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Generierung von gesättigten N-Heterozyklen mit Iminreduktasen Von der Fakultät 4: Energie-, Verfahrens- und Biotechnik der Universität Stuttgart genehmigte Abhandlung zur Erlangung der Würde eines Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) Vorgelegt von Niels Borlinghaus aus Wuppertal Hauptberichter: Prof. Dr. Bernhard Hauer Mitberichter: Prof. Dr. Albert Jeltsch Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. Ralf Takors Tag der mündlichen Prüfung: 12.12.2019 Institut für Biochemie und Technische Biochemie Abteilung Technische Biochemie 2019

Generierung von gesättigten N-Heterozyklen mit Iminreduktasen...2019/12/14  · Generierung von gesättigten N-Heterozyklen mit Iminreduktasen Von der Fakultät 4: Energie-, Verfahrens-

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  • Generierung von gesättigten N-Heterozyklen

    mit Iminreduktasen

    Von der Fakultät 4: Energie-, Verfahrens- und Biotechnik der Universität Stuttgart genehmigte Abhandlung zur Erlangung der Würde eines

    Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.)

    Vorgelegt von

    Niels Borlinghaus

    aus Wuppertal

    Hauptberichter: Prof. Dr. Bernhard Hauer

    Mitberichter: Prof. Dr. Albert Jeltsch

    Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. Ralf Takors

    Tag der mündlichen Prüfung:

    12.12.2019

    Institut für Biochemie und Technische Biochemie

    Abteilung Technische Biochemie

    2019

  • II

  • III

    Folgende Fachartikel wurden im Rahmen dieser Arbeit veröffentlicht:

    M. Lenz, N. Borlinghaus, L. Weinmann, B. M. Nestl „Recent advances in imine reductase

    catalyzed reactions.“ World J. Microbiol. Biotechnol. 2017, 33, 199.

    N. Borlinghaus, B. M. Nestl „Switching the Cofactor Specificity of an Imine Reductase.“

    ChemCatChem 2018, 10, 183–187.

    N. Borlinghaus, S. Gergel, B. M. Nestl „Biocatalytic Access to Piperazines from Diamines

    and Dicarbonyls.” ACS Catal. 2018, 8, 3727–3732.

    A. Al-Shameri, N. Borlinghaus, L. Weinmann, P. N. Scheller, B. M. Nestl, L. Lauterbach

    „Synthesis of N-heterocycles from diamines via H2-driven NADPH recycling in the presence

    of O2.“ Green Chem. 2019, 21, 1396–1400.

    N. Borlinghaus, L. Weinmann, F. Krimpzer, P. Scheller, A. Al-Shameri, L. Lauterbach,

    A.-S. Coquel, C. Lattemann, B. Hauer, B. Nestl „Cascade biotransformation to access 3-

    methylpiperidine in whole cells.“ ChemCatChem. 2019, 11, 5738– 5742.

    N. Borlinghaus, S. Gergel, Bettina M. Nestl, F. Thol, H. Penders “Preparation of imine

    reductases at 15L scale and their application in asymmetric piperazine synthesis”,

    accepted book chapter for „Practical methods for Biocatalysis and Biotransformations 3”,

    edited by J. Whittall and P. W. Sutton, published by Wiley-VCH.

    N. Borlinghaus, B. M. Nestl „Reductive Hydrazinations with Imine Reductases”

    Manuscript in preparation.

  • IV

  • V

    I. Eidesstattliche Erklärung

    Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit mit dem Titel „Generierung von

    gesättigten N-Heterozyklen mit Iminreduktasen“ selbstständig verfasst habe, und dass

    ich keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Alle

    wörtlich oder sinngemäß aus anderen Werken übernommenen Aussagen sind als solche

    gekennzeichnet worden. Des Weiteren bestätige ich, dass die vorgelegte Arbeit nicht in

    gleicher oder ähnlicher Form bei einer anderen Institution zur Erlangung eines

    akademischen Grades eingereicht wurde

    I. Declaration of Authorship:

    I hereby declare that the present thesis entitled “Generation of saturated N-Heterocycles

    with imine reductases” is the result of my own work, that all sources used or quoted

    have been indicated, and that I have not used any illegitimate means. I further declare

    that I have not submitted this thesis for a degree in some form or another.

    Korntal, 05.07.2019

    Niels Borlinghaus

  • VI

    II. Danksagung

    An erster Stelle möchte ich mich bei Herr Prof. Dr. Bernhard Hauer bedanken, der

    mich als Doktorand in seinen Arbeitskreis aufgenommen hat und mir die Bearbeitung

    dieses spannenden Themas überlassen hat. Weiterhin möchte ich mich für die

    Unterstützung und die Ermutigung während meiner Arbeit bedanken. Auch für die

    vielen Freiheiten, die ich in meiner Forschung hatte, und das damit verbundene

    Vertrauen, möchte ich mich bedanken.

    Herrn Prof. Dr. Albert Jeltsch und Herrn Prof. Dr.-Ing. Ralf Takors danke ich herzlich

    für die Übernahme des Zweitgutachters, bzw. für die Übernahme des

    Prüfungsvorsitzenden.

    Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei Dr. Bettina Nestl für die hervorragende

    Betreuung während meiner gesamten Zeit als Doktorand. Vor allem für die fachliche

    Unterstützung und den Austausch über theoretische und praktische Fragestellungen,

    sowie für die Überarbeitung von Manuskripten und die Überarbeitung dieser Arbeit

    möchte ich mich herzlich bedanken. Danken möchte ich auch für deine ständige und

    unermüdliche Motivation in allen Phasen dieses Projektes.

    Ein weiterer Dank gilt Dr. Bernd Nebel für die fachliche Unterstützung bei analytischen

    Fragestellungen, sowie für die Sicherstellung einer funktionierenden Analytik.

    Bedanken möchte ich mich auch bei meinen Kooperationspartnern Dr. Oliver Lenz,

    Dr. Lars Lauterbach und Ammar Al-Shameri an der TU Berlin. Hierbei möchte ich

    mich vor allem für die enge und produktive Zusammenarbeit bedanken, sowie für den

    fachlichen Austausch. Auch für die herzliche Aufnahme bei meinen Aufenthalten in

    Berlin möchte ich mich bedanken.

    Ein weiterer Dank geht an meine Kollegen aus dem IRED-Team (Maike Lenz, Philipp

    Scheller, Leonie Weinmann und Bettina Nestl). Dies war eine sehr lehrreiche und

    produktive Zusammenarbeit für mich.

    Auch möchte ich mich bei den Kollegen des Rosalind-Franklin-Labors (Sebastian

    Gergel, Benjamin Aberle, Ludwig Bengel, Maike Lenz, Julia Halder, Sara Hoffman,

    Lars Hinner) für die freundschaftliche Arbeitsatmosphäre und die vielen fachlichen

    Diskussionen bedanken.

  • VII

    Darüber hinaus möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen bedanken, mit

    denen ich in den letzten drei Jahren zusammen arbeiten durfte. Bei euch bedanke ich

    mich vor allem für die angenehme Atmosphäre und die Hilfsbereitschaft im Laboralltag,

    sowie für die Bereitschaft sich jederzeit über fachliche und technische

    Problemstellungen auszutauschen.

    Bedanken möchte ich mich auch bei den Studenten Sebastian Gergel, Andreas Reichl,

    Phillip Jegl und Steffen Bernhard, welche in verschieden Bereichen dieses Projektes

    beteiligt waren und von mir betreut wurden.

    Auch bedanken möchte ich mich bei der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) für

    die finanzielle Unterstützung dieses Projektes.

    Nicht zuletzt möchte ich mich bei meiner großartigen Frau Mareike bedanken, die mich

    stets voll und ganz bei meiner Arbeit unterstützte.

  • VIII

    III. Inhaltsverzeichnis

    I. Eidesstattliche Erklärung ......................................................................................................................... V

    II. Danksagung ................................................................................................................................................ VI

    III. Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................................... VIII

    IV. Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................................................... XIII

    V. Zusammenfassung ................................................................................................................................. XIV

    V. Abstract .................................................................................................................................................... XVII

    1. Einleitung ................................................................................................................................................. 1

    1.1. Biokatalyse ....................................................................................................................................... 1

    1.2. N-Heterozyklen .............................................................................................................................. 2

    1.2.1. N-Heterozyklen als Pharmabausteine ............................................................................... 3

    1.2.2. Piperazine .................................................................................................................................... 4

    1.3. Enzymatische Bildung von chiralen N-Heterozyklen ...................................................... 6

    1.4. Iminreduktasen .............................................................................................................................. 7

    1.4.1. Reaktionsmechanismus .......................................................................................................... 9

    1.4.2. IRED katalysierte Reaktionen............................................................................................ 11

    1.4.3. Promiskuitive, iminreduzierende Enzymaktivitäten ............................................... 13

    1.4.4. Enzymkaskaden mit Iminreduktasen ............................................................................ 14

    2. Motivation ............................................................................................................................................ 16

    3. Material und Methoden ................................................................................................................. 17

    3.1. Materialien .................................................................................................................................... 17

    3.1.1. Chemikalien .............................................................................................................................. 17

    3.1.2. Vewendete Enzyme ............................................................................................................... 17

    3.1.3. Verwendete Kits ..................................................................................................................... 18

    3.1.4. Verwendete Plasmide ........................................................................................................... 18

    3.1.5. Verwendete Mutagenese-Primer ..................................................................................... 19

  • IX

    3.1.6. Verwendete E. coli Stämme ................................................................................................. 21

    3.1.7. Verwendete Puffer und Lösungen .................................................................................... 22

    3.2. Molekularbiologische Methoden ........................................................................................... 24

    3.2.1. Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ................................................................................... 24

    3.2.2. Klonierung mittels Gibson assembly ................................................................................ 25

    3.2.3. Ortsgerichtete Mutagenese mittels Gibson assembly ................................................ 25

    3.2.4. Ortsgerichtete Mutagenese mittels QuikChangeTM .................................................... 26

    3.2.5. Agarose-Gelelektrophorese ................................................................................................ 26

    3.2.6. Herstellung chemisch kompetenter Zellen ................................................................... 27

    3.2.7. Hitzeschocktransformation von E. coli Zellen ............................................................. 27

    3.2.8. Plasmidisolierung aus E. coli .............................................................................................. 28

    3.2.9. DNA-Sequenzierung ............................................................................................................... 29

    3.3. Kultivierung und Protein-Expression ................................................................................. 29

    3.3.1. Verwendete Kulturmedien .................................................................................................. 29

    3.3.2. Expression von IREDs im Schüttelkolben ..................................................................... 30

    3.3.3. Expression von PuOs im Schüttelkolben ....................................................................... 31

    3.3.4. Toxizitätsstudie in E. coli JW5510 .................................................................................... 31

    3.4. Proteinreinigung und Validierung ........................................................................................ 32

    3.4.1. Zellaufschluss ........................................................................................................................... 32

    3.4.2. Co2+-basierte Affinitätschromatographie ...................................................................... 32

    3.4.3. Proteinkonzentrationsbestimmung ................................................................................ 34

    3.4.4. SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) ................................................. 34

    3.5. Bestimmung der Enzymaktivität........................................................................................... 35

    3.5.1. Photometrischer NAD(P)H-Assay für IREDs ................................................................ 35

    3.5.2. Photometrische Analyse kinetischer Parameter für IREDs .................................... 37

    3.5.3. Photometrischer NAD(P)H -Assay für Alkoholdehydrogenasen .......................... 38

    3.5.4. Photometrischer H2O2-basierter Assay für Oxidasen ............................................... 39

  • X

    3.5.5. In vitro Biotransformationen mit IREDs ....................................................................... 40

    3.5.6. In vitro Biotransformationen mit kontinuierlicher Substratzugabe .................. 43

    3.5.7. In vitro Biotransformationen mit Enzymkaskaden ................................................... 44

    3.6. In vivo Biotransformation in E.coli JW5510 ..................................................................... 46

    3.7. Probenaufarbeitung (Extraktion und Derivatisierung) ............................................... 46

    3.8. Screening-Systeme ..................................................................................................................... 50

