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Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen Hanno Peter, Klaus Maurer (Hrsg.) PRAXISWISSEN

Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

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Im Rahmen eines immer größeren Freizeitangebots werden heutzutage zu zahlreichen Gelegenheiten und zu jeder Jahreszeit Großveranstaltungen organisiert, deren Zuschauerzahlen von wenigen Hundert bis zu mehreren Hunderttausend variieren. In den letzten Jahren hat sich für Großveranstaltungen ein Vorsorgegedanke durchgesetzt, der neben der polizeilichen auch die nicht-polizeiliche Gefahrenabwehr durch Feuerwehr, Rettungsdienst und andere Sonderbehörden berücksichtigt. Große Menschenansammlungen können immer zur Gefahr für den einzelnen oder eine größere Zahl von Zuschauern werden. Aus diesem Grund bedarf es einer gezielten Vorsorgeplanung, die vorausschauend möglichst viele Einflussfaktoren berücksichtigt.

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Page 1: Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

ISBN-10 3-932750-94-2 ISBN-13 978-3-932750-94-6www.skverlag.de

Gefahrenabwehr bei

GroßveranstaltungenP

H. Peter, K. Maurer (Hrsg.)

Große Menschenansamm-lungen können immer zur Gefahr für die Zuschauer werden. Eine gezielte Vorsorgeplanung, die vorausschauend möglichst viele Einflussfaktoren berücksichtigt, ist daher notwendig.

Dieses Buch gibt eine standardisierte Hilfe zur Vorbereitung auf die Viel-falt der möglichen Anlässe. Das bewährte Autorenteam Hanno Peter und Klaus Maurer greift dabei auf vorhandene Konzepte in Kombination mit neuen Ideen zurück.

Großveranstaltungen werden heute im Rahmen eines wachsenden Freizeit-angebotes zu zahlreichen Gelegenheiten und zu jeder Jahreszeit organi-siert. Die Zuschauerzahlen können dabei von wenigen Hundert bis zu mehreren Hunderttausend reichen.

In den letzten Jahren hat sich für Großveranstaltun-gen ein Vorsorgegedanke durchgesetzt, der neben der polizeilichen auch die Gefahrenabwehr durch Feuerwehr, Rettungsdienst und andere Sonderbehör-den berücksichtigt.

Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

Hanno Peter, Klaus Maurer (Hrsg.)

H. Peter,

K. Maurer (H

rsg.)

Zur Sprache kommen die wichtigsten Aspekte der nicht-polizeilichen Ge-fahrenabwehr für Veran-staltungen mit größeren Menschenmengen.

Ziel dieses klar strukturier-ten Leitfadens ist es, die Planung einer Großveran-staltung zu erleichtern und allen Verantwortlichen eine Grundlage zu geben, um bestehende Konzeptionen zu überprüfen.

P R A X I S W I S S E NP R A X I S W I S S E N

Gefahrenabwehr_Umschlag.indd 1 26.03.2007 13:46:16 Uhr

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Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

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Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

Herausgeber: Klaus MaurerHanno Peter

Autoren: Stefan BrockmannChristoph BrodesserProf. Dr. med. Bernd DomresDieter FrankeUlrich GranitzkaDr. disc. pol. Jutta HelmerichsMichael KayDr. Andreas MangerKlaus MaurerHanno PeterJoachim SchmitzKlaus-Dieter TietzThorsten TrütgenRainer Wenke

Verlagsgesellschaft Stumpf + Kossendey · Edewecht · Wien · 2005

Page 4: Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet unter<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

ISBN-10 3-932750-94-2ISBN-13 978-3-932750-94-6

© Copyright by Verlagsgesellschaft Stumpf und Kossendey mbH, Edewecht, 2005Satz: AALEXX Das Buch Druck Haus, GroßburgwedelDruck: Druckhaus Köthen

gefahrenabwehr.indd 4 26.03.2007 15:16:04 Uhr

Page 5: Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

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InhaltKlaus Maurer 15Vorwort 11

Abkürzungsverzeichnis 13

1 Risikobewertung bei Großveranstaltungen 17

1.1 Einführung ........................................................................................................ 19

1.2 Rechtliche Grundlagen .................................................................................. 20

1.3 Gefahrenanalyse ............................................................................................. 23

1.3.1 Besucherzahl .................................................................................................... 24

1.3.2 Gefahrenneigung nach Art der Veranstaltung ........................................ 25

1.3.3 Beteiligung prominenter Persönlichkeiten mit Sicherheitsstufe ....... 26

1.3.4 Berücksichtigung polizeilicher Erkenntnisse ........................................... 26

1.3.5 Witterung ......................................................................................................... 26

1.3.6 Abschätzung des Gesamtrisikos ................................................................. 26

1.3.7 Beispiele ............................................................................................................ 27

1.4 Bemessung des Einsatzpotenzials in Abhängigkeit von der Gefahrenanalyse .............................................. 30

1.4.1 Helfer .................................................................................................................. 30

1.4.2 Krankentransportwagen und Rettungswagen ....................................... 31

1.4.3 Notärzte (ggf. mit Notarzteinsatzfahrzeug) ............................................ 32

1.4.4 Großraumkrankentransportwagen ............................................................ 32

1.4.5 Einsatzleitung .................................................................................................. 32

1.4.6 Unfallhilfsstelle (UHS) ................................................................................... 32

1.5 Auswertung ...................................................................................................... 33

1.6 Zusammenfassung ......................................................................................... 33

2 Rechtliche Rahmenbedingungen 35

2.1 Einleitung .......................................................................................................... 37

2.2 Überblick über angewendete Gesetze ...................................................... 38

2.3 Ablauf des Genehmigungsverfahrens ....................................................... 39

2.3.1 Allgemeiner Ablauf ......................................................................................... 39

2.3.2 Aufgabenübertragung durch die Ordnungsbehörde ............................ 40

2.3.3 Erlass der Genehmigung ............................................................................... 41

2.3.4 Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Genehmigung ......................... 42

2.4. Kontrolle der Aufl agen .................................................................................. 42

2.4.1 Kontrolle durch die Ordnungsbehörde ...................................................... 42

2.4.2 Kontrolle durch den Veranstalter ................................................................ 43

2.5 Vertrag mit den Hilfsorganisationen als Resultat aus der Genehmigung ............................................................ 43

2.6 Juristische Vorteile des Algorithmus ......................................................... 45

2.7 Beachtung örtlicher Besonderheiten ........................................................ 46

2.8 Haftung der Hilfsorganisationen ............................................................... 47

2.8.1 Vertragliche Haftung ..................................................................................... 47

2.8.2 Haftung aus unerlaubter Handlung (deliktische Haftung) ................. 48

Inhalt

Page 6: Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

6

2.8.3 Organisationsverschulden / Übernahmeverschulden .......................... 50

2.9 Schlussbemerkung ......................................................................................... 50

3 Operativ-taktische Führungsorganisation 51

3.1 Einführung ........................................................................................................ 53

3.2 Aufbau einer Einsatzleitung ......................................................................... 54

3.2.1 Der Einsatzleiter .............................................................................................. 54

3.2.2 Rückwärtige Führungseinrichtung ............................................................. 55

3.3 Sachgebiete ...................................................................................................... 59

3.3.1 Sachgebiet 1 ...................................................................................................... 59

3.3.2 Sachgebiet 2 ..................................................................................................... 60

3.3.3 Sachgebiet 3 ..................................................................................................... 60

3.3.4 Sachgebiet 4 ..................................................................................................... 61

3.3.5 Sachgebiet 5 ..................................................................................................... 61

3.3.6 Sachgebiet 6 ..................................................................................................... 62

3.4 Fachberater ....................................................................................................... 63

3.5 Einsatzabschnitte ............................................................................................ 64

3.6 Führungspersonal für die Einsatzabschnitte ........................................... 65

3.7 Ausstattung einer Einsatzabschnittsleitung ........................................... 66

3.8 Organisationsbeispiele ................................................................................. 68

3.9 Führungsorganisation bei Großveranstaltungen .................................. 70

4 Administrativ-organisatorische Führungsorganisation 71

4.1 Einleitung .......................................................................................................... 73

4.2 Begriffl ichkeiten ............................................................................................. 73

4.2.1 Gefahr ................................................................................................................. 73

4.2.2 Öffentliche Sicherheit .................................................................................... 73

4.2.3 Öffentliche Ordnung ...................................................................................... 74

4.2.4 Organisationsverschulden ............................................................................ 74

4.2.5 Verantwortungsvervielfachung im Organisationsverschulden ......... 75

4.3 Administrativ-organisatorische Komponente ....................................... 75

4.4 Zusammensetzung des Verwaltungsstabes (VwS) ................................ 76

4.4.1 Ständige Mitglieder (intern) ......................................................................... 77

4.4.2 Ereignisspezifi sche Mitglieder (intern) ...................................................... 78

4.4.3 Ständige Mitglieder (extern) ........................................................................ 79

4.4.4 Ereignisspezifi sche Mitglieder (extern) ..................................................... 79

4.5 Veranstaltungsarten ...................................................................................... 80

4.5.1 Gefahrenneigung der Veranstaltung ........................................................ 80

4.6 Aufgabenbeschreibung der Koordinierungsgruppe (KGS) .................. 82

4.7 Zusammenfassung ......................................................................................... 85

5 Aufgaben im Brandschutz und in der technischen Leitung 87

5.1 Einleitung .......................................................................................................... 89

5.2 Rechtliche Grundlagen .................................................................................. 89

5.2.1 Polizeigesetz / Ordnungsbehördengesetz ................................................ 90

Inhalt

Page 7: Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

7

5.2.2 Arbeitsschutzgesetz........................................................................................ 90

5.2.3 Versammlungsstättenverordnung ............................................................. 90

5.2.4 Straßenverkehrs-Ordnung ............................................................................ 91

5.2.5 Feuerwehrgesetz ............................................................................................. 91

5.2.6 Zusammenfassende Bewertung der Rechtsgrundlagen ...................... 91

5.3 Inhalt und Umfang der Einsatzplanung für den feuerwehrtechnischen Bereich ..................................................... 91

