Upload
others
View
2
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Marktdaten Pro Generika 2014
GENERIKA UND BIOSIMILARS IN DEUTSCHLAND
2014
Kapitel 1
DAS JAHR 2014 IM ÜBERBLICK
Generikaunternehmen haben im Jahr 2014 eine noch größere Ver-
antwortung für die Arzneimittelversorgung übernommen: 76 % al-
ler zugunsten der Krankenkassen abgegebenen Arzneimittel waren
Generika. Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) profitiert von
diesem steigenden Generikaanteil, da Generika eine bestmögliche
Versorgung zu niedrigen Kosten gewährleisten.
Aber auch ein weiterer Trend hat sich verstetigt: Die Höhe der
zusätzlichen Preisnachlässe aus Rabattverträgen hat einen neuen
Rekordwert erreicht. Führten die Ausschreibungen der Krankenkas-
sen im Jahr 2013 zu vertraglichen Rabatten in Höhe von 2,9 Milliar-
den Euro, waren es in 2014 bereits 3,15 Milliarden Euro. Der Großteil
der Rabatte – die Schätzungen liegen zwischen 80 % und 90 % –
mussten Generikaunternehmen leisten. Die Ausgaben der GKV für
Generika betrugen auf Basis der Listenpreise 4,9 Milliarden Euro,
davon abzuziehen sind allerdings die Rabatte. Daraus folgen Netto-
Ausgaben der GKV für Generika in Höhe von circa 2 Milliarden Euro
und somit weniger als 10 % der Arzneimittelausgaben der GKV –
bemessen nach Werkspreisen und ohne Berücksichtigung der Groß-
handelsspanne, Apothekenmarge und der Mehrwertsteuer.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Generikaunternehmen sichern
76 % der Arzneimittelversorgung zu weniger als 10 % der realen
Arzneimittelkosten der GKV. Die Schere zwischen Versorgungsan-
teil und Generikaausgaben der GKV öffnet sich somit seit Jahren
immer weiter. Auch wenn es selbst für die Krankenkassen augen-
scheinlich ist, dass diese Entwicklungen im Rabattvertragsmarkt
keine nachhaltige Versorgungssicherheit bieten, werden Modifi-
kationen an Rabattverträgen vehement abgelehnt. Der Fokus der
Krankenkassen liegt weiterhin auf kurzfristigen Einsparungen.
2 Marktdaten Pro Generika 2014
Die Substitutionsausschlussliste – ein Schritt zur Verbesserung der Versorgung?Dies zeigt sich auch an den langwierigen Diskussionen um die
Substitutionsausschlussliste. Den Vertragspartnern ABDA/DAV und
GKV-Spitzenverband wurde die Aufgabe erteilt, sich auf eine Liste
von Wirkstoffen zu einigen, bei denen aus medizinischen Gründen
eine automatische Substitution in der Apotheke aufgrund der
engen therapeutischen Breite des Wirkstoffes nicht indiziert ist. Ein
aus Patientensicht sinnvolles Vorhaben. Die Verhandlungen schei-
terten aber am GKV-Spitzenverband, nicht zuletzt, weil Kranken-
kassen ihre Rabattverträge für diese Wirkstoffe gefährdet sahen.
Nunmehr wurde der G-BA durch den Gesetzgeber beauftragt, diese
Liste zu erstellen. Nach einem ausführlichen Anhörungsverfahren
hat der G-BA im Herbst 2014 die erste Tranche von Wirkstoffen, die
in der Apotheke nicht ausgetauscht werden dürfen, verabschiedet.
Diese trat Ende des Jahres in Kraft. Auf der Liste stehen Arzneimit-
tel für den Einsatz bei Epilepsie, Transplantationen, Herzerkran-
kungen und für Schilddrüsenhormone.
Die Krankenkassen haben ihre Rabattvertragsstrategien für diese
Wirkstoffe unterschiedlich angepasst. Einige Krankenkassen hoben
bestehende Rabattverträge für die Wirkstoffe der Substitutionsaus-
schlussliste auf und kündigten den Verzicht auf zukünftige Aus-
schreibungen der Wirkstoffe an. Der Ausschluss der Substitution
hält aber einige Krankenkassen auch nicht davon ab, diese Wirk-
stoffe weiter auszuschreiben und entsprechende Rabattverträge
abzuschließen.