    3.8.1. Screening-System zur Identifizierung von IRED-Varianten mit geänderter

    Kofaktorspezifität .................................................................................................................................... 50

    3.8.2. Screening-System zur Identifizierung von IRED-Varianten mit erhöhter

    Aktivität für Substrate mit niedriger Anfangsaktivität ............................................................. 52

    3.8.3. Screening-System zur Identifizierung von IRED-Varianten mit geänderter

    Stereoselektivität ..................................................................................................................................... 54

    3.9. Analytische Methoden .............................................................................................................. 55

    3.9.1. Gaschromatographie (GC) .................................................................................................. 56

    3.9.2. Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) ................................................ 59

    3.10. Bioinformatische Methoden ............................................................................................... 60

    3.10.1. Erstellung eines Homologiemodells ........................................................................... 60

    3.10.2. Docking, Energieminimierung und MD-refinements mit Yasara .................... 60

    3.10.3. Multisequenzalignments ................................................................................................. 60

    3.10.4. Strukturalignments ........................................................................................................... 61

    4. Ergebnisse ............................................................................................................................................ 62

    4.1. Asymmetrische Reduktion von zyklischen Iminen ....................................................... 62

    4.1.1. Vergleich der kinetischen Parameter von R-IRED_Ms mit R-IRED_Sr für

    Modellsubstrate........................................................................................................................................ 62

    4.1.2. Testen neuer Iminsubstrate ............................................................................................... 63

    4.2. Reduktive Aminierung .............................................................................................................. 64

    4.2.1. Reduktive Aminierung mit ausgewählten Beispielsubstraten ............................. 65

    4.2.2. Erweiterung des Substratspektrums durch Verwendung von Hydrazinen .... 66

  • XI

    4.3. Doppelte reduktive Aminierung ............................................................................................ 69

    4.3.1. Studien zur Aufklärung des Reaktionsweges ............................................................... 72

    4.3.2. Aktivitätsvergleich mit R-IRED_Sr und S-IRED_Pe ..................................................... 74

    4.3.3. Untersuchung des Substratspektrums ........................................................................... 75

    4.3.4. Quantifizierung, Upscaling und Produktisolierung ................................................... 77

    4.3.5. Aktivitätssteigerung durch Verwendung von Additiven ......................................... 79

    4.3.6. Toxizitätsstudie ....................................................................................................................... 81

    4.3.7. In vivo Biotransformationen ............................................................................................... 83

    4.3.8. Verwendung von α-Ketosäureester an Stelle von Dicarbonylen ......................... 85

    4.3.9. Verwendung von α-Hydroxycarbonylen an Stelle von Dicarbonylen ................ 86

    4.3.10. Doppelte reduktive Hydrazinierung ........................................................................... 89

    4.4. Bildung von N-Heterzyklen mithilfe von Enzymkaskaden ......................................... 91

    4.4.1. Enzymkaskade mit Putrescinoxidase und IRED ......................................................... 91

    4.4.2. Enzymkaskade mit Alkoholdehydrogenasen oder Alkoholoxidasen und

    R-IRED_Ms ................................................................................................................................................... 95

    4.5. Entwicklung von NADH-abhängigen R-IRED_Ms-Varianten ...................................... 98

    4.5.1. Weiterführende Untersuchung von Varianten V8 und V10 ................................ 100

    4.5.2. Kristallstruktur von R-IRED_Ms-WT und R-IRED_Ms-V8 ..................................... 103

    4.6. Mutationsstudie zur Identifizierung von Stereoselektivitäts-bestimmenden

    Aminosäurepositionen ........................................................................................................................ 104

    5. Diskussion .......................................................................................................................................... 111

    5.1. Charakterisierung von R-IRED_Ms..................................................................................... 111

    5.2. Reduktive Hydrazinierung.................................................................................................... 113

    5.3. Doppelte reduktive Aminierung ......................................................................................... 115

    5.4. Doppelte reduktive Hydrazinierung ................................................................................. 119

    5.5. Verwendung von Additiven zur Steigerung der Enzymaktivität ........................... 119

    5.6. IRED katalysierte Reaktion von α-Hydroxycarbonylen mit Diaminen ............... 120

  • XII

    5.7. Änderung der Kofaktorspezifität ........................................................................................ 121

    5.8. Änderung der Stereoselektivität......................................................................................... 126

    6. Ausblick ............................................................................................................................................... 131

    7. Anhang .................................................................................................................................................. 133

    7.1. Archivierte Plasmide ............................................................................................................... 133

    7.2. Aminosäure- und DNA-Sequenzen .................................................................................... 133

    7.2.1. DNA-Sequenz der R-selektiven Iminreduktase aus Myxococcus stipitatus .... 133

    7.2.2. Aminosäure-Sequenz der R-selektiven Iminreduktase aus Myxococcus

    stipitatus (WT) ........................................................................................................................................ 134

    7.2.3. Aminosäure-Sequenz der NADH-abhängigen R-IRED_Ms-Variante V8 .......... 134

    7.2.4. Aminosäure-Sequenz der NADH-abhängigen R-IRED_Ms-Variante V10 ........ 134

    7.2.5. Aminosäure-Sequenz von R-IRED_Ms-Variante 44A2 (veränderte

    Stereoselektivität) ................................................................................................................................. 135

    7.2.6. Plasmidkarte von pBAD33_R-IRED_Ms-His6 ............................................................ 135

    7.3. Beispielhafte SDS-Gele ............................................................................................................ 136

    7.4. Beispielhafte Chromatogramme ......................................................................................... 137

    7.5. Mögliche Substratorientierungen für die Bildung von enantiokomlementären

    Produkten ................................................................................................................................................. 140

    8. Literaturverzeichnis ..................................................................................................................... 141

    9. CURRICULUM VITAE ...................................................................................................................... 152

  • XIII

    IV. Abkürzungsverzeichnis

    Å Ångström 1 Å = 10−10 m HPLC Hochleistungsflüssigkeitschromatograohie

    ABTS 2,2-Azino-di(3-ethylbenzthiazolin-6-sulfonsäure)

    HRP horseradish peroxidase

    ACN Acetonitril IPTG Isopropyl-β-D-thiogalactopyranosid

    ADH Alkoholdehydrogenase IRED Iminreduktase

    ADP Adenosindiphosphat kb Kilobasen

    AO Alkoholoxidase KBE Koloniebildende Einheiten

    APS Ammoniumpersulfat kDa Kilodalton

    ATP Adenosintriphosphat Kpi Kaliumphosphat

    AU Absorptionseinheiten LB lysogeny broth

    β-HAD β-Hydroxysäuredehydrogenase M Molar (mol L-1)

    BCA Bicinchoninsäure MeOH Methanol

    BSA bovine serum albumin MD molecular dynamics

    C Kohlenstoff MOPS 3-(N-Morpholino)propansulfonsäure

    CMC Kritische Mizellbildungskonzentration MS Massenspektrometrie(-Detektor)

    Co Cobalt MTBE tert-Butyl-Methylether

    CV Säulenvolumen N Stickstoff

    DAD Diodenarray-Detektor NAD(P)H Nikotinamidadenindinukleotid(phosphat)

    DCM Dichlormethan NH3 Amoniak

    ddH2O Doppelt deionisiertes Wasser NMR Kernspinresonanz(-Messung)

    de Diastereomerenüberschuss O2 Molekularer Sauerstoff

    DHFR Dihydrofolatreduktase OD600 Optische Dichte bei λ = 600 nm

    DMSO Dimethylsulfoxid P2CR Pyrrolin-2-carboxylatreduktase

    DNA Desoxyribonukleinsäure PAGE Polyacrylamidgelelektrophorese

    dNTP Desoxyribonukleosidtriphosphat PCR Polymerasenkettenreaktion

    dr Diastereomerenverhältnis PDB Proteindatenbank

    DRR Dihydroreticulinreduktase PEG Polyethylenglycol

    DTT Dithiothreitol PP Pyrophosphat

    E. coli Escherichia coli PuO Putrescinoxidase

    EDTA Ethylendiamintetraessigsäure rr Regioisomerenverhältnis

    ee Enantiomerenüberschuss RT Raumtemperatur

    ELAA Ethyl-4-chloroacetoacetat SDS Natriumdodecylsulfat

    EtOH Ethanol SDR short chain dehydrogenase/reductase

    F420 Koenzym F420 SH Lösliche Hydrogenase

    FDH Formiatdehydrogenase TAE TRIS-Acetat-EDTA

    FE Flächeneinheiten TB Terrific Broth

    FID Flammenionisationsdetektor TIRED Thiazolinyl Iminreduktase

    G6P Glukose-6-phosphat TOF turnover frequency

    G6PDH Glukose-6-phosphatdehydrogenase TRIS Tris(hydroxymethyl)aminomethan

    GC Gaschromatograph(ie) U Unit (1 U ≙ 1µmol min-1)

    H2 Molekularer Wasserstoff WT Wildtyp

    H2O2 Wasserstoffperoxid

  • XIV

    V. Zusammenfassung

    Gesättigte N-Heterozyklen sind sehr gefragte Verbindungen, die als Bausteine für die

    Synthese von Pharmazeutika und Agrochemikalien eingesetzt werden. Insbesondere die

    Bereitstellung von chiralen Vorstufen gilt in der organischen Chemie als sehr

    herausfordernd. Immer häufiger setzt man deshalb Biokatalysatoren ein, welche sich

    durch ihre exzellente Stereo-, Regio- und Chemoselektivität auszeichnen. Für die

    enzymvermittelte Generierung von chiralen, gesättigten N-Heterozyklen sind nur

    wenige Enzyme bekannt, von denen die meisten zu spezifisch sind, um sie abseits ihrer

    natürlichen Funktion einzusetzen. Iminreduktasen (IREDs) hingegen erwiesen sich in

    letzter Zeit als sehr vielversprechende Biokatalysatoren mit vergleichsweise breitem

    Substratspektrum. Die Entwicklung von neuen und bereits bestehenden IRED-basierten

    Biotransformationen zur Herstellung chiraler N-Heterozyklen ist deshalb ein

    Forschungsgebiet mit großem Potenzial.

    Im Rahmen dieser Arbeit konnte das Reaktions- und Produktspektrum von IREDs

    erheblich erweitert werden. Die Entwicklung von neuen Methoden und die Erschließung

    neuer Substratfamilien ermöglichte die Bildung von N-Heterozyklen, welche zuvor

    enzymatisch nicht zugänglich waren. Erstmals wurde eine IRED katalysierte, doppelte

    reduktive Aminierung angewendet, bei welcher Diamine und Dicarbonyle zu Piperazin

    Heterozyklen oder Piperazin-ähnlichen Produkten umgesetzt wurden. Die verwendeten

    Substratgruppen stellen hochreaktive Substanzen dar, welche ohne die Anwesenheit

    von IREDs rasch zu diversen Nebenprodukten abreagieren. Durch die Verwendung von

    IREDs konnte die Nebenproduktbildung hingegen fast vollständig unterdrückt werden,

    da die Substrate kontrolliert und mit hoher Aktivität umgesetzt wurden. Dabei konnten

    ausgezeichnete Produktbildungen von bis zu > 99%, sowie Stereoselektivitäten von bis

    zu > 99% und Regioselektivitäten von bis zu > 99% erreicht werden. Die Durchführung

    von spezifischen Kontrollexperimenten führte außerdem zu ersten Hinweisen bezüglich

    der Abfolge der einzelnen Katalyseschritte. Eine besonders hohe Aktivität und ein sehr

    breites Substratspektrum gegenüber dieser neuartigen Applikation wurde bei der

    R-selektiven IRED aus Myxococcus stipitatus (R-IRED_Ms) festgestellt. So konnten 84

    verschiedene Produkte gebildet werden. Neben Piperazinen konnten auch

    Homopiperazine (Diazepane), sowie bi- und trizyklische Produkte gebildet werden.

