 Bombern auf Berlin wurde die Prinzregentenstraße 84 in der Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 schwer getroffen. Teilweise brannten Wohnungen im Haus aus.(106)

Die formale Entrechtung des Ehepaars Melchiker schlossen die Nationalsozialisten im Laufe des Monats Dezember 1942 endgültig ab. Die Geheime Staatspolizei Staatspolizeileitstelle Berlin (Geschäftszeichen Stapo IV C 3 – J.E.) erließ am 18. Dezember 1942 eine durch vier Gesetze gedeckte Einziehungsverfügung über das hinterlassene Vermögen verschiedener jüdischer Todesopfer u.a. von Joseph und Elise Melchiker. Dies geschah in aller Öffentlichkeit: Die Einziehungsverfügung wurde im Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger Nr. 301 vom 23. Dezember 1942 veröffentlicht. Zu den Melchikers hieß es lapidar: „Es handelt sich um jüdische Selbstmörder.“(107) Die Geheime Staatspolizei schickte diese Unterlagen am 5. Januar 1943 an die Vermögensverwertungsstelle beim Oberfinanzpräsidenten Berlin- Brandenburg, so dass diese Behörde das restliche Vermögen von Joseph und Elise Melchiker ganz legal einziehen durfte zugunsten des Deutschen Reiches.

Eine Sache blieb jedoch noch mehrere Jahre ungeklärt: die unbezahlte Strom- rechnung. Im Frühjahr 1945 erreichte der Sturm Berlin. Die russischen Armeen erstürmten ab Mitte April die Hauptstadt des Deutschen Reiches. Kampfzone. Endkampf an jeder Straßenecke. Curt Riess schrieb Jahre später: „Die Stadt Berlin lag im Sterben. Der Tod war ganz nahe, wenn es überhaupt so etwas gibt wie den Tod einer Stadt.“(108) An Wunder glaubten nur noch wenige Menschen. Anfang Mai endete der Sturm: „Plötzlich war es ganz still in Berlin. Die Berliner empfanden diese Stille so stark, dass sie sie zu hören glaubten; zu hören, dass die Bomben nicht mehr heruntersausten, die Granaten nicht mehr trafen, die Stalinorgeln nicht mehr ertönten, die Motoren der Tiefflieger nicht mehr summten...“(109)

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Als der Zweite Weltkrieg wenige Tage später endlich vorüber war, begann das Aufräumen. Die Nationalsozialisten wurden aus ihren Ämtern entfernt. Oft auch nicht. Aus dem Osten trafen täglich neue Flüchtlinge ein, die verzweifelt Halt suchten. Und ihre Familien. Die Siegermächte trieben die Berliner an, sie sollten die Trümmerberge wegtragen für den Neuanfang. Erst Pläne entstanden, wie Berlin künftig aussehen sollte. Wie Deutschland künftig sich entwickeln sollte.

Der Fall Joseph und Elise Melchiker beschäftigte sogleich im August 1945 den neuen Magistrat von Berlin, genauer: die Vermögensverwaltungsstelle beim Oberfinanz- präsidium der Abteilung für Finanz- und Steuerwesen. Das Ehepaar Melchiker hatte im Dezember 1942 Selbstmord begangen, ohne vorher die Stromrechnung zu bezahlen.

Die Bewag (Berliner Kraft- und Licht-Aktiengesellschaft) hatte zum 2.1.1943 eine Schlussabrechnung aufgestellt, laut der eine Rest-Schuld für Stromverbrauch in Höhe von 7,84 Reichsmark offen blieb (110). Die Bewag war davon ausgegangen, dass die Melchikers „evakuiert“ worden waren - die zeitgenössische Umschreibung für Abtransport und Ermordung. Die Bewag stellte Ermittlungen an und fand im Frühjahr 1943 heraus, dass der Rechnungsempfänger Joseph Melchiker sich unmittelbar vor dem Abtransport nach Auschwitz „vergiftet“ hatte.