3Das Jahr 2014 im Überblick
Trends bei Rabattverträgen – Krankenkassen schließen Rabatt-verträge nahtlos an den Patentablauf ab Für Generika, die nach Patentablauf neu auf den Markt kommen,
schließen Kassen immer öfter Verträge unmittelbar nach dem
Patentablauf. Somit gibt es nahezu keinen vertragslosen Zustand
mehr. Für die Entwicklung des generischen Wettbewerbs bleibt
so kein Raum. Nachdem die Portfolioverträge der Krankenkassen
beendet werden mussten, schließen diese nun mit Markteintritt
der Generika flächendeckend sogenannte „Open-House-Verträge“
mit allen Herstellern ab. Diese Verträge stehen grundsätzlich allen
Unternehmen offen und die Rabattsätze und Preissicherungsklau-
seln sind dabei für alle Vertragspartner gleich. Auch die Hersteller
patentfreier Erstanbieterpräparate treten diesen Verträgen oft bei,
um auf diesem Wege ihre Marktanteile abzusichern. Denn warum
sollte der Arzt ein Generikum verordnen oder der Apotheker ein
Generikum abgeben, wenn auch das „Altoriginal“ rabattiert und
somit „wirtschaftlich“ ist? Krankenkassen argumentieren, dass die
Open-House-Verträge den Druck exklusiv auszuschreiben mindern
und die exklusiven Ausschreibungen somit erst später erfolgen
würden. Es bleibt abzuwarten, ob dies der Fall sein wird. Fakt ist
hingegen: Open-House-Verträge haben für Generikaunter nehmen
keine Vorteile, aber es ist ein Nachteil, wenn sie keinen Vertrag
haben.
Exklusive Ausschreibungen starten immer früherTrotz der Open-House-Verträge ist weiterhin der Trend zu mög-
lichst frühen, exklusiven Ausschreibungen zu beobachten. Diese
erfolgen selbst bei Arzneimitteln, die komplex herzustellen sind
und bei denen nach Patentablauf von vornherein nur sehr
4 Marktdaten Pro Generika 2014
wenige Unternehmen in den Markt eintreten, wie beispielsweise
Antiasthmatika.
Rabattverträge lassen zu wenig Zeit für die bedarfsgerechte ProduktionSelbst bei der Abwicklung der Ausschreibungen sind keine Ansätze
zu erkennen, die die Versorgungssicherheit und Planbarkeit bei
Ausschreibungen für die Hersteller verbessern würden. Nach wie
vor ist der Zeitraum zwischen Bekanntgabe der Rabattvertragszu-
schläge und Vertragsbeginn oft zu kurz, obwohl die Vorlaufzeiten für
die Arzneimittelproduktion durchschnittlich sechs Monate betragen.
Auch das Risiko eines unerwarteten, nicht planbaren Anstiegs der
benötigten Arzneimittelmenge liegt einzig beim Hersteller. Wird
dieser lieferunfähig, drohen ihm Vertragsstrafen und sehr hohe
Schadensersatzforderungen.
Als weiterer Trend im Jahr 2014 zeigt sich die vermehrte Aus-
schreibung von Biopharmazeutika durch die Krankenkassen.
Ausgeschrieben wurden Biopharmazeutika mit Blick auf den
Wettbewerb zu Reimporten. Einige Zuschläge wurden dabei auch
an Reimporteure erteilt. Hier scheint es, als ob mögliche finanzielle
Einsparungen wichtiger waren als die Versorgungssicherheit. Wei-
terhin wurden durch Ausschreibungen Rabattpartner für Biophar-
mazeutika inklusive definierter Serviceprogramme für Patienten
gesucht.
Auch der Abschluss von Rabattverträgen für Biopharmazeutika
kurz vor deren Patentablauf hat 2014 einen neuen Schub bekom-
men, so dass der Markteintritt von Biosimilars nach Patentablauf
behindert wird.