5.3.1 Planungsvoraussetzungen ........................................................................... 91

5.3.2 Aufstellung eines Einsatzplans ................................................................... 92

5.4 Brandschutz- und Hilfeleistungskonzepte .............................................. 92

5.4.1 Anfahrtswege ................................................................................................... 93

5.4.2 Zu- und Durchfahrten .................................................................................... 94

5.4.3 Löschwasserversorgung ................................................................................ 94

5.4.4 Flucht- und Rettungswege ........................................................................... 95

5.4.5 Kommunikationswege................................................................................... 95

5.4.6 Brandszenarien ................................................................................................ 96

5.4.7 Feuergefährliche Handlungen ..................................................................... 96

5.4.8 Zuschauerverhalten ....................................................................................... 97

5.5 Maßnahmen zur vorbeugenden Gefahrenabwehr ................................ 98

5.6 Zusammenfassung ......................................................................................... 99

6 Aufgaben des Rettungs- und Sanitätsdienstes 101

6.1 Einleitung ........................................................................................................ 103

6.2 Allgemeines .................................................................................................... 104

6.3 Qualifi kation von Einsatzleitern ................................................................ 105

6.4 Die Vorplanung .............................................................................................. 105

6.4.1 Arbeiten mit Checklisten ............................................................................. 105

6.4.2 Orientierung am Führungskreislauf ......................................................... 107

6.5 Absprachen mit dem Veranstalter / Abgabe eines Angebotes ......... 108

6.6 Vergütung des Einsatzes ............................................................................. 109

6.7 Organisation der Einsatzleitung / Führungsstruktur........................... 111

6.8 Einsatzdurchführung mit einem Einsatzbefehl / Einsatzauftrag ..... 111

6.9 Einsatzdurchführung ................................................................................... 113

6.9.1 Einsatzphasen ................................................................................................ 113

6.9.2 Einsatzkleidung ............................................................................................. 116

6.9.3 Material ........................................................................................................... 117

6.9.4 Fahrzeuge ........................................................................................................ 118

6.9.5 Verletztenbehandlung, Unfallhilfsstellen und Behandlungsplätze 118

6.9.6 Mobile Sanitäts- und Rettungsteams ..................................................... 120

6.9.7 Ausbildung – Qualifi zierung der Helfer und der Ärzte ........................ 121

6.9.8 Verhalten und Außenwirkung .................................................................. 121

6.9.9 Einsatzbesprechung / Einsatznachbesprechung .................................. 122

6.10 Schnittstelle Sanitätsdienst und Rettungsdienst ................................ 122

6.11 Sonstige Dienste ............................................................................................ 123

6.12 Zusammenarbeit mit Dritten ..................................................................... 124

Inhalt

Page 8: Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

8

6.12.1 Einsatz auswärtiger Kräfte ......................................................................... 124

6.12.2 Verbindungspersonal ................................................................................... 124

6.12.3 Krankenhäuser ............................................................................................... 124

6.13 Pressearbeit .................................................................................................... 125

6.14 Dokumentation des Einsatzes ................................................................... 125

6.15 Einsatznachbereitung .................................................................................. 126

6.16 Zusammenfassung ....................................................................................... 126

7 Aufgaben des Betreuungsdienstes 129

7.1 Betreuungsdienst bei Großveranstaltungen – »Ist so was denn nötig?« ......................................................................... 131

7.2 Was ist der Betreuungsdienst? .................................................................. 131

7.3 Möglichkeiten des Betreuungsdienstes bei Großveranstaltungen . 132

7.3.1 Soziale Betreuung ......................................................................................... 132

7.3.2 Verpfl egung .................................................................................................... 135

7.3.3 Unterkunft ...................................................................................................... 135

7.4 Einsatz des Betreuungsdienstes – ja oder nein? ................................... 136

7.4.1 Wann ist ein Betreuungsdienst angezeigt? ........................................... 136

7.5 Plädoyer für einen Betreuungsdienst bei Großveranstaltungen .... 137

8 Aufgaben der Polizei 139

8.1 Einführung ...................................................................................................... 141

8.2 Lagebild ........................................................................................................... 142

8.3 Taktische Ziele ............................................................................................... 143

8.4 Einsatzphasen ................................................................................................ 144

8.4.1 Phase 1 (Anfangs- oder auch Chaosphase) ............................................. 144

8.4.2 Phase 2 (Führungsphase) ............................................................................ 144

8.4.3 Phase 3 (Mitwirkungsphase) ...................................................................... 144

8.5 Zusammenarbeit mit anderen BOS und privaten Firmen .................. 147

8.6 Naht- und Schnittstellenprobleme .......................................................... 148

8.7 Originäre Aufgaben der Polizei ................................................................. 150

8.7.1 Aufklärung ...................................................................................................... 150

8.7.2 Unterstützung beim Retten und Bergen ................................................ 151

8.7.3 Warnung ......................................................................................................... 153

8.7.4 Räumung ......................................................................................................... 153

8.7.5 Probleme mit Veranstaltungsteilnehmern ........................................... 154

8.7.6 Personenauskunftstellen ............................................................................ 155

8.7.7 Einsatzabschnitt – Absperrung / Verkehrsmaßnahmen .................... 156

8.7.8 Beweissicherung ........................................................................................... 161

8.7.9 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ............................................................. 162

8.8 Psychische Belastungen .............................................................................. 162

8.9 Zusammenfassung ....................................................................................... 163

Inhalt

Page 9: Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

9

9 Psychosoziale Notfallversorgung bei Großveranstaltungen 165

9.1 Neue Strukturen in der Gefahrenabwehr ............................................... 167

9.2 Einsatzplanung PSU bei Großveranstaltungen ..................................... 169

9.2.1 Klärung der Angebots- und Alarmierungsstrukturen ......................... 170

9.2.2 Vor-Ort-Präsenz der PSU bei Großveranstaltungen ............................ 170

9.2.3 Vorbereitung von PSU beim MANV ......................................................... 173

9.2.4 Orientierung der Einsatzplanung an internationalen Leitlinien zur PSU ...................................................... 174

9.2.5 Differenzierung von Betroffenengruppen und Bedürfnissen ........... 175

9.2.6 Management von multiprofessionellen Versorgungsangeboten .... 176

9.2.7 Berücksichtigung von Feldkompetenz als zentrales Qualifi kationsmerkmal ....................................................... 177

9.2.8 Dokumentation und Evaluation zur Qualitätssicherung ................... 177

9.2.9 Strukturelle Einbindung der PSU ............................................................... 177

9.3 PSU-Funktionen in der Führungsorganisation der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr ............................................... 178

9.3.1 Fachberater PSU ............................................................................................ 178

9.3.2 Leiter Psychosoziale Unterstützung (LPSU) – Leiter des Unterabschnitts PSU (UAL PSU) .......................................... 178

9.3.3 Führungsassistent PSU (FüAss PSU) ......................................................... 178

9.3.4 Einsatzabschnittsleiter................................................................................. 178

9.3.5 Unterabschnittsleiter Notfallopfer und Angehörige ........................... 179

9.3.6 Unterabschnittsleiter Totenablage .......................................................... 179

9.3.7 Unterabschnittsleiter Einsatznachsorge ................................................. 179

9.3.8 Unterabschnittsleiter Hotline .................................................................... 179

9.4 Koordinierungsstelle für langfristige Nachsorge ................................. 180

9.4.1 Leiter Koordinierungsstelle ......................................................................... 180

9.4.2 Fachkräfte Koordinierungsstelle ............................................................... 180

9.5 Vorbereitung der Ausstattung .................................................................. 180

9.5.1 Bedarfsplanung ............................................................................................. 180

9.5.2 Erstellen einer regionalen und überregionalen Ressourcenübersicht ..183

9.6 Qualifi kation .................................................................................................. 184

9.7 Zusammenfassung ....................................................................................... 184

10 Terroristische Gefahren 187

10.1 Einführung ...................................................................................................... 189

10.2 Anschläge unter Beteiligung nuklearen Materials .............................. 190

10.2.1 Die Zeit bis zum 11. September 2001 ........................................................ 190

10.2.2 Der Wandel nach dem 11. September 2001 ............................................ 191

10.2.3 Mögliche Einsatzszenarien ......................................................................... 193

10.2.4 Einsatzstrategien .......................................................................................... 196

10.2.5 Erstmaßnahmen nach einem Strahlenunfall ........................................ 199

10.2.6 Zusammenfassung ....................................................................................... 202

10.3 Chemische Gefahrenlagen ......................................................................... 203

10.3.1 Einleitung ........................................................................................................ 203

Inhalt

Page 10: Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

10

10.3.2 Risikoanalyse und Risikobewertung ......................................................... 203

10.3.3 Gefahrenabwehr bei Zwischenfällen mit chemischen Gefahrstoffen . 204

10.4 Infektionsschutz und biologische Gefahrenabwehr ............................ 217

10.4.1 Einleitung ........................................................................................................ 217

10.4.2 Risikoanalyse und Risikobewertung ........................................................ 218

10.4.3 Präventionsmaßnahmen ............................................................................ 223

10.4.4 Infektionen bei Großveranstaltungen ..................................................... 224

10.4.5 Außergewöhnliche Infektionslagen und Bioterrorismus ................... 225

10.4.6 Meldewesen und Surveillance von Erkrankungen ............................... 226

10.4.7 Diagnostik ....................................................................................................... 229

10.4.8 Persönliche Schutzausrüstung .................................................................. 229

10.4.9 Ausbildung ...................................................................................................... 230

10.4.10 Schutz vor aerogener Ausbringung von Substanzen ........................... 230

Anhang 233

Anhang 1 ........................................................................................................................ 235

Anhang 2 ....................................................................................................................... 246

Literatur ......................................................................................................................... 253

Herausgeber und Autoren ........................................................................................ 259