In einem Schreiben an die Vermögensverwertungsstelle beim Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg vom 10. Mai 1943 erbat die Bewag die Begleichung der Rechnung: „Wir bitten Sie, die noch offenstehende Schuld des Obengenannten in Höhe von RM 7.84 auf unser Postscheckkonto Berlin Nr. 38122 zu überweisen. Heil Hitler!“(111)

Der Vorgang muss in Kriegszeiten vergessen worden sein. Im ersten Sommer des Friedens fiel einem Sachbearbeiter in der Vermögensverwaltungsstelle im Magistrat der Stadt Berlin der Vorgang in die Hände. Und er schloss ihn ab in einem letzten Schreiben an die Bewag: „Betrifft: Joseph Melchiker, Wilmersdorf, Prinzregenten- straße 84. Der Vorgenannte wird in meiner Kartei nicht geführt und es können weitere Ermittlung in dieser Angelegenheit nicht mehr angestellt werden. Ihrem Antrag vom 31.1.43 K/R 02191 auf Zahlung von Stromverbrauchskosten im Betrage von RM 7,84 kann ich nicht entsprechen. Ich betrachte daher die Angelegenheit für mich als erledigt.“(112)

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(1) Diese Angaben stammen aus einem Brief von Rolf Melchiker an Grace Graupe Pillard vom 15.4.1993. Privatbesitz.

(2) Diese Angaben entstammen der eidesstattlichen Versicherung von Rolf Melchiker vom 7.12.1959 in Entschädigungsamt Berlin Reg. Nr. 347220 Werner Melchiker.

(3) Die Angaben beruhen auf Nachkriegsangaben von Rolf Melchiker vom 13.2.1958 und vom 7.12.1959 in Entschädigungsamt Berlin Reg. Nr. 347220 Werner Melchiker und in Entschädigungsamt Berlin Reg. Nr. 325297 Joseph Melchiker.

(4) Julia Franke: Paris - eine neue Heimat? Jüdische Emigration aus Deutschland 1933-1939, Berlin 2000, Seite 19.

(5) Vgl. Archives Nationales Paris, Dossier 19800281/223 und Archives Nationales Paris, Dossier 19940506/184.

(6) Vgl. Archives Nationales Paris, Dossier 19940506/184.(7) Vgl. Préfecture de Police de Paris, Fichier des étrangers sur microfiches (cote 328 W), Casier central

(C.C) : 1.454.373.(8) Vgl. den Brief von Rolf Melchiker an Grace Graupe Pillard vom 15.4.1993. Privatbesitz; Entschädigung-

samt Berlin Reg. Nr. 347220 Werner Melchiker; Archives Nationales Paris, Dossier 19940506/184.(9) Vgl. Julia Franke: Paris - eine neue Heimat? Jüdische Emigration aus Deutschland 1933-1939, Berlin

2000, Seite 108-109.(10) Vgl. Entschädigungsamt Berlin Reg. Nr. 347220 Werner Melchiker.(11) Vgl. Julia Franke: Paris - eine neue Heimat? Jüdische Emigration aus Deutschland 1933-1939, Berlin

2000, Seite 124.(12) Alle jüdischen Hilfsfonds in Frankreich zusammen verteilten 1933 bis 1936 rund 15 Millionen Francs

an jüdische Flüchtlinge und Immigranten. Vgl. Jérémy Guedj: Les Juifs français face aux Juifs étran-gers dans la France de l’entre-deux-guerres , in: Cahiers de la Méditerranée, 78/2009, Seite 43-73, hier Seite 45.

(13) Vgl. Archives Nationales Paris, Dossier 19940506/184.(14) Vgl. Julia Franke: Paris - eine neue Heimat? Jüdische Emigration aus Deutschland 1933-1939, Berlin

2000, Seite 171-172.(15) Vgl. Archives Nationales Paris, Dossier 19940506/184.(16) Vgl. Julia Franke: Paris - eine neue Heimat? Jüdische Emigration aus Deutschland 1933-1939, Berlin

2000, Seite 172.(17) Vgl. ergänzend zu Julia Franke: Paris - eine neue Heimat? Jüdische Emigration aus Deutschland

1933-1939, Berlin 2000, Seite 172 auch Vicki Caron: Uneasy Asylum: France and the Jewish Refugee Crisis, 1933-1942, Stanford 1999, Seite 158-159.

(18) Vgl. Julia Franke: Paris - eine neue Heimat? Jüdische Emigration aus Deutschland 1933-1939, Berlin 2000, Seite 174.

(19) Vicki Caron: Uneasy Asylum: France and the Jewish Refugee Crisis, 1933-1942, Stanford 1999, Seite 159.

(20) Vgl. Marie-Juliette Vielcazat-Peticol: Lot-et-Garonne. Terre d’exil, terre d’asile. Les réfugiés juifs pendant la Seconde Guerre mondiale, Nérac 2006, Seite 39.

(21) Vgl. Musée-Archives, Villeneuve-sur-Lot.(22) Julia Franke: Paris - eine neue Heimat? Jüdische Emigration aus Deutschland 1933-1939, Berlin 2000,

Seite 174-175.