5Das Jahr 2014 im Überblick
Quelle: Pro Generika; IGES-Berechnungen nach NVI (INSIGHT Health)
Generika sind für die Arzneimittelversorgung in Deutsch- land unverzichtbar: Sie decken 76 % des Arzneimittel- bedarfs der GKV
patentgeschützte Arzneimittel
patentfreie Erstanbieterprodukte (ohne Generikakonkurrenz)
patentfreie Erstanbieterprodukte (mit Generikakonkurrenz)
Generika / Biosimilars
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
5,0
15,0
25,0
35,0
45,0
55,0
76 %
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
39,9
29,3
3,8
4,52,3
39,2
27,7
3,6
4,8
3,1
38,3
26,3
3,7
3,6
4,7
37,2
25,0
3,5
4,5
4,235,7
23,3
3,6
4,9
3,9
35,1
22,5
4,6
4,1
3,9
33,1
19,8
4,6
4,7
4,031,4
17,6
5,7
4,2
3,9
40,7
3,2
4,5
2,5
30,5
42,2
3,1
4,5
2,5
32,1
Verbrauch (in Mrd. DDD = defined daily dose)
6 Marktdaten Pro Generika 2014
patentgeschützte Arzneimittel
patentfreie Erstanbieterprodukte (ohne Generikakonkurrenz)
patentfreie Erstanbieterprodukte (mit Generikakonkurrenz)
Generika / Biosimilars
Rabatterlöse nach § 130a Abs. 8 SGB V (BMG nach KV45)
Die Krankenkassen wenden für immer mehr Generika ver- sorgung immer weniger Mittel auf: Der Umsatz der Generika- unternehmen wird durch Rabattverträge mehr als halbiert
* Herstellerabgabepreis
Preisbasis: HAP (ohne Berücksichtigung des Hersteller-Zwangsrabattes und Zusatzabschläge in Folge
des Preismoratoriums)
Quelle: Pro Generika; IGES-Berechnungen nach NVI (INSIGHT Health)
22 %
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
4,0
8,0
12,0
16,0
20,0
2,0
6,0
10,0
14,0
18,0
22,0
24,0
Umsatz (in Mrd. Euro HAP*)
3,6
2,3
4,5
5,5
15,9
3,9
1,6
4,8
6,0
16,3
3,8
2,0
4,8
6,4
17,0
4,1
2,2
4,9
6,8
18,0
4,6
2,8
5,7
7,3
20,4
2,4
4,8
6,0
8,3
2,2
21,3
2,9
4,3
2,4
5,7
7,5
19,9
1,3
4,4
2,1
5,2
7,4
19,1
0,8
4,4
2,7
5,9
7,2
20,2
1,7
9,4
22,7
4,9
3,15
2,7
5,7
7Das Jahr 2014 im Überblick
8 Marktdaten Pro Generika 2014
* patentfreie Erstanbieterprodukte, inklusive Zweitanbieter und „Originale nie geschützt“
Preisbasis: GKV HAP real (Herstellerabgabepreis unter Berücksichtigung aller Zwangsrabatte für Hersteller
und Apotheker, inkl. Berücksichtigung Zusatzabschläge infolge des Preismoratoriums)
Quelle: Pro Generika; IMS PharmaScope® Polo
patentgeschützter Markt patentfreie Erstanbieterprodukte*
generikafähiger Markt Generika
Rabatte aus Rabattverträgen
nach § 130a Abs. 8 SGB V
14,32 Mrd. Euro (+23,8 %)
8,09 Mrd. Euro (-1,6 %)
22,41 Mrd. Euro
4,80 Mrd. Euro (+4,6 %)
3,15 Mrd. Euro
3,29 Mrd. Euro (-9,4 %)
GKV-Umsatz (HAP) gesamt
3,15 Mrd. Euro Einsparungen durch Rabattverträge sind ein neuer Höchststand
Durch die Verringerung des Herstellerabschlags steigt der Umsatz patentgeschützter Arzneimittel stark an
9Das Jahr 2014 im Überblick
* patentfreie Erstanbieterprodukte, inklusive Zweitanbieter und „Originale nie geschützt“
Preisbasis: GKV AVP real (Apothekenverkaufspreis unter Berücksichtigung aller Zwangsrabatte für
Hersteller und Apotheker, inkl. Berücksichtigung Zusatzabschläge infolge des Preismoratoriums)
Quelle: Pro Generika; IMS PharmaScope® Polo
patentgeschützter Markt patentfreie Erstanbieterprodukte*
generikafähiger Markt Generika
Rabatte aus Rabattverträgen
nach § 130a Abs. 8 SGB V
19,48 Mrd. Euro (+20,1 %)
15,35 Mrd. Euro (-1,1 %)
10,28 Mrd. Euro (+3,8 %)
GKV-Umsatz (AVP) gesamt34,83 Mrd. Euro
5,06 Mrd. Euro (-9,7 %)
3,15 Mrd. Euro
Für 76 % der Arzneimittelversorgung wendet die GKV weniger als 10 % ihrer realen Arzneimittelkosten auf
Arzneimittelausgaben insgesamt
Generika-Nettoausgaben*
* Annahme: Rabatterlöse nach § 130 a Abs. 8 SGB V entfallen zu 90 % auf Generika
Quelle: Pro Generika; IGES nach INSIGHT Health (NVI); eigene Berechnung;
Umsatz in Mrd. Euro (HAP)
5
10
15
20
25
20,2
2011
2,87
20,4
2012
2,44
21,3
2013
2,15
22,7
2014
<10 %
10 Marktdaten Pro Generika 2014
2,07
* patentfreie Erstanbieterprodukte, inklusive Zweitanbieter und „Originale nie geschützt“
in Packungen (PE)
Quelle: Pro Generika; IMS PharmaScope® Polo
