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(GESCHÄFTS-)KLIMA IM WANDEL: Wachsende (Kredit-)Risiken infolge anhaltender Hitzeperioden © 2019 Andersch AG

(GESCHÄFTS-)KLIMA IM WANDEL: Wachsende (Kredit ......2019/11/18  · brach der Umsatz der Real-Märkte laut Metro in Q4 des GJ 2017/18 deutlich ein. Als Grund wird eben-falls die

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Page 1: (GESCHÄFTS-)KLIMA IM WANDEL: Wachsende (Kredit ......2019/11/18  · brach der Umsatz der Real-Märkte laut Metro in Q4 des GJ 2017/18 deutlich ein. Als Grund wird eben-falls die

(GESCHÄFTS-)KLIMA IM WANDEL:

Wachsende (Kredit-)Risiken infolge anhaltender Hitzeperioden

© 2019 Andersch AG

Page 2: (GESCHÄFTS-)KLIMA IM WANDEL: Wachsende (Kredit ......2019/11/18  · brach der Umsatz der Real-Märkte laut Metro in Q4 des GJ 2017/18 deutlich ein. Als Grund wird eben-falls die

Extremwetterlagen wie die Hitzewelle 2018 sind in der Regel nicht alleinige Krisenursache, aber krisenverschärfende Faktoren für bereits gefährdete Unternehmen

„ANGESCHLAGENE“ BRANCHEN BESONDERS GEFÄHRDET

Extremwetterlagen können Ertrags-/Ergebniseinbrüche auslösen und das Working Capital wesentlich verschlechtern; die zukünftige Kapitaldienstfähigkeit kann dadurch beeinträchtigt werden

RELEVANZ FÜR UNTERNEHMER UND KAPITALGEBER

Extremwetterlagen haben u.a. durch den Abbau vorhandener Risikopuffer starke Folgewirkungen. Ein zweites Dürrejahr in nahem zeitlichem Abstand wird daher deutlich negativere Auswirkungen als das erste haben. Laut Klimaforschung ist damit vermehrt zu rechnen

ES GILT DIE SPÄTFOLGEN ZU BEACHTEN

Unmittelbar betroffene Unternehmen können ihre Einbußen teilweise auf nicht direkt betroffene nachgelagerte Stufen oder Endabnehmer überwälzen, auch Ketteneffekte sind zu beachten

KONKRETE AUSWIRKUNGEN DIFFERIEREN STARK

Die Auswirkungen differieren zum Teil stark nach Branche bzw. Subsegment – traditionell wetterabhängigere Sektoren sind häufi g besser auf Wetterextreme vorbereitet

ES GIBT SEKTORALE UNTERSCHIEDE…

Diversifi zierte Unternehmen, die verschiedene Regionen/Sparten/Produkte bedienen, sind resistenter gegenüber Extremwettereffek-ten und federn Einbrüche besser ab

…UND GESCHÄFTSMODELLINHÄRENTE VORTEILE…

Von der Hitzewelle 2018 waren insbesondere im Nordosten der Republik angesiedelte Agrarbetriebe sowie Industrie-betriebe entlang des Rheins betroffen, während Einzel-handelsbetriebe vor allem in Innenstadtzentren der deutschen Metropolen unter hitzebedingten Einbußen litten

…SOWIE REGIONALE CLUSTERRISIKEN

© 2019 Andersch AG

WACHSENDE (KREDIT-)RISIKEN INFOLGE ANHALTENDER HITZEPERIODEN

ERGEBNISSE

Ausgeprägte Hitzeperioden können die Kapitaldienstfähigkeit von Unternehmen beeinträchtigen

Ausgeprägte Hitzeperioden können die Kapitaldienstfähigkeit von Unternehmen Kapitaldienstfähigkeit von Unternehmen Ausgeprägte Hitzeperioden können die Kapitaldienstfähigkeit von Unternehmen

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STATIONÄRER EINZELHANDEL

© 2019 Andersch AG

BESUCHERFREQUENZEN IM STATIONÄREN HANDEL (% VERÄNDERUNG GGÜ. VJ):

2018 – EIN SCHWIERIGES JAHRFÜR DEN DEUTSCHEN EINZELHANDEL:

größter Umsatzrückgang seit Jahren

MAI:

SEPT.:7

5größter Umsatzrückgang seit Jahren

ANFÄLLIGKEIT UND ANPASSUNGSFÄHIGKEIT DES EINZELHANDELS AN EXTREME HITZE-PERIODEN:

Anfälligkeit für Dürreschäden

Überwälzbarkeit

gering hoch

gering hoch

RELEVANTE INDIKATOREN:

• Entwicklung Besucherfrequenzen• Erhöhung Abschriftenquote/Sales etc.• Abverkaufsquoten; Vorratsaufbau• Flächenproduktivität (Umsatz je qm)• Reduktion des Durchschnittsbons

WAS GILT ES IN ZUKUNFT ZU BEACHTEN?