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(23) Vgl. den Brief von Max Wachenheimer an Alfred Döblin vom 18.9.1938 in: Deutsches Literaturarchiv Marbach, Bestand A: Döblin, Zugangsnummer HS.1997.0007.01092.

(24) Vgl. den Brief von Rolf Melchiker an Grace Graupe Pillard vom 15.4.1993. Privatbesitz.(25) Vgl. Archives Nationales Paris, Dossier 19940506/184.(26) Vgl. Standesamt Berlin Va, Geburtsregister Nr. 175/1891, 19.1.1891.(27) Vgl. die Angaben von Egon Smilowski gegenüber der Polizeiabteilung des eidgenössischen Justiz-

und Polizeidepartements am 1.11.1942 in: Schweizerisches Bundesarchiv, E4264#1985/196#8514*, N05969, Dossier SMILOWSKI, EGON, 14.01.1891, 1942-1945.

(28) Vgl. Census of England and Wales, 1911.(29) Vgl. die Karteikarte C/G1/F/12/01/0100/0585/0 und die Seite 28 der Liste 23 von deutschen Kriegsge-

fangenen C/G1/F/04/01/0002/0167, abgerufen über die Datenbank https://grandeguerre.icrc.org/ [zu-letzt aufgerufen am 12.3.2017].

(30) Vgl. die E-Mail von Alison Jones von der Gedenkstätte Knockaloe an Alexander Watson vom 11.6.2016.(31) Vgl. Villeneuve-sur-Lot, Melderegistereintrag Nr. 1442 vom 14. August 1934.(32) Vgl. Schweizerisches Bundesarchiv, E4264#1985/196#8514*, N05969, Dossier SMILOWSKI, EGON,

14.01.1891, 1942-1945.(33) Vgl. den Bericht des Kommissariats in Villeneuve-sur-Lot vom 24.1.1941 in: Archives Nationales Paris,

Dossier 19800281/223 und in: Archives départementales de l’Ariège, Dossier d’archives 5W.(34) Vgl. das Abgangszeugnis vom 24.2.1934 in: The Wiener Library, London, 1210/1/1-19, Herta Ningo and

Ningo family papers. (35) Vgl. Aram Mattioli: Experimentierfeld der Gewalt. Der Abessinienkrieg und seine internationale Be-

deutung 1935–1941, Zürich 2005.(36) Vgl. Archives Nationales Paris, Dossier 19940462/277.(37) Vgl. den Bericht des Kommissariats in Villeneuve-sur-Lot vom 24.1.1941 in: Archives Nationales Paris,

Dossier 19800281/223 und in: Archives départementales de l’Ariège, Dossier d’archives 5W.(38) Vgl. National Register, 1939.(39) Vgl. Julia Franke: Paris - eine neue Heimat? Jüdische Emigration aus Deutschland 1933-1939, Berlin

2000, Seite 302.(40) Vgl. Ministère de la Défense, Commandement de la Légion Étrangère, Division des ressources

humaines, Bureau des anciens, MLE: 1939/89262, L’acte d’engagement Werner Melchiker.(41) Vgl. Julia Franke: Paris - eine neue Heimat? Jüdische Emigration aus Deutschland 1933-1939, Berlin

2000, Seite 302.(42) Vgl. Ministère de la Défense, Commandement de la Légion Étrangère, Division des ressources

humaines, Bureau des anciens, MLE: 1939/89262, Livret matricule Werner Melchiker.(43) Vgl. Ministère de la Défense, Commandement de la Légion Étrangère, Division des ressources

humaines, Bureau des anciens, MLE: 1939/89262, Livret matricule Werner Melchiker.(44) Vgl. PA AA, R 99902. (45) Vgl. National Archives and Records Administration (NARA); Washington, DC; Name Index of Jews

whose German Nationality was Annulled by the Nazi Regime (Berlin Documents Center); Aufzeich-nungsgruppe: 242, National Archives Collection of Foreign Records Seized, 1675 -1958; Aufzeich-nungsgruppe-ARC-ID: 569; Veröffentlichungsnummer: T355; Rolle: 6, Lewinsohn, Martha Anna (Neumann) – Mosbacher, Hanna.

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(46) Vgl. Michael Hepp (Hrsg.): Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933-45 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten Listen. Band 1: Listen in chronologischer Reihenfolge, München 1985.