patentgeschützter Markt patentfreie Erstanbieterprodukte*
generikafähiger Markt Generika
Die Anzahl der im Jahr 2014 abgegebenen Arzneimittelpackungen bleibt nahezu unverändert
128 Mio. PE (+3,3 %)
572 Mio. PE (-0,4%)
97 Mio. PE (-8,0 %)
475 Mio. PE (+1,3 %)
GKV-Absatz (PE) gesamt700 Mio. PE
11Das Jahr 2014 im Überblick
Während die Tagestherapiekosten der Generika auf niedrigem Niveau stagnieren, steigen die der Erstanbieterpräparate sprunghaft an
* defined daily dose / definierte Tagestherapiedosis
** Herstellerabgabepreis
Quelle: Pro Generika; IGES-Berechnungen nach NVI (INSIGHT Health)
patentgeschützte Arzneimittel
patentfreie Erstanbieterprodukte (ohne Generikakonkurrenz)
patentfreie Erstanbieterprodukte (mit Generikakonkurrenz)
Generika ohne Biosimilars (ohne Berücksichtigung der Rabattverträge)
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Durchschnittspreise in DDD* (in Euro HAP**)
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
0,97 0,95 0,99 0,991,14
1,23 1,24 1,26 1,311,25
0,18 0,17 0,17 0,160,21 0,15 0,15 0,15 0,150,22
1,43 1,511,60
1,751,77
2,072,33
3,173,28
0,39 0,34 0,480,56 0,57 0,61
0,72 0,71 0,69 0,88
3,85
12 Marktdaten Pro Generika 2014
12,25
0,73
1,00
Großhandelsspanne(0,70 Euro + 3,15 % * HAP;
max. 37,80 Euro)
19 % Mehrwertsteuer
Apothekenvergütung(8,51 Euro + 3 % * AEP)
Apotheken-
verkaufs-
preis
(AVP)
Herstellerabgabepreis (HAP)
Apothekeneinkaufspreis
(AEP)1,73
1,96
8,56
Euro Euro
Euro
Aus einem Euro, den der Hersteller für ein Arzneimittel erhält, wird durch die Vergütung des Großhandels, der Apotheken und der Mehrwertsteuer ein Apothekenver- kaufspreis von 12,25 Euro
Quelle: Pro Generika; eigene Darstellung
13Das Jahr 2014 im Überblick
Durch den verstärkten Einsatz von Generika hätten weitere 3 Mrd. Euro eingespart werden können
Preisbasis: Apothekenverkaufspreis nach Abzug der gesetzlichen Herstellerzwangsrabatte inkl. Zusatz-
abschläge infolge des Preismoratoriums und des Apothekerrabattes
Quelle: Pro Generika; IMS PharmaScope Polo
Einsparungen in Mrd. Euro Gesamtjahr 2014
4,0
8,0
12,0
16,0
2,0
6,0
10,0
14,0
18,0
20,0
realisierte Einsparungen
maximale mögliche Einsparungen
zusätzliches mögliches Einsparpotenzial
17,442,96
14,48
14 Marktdaten Pro Generika 2014
Weil die GKV die Festbeträge immer weiter senkt, müssen Patienten immer mehr für Arzneimittel zuzahlen
Quelle: Pro Generika; IMS HEALTH (Berechnungen Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung,
Jahre 2011–2013 und ABDA, 2014
Anzahl zuzahlungsbefreite ArzneimittelPatientenzuzahlung in Mio. Euro
Anzahl zuzahlungsbefreite Arzneimittel
Patientenzuzahlung in Mio. Euro
1.000
1.250
500
750
250
2.000
2.250
1.500
1.750 7.000
8.000
9.000
6.000
5.000
4.000
3.000
2.000
1.000
2011 2014
7.116
1.7912.027
3.466
15Das Jahr 2014 im Überblick
Kapitel 2
DIE ENTWICKLUNGEN IM RABATTVERTRAGS- MARKT IM JAHR 2014
Open-House-Verträge sollen vertragslosen Zustand verhindernEin Großteil der Krankenkassen schließt nunmehr direkt nach Pa-
tentablauf eines Wirkstoffes sogenannte „Open-House-Verträge“
mit allen interessierten Unternehmen ab. Jedoch sind die Eckpunk -
te dieser Verträge von den Krankenkassen vorgegeben. Dazu gehö-
ren Vertragstext, Rabatthöhe, Preissicherungsklausel und die vor-
aussichtliche Vertragslaufzeit. Gleichwohl handelt es sich nicht um
eine Ausschreibung im vergaberechtlichen Sinn, sondern die Kran-
kenkasse „gibt bekannt“, dass sie Open-House-Verträge zu einem
bestimmten Wirkstoff abschließen will. Diesen Verträgen können
dann alle Hersteller beitreten. Aktuell liegt die Frage, ob die
Open-House-Verträge vergaberechtskonform sind, dem EuGH zur
Entscheidung vor. Mit einem Urteil wird Ende 2015 /Anfag 2016
gerechnet. Die Krankenkassen argumentieren, dass der Abschluss
von Open-House-Verträgen den Zeitpunkt einer exklusiven Aus-
schreibung für den entsprechenden Wirkstoff nach hinten ver-
schiebt. Allerdings ist gegenwärtig nicht zu beobachten, dass dies
zutrifft.