Inhalt

Page 11: Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

11

Vorwort

Großveranstaltungen aller Art fi nden heute zu jeder Gelegenheit und zu jeder Jah-reszeit an vielen Orten in Deutschland statt. Ob Straßenfest, Jahrmarkt, Großkir-mes, Fußballspiel oder Silvesterfeier, die Liste ließe sich beliebig für fast jeden Tag des Jahres fortsetzen. Dabei reichen die Zuschauerzahlen von wenigen Hundert bis zu Hunderttausenden. In Deutschland steht im Jahr 2005 der Weltjugendtag und 2006 die Fußball-Weltmeisterschaft bevor. Dies sind nur zwei »Highlights«, andere Veranstaltungen werden in der Zwischenzeit stattfi nden. Während man früher eher unstrukturiert an die nicht-polizeiliche Gefahrenabwehr bei Großver-anstaltungen heranging, hat sich für derartige Ereignisse inzwischen mehr und mehr ein Vorsorgegedanke durchgesetzt, der neben der polizeilichen Gefahren-abwehr auch die nicht-polizeiliche durch Feuerwehr, Rettungsdienst und andere Gefahrenabwehrbehörden berücksichtigt. Dabei liegt vor der Durchführung der Veranstaltung die Planung. Fehler in der Planung sind bei der Durchführung nur noch schwer, wenn überhaupt, zu heilen. Die rechtlichen Aspekte müssen ebenso bedacht werden wie die technisch-taktischen. Große Menschenansammlungen können in Kombination mit anderen Faktoren zur Gefahr für den Einzelnen oder eine größere Zahl von Zuschauern werden. Deshalb bedarf es einer gezielten Vorsorgeplanung, die vorausschauend möglichst viele Einfl ussfaktoren berück-sichtigt. Der Faktor »Terror« darf an dieser Stelle nicht unberücksichtigt bleiben, zumal eine latente Bedrohung nicht von der Hand zu weisen ist.

Neben vielen anderen Aspekten soll in diesem Buch der psycho-sozialen Nach-sorge besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Es wird der Versuch unter-nommen, ähnlich wie beim Rettungs- und Sanitätsdienst Aussagen darüber zu gewinnen, wie viele Fachkräfte für diesen Bereich bei einer Großveranstaltung zur Verfügung stehen müssen. Ferner sind wir der Ansicht, dass die Frauen und Männer der psycho-sozialen Nachsorge reguläre Einsatzkräfte sind, die der Ein-satzleitung unterstehen. Wir teilen nicht die Meinung, dass psycho-soziale Not-fallvorsorge in einem gesonderten Sachgebiet vertreten sein muss; sie wird wie alle anderen Bereiche auch durch einen Fachberater oder eine Fachberaterin in der Einsatzleitung vertreten. Den Einsatz der psycho-sozialen Nachsorge steuert die Einsatzleitung ebenso wie die der anderen Fachdienste und Einsatzkräfte.

Zahl, Art, Umfang und Vielfalt der möglichen Anlässe von Großveranstaltun-gen sind unüberschaubar. Deshalb wollen wir durch »Standardverfahren« Hilfe-stellung geben. Die rechtlichen Aspekte werden ebenso beleuchtet wie die ope-rativ-taktischen und administrativ-organisatorischen. Feuerwehr, Rettungs- und Sanitätsdienst kommen ebenso zu Wort wie Betreuung und die bereits erwähnte psycho-soziale Nachsorge. Ein besonderes Kapitel ist der Polizei gewidmet, die einen eigenen Auftrag hat, aber auch Partner der anderen ist. Obwohl es zurzeit in Deutschland keine akuten Anzeichen für Terroranschläge gibt, haben wir uns entschlossen, aus dem atomaren, biologischen und chemischen Bereich Fachbei-träge aufzunehmen, damit das Wissen um diese Zusammenhänge präsent ist. Zum Schluss fügen wir zwei allgemeine Beispiele an, anhand derer aufgezeigt

Vorwort

Page 12: Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

12

wird, wie ein Einsatzbefehl für eine Großveranstaltung aussehen könnte. Sie beruhen auf stattgefundenen Veranstaltungen, wir haben sie aber so »neutrali-siert«, dass man allgemeine Hinweise daraus gewinnen kann.

Die Herausgeber danken allen Autoren, die ihr Wissen eingebracht haben. Ohne ihre Mithilfe wäre dieses Buch nicht entstanden. Dem Leser wünschen wir viel praktischen Gewinn aus der Lektüre, für Anregungen und Hinweise sind wir immer dankbar.

Klaus Maurer Hanno Peter

Karlsruhe und Grafschaft im Juni 2005

Vorwort

Page 13: Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

19

1.1 Einführung

Eine besondere Herausforderung für alle im Rettungsdienst Tätigen ist die Betreuung von Großveranstaltungen. Während beim alltäglichen Einsatz des Rettungsdienstes die Individualmedizin im Vordergrund steht, bergen Groß-veranstaltungen eine Reihe von Risiken, die eine Vielzahl Verletzter bis hin zum Massenanfall möglich, ja sogar wahrscheinlich machen.

Nicht zuletzt unter dem Eindruck der dramatischen Folgen einer ganzen Rei-he von Schadensfällen in der jüngeren Vergangenheit wird der umfassenden Vorbereitung der rettungsdienstlichen Betreuung seitens der Veranstalter, der Ordnungs- sowie der Sicherheitsbehörden heute besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die Ereignisse zeigen, dass eine Vielzahl von Szenarien je nach Art und Ort der Veranstaltung, aber auch allein durch die große Ansammlung von Besuchern denkbar sind.

Erwähnt sei zunächst der Absturz dreier Flugzeuge während einer Kunstfl ug-vorführung anlässlich des Flugtages in Ramstein am 28.8.1988. Durch her-abfallende Trümmer und brennenden Treibstoff starben 70 Menschen, und über 500 wurden zum Teil schwer verletzt. Gerade bei diesem Unfall zeigten sich Mängel sowohl in der Vorplanung und der gegenseitigen Abstimmung im Vorfeld der Veranstaltung als auch im koordinierten Handeln bei der Be-wältigung des Schadensereignisses. Nicht nur Veranstaltungen mit besonders großem Gefahrenpotenzial haben zu gravierenden Schäden geführt. So hat es allein durch die Ansammlung vieler Besucher eine ganze Reihe von Unglücken in Stadien anlässlich von Fußballspielen gegeben. Unvergessen sind die Bilder aus dem Brüsseler Heysel-Stadion (29.5.1985), wo es durch den Ausbruch einer Massenpanik aufgrund der Gewaltaktionen rivalisierender Hooligans zu 39 Toten und 400 Verletzten kam. In Sheffi eld führte eine in das bereits überfüllte Hillsborough-Stadion drängende Menge zu 95 Toten und 200 Verletzten. Als letztes Beispiel verdeutlicht der Brand der Haupttribüne des Fußballstadions in Bradford mit 52 Toten und 60 schwer Verletzten, dass die Phantasie kaum ausreicht, um die volle Dimension möglicher Szenarien zu erfassen.Auch scheinbar harmlose Veranstaltungen bergen erhebliche Risiken. Nach Abschluss einer Snowboard-Veranstaltung im Auslauf der Innsbrucker Bergi-sel-Schanze kam es im Dezember 1999 zu einem Massensturz der abziehen-den Zuschauer. Hierbei fanden fünf Menschen den Tod, 38 wurden verletzt. Allein den Versuch, sich vor einem herannahenden Unwetter in einer Un-terführung in Sicherheit zu bringen, bezahlten in Kiew zahlreiche Menschen mit dem Leben, viele wurden verletzt.Als letztes mahnendes Beispiel mit haftungsrechtlichen Konsequenzen für die Verantwortlichen sei an ein Unglück in einem Wald in der Nähe von Strasbourg im Jahr 2001 erinnert. Dort fi el ein Baum auf ein Zelt, in dem Konzertbesucher während eines Unwetters Zufl ucht gesucht hatten. 11 Tote waren zu beklagen. Die Verantwortlichen der Präfektur – vergleichbar mit der

1 Risikobewertung bei Großveranstaltungen 1.1 Einführung

Page 14: Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

20

zuständigen Ordnungsbehörde – wurden zur Verantwortung gezogen, da sie die Veranstaltung nicht, wie zahlreiche andere Veranstaltungen in Frank-reich an diesem Tag, abgesagt hatten und auch keine ausreichende Vorsorge für die später notwendigen Rettungsmaßnahmen getroffen hatten.

Die Berücksichtigung der aktuellen Wetterentwicklung gehört spätestens seit diesem Tag zur Vorbereitung einer Großveranstaltung. Ein rechtzeitiger Abbruch auf Basis meteorologischer Erkenntnisse liegt im Verantwortungs-bereich der Veranstalter und der Ordnungsbehörden.Die Güte einer Vorplanung und Einsatzabwicklung wird jedoch im Schadens-fall an der Bewältigung derartiger Ereignisse gemessen. Dies sollte Anlass genug sein, diesem Bereich rettungsdienstlicher Aufgabenwahrnehmung besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Die im konkreten Einsatzfall durch-zuführende Risikobewertung nimmt eine Schlüsselfunktion ein. Daraus ergibt sich die Bemessung der einzusetzenden Einsatzkräfte sowie der erfor-derlichen Ausstattung und Ausrüstung.

1.2 Rechtliche Grundlagen

Die vorbeugende Bereitstellung von Kräften zur Gefahrenabwehr wird als Sicher-heitswachdienst (SWD) bezeichnet. Für den Bereich der Brandsicherheitswachen fi nden sich Bestimmungen in verschiedenen Rechtsnormen. Grundlagen sind hier sowohl die Feuerwehrgesetze der Länder als auch die dem Baurecht zuzuord-nende Versammlungsstättenverordnung. Sollte letztere in einigen Bundeslän-dern nicht eingeführt sein, greift die Muster-Versammlungsstättenverordnung als »Stand der Technik«. Hier werden Vorgaben gemacht, wann und von wem eine Brandsicherheitswache zu stellen ist und welche Aufgaben diese hat. Eine Brandsicherheitswache kommt regelmäßig in Betracht, wenn bei Veranstaltun-gen eine erhöhte Brandgefahr (höheres Risiko durch gefahrengeneigte Aktionen) besteht und wenn im Falle eines Brandes eine große Anzahl von Personen gefähr-det würde. Dabei ist geregelt, welche Kompetenzen und Befugnisse der Führer dieser Sicherheitswache gegenüber dem Veranstalter hat. Derartige Vorgaben gibt es für rettungsdienstliche Vorsorgemaßnahmen bei derartigen Veranstal-tungen nicht. Auch in den Rettungsdienstgesetzen fi nden sich keine konkreten Hinweise, wann rettungsdienstliche Vorsorgemaßnahmen bei Veranstaltungen zu treffen sind. Dennoch ergeben sich aus einzelnen Rechtsnormen des Bundes und der Länder ausreichende Grundlagen für die Anordnung von weitreichenden Vorsorgemaßnahmen. Die hier zu betrachtenden Rechtsnormen gliedern sich in zwei Gruppen.