(47) Vgl. Archives Nationales Paris, Dossier 19800281/223 und Archives départementales de l’Ariège, Dos-sier d’archives 5W.

(48) Vgl. Archives Nationales Paris, Dossier 19800281/223 und Archives départementales de l’Ariège, Dos-sier d’archives 5W.

(49) Vgl. Archives départementales de l’Ariège, Dossier d’archives 5W.(50) Hermann Langbein: Die Stärkeren. Ein Bericht aus Auschwitz und anderen Konzentrationslagern,

Wien 2008, Seite 46.(51) Hermann Langbein: Die Stärkeren. Ein Bericht aus Auschwitz und anderen Konzentrationslagern,

Wien 2008, Seite 51.(52) Hermann Langbein: Die Stärkeren. Ein Bericht aus Auschwitz und anderen Konzentrationslagern,

Wien 2008, Seite 54.(53) Werner Melchiker schrieb diesen Brief an seinen Cousin Gerhard Graupe, der ihn für seine

Kinder ins Englische übersetzte. Das Original ist aktuell nicht auffindbar, die damalige vollständige Übersetzung ebenfalls nicht. Gerhard Graupes Tochter Grace Graupe Pillard verwendete 1993 kleine Passagen des Briefes für ihr Kunstwerk „Nowhere to go IV - Griffin“. Überliefert sind die Passagen: „June 1941, Vichy Government, Camp De Vernet „Why am I interned here ...We promenade in our barbed wire environs like at a beach...l was a soldat for France...Then I carried the same gun that I am now guarded with ...I see children playing behind fences not understanding ...We have learned to get used to sorrow...“ Vgl. die E-Mails von Grace Graupe Pillard an Axel Huber vom 29.11.2013 und vom 15.3.2017.

(54) Vgl. das Schreiben von Werner Melchiker an das C.A.R. in: United States Holocaust Memorial Museum Archives , Union Générale des Israélites des France, Commission du Camps, 1941-1943, RG‐43.025M.

(55) Christian Eggers: Unerwünschte Ausländer. Juden aus Deutschland und Mitteleuropa in franzö-sischen Internierungslagern 1940-1942, Berlin 2002, Seite 170-172.

(56) Christian Eggers: Unerwünschte Ausländer. Juden aus Deutschland und Mitteleuropa in franzö-sischen Internierungslagern 1940-1942, Berlin 2002, Seite 324-327.

(57) Vgl. Archives départementales de l’Ariège, Dossier d’archives 5W.(58) Die Schilderung des Transports und die Zitate basieren auf der Darstellung von Yad Vashem auf der

Internetseite db.yadvashem.org/deportation/transportDetails.html?language=de&itemId=5093647. (59) Vgl. die Datenbank mit dem Scan der Original-Transportliste auf der Internetseite des

Mémorial de la Shoah unter http://bdi.memorialdelashoah.org/internet/jsp/core/MmsRedirector.jsp?id=39277&type=VICTIM.

(60) Vgl. Danuta Czech: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989, Seite 293 und 296.

(61) Die Schilderung des Transports und die Zitate basieren größtenteils auf der Darstellung von Yad Vashem auf der Internetseite db.yadvashem.org/deportation/transportDetails.html?language=de&i-temId=5093647.

(62) Vgl. Peter Huth (Hrsg.): Die letzten Zeugen. Der Auschwitz-Prozess von Lüneburg 2015. Eine Doku-mentation, Stuttgart 2015, Seite 14.

(63) Vgl. Peter Huth (Hrsg.): Die letzten Zeugen. Der Auschwitz-Prozess von Lüneburg 2015. Eine Doku-mentation, Stuttgart 2015, Seite 126.

(64) Vgl. Arbeitszeugnis für Rolf Melchiker vom 31.12.1935 in Entschädigungsamt Berlin Reg. Nr. 323495

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Rolf Melchiker.(65) Vgl. die Kopie des Schreibens vom 19.8.1935 an Rolf Melchiker in Entschädigungsamt Berlin Reg. Nr.

323495 Rolf Melchiker. (66) Vgl. Arbeitszeugnis für Rolf Melchiker vom 31.12.1935 in Entschädigungsamt Berlin Reg. Nr. 323495

Rolf Melchiker.(67) Vgl. die Angaben zur Farmey Gmbh unter https://www2.hu-berlin.de/djgb/www/find. (68) Vgl. die Informationen auf der Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung

unter https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/68999/1935-nuernberger- gesetze-treten-in-kraft-14-09-2010.