Exklusive Ausschreibungen erfolgen selbst bei komplexen Arznei-mitteln mit erwartbar wenigen Anbietern und immer früher nach PatentablaufWeiterhin erfolgen exklusive Ausschreibungen immer früher nach
Patentablauf. So wurde zum Beispiel ein komplexes Arzneimittel
zur Behandlung von Asthma bereits zwei Wochen nach Patent-
ablauf exklusiv ausgeschrieben. Das Problem dabei: Neben dem
patentfreien Erstanbieterprodukt war ausschließlich ein einziges
Generikaunternehmen mit einem Wettbewerbsprodukt nach
Patent ablauf auf den Markt gekommen. Das patentfreie Erstan-
16 Marktdaten Pro Generika 2014
bieterprodukt hat die exklusive Ausschreibung gewonnen, der
Marktzugang für den generischen Wettbewerber für diese Kran-
kenkasse ist somit blockiert, der Wettbewerb durch den Rabattver-
trag ausgeschaltet. Dies ist kein Einzelfall: Auch in anderen Fällen
wurde der Markteintritt eines Generikums ausschließlich dazu
genutzt, den Preis des patentfreien Erstanbieterprodukts durch
Rabattverträge zu senken.
Verbesserung der Versorgungssicherheit durch realistische Vorlaufzeiten für die Generikaproduktion findet keine Berück-sichtigung Der Zeitraum zwischen der Beauftragung der Produktion eines
Arzneimittels bis zur Auslieferung dauert in der Regel sechs
Monate. Dies ist den Krankenkassen bekannt, trotzdem beträgt
die Zeit zwischen dem finalen Zuschlag für einen Rabattvertrag
und dem Start des Vertrags vielfach gerade einmal zwei bis drei
Monate, nicht selten sogar nur wenige Wochen. Und das nicht nur
bei kleineren Krankenkassen, sondern auch bei mitgliederstarken
Krankenkassen mit großen Ausschreibungsvolumina.
Dabei wäre es für die Krankenkassen ein Leichtes, diesen Zeitraum
auf sechs Monate auszuweiten und das ohne finanzielle Einbußen.
Alles was es dafür braucht, ist eine optimierte zeitliche Ausschrei-
bungsplanung.
Die Krankenkassen haben eine Reihe von Hebeln in der Hand, die
dazu führen könnten, die Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit
der Generikaversorgung zu verbessern. Bisher sind allerdings kei-
ne Tendenzen erkennbar, dass sie auch bereit sind, diese zu nutzen.
17Die Entwicklungen im Rabattvertragsmarkt im Jahr 2014
Der vermehrte Abschluss von Open-House-Verträgen erhöht die Anzahl der Rabattverträge
Quelle: Pro Generika; INSIGHT Health; NVI Dez. 2014
Dezember 2013
Dezember 2014
Anzahl Unternehmen
mit Rabattverträgen
141 137
50
100
150
200
225
25
75
125
175
Anzahl Kranken-
kassen mit
Rabattverträgen
134 131
8.000
16.000
24.000
32.000
36.000
4.000
12.000
20.000
28.000
Anzahl
Handelsformen
(PZN) unter RV
16.54216.456
Anzahl
Rabattverträge
18.82117.667
18 Marktdaten Pro Generika 2014
In Rabattverträgen sind knapp 93 % aller abgegebenen Packungen Generika
Restgruppe
patentfreie Erstanbieterprodukte
patentgeschützte Produkte
Generika
* Herstellerabgabepreis
Preisbasis: Umsatz HAP in Mrd. Euro; nur Rabattverträge nach § 130a SBG V
Quelle: Pro Generika; IMS Contract Monitor® National
100
200
300
400
Absatz (in Mio. Packungen)
351,0
91,9 %
2013
362,4
92,7 %
2014
90 %
2012
369,7
Umsatz (HAP*) in Mrd. Euro
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
6,05,4
51,2 %
38,0 %
9,8 %
2013
5,7
20142012
5,5
51,9 %
33,1 %
13,7 %
52,4%
19Die Entwicklungen im Rabattvertragsmarkt im Jahr 2014
37,3%
9,4 %
Der Marktanteil der Rabattverträge pendelt sich auf hohem Niveau ein