Die erste Gruppe beinhaltet Gesetze und Verordnungen, die die Genehmigung oder Durchführung der Veranstaltung betreffen. Zu dieser Gruppe gehören zu-nächst verschiedene Spezialgesetze, wie das Versammlungsgesetz, die Versamm-lungsstättenverordnung, die Straßenverkehrs-Ordnung, die Gewerbeordnung, das Luftverkehrsgesetz (für Flugveranstaltungen) sowie einige Bauordnungen

1 Risikobewertung bei Großveranstaltungen 1.2 Rechtliche Grundlagen

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der Länder. Lassen sich einzelne Veranstaltungen nicht diesen Bereichen zuord-nen, ergeben sich aus der Generalzuständigkeit der Ordnungsbehörden immer dann Einfl ussmöglichkeiten aufgrund des Ordnungsbehördengesetzes, wenn abzusehen ist, dass »Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung« bestehen (§ 14 Ordnungsbehördengesetz, NRW). Dies macht deutlich, dass die Ordnungsbehörde letztlich die rechtliche Kompetenz, aber auch die Pfl icht hat, Anordnungen zu treffen und diese vor allem auch durchzusetzen. Anforderun-gen Dritter, insbesondere der Hilfsorganisationen, haben ausschließlich emp-fehlenden und beratenden Charakter und erlangen erst durch die Aufnahme in eine ordnungsbehördliche Verfügung eine Verbindlichkeit für den Veranstalter. Dementsprechend sollten diese Organisationen ihre Empfehlungen der letztlich zuständigen Ordnungsbehörde mitteilen. Hieraus können sich unter Umständen haftungsrechtliche Konsequenzen ergeben. Ein enger Kontakt mit der zuständi-gen Ordnungsbehörde ist für die Hilfsorganisationen, die den SWD stellen, als Leistungserbringer gerade auch dann von Vorteil, wenn es z.B. aus Kostengrün-den zu unterschiedlichen Auffassungen mit dem Veranstalter über die notwen-dige Stärke des Sicherheitswachdienstes kommt. Eine in Abstimmung zwischen Leistungserbringer und Ordnungsbehörde durch Anordnung festgelegte Stärke des Sicherheitswachdienstes ist nur noch zwischen Ordnungsbehörde und Ver-anstalter diskussionsfähig. Als sehr hilfreich hat sich die Einbindung der Leiten-den Notärzte (LNA) bei der Begutachtung von Veranstaltungen erwiesen.

Die zweite Gruppe von Rechtsnormen defi niert die Anforderungen an die Leis-tungserbringer und beschreibt deren Qualifi kation. Hier sind in erster Linie die Rettungsdienstgesetze zu nennen. Hierin sowie in den dazu ergangenen Erlassen sind die Zuständigkeiten des Rettungsdienstes, die Qualitätsanforderungen und die Besonderheiten bei der Betreuung von Großveranstaltungen geregelt. So fällt beispielsweise der »Sanitätsdienst der Hilfsorganisationen« nicht unter das nordrhein-westfälische Rettungsgesetz. In einem dazu ergangenen Erlass (RdErl. d. Ministeriums für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie v. 12.2.2004) wird defi niert, dass darunter Maßnahmen der allgemeinen Betreuung, der Ersten Hilfe sowie lebensrettende Sofortmaßnahmen zu verstehen sind. Krankentransportbe-dürftige Patienten und Notfallpatienten sind dem Rettungsdienst zu übergeben. Der Erlass regt sinnvollerweise auch an, dass die Rettungsdienstträger die mit der sanitätsdienstlichen Betreuung beauftragte Hilfsorganisation im Sinne einer homogenen Lösung ebenfalls mit der rettungsdienstlichen Absicherung dieser Veranstaltung betrauen sollten. Das Entscheidende an dieser auf den ersten Blick kompliziert erscheinenden Regelung ist die konsequente Festschreibung ret-tungsdienstlicher Standards auch für Großveranstaltungen für den Fall, dass ein Betroffener transportbedürftig oder zum Notfallpatienten wird. Dies hat unmit-telbare Auswirkungen auf die personelle und sächliche Ausstattung sowie auf die Einsatzplanung und lässt sich als mustergültig auf die anderen Bundesländer übertragen.

Neben den zahlreichen Gesetzen und Verordnungen gibt es noch selbstbinden-de Festlegungen auf Seiten der Veranstalter (z.B. Motor- und Pferderennsport). Hier machen beispielsweise die Dachverbände des Sports bei Rennveranstaltun-

1 Risikobewertung bei Großveranstaltungen 1.2 Rechtliche Grundlagen

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4.2.3 Öffentliche Ordnung

Die öffentliche Ordnung garantiert den Schutz aller Normen (Handlungen, Un-terlassungen und Zustände betreffend), deren Befolgung über die Grenzen des geltenden bürgerlichen Rechts, Strafrechts oder sonstigen öffentlichen Rechts hinaus (nach der herrschenden allgemeinen Auffassung) unerlässliche Voraus-setzung gedeihlichen menschlichen Zusammenlebens sind (OVG Münster, OVGE 11, 250). Anhand der Defi nition der Begriffe wird deutlich, dass sich die Aufgaben von administrativ-organisatorischen Stäben (das sind die Verwaltungsstäbe) in der überwiegenden Zahl der Fälle aus den Ordnungs(behörden)gesetzen der je-weiligen Länder ableiten.

Die Verantwortung der Veranstalter und/oder der zuständigen Behörde wird durch die Betrachtung des Begriffs des Organisationsverschuldens deutlich.

4.2.4 Organisationsverschulden

Im Allgemeinen wird »schuldhaftes Verhalten« in drei Formen unterteilt. Die nachfolgende Darstellung soll helfen, dies zu verdeutlichen:

Abb. 4.1 Organisationsverschulden

Wichtige zu beachtende Regeln helfen, einem Organisationsverschulden vorzu-beugen. Hierzu zählen unter anderem:

sorgfältige Erfassung aller Behörden-/Unternehmenspfl ichten, lückenlose und widerspruchsfreie Aufgabenverteilung, keine Zuständigkeitslücken, keine Kompetenzüberschneidung, Delegation an sorgfältig ausgewählte Mitarbeiter, regelmäßige Kontrolle der jeweils nachgeordneten Hierarchieebene.

Zur zivil- und strafrechtlichen Verantwortung gehört die persönliche Haftung von Führungskräften:

Zivilrecht: Schadensersatz/Arbeitnehmerregress; Verschuldenshaftung und Gefährdungshaftung,

4 Führungsorganisation 4.2 Begriffl ichkeiten

schuldhaftes Verhalten

Anweisungsverschulden ÜberwachungsverschuldenSelektionsverschulden

fehlende oder lückenhafte Betriebsanweisungen

fehlende oder vereinfachte Kontrolle

Delegation der Verantwortung an

ungeeignete Mitarbeiter

Bezug: BGB § 831 Abs. 1 Satz 2; und örtl. Gefahrenabwehrgesetze

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Strafrecht: strafrechtliche Haftung (StGB); Erfüllung eines Straftatbestan-des durch aktives Handeln oder pfl ichtwidriges Unterlassen (vorsätzlich/fahrlässig).

4.2.5 Verantwortungsvervielfachung im Organisationsverschulden

Für einen Unrechtserfolg können durchaus mehrere Personen strafrechtlich ver-antwortlich sein und zwar gemeinsam als Mittäter oder unabhängig voneinan-der als Nebentäter.

4.3 Administrativ-organisatorische Komponente

Die Beleuchtung der Kernbegriffe macht deutlich, dass die Bildung von Stäben auf der administrativ-organisatorischen Ebene nicht nach Belieben angeordnet werden kann; bei der Planung oder dem Eintritt von Ereignissen, die eine große Anzahl von Menschen oder Sachgütern betreffen und bei denen es Regelungen bedarf, die nur von öffentlichen Stellen getroffen werden können, sind sie mitt-lerweile ein unabdingbares »Muss«. Dies trifft insbesondere auf Großveranstal-tungen zu, die immer mit einer intensiven Planung einhergehen und bei denen die Gefahrenpotenziale absehbar oder bekannt sind.