• Flexibilität im Kollektionsrhythmus bzw. Produktmix

• Maßnahmen zur Steigerung der Besucher-frequenzen auch bei Hitze, z.B. spezielle Marketingaktionen

• Abverkauf über alternative Kanäle• Vernetzung von Online- und Offline-Kanälen• Kooperationen zur übergeordneten Standort-

belebung (z.B. Stadtmarketing)• Möglichkeit zu (temporärer) Kündigung von

Verkaufsflächen

2018 BRACHTE NEGATIVREKORDEBis zu 17% weniger Besucher als im Vorjahr: Die Hitze, die im Frühjahr begann und im Spätherbst endete, hinterließ im Handel ein deutliches Som-merloch. Wachsender E-Commerce, hoher Kos-ten- und Wettbewerbsdruck sowie ein Warenüber-angebot hatten die Besucherfrequenzen 2018 laut Messungen des Handelsdienstes Shoppertrak stark unter die Vorjahreswerte gedrückt. Die Hitzemona-te sorgten dann für neue Negativrekorde selbst im langjährigen Vergleich. Der Grund: Die bereits in Stadtrandlagen ungewöhnlich hohen Temperaturen lagen in den Innenstädten noch merklich darüber. Und bevor ihre Shopping-Tour zur Tortur werden konnte, sagten Kunden sie immer häufi g ab.

BAGGERSEE STATT MÖBELHAUSEin besonders stark betroffenes Segment ist der Mö-belhandel. Auf lange Wege durch die großen Möbel-häuser hatten die Kunden vor allem im August keine Lust: Der Umsatz beispielsweise bei Matratzen lag 18% unter dem Vorjahresmonat, der von Wohnmö-beln sank um mehr als 5%. Selbst im E-Commerce litt die Kauflaune unter der Hitze, u.a. verzeichnete der Onlinehändler Home24 deutliche Einbußen.

BADEHOSE STATT WINTERJACKEDer Textilhandel geriet von zwei Seiten unter Druck: sowohl hinsichtlich der Aktivität des Einkaufens – je wärmer es ist, desto weniger Spaß macht es Kun-den, im Geschäft etwas anzuprobieren – als auch hinsichtlich der Ware: Bei sommerlichen Tempe-raturen selbst im Spätherbst blieb der Textilhandel auf seiner Herbst- und Winterware sitzen. Laut Tex-tilWirtschaft (dfv Mediengruppe) sanken die Erlöse der Modeanbieter im August gegenüber Vorjahr im Schnitt um 16% – das größte Minus im stationä-ren Modeeinzelhandel seit über 15 Jahren. Auch hier konnte sich der E-Commerce dem Trend nicht entziehen: So korrigierte etwa Zalando seine Um-satz- und Ergebniserwartung nach unten, weil ein „langer und außergewöhnlich heißer Sommer“ das Geschäft belastet hat, so das Unternehmen.

ENTSPANNUNG STATT ELEKTRONIKAngesichts der hohen Temperaturen interpretier-ten die Kunden den Media Markt-Slogan „Haupt-sache ihr habt Spaß“ nicht im Sinne eines Besuchs in den hallenartigen Elektro-Großmärkten: Die Rückgänge im operativen Geschäft trafen nicht nur kleine Anbieter, sondern auch den Branchenprimus Ceconomy (Media Markt, Saturn). Den „erheblichen Umsatz- und Ergebnisdruck“ und die „enttäuschen-den Umsätze“ führte der damalige CEO Pieter Haas gegenüber Reuters auf ein „ungewöhnlich heißes Wetter“ zurück.

WENIGER ‚FAST MOVING‘ IM SOMMERSelbst für den Einkauf im Supermarkt war es den Kunden zu heiß: Während Fast Moving Consumer Goods, Güter des täglichen Bedarfs, grundsätzlich ein relativ schockresistenter Handelszweig sind, brach der Umsatz der Real-Märkte laut Metro in Q4 des GJ 2017/18 deutlich ein. Als Grund wird eben-falls die „anhaltende Hitzewelle“ angeführt: Bei schönem Wetter meiden Kunden fensterlose Kauf-hallen – niedrigere Besucherströme ziehen Umsatz-einbußen nach sich.

