78
Bayerisches Landesamt für Umwelt Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland Steinschlag – Felssturz – Rutschung – Hanganbruch – Subrosion Landkreis Berchtesgadener Land Georisiken im Klimawandel

Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

  • Upload
    ngohanh

  • View
    216

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Bayerisches Landesamt für Umwelt

Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland

Steinschlag – Felssturz – Rutschung – Hanganbruch – Subrosion Landkreis Berchtesgadener Land

Georisiken im Klimawandel

Page 2: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen
Page 3: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Bayerisches Landesamt für Umwelt

Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland

Steinschlag – Felssturz – Rutschung – Hanganbruch – Subrosion

Landkreis Berchtesgadener Land

Georisiken im Klimawandel

UmweltSpezial

Page 4: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Impressum

Georisiken im Klimawandel Gefahrenhinweiskarte Alpen und Alpenvorland Landkreis Berchtesgadener Land

Herausgeber: Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU) Bürgermeister-Ulrich-Straße 160 86179 Augsburg Tel.: 0821 9071-0 Fax: 0821 9071-5556 E-Mail: [email protected] Internet: www.lfu.bayern.de

Bearbeitung/Text/Konzept: LfU, Referat 102, Thomas Gallemann, Dr. Ulrich Haas, Simone Patula, Maximilian Schmid, Juliane Straub, Peter Thom, Dr. Andreas von Poschinger

Redaktion: LfU, Referat 102, Dr. Andreas von Poschinger

Bildnachweis: Bayerisches Landesamt für Umwelt Druck: Eigendruck der Druckerei Bayerisches Landesamt für Umwelt Gedruckt auf Papier aus 100 % Altpapier.

Stand: Oktober 2013

Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch nicht übernommen werden. Sofern in dieser Druckschrift auf Internetangebote Dritter hingewiesen wird, sind wir für deren Inhalte nicht verantwortlich.

Page 5: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Inhalt

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 3

Inhaltsverzeichnis

Bericht

1 Einleitung 1

2 Das Untersuchungsgebiet – Landkreis Berchtesgadener Land 1

3 Gefahrenhinweiskarte zu geologischen Gefahren 3

4 Erfasste Prozesse 4

4.1 Steinschlag und Felssturz 4

4.2 Hanganbrüche 5

4.3 Rutschungen 6

4.4 Subrosion / Erdfälle 8

5 Grenzen der Anwendbarkeit und Einschränkungen 9

6 Präsentation der Ergebnisse 9

6.1 Präsentation auf CD-ROM als „geo pdf“ 9

6.2 Präsentation der Ergebnisse im Internet 11

7 Rechtliche Aspekte der Gefahrenhinweiskarten 11

7.1 Sicherheitsrecht 11

7.2 Baurecht 11

7.2.1 Bauleitplanung 11

7.2.2 Einzelbauvorhaben 11

7.3 Verkehrssicherungspflicht 12

8 Ausblick 12

Page 6: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Inhalt

4 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Anhang – Vorgehensweise und technische Details

1 Einleitung 1

2 Datengrundlagen 1

2.1 Karten 1

2.1.1 Topographische Karten 1

2.1.2 Geologische Karten 1

2.2 Digitales Geländemodell 2

2.2.1 Das Digitale Geländemodell als Grundlage für Steinschlagsimulation und Hanganbruchmodellierung 2

2.2.2 Das Digitale Geländemodell als Grundlage für die Beurteilung tiefreichender Rutschungen und Erfassung von Erdfällen / Dolinen 2

2.3 Wald / Forst 3

2.4 Gebäude 3

2.5 Daten aus dem Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) 4

2.5.1 GEORISK - Dokumentations- und Informationssystem 4

2.5.2 Karten der Aktivitätsbereiche 5

2.5.3 Informationen aus dem Projekt EGAR 7

2.5.4 Informationen aus dem Projekt HANG 7

3 Geologischer Rahmen 7

4 Grundsätzliches zur Erstellung von Gefahrenhinweiskarten 8

4.1 Dispositionsmodelle 8

4.2 Prozessmodelle 9

5 Stein- und Blockschlag 9

5.1 Dispositionsmodell 9

5.1.1 Dispositionsmodell 1: Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag aus den GEORISK-Daten 9

5.1.2 Dispositionsmodell 2: Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag aus dem DGM über den Grenzneigungswinkel 9

5.2 Prozessmodell 10

5.2.1 Festlegung der Bemessungsereignisse (Sturzblockgrößen) 11

5.2.1.1 Allgemeines 11

Page 7: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Inhalt

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 5

5.2.1.2 Vorgehensweise im Projekt 13

5.2.1.3 Charakteristische Gesteine 17

5.2.2 Numerische Modellierung 23

5.2.2.1 ohne Walddämpfung 24

5.2.2.2 mit Walddämpfung 25

5.3 Ergebnisse und Erläuterung der Stein- und Blockschlagmodellierung 27

6 Felssturz 27

6.1 Dispositionsmodell 28

6.2 Prozessmodell 29

7 Hanganbrüche 33

7.1 Dispositionsmodell (SLIDISP nach GEOTEST AG) 33

7.1.1 Wurzelkraft 34

7.1.2 Variabilität der Modellparameter 35

7.1.3 Topo-Index 35

7.1.4 Digitale Codierung der Geologie 35

7.1.5 Numerische Modellierung 36

7.1.5.1 Szenario A 37

7.1.5.2 Szenario B 37

7.2 Prozessmodell (SLIDEPOT nach GEOTEST AG) 37

7.3 Numerische Modellierung der Auslaufbereiche 39

7.4 Ergebnisse und Interpretation der Hanganbruchmodellierung 39

7.4.1 Statistik der Modellierungsresultate 40

7.4.2 Statistik der Prozessflächen nach Hangneigungsklassen 40

8 Rutschungen 41

8.1 Dispositionsmodell - Ermittlung tiefreichender Rutschungen aus GEORISK- und EGAR-Daten 42

8.2 Prozessmodell - Ermittlung des potenziellen Bewegungsbereiches (Ausweitung) tiefreichender Rutschungen 43

8.3 Vorgehensweise im Projekt 43

8.3.1 Selektion und Attributierung digitaler Objekte 43

8.3.2 Geländeuntersuchungen – Ergänzungen, Präzisierung und Evaluierung 45

Page 8: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Inhalt

6 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

8.4 Ergebnisse der empirischen Rutschungsanalyse 48

9 Subrosion / Erdfälle und großflächige Senkungsgebiete 48

9.1 Vorgehensweise im Projekt 49

9.1.1 Erfassung und Bewertung von Erdfällen / Dolinen 49

9.1.2 Erfassung und Bewertung des potenziell verkarstungs- oder auslaugungsfähigen Untergrundes 50

9.1.3 Erfassung und Bewertung des Senkungsgebietes Bad Reichenhall 50

9.1.4 Erfassung und Bewertung des Senkungsgebietes Grögern Weiher 51

9.2 Ergebnisse der Subrosionsanalyse 51

10 Literatur 52

Page 9: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Inhalt

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 7

Abbildungsverzeichnis (Bericht) Abb. 1: Lageplan der Untersuchungsgebiete mit Bearbeitungsjahr im Landkreis Berchtesgadener

Land. 2

Abb. 2: Steinschlagschaden an einem Baum bei Berchtesgaden. 4

Abb. 3: Hanganbruch bei Unterhäusl in Ramsau bei Berchtesgaden. 6

Abb. 4: Rutschung am Rackelboden südlich von Bayerisch Gmain. 7

Abb. 5: Erdfalltrichter nordöstlich von Sankt Zeno im Kirchholz. Hier werden würmzeitliche Schotter von salz- und gipshaltigem Haselgebirge unterlagert. 8

Abb. 6: „geo pdf“ Gefahrenhinweiskarte 10

Abbildungsverzeichnis (Anhang) Abb. 1: Ausschnitt aus einem Schattenmodell. Rutschungsbereich rot umrandet. 3

Abb. 2: Ausschnitt aus dem Fachthema Georisiken im BIS-BY (www.bis.bayern.de). 5

Abb. 3: Ausschnitt aus der Karte der Aktivitätsbereiche (www.bis.bayern.de). 6

Abb. 4: Schematische Darstellung der prinzipiellen Prozesse. Kontaktreaktionen mit dem Untergrund und Bäumen, sowie Spring- und Rollprozesse (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2005). 11

Abb. 5: Schematische Darstellung der Risikostufen. 12

Abb. 6: Sturzblockgeometrie. Der Sturzblock wird durch die Längen der 3 Hauptachsen x, y, z (hier: a, b, c) und seine Masse beschrieben (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2005). 13

Abb. 7: Konglomerat- bzw. Nagelfluhwand bei Laufen. 17

Abb. 8: Kalkgraben-Formation bei Adlgaß östlich von Inzell. 18

Abb. 9: Piesenkopf-Formation nördlich von Hutterer bei Inzell. 19

Abb. 10: Hauptdolomit an der B305 nördlich von Schneizlreuth. 19

Abb. 11: Haselgebirge an der Ramsauer Ache bei Schönau a. Königssee. 20

Abb. 12: Karnisch-norischer Dolomit südlich von Ramsau. 21

Abb. 13: Werfener Schichten bei Schwaben zwischen Ramsau und Schönau. 21

Abb. 14: Dachsteinkalk vom Loferertypus am Büchsenkopf östlich des Königssees. 22

Abb. 15: Allgäuschichten am Vogelstein westlich des Königssees. 23

Abb. 16: Dämpfung und Rauigkeit. Der Dämpfungswert kann Werte zwischen 1 (sehr harter Untergrund) und 5 (Sumpf) annehmen. Der Rauhigkeitswert kann Werte zwischen 1 (glatte Oberfläche) und 20 (sehr raue Oberfläche) betragen (nach KRUMMENACHER, B. & PFEIFER, R. (2007)). 24

Abb. 17: Modell der mittleren baumfreien Strecke (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2005). 26

Page 10: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Inhalt

8 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 18: Pauschalwinkelmodelle Geometrisches Gefälle (α) und Schattenwinkel (ß) (verändert nach MEIßL, G. (1998)). 28

Abb. 19: Pauschalwinkelmethode. Die Viewshed-Funktion ermittelt alle Rasterzellen, die von definierten Punkten aus mit einem festgelegten Vertikal- und Horizontalwinkel gesehen werden (Schattenwinkel 27°). 30

Abb. 20: Attributtabelle für die Berechnung der Viewshed-Funktion. 30

Abb. 21: Pauschalwinkelmethode. Bei gekrümmten Auslaufbereichen (grün) und Anbruchbereichen, die nicht direkt in Richtung des Auslaufs exponiert sind, kann die Viewshed-Funktion (rot) den Sturzbereich nicht korrekt abschätzen. 31

Abb. 22: Modellierung von Felssturzbereichen mit der Viewshed-Funktion (hellrot). Der Gefahrenhinweisbereich ist nach Validierung im Gelände abzugrenzen (rote Linie). 32

Abb. 23: Schattenmodell eines anzunehmenden späteiszeitlichen Blockgletschers (Spitzsteinwand), der eine große Sturzablagerung vortäuscht. 32

Abb. 24: Grundlagen zur Berechnung des Sicherheitsgrades F einer Rasterzelle (SELBY, M. J. 1993).34

Abb. 25: Beispiel Modellierung SLIDEPOT. Drei analysierte Rasterzellen im Sektor für Zellexpositionen 210° – 230° (für Zellengröße 5 m hat der rote Kreis einen Radius von 20 m) (aus KRUMMENACHER, B. ET AL. (2008)). 38

Abb. 26: Statistik der Prozessflächen für Szenarien A und B nach Hangneigungsklassen. 41

Abb. 27: Felsspalte südöstlich von Kirchberg in Bad Reichenhall. 46

Abb. 28: Zugrisse mit gespannten Wurzeln östlich von Schiedbichl bei Markt Berchtesgaden. 47

Abb. 29: Relikte Rutschbuckel südwestlich von Horn in Marktschellenberg. 47

Abb. 30: Unruhige Morphologie mit Säbelwuchs südlich von Marktschellenberg. 48

Tabellenverzeichnis (Anhang) Tab. 1: Abgeleitete Daten aus dem 5 m-DGM. 2

Tab. 2: Stratigraphische Einheiten und ihre Einteilung in vier Blockformen- und Volumenklassen für den Alpenraum im Berchtesgadener Land. 14

Tab. 3: Stratigraphische Einheiten und ihre Einteilung in vier Blockformen- und Volumenklassen für das Alpenvorland (Projekt-Teilgebiet 1: Berchtesgadener Land, Traunstein, Rosenheim inkl. Stadt Rosenheim). 16

Tab. 4: Waldparameter (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2007) 25

Tab. 5: Darstellung wichtiger Parameter für die im Arbeitsgebiet bearbeiteten Felssturzobjekte. Die Ergebnisse der grau dargestellten Objekte werden in der Gefahrenhinweiskarte nicht extra ausgewiesen, da die Reichweiten der Steinschlagmodellierung die simulierten Reichweiten der Felssturzmodellierung übertreffen. 29

Tab. 6: Klassifizierung der Berechnungsresultate für die Sicherheitsgrade F. 34

Page 11: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Inhalt

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 9

Tab. 7: Klassifizierung des Topo-Index. 35

Tab. 8: Codierung der stratigraphischen Einheiten (Auswahl aus dem Nachbarlandkreis Traunstein).36

Tab. 9: Mächtigkeit Lockermaterial (empirische Werte). 37

Tab. 10: Startwert der Abbaufaktoren (Kalibrierung erfolgte auf Basis empirischer Untersuchungen im Gelände). 38

Tab. 11: Abbaufaktoren und maximale Reichweiten. 39

Tab. 12: Statistik der Modellierungsresultate für die Szenarien A und B im Landkreis Berchtesgadener Land. 40

Tab. 13: Attributierung und (Qualitäts-) Bewertung der selektierten Objekte im Landkreis. 44

Page 12: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Inhalt

10 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Page 13: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Einleitung

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 1

1 Einleitung Gelegentliche Naturgefahrenereignisse sind in Gegenden mit entsprechendem Relief ein normales Phänomen. Im Zuge des natürlichen Gebirgsabtrages entstehen Rutschungen, Felsstürze und Muren. Sie spiegeln das grundsätzlich sehr labile Gleichgewicht wider, in dem sich die Hänge befinden. Die-ses Gleichgewicht ist durch die über Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende einwirkenden Kräfte be-stimmt worden. Während sich einige Faktoren wie die Gravitation oder die Aktivität von Erdbeben langfristig kaum verändert haben, zeigen sich am ehesten Variationen der Witterungseinflüsse. Inner-halb bestimmter Schwankungsbereiche gab es schon immer extreme Wetterereignisse, die auch zu Hangbewegungen geführt haben. Nach den Prognosen der Klimaforscher ist es nun aber möglich, dass sich aufgrund einer Klimaänderung die bisherigen Schwankungsbereiche relativ kurzfristig ver-ändern. Dies hat zur Folge, dass sich auch an den Hängen erst wieder neue Gleichgewichtszustände

einstellen müssen und deshalb verstärkt mit Hangbewegungen zu rechnen ist.

Präventivmaßnahmen für einen Klimawandel und seine Folgen sind deshalb auf jeden Fall angebracht und sinnvoll. In diesem Sinn verfolgt der Geologische Dienst am Bayerischen Landesamt für Umwelt

(LfU) bereits seit langem eine vorbeugende Strategie.

Ein Schutz gegen Naturgefahren kann auch aus Kosten- und Nachhaltigkeitsgründen immer weniger durch bauliche Maßnahmen gewährleistet werden, sondern muss nicht zuletzt durch Planungsmaß-nahmen herbeigeführt werden. Gefahrenhinweiskarten sind mit der Erkennung und Ausweisung von bedrohten Bereichen eine wesentliche Grundlage zum Schutz gefährdeter Gebiete. Zur Umsetzung raumplanerischer Maßnahmen bzw. um zu verhindern, dass von Hangbewegungen bedrohte Gebiete

unbedacht bebaut und besiedelt werden, sind diese Kartenwerke eine wesentliche Voraussetzung.

2 Das Untersuchungsgebiet – Landkreis Berchtesgadener Land

Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Erstellung von Gefahrenhinweiskarten für die bayerischen Alpen und das Alpenvorland. Die Bearbeitung erfolgt schrittweise nach Landkreisen. In zwei Vorgängerpro-jekten wurde in den Jahren 2007 bis Anfang 2012 zuerst der Alpenanteil nach dem Landesentwick-lungsprogramm (LEP) bearbeitet. Seit 2012 erfolgt die Erstellung der Gefahrenhinweiskarten auch im Alpenvorland. Im Landkreis Berchtesgadener Land wurde der Alpenanteil (617 km2) 2011 und das Al-

penvorland (223 km2) 2012 bearbeitet (Abb. 1).

Aus geologischer Sicht wird das Berchtesgadener Land im Alpenvorland vor allem durch eiszeitliche und nacheiszeitliche Ablagerungen geprägt, die die Molassesedimente fast vollständig überdecken. Im Alpenbereich treten Einheiten der Kalkalpen, des Flyschs und des Helvetikums auf. Details zur Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur

Geologie finden sich im Anhang (Kapitel 3).

Page 14: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Einleitung

2 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 1: Lageplan der Untersuchungsgebiete mit Bearbeitungsjahr im Landkreis Berchtesgadener Land.

Die Jahresmitteltemperatur variiert im Berchtesgadener Land zwischen 9 °C in Freilassing und -2 °C in den Hochlagen des Landkreises. Die Jahresniederschlagssumme liegt zwischen ca. 1.100 mm im

Alpenvorland und bis über 2.000 mm im Hochgebirge (BAYFORKLIM 1996).

Page 15: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Gefahrenhinweiskarte zu geologischen Gefahren

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 3

Im Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) sind für den Landkreis Berchtesgadener Land derzeit

549 Hangbewegungsobjekte im GEORISK-Kataster (Stand August 2013) verzeichnet.

3 Gefahrenhinweiskarte zu geologischen Gefahren Details zur Erstellung der Gefahrenhinweiskarte sind im Anhang (Kapitel 4 bis 9) aufgeführt.

Die Gefahrenhinweiskarte beinhaltet eine großräumige Übersicht über die Gefährdungssituation mit Angaben der Gefahrenart, jedoch nicht zur Intensität oder zur Wahrscheinlichkeit. Der Zielmaßstab

liegt bei 1 : 25.000.

Gefahrenhinweiskarten sind Planungshilfen für bauliche und infrastrukturelle Projekte, insbesondere im Rahmen der Flächennutzungsplanung. Sie erlauben die Bewertung der Gefährdung bestehender Siedlungsräume und Infrastruktur durch geologische Gefahren. Sie sind ein Hilfsinstrument, finanzielle Mittel zur Gefahrenminderung sinnvoll zu verwenden sowie potenzielle Gefahrenbrennpunkte frühzei-

tig zu erkennen.

Die Gefahrenhinweiskarte Bayern unterscheidet zwischen verschiedenen geomorphologischen Pro-zessen, wobei jeweils unterschiedliche Vorgehensweisen zur Abgrenzung der Gefährdungsbereiche

notwendig sind:

• Beim Prozess Steinschlag/Blockschlag findet grundsätzlich eine numerische Modellierung statt.

• Die Anfälligkeit zur Bildung von Hanganbrüchen wird ebenfalls numerisch modelliert.

• Die Reichweite tiefreichender Rutschungen und größerer Felsstürze muss mangels entspre-chender Simulationsprogramme empirisch, vorwiegend anhand von Geländebegehungen, be-stimmt werden.

• Eine Anfälligkeit für Erdfälle wird vorwiegend durch frühere Ereignisse dokumentiert. Es werden deshalb alle erkennbaren Erdfallstrukturen erfasst und dargestellt. Zudem werden karstanfällige Gesteine (Sulfat-, Salinar-, Karbonatkarst) ausgewiesen.

Jedem einzelnen Prozess wird bei der Modellierung und der Analyse ein sogenanntes Bemessungs-ereignis zugrunde gelegt, welches ein wahrscheinlich eintretendes Massenbewegungsereignis be-

schreibt.

Die Erstellung von Gefahrenhinweiskarten muss objektunabhängig erfolgen, das heißt ohne Rück-

sicht auf den konkreten Wert der potenziell betroffenen Bauwerke. Zu dieser Objektunabhängigkeit gehört auch, dass bestehende Schutzmaßnahmen bei der Erstellung von Gefahrenhinweiskarten

nicht berücksichtigt werden.

Die Verwendung der Gefahrenhinweiskarte ist je nach Nutzerkreis (v. a. Landratsämter und Kommu-nen, Fachbehörden, Planer, Private) sehr unterschiedlich. Im Rahmen der Flächennutzungsplanung sind z. B. langfristige Aussagen erforderlich, da Wohngebäuden eine lange Lebensdauer zugespro-chen wird. Eine Berücksichtigung eines schützenden Waldbestandes sollte deshalb hier nicht erfol-gen, denn der Baumbestand kann durch Schadereignisse unvorhergesehen wegfallen. Bei der Bewer-tung der aktuellen Gefährdung von bestehenden Gebäuden oder von Straßen ist aber der Einbezug

eines Schutzwaldes unabdingbar.