Ein Merkmal von Großveranstaltungen ist, dass die Verwaltung präventiv tätig werden muss und nicht bis zum Eintritt eines Schadenereignisses warten darf. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Vorbereitungen im administ-rativ-organisatorischen Bereich oder – um den neuen Fachterminus zu nutzen, – im Verwaltungsstab (VwS) parallel mit den Vorbereitungen beginnen müssen. Die Verwaltungsstäbe müssen hierbei die Erfahrungen des operativ-taktischen Bereichs in die präventiven Entscheidungen einbeziehen und mit den taktischen Stäben (Einsatzleitung oder Führungsstab) zusammenarbeiten. Dies gilt insbe-sondere für Stäbe (z.B. in einigen Ländern der Polizei), die dem Hauptverwal-tungsbeamten nicht unmittelbar unterstehen, die aber im Ablaufgeschehen eine herausragende Stellung besitzen. Im Allgemeinen sind dies die Einsatzleitung der Feuerwehr und des Rettungsdienstes sowie die der Polizei. Es können aber auch weitere Stäbe involviert sein. Insbesondere sind die der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes (BGS) zu erwähnen. Gerade in der Mitarbeit unterschiedli-cher Stäbe liegt aber die Chance, eine gute Vorplanung mit allen Eventualitäten gemeinsam zu erstellen und Handlungsweisen im »Eintrittsfall« zu besprechen. Je nach Art der Veranstaltung liegen einzelnen Einsatzleitungen oder Stäben spe-zielle Kenntnisse und Erfahrungen vor, die in die Entscheidungsprozesse einbezo-gen werden müssen, um nicht kontraproduktiv zu arbeiten. Alleine die jahrelan-ge Erfahrung der Polizei bei Fußballveranstaltungen mit all ihren Besonderheiten an Normabläufen und deren Störung, ist nicht durch eine einfache Besprechung eines einmalig betroffenen Verwaltungsstabes zu ersetzen. Wird diese Erkennt-nis ignoriert, so fi ndet man sich sofort auf dem unsicheren Pfad des Organisa-tionsverschuldens wieder, aus dem im Zweifelsfall Geschädigte auch Rechtsan-sprüche ableiten werden. Bewusst sollen an dieser Stelle aber nicht der rechtliche

4 Führungsorganisation 4.3 Administrativ-organisatorische Komponente

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Die Präsenz von Sanitäts- und Rettungsdienstpersonal bei Veranstaltungen und die Einbindung ärztlicher Unterstützung ist eine wesentliche Voraussetzung zur Verminderung von Patienteneinweisungen in Krankenhäuser. Damit steht die gute Planung von (Groß-)Veranstaltungen also auch im Interesse der Öffent-lichkeit, denn durch die Vermeidung überfl üssiger Patiententransporte können Kosten im Gesundheitswesen gesenkt und lokale klinische Einrichtungen ent-lastet werden. Gerade die Entlastung von lokalen medizinischen Einrichtungen und die des örtlichen öffentlichen Rettungsdienstes sind entscheidende Faktoren besonders im ländlichen Raum für die Sicherstellung der »normalen« medizini-schen Behandlung der Bevölkerung.

Fakt ist aber auch, dass die Krankenhausaufenthaltszeiten von Patienten, die schnell und kompetent sanitäts- oder rettungsdienstlich behandelt worden sind, wesentlich gesenkt werden.

6.2 Allgemeines

Bei Großveranstaltungen werden dem Veranstalter in der Regel von den zustän-digen Behörden (meist dem örtlichen Ordnungsamt) Aufl agen dahingehend gemacht, in welcher Art und Weise der Sanitätsdienst durchgeführt werden soll. Oftmals lassen sich die Ordnungsämter von den örtlichen Feuerwehren bei der Berechnung ihrer Vorgaben unterstützen, da diese sich mit den speziellen Möglichkeiten der Hilfsorganisationen als Anbieter von Sanitätsdiensten besser auskennen. Diese Bestimmungen dienen dem Erhalt der öffentlichen Sicherheit und betreffen vorbeugende Maßnahmen. Die von den Behörden geforderte Ein-satzstärke (z. B. Zahl der Sanitäter, Art und Anzahl der Rettungsmittel) hängt von der Größe der Veranstaltung und ihrem Gefahrenpotenzial ab. Es versteht sich von selbst, dass die Bewertung eines Rockkonzertes in einem Stadion andere Gefahren in sich birgt als ein mehrtägiges internationales Sammlertreffen auf einem großen Platz in einer Stadt. Gerade bei kleineren Veranstaltungen ist es aber oft der Fall, dass man als Einsatzleiter den Einsatz von Anfang bis Ende selbst organisieren, die Gefährdungslage selbst einschätzen und entsprechende Maß-nahmen treffen muss.

Bezogen auf den Sanitätsdienst sei eines schon im Vorfeld deutlich gesagt: »Wer es nicht kann, muss es lassen!« Die für die Besucher einer Veranstaltung mensch-lichen und gesundheitlichen Folgen auf der einen Seite und die juristischen Konsequenzen eines misslungenen Einsatzes für den Einsatzleiter andererseits sind zu groß, als dass man leichtfertig mit der Planung eines Einsatzes umgehen darf. Es gilt immer zu bedenken, dass die sanitätsdienstlichen Basisaufgaben bei der Veranstaltung sichergestellt werden sollen. Die Besucher einer Veranstaltung vertrauen darauf!

Der Imageschaden für die ausführende Organisation und juristische Konse-quenzen, wie beispielsweise Schadensersatz durch den Vorwurf eines Übernah-me- oder Organisationsverschuldens, sind nicht zu unterschätzen. Wer die Ver-antwortung übernimmt, einen Einsatz zu planen und ihn durchzuführen, muss sich sicher sein, dass er diese Aufgabe auch sicher bewältigen kann.

6 Aufgaben des Rettungs- und Sanitätsdienstes 6.2 Allgemeines

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Es ist nicht ehrenrührig, wenn man im Rahmen der Planung feststellt, dass dieser Einsatz »eine Nummer zu groß« ist und erfahrene Kollegen um Rat fragt. Peinlich ist es, wenn man weiß, dass ein Einsatz schlecht vorbereitet ist und man während seines Verlaufes eingestehen muss, dass man mit den geplanten Res-sourcen nicht auskommt, weil man die Lage nicht einschätzen konnte und Dinge nicht bedacht hat, die eigentlich auf der Hand lagen.

6.3 Qualifikation von Einsatzleitern

»Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen« – diese Binsenweisheit gilt auch für Einsatzleiter von Großveranstaltungen. Leider überschätzen viele Einsatzlei-ter die Anforderungen, die vor, während und nach einem Einsatz an sie gestellt werden. Genauso wie eine gute Einsatzplanung so ausgerichtet sein muss, dass durch sie die Strukturen sowohl für den Ablauf eines einfachen Unfallgeschehens als auch für einen Massenanfall von Verletzten gegeben sind, muss auch der Ein-satzleiter in der Lage sein, nicht nur den Normalfall bewältigen zu können. Eine sichere Variante ist daher, die Einsatzplanung und Einsatzdurchführung durch entsprechende Lehrgänge zu erlernen. Entsprechende Lehrgänge für den ope-rativ-taktischen Bereich werden an vielen Schulen der Hilfsorganisationen, der Feuerwehren der Länder und vom Bund angeboten. Die Führungsausbildungen des Katastrophenschutzes (beispielsweise Gruppen- und Zugführerlehrgänge) sind dazu ebenfalls ein nützliches Instrument. Darüber hinaus ist es sinnvoll, in die Planung und Durchführung solcher Einsätze hineinzuwachsen, d.h. erst selbst Mitarbeiter in einem Team zu sein, um dann später – auf diese Erfahrung aufbauend – selbst ein solches Team zu führen. Eine gute Variante ist auch das so genannte Coaching. Das bedeutet, man ist – nachdem man einige Erfahrung als Mitarbeiter in einer Einsatzleitung gewinnen konnte – selbst der Verantwortli-che, hat aber im Hintergrund einen erfahrenen Ratgeber.

6.4 Die Vorplanung

6.4.1 Arbeiten mit Checklisten

Nur ein systematisches Vorgehen bei der Organisation von Einsätzen führt dazu, dass an alle Möglichkeiten des Verlaufs einer Veranstaltung gedacht wird.

Für alle Phasen der Einsatzplanung ist es aus diesem Grunde sinnvoll, Check-listen zu benutzen (vgl. Hersche 2001; Nowotny 1999). Diese Checklisten können einfach selbst erstellt werden. Sofern man einen Einsatz (egal welcher Größe) zum ersten Mal plant, sollte man zunächst ein Brainstorming machen und alle re-levanten Ideen sammeln. Diese sollten dann geordnet werden und auf Gruppen, wie sie im Einsatzplan verzeichnet werden, verteilt werden. Am besten geht man dabei chronologisch vor. Man sollte sich fragen, was man wann und wie organi-sieren muss. Grundvoraussetzung jeder Einsatzplanung ist also die Sammlung, Aufbereitung und Bewertung von Informationen (vgl. Pichler/Lutz 2002).

6 Aufgaben des Rettungs- und Sanitätsdienstes 6.3 Qualifi kation

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Dies betrifft insbesondere:

Programmablauf und Zeitplan der Veranstaltung, Information über besondere Sicherheitsstandards, Gefährdungseinschätzung – allgemein und auf die Veranstaltung bezogen, Informationen über die Örtlichkeit – insbesondere hinsichtlich Gefahren-

stellen und Behandlungsmöglichkeiten, erwartete Besucherzahl.

Es ist sinnvoll, möglichst früh mit der Planung zu beginnen und so genannte »Deadlines« für bestimmte Aufgaben zu setzen, damit man nicht zum Ende der Planungszeit in Schwierigkeiten gerät.

Wer oft Einsätze zu planen hat, sollte sich einen Ordner zur Einsatzplanung anlegen. Hier sollten aus der Erfahrung vorheriger Einsätze alle relevanten In-formationen gesammelt werden, die für die Vorbereitung der nächsten Einsätze sinnvoll und hilfreich sein können, denn oftmals ähneln sich die Vorbereitungs-maßnahmen. In einigen Bundesländern gibt es auch Richtlinien als Arbeitshilfen bzw. Vorgaben der zuständigen Ministerien, wie zum Beispiel die im Jahr 2000 erarbeitete Richtlinie »Einsatzplanung für den Sanitätsdienst bei Großveranstal-tungen, Grundsätze der Risikoanalyse bzw. Gefahrenprognose des hessischen So-zialministeriums« (Lüttgen/Mendel 2001 und die ergänzende Liste in Drucksache 15/2271 des Hess. Landestag v. 8. Mai 2001). Weiterhin gibt es Richtlinien anderer Gremien (z.B. Planungsgrundlagen zur Dimensionierung des Sanitätsdienstes der Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehren in Nordrhein-Westfalen vom 27. April 1999); darüber hinaus entsprechende Vorgaben zu vorzuhaltendem Personal, Fahrzeugen und Material, deren Einhaltung anhand bereits vorgefer-tigter Checklisten überprüft werden kann (so auch für Rheinland-Pfalz, Landtag Baden-Württemberg, Drucksache 13/1109). Der Ordner zur Einsatzplanung sollte nach jedem Einsatz aktualisiert werden, und bessere Übersichten, Checklisten etc. sollten schlechtere ersetzen. Dies ist ein Teil der Einsatznachbereitung (vgl. Kapi-tel 6.15) Dann sollte daraus eine Art »To-Do Liste« (vgl. Abb. 6.1 als Beispiel) erstellt werden. Diese Liste erfüllt mehrere Ansprüche. Man muss bedenken, dass die Einsatzvorbereitung eine Vielzahl von kleineren und größeren Arbeiten in sich birgt. Es wird schwer sein, an alles zu denken und nichts zu vergessen. Etwas zu vergessen, könnte aber schnell dazu führen, dass der Einsatz nicht wie gewünscht läuft, was gravierende Folgen haben kann.