70 %
60 %
50 %
40 %
30 %
20 %
10 %
April
2008
April
2009
April
2010
April
2011
April
2012
April
2013
April
2014
April
2015
Marktanteil Rabattverträge in Prozent
Marktanteil generikafähiger Markt, Absatz in Packungseinheiten in Prozent
Marktanteil generikafähiger Markt, Umsatz in Euro in Prozent
Quelle: Pro Generika; IMS Contract Monitor® National; generikafähiges Segment (Generika; Erstanbieter
und Zweitanbieter mit abgelaufenem Patent; nie geschützte Produkte)
20 Marktdaten Pro Generika 2014
übrige Pharmaunternehmen
Anteil der Top 10 Hersteller im gesamten GKV-Markt
Rabattverträge führen zu einer größeren Marktverengung: Der Marktanteil der führenden zehn Hersteller im Rabatt-vertragsmarkt ist auf 74 % gestiegen
Quelle: Pro Generika; IMS Contract Monitor® National; Januar–Dezember 2014
Anteil Absatz in Packungseinheiten
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %
49 %
51 %
GKV-Gesamt Marktsegment
ohne Rabattvertrag
26 %
74 %
Marktsegment
mit Rabattvertrag
65 %
35 %
21Die Entwicklungen im Rabattvertragsmarkt im Jahr 2014
Rabattverträge führen bei versorgungskritischen Wirkstoffen zu sehr hohen Marktverengungen
Marktanteil im Rabattvertragsmarkt
* Packungseinheiten
Quelle: Pro Generika; INSIGHT Health (NVI-KT)
Tacrolimus(Immunsuppressivum bei Transplantationen)
Methotrexat(Krebs, Rheuma)
Ibuprofen(Schmerz)
Fentanyl(Schmerz)
Levothyroxine Sodium (Schilddrüse)
0 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Marktanteil der jeweiligen TOP 3 Unternehmensgruppen nach PE*Wirkstoff
10
93,4 %
96,1 %
98,3 %
91,2 %
81,2 %
22 Marktdaten Pro Generika 2014
Die Marktverengung bei Antibiotika ist enorm: De facto müssen jeweils drei Unternehmen die komplette Versorgung sicherstellen
Marktanteil im Rabattvertragsmarkt
* Packungseinheiten
Quelle: Pro Generika; INSIGHT Health (NVI-KT)
Marktanteil der jeweiligen TOP 3 Unternehmensgruppen nach PE*Wirkstoff
Amoxicillin 98,1 %
Doxycyclin 100 %
Clarithromycin 99,4 %
Clindamycin 96,0 %
Cefixim 97,4 %
0 20 30 40 50 60 70 80 90 10010
23Die Entwicklungen im Rabattvertragsmarkt im Jahr 2014
Kapitel 3
DER BIOSIMILARMARKT VOR DEM WANDEL
Der Biosimilarmarkt weist im Jahr 2014 zunächst nur wenig Verän-
derung auf. Die Umsätze der Biosimilars sind gering gestiegen –
mit einem Ausgabenvolumen von gerade einmal 80 Millionen Euro
spielen sie nur eine minimaIe Rolle in der Ausgabenstruktur der
GKV. Damit bleibt viel Einsparpotenzial ungenutzt.
Best-Practice-Modelle in den Regionen nutzenDie regionalen Vertragspartner haben verschiedene Instrumente
in der Hand, um die Versorgung der Patienten mit hochmodernen
Biosimilars zu verbessern. Allerdings werden interessante Ansatz-
punkte für den verstärkten Einsatz von Biosimilars nur in wenigen
Regionen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) vereinbart. Die
KV Westfalen-Lippe beispielsweise verfolgt gemeinsam mit den
Krankenkassen eine aktive Informationspolitik, um die Vertragsärzte
und Patienten über die Möglichkeiten und Chancen der Biosimilars
zu informieren. Zusätzlich wurden Ziele für Versorgungsanteile von
Biosimilars vereinbart. So können bei sinkenden Ausgaben mehr
Patienten von hochwirksamen Therapien profitieren.
Rabattverträge als Mittel der Wahl?Auf Seiten der Krankenkassen scheinen weiterhin Rabattverträge
für Biopharmazeutika und Biosimilars das Mittel der Wahl zu sein.