Page 16: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Einleitung

4 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

4 Erfasste Prozesse

4.1 Steinschlag und Felssturz Stein- und Blockschlag

Steinschlag ist definiert als periodisches Sturzereignis von einzelnen, kleineren Festgesteinspartien (0 – 1 m³) bis hin zur Blockgröße (Blockschlag: 1 – 10 m³). Die Ursachen für Stein- und Blockschlag liegen in langfristiger Materialentfestigung und Verwitterung an den Trennflächen. Gefördert wird die Ablösung durch Frosteinwirkung, Temperaturschwankungen und Wurzelsprengung. Gerade bei Sturm ist vermehrt mit Steinschlag unter Felswänden zu rechnen, da die Bäume die dynamische Belastung über die Wurzeln in den Untergrund einleiten. Falls Bäume infolge eines Sturms umstürzen, werden Steine freigelegt oder sogar hoch gehebelt, so dass sie abstürzen können. Auch Erdbeben können

Stein- und Blockschlag auslösen.

Abb. 2: Steinschlagschaden an einem Baum bei Berchtesgaden.

Die kinetische Energie der Blöcke, ihre Sprunghöhen und die Reichweite sind entscheidende Faktoren für einen eventuellen Schaden, aber auch für die Planung von Schutzmaßnahmen. Wenn die Ein-gangsparameter wie Blockgröße, Dämpfung, Hanggeometrie etc. gut bekannt sind, können mit Hilfe von numerischen Simulationsmodellen die Sprunghöhen und Energien berechnet werden. Künstliche Schutzmaßnahmen wie z. B. Zäune oder Netze werden dann entsprechend dimensioniert. Als Alter-native oder Ergänzung zu Fangnetzen können Felswände auch regelmäßig von lockeren Steinen und Blöcken beräumt werden (Felsputzen). Auch ein intakter Wald ist ein guter Steinschlagschutz

(Abb. 2).

Page 17: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Erfasste Prozesse

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 5

Felssturz

Beim Felssturz lösen sich größere Felspartien aus Wandstufen und stürzen ab. Gegenüber einem Bergsturz sind das Volumen (unter 1 Million m³) und die Dynamik deutlich geringer. Im Gegensatz zum Stein- oder Blockschlag, der aus Einzelkomponenten besteht, erfolgt beim Felssturz eine gegen-seitige Beeinflussung der Blöcke während der Bewegung. Aufgrund des plötzlichen Auftretens und der

hohen Energie sind sie als sehr gefährlich einzustufen.

Die Ursache für Felsstürze ist in Faktoren wie Spannungsumlagerung, Materialermüdung und Verwit-terung an Trennflächen zu suchen. Die Auslöser sind oft weniger eindeutig als bei anderen Hangbe-wegungen. Frost, Temperaturschwankungen, Erdbeben oder Niederschlag kommen hier z. B. in Fra-ge. Häufig erfolgen Felsstürze aber auch nach einer gewissen Vorbereitungsphase ohne weitere er-

kennbare Anlässe.

Im Projektgebiet sind große potenzielle Felssturzgebiete mit aktueller Aktivität bekannt, wie z. B. die Mühlstürzhörner oder das Watzmann- und Hochkaltergebiet. In der Gefahrenhinweiskarte sind daher

Felssturzgebiete teilweise als eigene Kategorie ausgewiesen.

4.2 Hanganbrüche Die Unwetter der letzten Jahre haben auf ein weiteres Problem aufmerksam gemacht: Starkregen-ereignisse lassen in zunehmendem Maße Schäden durch sogenannte Hanganbrüche oder auch Hangmuren entstehen. Dies sind flachgründige Rutschungen der Verwitterungsdecke von einigen

Zehnern bis wenigen 100 m³ Volumen (Abb. 3). Trotz des meist geringen Volumens bedingen sie durch die Mobilität der Rutschmassen und ihr spontanes Auftreten oft ein erhebliches Schadenspoten-tial und haben auch schon zu Todesfällen geführt. So waren im Jahr 2002 in Lutzenberg im Kanton St. Gallen drei Todesfälle zu beklagen, als zwei Häuser durch ein solches spontanes Ereignis zerstört wurden. Im Rahmen dieses Projektes wurde deshalb auch die lokale Anfälligkeit für Hanganbrüche

ermittelt.

Hanganbrüche ereignen sich in der Lockergesteins- oder Verwitterungsdecke. Für die Anfälligkeit spielen die Hangneigung, die Rutschanfälligkeit der Deckschichten, die Möglichkeit des Zutritts von Oberflächen- und Hangwasser, bodenmechanische Parameter sowie der Einfluss von Bewaldung und Bebauung eine wesentliche Rolle. Durch Verschneidung dieser Parameter in einem Geoinformations-system (GIS) lassen sich Bereiche einer erhöhten Anfälligkeit zur Bildung von Hanganbrüchen sowie ihre Reichweite abgrenzen und flächenhaft darstellen. Eine erhöhte Anfälligkeit besteht insbesondere bei Starkniederschlagsereignissen, die das für die jeweilige Region übliche Maß überschreiten. Zuletzt

traten solche Ereignisse im Juni 2013, im Sommer 2005 oder Pfingsten 1999 auf.

Page 18: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Einleitung

6 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 3: Hanganbruch bei Un-terhäusl in Ramsau bei Berchtesgaden.

4.3 Rutschungen Rutschungen sind hangabwärts gerichtete, gleitende Bewegungen von Fest- und/oder Lockergestein

(Abb. 4). Geschwindigkeiten von wenigen Zentimetern pro Jahr bis zu mehreren Metern pro Minute

sind möglich. Der Tiefgang reicht von wenigen Metern bis über 100 m.

Rutschungen sind das Ergebnis von Scherbrüchen, wobei bestehende Schwächezonen aktiviert wer-den. Im Festgestein sind dies z. B. Schichtflächen, Klüfte oder Störungen. Die Grenze zwischen Fest-gestein und Lockergesteinsüberdeckung ist ebenfalls ein typischer Anbruch- und Gleithorizont. Inner-halb von homogenen Lockergesteinen fehlen solche vorgezeichneten Schwächezonen oft. Dement-

sprechend treten auch unterschiedliche Formen von Rutschungen auf.

Page 19: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Erfasste Prozesse

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 7

Abb. 4: Rutschung am Rackel-boden südlich von Bayerisch Gmain.

Anlass für Rutschungen ist in vielen Fällen eine starke Durchnässung, wobei kurze Starkregen übli-cherweise nur flache Rutschungen aktivieren. Tiefreichende Rutschungen werden eher durch länger anhaltende Nässeperioden ausgelöst. Maßgeblich ist eine Erhöhung des Porenwasserdruckes, der zu

einer Verminderung der Scherfestigkeit führt.

Gerade größere Rutschungen sind meist kein einmaliges Ereignis. Die Massen kommen nach einer Bewegungsphase zunächst wieder zur Ruhe, bis sie nach Jahren, Jahrzehnten oder sogar Jahrtau-senden wieder reaktiviert werden. Deshalb ist die Kenntnis von alten Rutschmassen für die Gefahren-

abschätzung sehr wichtig.

Page 20: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Einleitung

8 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

4.4 Subrosion / Erdfälle In löslichen Gesteinen, in erster Linie in Salz, Gips, Anhydrit und Kalk, aber auch in Dolomit, können durch Lösungsvorgänge (Subrosion oder Verkarstung) natürliche Hohlräume entstehen. Das mecha-nische Ausspülen von lockeren Feinanteilen (Suffosion) und die chemische Auflösung durch Wasser

im Untergrund führen zu Schwund von Substanz und schließlich zur Bildung unterirdischer Hohlräu-me. Durch den Einsturz dieser Hohlräume bilden sich nahezu runde Strukturen (Dolinen) von einigen

Metern bis mehreren Zehnermetern Durchmesser und wechselnder Tiefe (Abb. 5).

Abb. 5: Erdfalltrichter nordöst-lich von Sankt Zeno im Kirchholz. Hier werden würmzeitliche Schotter von salz- und gipshalti-gem Haselgebirge un-terlagert.

Durch langsame Senkung können auch großflächige, nicht genau abgrenzbare Mulden entstehen, wie

es im Berchtesgadener Land beispielsweise im Becken von Reichenhall der Fall ist.

Die im Landkreis Berchtesgadener Land auftretenden Dolinen können lokal, besonders bei rascher Entstehung (Erdfälle), eine geogen bedingte Gefährdung darstellen. Die Wahrscheinlichkeit für einen

spontanen Einbruch ist von zahlreichen lokalen Faktoren abhängig und kaum großräumig vorherseh-bar. Bekannt sind derartige Einbruchstrukturen im Kalk z. B. auf der Reiteralm und am Untersberg. Durch Lösung in den Salinargesteinen (vor allem im Haselgebirge) bedingte Einbruchstrukturen sind im Arbeitsgebiet vor allem im Kirchholz bei Bayrisch Gmain und auf der Ebene von Oberschönau zwi-schen Ramsauer und Königsseer Ache bekannt. Die Wahrscheinlichkeit von akuten Erdfällen auf-

Page 21: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Grenzen der Anwendbarkeit und Einschränkungen

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 9

grund von Karbonatkarst in Siedlungsgebieten ist als nur gering einzustufen. Schäden sind vorwie-gend auf Gipsauslaugung zurückzuführen. Die großflächige Darstellung des auslaugungsfähigen Un-tergrundes beinhaltet alle Karstursachen und muss deshalb nicht unbedingt ein erhebliches Risiko darstellen. Suffosion kann in verschiedenen Lockergesteinen auftreten, die nicht eigens als verkars-

tungsfähig ausgewiesen werden.

5 Grenzen der Anwendbarkeit und Einschränkungen Die vorliegende Gefahrenhinweiskarte wurde für den Zielmaßstab 1 : 25 000 erarbeitet. Sie stellt so-mit keine parzellenscharfe Einteilung von Gebieten in unterschiedliche Gefahrenbereiche dar. Die Abgrenzung der Gefahrenhinweisflächen ist als Saum und nicht als scharfe Grenze zu sehen. Auch

erheben die Modellierungen der geogenen Gefährdungsprozesse, die in der Karte dargestellt sind, keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dies betrifft sowohl bereits erfolgte als auch zukünftige Hang-

bewegungsereignisse. Es handelt sich um eine Darstellung von Gefahrenverdachtsflächen, die zum Zeitpunkt der Bearbeitung auf Basis der verfügbaren Informationen und mit Hilfe zeitgemäßer numeri-

scher Modelle ermittelt wurden.

Bei den Betrachtungen wurden Hangbewegungsereignisse herangezogen bzw. modelliert, die häufi-ger auftreten, damit repräsentativ sind und als Risiko empfunden werden. Selten auftretende Extre-mereignisse wurden nicht berücksichtigt und müssen aus geologischer Sicht als nicht zu vermeiden-

des Restrisiko bezeichnet werden (Anhang Kapitel 5.2.1.1).

Ebenso wenig wurden Murereignisse (Sonderform der Hochwasserabflüsse in Wildbächen, schnell

fließende Gemische aus Wasser und Feststoffen wie Boden, Gesteinsschutt aller Korngrößen, Holz,

Vegetation) in der Gefahrenhinweiskarte berücksichtigt.

Die Gefahrenhinweiskarte dient als Grundlage für die Bauleitplanung zu einer ersten Erkennung von Interessenskonflikten bzw. Gefahrenverdachtsflächen. Sie ist eine nach objektiven, wissenschaftlichen Kriterien erstellte Übersichtskarte mit Hinweisen auf Gefahren, die identifiziert und lokalisiert, jedoch nicht im Detail analysiert und bewertet werden. Sie gibt den aktuellen Bearbeitungsstand wieder und muss gelegentlich aktualisiert werden. Die Gefahrenhinweiskarte dient nicht der Detailplanung son-

dern der übergeordneten (regionalen) Planung.

Gefahrenhinweiskarten sollen nicht als Bauverbotskarten wirken, sondern nur in allen kritischen Fäl-

len den Bedarf nach weitergehenden Untersuchungen offen legen. In diesen Fällen muss dann gege-benenfalls erst in einem Detailgutachten festgestellt werden, ob im Einzelfall eine Sicherung notwen-

dig, technisch möglich, wirtschaftlich sinnvoll und im Sinne der Nachhaltigkeit tatsächlich anzustreben

ist.

6 Präsentation der Ergebnisse

6.1 Präsentation auf CD-ROM als „geo pdf“ Auf der beigefügten CD-ROM sind die Ergebnisse (Gefahrenhinweiskarte) sowohl als „geo pdf“ als

auch im Dateiformat Shapefile enthalten.

Das „geo pdf“ kann mit dem Programm Adobe Reader geöffnet werden (Abb. 6).

Es enthält nachfolgende Informationen (Themen):

Page 22: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Einleitung

10 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Gefahrenhinweiskarte

Hinweis auf Gefährdung durch

• Stein-/Blockschlag unter Berücksichtigung des Waldbestandes

• Tiefreichende Rutschungen

• Hanganbruch (unter Berücksichtigung des Waldbestandes)

• Erdfälle, Dolinen

• großräumige Senkungsgebiete

Hinweis auf Gefährdung im Extremfall durch

• Stein-/Blockschlag (ohne Berücksichtigung des Waldbestandes, Felssturz)

• Rutschanfälligkeit

• Hanganbruch (ohne Berücksichtigung des Waldbestandes)

• verkarstungsfähiger Untergrund

Für jeden Prozess werden zwei verschiedene Szenarien dargestellt. Im Fall eines konkreten Hinwei-ses auf eine Gefährdung sind die Prozesse in roter Farbe dargestellt; bei einer Gefährdung im Ext-

remfall sind die Prozesse in Orange abgegrenzt.

Die Geobasisdaten (Hintergrundkarte und Verwaltungsgrenzen) entstammen der Bayerischen Lan-

desvermessung.

Abb. 6: „geo pdf“ Gefahrenhinweiskarte

Zusätzlich zum „geo pdf“ sind auf der beigefügten CD-ROM Dateien im Format shapefile enthalten,

die z.B. mit dem Programm ArcGIS (Firma ESRI) geöffnet werden können.

Page 23: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Rechtliche Aspekte der Gefahrenhinweiskarten

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 11

6.2 Präsentation der Ergebnisse im Internet Teilbereiche der im Rahmen dieses Projektes erstellten Gefahrenhinweiskarten, die keiner bzw. nur wenig weiterer Interpretation bedürfen, werden in das Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) integriert und somit der Allgemeinheit über den Internetzugang www.bis.bayern.de zur Verfügung gestellt. Hier sind unter dem Fachthema Georisiken bei den Gefahrenhinweiskarten die Kategorien

Sturzprozess (mit Wald), Tiefreichende Rutschung sowie Erdfälle/Dolinen einsehbar.

Seit Februar 2013 besteht außerdem die Möglichkeit über die „Standortauskunft Georisiken“ um-

fassende Informationen zu Gefahrenhinweiskarten und Georisiken an einem bestimmten Standort in Bayern abzurufen. Über die Angabe einer Adresse oder einen Klick in die Karte wird für diesen Standort ein pdf-Dokument erzeugt, das alle dem LfU vorliegenden Informationen zu Georisiken und Gefahrenhinweiskarten zusammenfasst und erläutert. Die „Standortauskunft“ kann sowohl auf der In-ternetseite des Landesamtes für Umwelt www.lfu.bayern.de: Themen Geologie Georisiken Standortauskunft Georisiken als auch direkt im GeoFachdatenAtlas (BIS-BY) www.bis.bayern.de

über den Reiter Standortauskunft abgerufen werden.

7 Rechtliche Aspekte der Gefahrenhinweiskarten In einem interministeriell abgestimmten Rundschreiben vom 17.08.2010 (Hinweise zur Umsetzung der Gefahrenhinweiskarte für den Verwaltungsvollzug; Download unter: www.lfu.bayern.de Geologie

Georisiken Daten und Karten Massenbewegungen) wurden Hinweise für den rechtlichen Um-

gang mit Gefahrenhinweiskarten gegeben. Kurzgefasst ist folgendes festzustellen:

7.1 Sicherheitsrecht Anordnungen nach dem Sicherheitsrecht können nur bei Vorliegen einer konkreten Gefahr erfolgen.

Eine konkrete Gefahr liegt dann vor, wenn in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinrei-chend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Die Einstufung in der Gefahrenhinweiskarte allein lässt in der Regel keinen Rückschluss auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr zu. Für die Annahme einer

konkreten Gefahr bedürfte es weiterer Anhaltspunkte und ggf. spezieller Gutachten.

7.2 Baurecht

7.2.1 Bauleitplanung Bei der Aufstellung von Bauleitplänen sind insbesondere die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit zu berücksichtigen. Daher muss sich eine Gemeinde, die eine Fläche in einem ge-

kennzeichneten Hinweisbereich für Geogefahren überplanen will, im Rahmen der Abwägung mit den bestehenden Risiken auseinandersetzen. Hierzu kann im Rahmen der Behördenbeteiligung das LfU hinzugezogen werden. Dieses kann Hinweise für den jeweiligen Einzelfall geben, ggf. geeignete

Schutzmaßnahmen empfehlen oder auch die Gemeinde an einen spezialisierten Gutachter verweisen.

7.2.2 Einzelbauvorhaben Auch bei Vorhaben im unbeplanten Innenbereich und bei Außenbereichsvorhaben müssen die An-forderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben. Im Geltungsbereich ei-

nes Bebauungsplans sind Anlagen unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt

Page 24: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Einleitung

12 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

werden, die nach der Eigenart des Baugebiets unzumutbar sind. Zudem muss das jeweilige Grund-stück nach seiner Beschaffenheit für die beabsichtigte Bebauung geeignet sein und Anlagen sind so

zu errichten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbes. Leben und Gesundheit nicht ge-

fährdet werden.

Die bloße Lage eines Grundstücks in einem Gefahrenhinweisbereich ist kein Grund, ein Bauvorhaben abzulehnen. Es bedarf ggf. weiterer Anhaltspunkte, die auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr hin-deuten (z. B. Kenntnis über regelmäßige Steinschläge in dem Bereich). Liegen diese der Bauauf-sichtsbehörde vor, so sind weitere Nachforschungen anzustellen und ggf. das LfU oder ein Privatgut-

achter hinzuzuziehen.

7.3 Verkehrssicherungspflicht Entsprechend dem Zitat eines BGH-Urteils kann zusammengefasst werden: „Wer sich an einer ge-fährlichen Stelle ansiedelt, muss grundsätzlich selbst für seinen Schutz sorgen. Er kann nicht von

seinem Nachbarn verlangen, dass dieser nunmehr umfangreiche Sicherungsmaßnahmen ergreift. Der Nachbar ist lediglich verpflichtet, die Durchführung der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen auf sei-nem Grundstück zu dulden. Für allein von Naturkräften ausgelöste Schäden kann der Eigentümer nicht verantwortlich gemacht werden. Der Eigentümer ist nur dann haftbar, wenn z. B. ein Felssturz durch von Menschenhand vorgenommene Veränderungen des Hanggrundstücks, zum Beispiel durch

die wirtschaftliche Nutzung (z. B. Kahlschlag), verursacht wurde.

8 Ausblick Für den Bayerischen Alpenbereich liegen inzwischen flächendeckend Gefahrenhinweiskarten für Ge-ogefahren vor. Mit der Bearbeitung des Alpenvorlandes wurde 2012 in den Landkreisen Berchtesga-dener Land, Traunstein und Rosenheim begonnen, die weiteren Alpenlandkreise werden ab 2014 be-

arbeitet. Zudem wird eine Gefahrenhinweiskarte für den schwäbisch-fränkischen Jura erstellt.

Mittelfristig ist vorgesehen, außer den geogenen Naturgefahren auch weitere Prozesse wie z. B. Mu-

ren, Lawinen und Hochwasser gemeinsam in Gefahrenhinweiskarten darzustellen.

Page 25: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Einleitung

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 1

Anhang – Vorgehensweise und technische Details

1 Einleitung Die Vorgehensweise zur Abgrenzung der Gefahrenhinweisbereiche für die verschiedenen Prozesse wird auf den folgenden Seiten ausführlich erläutert. Ziel ist es, die durchgeführten Arbeiten, die für die Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche notwendig waren, nachvollziehbar zu beschreiben, um eine

größtmögliche Akzeptanz für die Gefahrenhinweiskarten zu schaffen.

2 Datengrundlagen Eine einheitliche Datenbasis für die Modellierung bzw. Bearbeitung muss für alle Bearbeitungsgebiete gewährleistet sein, um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten. Nachfolgend werden die wichtigsten Ba-sisdaten aufgeführt, die eine Minimalanforderung für die Erstellung von Gefahrenhinweiskarten dar-

stellen.

2.1 Karten

2.1.1 Topographische Karten Als topographische Grundlage wird für die Bearbeitung die Topographische Karte von Bayern des Bayerischen Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (LVG) im Maßstab 1 : 25 000 im Ras-terformat (TK 25) verwendet. Die Grundlage des Karteninhalts bildet dabei das Digitale Landschafts-

modell (DLM25) aus ATKIS® Bayern.

2.1.2 Geologische Karten Als Standardkarte wird die Geologische Karte im Maßstab 1 : 25 000 (GK 25) des Bayerischen Lan-desamtes für Umwelt (LfU) verwendet. Da diese Karten nicht flächendeckend verfügbar sind, muss ggf. auf geologische Manuskriptkarten sowie auf Übersichtskarten ausgewichen werden. Im LfU sind solche Karten in den Maßstäben 1 : 50 000, 1 : 100 000, 1 : 200 000 und 1 : 500 000 sowie verschie-dene detaillierte Manuskriptkarten verfügbar. Für den Landkreis Berchtesgadener Land liegt außer-

dem noch die geologische Sonderkarte Nationalpark Berchtesgaden vor.