    Dabei war es möglich an allen sechs Positionen des Piperazinrings unterschiedliche

  • XV

    Substituenten einzuführen. In Up-Scaling Experimenten mit 50 mM Substrat konnten bis

    zu 8,1 g L-1 Produkt gebildet und eine isolierte Ausbeute von bis zu 87% erreicht

    werden.

    Durch die Kombination von α-Hydroxycarbonylen mit Diaminen, sowie durch die

    Verwendung von Hydrazinen anstelle von Diaminen, konnte das Substrat- und

    Produktspektrum zusätzlich erweitert werden. So konnte beispielsweise erstmals

    (S)-2-Hydroxymethylpiperazin ausgehend von Dihydroxyaceton und Ethylendiamin

    gebildet werden. Des Weiteren gelang die Bildung von Hexahydropyridazinen und

    1,2-Diazepanen mit Hilfe von Hydrazinen und Dicarbonylen.

    Weitere sehr bedeutsame N-Heterozyklen sind Pyrrolidine und Piperidine. Durch die

    Anwendung einer Enzymkaskade mit einer Putrescinoxidase und einer IRED konnten

    verschiedene 1‘-, 2‘- und 3‘-substituierte Pyrrolidine und Piperidine ausgehend von

    Diaminen gebildet werden. Dabei konnten Produktbildungen von bis zu 99% und

    Stereoselektivitäten von bis zu 93% (ee) erreicht werden. Auf diesem Weg gelang auch

    die Bildung von N-Methylpyrrolidin, welches ein tertiäres, zyklisches Aminprodukt ist

    und durch andere alternative Enzymkaskaden bislang nicht zugänglich war.

    Ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Anwendbarkeit von IREDs war die

    Generierung einer NADH-abhängigen IRED-Variante. Bislang sind nur NADPH-

    abhängige IREDs bekannt, jedoch hat die Verwendung von NADH gegenüber NADPH

    einige Vorteile. So ist NADH deutlich günstiger und stabiler als NADPH. Außerdem

    stehen effizientere und kostengünstigere Kofaktor-Regenerationssysteme zur

    Verfügung.

    Durch die Mutagenese der Aminosäurereste an den Positionen N32, R33, T34, K37, L67

    und T71 in R-IRED_Ms, sowie durch die photometrische Untersuchung von über 1800

    Kolonien konnten einige vielversprechende Varianten identifiziert werden. Die besten

    Varianten V8, V9 und V10 zeigten eine bis zu 2900-fach gesteigerte NADH/NADPH

    Spezifität, sowie bis zu 100% Aktivität mit NADH verglichen mit dem Wildtypenzym und

    NADPH.

    Die durchgeführten Studien mit R-IRED_Ms zeigen ein einzigartiges Reaktions- und

    Substratspektrum. Für einige Pharmabausteine wird jedoch eine enantiokomplementäre

    IRED benötigt, um das gefragte Produktenantiomer zu bilden. Eine S-selektive IRED mit

  • XVI

    ähnlichen Eigenschaften zu finden könnte jedoch sehr aufwendig sein. Es wurde deshalb

    versucht die Stereoselektivität von R-IRED_Ms durch enzyme engineering zu ändern, in

    der Hoffnung, dass die Eigenschaften gegenüber dem Substrat- und Reaktionsspektrum

    erhalten bleiben. In einem enantio-sensitiven Screening mit über 3000 Kolonien konnte

    eine neue Region identifiziert werden, welche einen starken Einfluss auf die

    Stereoselektivität des Enzyms hat. Die Variante 44A2 mit fünf Mutationen in dieser

    Region zeigte einen Enantiomerenüberschuss von 91% (S) gegenüber der Bildung von

    2-Methylpyrrolidin. Im Vergleich zum Wildtyp (>99% R) wurde die Stereoselektivität

    somit fast vollständig umgekehrt. Es zeigte sich, dass die eingeführten Aminosäurereste

    in Variante 44A2 eine substratspezifische Stereoselektivitätsänderung bewirken. Es

    konnte jedoch noch nicht geklärt werden, welche Interaktionen letztendlich für die

    substratabhängige Änderung der Selektivität verantwortlich sind.

    Insgesamt konnte durch diese Arbeit die Anwendbarkeit und das Verständnis gegenüber

    IREDs verbessert werden. Die Entwicklung von neuen Methoden und Reaktionen, sowie

    die Mutagenesestudien zeigen, dass IREDs sehr vielseitige Biokatalysatoren mit

    erstaunlichen Fähigkeiten sind. Vor allem für die Bildung von N-Heterozyklen weisen sie

    ein großartiges Potenzial auf, das im Bereich der Biokatalyse bislang einzigartig ist und

    in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen könnte.

  • XVII

    V. Abstract

    Saturated N-heterocycles are highly demanded compounds that are used as building

    blocks for the synthesis of pharmaceuticals and agrochemicals. In particular, the

    provision of chiral precursors is very challenging in organic chemistry. Therefore,

    biocatalysts with excellent stereo-, regio- and chemoselectivity are increasingly used.

    Only a few enzymes are known for the enzyme-mediated generation of chiral, saturated

    N-heterocycles. Most of them are very specific demonstrating activity towards the

    natural substrates. In contrast, imine reductases (IREDs) have recently proven to be

    very promising biocatalysts with a broad substrate scope. Therefore, the development of

    new and existing IREDs for the production of chiral N-heterocycles is a field of research

    with great potential.

    In this work, the reaction and product spectrum of IREDs could be considerably

    expanded. The development of new methods and the use of new substrate families

    enabled the formation of N-heterocycles, which were previously not accessible by

    biocatalytic approaches. For the first time, an IRED-catalyzed double reductive

    amination was applied, in which diamines and dicarbonyls were directly converted to

    piperazine heterocycles or piperazine-like products. The used substrates represent

    highly reactive substances which rapidly react, without the presence of IREDs, to various

    by-products. By using IREDs, however, the by-product formation could be almost

    completely suppressed because the substrates were controlled and reacted with high

    activity. Excellent product formations of up to > 99%, stereoselectivities of up to > 99%

    as well as regioselectivities of up to > 99% were achieved. The performance of specific

    control experiments also led to initial indications regarding the sequence of the

    individual catalysis steps. Particularly high activity and a broad substrate spectrum were

    observed for the R-selective IRED from Myxococcus stipitatus (R-IRED_Ms). Thus 84

    different products could be formed. In addition to piperazines and homopiperazines

    (diazepanes), bi- and tricyclic products could also be generated. Thereby, it was possible

    to introduce different substituents at all six positions of the piperazine moiety. In up-

    scaling experiments with 50 mM substrate, up to 8.1 g L-1 product could be formed, and

    an isolated yield of up to 87% could be achieved.

  • XVIII

    The combination of α-hydroxycarbonyls with diamines, as well as the use of hydrazines

    instead of diamines, further expanded the substrate and product spectrum. For example,

    (S)-2-hydroxymethyl piperazine could be formed for the first time from

    dihydroxyacetone and ethylenediamine. Furthermore, hexahydropyridazines and

    1,2-diazepanes were formed from hydrazines and dicarbonyls.

    Other very important N-heterocycles are pyrrolidines and piperidines. By applying an

    enzyme cascade combining a putrescine oxidase with an IRED, different 1'-, 2'- and 3'-

    substituted pyrrolidines and piperidines could be formed from diamines. Product

    formations of up to 99% and stereoselectivities of up to 93% (ee) could be achieved. In

    this way, the formation of N-methyl pyrrolidine, which is a tertiary cyclic amine product

    and has not been accessible through other alternative enzyme cascades, was also

    successfully generated.

    A further step to improve the applicability of IREDs was the generation of an NADH-

    dependent IRED variant. So far only NADPH-dependent IREDs are known, but the use of

    NADH has some advantages over NADPH. NADH is much cheaper and more stable than

    NADPH. Besides, more efficient and cost-effective cofactor regeneration systems are

    available.

    By mutagenesis of amino acid residues at positions N32, R33, T34, K37, L67 and T71 in

    R-IRED_Ms, and by photometric analysis of over 1800 colonies, promising variants could

    be identified. The best variants V8, V9, and V10 showed up to 2900-fold increased

    NADH/NADPH specificity and up to 100% activity with NADH compared to wild type

    enzyme and NADPH.

    The studies performed with R-IRED_Ms show a remarkable reaction and substrate

    spectrum. However, for some pharmaceutical building blocks, enantiocomplementary

    IREDs are required to form the desired S- as well as R-product enantiomers. In this light,

    finding an S-selective IRED with similar properties remains challenging. As an

    alternative, the stereoselectivity of R-IRED_Ms was changed with enzyme engineering. In

    an enantio-sensitive screening with over 3000 colonies, a new region could be

    identified, which has a strong influence on the stereoselectivity. The variant 44A2 with

    five mutations in this region showed an enantiomeric excess of 91% (S) for the

    formation of 2-methylpyrrolidine. Thus, the stereoselectivity was almost completely

    reversed compared to the wild type (> 99% R). By further experiments, it was shown

  • XIX

    that the amino acid residues introduced in variant 44A2 caused a substrate-specific

    change in stereoselectivity. However, it has not yet been clarified, which specific

    interactions are responsible for the substrate-dependent change in selectivity.

    Overall, this work improved the applicability and understanding of IREDs. The

    development of new methods and reactions as well as the mutagenesis studies show

    that IREDs are very versatile biocatalysts with incredible capabilities. Especially for the

    formation of N-heterocycles, they show great potential, which is unique in the field of

    biocatalysis and could gain more and more importance in the future.

  • XX

  • Einleitung

    1

    1. Einleitung

    Der weltweite Bedarf an Feinchemikalien ist enorm. Insbesondere in der

    pharmazeutischen Industrie werden ständig neue komplexe chemische Bausteine

    benötigt, sodass auch neue Herstellungsverfahren entwickelt werden müssen.[1]

    Besonders herausfordernd ist dabei der Umstieg auf nachwachsende Rohstoffe, da die

    meisten etablierten chemischen Prozesse auf fossilen Ressourcen basieren.[2,3]

    Außerdem müssen für die Herstellung von komplexen Feinchemikalien oft zahlreiche

    Prozessschritte mit teils niedriger Effizienz und hohem Energiebedarf angewendet

    werden, was die Nachhaltigkeit zusätzlich verschlechtert.[4] Die Nachfrage für

    alternative, bioökonomische Prozesse ist deshalb sehr hoch, sodass chemische

    Verfahren zunehmend durch biotechnologische Ansätze ersetzt werden.[5–7] Die

    Verwendung von Enzymen oder ganzen Zellen als Biokatalysatoren gewinnt deshalb in

    den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung.[8–15]

    1.1. Biokatalyse

    Im Fokus der Biokatalyse stehen Enzyme und deren Fähigkeit spezifische Reaktionen

    katalysieren zu können.[16,17] Es handelt sich somit um ein naturwissenschaftliches Feld,

    das die Fachbereiche Biotechnologie und Chemie verbindet. Der größte Vorteil von

    enzymvermittelten Reaktionen gegenüber chemischen Reaktionen ist die meist hohe

    natürliche Selektivität von Enzymen. So können chemo-, regio- und stereoselektive

    Biotransformationen gewährleistet werden.[18–21] Des Weiteren bietet eine

    biokatalytische Applikation die Möglichkeit zu nachhaltigeren und

    umweltfreundlicheren Prozessen.[7,22,23] Weitere Vorteile sind die Evolvierbarkeit und

    Kombinierbarkeit von Enzymen.[18,24] Dennoch gibt es auch einige Nachteile von

    Biokatalysatoren gegenüber chemischen Katalysatoren. Die Verfügbarkeit von Enzymen

    ist beschränkt und häufig weisen sie ein vergleichsweise schmales Substratspektrum

    auf.[17] Auch die Stabilität und Aktivität von Enzymen unter nicht natürlichen

    Gegebenheiten ist oft ein limitierender Faktor.[25] Einige Enzyme sind außerdem

    abhängig von teuren Kofaktoren, sodass diese in einem Prozess bereitgestellt werden

    müssen.[17] Durch den Einsatz von Ganzzellsystemen oder enzymatischen Kofaktor-

    Regenerationssystemen kann die Bereitstellung von Kofaktoren zwar deutlich reduziert

    werden,[26–29] jedoch ist dies nicht immer erfolgreich.