Neben dem vermehrten Abschluss von exklusiven Rabattverträgen
kurz vor Patentablauf stieß die gemeinsame Ausschreibung einiger
Krankenkassen für fünf biopharmazeutische Wirkstoffe zur Be-
handlung von Rheuma, mit der Absicht nur über drei der fünf
ausgeschriebenen Wirkstoffe Rabattverträge abzuschließen, auf viel
Beachtung. Dabei zeigt sich der Versuch der Krankenkassen, die
Versorgung in Richtung bestimmter Wirkstoffe zu steuern. Einer-
seits über Rabattverträge und andererseits durch Einbindung dieser
24 Marktdaten Pro Generika 2014
Wirkstoffe unter anderem in Versorgungsverträge und Kommunika-
tionsmaßnahmen der ausschreibenden Krankenkassen.
Paradigmenwechsel 2015Der Markteintritt einer ganz neuen Klasse von Biosimilars, der mo-
noklonalen Antikörper, steht nun in den Startlöchern, denn im Jahr
2015 laufen mit einem Umsatzvolumen von 1,34 Milliarden Euro
erstmalig mehr biopharmazeutische Wirkstoffe aus dem Patent als
chemische Wirkstoffe.
Aufgrund der Komplexität der neuen Biosimilars beträgt deren Ent-
wicklungsdauer sechs bis acht Jahre, bei Entwicklungskosten zwi-
schen 150 Millionen Euro und 200 Millionen Euro (im Vergleich zu
chemischen Wirkstoffen: 2 bis 3 Jahre und 2 bis 6 Millionen Euro).
Daher ist absehbar, dass die Anzahl der Biosimilarunternehmen,
die nach Patentablauf in den Markt eintreten werden, wesentlich
geringer sein wird als es im Generikamarkt der Fall ist.
Zwei Unternehmen haben bereits die EMA-Zulassung für einen
Vertreter der zukünftigen Generation der Biosimilars mit dem
Wirkstoff Infliximab erhalten und sind im Frühjahr 2015 auf den
Markt gekommen. Allerdings dauerte es hier nicht einmal einen
Monat, bevor Krankenkassen erste Rabattverträge schlossen.
Auch wurde der Zulassungsantrag für ein Biosimilar zu dem Bio-
pharmazeutikum Enbrel® bei der europäischen Zulassungsbehörde
eingereicht.
Die Biosimilars stehen also in den Startlöchern – aber es wird ent-
scheidend von den politischen Rahmenbedingungen abhängen, ob
das große Potenzial der Biosimilars zur Verbesserung der Versor-
gungsqualität in den kommenden Jahren auch genutzt wird.
25Der Biosimilarmarkt vor dem Wandel
Biopharmazeutika
chemische Wirkstoffe
* Herstellerabgabepreis
Preisbasis: Umsatz der zurückliegenden 12 Monate (Stand MAT: 10/2014)
Quelle: SHARK (INSIGHT Health); NVI (INSIGHT Health); Umsatz (ApU) für Patentabläufe 2013: MAT 10/2012,
für Patentabläufe 2014: MAT 10/2013, für Patentabläufe 2015–2017 jeweils MAT 10/2014
Im Jahr 2015 läuft ein Umsatz biopharmazeutischer Arzneimittel in Höhe von 1,34 Mrd. Euro aus dem Patent - eine Chance für Biosimilars
Patentablauf
2017
Umsatz (HAP*) in Mio. Euro
300
600
900
1.200
150
450
750
1.050
1.350
Patentablauf
2015
Patentablauf
2016
308
458488
1.339
131
672
26 Marktdaten Pro Generika 2014
Deutschland profitiert noch zu wenig von den Biosimilars: Ihr Anteil an der Versorgung ist auch in 2014 sehr gering
Zu den Biopharmazeutika zählen u. a. folgende Wirkstoffgruppen: TNF-Hemmer, Insuline, Interferone,
Impfstoffe, Enzyme, Wachstumshormone und Imunstimulantien.
* defined daily dose (definierte Tagestherapiedosen)
Quelle: Pro Generika; NVI (INSIGHT Health)
patentgeschützter Markt Biosimilars
biosimilarfähiger Markt patentfreie Biopharmazeutika
35,9% 334 Mio.
64,1%596 Mio.
DDD* gesamt
63,3 %589 Mio.
0,8 % 7,2 Mio.
930 Mio.
27Der Biosimilarmarkt vor dem Wandel
42,4 %2,58 Mrd. Euro
56,0 % 3,40 Mrd. Euro
44,0 %2,68 Mrd. Euro
1,6 % 0,10 Mrd. Euro
GKV-Umsatz (AVP*) gesamt
Zu den Biopharmazeutika zählen u. a. folgende Wirkstoffgruppen: TNF-Hemmer, Insuline, Interferone,
Impfstoffe, Enzyme, Wachstumshormone und Imunstimulantien.