Die fehlenden Kartenblätter der GK 25 für den Landkreis Berchtesgadener Land wurden durch folgen-

de geologische Manuskriptkarten ergänzt:

• 8043 Laufen

• 8142 Teisendorf

• 8143 Freilassing

• 8243 Bad Reichenhall

• 8244/8344 Berchtesgaden Ost

• 8342 Schneizlreuth

Diese Kartenblätter wurden als Grundlage für die Gefahrenhinweiskarte digital aufbereitet. Somit liegt

für das Untersuchungsgebiet eine flächendeckende geologische Karte im Vektorformat vor.

Page 26: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Datengrundlagen

2 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

2.2 Digitales Geländemodell Das Digitale Geländemodell (DGM) ist wesentlicher Bestandteil der Modellierung von Steinschlag / Blockschlag, Felssturz und Hanganbrüchen. Es wird sowohl für das Dispositionsmodell (Anhang Kapi-tel 4.1), als auch für das Prozessmodell (Anhang Kapitel 4.2) und für die visuelle Erfassung und Beur-

teilung von Rutschungen und Erdfällen / Dolinen verwendet.

Für die Erstellung des Digitalen Geländemodells wurde auf Daten des LVG zurückgegriffen. Das LVG erstellt mittels Airborne-Laserscanningverfahren hoch aufgelöste Digitale Geländemodelle. Dargestellt wird dabei die Höhe der Geländeoberfläche. Messpunkte, die auf Gebäude und Vegetation fallen, werden herausgerechnet. Seitens des LVG sind bayernweit Daten in den Auflösungsstufen 1 m, 2 m

und 5 m verfügbar, allerdings noch nicht in allen Auflösungsstufen flächendeckend lieferbar.

Für die verschiedenen Anwendungen wurden unterschiedliche Auflösungsstufen des DGM benutzt. Für die Steinschlagsimulation und die Hanganbruchmodellierung wurden die Eingangsdaten auf Basis der 5 m-Daten aufbereitet. Für die Beurteilung von tiefreichenden Rutschungen und die Ermittlung von Erdfällen / Dolinen wurden für den gesamten Landkreis Berchtesgadener Land Daten im 1 m-Raster

am LfU verarbeitet.

2.2.1 Das Digitale Geländemodell als Grundlage für Steinschlagsimulation und Hanganbruchmodellierung

Für die Modellierung von Steinschlägen und Hanganbrüchen wurden Eingangsdaten auf Basis der 5 m-Daten mittels der GIS-Software ArcGIS prozessiert. Im Einzelnen wurden folgende Daten aus

dem 5 m-DGM abgeleitet:

Tab. 1: Abgeleitete Daten aus dem 5 m-DGM.

Datensatz Umfang / Gültigkeitsbereich Verwendung

DGM 5 m Analyseumfang Sturz

Modellierungsumfang Hanganbrüche

• Generierung der Sturz-Anbruchzonen mit Neigung > 45°

• Basis für Hanganbruchmodellie-rung

DGM 10 m Modellierungsumfang Sturz (Rechteck) • Basis für Sturzmodellierung

2.2.2 Das Digitale Geländemodell als Grundlage für die Beurteilung tiefreichender Rutschungen und Erfassung von Erdfällen / Dolinen

Auch für die Beurteilung tiefreichender Rutschungen und die Erfassung von Erdfällen und Dolinen wurden Digitale Geländemodelle eingesetzt. Hierzu wurden aus den 1 m-Rasterdaten Schattenmodel-le (Hillshades) erstellt (Abb. 1), die eine genaue Beurteilung der morphologischen Gegebenheiten er-

möglichen. Das Schattenmodell wurde mit zwei Beleuchtungsrichtungen (45° und 315°) erstellt.

Page 27: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Datengrundlagen

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 3

Abb. 1: Ausschnitt aus einem Schattenmodell. Rutschungsbereich rot umrandet.

Durch Komprimierung sind hoch aufgelöste Höhenmodelle bzw. daraus generierte Schattenmodelle

ganzer Landkreise trotz großer Rohdatenmengen im GIS noch gut nutzbar.

Die Schattenmodelle ermöglichen eine gute Visualisierung der Geländemorphologie und somit z. B.

eine Vorabbeurteilung von Rutschungsbereichen (Abb. 1).

2.3 Wald / Forst Die Wald- bzw. Forstflächen im Untersuchungsgebiet wurden als einzelne Ebene aus dem Digitalen

Landschaftsmodell (DLM25) aus ATKIS® Bayern extrahiert (www.atkis.de).

Der verwendete Layer (VEG03_F; Stand 2011) enthält Objekte der Objektarten Wald, Forst (4107)

und Gehölz (4108).

2.4 Gebäude Die Gebäude wurden der Digitalen Flurkarte (DFK) vom Mai 2011 entnommen (www.geodaten.bayern.de). Der verwendete Layer enthält Objekte mit den Attributen bewohnt (1001)

und unbewohnt (1002).

Page 28: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Datengrundlagen

4 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

2.5 Daten aus dem Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) Das Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) ist die zentrale Datenbank des LfU zu Geofachdaten. Große Anteile der Datenbestände sind für jedermann über das Internet einsehbar. Unter anderem

werden im BIS-BY auch Daten zu Hangbewegungen gespeichert.

2.5.1 GEORISK - Dokumentations- und Informationssystem Im BIS-BY sind die bereits seit 1987 vom ehemaligen Bayerischen Geologischen Landesamt im Rah-men des Programms GEORISK gesammelten Informationen zu Hangbewegungen integriert. Im GEORISK-Ereigniskataster sind alle Arten von Hangbewegungen systematisch erfasst. Für jede ein-zelne Hangbewegung wurde eine detaillierte Beschreibung zur Art der Hangbewegung und ihrer räumlichen Ausdehnung erstellt sowie eine Erläuterung zum Alter und der zukünftigen Entwicklung der Hangbewegung abgefasst. Ebenso wurde der Informationsgrad angegeben und ein Quellennach-weis geführt. Die Anbruch- und Ablagerungsbereiche der Hangbewegungen wurden digitalisiert und

neben aussagekräftigem Bildmaterial im BIS-BY abgespeichert.

Erfahrungsgemäß kommt es in den Bereichen, in denen bereits in früherer Zeit Hangbewegungen stattgefunden haben, auch in der Folgezeit immer wieder zu neuen Ereignissen. Wegen der besonde-ren Sensibilität lag der Arbeitsschwerpunkt zunächst im Bayerischen Alpenraum, so dass für das Al-penvorland vorab nur sehr wenige Informationen zu Hangbewegungen vorlagen. Die im Rahmen des Projektes erhobenen Daten wurden in das GEORISK-Ereigniskataster aufgenommen und in das Bo-

deninformationssystem Bayern (BIS-BY, Abb. 2) des LfU übernommen.

Die GEORISK-Daten aus dem BIS-BY sind die wohl wichtigste Datengrundlage für die Bewertung von Rutschungen. Aber auch bei der Modellierung von Steinschlag und kleineren Felsstürzen können die-se Daten eine gute Grundlage bilden, da sie durch die digitalisierten Anbruchkanten Felswandberei-che markieren, von denen Steinschlag ausgeht. Diese digitalen Daten können direkt in das Dispositi-

onsmodell (Anhang Kapitel 5.1) einfließen.

Bis August 2013 wurden für den Landkreis Berchtesgadener Land 549 Hangbewegungsbereiche

(GEORISK-Objekte) erfasst und bewertet.

Page 29: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Datengrundlagen

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 5

Abb. 2: Ausschnitt aus dem Fachthema Georisiken im BIS-BY (www.bis.bayern.de).

2.5.2 Karten der Aktivitätsbereiche Neben der Ereignisdokumentation im BIS-BY wurden von 1989 bis 2002 im Umfeld von 57 Hauptsied-lungsgebieten flächendeckende Kartierungen zur Erfassung von Hangbewegungen durchgeführt. Mit den im Gelände gesammelten Daten, den Luftbildauswertungen und den Daten aus den Archiven konnten im Bereich der Hauptsiedlungsgebiete die sogenannten Karten der Aktivitätsbereiche erstellt werden (Abb. 3). Mit diesen Karten wurde versucht, die einzelnen sehr verschiedenen Massenbewe-gungsarten zusammenzufassen und aufgrund ihres Aktivitätsgrades in vier unterschiedliche Katego-rien einzuordnen, um dadurch auch eine indirekte Aussage über die mögliche Gefährdungshöhe zu

erhalten.

Page 30: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Datengrundlagen

6 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Die Abgrenzung der vier Aktivitätsstufen gegeneinander erfolgte zwar in erster Linie aufgrund des un-terschiedlich hohen Aktivitätsgrades, aber auch die Häufigkeit bzw. Wahrscheinlichkeit eines Ereignis-

ses floss in die Bewertung mit ein. Es wurden folgende vier Kategorien unterschieden:

Rot: Bereiche, in denen deutliche Anzeichen für aktive Massenbewegungen auftreten.

Orange: Bereiche, in denen vereinzelte Hinweise auf aktive Massenbewegungen zu finden

sind.

Gelb: Bereiche, in denen aufgrund der geologischen und morphologischen Gegebenheiten

aktive Massenbewegungen nicht auszuschließen sind.

Grau: Bereiche, in denen keine Hinweise auf Massenbewegungen zu finden sind.

Abb. 3: Ausschnitt aus der Karte der Aktivitätsbereiche (www.bis.bayern.de).

In den Karten der Aktivitätsbereiche werden Angaben darüber gemacht, in welchen Bereichen Hang-bewegungsaktivitäten herrschen bzw. von welchen Bereichen Hangbewegungen ihren Ausgang neh-men. Die erfassten Aktivitätsbereiche sind nicht mit Gefahrenhinweiskarten gleichzusetzen. Um Aus-sagen über die zu erwartende Ausdehnung des jeweiligen Gefahrenbereiches bzw. die zu erwartende Reichweite von potenziellen Hangbewegungen machen zu können, müssen diese Karten weiter inter-pretiert werden. Daher wurden die Karten der Aktivitätsbereiche durch die Gefahrenhinweiskarten er-setzt. Die Karten der Aktivitätsbereiche waren dennoch für die Erstellung der Gefahrenhinweiskarte im

Alpenraum eine wichtige Grundlage.

Page 31: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Geologischer Rahmen

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 7

2.5.3 Informationen aus dem Projekt EGAR Das Projekt EGAR – Einzugsgebiete in alpinen Regionen – wurde von 1999 bis 2010 am ehemaligen Landesamt für Wasserwirtschaft und nachfolgend am Bayerischen Landesamt für Umwelt durchge-führt. Ziel des Projektes war die Beurteilung des Gefahrenpotentials in alpinen Wildbacheinzugsgebie-ten anhand des Abflussgeschehens und Geschiebepotentials mit dem Schwerpunkt der regionalen wasserwirtschaftlichen Rahmenplanung im Bayerischen Alpenraum. Neben der Aufnahme von Pflan-zengesellschaften und der Untergrundverhältnisse war eine flächendeckende Aufnahme der aktuellen und reliktischen Hangbewegungsprozesse ein weiteres Ziel des Projektes. Dies erfolgte durch Inter-pretation von digitalen Orthofotos, stereoskopischen Luftbildern im Maßstab 1 : 18 000, geologischer Spezialkarten und, wenn vorhanden, von digitalen Geländemodellen. Die Ergebnisse wurden durch punktuelle Geländebegehungen verifiziert und in ein GIS-System integriert. Für den Alpenanteil des Landkreises Berchtesgadener Land standen die Kartenblätter 8242 Inzell, 8243 Bad Reichenhall, 8244/8344 Berchtesgaden Ost, 8342 Schneizlreuth, 8343 Berchtesgaden West, 8442 Hirschbichl,

8443 Königssee, 8444 Hoher Göll und 8543/8544 Funtensee zur Verfügung.

In das Projekt Gefahrenhinweiskarte Bayerische Alpen sind nur solche Daten über Sturz-, Rutsch- und

Gleitprozesse aus dem EGAR-Projekt eingepasst worden, für die bisher kein GEORISK-Objekt vor-

handen war.

2.5.4 Informationen aus dem Projekt HANG Das Projekt HANG – Historische Analyse Alpiner Naturgefahren – wurde am ehemaligen Landesamt

für Wasserwirtschaft durchgeführt und hatte eine Laufzeit von Juni 2000 bis Anfang 2003.

Die Einschätzung von Naturprozessen und deren Gefahrenpotentialen ist gerade im Bergland mit sei-ner hohen Dynamik oft problematisch. Neben den theoretischen Hilfsmitteln zur Berechnung und Mo-dellierung dieser Prozesse ist daher die Ereignisdokumentation ein wesentlicher Baustein. Zur Ein-ordnung von Häufigkeit, Wahrscheinlichkeit und Intensitäten kann die Auswertung möglichst langfristi-

ger Beobachtungen aus historischen Quellen eine wertvolle Hilfe sein.

Ziel des Projektes war es, zunächst die Ergiebigkeit und Aussagekraft verschiedener Quellen und Ar-chive (z. B. Behörden, Gemeinden, Kirchenbücher) zu testen. Daraus sollte eine Methodik abgeleitet werden, wie eine optimale Erfassung und Auswertung historischer Daten unter Berücksichtigung des Aufwandes erfolgen kann. Die Untersuchungen wurden vom Geographischen Institut der Universität München durchgeführt und die Ergebnisse in ein GIS integriert. Hangbewegungsrelevante Daten wur-den in das BIS-BY übernommen und flossen somit in die Auswertungen zur Erstellung der Gefahren-

hinweiskarten ein.

3 Geologischer Rahmen Die Gesteine im Landkreis Berchtesgadener Land umfassen ein sehr breites Spektrum, denn sie wur-den in sehr unterschiedlichen Sedimentationsräumen abgelagert und teilweise in die Alpenbildung einbezogen. Sie lassen sich in quartäre Lockergesteine sowie in die tektonischen Einheiten Molasse,

Helvetikum und Ultrahelvetikum, Rhenodanubischer Flysch und Kalkalpin einteilen.

Die Vorlandmolasse im Alpenvorland besteht überwiegend aus Sanden, Kiesen und Mergeln (lokal auch Sandsteine und Konglomerate) und ist fast vollständig von Ablagerungen des Quartär (v. a. Kie-se, Nagelfluh, Lehme, Tone) überdeckt. Lokal kommt die kaum bedeutende Inneralpine Molasse vor. In der Gegend von Neukirchen und Teisendorf stehen das sogenannte Helvetikum und Ultrahelveti-kum an. Die Gesteine des Helvetikums sind hauptsächlich mergelig und kalkig ausgebildet und wei-

Page 32: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Grundsätzliches zur Erstellung von Gefahrenhinweiskarten

8 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

sen lokal Vererzungen auf. Die Sedimente des Ultrahelvetikums hingegen setzen sich überwiegend

aus Tonen und Mergeln zusammen.

Südlich an das Helvetikum anschließend folgen Sedimente des Rhenodanubischen Flyschs. Sie

bauen die stark bewaldeten und von vielen Bächen durchzogenen Hänge am Teisenberg und am Högl auf. Der Rhenodanubische Flysch wird einerseits von Mergeln und Kalk-Mergel-Wechselfolgen,

andererseits von Sandsteinen geprägt.

Von Süden her sind auf den Flysch die Nördlichen Kalkalpen tektonisch überschoben worden. Die

Aufgliederung in zahlreiche tektonische Decken und Einheiten soll hier nicht ausgeführt werden, es kann auf die Spezialliteratur (s. u.) verwiesen werden. Teilweise herrschen Kalke und Dolomite vor, teilweise dominieren auch Mergel und Tonsteine. Von großer Bedeutung ist, nicht zuletzt auch für die alpinen Gefahren, die sogenannte „Hallstattmelange“. Es handelt sich um ein strukturloses Mischge-stein aus Tonen und aus bis zu 1000 Meter mächtigem Haselgebirge, in dem riesige Karbonatblöcke, sogenannte Resedimente eingelagert sind. Das Haselgebirge führt stark auslaugungsfähiges Salz,

Gips und Anhydrit.

Für weitere detaillierte Informationen zum geologischen Aufbau im Berchtesgadener Land wird auf die Geologischen Karten im Maßstab 1 : 25 000 (DOBEN, K. (1973), RISCH, H. (1993),SCHWERD, K. (1998)), die Geologische Übersichtskarte im Maßstab 1 : 100 000 (GANSS, O. 1971) sowie die Geolo-gische Karte von Bayern 1 : 500 000 (BAYERISCHES GEOLOGISCHES LANDESAMT 1996) inklusive Erläu-

terungen verwiesen.

4 Grundsätzliches zur Erstellung von Gefahrenhinweiskar-ten

Das Abschätzen von Reichweiten für Hangbewegungen kann ohne numerische Modellierung nur über Augenzeugen oder über sogenannte stumme Zeugen, also über Spuren vorausgegangener Ereignis-se erfolgen. Berichte von Augenzeugen sind selten und stumme Zeugen sind nicht immer zu finden. In Bereichen, in denen stumme Zeugen entweder entfernt wurden oder Hangbewegungen erst in der Zukunft zu erwarten sind, kann deshalb nur mit Modellierungen eine Aussage über die Reichweite von

potenziellen Hangbewegungen gemacht werden.

Derartige Simulationen können nach KIENHOLZ, H. ET AL. (1993) in Dispositionsmodelle und Pro-zessmodelle gegliedert werden. Sie basieren entweder auf empirischen Annahmen (funktionalisti-

scher Ansatz) oder auf physikalischen Parametern und Zusammenhängen (realistischer Ansatz). Die jeweils darauf aufbauenden unterschiedlichen Gefahrenhinweiskarten können in einer integrativen

Gefahrenhinweiskarte zusammengefasst werden.

4.1 Dispositionsmodelle Dispositionsmodelle dienen zur Ermittlung von Gefahrenquellen bzw. Bereichen, von denen eine Ge-fahr ausgehen kann. Bei den Prozessen Felssturz und Steinschlag handelt es sich z. B. um Gebiete, aus denen sich Steine und Felsblöcke lösen können. Es können zwei Ansätze gewählt werden: Einer-seits werden – soweit möglich – potenzielle Anbruchbereiche im Gelände ermittelt bzw. bereits erfass-te Daten aus einer Datenbank selektiert, andererseits können mittels GIS-Operationen potenzielle An-bruchbereiche pauschal aus dem Digitalen Geländemodell (DGM) und anderen Parametern errechnet

werden.

Page 33: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 9

Für die Rutschungsbetrachtungen müssen potenzielle Anrissgebiete ausschließlich empirisch ermittelt

werden.

4.2 Prozessmodelle In einem Prozessmodell wird der Ablauf der Hangbewegung simuliert. Dabei kann beschrieben wer-den, welchen Weg die Massen nehmen, welche Geschwindigkeiten und kinematischen Energien er-

reicht werden und welche möglichen Reichweiten auftreten können.

Die ersten Prozessmodelle bzw. Modellierungen Ende der 70er Jahre mit realistischem Ansatz erfolg-ten für den Prozess Stein- und Blockschlag (MEIßL, G. 1998). Sie ermöglichten eine dynamische Simu-lation von Sturzereignissen. Die neueren Raster-Trajektorien-Modelle sowie die mit Vektoren arbei-tenden Modelle liefern gute Ergebnisse, die im Wesentlichen davon abhängen, welche Dämpfungsfak-toren im Reibungsmodell eingesetzt bzw. welche Dämpfungsparameter für die Wechselwirkungen mit

dem Untergrund herangezogen werden.

In den folgenden Kapiteln werden die technischen Details und die Vorgehensweisen der Modellierun-

gen der einzelnen, im Projekt behandelten Prozesse beschrieben.

5 Stein- und Blockschlag

5.1 Dispositionsmodell Im Dispositionsmodell wird festgelegt, aus welchen Bereichen im Gelände es zu Stein- und Block-schlag kommen kann. Bei der Modellierung für Gefahrenhinweiskarten werden, wie im Anhang Kapitel

4.1 bereits erwähnt, zwei empirische Ansätze gewählt.

Zum einen können, soweit vorhanden, die potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag direkt aus dem BIS-BY entnommen werden (Dispositionsmodell 1). Zum anderen können aufgrund empirischer Erfahrung in den Gebieten, in denen keine Informationen aus Kartierungen vorliegen, er-satzweise alle Hangbereiche als potenzielle Anbruchbereiche für Sturzereignisse angesehen werden,

in denen die Hangneigung steiler als 45° ist (Dispositionsmodell 2).

5.1.1 Dispositionsmodell 1: Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag aus den GEORISK-Daten

Im Bodeninformationssystem Bayern sind GEORISK-Daten erfasst, die direkt als potenzielle Startbe-reiche für Stein- und Blockschlag verwendet werden können. Dabei handelt es sich um als Linien digi-

talisierte Anbruchkanten von Stein- und Blockschlagereignissen.

5.1.2 Dispositionsmodell 2: Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag aus dem DGM über den Grenzneigungswinkel

Das Dispositionsmodell 2 verwendet zur Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag den sogenannten Grenzneigungswinkel von 45°. Damit werden alle Hangbereiche, deren Neigung 45° oder mehr beträgt, als potenzielle Anbruchbereiche angesehen. Diese Bereiche können über Standardfunktionen handelsüblicher Geoinformationssysteme aus dem Digitalen Geländemodell ermittelt werden. Der Grenzneigungswinkel wurde mit Hilfe von Luftbildern verifiziert und lieferte für

Page 34: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

10 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

den bayerischen Alpenraum sehr gute Ergebnisse. Ein Winkel von 45° wird unter anderem auch von

WADGE, G. ET AL. (1993) verwendet.