  • Einleitung

    2

    Weltweit arbeiten Forschergruppen an der Verbesserung von biokatalytischen

    Systemen um die Anwendbarkeit von Enzymen zu verbessern. Durch ein sogenanntes

    „enzyme engineering“ können einige der erwähnten Schwachstellen adressiert werden.

    Die zur Verfügung stehenden Technologien für die Entwicklung von Enzymen haben

    sich in den letzten Jahren maßgeblich verbessert, was zuletzt sogar zur Verleihung des

    Chemienobelpreis an Prof. Frances H. Arnold geführt hat.[30] Das Prinzip beim enzyme

    engineering ist die zyklische Anwendung von Mutagenese, Genexpression und Selektion,

    um die Eigenschaften von Enzymen gezielt zu verändern.[31–34] Zahlreiche Studien

    zeigen, dass beispielsweise Stabilität und Aktivität deutlich verbessert werden

    können.[35,36] Auch das Substratspektrum und die Selektivität von Enzymen kann über

    ein enzyme engineering verändert und erweitert werden.[37–41] Zusätzlich sorgt die

    Identifizierung neuer natürlich vorkommender Enzyme für eine stetig steigende

    Verfügbarkeit von Biokatalysatoren. Auch die Entwicklung nicht natürlicher

    Enzymaktivitäten,[42–44] sowie die Entwicklung von artifiziellen Enzymen (denovo

    design)[45] tragen dazu bei, dass immer mehr neue und verbesserte Enzymsysteme für

    industrielle Applikationen zur Verfügung stehen.[13]

    1.2. N-Heterozyklen

    N-Heterozyklen sind zyklische organische Verbindungen, deren Ringsysteme neben

    Kohlenstoffen aus mindestens einem Stickstoffatom bestehen. Solche Verbindungen sind

    in der Natur weit verbreitet und für Organismen jeglicher Art lebensnotwendig.[46] Das

    Vorkommen von N-Heterozyklen in Lebewesen ist breit gefächert. Essentielle

    Komponenten sind z.B. die Pyrimidin- und Purinbasen der DNA, die Aminosäuren Prolin,

    Histidin und Tryptophan, sowie verschiedene Porphyrine und andere Kofaktoren.

    Daneben gibt es eine Vielzahl an komplexen Sekundärmetaboliten, bei denen

    N-Heterozyklen als Grundbausteine auftreten.[47] Solche Verbindungen machen einen

    Großteil der sogenannten Alkaloide aus und haben typischerweise sehr spezifische

    biologische Wirkungen.[48,49] Besonders bekannt sind beispielsweise einige Opioide,

    welche durch ihre spezifische Bindung an verschiedenen Rezeptoren des

    Nervensystems eine schmerzlindernde Wirkung erzeugen.[50] Über 20.000 Alkaloide

    sind bereits beschrieben worden.[51] Die meisten dieser Verbindungen enthalten die im

    Folgenden abgebildeten N-Heterozyklen (Abb.1).[49,52]

  • Einleitung

    3

    Abbildung 1: Häufig auftretende N-Heterozyklen in Alkaloiden. Die wichtigsten Alkaloid-Gruppen wurden anhand der strukturellen Verwandtschaft (ohne Berücksichtigung des Biosynthesewegs) zugeordnet. Weitere wichtige Alkaloid-Gruppen sind die Phenylethylamino-Alkaloide, welche in der Regel keinen N-Heterozyklus enthalten, sowie die Terpenoid- und Stereoid-Alkaloide, welche nicht zu einem bestimmten N-Heterozyklus zugeordnet werden können.

    1.2.1. N-Heterozyklen als Pharmabausteine

    Auch in der Entwicklung von pharmazeutischen Wirkstoffen macht man sich die

    biologische Wirksamkeit von N-Heterozyklen zu Nutze. So enthalten drei Viertel der 120

    umsatzstärksten niedermolekularen Pharmazeutika aus 2018 einen N-Heterozyklus.[53]

    Ein wichtiger Ausgangspunkt für nachfolgende Syntheseschritte in der Herstellung von

    pharmazeutischen Wirkstoffen ist deshalb die Bildung eines N-Heterozyklus. Hierfür

    existieren teilweise gut etablierte chemische Verfahren. Häufig werden vor allem fünf-

    und sechsgliedrige Heterozyklen mit unterschiedlichen Sättigungsgraden benötigt

    (Abb.2).[54] Die chemische Herstellung aromatischer N-Heterozyklen kann z.B. über eine

    Paal-Knorr- Synthese[55] oder eine Michael-Addition[56] erfolgen. Für nicht aromatische

    N-Heterozyklen existieren andere chemische Verfahren, die häufig miteinander

    kombiniert werden müssen. Der mehrstufige Prozess beinhaltet dabei zum Beispiel

    Metall katalysierte Zyklisierungen, C-H-Aminierungen, Hydroaminierungen, Ring-

    Transformationen, oder Imin- bzw. Enamin- Reduktionen.[57–59]

  • Einleitung

    4

    Abbildung 2: Die fünf häufigsten N-Heterozyklen bezogen auf 640 N-heterozyklische Pharmazeutika (modifiziert nach E. Vitaku et al.).[54] Neben Pyridinen (blau, aromatisch) zählen vier nicht aromatische N-Heterozyklen (Piperidine, Piperazine, Cepheme, Pyrrolidine, rot) zu den fünf häufigsten Vertretern. Der angegebene prozentuale Anteil bezieht sich auf die 640 analysierten N-heterozyklischen Pharmazeutika (zugelassen in den USA).

    Eine zusätzliche Herausforderung sind C-substituierte gesättigte Heterozyklen, da bei

    diesen Verbindungen Stereozentren existieren. Somit müssen stereoselektive Verfahren

    eingesetzt werden um ein pharmazeutisches Endprodukt mit möglichst hoher

    Enantiomerenreinheit zu erhalten.[60] Dies ist jedoch in einem rein chemischen Prozess

    meist aufwendig und nur mit Hilfe von aufwendigen Verfahren oder teuren

    Katalysatoren realisierbar.[57,58,61,62] Die Identifizierung und Entwicklung von Enzymen

    zur biokatalytischen Herstellung von chiralen N-Heterozyklen ist daher eine

    vielversprechende Alternative.

    1.2.2. Piperazine

    Piperazine sind privilegierte Bausteine der Pharmaindustrie, welche in über 6% aller

    oral verabreichten Medikamente enthalten sind.[63,64] Damit gilt Piperazin als der dritt

    häufigste Heterozyklus in allen Pharmazeutika.[54,65] Umso erstaunlicher ist es, dass

    Piperazine in der Natur quasi nicht vorkommen. Nur eine Hand voll Piperazin-haltiger

    Naturstoffe konnten bislang gefunden werden.[66–71] Die Biosynthese dieser Stoffe lässt

    sich nach derzeitigem Wissensstand auf die Dimerisierung von Aminoaldehyden bzw.

    Aminosäuren zurückführen.[66,68,70] Hierfür spricht vor allem eine symmetrische

    Anordnung der Substituenten an Position 2 und 5 des Piperazinrings, sowie die

    Aufklärung des Biosynthesewegs von Herquilin A in Penicillium herquei.[66] Im Gegensatz

    zur natürlichen Bildung von Piperazin gibt es zahlreiche chemische Verfahren zur

    Bildung von Piperazinen, welche sich aufgrund der hohen Nachfrage etabliert haben.

  • Einleitung

    5

    Neben der Reduktion von Pyrazinen oder Diketopiperazinen werden auch Metall-

    vermittelte oder Metall-katalysierte Zyklisierungsreaktionen angewendet.[64,72–79]

    Bekannte Beispiele für Piperazin-haltige Pharmazeutika sind das Bruskrebs-

    Medikament Palbociclib, die Leukämie-Medikamente Dasatinib und Imatinib, die

    Schizophrenie-Medikamente Aripiprazol und Brexpiprazol, das Herzmedikament

    Ranolazin oder das Potenzmittel Sildenafil.[53] Besonders häufig weisen Piperazin-

    haltige Verbindungen psychoaktive Wirkungen auf, sodass einige Piperazinvorstufen

    auch für die Herstellung von verschiedenen Drogen missbraucht werden.[80]

    Meistens werden Piperazine ohne C-Substituenten als Vorstufe benötigt. Doch auch

    chiral substituierte Piperazine werden immer häufiger in der Entwicklung von

    Pharmazeutika eingesetzt.[81–86] Bekannte Beispiele sind die HIV-Medikamente Indinavir

    und Vicriciroc, das Antidepressivum Mirtazapin, das Beruhigungsmittel Vestipiant oder

    das Antibiotikum Sparfloxacin (Abb.3).[87–91] Hier werden chirale C-substituierte

    Piperazine als Pharmabausteine benötigt, deren chemische Bereitstellung sehr

    herausfordernd ist.[73,92]

    Abbildung 3: Beispiele für bekannte Pharmazeutika, bei welchen chirale C-substituierte Piperazine (rot markiert) als Vorstufe benötigt werden.

  • Einleitung

    6

    1.3. Enzymatische Bildung von chiralen N-Heterozyklen

    Aufgrund der signifikanten Präsenz von N-Heterozyklen in Lebewesen, gibt es

    zahlreiche Enzyme die bei deren Biosynthese beteiligt sind. Dabei sind für eine

    biotechnologische Applikation vor allem solche Enzyme interessant, die die Bildung von

    chiralen N-Heterozyklen ermöglichen. In den meisten bekannten Biosynthesewegen

    werden hierfür Reduktasen eingesetzt, welche die stereoselektive Reduktion eines

    prochiralen zyklischen Imins katalysieren. Ein sehr bekanntes Beispiel hierfür findet

    man im Primärstoffwechsel in der Biosynthese von L-Prolin.[93–95] Wie alle

    proteinogenen Aminosäuren wird auch L-Prolin mit einer exzellenten

    Enantiomerenreinheit gebildet. In manchen Biosynthesewegen wird das Stereozentrum

    schon durch die Vorstufe L-Ornithin oder L-Glutaminsäure vorgegeben. Besonders

    interessant ist jedoch die Biosynthese mittels Pyrrolidin-2-carboxylatreduktase (P2CR).

    Dieses Enzym ist in der Lage eine prochirale zyklische Imin-Zwischenstufe

    stereoselektiv zu reduzieren, sodass ausschließlich L-Prolin entsteht (Abb.4, A).[96] Die

    P2CR gehört zu der Familie der Ketimin-Reduktasen, welche auch für die Reduktion von

    weiteren zyklischen Iminen genutzt werden können. Jedoch sind sie auf Substrate mit

    einem 2‘-Carboxylsubstituent angewiesen.[97,98]

    Daneben sind ein paar Enzyme des Sekundärstoffwechsels bekannt, welche ebenfalls die

    Reduktion von zyklischen Iminen katalysieren. Ein Beispiel ist die

    Dihydrofolatreduktase (DHFR), welche die selektive Reduktion von 7,8-Dihydrofolat zu

    (S)-5,6,7,8-Tetrahydrofolat katalysiert (Abb.4, B).[99] Die Thiazolinyl Iminreduktase

    (TIRED) katalysiert die Reduktion eines Thiazolinrings in der Biosynthese der

    Siderophore Pyochelin und Yersiniabactin (Abb.4, C).[100,101] Auch in der Biosynthese

    von Morphin wird ein zyklisches Imin reduziert. Hier katalysiert die

    Dihydroreticulinreduktase (DRR) die Reduktion eines Dihydroquinolinrings

    (Abb.4, D).[102,103] Ein weiteres Enzym, das an dieser Stelle zu erwähnen ist, ist die F420-

    abhängige Reduktase (TomJ) im Biosyntheseweg von Tomaymycin, welche eine

    Pyrrolin-ähnliche Struktur reduziert (Abb.4, E).[104] Jedoch wird bei diesem Schritt kein

    Stereozentrum erzeugt.