Große Einsätze kann niemand alleine vorbereiten. Es ist daher hilfreich, ein Team um den Einsatzleiter zu bilden, das den Einsatz vorbereitet. Der Einsatzlei-ter hat dabei in der Regel eine Kontrollfunktion hinsichtlich der verteilten Aufga-ben. Er muss nachvollziehen können, welche Aufgabe an wen übertragen wurde und ob diese Aufgaben bis zum vereinbarten Zeitpunkt erledigt worden sind.

Diese Listen sollten so gestaltet sein, dass sie Freiräume haben, damit weite-re Informationen eingetragen werden können, ohne dass die Übersichtlichkeit darunter leidet. Oberste Priorität muss dabei sein, dass derjenige, der den Einsatz plant, jederzeit die Übersicht über den Planungsstand behält und keine Informa-tionen verloren gehen.

6 Aufgaben des Rettungs- und Sanitätsdienstes 6.4 Vorplanung

Page 21: Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

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Aufgabe/Auftrag Wer? bis wann? erledigt?

Abb. 6.1 »To-Do-Liste«

6.4.2 Orientierung am Führungskreislauf

Letztendlich ist zu erkennen, dass die Phase der Einsatzvorbereitung mit der Einsatzphase vieles gemeinsam hat. Im Prinzip gelten auch hier die allgemeinen Grundsätze der Einsatzführung, die mit dem Führungskreislauf beschrieben wer-den können. Die Inhalte der einzelnen Segmente sind im Prinzip völlig identisch mit denen der Einsatzführung.

Abb. 6.2 Führungskreislauf (nach: Ständige Konferenz für Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz)

Dabei müssen jedoch zwei Ziele der sanitätsdienstlichen Aufgaben stets vor Au-gen gehalten werden:

Die Behandlung bei individuellen Notfallsituationen, die von der kleinen Wundversorgung bis hin zu lebenserhaltenden Maßnahmen reichen muss,

6 Aufgaben des Rettungs- und Sanitätsdienstes 6.4 Vorplanung

Lage / Auftrag

BEFE

HLS

GEBUNG

LAGEFESTSTELLUN

G

Erkundung / Kontrolle

PLANUNGBeurteilu

ngEntschluss

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die einleitenden Maßnahmen zur Bewältigung eines Massenanfalls von Verletzten oder Erkrankten.

6.5 Absprachen mit dem Veranstalter / Abgabe eines Angebotes

»Der Kunde ist König«. Er erwartet von seinem Geschäftspartner eine Leistung, die genau defi niert ist und seiner Veranstaltung gerecht werden muss.

Dazu ist es notwendig, einen möglichst engen und persönlichen Kontakt zum Veranstalter oder einem Beauftragten zu halten. Dabei sollte man – wenn mög-lich – darauf achten, dass man nicht mehrere Ansprechpartner für einen Auftrag hat. Das hat den Vorteil, nicht mehrere Meinungen zu einem Leistungskomplex zu hören, sondern feste Absprachen treffen zu können. Es ist immer von Vorteil, Gesprächsnotizen oder Protokolle zu den Gesprächen und Absprachen mit dem Veranstalter zu fertigen und Inhalte genau festzuhalten. Wenn dem Veranstalter ein Angebot gemacht wird, sollte dieses schriftlich erfolgen, und der Veranstalter sollte das Angebot entsprechend bestätigen. In dem Angebot sollten alle wesent-lichen Leistungen festgehalten werden. Dabei ist es nicht wichtig, dass hier allen Positionen eine Vergütung zugeordnet ist, sofern man diese vereinbart hat. Es ge-nügt eine Preisangabe für die gesamte Leistung. Bei der Erstellung des Angebotes sollte jedoch eine vernünftige, auf realistischen Annahmen basierende Kosten-Leistungs-Rechnung vorgenommen werden, die auf Nachfrage auch erklärt wer-den kann. Andere Vorgehensweisen erscheinen eher unseriös und können dazu führen, dass der Veranstalter auf einen Mitbewerber zurückgreift.

Es gilt aber auch andere Abreden mit dem Veranstalter zu treffen: Oftmals ist es nicht gewünscht, dass das Personal des Sanitätsdienstes zu allen Bereichen der Veranstaltung Zutritt hat. Hier sollten klare Absprachen getroffen werden, damit es nicht zu Missverständnissen oder Verärgerungen kommt.

Gibt es bei einer Veranstaltung Ausweise für bestimmte Bereiche der Veran-staltung, sollten die Einsatzkräfte entsprechend dieser Zonen mit Zutrittskarten ausgestattet werden oder ihnen eine Karte für alle Bereiche überlassen werden. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass diese Karten nicht für andere Zwecke, beispielsweise Einlass von Dritten, missbraucht werden.

Bei Unfällen und anderen Ereignissen, die eine Vielzahl von Verletzten nach sich ziehen, muss es dem Sanitätsdienst gestattet sein, ohne Hindernisse in diese Sektoren zu gelangen. Die Schnittstellen zwischen Sicherheits- und Ordnerdiens-ten und dem Sanitätsdienst müssen in Zusammenarbeit mit dem Veranstalter unmissverständlich geklärt sein. Hier darf es im Schadensfall nicht zu Kompe-tenzproblemen kommen.

Zur einer Gefahrenabschätzung gehört auch eine frühe Begehung des Objektes und der Veranstaltungsfl äche. Hier erkennt man Risiken und Gefahrenschwer-punkte und kann den Veranstalter schon im Vorfeld beraten und eine Grundlage für eine sichere Durchführung schaffen. Der ständige Dialog und eine vertrau-ensvolle Zusammenarbeit mit dem Veranstalter bilden also zusammen mit der

6 Aufgaben des Rettungs- und Sanitätsdienstes 6.5 Absprachen

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Erfassung der eigenen Tätigkeitsfelder eine wesentliche Voraussetzung für die Optimierung der Einsatzvorbereitung. Dies gilt für Einsätze aller Größen. Die Erörterungen und Verhandlungen sollten in den Abschluss eines Vertrages füh-ren. In der Praxis handelt es sich hierbei oft um mündlich geschlossene Verträge oder telefonische Vereinbarungen (Oehler 1990), die zwar ebenfalls rechtlichen Bestand, jedoch den Nachteil haben, dass sich die Vertragsmodalitäten schlecht fi xieren lassen. Eine genaue, schriftlich gefasste Eingrenzung des Tätigkeitsfeldes in einem Vertrag, der aufgrund des abgegebenen Angebotes geschlossen wurde, bringt viele Vorteile und eine gewisse Rechtssicherheit mit sich. Die Annahme dieses Angebotes dokumentiert, dass der Veranstalter mit den Bedingungen, zu denen der Sanitätsdienst arbeiten will, einverstanden ist. Sollte nämlich der Ver-anstalter – aus Unkenntnis oder anderen Gründen – die ursprünglich vereinbarte Vergütung für den Einsatz des Sanitätsdienstes nicht zahlen wollen, hat man als Sanitätsorganisation einen Nachweis darüber, dass eine bestimmte Leistung für eine vereinbarte Vergütung erbracht werden soll. Der schriftliche Vertrag ist eine (notfalls gerichtlich verwendbare) Grundlage für den Anspruch auf die Vergü-tung. Sollte der Veranstalter den Vertrag nicht erfüllen wollen, muss er darlegen (und beweisen), aus welchen Gründen dieser Anspruch nicht besteht. Auf der anderen Seite bedeutet das aber auch, dass die Sanitätsorganisation als Auftrag-nehmer die vertraglich festgehaltene Leistung erbringen muss und in der Regel nur die Punkte abrechnen kann, die vereinbart waren.

6.6 Vergütung des Einsatzes

Ob für einen Einsatz eine entsprechende Vergütung verlangt oder auf eine solche verzichtet wird, ist eine grundsätzliche Frage, die von der Art der Veranstaltung und dem Veranstalter abhängig ist. Ein DFB-Pokalspiel ist sicher anders zu be-werten als ein Familientag der Caritas, wobei man grundsätzlich unterscheiden muss, ob der Veranstalter selbst gemeinnützig ist und keinen Gewinn machen wird, der Gewinn einem wohltätigen Zweck zukommt oder ob der Veranstalter profi torientiert arbeitet. Gerade Hilfsorganisationen arbeiten oftmals unter den Grundsätzen so genannter Non-Profi t-Unternehmen. Das muss jedoch nicht hei-ßen, dass für Einsätze keine Vergütung verlangt werden soll. Mindestens sollten die tatsächlich entstandenen Kosten für den Einsatz verlangt werden. Ob darüber hinaus noch ein Gewinn erzielt wer-den sollte, ist sicher eine individuelle Frage, die von vielen Faktoren ab-hängt und hier nicht weiter erörtert werden soll. Werden jedoch Kosten für sanitätsdienstliche Aufgaben verlangt, so sind diese in der Regel vom Veranstalter zu tragen, der auch Vertragspartner ist.