5.2 Prozessmodell Das Prozessmodell (dynamisches Modell) für die Steinschlagmodellierung simuliert die Dynamik des

Sturzvorganges.

Das Prozessmodell seinerseits kann nach MEIßL, G. (1998) bzw. HEGG, C. & KIENHOLZ, H. (1995) in zwei Teile untergliedert werden: Das sogenannte Trajektorien-Modell ermittelt die Sturzbahn der Stei-ne und Blöcke und das Reibungsmodell berechnet den Energieumsatz des Sturzmateriales entlang

der Sturzbahn und schätzt daraus die Reichweite des Sturzes.

Da es sich bei Sturzereignissen um Bewegungen handelt, die im dreidimensionalen Raum stattfinden, muss die Prozessmodellierung für den regionalen Maßstab unter Anwendung Digitaler Geländemodel-le ebenso im dreidimensionalen Raum durchgeführt werden. Die potenziellen Anbruchbereiche (Start-punkte), die in den Dispositionsmodellen ermittelt wurden, können in Digitale Geländemodelle über-tragen werden. Ausgehend von diesen Punkten werden die Sturzprozesse modelliert und die Reich-

weiten berechnet.

Steinschlagmodell nach ZINGGELER + GEOTEST Für die Steinschlagsimulation wird im Projekt das Steinschlagmodell nach ZINGGELER & GEOTEST (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2005) verwendet. Die Modellierung der Bewegung der Sturzblöcke erfolgt hierbei nach den physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Mechanik und ist in die Prozesse Fallen, Springen und Rollen unterteilt. Die Berechnungen stellen eine Abfolge dieser Prozesse mit den da-

zwischen liegenden Kontaktreaktionen mit dem Untergrund und mit Baumstämmen dar.

Beim simulierten Bodenkontakt des Sturzblockes wird durch die Geometrie des Blockes ein Aufprall-trichter im Untergrund erzeugt, der die Bewegungsrichtung des Blockes maßgeblich mitbestimmt. Beim Eindringprozess in den Untergrund entsteht ein Energieverlust. Zur Berechnung des Energiever-lustes bei der Materialverdrängung wird der Modellblock als Kugel definiert. Entsprechend den Unter-grundeigenschaften und der Dimension der Modellkugel wird ein spezifischer Aufschlagtrichter ge-formt. Für die Modellierung des Absprungprozesses wird der Modellblock wieder über die drei Haupt-achsen beschrieben, damit die resultierende Rotation des Blockes berechnet werden kann. In Abb. 4 ist z. B. ersichtlich, wie der Körperschwerpunkt durch die Blockform (Hebelwirkung) in einer Kompo-nente senkrecht zum Untergrund beschleunigt wird, was einen wesentlichen Beitrag zum Abheben lie-

fert.

Page 35: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 11

Abb. 4: Schematische Darstellung der prinzipiellen Prozesse. Kontaktreaktionen mit dem Untergrund und Bäu-men, sowie Spring- und Rollprozesse (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2005).

5.2.1 Festlegung der Bemessungsereignisse (Sturzblockgrößen)

5.2.1.1 Allgemeines Bei der numerischen Modellierung wird für einen Felsblock mit einer frei definierten Größe (= Bemessungsereignis) die potenzielle Sturzweite (Einwirkungsbereich) ermittelt. Somit muss ent-schieden werden, ob der häufige Absturz kleiner Steine im konkreten Fall relevant ist, oder eher der seltenere Abgang größerer Massen mit daraus resultierender hoher Reichweite. Die Geländemorpho-logie und Einflussfaktoren wie Wald, Dämpfung des Untergrundes etc. sind vorgegeben und für die Modellierung damit feste Parameter. Variabler Parameter ist die Blockgröße, welche die Reichweite wesentlich beeinflusst. Für die Dimensionierung des Bemessungsereignisses müssen Blockgrößen gewählt werden, die eine für die jeweilige Lokalität angemessene und repräsentative Größe darstel-

len.

Der geologische Aufbau bestimmt die Wahl des Bemessungsereignisses. Die Größe von Sturzkörpern wird maßgeblich von der geotechnischen Gebirgsfazies bestimmt. Mehrere Kubikmeter große Einzel-blöcke sind in der Regel nur in massigen Gesteinen zu erwarten – dazu gehören beispielsweise Riff-karbonate. Massige Gesteine sind je nach Ausbildung und Erstreckung von Trennflächen prädestiniert für Felsstürze. Die Anlage der Trennflächen, ihre Raumlage und ihre aktuelle Ausbildung (Öffnungs-weite, Beschaffenheit der Kluftflächen etc.) sind ihrerseits unter anderem abhängig von der tektoni-schen Geschichte des Gesteins, sowie seiner morphologischen und klimatischen Exposition. Aus sehr engständig geschichteten bzw. geschieferten bis mittelbankig (< 2 cm bis 60 cm, PRINZ, H. & STRAUß, R. (2006)) geschichteten Gesteinen sind dagegen durch die in vergleichsweise kurzen Abständen auf-tretenden, annähernd parallelen Schichtflächen, keine einzelnen Sturzkörper von mehreren Kubikme-tern Größe zu erwarten, sondern deutlich kleinere Körper von Kieskorngröße (Ø > 2 mm) bis hin zu

kleinen Blöcken (Ø > 20 cm).

Page 36: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

12 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

All diese geologischen Faktoren geben im Rahmen einer realistischen Betrachtungsweise die an einer

bestimmten Stelle vorwiegend anzunehmende relevante Sturzblockgröße vor.

Die Dimensionierung bzw. Festlegung eines Bemessungsereignisses ist das Ergebnis einer Abwä-gung zwischen der zu erwartenden Sturzblockgröße (geologische Faktoren) und der Eintrittswahr-

scheinlichkeit eines Sturzereignisses.

Wird beispielsweise ein mit extrem geringer Wahrscheinlichkeit eintretender großer Felssturz oder Bergsturz in einem Gebiet nicht als Risiko empfunden, obwohl die theoretische Möglichkeit besteht, dass solch ein Ereignis eintritt, so kann dies als sogenanntes „Restrisiko“ bezeichnet werden. Ein „Null-Risiko“ ist im Bergland üblicherweise nicht zu erzielen, so dass immer ein gewisses verbleiben-des Risiko besteht. Würde jedes noch so geringe Risiko berücksichtigt, würden sämtliche Flächen im Bergland als gefährdet ausgewiesen. In der Regel muss deshalb mit Sturzereignissen modelliert wer-den, die häufiger auftreten, damit repräsentativ sind und als Risiko empfunden werden. Durch die Di-mensionierung des Bemessungsereignisses wird eine Vorauswahl getroffen, welche Sturzereignisse aus geologischer Sicht als nicht zu vermeidendes Risiko bezeichnet werden müssen. Diese Voraus-wahl kann und muss von erfahrenen Fachleuten getroffen werden. Im Gegensatz dazu ist die Frage, ob ein Sturzereignis ein akzeptables oder inakzeptables Risiko darstellt, letztlich von soziologisch-

politischen Entscheidungen abhängig (Abb. 5).

Abb. 5: Schematische Darstellung der Risikostufen.

Risikowahrnehmung, Risikoakzeptanz und Grenzrisiko sind keine festen „Größen“, sie unterliegen fortschreitenden Neubewertungen (MERTSCH, S. 2004). Die Dynamik der drei Begriffe richtet sich bei-spielsweise nach der Präsenzwahrscheinlichkeit gefährdeter Personen und Objekte im bedrohten Ge-biet und der Frage, in wie weit technische Vorkehrungen generell denkbar bzw. sachlich oder ökono-

misch praktikabel sind.

Bemessungsereignisse im Rahmen einer Gefahrenhinweiskarte können (zumindest teilweise) durch empirisch-theoretische Schlussfolgerungen pauschalisierend auf Basis einer geologischen Karte in geeignetem Maßstab dimensioniert werden. Ein besseres und genaueres Ergebnis wird allerdings er-

reicht, wenn die pauschalisierende Methode mit Geländeuntersuchungen kombiniert wird.

Page 37: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 13

5.2.1.2 Vorgehensweise im Projekt Im Rahmen des Projektes wurde bei der Festlegung der Bemessungsereignisse wie folgt vorgegan-

gen:

• Verschneiden der potenziellen Anbruchbereiche aus den Dispositionsmodellen 1 und 2 mit der Geologischen Karte 1 : 25 000.

• Konkrete Geländeuntersuchungen der betroffenen stratigraphischen Einheiten, um eine repräsen-tative Blockgröße für jede geologische Einheit festlegen zu können.

• Einteilung der vorkommenden Blockgrößen in vier Klassen.

Die Geländeuntersuchungen erfassten das gesamte Projektgebiet. Aufgrund fazieller Unterschiede kann die Blockgröße auch innerhalb derselben stratigraphischen Einheiten variieren. Je nach Bearbei-tungsgebiet muss das Bemessungsereignis daher separat bewertet werden. Von jeder untersuchten geologischen Einheit wurden die wahrscheinlichsten Blockgrößen abgeschätzt und die Blöcke foto-graphisch dokumentiert. Zur Festlegung der Bemessungsgrundlagen wurden anhand von Geländebe-funden und Literaturangaben im Einklang mit den geologisch-geotechnischen Gebirgseigenschaften die Blockgrößen und -geometrien ermittelt. Die Bandbreite der im Projektgebiet ermittelten Volumina von Blöcken mit ausreichender Anbruchwahrscheinlichkeit beträgt ungefähr 125 – 1.728.000 cm3. Aus der Geometrie bzw. Form (x-y-z-Achsen) der vorgefundenen Gesteinsbruchstücke resultieren ver-schiedene Blockformenklassen, die in vier Volumenklassen (I / groß bis IV / klein) eingeteilt wurden (siehe Tab. 2 für den Alpenraum und Tab. 3 für das Alpenvorland). Dabei ist für jede stratigraphische Einheit nicht die maximale Blockgröße, sondern die einer erheblichen Wahrscheinlichkeit berücksich-tigt worden. Bei der Festlegung der Klassengrenzen wurden neben den Volumina der Blöcke auch die Flächenanteile der stratigraphischen Einheiten am Arbeitsgebiet berücksichtigt. Die stratigraphischen Einheiten, die große Flächenanteile der potenziellen Anbruchgebiete einnehmen, wurden vorrangig differenziert und somit unterschiedlichen Klassen zugeteilt, damit flächenmäßig unterrepräsentierte

Einheiten bei der Festlegung der Klassengrenzen nicht überbewertet werden.

Abb. 6: Sturzblockgeometrie. Der Sturzblock wird durch die Längen der 3 Hauptachsen x, y, z (hier: a, b, c) und seine Masse beschrieben (KRUMMENACHER, B. ET

AL. 2005).

In den vier Volumenklassen sind jeweils zwischen 8 und 32 stratigraphische Einheiten vertreten. Zu-dem wurde für die Modellierung im regionalen Maßstab jeweils eine generalisierte Blockformenklasse (x-y-z-Achsen) zugeordnet. Die Generalisierung der Formenklassen erfolgt über die Auswertung der Häufigkeit der Länge der Blockachsen x-y-z und, wenn nötig, unter Berücksichtigung eines Sicher-

heitszuschlags.

Page 38: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

14 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Im verwendeten Steinschlagmodell nach ZINGGELER & GEOTEST geht die Blockgröße und Blockform wie folgt in die Modellierung mit ein: Die Blockmasse wird aus der Multiplikation der drei Hauptachsen (Abb. 6), des durchschnittlichen spezifischen Gewichts des Gesteins (2,7 g / cm³) und einem Faktor

für den mittleren Rundungsgrad des Blocks (Masse = 81 % des Modellquaders) ermittelt.

Tab. 2: Stratigraphische Einheiten und ihre Einteilung in vier Blockformen- und Volumenklassen für den Alpen-raum im Berchtesgadener Land.

Stratigraphische EinheitBlock-

volumen

Flächenanteil am Gesamt-

AnbruchgebietVolumen-

klasseBlockformen-

klasse

durch-schnittliche Blockmasse

X Y Z[cm] [cm] [cm] [cm³] [%] [cm] [kg]

Alt-, Mittelpleitstozaen - Nagelfluh 120 120 120 1728000 0,032Breccie 120 120 120 1728000 0,002Dachsteinkalk 120 120 120 1728000 7,252Dachsteinkalk und -dolomit; Loferer Typus 120 120 120 1728000 1,206Dachsteinkalk und -dolomit; Reiteralmtypus 120 120 120 1728000 0,194Dachsteinkalk und -dolomit; Riffkalk 120 120 120 1728000 0,623Dachsteinkalk; Loferer Typus 120 120 120 1728000 36,209Dachsteinkalk; Reiteralmtypus 120 120 120 1728000 5,559Dachsteinkalk; Riffkalk 120 120 120 1728000 2,585Flussschotter, konglomeriert 120 120 120 1728000 0,005Gehaengebreccie 120 120 120 1728000 0,002Hangschuttbreccie 120 120 120 1728000 0,086Oberrhaetkalk 120 120 120 1728000 0,007Wettersteinkalk 120 120 120 1728000 3,864Wettersteinkalk und -dolomit 120 120 120 1728000 3,719Koessener Kalk 100 100 100 1000000 0,018Dachsteindolomit 80 100 120 960000 1,836Gosau-Basisschichten 80 100 120 960000 0,061Gosau-Gruppe, ungegliedert 80 100 120 960000 0,002Steinalmdolomit 80 100 120 960000 0,025Steinalm-Formation 80 100 120 960000 0,103Steinalmkalk 80 100 120 960000 0,007Untere Gosau-Subgruppe 80 100 120 960000 0,009Barmsteinkalk 80 80 100 640000 0,040Hallstaetter Kalke und -Dolomite, u. a. 60 100 100 600000 0,088Oberer Hallstaetter Kalk und Dolomit 60 100 100 600000 0,014Unterer Hallstaetter Kalk und Dolomit 60 100 100 600000 0,271Lias-Schwellenkalk 70 80 100 560000 1,128Reifling-Formation 70 80 100 560000 0,717Eozaen-Schichtfolge der Oberen Gosau, Konglomerat 80 80 80 512000 0,004Hallstaetter Dolomit 60 80 100 480000 0,076Hallstaetter Kalk 60 80 100 480000 0,042Kalkgraben-Formation 60 80 100 480000 0,066Partnachkalk 60 80 100 480000 0,244Plattenkalk 60 80 100 480000 0,030Pedataschichten 50 80 100 400000 0,349Eozaen-Schichtfolge der Oberen Gosau, Kalkstein, Riff- und Riffschuttkalk 60 80 80 384000 0,065Gutensteiner Dolomit 60 80 80 384000 0,065Gutenstein-Formation 60 80 80 384000 0,242Haellritz-Formation 60 80 80 384000 0,009Karnisch-norischer Dolomit 60 80 80 384000 10,916Skythisch-anisische Karbonatserie 60 80 80 384000 0,326Untersberger Marmor 60 80 80 384000 0,117Raibler Kalk 60 70 80 336000 0,079Raibler Kalk und Dolomit 60 70 80 336000 0,007Raibler Schichten 60 70 80 336000 0,162Ramsaudolomit 60 70 80 336000 11,895Ramsaudolomit bis Karnisch-norischer Dolomit 60 70 80 336000 0,071Reichenhaller Rauhwacke 50 80 80 320000 0,003Reichenhall-Formation 50 80 80 320000 0,049Oberalm-Formation 60 60 80 288000 0,481Obere Rossfeld-Subformation 60 60 80 288000 0,102Plassenkalk 60 60 80 288000 0,052Eozaen-Schichtfolge der Oberen Gosau, Sandstein 50 60 80 240000 0,006

Blockachsen

I 120 x 120 x 120 3.780

II 80 x 100 x 100 1.750

Page 39: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 15

Altlengbach-Formation 40 60 80 192000 0,088Rossfeld-Formation 40 60 80 192000 0,000Rotkalk 40 60 80 192000 0,017Untere Rossfeld-Subformation 40 60 80 192000 0,142Hauptdolomit 40 60 70 168000 6,981Poetschenkalk 30 60 80 144000 0,034Schichtfolge des Eozaen, Sandstein 40 60 60 144000 0,002Nierentaler Schichten 40 50 60 120000 0,001Nierental-Formation 40 50 60 120000 0,037Sankt-Pankraz-Subformation 40 50 60 120000 0,007Scheibelberg-Formation 30 50 70 105000 0,051Scheibelberg-Formation bis Chiemgauer Schichten 30 50 70 105000 0,003Schrambach-Formation 30 50 60 90000 0,076Haselgebirge 30 50 50 75000 0,055Haselgebirge, ausgelaugt 30 50 50 75000 0,004Hierlatzkalk 30 40 50 60000 0,002Olistholith-Horizont 30 40 50 60000 0,041Vilser Kalk 30 40 50 60000 0,001Chiemgauer Schichten 30 40 40 48000 0,033Ruhpolding-Formation 30 40 40 48000 0,048Tauglboden-Formation 20 40 50 40000 0,052Untere Werfener Schichten 20 30 50 30000 0,045Werfener Schichten 20 30 50 30000 0,052Glanegger Schichten 20 30 40 24000 0,012Koessen-Formation 20 30 40 24000 0,022Partnachschichten 20 30 40 24000 0,105Zlambachschichten 20 30 40 24000 0,042Fernmoraene 20 30 30 18000 0,127Lokalmoraene 20 30 30 18000 0,086Moraene 20 30 30 18000 0,011Moraene, wuermzeitlich 20 30 30 18000 0,092Piesenkopf-Formation 20 30 30 18000 0,020Schichtfolge des Eozaen, Mergelstein 20 30 30 18000 0,001Allgaeu-Formation 10 30 50 15000 0,226Lias-Allgaeuschichten 10 30 40 12000 0,004Obere Werfener Schichten 10 30 40 12000 0,058Schmelzwasser- oder Flussschotter 20 20 20 8000 0,269Perneck-Formation 5 5 10 250 0,001Raibler Tonstein 5 5 10 250 0,032

IV 20 x 40 x 50 90

III 40 x 60 x 80 420

Page 40: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

16 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Tab. 3: Stratigraphische Einheiten und ihre Einteilung in vier Blockformen- und Volumenklassen für das Alpen-vorland (Projekt-Teilgebiet 1: Berchtesgadener Land, Traunstein, Rosenheim inkl. Stadt Rosenheim).

Stratigraphische EinheitBlock-

volumen

Flächenanteil am Gesamt-

AnbruchgebietVolumen-

klasseBlockformen-

klasse

durch-schnittliche Blockmasse

X Y Z[cm] [cm] [cm] [cm³] [%] [cm] [kg]

Alt-, Mittelpleistozaen - Nagelfluh 120 120 120 1728000 2,8298

Altmoraene, z. T. Nagelfluh 120 120 120 1728000 1,3888

Konglomerat 120 120 120 1728000 0,2364

Obere Suesswassermolasse, Konglomerat 120 120 120 1728000 2,7614

Oberrhaetkalk 120 120 120 1728000 0,9563

Schmelzwasser- oder Flussschotter, z. T. Nagelfluh 120 120 120 1728000 25,6209

Philipp-und Liegend-Floezgruppe 60 100 100 600000 0,3734

Rehbreingraben- bis Seisenburg-Formation 60 80 100 480000 0,0027

Alveolinenschichten 60 80 80 384000 0,3761

Haellritz-Formation 60 80 80 384000 0,2283

Raibler Dolomit 60 70 80 336000 0,0564

Raibler Rauhwacke 60 70 80 336000 1,0315

Frauengrube-Subformation 50 60 80 240000 0,7951

Altlengbach-Formation 40 60 80 192000 1,2169

Fackelgraben-Subformation 40 60 80 192000 0,2713

Juengere Obere Suesswassermolasse 40 60 80 192000 0,0295

Rehbreingraben-Formation 40 60 80 192000 0,0107

Weitwies-Subformation 40 60 80 192000 0,2230

Hauptdolomit 40 60 70 168000 3,0638

Buergen-Formation 40 50 60 120000 0,0081

Obere Suesswassermolasse und Brackwassermolasse 40 50 60 120000 0,5748

Obere Suesswassermolasse, Hangendserie 40 50 60 120000 0,0242

Sankt-Pankraz-Subformation 40 50 60 120000 0,2471

Schwarzerzschichten, unvererzt 40 50 60 120000 0,0215

Schwarzerzschichten, vererzt 40 50 60 120000 0,0269

Haupt-Cyrenenschichten 40 50 50 100000 0,4781

Tiefere Untere Bunte Molasse und Untere Cyrenenschichten 40 50 50 100000 0,0054

Haupt- und Sattel-Floezgruppe 40 40 50 80000 0,0242

Obere Brackwassermolasse 40 40 50 80000 0,0672

Oberste Cyrenenschichten 40 40 50 80000 0,0081

Untere Brackwassermolasse 40 40 50 80000 0,0215

Kalkgraben-Formation 30 50 50 75000 0,2539

Osterbachschichten 30 40 60 72000 0,0161

Bausteinschichten 30 40 50 60000 2,5032Hoehere Untere Bunte Molasse und hoehere Hauptcyrenenschichten 20 50 50 50000 1,4371Mittlere Untere Bunte Molasse und tiefere Hauptcyrenenschichten 20 50 50 50000 0,6178

Achtal-Formation 20 40 50 40000 0,0833

Gross- und Kleinkohl-Floezgruppe 20 40 50 40000 0,3385

Sinterkalk 30 30 40 36000 0,4244

Juengere Obere Meeresmolasse 20 40 40 32000 3,3685

Aelteste Obere Meeresmolasse 15 40 40 24000 1,5661

Koessen-Formation 20 30 40 24000 1,3541

Obere Suesswassermolasse 20 30 40 24000 2,9199

Promberger Schichten 20 30 40 24000 0,0886

Altmoraene 20 30 30 18000 0,1639

Fernmoraene 20 30 30 18000 0,9215

Moraene 20 30 30 18000 5,1714

Moraene, risszeitlich 20 30 30 18000 0,9026

Moraene, wuermzeitlich 20 30 30 18000 14,1383

Moraene, wuermzeitlich, tonig-schluffig 20 30 30 18000 0,4164

Allgaeu-Formation 10 30 50 15000 1,6015

Obere Meeresmolasse und Brackwassermolasse 10 30 40 12000 1,5231

Obere Suesswassermolasse, Schotter 20 20 20 8000 0,0054

Schmelzwasser- oder Flussschotter 20 20 20 8000 7,3150

Chatt-Sand 10 20 30 6000 0,4486

Obere Meeresmolasse 10 20 30 6000 4,0911

Pinswanger Schichten 5 20 20 2000 0,1074

Aeltere Obere Meeresmolasse 5 10 20 1000 0,7924

Beckenschluff bis Seeton 10 10 10 1000 0,2230

Obere Suesswassermolasse, Mergel und Sandmergel 5 10 20 1000 0,0564

Aquitan-Fischschiefer 5 10 15 750 0,1961

Aeltere Untere Meeresmolasse, mergelig 5 10 10 500 0,0510

Globigerinenmergel 5 10 10 500 1,1092

Obere Meeresmolasse, Glaukonitsande und Blaettermergel 5 10 10 500 1,4156

Tonmergelschichten 5 5 10 250 0,4860

Verlehmte Molasse 5 5 10 250 0,7951

Hanglehm 5 5 5 125 0,0188

Juengere Untere Meeresmolasse, mergelig 5 5 5 125 0,0994

III 30 x 40 x 50 130

Blockachsen

I 120 x 120 x 120 3.780

IV 20 x 20 x 30 30

II 60 x 80 x 80 840

Page 41: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 17

5.2.1.3 Charakteristische Gesteine Aus den in Tab. 2 und Tab. 3 aufgeführten stratigraphischen Einheiten wurden nachfolgend neun cha-rakteristische und repräsentative Gesteine des Untersuchungsgebietes herausgegriffen, hinsichtlich ihrer geotechnischen Eigenschaften und den daraus resultierenden Blockgrößen kurz erläutert und

durch Geländefotos dokumentiert.