    Im Gegensatz zu diesen sehr spezifischen Enzymen (A-E) weisen Iminreduktasen

    (IREDs) ein deutlich breiteres Substratspektrum auf, sodass eine Vielzahl zyklischer

    Iminsubstrate selektiv reduziert werden können (Abb.4, F).[105] Die natürliche Funktion

  • Einleitung

    7

    dieser Enzymfamilie ist bislang nicht bekannt. Aufgrund des breiten Substratspektrums

    ist die Beteiligung in einem einzigen spezifischen Biosyntheseweg eher

    unwahrscheinlich.

    Abbildung 4: Die Abbildung zeigt verschiedene bekannte Enzyme, welche die stereoselektive Reduktion von zyklischen Iminen katalysieren können und damit zur Bildung von chiralen N-Heterozyklen beitragen.

    1.4. Iminreduktasen

    Lange Zeit gab es kaum biokatalytische Möglichkeiten um chirale gesättigte

    N-Heterozyklen herzustellen, da entsprechende Enzyme noch nicht beschrieben

  • Einleitung

    8

    wurden. Erst 2010 wurde die Enzymfamilie der Iminreduktasen (IREDs) entdeckt,

    sodass neue enzymatische Ansätze möglich waren.[106] 2011 wurden die ersten IREDs

    aus Streptomyces-Stämmen erfolgreich isoliert und charakterisiert.[107] Seit 2013 kennt

    man außerdem die ersten Röntgenstrukturen von IREDs (Abb. 5).[108] IREDs sind

    homodimere Proteine mit je einem N-terminalen NADPH-Bindemotiv

    (Rossmannfaltung). Eine Besonderheit ist, dass die beiden Monomere sehr stark

    ineinander verschränkt sind. Nach der N-terminalen Domäne durchdringt eine lange

    α-Helix die C-terminale Domäne des jeweils anderen Monomers. Anschließend folgt der

    C-terminale Teil, welcher wiederum von der langen α-Helix des anderen Monomers

    durchdrungen wird. Es handelt sich also nicht um zwei Monomere, die über eine

    Oberflächeninteraktion miteinander verbunden sind. Stattdessen sind die Monomere so

    sehr ineinander verflochten, dass eine Dissoziation unter Beibehaltung der

    Proteinfaltung kaum möglich scheint.

    Abbildung 5: Darstellung der Röntgenstruktur der R-selektiven IRED aus Streptomyces kanamyceticus, welche 2013 gelöst wurde (pdb-ID = 3zhb).[108] Gezeigt ist sowohl die Sekundärstrukturdarstellung (A) als auch die Oberflächendarstellung (B). Die beiden (Homo-)Monomere sind in Grau und Beige dargestellt. Die beiden gebundenen NADP+-Moleküle sind ebenfalls gezeigt. Die Darstellung erfolgte mit Pymol.

  • Einleitung

    9

    Das aktive Zentrum wird jeweils aus der N-terminalen Domäne des einen Monomers

    und der C-terminalen Domäne des anderen Monomers gebildet. Erste Hinweise weisen

    darauf hin, dass es einen „offenen“ und „geschlossenen“ Zustand des aktiven Zentrums

    gibt, bei welchen sich die beiden Domänen in einem unterschiedlichen Abstand

    zueinander befinden.[109] Dies hängt auch davon ab, ob NADPH gebunden ist oder nicht.

    Die Kristallstrukturen von unterschiedlichen Enzymkonformationen bestätigen, dass

    das aktive Zentrum einer starken Dynamik unterliegt.[109]

    Die Funktionen der konservierten Aminosäurereste im aktiven Zentrum sind bislang

    weitestgehend ungeklärt. Die Position 171 (Nummerierung bezogen auf die R-selektive

    IRED aus Myxococcus stipitatus, R-IRED_Ms) wurde bereits mehrfach als katalytisch

    aktive Aminosäure beschrieben. Sie befindet sich auf der gleichen Domäne wie die

    NADPH Bindetasche. Hier ist in den meisten R-selektiven IREDs eine Asparaginsäure

    (D-Typ) und in den meisten S-selektiven IREDs ein Tyrosin (Y-Typ) konserviert.[110]

    Aufgrund der Ausrichtung und der Konservierung dieser Position, vermutet man eine

    Beteiligung an der Protonierung des Substrates.[108,111] Allerdings könnte die

    Protonierung auch über ein aktiviertes Wassermolekül ablaufen.[105,111] Bei

    Negativkontrollen mit einer Mutation an dieser Stelle wurden unterschiedliche

    Beobachtungen gemacht. Häufig zeigte sich eine drastisch reduzierte Aktivität.[112]

    Teilweise wurden jedoch auch erhebliche Restaktivitäten detektiert.[113] Es könnte sein,

    dass die katalytische Beteiligung von Position 171 nur auf einen Teil der IREDs zutrifft.

    Hierfür spricht auch die Tatsache, dass manche IREDs an dieser Stelle Aminosäuren

    aufweisen, welche keine Protonierung übernehmen können (z.B. Phenylalanin, Alanin

    oder Asparagin).[114]

    1.4.1. Reaktionsmechanismus

    Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass der Katalysemechanismus von

    Iminreduktasen (Abb. 6) ähnlich wie bei den Ketoreduktasen, bzw. wie bei der

    Reduktionsreaktion von Alkoholdehydrogenasen abläuft.[109,115–117]

    Der entscheidende Schritt im Reaktionsmechanismus von IREDs ist der nukleophile

    Angriff des Hydrids von NADPH auf den positiv teilgeladenen und damit elektrophilen

    Kohlenstoff der Iminbindung. Bei diesem Schritt wird außerdem die Stereoselektivität

  • Einleitung

    10

    determiniert. Abhängig davon, ob der Angriff des Hydrids von der Re- oder Si-Seite

    erfolgt, entsteht das S- oder R-Enantiomer.[118] Mit diesem Schritt verbunden ist eine

    Elektronenumlagerung im Nikotinamid-Teil, sodass NADP+ entsteht. Das

    π-Elektronenpaar der Imin-Doppelbindung klappt zum Stickstoff. Dieser wird

    protoniert, sodass aus dem Iminsubstrat schließlich ein Aminprodukt gebildet wird.

    Falls die Protonierung durch einen Aminosäurerest erfolgt, muss dieser anschließend

    wieder regeneriert werden. Bevor ein weiterer Katalysezyklus durchlaufen werden

    kann, muss der verbrauchte Kofaktor (NADP+) diffusiv durch NADPH ersetzt werden.

    Außerdem muss das Produkt aus dem aktiven Zentrum entlassen werden, um die

    Aufnahme eines neuen Substrates zu ermöglichen.

    Abbildung 6: Vorgeschlagener Katalysezyklus für Iminreduktasen am Beispiel der Reduktion von 2-Methylpyrrolin zu (R)- oder (S)-2-Methylprrolidin. 1) Hydridtransfer und Protonierung; 2) Gegebenenfalls Regenerierung der katalytischen Aminosäure durch Protonierung.

  • Einleitung

    11

    1.4.2. IRED katalysierte Reaktionen

    Die Reduktion von Iminen ist der namensgebende Reaktionstyp welcher durch IREDs

    katalysiert wird (Abb. 7). Die Herausforderung bei Iminen ist, dass sie Hydrolyse-labil

    sind und in eine Carbonyl- und Aminkomponente zerfallen können.[119] Im wässrigen

    Milieu stellt sich ein pH-abhängiges Gleichgewicht zwischen dem Imin und dem

    Hydrolyseprodukt ein, wobei die Hydrolyse bei hohen pH-Werten vermindert

    stattfindet.[120] Azyklische Imine sind im Vergleich zu zyklischen Iminen meist deutlich

    instabiler. Durch Substituenten mit einem +I- oder +M-Effekt kann die Imingruppe

    stabilisiert werden.[119,121]

    Die IRED katalysierte Reduktion des Imins zum Amin hat ebenfalls einen Einfluss auf

    das Hydrolysegleichgewicht. Das Imin wird dem Gleichgewicht entzogen, sodass sich

    dieses zu Gunsten der IRED verschiebt.

    Abbildung 7: IRED katalysierte Reduktion von zyklischen bzw. azyklischen Iminen, sowie das Hydrolysegleichgewicht des Iminsubstrats. Als Beispiele wurden die Substrate 2-Methylpyrrolin (zyklisches Imin) und N-Benzylidenmethylamin (azyklisches Imin) dargestellt.

    Um die Stabilität des Iminsubstrats zu gewährleisten wurden zunächst nur zyklische

    Imine oder durch Phenylgruppen stabilisierte azyklische Imine eingesetzt.[107,113,122–124]

    So wurden mit IREDs anfangs hauptsächlich Pyrrolidine, Piperidine,

    Tetrahydroisoquinoline, Indoline oder Hexahydro-β-carboline gebildet.[112,125–127] Dabei

    wurden neben zyklischen Iminen auch zyklische Iminium-Ionen eingesetzt. Später

  • Einleitung

    12

    stellte man fest, dass auch instabile Imine von IREDs umgesetzt werden können. Hierfür

    setzt man jedoch nicht das Imin sondern das Carbonyl- und Aminsubstrat ein.[98,128]

    Beide Substrate stehen in einem Gleichgewicht mit dem Imin, welches durch die IRED

    reduziert werden kann (Abb. 8). Diese Art der Anwendung wird als reduktive

    Aminierung bezeichnet und bietet extrem viele Möglichkeiten im Vergleich zur

    normalen Imin Reduktion.[98,109,128–131] Im Gegensatz zu Iminsubstraten stehen

    vielzählige stabile und kostengünstige Substrate zur Verfügung, welche miteinander

    kombiniert werden können.[132,133]

    Abbildung 8: Reaktionsschema der IRED katalysierten Iminreduktion (blau) ausgehend vom Iminsubstrat, sowie die reduktive Aminierung (orange) ausgehend vom Carbonyl- und Aminsubstrat.

    Eine interessante Thematik bezüglich der reduktiven Aminierung ist auch die

    Fragestellung, ob IREDs einen Einfluss auf die Kondensationsreaktion haben. Erste

    Hinweise deuten darauf hin, dass zumindest manche IREDs die Fähigkeit besitzen, die

    Kondensation katalytisch zu beschleunigen. Anhand von Kristallstrukturen von Enzym-

    Substrat-Komplexen wurde eine Tyrosinrest-vermittelte Aktivierung der

    Carbonylgruppe bei einer IRED aus Aspergillus terreus postuliert.[109] Es wird deshalb

    angenommen, dass auch die Kondensationsreaktion enzymatisch beschleunigt wird,

    sodass beide Reaktionsschritte der reduktiven Aminierung unter dem Einfluss der

    Iminreduktase stehen. In diesem Zusammenhang wird deshalb auch die Bezeichnung

    „reduktive Aminase“ anstelle von Iminreduktase verwendet.[109,132]

    Auch die Rückreaktion, also die Oxidation eines Amins zu einem Imin, kann durch IREDs

    katalysiert werden, wobei hierfür höhere pH-Werte (

  • Einleitung

    13

    werden. Jedoch konnte dies bislang nur für ein Substrat (2,2,2-Trifluoroacetophenon)

    gezeigt werden, welches stereoselektiv zum entsprechenden Akloholprodukt umgesetzt

    wurde.[135]

    1.4.3. Promiskuitive, iminreduzierende Enzymaktivitäten

    Abseits der IREDs wurden mittlerweile in weiteren Enzymfamilien Imin-reduzierende

    Aktivitäten detektiert. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um die natürliche Funktion,

    sondern um eine promiskuitive Aktivität, welche in der Regel auch nicht sehr stark

    ausgeprägt ist. Eine nah verwandte Enzymfamilie der IREDs sind die

    β-Hydroxysäuredehydrogenasen.[114] Sie katalysieren normalerweise die Oxidation von

    Hydroxygruppen oder die Reduktion von Carbonylgruppen. Jedoch weisen sie zusätzlich

    eine, wenn auch schwache, promiskuitive Aktivität für die Reduktion von zyklischen

    Iminen auf. Dies konnte am Beispiel von 2-Methylpyrrolin gezeigt werden.[115] Durch

    einen gezielten Austausch einer Aminosäure im aktiven Zentrum von β-HADs konnte

    diese Anfangsaktivität außerdem um das 12-fache gesteigert werden.[115]

    Des Weiteren zeigt die Glutamatdehydrogenase eine reduzierende Aktivität gegenüber

    Pyrrolin-2-carboxylat und Piperidin-2-carboxylat. Dabei wird ähnlich wie bei der P2CR

    die stereoselektive Bildung von L-Prolin bzw. L-Pipecolinsäure beobachtet.[136] Eine

    weitere promiskuitive Aktivität wurde bei der Glukosedehydrogenase gegenüber

    Dihydroisoquinolin-Derivaten festgestellt.[137] Die Glukosedehydrogenase gehört zu der

    großen Enzymfamilie der kurzkettigen Dehydrogenasen/Reduktasen (SDRs) mit über

    168 000 bekannten Proteinen.[138] Es ist also wahrscheinlich, dass noch weitere Enzyme

    dieser Familie existieren, die eine ähnliche promiskuitive Aktivität aufweisen.