6 Aufgaben des Rettungs- und Sanitätsdienstes 6.6 Vergütung

Eine beispielhafte Aufstellung der Kostenberechnung des DRK LV West-falen-Lippe in der Darstellung von B. Nowotny fi ndet man im Internet unter http://www.hiorg.de

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Die Katastrophe hätte nicht das Ausmaß von Tschernobyl, da die insgesamt freigesetzte Strahlung geringer wäre und insbesondere gefährliche kurzlebige Isotope wie Iod-131 gar nicht vorhanden wären. Doch das Chaos nach Bekannt-werden einer solchen Freisetzung wäre kaum vorstellbar. In einem Gebiet, das etwa zwanzig Straßenzüge umfasst, wäre für die dortigen Bewohner (ohne Dekontaminierung) innerhalb der nächsten dreißig Jahre mit einem zusätzlichen Krebstoten pro zehn Personen zu rechnen. Ein Areal von rund 15 Quadratkilometern müsste nach den Empfehlungen der internationalen Strahlenschutzkommission ICRP (International Commission on Radiological Protection) unmittelbar evakuiert werden. Selbst wenn diese Standards auf die in der Umgebung von Tschernobyl angewandten Werte gesenkt würden, wären noch immer etwa hundert Häuserblöcke unbewohnbar.

Die Dekontamination eines solch großen Stadtgebietes hat es noch nie gegeben. Bisherige Erfahrungen beruhen im Wesentlichen auf kleinen Reinigungsaktionen in Unternehmen sowie auf den während des Kalten Krieges durchgeführten Stu-dien über die Folgen eines Atomkrieges. In Deutschland wurde nach dem Dieb-stahl von mit Plutoniumstaub belasteten Putzlappen die Wohnung des Täters in mehrwöchiger Arbeit dekontaminiert. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sind eher deprimierend, wenn man sie auf ein ganzes Stadtviertel umsetzen will. Zunächst müssten sich die Reinigungstrupps darauf konzentrieren, radioaktive Staubteilchen von Oberfl ächen oder aus Spalten und Rissen zu entfernen. Dies könnte mit relativ kostengünstigen mechanischen Verfahren wie Absaugen und Absprühen geschehen. Dort, wo Radioaktivität in poröse Materialien eingedrun-gen ist, müsste die Oberfl äche durch Sandstrahlen oder ähnlich aufwändige und teure Verfahren abgetragen werden. In manchen Fällen müsste der Belag von Bürgersteigen und Straßen gänzlich entfernt und entsorgt werden, ebenso wie die oberste Erdschicht aus Grünanlagen und Gärten. Ein Großteil der Vegetation wäre wegzuschneiden. Mit Hilfe von Säuren und anderen Chemikalien müssten Rost und mineralische Ablagerungen abgetragen werden, in die radioaktive Par-tikel eingedrungen sind.Insgesamt könnte es auch notwendig werden, die Richtlinien über Strahlengrenz-werte – die für Situationen in Friedenszeiten entwickelt wurden – zu überdenken. Falls nicht ganze Stadtviertel aufgegeben werden sollten, müssten die Bewohner ein höheres Risiko in Kauf nehmen. Würde man etwa noch eine effektive Dosis von 0,05 Sievert über einen Zeitraum von fünfzig Jahren zulassen, so würde rein statistisch von 500 Personen eine Person zusätzlich an Krebs sterben. Dies ent-spräche einer Minderung der allgemeinen Lebenserwartung um etwa 15 Tage. Eine andere Möglichkeit wäre, all jene Gebiete zu säubern, die das Doppelte der normalen Hintergrundbelastung aufweisen.

Kleine Explosion

Eine zweite Möglichkeit des Einsatzes einer Dirty Bomb wäre die kleine Explosion. Als Beispiel kann man sich das Schließfach in einem gut frequentierten Bahnhof vorstellen.

10 Terroristische Gefahren 10.2 Anschläge mit nuklearem Material

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Während der nachmittäglichen Stoßzeit explodiert in einem Fach ein kleiner Sprengkörper, der die Tür herausreißt, vielleicht durch die Splitter zufällig Anwesende auch verletzt, aber ansonsten wenig Schaden anrichtet. Von den Einsatzkräften würde ein solcher Vorfall wahrscheinlich eher auf der Ebene »Dummer-Jungen-Streich« eingestuft werden. Welche Auswirkungen jedoch eine solche Dirty Bomb haben könnte, lässt sich abschätzen, wenn wir die Situation weiter durchspielen: So könnte vielleicht der Mitarbeiter einer For-schungseinrichtung am nächsten Tag beim Betreten seines Labors von den Kontrollgeräten erfasst und als kontaminiert registriert werden. Nun ist es zweifelsohne ungewöhnlich, dass eine Kontamination schon vor der Arbeit im Labor vorliegen soll. Wahrscheinlich würde daher erst das Gerät getestet, dann eine zweite Kontrollmessung durchgeführt, um dann schließlich zu überlegen, wo eine Kontamination erfolgt sein könnte. Alternativ könnten auch die At-tentäter einige Zeit nach der Explosion mitteilen, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen, sondern um einen Sprengkörper mit radioaktiver Beiladung gehandelt hat. In beiden Fällen hat die Zeit ausgereicht, um Tausende von Fahrgästen bei ihrem Durchqueren des Bahnhofs zu kontaminieren, die radio-aktiven Partikel mit den Fahrgästen in die Züge tragen zu lassen und durch den Fahrtwind aus dem Bahnhof in die angrenzenden Straßenzüge zu wehen.

In diesem Fall liegt der Einsatzzweck der Dirty Bomb nicht in ihrer zerstörerischen Wirkung. Hier zeigt sich ein zweiter Effekt. Sie ist auch eine psychologische Waffe. Die Reaktionen der potenziell Betroffenen und der Medien sind kaum vorstellbar: Hysterie und Flucht, ein Ansturm auf Krankenhäuser, um sich auf eventuelle Strahlenschäden untersuchen zu lassen, Flucht aus dem verseuchten Gebiet und Erkrankungen, deren Ursachen nicht im organischen, sondern im psychischen Bereich liegen.

Nüchtern betrachtet wären die Auswirkungen durchaus zu bewältigen. Mit akuten Erkrankungen aufgrund der Strahlenbelastung oder der Inkorporation ist nicht zu rechnen. Ein individuelles Spätschadensrisiko ist nicht auszuschließen, bliebe aber mit hoher Wahrscheinlichkeit gering. Die notwendigen Dekontami-nationsarbeiten im Bahnhof, in seiner Umgebung sowie in den Zügen erfordern enormen Personaleinsatz, sind aber rein technisch zu leisten. Bleibt also die psy-chologische Wirkung eines solchen Einsatzes – die Angst vor dem Unbekannten. Hieraus ergibt sich unmittelbar eine dritte Möglichkeit der Dirty Bomb.

Drohung

Auch die Drohung mit dem Einsatz einer Dirty Bomb dürfte ausreichen, um nicht nur Einsatzkräfte, sondern auch die Bevölkerung in Aufregung zu versetzen. Während bei Blindgängern oder Sprengeinrichtungen ohne Beimengung radio-aktiver Substanzen die Entschärfer ihre Arbeit oft auch dadurch erledigen, dass sie durch eine gezielte Sprengung entweder vor Ort oder nach Verbringung an eine sichere Stelle die Gefahr beseitigen, ist dies bei einer – vermuteten – Dirty Bomb nicht möglich. Auch hierdurch wird die Schwere einer terroristischen oder erpresserischen Drohung mit diesem Mittel gesteigert.

10 Terroristische Gefahren 10.2 Anschläge mit nuklearem Material

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10.2.4 Einsatzstrategien

Für die Vorbereitung auf einen Einsatz kommen nach den obigen Ausführungen ebenfalls wieder mehrere Konstellationen in Betracht. So ist die Drohung mit dem Einsatz einer Dirty Bomb eine erste Variante, bei der Maßnahmen seitens der Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst anlaufen müssen. Erfolgt dann die Umsetzung wie angedroht oder in Folge der Entschärfungsver-suche, so haben wir eine zweite Form des Einsatzes. Als dritte Option bleibt die Detonation einer Dirty Bomb ohne Ankündigung und somit erst ihre verspätete Registrierung.

Einsatzvorbereitung

Die Beurteilung einer Drohung mit dem Einsatz einer Dirty Bomb wird durch die Spezialisten der Polizei vorgenommen. Wichtig ist die frühzeitige Einbindung von Experten, die eventuelle Informationen über die Beiladung auswerten sowie hier-aus und über Angaben zum Sprengstoff mit Hilfe meteorologischer Daten eine Ausbreitungsprognose erstellen können. Dies wird, anders als bei Berechnungen zum Beispiel für Unfälle mit chemischen Stoffen, nur mit hohen Unsicherheiten möglich sein. Die Detonationsgeschwindigkeit des Sprengstoffes, die durch die Hitze der Detonation entstehende Thermik, die Partikelgröße der radioaktiven Beiladung, die Rauigkeit des Geländes (also Bebauung, Bewuchs und Gelände-form), all dies beeinfl usst neben den lokalen meteorologischen Bedingungen die mögliche Ausbreitung der Partikelwolke.

Das Bundesamt für Strahlenschutz hat im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ein Programm entwickelt, mit dem eine schnelle Simulation einer atmosphärischen Ausbreitung von radioak-tiven Substanzen und die Abschätzung der potenziellen Kontamination nach der Umsetzung einer Dirty Bomb vorgenommen werden können. Das Programm mit dem Namen LASAIR (Programmsystem zur Lagrange-Simulation der Ausbreitung und Inhalation von Radionukliden) ist relativ einfach zu handhaben und stellt nur geringe Hardware-Anforderungen. Das Problem liegt wie bei den meisten Prognoseprogrammen in der Beschaffung und Sicherheit der einzugebenden Parameter.

Eine Drohung wird in Abhängigkeit von der Einschätzung der Polizei und nach Rücksprache mit den politisch Verantwortlichen unterschiedlich gehandhabt. Vorstellbar sind sowohl verdeckte Operationen der Sicherheitskräfte als auch offene Vorbereitungsmaßnahmen. In diesem Fall wird die Leitstelle die erfor-derlichen Führungskräfte alarmieren sowie Einsatzkräfte gezielt heranziehen. Insbesondere sind Detektions- und Dekontaminationsmaßnahmen vorzuberei-ten und die Einsatzfähigkeit der Geräte sicherzustellen. Dies setzt voraus, dass als grundsätzliche Vorbereitung aktuelle Personal- und Funktionslisten mit allen Erreichbarkeiten sowie im erforderlichen Umfang auch Alarmierungseinrichtun-gen vorhanden sind.