Im Quartär des Alpenvorlands sind alt- und mittelpleistozäne Konglomerate (Nagelfluh) weit ver-

breitet und bauen vor allem an den Talrändern charakteristische Felswände auf (Abb. 7). Die verfes-tigten Kiese und Schotter sind unterschiedlich stark geklüftet. Da Blöcke der Größe 120 cm x 120 cm x 120 cm am wahrscheinlichsten sind, wird die alt- und mittelpleistozäne Nagelfluh der Volumenklasse

I zugeordnet (Tab. 2 und Tab. 3).

Abb. 7: Konglomerat- bzw. Nagelfluhwand bei Laufen.

Bei den Gesteinen der Rhenodanubischen Flysch-Zone handelt es sich zum einen um Kalk-Mergel-

Wechselfolgen und zum anderen um von Sandsteinen dominierte Serien. Die Gesteine wurden an Überschiebungsflächen und Störungen meist mechanisch stark beansprucht. Wichtiger Vertreter ist die erosionsanfällige Kalkgraben-Formation (Zementmergelserie) (Abb. 8). Sie zeichnet sich durch

einen raschen Wechsel von bankigen Kalkmergeln und Mergeln mit dünnen Tonlagen aus. Aufgrund der Bankdicken und der Klüftigkeit beträgt die wahrscheinlichste Blockgröße der Kalkgraben-Formation 60 cm x 80 cm x 100 cm im Alpenraum bzw. 30 cm x 50 cm x 50 cm im Alpenvorland. Da-

mit wird die Kalkgrabenformation jeweils in die Volumenklasse II gestellt (Tab. 2 und Tab. 3).

Page 42: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

18 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Die deutlich dünnbankigere Piesenkopf-Formation zeichnet sich durch einen raschen Wechsel har-ter Kalkbänke mit teils tonigen Mergeln und Tonlagen, gelegentlich auch Sandsteinen aus (Abb. 9). Ihr eher plattiges Verwitterungsprodukt weist wahrscheinlichste Blockgrößen von 20 cm x 30 cm x 30 auf

und wird deshalb in die Volumenklasse IV gestellt (Tab. 2).

In der Kalkalpinen Zone ist im Landkreis Berchtesgadener Land der Hauptdolomit eines der am häu-

figsten vorkommenden Gesteine. Der Hauptdolomit tritt als mittel- bis dickbankiges, vielfach kleinstü-ckig zerfallendes (Grus) aber auch deutlich grobblockiges Gestein auf (Abb. 10). Unter seinen Wän-den entstehen häufig enorme Schuttansammlungen in Form von Fächern. Am wahrscheinlichsten ist das Vorkommen von Blöcken der Größe 40 cm x 60 cm x 70 cm (Tab. 2 Volumenklasse III, Tab. 3 Vo-

lumenklasse II).

Abb. 8: Kalkgraben-Formation bei Adlgaß östlich von Inzell.

Page 43: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 19

Abb. 9: Piesenkopf-Formation nördlich von Hutterer bei Inzell.

Abb. 10: Hauptdolomit an der B305 nördlich von Schneizlreuth.

Page 44: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

20 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Das Haselgebirge ist sehr heterogen aufgebaut und liegt meist als strukturloses, ungebanktes Misch-gestein (Diamikt, tektonische Breccie) vor, das im tieferen Bereich überwiegend aus Salz, Gips und Anhydrit sowie im oberflächennahen Auslaugungsbereich aus Tonen sowie Ton- und Schluffsteinen besteht (Abb. 11). Die gröberen Einlagerungen weisen wahrscheinlichste Blockgrößen von 30 cm x 50

cm x 50 cm auf und werden der Volumenklasse III zugeordnet (Tab. 2).

Abb. 11: Haselgebirge an der Ramsauer Ache bei Schönau a. Königssee.

Der Karnisch-norische Dolomit tritt als mittel- bis dickbankiges, vielfach kleinstückig zerfallendes (Grus) aber zum Teil auch deutlich grobblockiges Gestein auf (Abb. 12). Im Landkreis Berchtesgade-ner Land wurde er aufgrund seiner wahrscheinlichsten Blockgröße von 60 cm x 80 cm x 80 cm in die

Volumenklasse II gestellt (Tab. 2).

Page 45: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 21

Abb. 12: Karnisch-norischer Dolomit südlich von Ramsau.

Abb. 13: Werfener Schichten bei Schwaben zwischen Ramsau und Schönau.

Ein erosionsanfälliges Gestein der Kalkalpinen Zone im Untersuchungsgebiet sind die Werfener Schichten. Dabei handelt es sich um eine Wechsellagerung von Kalken, Mergel und Tonen (Abb. 13).

Page 46: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

22 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Am wahrscheinlichsten ist das Vorkommen von Blöcken der Größe 20 cm x 30 cm x 50 cm (Volumen-

klasse IV, Tab. 2).

Eines der am häufigsten vorkommenden Gesteine sind Dachsteinkalke und -dolomite. Dabei han-delt es sich meist um massige bis dick gebankte Kalke oder Dolomite (Abb. 14). Im Untersuchungs-gebiet weisen sie wahrscheinlichste Blockgrößen von 80 cm x 100 cm x 120 cm auf und werden des-

halb der Volumenklasse I zugeordnet (Tab. 2).

Ein weiteres besonders erosionsanfälliges Gestein der Kalkalpinen Zone ist die Allgäu-Formation (Allgäuschichten). Dabei handelt es sich um dünnbankige, knollige bis flaserige Kalke, Mergel und

Knollenmergelkalke, die an der Basis auch kieselig ausgebildet sein können (Abb. 15). Aus den Kalk-Mergel-Wechselfolgen bilden sich überwiegend plattige Bruchstücke mit wahrscheinlichsten Block-

größen von 10 cm x 30 cm x 50 cm (Tab. 2).

Abb. 14: Dachsteinkalk vom Loferertypus am Büchsenkopf östlich des Königssees.

Page 47: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 23

Abb. 15: Allgäuschichten am Vogelstein westlich des Königssees.

5.2.2 Numerische Modellierung Das Steinschlagmodell nach ZINGGELER & GEOTEST arbeitet grundsätzlich in drei Teilschritten:

a) Berechnungsgrundlagen einlesen,

b) Kontaktreaktionen und Bewegungen berechnen,

c) Resultate auswerten und darstellen.

Für die 3D-Version werden die Teilschritte a) und c) teilweise mit einem GIS durchgeführt.

Die Berechnungsgrundlagen bestehen einerseits aus den topographischen Daten der digitalen Hö-henmodelle, andererseits aus den Untergrundeigenschaften bezüglich Rauigkeit und Dämpfung sowie

Art der Vegetation (inklusive Wald).

Je nach Größe des Untersuchungsgebietes und der verlangten Genauigkeit werden Höhenmodelle mit beliebigen Rasterweiten verwendet. Ein gutes Modellierungsergebnis kann mit einem möglichst genauen Geländemodell (z. B. Laserhöhenmodell) erzielt werden. Geländeprofile können in beliebiger

Auflösung je nach Größe der abzubildenden Geländeelemente eingelesen werden.

Die aktuelle Neigung und Exposition an einem bestimmten Ort der Sturzbahn wird aus den vier umlie-genden Höhenangaben des DGM berechnet. Diese Werte ändern sich ständig, da durch vier Höhen-

angaben nicht eine Ebene, sondern eine Sattel- oder Muldenfläche definiert ist.

Page 48: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

24 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Die Bewegung der Sturzblöcke ist in die Prozesse Fallen, Springen und Rollen unterteilt. Bei einer Kontaktreaktion des stürzenden Blockes mit dem Untergrund wird aufgrund von Neigung und Exposi-tion der aktuellen Rasterzelle die Bewegungsrichtung basierend auf den in Anhang Kapitel 5.2 be-schriebenen Kontaktreaktionen ermittelt. Dabei spielen die Blockgeometrie sowie die lokalen Parame-ter der Dämpfung und der Rauigkeit eine zentrale Rolle. Unterschreitet die bei der Kontaktreaktion be-rechnete Restgeschwindigkeit einen bestimmten Schwellenwert, so wird für die Weiterbewegung ein

Rollprozess unter Einbezug der Blockform sowie der übrigen Modellparameter berechnet.

Der Energieverlust beim Bodenkontakt wird primär durch die plastische Verformbarkeit des Unter-grundes und die Rauigkeit der Geländeoberfläche (glatte Oberfläche – grobblockige Schutthalde) be-stimmt. Diese Parameter können für großflächige Untersuchungsgebiete, wie das Projektgebiet, nicht – wie bei detaillierten Studien üblich – kartiert werden, sondern müssen aus den im ganzen Untersu-

chungsgebiet vorhandenen Daten abgeleitet und pauschalisiert werden.

Abb. 16 zeigt die Aufteilung in 6 Geländetypen, wie sie in die Modellierung eingegangen sind.

Abb. 16: Dämpfung und Rauigkeit. Der Dämpfungswert kann Werte zwischen 1 (sehr harter Untergrund) und 5 (Sumpf) annehmen. Der Rauhigkeitswert kann Werte zwischen 1 (glatte Oberfläche) und 20 (sehr raue Oberfläche) betragen (nach KRUMMENACHER, B. & PFEIFER, R. (2007)).

5.2.2.1 ohne Walddämpfung Die oben beschriebene numerische Modellierung wurde zunächst ohne den Ansatz eines dämpfenden Waldbestandes mit den vorhandenen Parametern durchgeführt. Dies ist für langfristige Betrachtungen

Page 49: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 25

und für „worst-case-Szenarien“ unumgänglich. Zudem kann die Bedeutung des Waldes hervorgeho-

ben werden, was besonders für die Forstbehörden relevant ist.

5.2.2.2 mit Walddämpfung Für die Modellierung mit Walddämpfung werden unterschiedliche Waldbestände berücksichtigt. Dabei werden Stoßreaktionen mit Baumstämmen berechnet, bei welchen die beteiligten Massen und die

Gesetze der Impulserhaltung einbezogen werden.

Der Waldbestand ist den ATKIS-Daten entnommen (Anhang Kapitel 2.3) und ist in die Attribute Wald/Forst und Gehölz unterteilt. Aus diesen Daten wurden die Waldparameter für die Modellierung abgeleitet (Tab. 4). Die Parameter a und b beschreiben die Verteilung der Stammdurchmesser. Die Parameter zur Stammzahl mit 100 bzw. 200 Stämmen pro Hektar sind eher pessimistisch gewählt

(lichter Wald), es ist durchaus möglich, dass lokal der Waldbestand dichter ist.

Tab. 4: Waldparameter (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2007)

Waldtyp Fläche

[m2]

mittlerer Stamm-

durchmesser [m]

Parameter für Verteilung

der Stammdurchmesser

Stammzahl

pro Hektar

Beschreibung

a b

1 10.000 0,28 2,0 2,0 100 Wald / Forst

2 10.000 0,18 2,0 1,0 200 Gehölz

Die Wahl dieser Parameter ist bei der vorliegenden Datenlage sinnvoll, weil ohne eine detaillierte räumliche Auflösung der Waldbestände (Kartierung von waldfreien Sturzrinnen, Jungwuchs, etc.) eine Modellierung mit pauschal als normal definiertem Wald die effektive lokale Schutzwirkung tendenziell überschätzen würde. Die eingesetzten Werte sind Erfahrungswerte, die bei vorausgegangenen Mo-

dellierungen von der Firma GEOTEST AG ermittelt wurden.

Aus den Kontaktreaktionen mit den Baumstämmen resultieren Energieverluste und Ablenkungen aus der Bewegungsrichtung in alle drei Raumrichtungen. Die Interaktion zwischen den stürzenden Blö-

cken und den Baumstämmen wird als elastoplastischer Stoß zwischen zwei Massepunkten berechnet.

Page 50: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Stein- und Blockschlag

26 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 17: Modell der mittleren baumfreien Strecke (KRUMMENACHER, B. ET

AL. 2005).

Bei diesen Kontaktreaktionen treten verschiedene Effekte auf:

• Zufällige Variation der Zentralität des Aufpralles (Streifung bis Volltreffer) bewirkt unterschiedliche Ablenkungsraten und Energieverluste.

• Die bei den Reaktionen beteiligten Stammdurchmesser werden entsprechend des gewählten Waldtyps zufällig generiert.

• Die Wiederholungsrate von Kontaktreaktionen ist abhängig von der gewählten Stammzahl, dem mittleren Durchmesser der Baumstämme des betreffenden Waldtyps und dem Durchmesser des stürzenden Blockes (Abb. 17).

• Die an der Reaktion beteiligte Holzmasse wird entsprechend der Trefferhöhe, der Aufprallge-schwindigkeit und dem Stammdurchmesser berechnet. Dadurch können sämtliche Effekte vom elastischen Ausweichen kleiner Stämme bis zum Bruch von großen Bäumen simuliert werden.

Page 51: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Felssturz

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 27

5.3 Ergebnisse und Erläuterung der Stein- und Blockschlagmodellierung Die durchgeführten Modellierungen zeigen als Ergebnis, dass bei einer Modellierung mit Waldbestand (Anhang Kapitel 5.2.2.2) rund 31 % der Fläche des Landkreises Berchtesgadener Land (rund 259 km² = 42 % im alpinen Anteil und rund 0,6 km² = 0,3 % der im Alpenvorland) von Stein-

schlag bedroht sind.

Für jeden der potenziellen Steinschlagbereiche wurden jeweils zwei Modellierungen (mit / ohne Wald)

durchgeführt.

Die Modellierungen ergaben, dass ungefähr 16 km² des Projektgebietes durch den Wald vor Stein- und Blockschlag geschützt werden. Die Ergebnisse zeigen generell eher eine pessimistische Betrach-tungsweise mit großen Reichweiten der Steine und Blöcke an, so wie es auch der Aufgabe einer Ge-

fahrenhinweiskarte entspricht.

Zur Berücksichtigung von Prozessen, die von außen in das Projektgebiet einwirken (z. B. Sturz von

einem Hang außerhalb ins Projektgebiet), wurde das Untersuchungsgebiet randlich lokal erweitert.

Die Gefahrenhinweiskarte (Bericht Kapitel 6) zeigt für den Landkreis Berchtesgadener Land unter an-derem flächenhafte Gefahrenhinweisbereiche für Sturzprozesse mit und ohne Walddämpfung an. Die-se Flächen entsprechen den im GIS gepufferten Trajektorien (Sturzbahnen). Es wurde in einem Um-

kreis von mindestens einer Rasterzelle gepuffert, dies entspricht 5 m.

6 Felssturz Im Gegensatz zum Trajektorienmodell mit Bestimmung der Reichweite von Einzelblöcken (Anhang Kapitel 5) kommt für die Simulation größerer Felsstürze ein Modell zur Anwendung, das mit einem

worst-case-Ansatz die Reichweite des Absturzes ganzer Felsbereiche einschließt.

Zahlreiche Veröffentlichungen (WIECZOREK, F. G. ET AL. (1999), MEIßL, G. (1998), EVANS, S. G. &

HUNGR, O. (1993), ONOFRI, R. & CANDIAN, C. (1979), LIED, K. (1977)) zeigen, dass die maximale Reichweite eines Felssturzes durch einen Pauschalwinkel abgeschätzt werden kann. Bei diesem Ver-fahren wird, ausgehend von einem Ansatzpunkt im Anbruchbereich, mit einem festgelegten Nei-gungswinkel eine Gerade in Falllinie nach unten gezogen. Der Schnittpunkt dieser Geraden mit der Geländeoberfläche bezeichnet die maximale Reichweite des Felssturzes. Die Pauschalwinkel werden bereits seit langem bei der Geländearbeit angewandt. Mit Hilfe von Neigungsmessern erfolgt dabei ei-

ne Abschätzung des potenziellen Sturzbereichs.

Zwei unterschiedliche Pauschalwinkelmodelle werden herangezogen. Zum einen das Geometrische Gefälle, das den Winkel beschreibt, den die Horizontale mit der Geraden zwischen dem Block maxi-

maler Reichweite und der obersten Abrisskante des Felssturzes einschließt (Abb. 18: α). Zum ande-ren kann der Schattenwinkel verwendet werden (Abb. 18: β), den die Horizontale mit der Geraden

zwischen dem Block maximaler Reichweite und der oberen Begrenzung des Ablagerungsbereiches einschließt. Hier wird davon ausgegangen, dass ein Großteil der kinetischen Energie des Sturzes be-reits beim ersten Aufprall im oberen Bereich des Schuttkegels verloren geht. Für die Gefahrenhin-weiskarte wird in Anlehnung an MEIßL, G. (1998) ein minimales Geometrisches Gefälle von 30° ange-nommen. Untersuchungen von EVANS, S. G. ET AL. (1993) entsprechend, wird ein Schattenwinkel von

27° eingesetzt.

Page 52: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Felssturz

28 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 18: Pauschalwinkelmodelle Geometrisches Gefälle (α) und Schattenwinkel (ß) (verändert nach MEIßL, G. (1998)).

Die Entscheidung für eines der beiden Pauschalwinkelmodelle ist von der Hangmorphologie abhän-gig. Sie kann mit Hilfe des Quotienten aus Tangens des Schattenwinkels und Tangens des Geometri-schen Gefälles gefällt werden (MAYER, K. & VON POSCHINGER, A. 2005). Dieses Verhältnis lässt sich auch als Quotient aus z1 (Höhendifferenz aus maximaler Reichweite und Obergrenze des Schuttke-gels) und z2 (Höhendifferenz aus maximaler Reichweite und Obergrenze des Anbruchbereichs) dar-stellen (Abb. 18). Ist der Quotient kleiner 0,88 ist der Schattenwinkel zu wählen, ansonsten ist mit dem Geometrischen Gefälle zu rechnen. Bei hohen Wänden ist somit der Schattenwinkel anzusetzen, bei

steilen Hängen mit kleinen Wandstufen eher das Geometrische Gefälle.

6.1 Dispositionsmodell Zur Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche wurde im BIS-BY nach allen GEORISK-Objekten recher-chiert, für die Hinweise auf eine Felssturzaktivität größeren Volumens vorliegen (Tab. 5). Anhand re-präsentativer Werte für z1, z2 und der geschätzten maximalen Reichweite kann, wie unter Anhang Ka-pitel 6 beschrieben, die Entscheidung für einen der beiden Pauschalwinkelansätze getroffen werden. Beim Geometrischen Gefälle ist der Ansatzpunkt für den Pauschalwinkel die Oberkante der Felswand,

beim Schattenwinkel die Oberkante des vorhandenen Schuttkegels.

In Anlehnung an die digitalisierten GEORISK-Objekte im BIS-BY werden Pauschalwinkelansatzpunkte für die Felssturzmodellierung neu digitalisiert. Um diese Punkte möglichst exakt platzieren zu können, werden ein hochauflösendes Schattenmodell und eine aus dem DGM erstellte Hangneigungskarte als

Digitalisiergrundlagen herangezogen.