    Neben promiskuitiven Aktivitäten konnten auch schon artifizielle Enzymaktivitäten für

    die Reduktion von zyklischen Iminen erzeugt werden. Dies gelang mit Hilfe von

    artifiziellen Metalloenzymen.[139–141] Hierbei konnten jedoch nur moderate

    Stereoselektivitäten erreicht werden.[141]

    Auch für die reduktive Aminierung wurden bereits weitere Enzymfamilien gefunden,

    welche diese Reaktion promiskuitiv katalysieren können. Hierzu gehört die

    Opinsäuredehydrogenase, sowie die Ketiminreduktasen und die Amin

  • Einleitung

    14

    Dehydrogenasen.[142–146] Die Möglichkeiten sind im Vergleich zu IREDs jedoch deutlich

    beschränkter, vor allem in der Wahl des Aminsubstrates.

    1.4.4. Enzymkaskaden mit Iminreduktasen

    Eine wichtige Voraussetzung für eine wirtschaftliche Anwendung von

    Biotransformationen ist die Zugänglichkeit der Ausgangsverbindungen. In diesem

    Zusammenhang sind Multienzymsysteme sehr förderlich.[147] So können komplexe

    Strukturen schrittweise ausgehend von einfachen Verbindungen aufgebaut werden. Die

    Aneinanderreihung von mehreren biokatalytischen Schritten wird dabei als

    Enzymkaskade bezeichnet. Auch für die Generierung von gesättigten N-Heterozyklen

    wurden bereits einige Enzymkaskaden mit IREDs entwickelt (Abb. 9).[148–151] Die

    Anwendung von zusätzlichen Enzymen ermöglicht die Verwendung von sehr einfachen

    linearen Ausgangsverbindungen.

    Abbildung 9: Verschiedene Enzymkaskaden zur Bildung von gesättigten N-Heterozyklen ausgehend von einfachen linearen Verbindungen. Als Ausgangsverbindung können Diamine (A,B), Dicarbonyle (C) oder Ketosäuren (D) verwendet werden.

  • Einleitung

    15

    Ausgehend von Diaminen (A, B), Dicarbonylen (C) oder Ketosäuren (D) können

    Aminoaldehyde in ein oder zwei Schritten enzymatisch gebildet werden. Die

    Aminoaldehyde reagieren spontan unter Abspaltung von Wasser zu zyklischen Iminen,

    welche schließlich durch eine IRED reduziert werden können, sodass gesättigte

    N-Heterozyklen entstehen. Die abgebildeten Enzymkaskaden A, C und D konnten

    außerdem auch im Ganzzell-System (E. coli) durchgeführt werden.

    Die angewendete Route über eine Aminoaldehyd Zwischenstufe erinnert stark an die

    natürlichen Biosynthesewege von gesättigten N-Heterozyklen. Auch hier verläuft die

    Synthese in der Regel über ein Aminoaldehyd.[93,94,152–156]

  • Motivation

    16

    2. Motivation

    Die Untersuchung und Entwicklung von Iminreduktasen (IREDs) führte in den letzten

    neun Jahren zu beeindruckenden Ergebnissen. Vor allem durch die reduktive

    Aminierung konnte die Anwendbarkeit von IREDs erheblich gesteigert werden, sodass

    nun die Bildung von vielzähligen chiralen primären, sekundären und tertiären Aminen

    möglich ist. Der Zugang zu N-Heterozyklen ist jedoch immer noch sehr beschränkt. Zwar

    können einige zyklische Imine stereoselektiv reduziert werden, jedoch sind für viele

    wichtige N-Heterozyklen entsprechende Iminvorstufen nicht verfügbar. Piperazin ist

    beispielsweise der zweithäufigste gesättigte N-Heterozyklus in Pharmazeutika. Dennoch

    gibt es (abseits dieser Arbeit) bislang keine biokatalytischen Methoden um Piperazine

    mit unterschiedlichem Substituierungsmuster aufzubauen.

    Ziel dieser Arbeit war es, den enzymatischen Zugang zu neuen N-Heterozyklen zu

    schaffen. Hierfür sollten insbesondere IREDs sowie IRED-basierte Enzymkaskaden

    eingesetzt werden.

    Für die Anwendung von Enzymkaskaden sollten unter anderem unterschiedliche

    Kofaktorregenerationssysteme in Betracht gezogen werden. Hierbei ist jedoch die

    strikte NADPH Abhängigkeit von IREDs eine große Einschränkung. Um dies zu umgehen

    sollte eine NADH abhängige IRED mittels ortsgerichteter Mutagenese entwickelt

    werden, sodass neue Möglichkeiten eröffnet werden.

    Neben Enzymkaskaden sollten auch neue Substrate und Reaktionen mit IREDs getestet

    werden. Ein besonderes Augenmerk sollte dabei dem Aufbau von Piperazingerüsten

    gelten, da dies sehr gefragte Pharmabausteine sind. Des Weiteren sollten analog zu

    Aminen auch Hydrazine als neuartige IRED-Substrate getestet werden. Auch sollte

    geprüft werden, ob sich diese für die IRED katalysierte Bildung von N-Heterozyklen

    eignen.

    Zuletzt sollten außerdem Aminosäurepositionen in der aktiven Tasche identifiziert

    werden, welche zur Stereoselektivität von IREDs beitragen. Die identifizierten

    Positionen sollten schließlich für ein beispielhaftes enzyme engineering herangezogen

    werden, um die Stereoselektivität einer ausgewählten Iminreduktase vollständig

    umzukehren. So sollte auch das Verständnis über die Funktion verschiedener

    selektivitätsbestimmender Aminosäuren im aktiven Zentrum verbessert werden.

  • Material und Methoden

    17

    3. Material und Methoden

    3.1. Materialien

    3.1.1. Chemikalien

    Alle in dieser Arbeit verwendeten Chemikalien wurden, sofern nicht anders angegeben,

    von den Firmen Sigma Aldrich und Fluka (Steinheim, DE), abcr GmbH (Karlsruhe, DE),

    VWR (Darmstadt, DE), Thermo Fisher (Braunschweig, DE), Alfa Aesar (Karlsruhe, DE),

    Fluorochem (Hadfield, UK) und Prozomix (Haltwhistle, UK) bezogen.

    3.1.2. Vewendete Enzyme

    Neben den selbst hergestellten Enzymen kamen auch einige kommerziell erhältliche

    Enzyme zum Einsatz (Tab. 1).

    Tabelle 1: Verwendete Enzyme und deren Verwendung.

    Enzym Herkunft Verwendung

    PfuUltraII Fusion HS DNA-Polymerase

    Agilent (Santa Clara, US) PCR, QuikChange-PCR

    Phusion High-Fidelity DNA-Polymerase

    NEB (Frankfurt, DE) Gibson assembly

    T5-Exonuclease NEB (Frankfurt, DE) Gibson assembly

    Taq DNA-Ligase NEB (Frankfurt, DE) Gibson assembly

    Dpn1 NEB (Frankfurt, DE) Verdau von DNA-Templat

    DNAseI (Rind) Sigma Aldrich (Steinheim, DE)

    Enzymatischer Zellaufschluss

    Lysozym aus Hühnereiweiß AppliChem GmbH (Darmstadt, DE)

    Enzymatischer Zellaufschluss

    Peroxidase (Meerrettich) AppliChem GmbH (Darmstadt, DE)

    Aktivitäts-Assay für Oxidasen

    Glukose-6-P-Dehydrogenase aus Leuconostoc mesenteroides

    Alfa Aesar (Karlsruhe, DE) Regeneration von NADPH und NADH

    Formiat-Dehydrogenase aus Candida boidinii

    Sigma Aldrich (Steinheim, DE)

    Regeneration von NADH

  • Material und Methoden

    18

    3.1.3. Verwendete Kits

    Für verschiedene molekular- und mikrobiologische Techniken wurden

    Anwendungsspezifische Kits verwendet, welche im Folgenden aufgeführt sind (Tab. 2).

    Tabelle 2: Verwendete Kits und deren Verwendung.

    Kit Herkunft Verwendung

    ZyppyTM Plasmid Miniprep Kit

    Zymo Research (Irvine, US)

    Isolierung von Plasmid-DNA aus E. coli

    DNA Clean and ConcentratorTM

    Zymo Research (Irvine, US)

    DNA-Reinigung

    ZymocleanTM Gel DNA Recovery Kit

    Zymo Research (Irvine, US)

    Extraktion von DNA aus einem Agarosegel

    PierceTM BCATM Protein Assay Kit

    Thermo Fisher (Braunschweig, DE)

    Bestimmung der Gesamt-Proteinkonzentration

    3.1.4. Verwendete Plasmide

    Für die heterologe Expression und Herstellung von Iminreduktasen (IREDs) und

    Putrescinoxidasen (PuOs) wurden drei verschiedene Expressionssysteme verwendet,

    sodass auch drei verschiedene Plasmide eingesetzt wurden (Tab 3).

    Tabelle 3: Verwendete Plasmide.

    Plasmid Empfänger-stamm

    Resistenz-marker Operon

    Verwendeter Induktor

    An-wendung

    pET28a(+) E. coli DH5α / E. coli BL21(DE3)

    Kanamycin-Resistenz

    Lactose-Operon

    IPTG IREDs

    pBAD18[157] E. coli JW5510 Ampicillin-Resistenz

    Arabinose-Operon

    L(+)-Arabinose

    PuOs

    pBAD33[157] E. coli JW5510 Chlor-amphenicol-Resistenz

    Arabinose-Operon

    L(+)-Arabinose

    IREDs

  • Material und Methoden

    19

    3.1.5. Verwendete Mutagenese-Primer

    Für das Einfügen von zielgerichteten Mutationen wurden verschiedene Techniken

    angewendet, wobei spezifische Oligonukleotide (Primer) eingesetzt wurden (Tab 4,5).

    Alle Primer wurden von Metabion International AG (Planegg, DE) bezogen.

    Tabelle 4: Verwendete Primer zur Generierung von R-IRED_Ms Enzymvarianten mit geänderter Kofaktorspezifität.