* Umsatz (AVP) real: GKV-Umsatz nach Apothekenverkaufspreis abzgl. gesetzlicher Hersteller-
abschläge und Apothekenabschlag
Quelle: Pro Generika; NVI (INSIGHT Health)
patentgeschützter Markt Biosimilars
biosimilarfähiger Markt patentfreie Biopharmazeutika
Biopharmazeutika haben mit über 6 Mrd. Euro eine sehr hohe Ausgabenrelevanz für die GKV
6,08 Mrd. Euro
28 Marktdaten Pro Generika 2014
Mit 80 Mio. Euro sind die Ausgaben der GKV für Biosimilars sehr gering
Zu den Biopharmazeutika zählen u. a. folgende Wirkstoffgruppen: TNF-Hemmer, Insuline, Interferone,
Impfstoffe, Enzyme, Wachstumshormone und Imunstimulantien.
* Umsatz (HAP) real: GKV-Umsatz nach Abgabepreis pharmazeutischer Unternehmer abzgl.
gesetzlicher Herstellerabschläge
Quelle: Pro Generika; NVI (INSIGHT Health)
56,8% 2,65 Mrd. Euro
41,6 %1,94 Mrd. Euro
43,2%2,02 Mrd. Euro
1,6 % 0,08 Mrd. Euro
GKV-Umsatz (HAP*) gesamt
patentgeschützter Markt Biosimilars
biosimilarfähiger Markt patentfreie Biopharmazeutika
4,67 Mrd. Euro
29Der Biosimilarmarkt vor dem Wandel
DDD* in %
100
35,5
64,5
100
68,4
31,6
100
12,5
87,5
GKV-Umsatz HAP**in Mio. Euro
127,4
38,8
88,6
37,4
22,7
14,7
153,8
14,0
139,8
GKV-UmsatzHAP** in %
100
30,5
69,5
100
60,7
39,3
100
9,1
90,9
Das Potenzial der Biosimilars für die Versorgung wird aktuell bei keinem Wirkstoff ausgeschöpft
* defined daily dose (definierte Tagestherapiedosis)
** Umsatz HAP: GKV-Umsatz nach Herstellerabgabepreis abzgl. gesetzlicher Herstellerabschläge
*** Hierunter fallen die Wirkstoffe Epoetin beta, Epoetin Theta, Darbepoetin alfa, PEG-Epoetin beta
sowie die Erstanbieterprodukte zu Epoetin alfa
Quelle: Pro Generika; NVI (INSIGHT Health)
Präparat
EPOETIN
Biosimilars
Patentgeschützte/patentfreie Erstanbieterprodukte***
FILGRASTIM
Biosimilars
patentfreie Erstanbieterprodukte
SOMATROPIN
Biosimilars
patentfreie Erstanbieterprodukte
30 Marktdaten Pro Generika 2014
AVPApothekenverkaufspreis
AVP realApothekenverkaufspreis unter Berücksichtigung aller Zwangsrabatte für Hersteller und Apo-theker, inkl. Berücksichtigung Zusatzabschläge infolge des Preismoratoriums
Biopharmazeutika sind Arzneimittel, die in gentechnisch verän-derten Organismen hergestellt werden. Zu den Biopharmazeutika zählen u. a. folgende Wirkstoffgruppen: TNF-Hemmer, Insuline, Inter-ferone, Impfstoffe, Enzyme, Wachstumshormone und Imunstimu lantien.
BiosimilarsArzneimittel, die von den Zulassungsbehörden wegen ihrer Ähnlichkeit in Bezug auf Qualität, Sicher heit und Wirksamkeit mit einem bio-logischen Referenzarznei mittel, mit dem sie verglichen wor den sind, zugelassen werden
DDDdefined daily dose, definierte Tagestherapiedosis
EPErstanbieterpräparate
GKV-MarktMarkt, der die Verordnungen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abdeckt
HAPHerstellerabgabepreis
HAP realHerstellerabgabepreis unter Berücksichtigung des Hersteller-Zwangsrabattes, inkl. Zusatzab-schläge infolge des Preismoratoriums
MarktkonzentrationIndikator der Verteilung von Umsatzanteilen auf die Anzahl der Unternehmen
MATmoving annual total, Umsatz der jeweils zurückliegenden 12 Monate
PEPackungseinheiten
GLOSSAR
31Glossar
www.progenerika.de
HerausgeberPro Generika e.V. | Unter den Linden 32–34 | 10117 Berlin
Tel. +49(0)30 - 81 61 60 9-0 | [email protected] | www.progenerika.de
Konzept und Gestaltungwww.tack-design.de