ZU HEISS ZUM SHOPPEN?In Vorbereitung auf erneute Hitzewellen ergreifen Einzelhändler erste Maßnahmen wie das Anbringen spezieller Fensterfolien oder Klimaanlagen. Doch nur eine aktive Standortbelebung (insbesondere in Kooperation mit dem jeweiligen Stadt- bzw. Center-marketing) und Flexibilisierung des Angebots ist dazu geeignet, hitzebedingt sinkende Besucher-ströme abzufedern. Vor dem Hintergrund der zu-nehmenden Herausforderungen insbesondere im stationären Bereich ist mit vermehrten Restruktu-rierungen und Insolvenzen zu rechnen.

10

0

-10

-20

Dez2015

Jun2015

Dez2016

Jun2017

Dez2017

Jun2018

Dez2018

Jan2019

Feb2019

-17-15

-11

März2019

Quellen: Eigene Analyse; Marktexperten-Interviews; TextilWirtschaft; Handelsblatt; WirtschaftsWoche; Shoppertrak; VdDW; VDM; BVDM; IFH Köln; Bevh; Unternehmensangaben; Destatis

Hitzeperiode

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AGRAR- UND ERNÄHRUNGSINDUSTRIE

ANFÄLLIGKEIT UND ANPASSUNGSFÄHIGKEIT DER AGRAR- UND ERNÄHRUNGSINDUSTRIE AN EXTREME HITZEPERIODEN:

Anfälligkeit für Dürreschäden

Überwälzbarkeit

gering hoch

gering hoch

RELEVANTE INDIKATOREN:

• Ertrag pro Hektar; Mastdauern; Tiersterblichkeit• Preissteigerung Rohstoffe und Zulieferprodukte

(z.B. Futtermittel)• Unterdurchschnittlicher Aufbau von Erzeugnis-

vorräten (= Abbau Risikopuffer)

WAS GILT ES IN ZUKUNFT ZU BEACHTEN?

• Anpassungen in der Fruchtfolge und/oder Wechsel zu hitzeresistenteren Pflanzen

• Entwicklung und Verfolgung von Frühindika-toren einer Extremwetterlage

• Abbildung wetterbezogener Erfahrungswerte aus 2018 in künftigen Unternehmensplanungen

• Weitergabe von Preiserhöhungen an Kunden• Anpassung Mengenverpflichtungen• Besicherung von Ernte-/Mastausfällen/ Kalamitäten• Absicherung der Zulieferung (Preis, Menge)

2019: EIN START MIT HYPOTHEKBei anhaltender Dürre sind Agrar- und Ernährungs-industrie naturgemäß Hauptleidtragende. 2018 sind die Ernten massiv eingebrochen, ein Viertel der Böden gelten aktuell noch immer als dürre-geschädigt und sind im Vergleich zum Frühjahr 2018 deutlich trockener. Auch die Unternehmen sind mit aufgezehrten physischen und fi nanziellen Reserven in das Jahr 2019 gestartet, da sie ihre Belastungen teilweise nur sehr eingeschränkt auf nachgelagerte Stufen in der Wertschöpfungskette weitergeben konnten.

ERZEUGER BESONDERS GEFÄHRDETBei Getreide sind die Erträge um rund 19% gegen-über dem Durchschnitt der Jahre 2014-17 gesun-ken, der Preis für Futtergerste ist gegenüber 2016 um 53% gestiegen – und die Landwirte haben meist keine Möglichkeiten, ihre Kosten entsprechend zu überwälzen. Daraus resultieren restriktivere Be-triebsmittel- und Leasingfi nanzierungen. Trotz teilweiser Unterstützung durch die Bundesregie-rung ist die Lage stark angespannt. Auch der Bund deutscher Forstleute rechnet für 2019 mindestens mit Schäden in Höhe von € 2 Mrd. und 30 Mio. Fest-metern Schadholz durch dürrebegünstigte Stürme, Waldbrände und Borkenkäferbefall. Die holzverar-beitende Industrie profi tiert dabei von einem Preis-verfall beim Langholz um über 10 €/Fm auf ca. 72 € (Ende 2018).

NEGATIVE ERGEBNISSE BEI VERARBEITERNAufgrund von Lieferverpflichtungen gegenüber dem Handel mussten Verarbeiter und Interme-

diäre Rohstoffe häufi g zu hohen Preisen extern zu-kaufen. Das führte 2018 zu überwiegend negativen Unternehmensergebnissen und entsprechend re-duzierten Rücklagen. Für teilweise nötige Vorfi nan-zierungen sowie bestehende Finanzierungen steigt damit das Risiko.