10 Terroristische Gefahren 10.2 Anschläge mit nuklearem Material

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Umsetzung einer Dirty Bomb nach Vorbereitung

Es wurde festgestellt, dass eine kontrollierte Sprengung als Entschärfungsmaß-nahme die radioaktive Beiladung freisetzen würde und von daher nicht die geeig-nete Maßnahme wäre. Die Experten haben sich hierzu inzwischen Möglichkeiten der Risikoverminderung überlegt. So existieren Einhausungsverfahren, bei denen sowohl die Energie der Sprengung als auch die radioaktiven Partikel in einem Schaumpaket abgefangen würden. In diesem Fall wären anschließend lediglich der Schaumrückstand und gegebenenfalls Teile der Einhausung sowie der Platz und Geräte freizumessen.

Um das Risiko bei einer unkontrollierten Detonation zu verringern, sind weitere Maßnahmen erforderlich. So ist die Bevölkerung zu informieren und zu warnen und ein Bürgertelefon einzurichten. Bereitstellungs- und Sammelräume für Ein-satzkräfte sind in ausreichendem Abstand zu organisieren. Eine entsprechende Führungsorganisation unter ausreichender Berücksichtigung der fernmeldetech-nischen Führungsmittel muss aufgebaut werden, wobei die Kooperation aller beteiligten Stellen und Organisationen gegeben sein muss.

Für den rettungsdienstlichen Bereich sind in Verbindung mit Spezialisten – zum Beispiel aus den regionalen Strahlenschutzzentren – Planungen anzustel-len für die Behandlung und Betreuung von Personen, die kontaminiert sind oder radioaktive Stoffe inkorporiert haben, sei es durch den Respirationstrakt oder durch Wunden. In letztgenanntem Fall bedarf die Abschätzung der Kombination von konventioneller Verletzung plus radioaktiver Belastung besonderer Erfah-rung und Sorgfalt. Zu klären ist des Weiteren die Frage der Transportmittel für kontaminierte Patienten sowie ihre Einschleusung in die stationäre Behandlung unter Minimierung der Verschleppungsgefahr.

Ein Einsatz nach Umsetzung einer Dirty Bomb erfordert eine intensive Planung in Bezug auf Personal und Material. Bei den Einsatzkräften ergibt sich durch die Notwendigkeit eines Kontaminations- und Inkorporationsschutzes eine vermin-derte Einsatzzeit bei gleichzeitigem hohen Materialeinsatz. Messgeräte für die Dosisüberwachung und Dosisleistung sowie den Kontaminationsnachweis müs-sen ebenfalls einschließlich des geschulten Bedienerpersonals in ausreichender Zahl an zahlreichen Stellen verfügbar sein. Nicht zu vergessen sind Einrichtungen für die vorübergehende Betreuung von Personen, die kurz- oder mittelfristig ob-dachlos sind. Hierzu ist in der Folge auch rechtzeitig eine über die Einsatzphase hinausgehende Nachsorge zu organisieren, die sich auf materielle und fi nanziel-le, besonders aber auch auf psychologische Belange erstreckt.

Auch für radiologische Lagen, die, wie in diesem Abschnitt besprochen, den Ein-satzkräften eine Vorbereitungsphase gewähren, aber von einer Dimension sind, die die von Seiten der Länder vorhandenen Experten und Einsatzkräfte überfor-dern könnten, hat der Bund gemäß Verfassung keine originären Zuständigkeiten. Nichtsdestoweniger bietet er aber seine Unterstützungsmöglichkeiten an. Dazu hat er die »Zentrale Unterstützungsgruppe des Bundes« (ZUB) geschaffen. Hier-bei handelt es sich nicht um eine ausschließlich für diese Aufgaben aufgestellte Einheit, die rund um die Uhr ad hoc verfügbar wäre. Vielmehr wird Wert darauf gelegt, dass relativ kurzfristig Experten zusammengerufen werden können, die

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aufgrund ihrer Alltagsarbeit über das aktuelle Fachwissen für die verschiedenen Belange des Einsatzes verfügen. Die Geschäftsstelle der ZUB, die über das Bundes-ministerium des Innern oder den Bereitschaftsdienst des Bundeskriminalamtes um Amtshilfe ersucht werden kann, ist beim BKA angesiedelt. Von dort kommt auch ein Großteil des Personals für die Tatortarbeit einschließlich der Suche nach dem Objekt. Ferner gehören Fachleute des Bundesamtes für Strahlenschutz dazu, die zudem über eine umfangreiche, den verschiedenen Anforderungen genü-gende Messtechnik verfügen. Schließlich stellt der Bundesgrenzschutz die dritte Komponente. Seine Aufgabe besteht neben Gewährleistung des Lufttransportes von Personal und Gerät in der Sicherstellung der Dekontamination der ZUB-Kräf-te sowie dem großfl ächigen Strahlenspüren per Hubschrauber. Ferner kann der BGS notwendige polizeiliche Aktionen unterstützen.

Auf Einzelheiten des Erkundungs- und Messeinsatzes soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Hierzu genüge der Hinweis auf die Feuerwehr-Dienstvor-schrift 500 »Der ABC-Einsatz«, in der die verschiedenen Verfahren, Einsatzgrenz-werte sowie Geräte erläutert werden.

Umsetzung einer Dirty Bomb ohne Vorwarnung

Bei dem angenommenen Szenarium würde ein Einsatz nach einer Bombenexplo-sion, die anfangs nicht als Dirty Bomb identifi ziert wurde, nach den üblichen Kri-terien für ein solches Schadensereignis abgewickelt werden. Das heißt, dass die Bewältigung der mechanischen und thermischen Schäden das Bild bestimmen wird. Demzufolge wird weder bei den Einsatzkräften noch bei den Verletzten oder den sonstigen Betroffenen ein Schutz vor der Bestrahlung, der Kontamination oder der Inkorporation erfolgen. Dazu wird wegen nicht erfolgender Dekontami-nation eine Verschleppung in Betreuungseinrichtungen sowie Krankenhäuser erfolgen, was auch die hierzu benutzten Transportmittel einschließt. Wenn zu einem späteren Zeitpunkt die Beiladung festgestellt wird, müssen die operativ-taktisch und administrativ-organisatorisch Verantwortlichen möglichst nüch-tern bilanzieren, welche Maßnahmen in welcher Reihenfolge notwendig und möglich sind, um die erhaltenen Strahlenbelastungen bei den Einsatzkräften und der Bevölkerung zu reduzieren.

Ohne angesichts der dann auf Einsatzleitungen zukommenden Aufgaben de-motivierend wirken zu wollen, sei hier ein Beispiel für die Bearbeitung der ver-spätet erkannten Freisetzung einer radioaktiven Quelle aufgeführt.

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Im brasilianischen Goiania wurde 1987 eine Strahlenquelle entwendet, die aus einer medizinischen Bestrahlungseinrichtung stammte. Sie war in einem stillgelegten Klinikbereich ohne Aufsicht geblieben und gelangte über eine Zwischenstation zu einem Schrotthändler. Dort wurde sie zerlegt, wobei die enthaltenen 75 Gramm einer Cäsium-Verbindung freigesetzt wurden. Erst nach mehreren Tagen und rund drei Wochen nach dem Diebstahl äußerten Ärzte aufgrund der Symptome einiger Erkrankter den Verdacht eines Strah-lenschadens. In der Folge wurde die Stadt am Boden und aus der Luft nach Spuren des Cäsiums untersucht. Häuser wurden abgerissen, Boden abgetra-gen.Rund 50 Personen erkrankten, einige davon mussten stationär aufgenom-men werden. Fünf Personen starben innerhalb weniger Wochen. Aber, und dies mag die Arbeit nach einer unbemerkten Freisetzung verdeutlichen, rund 150.000 Personen mussten wegen des Verdachts einer Kontamination mess- und teilweise labortechnisch untersucht werden. Zur Zwischenlagerung des eingesammelten kontaminierten Materials wurde ein Stadion genutzt, in dem sich schließlich auf der gesamten Fläche und in mehreren Etagen Container stapelten. 3.500 m3 waren schließlich zu entsorgen. Nach einigen Tagen erinnerte man sich in der Hauptstadt Rio de Janeiro an einen Rettungs-wagen, mit dem ein Erkrankter mit unbekannter Diagnose vom Flughafen zum Hospital transportiert worden war. Das Fahrzeug mit Hilfe von Konta-minationsnachweisgeräten zu fi nden war kein Problem. Über die rechtlichen Probleme, die mit der Dekontamination einer Stadt zusammenhängen und über Entschädigungen soll hier gar nicht erst berichtet werden. Zu spekulie-ren wäre auch über die Frage, ob und in welchem Umfang die Einsatzkräfte, die in der Phase vor dem Entdecken der Beiladung im Einsatz waren, auch für die späteren Maßnahmen zur Verfügung stehen würden.

10.2.5 Erstmassnahmen nach einem Strahlenunfall

Grundsätzlich gelten auch bei einer umgesetzten Dirty Bomb für die Behandlung der Betroffenen die gleichen Regeln wie bei einem Unfall mit nur einer oder we-nigen Personen. Zum Schutz des Betroffenen sowie zum Schutz der Hilfskräfte sind alle Maßnahmen darauf ausgerichtet, eine Kontaminationsverschleppung in bislang saubere Bereiche zu vermeiden, kontaminierte Personen zu dekonta-minieren und Inkorporationen zu vermeiden oder, soweit sie schon vorhanden sind, rückgängig zu machen.

Absperrbereich

Da mit dem Ziel der psychologischen Verunsicherung auch Anschläge nicht aus-zuschließen sind, bei denen nukleares Material kleinräumig ausgebracht wird, sollten die wichtigsten Grundregeln bekannt sein.

Die Feuerwehr-Dienstvorschrift legt in solchen Fällen die Grenzen des Ab-sperrbereichs mit Hilfe der Dosisleistung fest. Außerhalb dieses Bereiches darf

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Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen

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