    Ziel- Mutation

    Verwen-detes Templat

    Muta-genese Strategiea

    Ange-wendete Technikb

    Sequenz (5‘->3‘) V = vorwärts, R = rückwärts

    R33X, T34X, K37X

    WT 3 B V: GTGGAACHVCRMKAAAGCCDAKAGCGAACCGCTGGCAAAACTG R: GTTCGCTMTHGGCTTTMKYGBDGTTCCACACCGTGGTCGTGTAG

    N32X V1 2 A V: CACGACCACGGTGTGGNNKTACGAGAAAGCC R: GGCTTTCTCGTAMNNCCACACCGTGGTCGTG

    K37X V1 2 A V: GAACTACGAGAAAGCCNNKAGCGAACCGCTGGC R: GCCAGCGGTTCGCTMNNGGCTTTCTCGTAGTTC

    L67X V5 2 A V: CGTGGTTAATGTGNNKGATTATGACACCTCTGATC R: GATCAGAGGTGTCATAATCMNNCACATTAACCACG

    T71X V5 2 A V: GTGCTGGATTATGACNNKTCTGATCAGCTGCTGC R: GCAGCAGCTGATCAGAMNNGTCATAATCCAGCAC

    L75X V8 2 A V: GACACCTCTGATCAGNNKCTGCGCCAAGACGAAG R: CTTCGTCTTGGCGCAGMNNCTGATCAGAGGTGTC

    N32E V3 1 A V: CACGACCACGGTGTGGGAATACGAGAAAGCC R: GGCTTTCTCGTATTCCCACACCGTGGTCGTG

    R33Y WT 1 A V: CCACGGTGTGGAACTACACCAAAGCCAAAAGCG R: CGCTTTTGGCTTTGGTGTAGTTCCACACCGTGG

    R37A V8 1 A V: GAATACGAGAAAGCCGCGAGCGAACCGCTGGC R: GCCAGCGGTTCGCTCGCGGCTTTCTCGTATTC

    L67I V7 1 A V: CGTGGTTAATGTGATTGATTATGACGTGTCTGATC R: GATCAGACACGTCATAATCAATCACATTAACCACG

    T71V WT 1 A V: GTGCTGGATTATGACGTGTCTGATCAGCTGCTGC R: GCAGCAGCTGATCAGACACGTCATAATCCAGCAC

    T71V V6 1 A V: CGTGGTTAATGTGATTGATTATGACGTGTCTGATC R: GATCAGACACGTCATAATCAATCACATTAACCACG a Folgende Mutagenesestrategien kamen zum Einsatz: 1) Punktmutation(en); 2) Sättigungsmutagenese an einer Position; 3) Kombinatorische Teilsättigungsmutagenese

    an drei Positionen gleichzeitig. b Folgende Techniken zum Einführen von Mutationen wurden angewendet:

    A) QuikChange™-PCR; B) Gibson assembly.

    Tabelle 5: Verwendete Primer zur Generierung von R-IRED_Ms Enzymvarianten mit geänderter Stereoselektivität. Die Mutationsstelle im Primer ist grau markiert.

    Ziel- Mutation

    Verwen-detes Templat

    Muta-genese Strategiea

    Ange-wendete Technikb

    Sequenz (5‘->3‘) V = vorwärts, R = rückwärts

    A122V, T123P, P124A

    V8 1 A V: CGGTGCGATCATG GTT CCG GCG GATTTTATTGGCCAG R: CTGGCCAATAAAATC CGC CGG AAC CATGATCGCACCG

    D171Y V8 1 A V: CATGCCTCAGCACTG TAT AGCGCCCTGCTGTTTCAG R: CTGAAACAGCAGGGCGCT ATA CAGTGCTGAGGCATG

    M178F V8 1 A V: CCTGCTGTTTCAG TTC TGGGGCACCCTGTTC R: GAACAGGGTGCCCCA GAA CTGAAACAGCAGG

  • Material und Methoden

    20

    Q234D, T235V, L236D

    V8 1 A V: CTGACCGCAGACGCT GAT GTG GAT GCAAGTCTGGAAGG R: CCTTCCAGACTTGC ATC CAC ATC AGCGTCTGCGGTCAG

    H242G V8 1 A V: CAAGTCTGGAAGCT GGT AACGTGGCGTTC R: GAACGCCACGTT ACC AGCTTCCAGACTTG

    S95X, D171X

    V8 3 B V: CAGCTGACC KHT GGTTCTCCGGCACTGGC R: CAGGGCGCT ADM CAGTGCTGAGGCATGACC V: CTCAGCACTG KHT AGCGCCCTGCTGTTTCAG R: CGGAGAACC ADM GGTCAGCTGAACCAGCAG

    I120X, M121X

    V8 3 A V: CTGGACGGTGCG KHT KHT GCCACCCCGGATTTTATTG R: CAATAAAATCCGGGGTGGC ADM ADM CGCACCGTCCAG

    A122X, T123X

    V8 3 A V: GACGGTGCGATCATG KHT KHT CCGGATTTTATTGGC R: GCCAATAAAATCCGG ADM ADM CATGATCGCACCGTC

    L175X, M178X

    V8 3 A V: GACAGCGCCCTG KHC TTTCAG KHT TGGGGCACCCTG R: CAGGGTGCCCCA ADM CTGAAA GDM CAGGGCGCTGTC

    A241X, H242X

    V8 3 A V: CTGGCAAGTCTGGAA KHT KHT AACGTGGCGTTCC R: GGAACGCCACGTT ADM ADM TTCCAGACTTGCCAG

    V212X V8 2 A V: CTGACCGAACCG NNK ACCCAGGGTGCCGTTG R: CGGCACCCTGGGT MNN CGGTTCGGTCAGTTTG

    A237X V8 2 A V: GACGCTCAGACGCTG NNK AGTCTGGAAGCTCATAAC R: GAGCTTCCAGACT MNN CAGCGTCTGAGCGTCTG

    M13X V8 2 A V: GTTATTGGCGCTGGCCGT NNK GGCTCCGCACTG R: CAGTGCGGAGCC MNN ACGGCCAGCGCCAATAAC

    P124X V8 2 A V: CGATCATGGCCACC NNK GATTTTATTGGCCAGGC R: GCCTGGCCAATAAAATC MNN GGTGGCCATGATCG

    A245X V8 2 A V: GGAAGCTCATAACGTG NNK TTCCAACACCTGCTG R: CAGCAGGTGTTGGAA MNN CACGTTATGAGCTTCC

    L170X, D171Y, S172Q

    V8 1+2 A V: CATGCCTCAGCACTG NNK TAC CAG GCCCTGCTGTTTCAG R: CTGAAACAGCAGGGC CTG GTA MNN CAGTGCTGAGGCATG

    A245X 15B7 2 A V: GGAAGTTTATAACGTG NNK TTCCAACACCTGCTG R: CAGCAGGTGTTGGAA MNN CACGTTCAAATATTCC

    A241X, H242X

    110D2 3 A V: CTGGCAAGTCTGGAA KHT KHT AACGTGTTGTTCC GGAACAACACGTT ADM ADM TTCCAGACTTGCCAG

    A241X 15B7 2 C

    V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAA NDT TATAACGTGGCGTTCCAACACCTGC V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAA VHG TATAACGTGGCGTTCCAACACCTGC V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAA TGG TATAACGTGGCGTTCCAACACCTGC R: CAGACTTGCCAGCGTCTGAGCGTCTGCGGTCAGGCGATTTTGCTG

    H242X 15B7 2 C

    V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAAGTT NDT AACGTGGCGTTCCAACACCTGCTG V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAAGTT VHG AACGTGGCGTTCCAACACCTGCTG V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAAGTT TGG AACGTGGCGTTCCAACACCTGCTG R: CAGACTTGCCAGCGTCTGAGCGTCTGCGGTCAGGCGATTTTGCTG

    A241M, H242X

    V8 1+2 C

    V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAA ATG NDT AACGTGGCGTTCCAACACCTGCTG V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAA ATG VHG AACGTGGCGTTCCAACACCTGCTG V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTGGAA ATG TGG AACGTGGCGTTCCAACACCTGCTG R: CAGACTTGCCAGCGTCTGAGCGTCTGCGGTCAGGCGATTTTGCTG

    E240X, N243X

    15B7 3 B V: GCTCAGACGCTGGCAAGTCTG KHT GTTTAT KHT GTGGCGTTCCAACACCTGCTGGCC R: CAGACTTGCCAGCGTCTGAGCGTCTGCGGTCAGGCGATTTTGCTG

    V244X, F246X

    110C2 3 A V: GTCTGGAAGCTCATAAC KHT TGT KHT CAACACCTGCTGGCC R: GGCCAGCAGGTGTTG ADM ACA ADM GTTATGAGCTTCCAGAC

    V244X, 15B7 1+3 A V: GTCTGGAAGTTTATAAC KHT TGT KHT CAACACCTGCTGGCC R: GGCCAGCAGGTGTTG ADM ACA ADM GTTATAAACTTCCAGAC

  • Material und Methoden

    21

    A245C, F246X

    V244X, F246X

    110D2 3 A V: GTCTGGAAGCTCATAAC KHT TTG KHT CAACACCTGCTGGCC R: GGCCAGCAGGTGTTG ADM CAA ADM GTTATGAGCTTCCAGAC

    V244X, A245L, F246X

    24E4 1+3 A V: GTCTGGAAATTTATAAC KHT TTG KHT CAACACCTGCTGGCC R: GGCCAGCAGGTGTTG ADM CAA ADM GTTATAAATTTCCAGAC

    A245L D171Y 1 A V: GGAAGCTCATAACGTG TTG TTCCAACACCTGCTGG R: CCAGCAGGTGTTGGAA CAA CACGTTATGAGCTTCC

    A245X 24E4 2 A V: GTCTGGAAATTTATAACGTG NNK TTCCAACACCTGCTGG R: CCAGCAGGTGTTGGAA MNN CACGTTATAAATTTCCAGAC

    G96D, S79X

    V8 1+2 A V: GTTCAGCTGACCAGC GAT NNK CCGGCACTGGCTC R: GAGCCAGTGCCGG MNN ATC GCTGGTCAGCTGAAC

    T94X, G96D, S79X

    V8 1+3 A V: CTGGTTCAGCTG KHT AGCGAT KHT CCGGCACTGGCTG R: CAGCCAGTGCCGG ADM ATCGCT ADM CAGCTGAACCAG

    F246X 110D2 2 A V: GAAGCTCATAACGTG TTG NNK CAACACCTGCTGGCC R: GGCCAGCAGGTGTTG MNN CAA CACGTTATGAGCTTC

    A241X 23B3 2 A V: GCTGGCAAGTCTGGAA NNK TATAACGTGTTGTTCC R: GGAACAACACGTTATA MNN TTCCAGACTTGCCAGC

    H242X 23B3 2 A V: GGCAAGTCTGGAAGTT NNK AACGTGTTGTTCCAAC R: GTTGGAACAACACGTT MNN AACTTCCAGACTTGCC

    N243X 23B3 2 A V: CAAGTCTGGAAGTTTAT NNK GTGTTGTTCCAACACC R: GGTGTTGGAACAACAC MNN ATAAACTTCCAGACTTG

    N243X V244X

    23B3 3 A V: CAAGTCTGGAAGTTTAT KHT KHT TTGTTCCAACACCTGC R: GCAGGTGTTGGAACAA ADM ADM ATAAACTTCCAGACTTG

    a Folgende Mutagenesestrategien kamen zum Einsatz: 1) Punktmutation(en); 2) Sättigungsmutagenese an einer Position; 3) Kombinatorische Teilsättigungsmutagenese an zwei Positionen gleichzeitig. b Folgende Techniken zum Einführen von Mutationen wurden angewendet:

    A) QuikChange™-PCR; B) Gibson assembly; C) Gibson assembly kombiniert mit „22c-trick”.[158]

    3.1.6. Verwendete E. coli Stämme

    Das Gen für R-IRED_Ms wurde im Rahmen eines früheren Projektes von GenSkript

    (Piscataway, US) synthetisiert und in einem pET28a(+)-Vektor geliefert. Deshalb wurde

    zunächst mit einem passenden Expressionsstamm (E. coli BL21(DE3)) gearbeitet,

    welcher das Gen für die nötige T7-Polymerase trägt. Für die Klonierungsarbeiten mit

    pET28a(+) wurde außerdem der Klonierungsstamm E. coli DH5α verwendet. Im

    weiteren Verlauf wurde das Gen in einen pBAD33-Vektor überführt. In diesem Plasmid

    standen auch weitere IREDs zur Verfügung, welche bereits in Vorarbeiten kloniert

    wurden. Für pBAD-Plasmide wurde der Stamm E. coli JW5510 aus der Keio-

    Collection[159] herangezogen, bei welchem die Gene der Abbauenzyme von

    L(+)-Arabinose ausgeschaltet sind. Auch für die Arbeiten mit PuOs, welche in einem

  • Material und Methoden

    22

    pBAD18-Vektor integriert waren, wurde E. coli JW5510 verwendet. Neben der

    Expression von IREDs und PuOs wurden auch sämtliche Klonierungsarbeiten in diesem

    Stamm durchgeführt. Tabelle 6 zeigt den Genotyp der verwendeten Stämme.