LEBENSMITTELEINZELHANDEL WENIG BETROFFENDie starke Position des Segments ermöglicht, steigende Aufwendungen an die Kunden weiter-zugeben. Das Risikoprofi l steigt nur in geringem Umfang.

HANDLUNGSBEDARF FÜR FINANZIEREREin einzelnes dürregeprägtes Jahr können die Unternehmen der Agrar- und Ernährungsindustrie meist kompensieren. Folgen ein weiteres Dürrejahr oder andere Extremereignisse, steigt das Finan-zierungsrisiko exponentiell. Die Unternehmens-planungen der Kreditnehmer sollten daher vor allem kritisch auf das Preis- und Mengenniveau sowie die Liquiditätssituation überprüft werden, um kurzfristig gegensteuern zu können. Zudem gilt es, Frühwarnsysteme zu entwickeln und zu nutzen. So hat beispielsweise der Deutsche Wetterdienst (DWD) eine neue Langfristvorhersage entwickelt, die Landwirten bis zu sechs Wochen im Voraus die Bodenfeuchte prognostiziert und über potenzielle Dürregefahren informiert.

Quellen: Eigene Analyse; Marktexperten-Interviews; BDF; DBV; BMEL; Helmholtz Zentrum für Umweltfor-schung; DWD; Destatis

MECKLENBURG-VORPOMMERN:

-26,3%

BRANDENBURG:-30,2%

SACHSEN:-18,7%THÜRINGEN:

-16,6%

BAYERN:-11,3%

BADEN-WÜRTTEMBERG:

-1,9%

HESSEN:-11,8%

NORDRHEIN-WESTFALEN:

-10,0%

NIEDERSACHSEN:-26,0%

SACHSEN-ANHALT:-27,9%

SCHLESWIG-HOLSTEIN:

-33,7%

RHEINLAND- PFALZ:+3,0%

SAARLAND:-6,0%

ERNTEMENGEN NACH LÄNDERN VERÄNDERUNG 2018 GGÜ. DURCHSCHNITT 2015 - 17 IN %:

> 0%0 – 10%11 – 15%16 – 20%21 – 25%26 – 30%> 30%

ENTWICKLUNG DER ERNTEERTRÄGE DURCHSCHNITT 2013 - 2017 VS. 2018 (MIO. T):

Kartoffeln

10,7

-19% -25% -21% -39%

Zwiebeln Weizen Mais

8,7

0,50,3

25,7

20,3

4,4

2,7

© 2019 Andersch AG

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ENERGIEWIRTSCHAFT

© 2019 Andersch AG

2018 – SCHWIERIGES JAHR FÜR DIE WINDENERGIE DEN LEISTUNGSTRÄGER DER ERNEUERBAREN ENERGIEN:

ENTWICKLUNG BÖRSENSTROMPREISE IN DEUTSCHLAND (2017 VS. 2018; €/MWH):

ANFÄLLIGKEIT UND ANPASSUNGSFÄHIGKEIT DER ENERGIEWIRTSCHAFT AN EXTREME HITZEPERIODEN:

Anfälligkeit für Dürreschäden

Überwälzbarkeit

gering hoch

gering hoch

RELEVANTE INDIKATOREN:

• Rückgang Anlagen-Wirkungsgrad, v.a. Stromerzeugung aus Wind-/PV-Energie

• Rückgang Stromproduktion (GW)• Entwicklung des Strompreises im Großhandel• Verlust nicht speicherbarer Energiemengen/ günstige Abgabe

WAS GILT ES IN ZUKUNFT ZU BEACHTEN?

• Energiezukauf/-handel statt Produktion• Alternative Entsorgungswege Kühlwasser• Kurzfristige Drosselung der Leistung• Strompreiserhöhung (Überwälzung Kunden)• Aufbau neuer Speicherkapazitäten• Diversifi zierung Energiemix• Einsatz alternativer Substrate (Biogas)

SOMMERHITZE BEFEUERT RISIKENDie Energiewende stellt enorme Anforderungen an deutsche Versorger. Auch nachgelagerte Stufen, u.a. Energie-Discounter, geraten unter Druck. Gestiege-ne Markttransparenz, Preisdruck und wechselwil-lige Verbraucher gefährden das Geschäftsmodell einiger Marktteilnehmer, wie jüngste Insolvenzen verdeutlichen. Der Rekordsommer 2018 verstärkte die Herausforderungen im Energiesektor und belas-tete die Ertragslage der Energieversorger u.a. durch schwache Performance regenerativer Energien und geschäftsmodellimmanente Risiken der Stroman-bieter.