Page 53: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Felssturz

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 29

Tab. 5: Darstellung wichtiger Parameter für die im Arbeitsgebiet bearbeiteten Felssturzobjekte. Die Ergebnisse der grau dargestellten Objekte werden in der Gefahrenhinweiskarte nicht extra ausgewiesen, da die Reichweiten der Steinschlagmodellierung die simulierten Reichweiten der Felssturzmodellierung über-treffen.

*repräsentative Höhen ausgewählt

BIS-Objekt

Name Obergrenze Schuttkegel z1* [Meeres-

höhe]

Anbruchober-kante z2*

[Meereshöhe]

geschätzte max.

Reichweite* [Meereshöhe]

z1/z2 Gewählter Pauschal-

winkel

8243GR000006

Hallthurm 1100 1420 670 0,57 Schatten-winkel

8243GR000012

S Alp-graben

970 1360 690 0,42 Schatten-winkel

8243GR000013

SE Alp-graben

1050 1480 690 0,46 Schatten-winkel

8344GR000005

Kehlstein 1670 1860 1390 0,60 Schatten-winkel

8243GR015001

NW Hoch-staufen

1335 1360 960 0,94 geometri-sches Gefälle

6.2 Prozessmodell Der theoretische Ansatz des empirischen Prozessmodells wurde bereits unter Anhang Kapitel 6 be-schrieben. Die Modellierung kann mit implementierten Standard-GIS-Funktionen durchgeführt werden. Im Projekt wurde die Viewshed-Funktion des Spatial Analyst in ArcGIS verwendet. Diese Funktion

ermittelt alle Rasterzellen, die von definierten Punkten aus mit einem festgelegten Vertikal- und Hori-zontalwinkel gesehen werden (Abb. 19). Die für die Modellierung notwendigen Attribute jedes Start-

punktes zeigt Abb. 20.

Zu den wichtigsten gehören der Vertikalwinkel (VERT1, VERT2), der den definierten Pauschalwinkel eingrenzt, sowie der horizontale Ausbreitungswinkel, der die Breite des Bereichs definiert, der rechts und links der Falllinie überblickt wird (AZIMUTH1, AZIMUTH2). Er wird auf insgesamt 30° begrenzt. Die Richtung der Falllinie entspricht der Exposition, die aus dem DGM für jeden Startpunkt berechnet

werden kann.

Abhängig vom gewählten Pauschalwinkelansatz werden, wie unter Anhang Kapitel 6.1 beschrieben, die Startpunkte für die Viewshed-Modellierung digitalisiert. Anschließend werden alle nötigen Attribute

bestimmt und die Viewshed-Funktion ausgeführt (Abb. 19, Abb. 22).

Die Güte der Ergebnisse der Viewshed-Modellierung ist abhängig von der Geländemorphologie. Für Felswände, die direkt in Richtung des Auslaufbereichs exponiert sind, liefert die Modellierung meist gute Ergebnisse. Stärker gegliederte Wände, in denen die Anbruchbereiche nicht direkt in Richtung des Auslaufs exponiert sind oder bei denen der Auslaufbereich eine Krümmung aufweist, lassen sich

schlechter mit der Viewshed-Funktion erfassen (Abb. 21).

Page 54: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Felssturz

30 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 19: Pauschalwinkelmethode. Die Viewshed-Funktion ermittelt alle Rasterzellen, die von definierten Punkten aus mit einem festgelegten Vertikal- und Horizontalwinkel gesehen werden (Schattenwinkel 27°).

Abb. 20: Attributtabelle für die Berechnung der Viewshed-Funktion.

Page 55: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Felssturz

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 31

Abb. 21: Pauschalwinkelmethode. Bei gekrümmten Auslaufbereichen (grün) und Anbruchbereichen, die nicht di-rekt in Richtung des Auslaufs exponiert sind, kann die Viewshed-Funktion (rot) den Sturzbereich nicht korrekt abschätzen.

Zudem kommt es bei Steilbereichen zu Artefakten, d. h. es gibt Rasterzellen, die aufgrund des festge-legten Vertikalwinkels von den Startpunkten aus nicht gesehen werden („Löcher“), die aber dennoch

im Sturzbereich liegen (Abb. 22).

Bei der Modellierung erfolgt keine Berücksichtigung eines Sturzvolumens, d. h. die Reichweite eines Felssturzes kann bei kleinen Sturzmassen hinter der errechneten maximalen Reichweite zurückblei-

ben. Ebenso schließt die Modellierung große Bergstürze (> 1.000.000 m³) nicht mit ein.

Die Gefahrenhinweisbereiche müssen aufgrund der oben erwähnten Einschränkungen im Gelände verifiziert bzw. manuell abgegrenzt werden. Des Weiteren liefert die Viewshed-Modellierung als Er-gebnis nur den Ablagerungsbereich eines Felssturzes. Der Prozessraum muss deshalb ebenso ma-nuell um den Anbruchbereich erweitert werden. Reichen die Gefahrenhinweisbereiche der Stein- und Blockschlagmodellierung weiter als die Prozessräume der Felssturzmodellierung, wird der simulierte

Felssturzbereich nicht explizit in der Gefahrenhinweiskarte ausgewiesen.

Darüber hinaus haben die Modellierungen gezeigt, dass nicht jede vermutete Felssturzablagerung tat-sächlich auf einen Sturz zurückzuführen ist. Geländeuntersuchungen im unter Abb. 23 dargestellten Fall haben beispielsweise ergeben, dass diese Ablagerung eher einen fossilen Blockgletscher darstel-

len dürfte.

Trotz mancher Einschränkungen sind die Ergebnisse der Viewshed-Modellierung eine gute Grundlage für die Abgrenzung der Prozessräume (Abb. 22). Im Vergleich zur oben beschriebenen Anwendung der Pauschalwinkel mit Neigungsmessern im Gelände kann die Modellierung schon am Arbeitsplatz einen Überblick über die potenzielle Reichweite ermöglichen und erlaubt es, die Planung der Gelän-

dearbeit viel effizienter zu gestalten.

Page 56: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Felssturz

32 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 22: Modellierung von Felssturzbereichen mit der Viewshed-Funktion (hellrot). Der Gefahrenhinweisbereich ist nach Validierung im Gelände abzugrenzen (rote Linie).

Abb. 23: Schattenmodell eines anzunehmenden späteiszeitlichen Blockgletschers (Spitzsteinwand), der eine große Sturzablagerung vortäuscht.

Page 57: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Hanganbrüche

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 33

7 Hanganbrüche Die Modellierung von Hanganbrüchen in Lockergestein und Böden erfolgte analog zur Modellierung

der Reichweiten von Stein- und Blockschlag in zwei Stufen.

a) Dispositionsmodell: Zuerst werden die Anrisszonen mit dem Modell SLIDISP (LIENER, S.

(2000) UND GEOTEST AG) ausgeschieden.

b) Prozessmodell: Anschließend werden deren Auslaufbereiche mit dem GIS-Ansatz

SLIDEPOT (Entwicklung GEOTEST AG) berechnet.

Grundlage für die Dimensionierung der Bemessungsereignisse (Bericht Kapitel 3) sind Geologie, Hangneigung und Landnutzung. Wie bei der Stein- und Blockschlagmodellierung (dort mit und ohne

Wald) wurde von zwei unterschiedlichen Szenarien ausgegangen (Anhang Kapitel 7.1.5).

7.1 Dispositionsmodell (SLIDISP nach GEOTEST AG) Die numerische Modellierung der Anrissgebiete erfolgte mit dem Modell SLIDISP. Es bestimmt mit Hil-fe der Infinite-Slope-Analyse (Methode zur Stabilitätsberechnung) die Hangstabilität für jede Raster-

zelle.

Die beiden zentralen Grundlagen für die Modellierung der Hanganbruch-Anrissflächen sind die Hangneigungen aus dem DGM sowie der geologische Untergrund, aus welchem die geotechnischen Modellparameter abgeleitet werden. Eine gute geologische Grundlage für die Modellierung ist dann vorhanden, wenn die quartären Einheiten detailliert und differenziert kartiert vorliegen. Ideal sind pe-dologische Daten, diese sind jedoch nur in seltenen Fällen flächig kartiert. Die Erfahrungen der Firma GEOTEST AG zeigen, dass die Qualität der Modellierungsresultate zudem stark von der räumlichen

Auflösung des DGM und der Geologie abhängt.

Für alle ausgeschiedenen geologischen Einheiten wurden der kritische Reibungswinkel (Mittelwert, Standardabweichung) sowie die Kohäsion (bei definierter Wassersättigung) abgeschätzt, welche als Parameter in die Modellierung einfließen (Tab. 8). Der Sicherheitsgrad F einer Rasterzelle beschreibt

das Verhältnis von rückhaltenden zu treibenden Kräften gemäß der Formel in Abb. 24.

Um die hohe natürliche Variabilität der Scherparameter abzubilden, werden diese nicht durch einzelne Werte jeder geologischen Klasse, sondern durch Normalverteilungen beschrieben. Für die Bestim-mung der Rutschanfälligkeit werden zufällig 100 Werte aus den Verteilungen der Scherparameter ausgewählt und mit diesen Werten 100 Sicherheitsgrade F berechnet. Mit dieser sogenannten Monte-Carlo-Simulation können die natürlichen Variationsbreiten verschiedener Parameter in der Modellie-

rung berücksichtigt werden.

Für das Modell wird angenommen, dass Kohäsion und Reibungswinkel je als Normalverteilung vorlie-gen und dass sie nicht miteinander korrelieren. Diese Annahme stimmt in der Natur nicht und die Sta-

bilitätsberechnung kann unter dieser Annahme zu hohe oder zu tiefe Werte ergeben.

Page 58: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Hanganbrüche

34 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 24: Grundlagen zur Berechnung des Sicherheitsgrades F einer Rasterzelle (SELBY, M. J. 1993).

Da die Berechnung aber mit einer großen Anzahl von Parameterkombinationen durchgeführt wird, he-ben sich die zu hohen und zu tiefen Werte auf und die Wahrscheinlichkeit der Verteilung der Sicher-

heitsgrade bleibt ähnlich.

Als Modellierungsresultat wird pro Rasterzelle die Anzahl der Fälle bestimmt, bei denen der Sicher-

heitsgrad F ≤ 1 ist, das heißt, bei welchen Instabilität angenommen wird. Je größer die Anzahl der In-

stabilitäten ist, desto größer ist die Hanganbruchwahrscheinlichkeit. Als mögliche Anrissgebiete wer-den diejenigen Gebiete ermittelt, bei denen mehr als 60 % der Parameterkombinationen einen Sicher-

heitsgrad F ≤ 1 ergeben (Tab. 6). Es kann jedoch bei Bedarf auch ein höherer Schwellenwert als 60 %

definiert werden. Bei den diversen Anwendungen hat sich aber der Schwellenwert von 60 % bewährt.

Sicherheitsgrade

F ≤ 1 [%] Klassifizierung

< 60 keine potenziellen Anrissgebiete für Hanganbrüche

60 – 90 geringe Wahrscheinlichkeit für Anrissgebiete

90 – 100 mittlere bis große Wahrschein-lichkeit für Anrissgebiete

Tab. 6: Klassifizierung der Berechnungsresul-tate für die Sicherheitsgrade F.

7.1.1 Wurzelkraft Die Formel zur Berechnung des Sicherheitsgrades F gemäß Abb. 24 stellt die in der Literatur übli-cherweise zitierte Formel für den Sicherheitsfaktor F dar. Die Erfahrungen zeigen, dass das Vorhan-densein von Wald die Stabilitätsverhältnisse beeinflusst und folglich die Formel ergänzt werden muss, indem zum gesamten Zähler ein szenariospezifischer Wert, die sogenannte Wurzelkraft (WK), addiert

wird.

Page 59: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Hanganbrüche

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 35

Diese WK-Werte können nicht aus der einschlägigen Literatur entnommen werden. Sie konnten je-doch aufgrund der Erfahrungen der Firma GEOTEST AG als empirische Größen in Relation zur Grö-ßenordnung der übrigen Formel-Faktoren (Kohäsion, Lockermaterialmächtigkeit, Reibungswinkel)

eingesetzt werden.

7.1.2 Variabilität der Modellparameter Neben der Wurzelkraft beinhalten auch andere Variablen, die den Sicherheitsgrad F bestimmen (Abb. 24) in geringerem Maße eine gewisse Variabilität. Es handelt sich dabei um den Reibungswinkel

φ', die Kohäsion c' sowie den Porenwasserdruck u (Wassersättigung) des Lockermaterials. Die Unsi-

cherheiten betreffen vor allem kleinräumige (primär Reibungswinkel) bzw. raumzeitliche Variationen

(Primär-Kohäsion, Porenwasserdruck) dieser Faktoren, welche beträchtlich sein können.

Im Sinne einer Gefahrenhinweiskarte im Maßstab 1 : 25 000 müssen diese Faktoren eher pessimis-

tisch gesetzt werden, um alle potenziellen Prozessflächen zu erfassen.

7.1.3 Topo-Index Aus dem DGM wird zudem flächendeckend der sogenannte Topo-Index berechnet, der das topogra-phisch bedingte Wassersättigungspotential für jede Rasterzelle definiert. Der Topo-Index korrigiert die für jede Modellierungsklasse pauschal definierte Wassersättigung (bzw. den Porenwasserdruck) in

Funktion der Geländeoberflächenform.

Topo-Index = ln (a / tan β)

a = Fläche, die durch die Rasterzelle entwässert

β = Hangneigung Rasterzelle

Die berechneten Werte werden in vier Klassen eingeteilt (Tab. 7).

Topo-Index Klassifizierung

0 – 5,3 1 (trocken)

5,3 – 7,2 2

7,2 – 9,1 3

> 9,1 4 (feucht)

Tab. 7: Klassifizierung des Topo-Index.

7.1.4 Digitale Codierung der Geologie Die Eigenschaften der verschiedenen geologischen Einheiten im Berchtesgadener Land wurden ge-mäß Tab. 8 attributiert. Die Codierungen beziehen sich jeweils auf das Verwitterungsprodukt der litho-

logischen Einheiten, welches das Ausgangsmaterial für einen möglichen Hanganbruch-Anriss bildet.

Das Untersuchungsgebiet umfasst mehrere geologische Karten verschiedener Autoren. Daher können einerseits an den Blattgrenzen unterschiedlich kartierte Einheiten aneinander grenzen und anderer-seits quartäre Einheiten unterschiedlich detailliert aufgenommen vorliegen. Dies kann lokal Auswir-kungen auf die modellierten Anrissbereiche haben, indem sich deutliche Begrenzungen, die in der Na-

tur so nicht auftreten, im Kartenbild abzeichnen.

Page 60: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Hanganbrüche

36 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Tab. 8: Codierung der stratigraphischen Einheiten (Auswahl aus dem Nachbarlandkreis Traunstein).

Durchlässigkeit

Verwitterungsprodukt

Gestein

Zustand /

Beanspruchung

Erodierbarkeit

Korngröße

Verwitterungsprodukt

1 = dicht (Stauer) 1 = Sandstein 1 = kompakt 1 = sehr gering 1 = sehr fein (Ton)

2 = sehr gering (z. B. tonige Gesteine)

2 = Kalkstein 2 = wenig zerklüftet 2 = gering 2 = fein (Schluff)

3 = gering 3 = Mergelstein 3 = stark zerklüftet 3 = mittel 3 = mittel (Sand)

4 = mittel 4 = Tonstein 4 = gebräch 4 = hoch 4 = groß (Sand / Steine)

5 = hoch 5 = Schotter / Kies / Sand 5 = vorbelastet 5 = sehr hoch 5 = sehr groß (Blöcke)

6 = sehr hoch (z. B. ge- klüftete Gesteine,

Schotter) 6 = Gehängeschutt 6 = Lockergestein

6 = Diamektit

7 = Humos

8 = Vulk. Silikat

9 = glaziale Sedimente

10 = Nagelfluh

11 = Ton/Schluff

Einheit Code

SliDisp

Rei-bungs-

winkel

[°]

Kohä-sion

[N/mm²]

Adnet-Formation 1 27 0,0 4 2 2 2 4

Alt-, Mittelpleistozän - Nagelfluh 2 31 0,2 5 10 4 2 4

Altlengbach-Formation 3 29 0,1 3 3 4 3 2

Ammergau-Formation 6 28 0,0 3 2 3 3 3

Bausteinschichten 9 27 0,0 5 1 2 3 4

Beckenschluff bis See-

ton 10 21 0,7 2 11 6 3 1

Bergsturz, Blockschutt 11 35 0,0 6 6 6 3 5

Branderfleck-Formation 12 23 0,4 3 3 3 3 2

Breccie 13 32 0,3 4 10 3 2 4

Buntmergelserie 16 23 0,5 2 3 2 4 2

7.1.5 Numerische Modellierung Die Modellierung der Hanganbruch-Anrisse benötigt die flächenhafte Bearbeitung von fünf Dateien. Diese werden als GIS-Grids aufbereitet. Für die Modellierung der Anrisszonen werden sie als ASCII-

Dateien exportiert. Die Dateien haben folgende Inhalte:

• GEOLOGIE.DAT SLIDISP-Code (Anhang Kapitel 7.1.4)

• WALD.DAT Waldgrenzen (Steinschlag-Modellierung Berchtesgadener Land 2011 bzw. 2012)

• NEIGUNG.DAT Hangneigung (Basis: 5 m-DGM aus Steinschlag-Modellierung Berchtesgade-ner Land 2011 bzw. 2012)

• TOPOIX.DAT Klassifizierter Topo-Index (Anhang Kapitel 7.1.3, Basis: 5 m-DGM, s.o.)

• MAECHTIG.DAT Mächtigkeit des Lockermaterials

Die pauschalisierte Mächtigkeit des Lockermaterials wird mittels eines generellen Ansatzes aus der

Hangneigung gemäß Tab. 9 abgeleitet.

Page 61: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Hanganbrüche

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 37

Hangneigung [°] Mächtigkeit

Lockermaterial [m]

< 20 8,0

20 - 25 4,0

25 - 30 2,0

30 - 35 1,0

35 - 40 0,5

> 40 0

Tab. 9: Mächtigkeit Lockermaterial (empiri-sche Werte).

Die Anriss-Modellierung mit SLIDISP ist ein C-Programm, welches außerhalb eines GIS läuft. Die Mo-

dellierungsresultate werden anschließend jedoch wiederum im GIS aufbereitet.

Der berechnete Topo-Index wird nach der SLIDISP-Modellierung zum zweiten Mal herangezogen, in-dem modellierte Instabilitäten in ausgeprägten Kuppen- bzw. Kammlagen nicht als Anrisszonen klassi-fiziert werden. Zudem wurden Gebäude mit zwei Rasterzellen (= 10 m) gepuffert, um unrealistischen

Anbrüchen in Ortslagen vorzubeugen.

Analog zur Stein- und Blockschlagmodellierung wurden auch die Hanganbrüche mit zwei unterschied-lichen Szenarien modelliert. Die beiden Szenarien unterscheiden sich im Grad der Berücksichtigung

des Waldes für die Anrisszonen von Hanganbrüchen.

7.1.5.1 Szenario A Szenario A geht von einer geringen Schutzwirkung des Waldes aus, das heißt geringe Stabilisierung des Waldbodens bzw. der Lockermaterialüberdeckung aufgrund der Durchwurzelung (Wurzelkraft WK

= 3,5 kN/m2, Anhang Kapitel 7.1.1).

7.1.5.2 Szenario B Szenario B geht von einer starken Schutzwirkung des Waldes aus, das heißt hohe Stabilisierung des Waldbodens bzw. der Lockermaterialüberdeckung aufgrund der Durchwurzelung (WK = 7,0 kN/m2). Als weitere Faktoren gehen ein höheres Wasseraufnahmevermögen und eine möglicherweise mächti-

gere Lockermaterialüberdeckung in die Modellierung mit ein.

7.2 Prozessmodell (SLIDEPOT nach GEOTEST AG) Die Berechnung der Auslaufbereiche mit dem Modell SLIDEPOT der Firma GEOTEST AG ist ein rei-ner GIS-Ansatz, welcher für jede Rasterzelle im modellierten Anrissgebiet die Ablagerung hangab-wärts in Fließrichtung modelliert. Dabei wird von einem hypothetischen Anfangsvolumen (= 25 m³)

oder von ausgeschiedenen oder modellierten Anrissmächtigkeiten ausgegangen.

Das Modell beruht dabei nicht auf einem sogenannten single-flow-Ansatz, welcher die Zuflussrichtung

zu einer potenziellen Ablagerungszelle mit der höchstliegenden direkten Nachbarzelle bestimmt, son-dern auf einer erweiterten Nachbarschaftsanalyse: Dabei werden mehrere Zellen in einem 20°-Sektor oberhalb (Gegenrichtung zur Exposition der Zelle) einer potenziellen Ablagerungszelle bis zu einem Abstand von vier Rasterzellen analysiert. Für die aktuelle Rasterzelle wird eine Ablagerung berechnet, wenn einerseits im genannten Sektor eine Anrisszelle bzw. ein berechnetes Ablagerungsvolumen vorhanden ist (Abb. 25: orange markierte Zellen) und andererseits im Sektor keine stark konvexe To-

Page 62: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Hanganbrüche

38 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

pographie vorliegt. Mit diesem Ansatz kann im Gegensatz zum single-flow-Ansatz die Ausbreitungs-

richtung besser kontrolliert werden.

Abb. 25: Beispiel Modellierung SLIDEPOT. Drei ana-lysierte Rasterzellen im Sektor für Zellexpositi-onen 210° – 230° (für Zellengröße 5 m hat der rote Kreis einen Radius von 20 m) (aus KRUMMENACHER, B. ET

AL. (2008)).