    Tabelle 6: Genotypen der verwendeten E. coli Stämme.

    Stamm Genotyp

    E. coli DH5α F- fhuA2 lac(del)U169 phoA glnV44 Φ80' lacZ(del)M15 gyrA96 recA1 relA1 endA1 thi-1 hsdR17

    E. coli BL21(DE3) F- ompT gal dcm lon hsdSB(rB- mB-) λ(DE3 [lacI lacUV5-T7 gene 1 ind1 sam7 nin5])

    E. coli JW5510 F- Δ(araD-araB)567 ΔlacZ4787(::rrnB-3)λ-ΔygjG763::kann rph-1 Δ(rhaD-rhaB)568 hsdR514

    3.1.7. Verwendete Puffer und Lösungen

    3.1.7.1. Puffer zur Herstellung kompetenter E. coli-Zellen (RbCl-Methode)

    Tabelle 7: Puffer zur Herstellung kompetenter E. coli-Zellen.

    TFBI-Puffer TFBII-Puffer

    Kaliumacetat 0,59 g MOPS 0,21 g

    RbCl 2,42 g RbCl 0,12 g

    CaCl2 0,29 g CaCl2 1,1 g

    MgCl2·4H2O 2,0 g Glycerin 37,8 g

    Glycerin 37,8 g ddH2O 200 mL

    ddH2O 200 mL pH 6,5 mit NaOH

    pH 5,8 mit Essigsäure

    3.1.7.2. Puffer und Lösungen für die Agarose-Gelelektrophorese

    Tabelle 8: Puffer und Lösungen für die Agarose-Gelelektrophorese.

    DNA-Ladepuffer 50x TAE-Puffer 0,7%ige Agaroselösung

    Saccharose 4 g TRIS 0,21 g Agarose 3,5 g

    Orange G 20 mg Essigsäure 57,1 mL 1x TAE-Puffer Ad 500 mL

    ddH2O 10 mL EDTA 18,6 g

    ddH2O ad 1 L

  • Material und Methoden

    23

    3.1.7.3. Puffer und Lösungen für die Proteinreinigung

    Tabelle 9: Puffer und Lösungen für die Proteinreinigung.

    Bindepuffer Waschpuffer (5 mM Imidazol)

    Elutionspuffer (500 mM Imidazol)

    KCl 22,4 g KCl 22,4 g KCl 22,4 g

    Kpi-Puffer (50 mM)

    ad 1 L

    Imidazol 342 mg

    Imidazol 34,2 g

    Kpi-Puffer

    (50 mM) ad 1 L

    Kpi-Puffer (50 mM)

    ad 1 L

    3.1.7.4. Puffer und Lösungen für die SDS-PAGE

    Tabelle 10: Puffer und Lösungen für die SDS-PAGE

    6x SDS-Ladepuffer Coomassie Färbelösung

    Coomassie Entfärbelösung

    DTT 926 mg Ethanol 300 mL Ethanol 300 mL

    Glycerin 3,78 g Essigsäure 100 mL Essigsäure 100 mL

    SDS 1 g Coomassie 1 g ddH2O 600 mL

    Bromphenol-blau 12 mg ddH2O 600 mL

    TRIS-HCl Puffer pH 8,0 (350 mM)

    10 mL

  • Material und Methoden

    24

    3.2. Molekularbiologische Methoden

    3.2.1. Polymerase-Kettenreaktion (PCR)

    Zur Amplifikation linearer DNA-Fragmente wurden PCR-Methoden angewendet. Hierbei

    wird die DNA zunächst thermisch in die Einzelstränge aufgetrennt. Durch Absenken der

    Temperatur erfolgt anschließend die Anlagerung von Oligonukleotiden (Primer) an die

    Einzelstränge. Im nächsten Schritt wird die Temperatur wieder erhöht, sodass das

    Temperaturoptimum der DNA-Polymerase erreicht wird. Diese bindet an das 3‘-Ende

    des Primers und beginnt den fehlenden Strang in 5‘->3‘ Richtung zu vervollständigen.

    Durch periodische Wiederholung dieser drei Schritte mit einem passenden

    Temperaturprogram kann das DNA-Fragment exponentiell vervielfältigt werden. Im

    Folgenden sind die Komponenten eines PCR-Ansatzes (Tab 11), sowie das allgemeine

    Temperaturprogram gezeigt, (Tab 12).

    Tabelle 11: Zusammensetzung eines PCR-Ansatzes (Endvolumen 50 µl).

    Komponente Volumen / µl

    10x PfuUltraII-Puffer 5

    DMSO 1

    dNTPs (10 mM) 1,25

    DNA-Templat (50-100 ng µl-1) 0,5-1

    Vorwärts-Primer (10 µM) 1

    Vorwärts-Primer (10 µM) 1

    PfuUltraII Fusion HS Polymerase 0,75

    ddH2O 39-39,5

    Tabelle 12: Temperaturprogram für eine PCR.

    Schritt Temperatur Dauer Zyklen

    Hot-start PfuUltraII Denaturierung Primer-Anlagerung Elongation Auffüllreaktion

    95°C 95°C 55°C 72°C 72°C

    2 min 30 s 45 s 20s / kb 4 min

    1 30 1

  • Material und Methoden

    25

    3.2.2. Klonierung mittels Gibson assembly

    Die Durchführung des Gibson assembly erfolgte nach Gibson et al.[160] Zunächst wurden

    geeignete Primer designt, welche für die PCR eingesetzt wurden. Die gewonnenen

    linearen DNA-Fragmente wurden anschließend mit einem präparativen Agarosegel

    getrennt, ausgeschnitten und mit dem ZymocleanTM Gel DNA Recovery Kit gereinigt.

    Schließlich wurden 5 µl der DNA-Fragmente mit 15 µl eines 1,33-fach konzentrierten

    Gibson-Mastermix vermischt. Die enthaltenen Komponenten sind in Tabelle 13

    aufgeführt. Abhängig von Anzahl und Größe der Fragmente wurde ein bestimmtes

    Mischungsverhältnis gewählt. Meistens wurden ein großes und ein kleines Fragment

    vermischt. Hierbei wurde ein Verhältnis von 1 (großes Fragment) zu 3 (kleines

    Fragment) bezogen auf die Stoffmengenkonzentration gewählt.

    Tabelle 13: Auflistung aller im Gibson-Mix enthaltenen Komponenten, sowie die resultierenden Endkonzentrationen.

    Komponente Endkonzentration

    TRIS-HCl Puffer (pH 7,5) 100 mM

    PEG-800 5% (w/v)

    MgCl2a 10 mM

    DTT 10 mM

    dNTPs je 0,05 mM

    NAD+ 1 mM

    T5 Exonuklease 4 U mL-1

    Phusion® High-Fidelity Polymerase 25 U mL-1

    Taq DNA Ligase 4000 U mL-1

    a hydratisiertes Salz wurden verwendet

    3.2.3. Ortsgerichtete Mutagenese mittels Gibson assembly

    Neben der Klonierung von DNA-Fragmenten können auch Mutationen über Gibson

    assembly in ein Gen eingeführt werden. Ähnlich wie bei der QuikChange™-Methode

    (Kap. 3.2.4) wird auch hier die Mutation über Primer eingefügt. Der Hauptvorteil hierbei

    besteht jedoch darin, dass mehrere Mutationen an sehr unterschiedlichen Stellen

    gleichzeitig eingefügt werden können. Weitere Vorteile gegenüber der QuikChange™

  • Material und Methoden

    26

    Methode sind die exponentielle Amplifikat-Bildung und eine höhere Effizienz bei der

    anschließenden Transformation von E. coli Zellen.

    3.2.4. Ortsgerichtete Mutagenese mittels QuikChangeTM

    Bei dem von Stratagene (La Jolla, US) entwickelten QuikChangeTM-Protokoll können eine

    oder mehrere nebeneinanderliegende Mutationen mit Hilfe von mutagenen Primern in

    ein Gen eingefügt werden. Im Vergleich zur ortsgerichteten Mutagenese mittels Gibson

    assembly ist die QuikChange™-Methode etwas schneller, außerdem sind die benötigten

    Primer kleiner und damit günstiger. Die QuikChange™-Primer sind etwa 30-35

    Nukleotide lang und sind (abgesehen von der Mutationsstelle in der Mitte des Primers)

    komplementär zur Templat-DNA. Bei jedem PCR-Zyklus wird das ganze Plasmid

    amplifiziert. Die amplifizierten DNA-Stränge tragen die gewünschte Mutation, jedoch

    können sie nicht für weitere Zyklen als Templat dienen, da der nun komplementäre

    Primer in die falsche Richtung zeigt. Aus diesem Grund ist die Amplifikatbildung nicht

    exponentiell sondern nur linear ansteigend, sodass nach 30 Zyklen das Verhältnis von

    Amplifikat zu Templat maximal 30:1 beträgt. Aus diesem Grund ist der anschließende

    Verdau der Templat-DNA mit Dpn1 sehr wichtig. Um einen maximal wirksamen Verdau

    zu erreichen, wurden 2 µl Dpn1 zu 50 µl PCR-Produkt gegeben und für 1-2 h bei 37°C

    inkubiert.

    3.2.5. Agarose-Gelelektrophorese

    45 mL Agaroselösung (0,7% w/v, 70°C) wurden mit 2,5 µl Midori Green (Nippon

    Genetics Europe GmbH, Düren, DE) vermischt und zum Aushärten in eine

    Agarosegelkammer gegossen. Nach Überschichtung mit TAE-Puffer und Beladung der

    Geltaschen erfolgte die Elektrophorese (100 Volt, 45-60 min). Als Marker wurde der

    1kbp plus DNA Marker (Fermentas, St. Leon-Rot, DE) verwendet. Die aufgetrennten

    DNA-Fragmente wurden anschließend unter UV-Licht (λ = 365 nm) analysiert und

    gegebenenfalls aus dem Gel ausgeschnitten.

  • Material und Methoden

    27

    3.2.6. Herstellung chemisch kompetenter Zellen

    Die Herstellung chemisch kompetenter E. coli Zellen erfolgte nach der RCl-Methode.

    Hierfür wurden 100 mL vorgewärmtes LB-Medium mit 500 µl Zellsuspension

    (Vorkultur) angeimpft und in einem 250 ml Erlenmeyerkolben bei 37°C und 180 rpm

    inkubiert. Nach etwa 2,5-3,5 h wurden die Zellen bei einer OD600 von 0,5-0,7 geerntet

    (10 min, 3220 g, 4°C). Das Zellpellet wurde anschließend mit 40 mL gekühltem TFBI-

    Puffer resuspendiert und 15 min auf Eis gelagert. Anschließend wurden die Zellen

    erneut zentrifugiert (10 min, 3220 g, 4°C). Das Pellet wurde nun mit 5 mL TFBII-Puffer

    resuspendiert und erneut für 15 min auf Eis gelagert. Anschließend wurden die Zellen

    auf vorgekühlte Plastik-Tubes verteilt (je 25 µl) und zügig bei -80°C tiefgefroren.