(69) Vgl. Wolf Gruner: Judenverfolgung in Berlin 1933-1945. Eine Chronologie der Behördenmaßnahmen in der Reichshauptstadt, Berlin 22009, Seite 24.

(70) Vgl. Postkarte von Familie Warschauer an Rolf Melchiker vom 15.2.1936. Privatbesitz.(71) Vgl. Entschädigungsamt Berlin Reg. Nr. 323495 Rolf Melchiker und Entschädigungsamt Berlin Reg.

Nr. 325297 Joseph Melchiker.(72) Dieses Zitat stammt aus einem Brief von Rolf Melchiker an Grace Graupe Pillard vom 15.4.1993 und

lautet im Original: „… and as Werner wrote in one letter: he lost his country but gained a brother“. Privatbesitz.

(73) Vgl. Entschädigungsamt Berlin Reg. Nr. 325297 Joseph Melchiker.(74) Vgl. Entschädigungsamt Berlin Reg. Nr. 323495 Rolf Melchiker.(75) Vgl. Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945,

Wiesbaden 2005, Seite 121.(76) BArch R 1509 (Reichssippenamt, Ergänzungskarten für Angaben über Abstammung und Vorbildung

aus der Volkszählung vom 17.05.1939).(77) Vgl. Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945,

Wiesbaden 2005, Seite 276.(78) Vgl. die Transportliste auf: www.statistik-des-holocaust.de/AT24-3.jpg.(79) Vgl. die Transportliste auf: www.statistik-des-holocaust.de/AT24-1.jpg.(80) Vgl. die Todesfallanzeige von Rosa Rebecca Selten auf: www.holocaust.cz/de/datenbank-der-digitali-

sierten-dokumenten/dokument/96304-selten-rosa-todesfallanzeige-ghetto-theresienstadt/(81) Vgl. die Transportliste auf: www.statistik-des-holocaust.de/AT29-3.jpg(82) Vgl. Rotkreuzbrief von Dr. Heinz Graupe an seine Eltern vom 8.9.1942. Privatbesitz. (83) Vgl. die Todesfallanzeige auf: www.holocaust.cz/de/datenbank-der-digitalisierten-dokumenten/

dokument/79761-graupe-dora-todesfallanzeige-ghetto-theresienstadt/(84) Vgl. die eidesstattliche Versicherung von Ernst Samuel Graupe vom 12.5.1960 in Landesarchiv Berlin

B Rep. 025-07 Nr. 74 WGA 1853/59.(85) Vgl. die Deportationsliste vom 4.8.1942 unter http://statistik-des-holocaust.de/AT36-4.jpg. Recha

Frankenstein steht unter Position 88.(86) Vgl. Marie Jalowicz Simon: Untergetaucht. Eine junge Frau überlebt in Berlin 1940–1945, Berlin 2014,

Seite 125-126. (87) Vgl. Hans Günther Adler: Theresienstadt 1941 - 1945, Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft,

Tübingen 21960, Seite 199-200, 755.(88) Dies berichtete Ernst Graupe am 12.5.1960. Das Schreiben ist dokumentiert in Landesarchiv Berlin B

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Rep. 025-07 Nr. 74 WGA 1853/59.(89) Vgl. Schweizerisches Bundesarchiv, E4264#1985/196#50872*, N32405, Dossier FRANKENSTEIN,

RECHA, 15.06.1876, 1945-1951.(90) Vgl. Vermerk auf der Ergänzungskarte im Bestand BArch R 1509 (Reichssippenamt, Ergänzungs-

karten für Angaben über Abstammung und Vorbildung aus der Volkszählung vom 17.05.1939).(91) Vgl. den Brief von Martha Starke an Rolf Melchiker vom 24.10.1947 in Entschädigungsamt Berlin Reg.

Nr. 325296 Elise Melchiker.(92) Vgl. zur Burgstraße 28 http://www.diegeschichteberlins.de/geschichteberlins/berlin-abc/stichwor-

teag/658-burgstrasse.html(93) Zitiert nach Christian Goeschel: Selbstmord im Dritten Reich, Berlin 2011, Seite 169.(94) Vgl. Beate Kosmala: Zwischen Ahnen und Wissen. Flucht vor der Deportation (1941-1943), in: Birthe

Kundrus / Beate Meyer (Hgg.): Die Deportation der Juden aus Deutschland. Pläne – Praxis – Reak-tionen 1938-1945, Göttingen 22005, Seite 135-159, hier: Seite 141.