Jeder Ausbreitungsschritt analysiert Nachbarzellen bis zu einer Distanz von 20 m (für Rasterweite 5 m). Mit jedem Ausbreitungsschritt wird das Anfangsvolumen bzw. das Restvolumen über einen loka-len Abbaufaktor verringert. Dieser Faktor wird vor allem durch die lokale Hangneigung definiert. Zu-sätzlich können die Abbaufaktoren durch das Vorhandensein von Wald, rauer Geländeoberfläche (Blockschutt etc.) und weiterer räumlicher Parameter modifiziert werden. Die Datenverfügbarkeit be-

stimmt letztlich die definitiven Abbaufaktoren.

Die Ausbreitung stoppt, wenn entweder eine definierte Anzahl von Ausbreitungsschritten erreicht wird oder wenn der berechnete Wert unter einen definierten Schwellenwert (z. B. 0,1) fällt. Tab. 10 zeigt

die im vorliegenden Projekt gewählten Abbaufaktoren.

Lokale Hangneigung der potenziellen Ab-

lagerungszelle [°]

Startwert Abbaufaktor

nicht bewaldet im Wald

> 25 0,85 0,6

17 - 25 0,75 0,5

10 - 17 0,65 0,4

< 10 0,45 0,2

Tab. 10: Startwert der Abbaufaktoren (Kalibrie-rung erfolgte auf Basis empirischer Untersuchungen im Gelände).

Analysierter Sektor bei Zellexpositionen 210 - 230°

1060m

1050m

1040m

1030m

Page 63: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Hanganbrüche

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 39

7.3 Numerische Modellierung der Auslaufbereiche Die Auslauf-Modellierung wird für beide Szenarien A und B (Anhang Kapitel 7.1.5.1 und 7.1.5.2) mit identischen Einstellungen durchgeführt. Es wurden jeweils maximal 8 Ausbreitungsschritte gerechnet,

wobei im Wald reduzierte Abbaufaktoren definiert wurden.

Die aus den Hangneigungen pauschal abgeleiteten Lockermaterial-Mächtigkeiten (Tab. 9) wurden le-diglich für die Berechnung des Sicherheitsgrades F verwendet. Diese sind jedoch zu unsicher, um sie als Grundlage für die Auslaufberechnung zu verwenden. Deshalb wurde allen Anrisszonen eine hypo-thetische Mächtigkeit von 1 m zugewiesen und diese mit jedem Ausbreitungsschritt sukzessive abge-baut bis entweder maximal 8 Ausbreitungsschritte erfolgt sind oder eine Restkubatur (bzw. Abbaufak-

tor) mit einem Wert unter 0,1 erreicht wird.

Die Tab. 11 zeigt die im vorliegenden Projekt gewählten Abbaufaktoren und die entsprechenden ma-

ximalen Reichweiten.

Tab. 11: Abbaufaktoren und maximale Reichweiten.

Lokale

Hangneigung

Abbaufaktoren nach Nummer des Ausbreitungsschritts und maximale Reichweiten

Start-

wert

1

(20 m)

2

(40 m)

3

(60 m)

4

(80 m)

5

(100 m)

6

(120 m)

7

(140 m)

8

(160 m)

> 25° 0,85 0,72 0,61 0,52 0,44 0,38 0,32 0,27 0,23

> 25° im Wald 0,60 0,36 0,22 0,13

17° - 25° 0,75 0,56 0,42 0,32 0,24 0,18 0,13 0,10

17° - 25° im Wald 0,50 0,25 0,13

10° - 17° 0,65 0,42 0,27 0,18 0,12

10° - 17° im Wald 0,40 0,16

< 10° 0,45 0,20

< 10° im Wald 0,20

Die Reichweite eines Hanganbruch-Auslaufprozesses wird hauptsächlich durch den Wasseranteil des Hanganbruchs bestimmt. Weitere, teilweise komplexe Randbedingungen (Oberflächenrauigkeit, Ent-wicklungsstufe der Vegetation) beeinflussen die Reichweite zusätzlich. Diese sind jedoch nur mit gro-ßen Unsicherheiten in einem Modell abzubilden. Die im Modell SLIDEPOT verwendeten Abbaufakto-ren können erfahrungsgemäß die Reichweiten relativ gut abbilden, wenn die Modellierungsresultate an erfolgten Ereignissen (BIS-BY) kalibriert werden können. Wenn, wie im Untersuchungsgebiet Berchtesgadener Land, nur wenige Ereignisse flächig kartiert und dokumentiert sind, müssen die Ab-baufaktoren eher pessimistisch definiert werden, um ausreichend große, im Zweifelsfall eher etwas zu

lange Auslaufstrecken zu erhalten.

7.4 Ergebnisse und Interpretation der Hanganbruchmodellierung Das Modellierungsresultat ist ein GIS-Grid (= Flächenraster), welches sowohl für den Anriss-, wie für den Auslaufbereich zum Teil kleinste Prozessflächen sowie Prozess-Inseln (wenige Rasterzellen á

25 m²) enthält.

Page 64: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Hanganbrüche

40 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Die rohen Modellierungsresultate wurden nur leicht generalisiert, einzelne Zellen bzw. schmale Bän-der (mit Breite = 5 m) werden dabei zum dominierenden Attribut aller direkten Nachbarzellen umattri-butiert (mögliche Werte: 0 = kein Prozess, 1 = Anriss, 2 = Auslauf). In den Ergebnisdateien können daher beispielsweise einzelne kleine Auslaufbereiche ohne Anrisszone dargestellt sein. Diese wurde

aus oben genanntem Grund dem Auslauf zugeteilt.

Das Grid wurde anschließend ohne weitere Glättung in eine Shape-Datei transformiert.

7.4.1 Statistik der Modellierungsresultate Nachfolgende Tab. 12 zeigt die Statistik der Modellierungsresultate für die beiden Szenarien A und B, differenziert nach Anriss- und Auslaufbereich sowie nach Waldflächen und Flächen außerhalb des

Waldes.

Tab. 12: Statistik der Modellierungsresultate für die Szenarien A und B im Landkreis Berchtesgadener Land.

Szenario A geringe Schutzwir-kung des Waldes

Szenario B starke Schutzwirkung

des Waldes

km² Anteil an Ge-

samtfläche [%] km²

Anteil an Ge-samtfläche [%]

Anriss Außerhalb des Waldes 42,8 5,1 42,8 5,1

Im Wald 11,2 1,3 0,7 0,1

Auslauf Außerhalb des Waldes 26,3 3,1 25,8 3,1

Im Wald 17,8 2,1 10,4 1,2

Gesamte Prozessfläche

98,0 11,7 80,0 9,5

Gesamtfläche Untersuchungsgebiet

840 100

Die Fläche des gesamten Untersuchungsgebietes beträgt rund 840 km2, wovon rund 54,3 % mit Wald

bestockt sind.

Der Einfluss der unterschiedlichen Durchwurzelung ist offensichtlich: Bei Szenario B mit starker Schutzwirkung des Waldes vermindern sich die Anrissflächen im Wald auf rund 6 % der in Szenario A (geringe Schutzwirkung des Waldes) ausgewiesenen Flächen. Einzig steile Waldpartien weisen mög-

liche Anrissbereiche auf.

7.4.2 Statistik der Prozessflächen nach Hangneigungsklassen Die Auswertung der Prozessflächen nach Hangneigungsklassen ist in Abb. 26 zu sehen. Die durchge-zogenen Linien stellen die Resultate für Szenario A (geringe Schutzwirkung des Waldes) dar, die ge-strichelten Linien zeigen Szenario B (hohe Schutzwirkung des Waldes). Die schwarzen Linien stehen für die jeweilige gesamte Prozessfläche, was der Summe der jeweiligen roten Linien (Anrissbereiche)

und der gelben Linien (Auslaufbereiche) entspricht.

Page 65: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Rutschungen

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 41

Abb. 26: Statistik der Prozessflächen für Szenarien A und B nach Hangneigungsklassen.

Der Vergleich der schwarzen Kurven zeigt die potenzielle Spannbreite der Schutzwirkung des Waldes

auf.

Weiterführende statistische Auswertungen bzw. Modellierungen auf einem größeren Maßstab erfor-dern neben einer genaueren Differenzierung der Modellparameter auch eine Analyse der lokalen Be-

standstypen und der Art der Waldnutzung.

8 Rutschungen Nachfolgend werden tiefer reichende Rutschungen behandelt. Üblicherweise reichen sie mehr als et-wa 5 m in den Untergrund. Hier soll pauschal von tiefreichenden Rutschungen gesprochen werden.

Bei den Gefahrenhinweisbereichen für tiefreichende Rutschungen wurden zwei Kategorien dargestellt. Bei der ersten Kategorie handelt es sich vorwiegend um Bereiche, in denen bereits Rutschungen er-folgt sind. Teilweise sind sie noch aktiv, vor allem besteht jedoch die Möglichkeit einer Reaktivierung. Es werden auch Bereiche mit einbezogen, in denen sich zwar noch keine eindeutige tiefreichende Rutschung entwickelt hat, aber bereits Anzeichen auf eine solche Bewegung zu finden sind. Dies kann sich beispielsweise anhand von tiefen, teils aktiven Zerrspalten oberhalb der Abrisskante äußern oder es handelt sich um Blockschollenbewegungen, also langsame tiefreichende Bewegungen von

großen Felsblöcken.

In der zweiten Kategorie wurden Geländebereiche erfasst, in denen eine erhöhte Anfälligkeit für die Bildung eines tiefreichenden Rutschprozesses erkennbar ist. Eine solche Anfälligkeit äußert sich z. B. im Zusammenspiel von Faktoren wie rutschanfälligem Untergrund, unruhiger Morphologie, Vernäs-sungen u. ä.. Entlang von Bächen und Flüssen gibt es zudem vielfach steile Hänge, an denen es be-reits zu oberflächennahen Rutschungen mit Gleitflächentiefen < 5 m gekommen ist und/oder sich sol-che entwickeln können. Dort ist zwar nicht mit der Entwicklung von tiefreichenden Rutschungen ge-mäß der oben aufgeführten Definition zu rechnen. Aufgrund der Steilheit des Geländes werden solche

Page 66: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Rutschungen

42 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Flächen bei den angesetzten Parametern mit der Hanganbruchmodellierung jedoch nicht erfasst. Sie wurden dann in die GHK mit aufgenommen, wenn sie in der Nähe von Infrastruktur (z. B. Bebauung,

Straßen) liegen und für diese eine mögliche Bedrohung darstellen.

Die Gefahrenhinweisbereiche der ersten Kategorie, in denen vorhandene Rutschungen einschließlich der potenziellen Ausbreitung dargestellt wurden, sind in den Gefahrenhinweiskarten als rote Bereiche mit Hinweisen auf Gefährdung durch tiefreichende Rutschungen bezeichnet. Die Gefahrenhinweisbe-reiche der zweiten Kategorie, in denen eine erhöhte Anfälligkeit besteht, die im Extremfall zur Bildung von tiefreichenden Rutschprozessen führen kann oder bei denen flache Rutschungen eine Gefähr-dung für Infrastruktur darstellen, wurden als orange Bereiche erhöhter Rutschanfälligkeit gekenn-

zeichnet.

Im folgenden Kapitel wird die Vorgehensweise zur Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche für die tief-

reichenden Rutschungen beschrieben.

8.1 Dispositionsmodell - Ermittlung tiefreichender Rutschungen aus GEORISK- und EGAR-Daten

Mit dem Dispositionsmodell für tiefreichende Rutschungen sollen Gefahrenquellen empirisch erkannt werden. Das heißt, dass die Bereiche ermittelt werden sollen, in denen sich zukünftig mit erhöhter Wahrscheinlichkeit tiefreichende Rutschungen bilden werden. Nach bisherigen Erfahrungen und Un-tersuchungen konnte festgestellt werden, dass sich tiefreichende Rutschungen meist in den Gebieten entwickeln, die bereits in der Vergangenheit von entsprechenden Rutschungen betroffen waren. Damit

können diese als Bemessungsereignis herangezogen werden.

Zur Ermittlung der betroffenen Flächen müssen vorhandene Daten bekannter Rutschbereiche erfasst und ausgewertet werden. Relevante Informationen hierzu liefern Datenbestände unterschiedlicher Projekte (z. B. GEORISK, EGAR) sowie geotechnische Gutachten, Diplomarbeiten oder Dissertatio-

nen.

Die Hauptinformationen stammen aus dem GEORISK-Projekt. Dabei handelt es sich weitgehend um

detailliert im Gelände erhobene Daten. Sie sind im Bodeninformationssystem Bayern und im Informa-tionsdienst Alpine Naturgefahren (Anhang Kapitel 2.5) erfasst und können von dort direkt übernom-men werden. Zum einen handelt es sich um die Dokumentation von Hangbewegungsmerkmalen wie Bergzerreißungen, Anbruchkanten und Ablagerungen von Rutschungen, zum anderen um Karten der Aktivitätsbereiche, in denen kleinere Rutsch- und Sturzbereiche zusammengefasst sind. Diese Daten wurden flächendeckend im Umfeld von Siedlungsgebieten im Alpenraum aufgenommen. Außerhalb der Siedlungsgebiete im Alpenraum und im gesamten Alpenvorland liegen Daten nur punktuell vor. Aus den Karten der Aktivitätsbereiche wurden alle Gebiete ausgewählt, die Rutschprozesse betreffen und dabei deutliche Anzeichen für aktive Massenbewegungen anzeigen sowie solche mit vereinzelten Hinweisen auf aktive Massenbewegungen. Da die Gefahrenhinweiskarten für den Alpenraum bereits fertiggestellt wurden und die Karten der Aktivitätsbereiche ersetzen, stehen diese nun nicht mehr im

BIS-BY zur Verfügung.

Aus dem EGAR-Projekt (Anhang Kapitel 2.5.3) standen für das Untersuchungsgebiet Berchtesgade-

ner Land die Aufnahmen der Kartenblätter 1 : 25 000 Inzell, Bad Reichenhall, Berchtesgaden Ost, Schneizlreuth, Berchtesgaden West, Hirschbichl, Königssee, Hoher Göll und Funtensee zur Verfü-gung. Diese Prozesskartierungen wurden überwiegend nach Luftbildauswertungen flächendeckend für einen Anwendungsmaßstab 1 : 25 000 durchgeführt. Nur ein geringer Anteil der erfassten Objekte (Prozessflächen) wurde im Gelände verifiziert, auch erfolgte keine Prognose über Ausweitung bzw. Reichweite von Massenbewegungen. In den meisten Fällen muss man davon ausgehen, dass die im

Page 67: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Rutschungen

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 43

EGAR-Projekt erkannten Prozessflächen, ähnlich wie die Flächen in den Karten der Aktivitätsberei-

che, Gebiete darstellen, in denen Hangbewegungsareale zusammengefasst sind.

8.2 Prozessmodell - Ermittlung des potenziellen Bewegungsbereiches (Ausweitung) tiefreichender Rutschungen

Die im Dispositionsmodell ermittelten potenziellen Bewegungsbereiche können sich bei anhaltender Aktivität oder bei einer Reaktivierung alter Rutschungen stark ausweiten. Diese Ausweitung kann so-wohl im Anbruchbereich als auch im Ablagerungsbereich der Rutschmasse stattfinden. Der sogenann-te Prozessraum der Rutschung und damit der Gefahrenhinweisbereich können sich also stark vergrö-ßern. Da eine numerische Modellierung der Rutschprozesse im regionalen Maßstab nicht zuverlässig möglich ist, muss bei der Bestimmung des Gefährdungsbereiches mit empirischen Methoden gearbei-

tet werden.

Bei der potenziellen Ausweitung des Prozessraumes im Anbruchbereich sind im Wesentlichen die ge-ologisch-tektonische sowie die morphologische Situation maßgeblich. Im Extremfall reicht der Pro-zessraum bis an den nächstliegenden Bergrücken, Grat (Kamm) oder an markante Geländestufen und Rinnen im Umfeld der Rutschungen. In Fällen, bei denen kleinere Anbrüche in flacheren, gleich-förmigen Hängen auftreten, wurden diese mit einem 20 - 30 m breiten Sicherheitssaum versehen und

dieser als potenzielle Ausweitung des Prozessraumes im Anbruchbereich festgelegt.

Zur Bestimmung der potenziellen Reichweite einer aktiven oder reaktivierbaren Rutschung wurde zu-nächst die bisherige Reichweite auf der Basis von Datenbankinhalten, dem Schattenmodell und Ge-ländedaten („stumme Zeugen“) bestimmt. Liegen beispielsweise Anzeichen für aktive Bewegungen an der Rutschungsstirn vor, muss davon ausgegangen werden, dass bei einer Reaktivierung des Rutschbereiches die Reichweite der älteren Rutschmasse zumindest lokal übertroffen wird. Der Ge-fahrenhinweisbereich muss dann entsprechend der geomorphologischen Gegebenheiten bemessen werden. Reichen die Gefahrenhinweisbereiche für tiefreichende Rutschungen bis in wasserführende Gerinne, werden sie dort abgegrenzt. Die potenziellen Lockergesteinsmassen, die sich dort ansam-

meln, würden voraussichtlich vom Bach abgetragen oder sich als Muren weiterbewegen.

Beim Abgang von Muren handelt es sich um einen Prozess, der sich von Rutschungen stark unter-scheidet. Der Murprozess muss deshalb separat modelliert werden. Da Muren eine Sonderform des Hochwasserabflusses sind, handelt es sich nicht um eine geologische Gefährdung. Sie werden des-

halb nicht im Rahmen dieses Projektes bearbeitet.

8.3 Vorgehensweise im Projekt Die ausgewählten Objekt-Informationen wurden im GIS zuerst selektiert und attributiert danach einzeln bewertet, (nach-) digitalisiert und gegebenenfalls nach Geländebegutachtungen berichtigt

(Anhang Kapitel 8.3.2).

8.3.1 Selektion und Attributierung digitaler Objekte Aus dem BIS-BY wurden insgesamt 413 rutschungsrelevante GEORISK-Objekte selektiert, aus den

Karten der Aktivitätsbereiche wurden weitere 583 Bereiche selektiert, die deutliche oder vereinzelte

Hinweise auf aktive Massenbewegungen aufzeigen.

Aus dem EGAR-Projekt (Anhang Kapitel 2.5.3 und Anhang Kapitel 8.1) konnten 28 Objekte der

Bewegungstypen fließen (f), kriechen (k) und gleiten (g) selektiert werden.

Page 68: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Rutschungen

44 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Diese Objekte wurden in einem zweiten Bearbeitungsschritt detailliert bewertet, neu attributiert und digitalisiert (Tab. 13). Dazu wurden sie mit einer neuen Identifikationsnummer versehen, ihre Datengrundlagenqualität anhand umfassender Datenbank- und Literaturinformationen bewertet (DG 1 - 4) sowie alle Anbruchbereiche und Reichweiten anhand einer Analyse des Schattenmodells aus den 1 m-Laserscandaten überprüft, gegebenenfalls präziser abgegrenzt und digitalisiert

(RW 1 - 3).

Ein Großteil der Objekte wurde zusätzlich im Gelände begutachtet (GB 1 – 2).

Tab. 13: Attributierung und (Qualitäts-) Bewertung der selektierten Objekte im Landkreis.

Attribute Bewertung (Datenquelle-Informationsgrad) Anzahl ca. %

ID Objekt-Nummer Laufende Objektnummern 1 – 267 267 100

DG Datengrundlage 1 GEORISK-Objekte

2 GEORISK-Aktivitätsbereiche

3 EGAR (aktiv, relikt)

4 DGM

243

0

0

24

91,0

0

0

9,0

RW Reichweite 1 Hang

2 Talboden

3 Bach / Vorfluter

57

71

139

21,3

26,6

52

GB Geländebegehung 1 aktuell nicht durchgeführt

2 durchgeführt

37

230

13,9

86,1

Zur Klärung offener Fragen erfolgte zuerst eine Analyse der Schattenmodelle mit 45° bzw. 315° Be-leuchtungsrichtung (Anhang Kapitel 2.2). Zur weiteren Überprüfung konnten im GIS Orthofotos (schwarz-weiß und farbig) unterschiedlicher Jahrgänge aus dem Bestand des LfU hinterlegt werden. Allgemeine Kartengrundlage war die Topographische Karte von Bayern 1 : 25 000 (Anhang Kapitel

2.1.1).

Die meisten GEORISK-Objekte konnten aufgrund ihrer exakten Geländeaufnahme entweder ohne nennenswerte Korrekturen, in den meisten Fällen mit einem 20 – 30 Meter breiten Sicherheitssaum versehen, unmittelbar in die Gefahrenhinweiskarte übernommen werden (Anhang Kapitel 8.1). Gege-benenfalls wurden ihre Geometrien anhand neuer Erkenntnisse aus dem präzisen Schattenmodell korrigiert und anschließend in die Gefahrenhinweiskarte übernommen. Die Datenqualität wurde in beiden Fällen als sehr hoch eingestuft (DG 1). Zwar beruhen die Abgrenzungen von GEORISK-Aktivitätsbereichen im Umfeld von Siedlungsgebieten ebenfalls auf flächenhaften Geländebegehun-gen, doch stellen diese meist aus zahlreichen kleineren Bewegungshinweisen zusammengefasste Rutschungsflächen dar, so dass der Informationsgehalt für die gesamte Fläche geringer ist und die Datenqualität niedriger bewertet wurde (DG 2). Den als aktuell bezeichneten EGAR-Prozessflächen

lagen in einigen Fällen Geländebegehungen zu Grunde, so dass ihr Informationsgrad relativ hoch ein-zustufen war. Die meisten der als relikt benannten Prozessflächen wurden dagegen überwiegend an-

hand von Stereoluftbildern analysiert und abgegrenzt, weshalb sie einen geringen Informationsgrad aufweisen. Insgesamt musste der Informationsgrad von EGAR-Prozessflächen deshalb niedrig einge-stuft werden (DG 3). Objekte, die im Zuge der Projektarbeit z. B. durch Analyse der Schattenmodelle identifiziert wurden, erhielten zunächst den geringsten Informationsgrad (DG 4) und wurden erst nach

einer Geländebegutachtung und Aufnahme als GEORISK-Objekt in das BIS-BY höher eingestuft.

Page 69: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Rutschungen

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 45

Da im Landkreis Berchtesgadener Land alle Objekte, die auf den Ergebnissen von EGAR oder der GEORISK-Aktivitätsbereiche basieren, durch eine Überprüfung zu einem GEORISK-Objekt hochge-stuft werden konnten, fanden sie auf diesem Wege Berücksichtigung. In Tab. 13 sind sie somit auf 0

gesetzt worden.

8.3.2 Geländeuntersuchungen – Ergänzungen, Präzisierung und Evaluierung

Zur genaueren Abgrenzung und Verifizierung wurden 230 Rutschgebiete (86 % der ausgewiesenen Rutschbereiche), deren Gefahrenpotential durch die vorangegangenen Untersuchungen (Anhang Ka-

pitel 8.3.1) nicht ausreichend geklärt werden konnte, durch Geländebegehungen überprüft.

Im Folgenden sind beispielhaft einige charakteristische geologisch-morphologische Merkmale tiefrei-chender Rutschungen im Untersuchungsgebiet genannt, die zur Beurteilung der Gefahrensituation im Gelände herangezogen wurden: Doppelgrate, ausgeprägte Spalten (Bergzerreißungen, siehe Abb. 27), Senkungen mit Geländestufen und Nackenseen sind häufig Hinweise auf Zerrstrukturen im Anrissbereich vorhandener oder sich entwickelnder Rutschungen. Im Bereich von aktiven Zugrissen sind häufig gespannte Wurzeln sichtbar (Abb. 28). Rutschungen führen oft zu zungen- oder stromför-migen Ablagerungen, die stufenförmige Verebnungen, Bodenrisse mit gespannten Wurzeln, Stauch-wülste (Abb. 29), Senken und Vernässungen sowie säbelwüchsige oder schiefe Bäume (Abb. 30)

aufweisen.

Gebiete mit derartigen Phänomenen wurden generell in den potenziellen Bewegungsbereich einer Rutschung einbezogen, ihre Gefahrenhinweisflächen im GIS entsprechend ergänzt und korrigiert. Konnten Informationsdefizite auch durch Geländebegehungen nicht beseitigt werden, wurde die Da-tenqualität bzw. der Informationsgrad des betreffenden Objektes letztendlich niedrig eingestuft und die dargestellte Fläche lediglich als Bereich mit erhöhter Anfälligkeit für zukünftige Rutschungen betrach-

tet.

Dies betrifft in erster Linie Flächen, deren Ausdehnung eine mehr oder weniger dichte Zusammenfas-sung einzelner, meist kleinerer, nicht genau abgrenzbarer Rutschungen mit oft nicht näher bekanntem

Tiefgang darstellen, wie die meisten EGAR-Prozessflächen oder GEORISK-Aktivitätsbereiche.

Page 70: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Rutschungen

46 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 27: Felsspalte südöstlich von Kirchberg in Bad Reichenhall.

Page 71: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Rutschungen

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 47

Abb. 28: Zugrisse mit gespannten Wurzeln östlich von Schiedbichl bei Markt Berchtesgaden.

Abb. 29: Relikte Rutschbuckel südwestlich von Horn in Marktschellenberg.

Page 72: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Subrosion / Erdfälle und großflächige Senkungsgebiete

48 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 30: Unruhige Morphologie mit Säbelwuchs südlich von Marktschellenberg.

8.4 Ergebnisse der empirischen Rutschungsanalyse Die Bewertung von 267 Rutschungen und potenziell rutschanfälligen Flächen und ihre Gliederung in vier Klassen mit unterschiedlicher Datenquelle (Anhang Kapitel 8.3.1 bis 8.3.2) führte letztendlich zur

Ausweisung von zwei unterschiedlichen Gefahrenhinweisbereichen:

• Bereich 1 – Hinweise auf Gefährdung durch tiefreichende Rutschungen,

• Bereich 2 – Hinweise auf Gefährdung im Extremfall durch Rutschungsanfälligkeit.

Die durchgeführten empirischen Analysen zeigen, dass rund 1,8 % der Fläche (rund 15 km²) im Land-kreis von tiefreichenden Rutschungen betroffen sind. Eine erhöhte Anfälligkeit für die Entwicklung von

weiteren tiefreichenden Rutschungen besteht für zusätzliche rund 1,5 % der Fläche.

Die Gefahrenhinweiskarte (Bericht Kapitel 6.1) zeigt flächenhafte Gefahrenhinweisbereiche. Während die Flächen des Bereiches 1 (rot) auf räumlich konkret abgrenzbare Gefahren mit Anzeichen für aktu-elle oder potenzielle Aktivität hinweisen, zeigt der Bereich 2 (orange) Flächen, in denen unter Extrem-

bedingungen bisher nicht genau abgrenzbare tiefreichende Rutschungen auftreten können.

9 Subrosion / Erdfälle und großflächige Senkungsgebiete Im Bereich der Kalkalpin-Zone wurden im Landkreis Berchtesgadener Land an mehreren Stellen Doli-nen bzw. Erdfälle gefunden, deren Entstehung auf Lösung in stark verkarstungs- bzw. auslaugungsfä-higen Gesteinen (Subrosion) oder auf den Abtransport von Feinmaterial (Suffosion) zurückzuführen

Page 73: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Subrosion / Erdfälle und großflächige Senkungsgebiete

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 49

ist. Wenn solche Formen entstehen, kann dies lokal zu einer Gefährdung führen. Eine Häufung derar-tiger Strukturen wurde z. B. bei Schönau und im Kirchholz nordöstlich von Bad Reichenhall festge-stellt. Es handelt sich jeweils um mehrere nahezu runde, trichterförmige Strukturen von einigen Me-tern Durchmesser (Bericht Abb. 5). Die Formen sind meist mehrere Meter tief, teilweise auch verfüllt. Im Untergrund steht dort Haselgebirge an, welches leicht lösliche Stoffe wie Steinsalz und Gips ent-

hält.

Erhalten sind diese Strukturen (neben den oben erwähnten Bereichen) überwiegend in Waldgebieten, auf vegetationsfreien Flächen im Hochgebirge oder auf Almwiesen. Auf landwirtschaftlichen Nutzflä-chen sind aktive Erdfälle bei Schönau bekannt. Die offenen Löcher werden aber üblicherweise rasch

verfüllt und sind nicht mehr erkennbar.

Bei der Gefahrenhinweiskarte für Subrosion wurden zwei unterschiedliche Ansätze gewählt. Zum ei-nen wurden Bereiche ausgewiesen, in denen es bereits in der Vergangenheit zu Erdfällen, Dolinen oder Senkungsvorgängen gekommen ist. An diesen Strukturen selbst oder in deren unmittelbaren

Randbereich muss mit Nachbrüchen gerechnet werden.

Zum anderen wurde das Gebiet anhand des geologischen Untergrundes danach beurteilt, ob Verkars-

tungs- oder Auslaugungsvorgänge potenziell möglich sind.

Neben den Prozessen, die zu Erdfällen und Dolinen führen, treten im Projektgebiet Berchtesgadener Land auch großflächige Senkungsgebiete auf. Nachgewiesen sind solche Senkungen im Reichenhal-

ler Becken und am Grögern Weiher bei Bayrisch Gmain.

Die Gefahrenhinweisbereiche, in denen vorhandene Subrosions-Objekte festgestellt wurden, sind in der Gefahrenhinweiskarte als rote kreisförmige Flächen dargestellt. Die Gefahrenhinweisbereiche in denen es auf Grund des auslaugungsfähigen Untergrundes grundsätzlich zu Dolinen oder Erdfällen

kommen kann, wurden mit einer orangen Schraffur dargestellt.

Die Gefahrenhinweisbereiche für großflächige Senkungsgebiete sind mit einer roten Schraffur ausge-

wiesen.

9.1 Vorgehensweise im Projekt Im GEORISK-Informationssystem wurden 8 GEORISK-Objekte, die durch Subrosion entstanden sind, ausgelesen und in einer separaten Datei abgespeichert. Zusätzlich erfolgte eine Ergänzung dieser Daten um die Dolinen aus den vorhandenen geologischen Karten (1 : 25.000 inkl. Anlagen). Anschlie-ßend wurden eine Präzisierung der geographischen Lage sowie weitere Ergänzungen von Erdfällen

bzw. Dolinen mit Hilfe des hochauflösenden Digitalen Geländemodells durchgeführt.

9.1.1 Erfassung und Bewertung von Erdfällen / Dolinen Die Erfassung der Erdfälle / Dolinen erfolgte anhand des hochauflösenden Digitalen Geländemodells. Zur Visualisierung des Geländes wurden aus den Geländedaten Schattenmodelle mit unterschiedli-chen Beleuchtungsrichtungen (45° und 315°) erstellt sowie eine Hangneigungskarte berechnet. Die so am Bildschirm gewonnenen Punktdaten mussten im Anschluss an die Erfassung anhand des geologi-schen Untergrunds, durch Luftbilder und Topographische Karten auf ihre Plausibilität geprüft werden. Außerdem erfolgte eine flächenhafte Abgrenzung der Dolinen bei einem Durchmesser von mehr als 25 m. In Einzelfällen erfolgte eine Geländebegehung zur Überprüfung der Daten. Zur weiteren Bear-beitung der Daten wurden die Erdfälle / Dolinen mit Hilfe eines eigens dafür programmierten Excel-

Files ins Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) importiert.

Page 74: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Subrosion / Erdfälle und großflächige Senkungsgebiete

50 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Die erfassten Erdfälle / Dolinen wurden für die Ausweisung als Gefahrenhinweisbereich mit einem

50 m breiten Sicherheitssaum versehen.

9.1.2 Erfassung und Bewertung des potenziell verkarstungs- oder auslaugungsfä-higen Untergrundes

Für die Erfassung des potenziell verkarstungsfähigen Untergrundes wurden aus der Geologischen Karte im Maßstab 1 : 200.000 (GK 200) alle geologischen Einheiten ausgewählt, die grundsätzlich zu Subrosionsvorgängen neigen können, und nach ihrer Subrosionsursache (Karbonat / Sulfat / Suffosi-on) bewertet. Es muss hier nochmals hervorgehoben werden, dass die Wahrscheinlichkeit durch Schäden infolge von Karbonatkarst, gerade im Verhältnis zu Gips- und Salinarkarst, nur gering ist, die

vollständige Darstellung aber für eine umfassende Gefahrenhinweiskarte dennoch geboten ist.

Als zweiter Schritt wurden die Flächen aus der GK 200 bestimmt, in denen sich bereits erfasste Sub-rosions-Objekte befinden, bei denen der unmittelbare Untergrund aber nicht selbst verkarstungsfähig ist. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Deckschichten über verkarstungsfähigem Gestein, wobei sich die Subrosionsstruktur bis an die Oberfläche durchgepaust hat. In diesen Bereichen wurde in der GK 200 gedanklich die Lockergesteinsüberdeckung abgedeckt und die Fläche nach der eigent-

lichen Subrosionsursache bewertet.

Suffusion findet im Gegensatz zur Subrosion in Lockergesteinen statt, die nicht eigens als karstanfällig

ausgewiesen wurden.

Die Erfassung des Haselgebirges als besonders auslaugungsfähigen Untergrund erfolgte abweichend zum oben genannten Vorgehen auf Grundlage der Geologischen Karte 1 : 25.000 (GK 25). Die in die-sen Karten tektonisch abgegrenzte Einheit der sogenannten „Hallstatt-Melange“ wurde als mögliches Erdfallgebiet (potenziell auslaugungsfähig) erfasst. Die größeren Karbonatkomplexe innerhalb der „Hallstatt-Melange“ wurden dabei als nicht salz- und sulfatauslaugungsfähig ausgeklammert. Über die GK 25 hinaus wurden Bereiche erfasst, in denen nach neueren Aufnahmen Haselgebirge ansteht oder aufgrund einer Häufung von Dolinen mit Haselgebirge im Untergrund gerechnet werden muss. In den Randbereichen der „Hallstatt-Melange“, insbesondere in Gebieten mit quartärer Bedeckung, muss damit gerechnet werden, dass das mögliche Erdfallgebiet evtl. auch eine weitere Ausdehnung errei-chen kann, als die in der Geologischen Karte dargestellten Flächen. Deshalb wurde ein Sicherheits-saum von ca. 50 m vorgesehen. Im Senkungsgebiet des Reichenhaller Beckens sind vor allem die Randbereiche als potenzielle Erdfallgebiete erfasst worden, da im zentralen Beckenbereich wegen der hohen quartären Überdeckung zwar mit Senkungen, aber kaum mit plötzlichen Erdfällen zu rechnen

ist.

9.1.3 Erfassung und Bewertung des Senkungsgebietes Bad Reichenhall Im Becken von Bad Reichenhall findet eine großräumige Senkung statt (STARZMANN, G. A. 1979). Die Abgrenzung dieses Senkungsgebiets erfolgte auf Grundlage des in der oben genannten Veröffentli-chung befindlichen Lageplans sowie aufgrund der geologischen und tektonischen Verhältnisse. Da die zitierten Nivellements nicht das gesamte Reichenhaller Becken abdecken, ist das mögliche Sen-kungsgebiet auf die potenziellen, von Senkungen betroffenen Talbereiche mit einem Sicherheitszu-

schlag ausgedehnt worden.

Für eine ortsübliche Bebauung ist die Senkung im inneren Beckenbereich weitgehend ohne Bedeu-tung. Nur bei großen und empfindlichen Bauwerken sind Schäden durch Setzungsunterschiede nicht auszuschließen. Baugrund- und Gründungsgutachten haben dieser speziellen Problematik gegebe-

Page 75: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Subrosion / Erdfälle und großflächige Senkungsgebiete

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 51

nenfalls Rechnung zu tragen. Im Randbereich des Beckens sind differentielle Senkungen nicht auszu-

schließen.

9.1.4 Erfassung und Bewertung des Senkungsgebietes Grögern Weiher Großräumige Senkungen sind auch aus dem Gebiet rund um den Grögern Weiher in Bayerisch Gmain bekannt. Die Abgrenzung dieses Gebietes erfolgte aufgrund der Aktenlage am LfU. Die dem LfU vorliegenden Unterlagen umfassen den Senkungsbereich nicht vollständig. Eine Abgrenzung, ins-besondere nach Südwesten zu, ist somit nur vorläufig. Eine noch weiter reichende Ausdehnung des Senkungsgebietes ist möglich, es liegen aber keine konkreten Hinweise dafür vor. Im Senkungsgebiet Grögern Weiher wird auf jeden Fall die Erstellung von Baugrund- und Gründungsgutachten empfoh-

len, die dieser Problematik Rechnung tragen.

9.2 Ergebnisse der Subrosionsanalyse Insgesamt konnten im Landkreis Berchtesgadener Land 8.520 Subrosions-Objekte (Stand: Oktober 2013) erfasst werden, dabei sind 3 Objekte im Alpenvorland zu finden. Insgesamt haben 8.184 Objek-te ihre Ursache in einem karbonatischen Untergrund, 281 Objekte sind auf einen sulfatischen oder salzhaltigen Untergrund und 3 Objekte sind auf Suffosion zurückzuführen. Bei 52 Objekten konnte die

Subrosionsursache nicht ermittelt werden.

Die Auswertung der GK 200 zeigte, dass rund 60 % der untersuchten Fläche potenziell verkarstungs- oder auslaugungsfähig ist. Dabei sind 88 % auf einen karbonatischen Untergrund, knapp 10 % der Fläche auf Haselgebirge und 1,7% auf einen sonstigen sulfatischen Untergrund zurückzuführen. Flä-chen mit auslaugungsfähigem Untergrund konzentrieren sich dabei im Wesentlichen auf den Alpenan-

teil des Landkreises.

Page 76: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Literatur

52 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

10 Literatur

BAYERISCHES GEOLOGISCHES LANDESAMT (1996): Geologische Karte von Bayern 1:500 000 - München.

BAYFORKLIM (1996): Klimaatlas von Bayern. - Bayerischer Klimaforschungsverbund.

DOBEN, K. (1973): Geologische Karte von Bayern 1:25 000, Erläuterungen zum Blatt Nr. 8242 Inzell - München.

EVANS, S. G. & HUNGR, O. (1993): The assessment of rock fall hazards at the base of talus slopes. - In: Canadian Geotechnical Journal, 30 (4), S. 620-636, Ottawa (Nat. Res. Council of Canada).

GANSS, O. (1971): Geologische Übersichtskarte von Bayern 1:100 000 Blatt Nr. 667, Bad Reichenhall - München.

HEGG, C. & KIENHOLZ, H. (1995): Deterministic paths of gravity-driven slope processes: The "Vector Tree Modell". - In: Carrara, A., et al.: Geographical Information Systems in Assessing Natural Hazards, S. 79-92, Dordrecht.

KIENHOLZ, H. ET AL. (1993): Naturgefahren: Prozesse, Kartographische Darstellung und Maßnahmen. - In: Tagungsbericht zum 48. Deutschen Geographentag in Basel, S. 293-312, Stuttgart.

KRUMMENACHER, B. & PFEIFER, R. (2007): Gefahrenhinweiskarte Oberallgäu, Numerische 3D-Modellierung Stein-/Blockschlag und Felssturz mit und ohne Waldwirkung, Technischer Kurzbericht (Bericht Nr. G0603).

KRUMMENACHER, B. ET AL. (2008): Flächendeckende 3-D Modellierung von flachgründigen Hanganbrüchen auf einer Fläche von 3662 km²; Projekt "Gefahrenhinweiskarte Bayerische Alpen" Teilgebiet 1 Landkreis Miesbach; Bericht Nr. G0811.1.

KRUMMENACHER, B. ET AL. (2005): Modellierung von Stein- und Blockschlag; Berechnung der Trajektorien auf Profilen und im 3-D Raum unter Berücksichtigung von Waldbestand und Hindernissen. - In: anlässlich Fan-Forum ETH Zürich, 9 S., Zollikofen.

LIED, K. (1977): Rockfall problems in Norway. - In: Istituto Sperimentale Modelli e Strutture (ISMES), 90, S. 51-53, Bergamo.

LIENER, S. (2000): Zur Feststofflieferung in Wildbächen. - In: Geographica Bernensia, Geographisches Institut Bern, G64, Bern.

MAYER, K. & VON POSCHINGER, A. (2005): Final Report and Guidelines: Mitigation of Hydro-Geological Risk in Alpine Catchments "Catch Risk". Work Package 2: Landslide hazard assessment (Rockfall modelling). - In: Program Interreg IIIb - Alpine Space.

MEIßL, G. (1998): Modellierung der Reichweite von Felsstürzen. - In: Innsbrucker Geographische Studien, 249 S., Innsbruck.

Page 77: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Literatur

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 53

MERTSCH, S. (2004): Risikomanagement als Konzept zur Risikominderung am Beispiel der überflutungsgefährdeten Räume Schleswig-Holsteins. - In: Sonderveröffentlichung DKKV (Deutsches Komitee für Katastrophenvorsorge e. V.), 78 S., Bonn.

ONOFRI, R. & CANDIAN, C. (1979): Indagine sui limiti di massima invasione dei blocchi franati durante il sisma del Friuli del 1976. - In: Considerazioni sulle opere di difesa Regione Autonoma Friuli-Venezia Giulia e Università degli Studi di Trieste, 41 S., Trieste (Cluet Publisher).

PRINZ, H. & STRAUß, R. (2006): Abriss der Ingenieurgeologie. - 671 S., 4. Auflage, München (Elsevier GmbH).

RISCH, H. (1993): Geologische Karte von Bayern 1:25 000, Erläuterungen zum Blatt Nr. 8343 Berchtesgaden West - München.

SCHWERD, K. (1998): Geologische Karte 1:25 000 Nationalpark Berchtesgaden - München (Bayer. Geol. L.-Amt).

SELBY, M. J. (1993): Hillslope Materials and Processes. - In: Oxford University Press, Oxford.

STARZMANN, G. A. (1979): Präzisionsnivellements zur Beobachtung von Senkungen der Erdoberfläche am Beispiel des Reichenhaller Raumes. - In: Geologisches Jahrbuch, C22, S. 103-115, Hannover.

WADGE, G. ET AL. (1993): Environmental modelling with GIS. - In: Goodchild, M. F., et al.: Spatial analysis in GIS for natural hazard assessment., S. 332-338, New York, Oxford.

WIECZOREK, F. G. ET AL. (1999): Rockfall Potential in the Yosemite Valley, California. - In: U S Geological Survey Open-File Report 99-0578, im Internet abrufbar unter <http://pubsusgsgov/of/1999/ofr-99-0578/>, Abruf 2008.

Page 78: Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland - lfu.bayern.de · Geologie können den jeweiligen Geologischen Karten entnommen werden. Weitere Informationen zur Weitere Informationen

Literatur

54 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014