(95) Vgl. den Rotkreuzbrief von Dr. Heinz Graupe an seine Eltern vom 8.9.1942. Privatbesitz.(96) Vgl. den Rotkreuzbrief von Joseph und Elise Melchiker an ihren Sohn vom 1.12.1942 in Entschädigung-

samt Berlin Reg. Nr. 325296 Elise Melchiker(97) Vgl. den Brief von Martha Starke an Rolf Melchiker vom 24.10.1947 in Entschädigungsamt Berlin Reg.

Nr. 325296 Elise Melchiker. Mehrere Fehler im Original wurden sanft korrigiert. (98) Vgl. BLHA Rep. 36 A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) Nr. 56002.(99) Vgl. die Daten im Gedenkbuch www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1081262.(100) Vgl. Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945,

Wiesbaden 2005, Seite 399.(101) Vgl. Beerdigungsunterlagen Joseph und Elise Milchiker, Archiv der Stiftung Neue Synagoge Berlin

- Centrum Judaicum.(102) BArch R 1509 (Reichssippenamt, Ergänzungskarten für Angaben über Abstammung und Vorbildung

aus der Volkszählung vom 17.05.1939).(103) Vgl. Martin Riesenburger: Das Licht verlöschte nicht, Berlin 1960, Seite 35-37.(104) Vgl. Landesarchiv Berlin B Rep. 025-07 Nr. 74 WGA 1854/59.(105) Vgl. BLHA Rep. 36 A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) Nr. 26034.(106) Vgl. die Angaben von Heinrich Volke und A.P. Bock in Landesarchiv Berlin B Rep. 025-07 Nr. 74 WGA

1854/59 und http://www.luise-berlin.de/kalender/jahr/1943.htm.(107) Vgl. BLHA Rep. 36 A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) Nr. 56002.(108) Curt Riess: Berlin Berlin 1945 -1953, Berlin 1953, Seite 4.(109) Ebd., Seite 9.(110) Vgl. zu diesem Vorgang BLHA Rep. 36 A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) Nr. 26034.(111) Zitiert nach BLHA Rep. 36 A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) Nr. 26034.(112) Zitiert nach BLHA Rep. 36 A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) Nr. 26034.

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Danke j Remerciements j Thanks

Deutschland

₪ L’ambassade de France en Allemagne (ambassadeur Philippe Étienne et première secrétaire Clémence Weulersse)₪ Stolperstein-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf (Evelyn Krause-Kerruth)

₪ Friedrich-Bergius-Schule Berlin-Friedenau (Schulleiter Michael Rudolph, Lehrerin Susanne Streese,

Schülerinnen und Schüler der Klasse 7, Schulchor)₪ Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann₪ Die Bewohner der Prinzregentenstraße 84

hier ganz besonders Sylke Hahn und Burk M. Kwasigroch₪ Dr. Jan Schlösser, Berlin ₪ Dr. Anna Grebe, Berlin ₪ Ursula Lucius, Berlin

₪ Bundesarchiv Berlin ₪ Landesarchiv Berlin₪ Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam

₪ Museum Charlottenburg-Wilmersdorf (Dr. Oliver Kersten)₪ Archiv der Stiftung Neue Synagoge Berlin -Centrum Judaicum (Barbara Welker)

₪ Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), Abt. I - Entschädigungsbehörde, Opfer des Nationalsozialismus, Berlin (Silvana Krautz)

₪ Auswärtiges Amt, Politisches Archiv, Berlin (Annegret Wilke)₪ International Tracing Service, Bad Arolsen (Elfi Rudolph).

France

₪ Les Archives de la Légion Etrangère, Aubagne₪ Les Archives de la Préfecture de police de Paris₪ Les Archives Nationales, Pierrefitte-sur-Seine

₪ Le Mémorial de la Shoah, Drancy₪ Les Archives Départementales de l’Ariège, Foix

₪ Les Archives Départementales de Lot-et-Garonne, Agen₪ Musée-Archives, Villeneuve-sur-Lot, France

₪ L’Union Nationale des Maisons Familiales Rurales, Paris, France₪ Claude Durand ₪ Hervé Morel ₪ Alexander Watson.

Great Britain

₪ The Wiener Library, London₪ The Association of Jewish Refugees (Michael Newman)₪ Knockaloe Internment Camp & Patrick Visitor Centre

₪ World Jewish Relief ₪ Jeanette R. Rosenberg.

USA

₪ The United States Holocaust Memorial Museum, Washington₪ Grace Graupe Pillard ₪ Daniel Graupe ₪ Dan Warschauer.