EINBUSSEN BEI ENERGIE-VERSORGERNDen Umstieg auf erneuerbare Energien setzten die Versorger vor allem durch starken Ausbau von Windkraftanlagen um. Damit wurden Wind-ertragsschwankungen zu einem zentralen Risiko mit direkten Effekten für EBITDA und die Innen-fi nanzierungskraft. Das konnte auch ein Rekord-ergebnis in der Photovoltaik (+16% ggü. VJ) nicht kompensieren. So lag beispielsweise das EBITDA bei EnBW und Innogy im Bereich erneuerbare Energien 10,3% bzw. 10,8% unter Vorjahr.

FOSSILE ENERGIE AUSGEBREMSTNiedrigwasser begrenzte die Transportkapazitäten der Schifffahrt. Zeitweise konnten nur noch 60% der benötigten Tagesmengen geliefert werden. Gleichzeitig stiegen die Transportkosten stark und belasteten die Ergebnisse der Kohlestromerzeuger.

KERNENERGIE ÜBERHITZTLaut Oberflächenwasserverordnung darf ab 28 Grad Wassertemperatur Kühlwasser nur noch be-grenzt in die Flüsse eingeleitet werden. Zentrale Wasserstraßen wie der Rhein verzeichneten in den Monaten Sommermonaten jedoch teilweise Temperaturen oberhalb dieser Marke. Die Leistung vieler Kernkraftwerke musste entsprechend re-duziert werden, die EBITDA-Effekte waren jedoch vergleichsweise gering.

WASSERKRAFT AUSGETROCKNETBis zu 41% niedrigere Wasserstände als im 10-Jah-resschnitt ließen die Stromerzeugung aus Laufwas-ser um rund 44% einbrechen. 2018 lag die Netto-stromerzeugung aus Wasserkraft mit 16,7 TWh auf dem zweitniedrigsten Stand seit 30 Jahren.

BIOMASSE AUSGEHUNGERTHohe Ernteverluste (Rohstoffe, i.W. Acker-, Wie-sengras, Mais) schlugen sich direkt in Versor-gungsprobleme mit entsprechendem Rückgang der Energieausbeute nieder.

STROMANBIETER VERTRAGLICH GEFESSELTUnmittelbare Folgen der Hitze ergaben sich auch für die den Energieversorgern nachgelagerten Stromanbieter. Viele Anbieter mussten den u.a. witterungsbedingten Anstieg des Großhandels-preises für Strom auf Ø über 44 €/KWh (+ca. 30% ggü. VJ) selbst tragen. Festpreisverträge und Son-derkündigungsrechte verhinderten die Weitergabe an die Verbraucher. Nicht alle Stromanbieter konn-ten diese Mehrkosten tragen – die Insolvenzen der BEV Bayerische Energieversorgungsgesellschaft und der DEG Deutsche Energie verdeutlichen ex-emplarisch die Anfälligkeit der Branche. Eine Zu-spitzung der Risikolage im Energiesektor durch in Zukunft vermehrte Hitzeperioden ist zu erwarten. Stromanbieter tragen dabei das höchste Risiko durch den insgesamt begrenzten Optionsraum. Für Energieversorger gilt es, geeignete Strategien zu entwickeln, um Risiken durch vermehrte Hitze-perioden zu minimieren.

Quellen: Eigene Analyse; Marktexperten-Interviews; DEG; BEV; LUBW; Fraunhofer ISE, Unternehmensangaben

„Zum anderen führten die Niedrigwasser-stände insbesondere auf dem Rhein im zweiten Halbjahr zu Transporteinschrän-kungen und stark steigenden Logistikkos-ten sowie zu verringerten Verfügbarkeiten der Kraftwerke. Gleichzeitig lagen die Ein-speisungen aus Windkraftanlagen deutlich unter dem Niveau eines Normaljahres.“ EnBW, Geschäftsbericht 2018

Q1

Ener

gie

(TW

h)

Solar

Wind

Kohle

Anteil an gesamter Stromerzeugung

Q2 Q3 Q4

38% 36% 39% 36%

4% 14% 13% 4%

23% 18% 14% 25%

2017

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

3141 40

32 3642

5056 56 56 58

50

60 41 32 27 33 30 32 32 34 29 44 32

2018

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INDUSTRIE/PRODUZIERENDES GEWERBE

© 2019 Andersch AG

RELEVANTE INDIKATOREN:

• Verzögerungen in Lieferkette (In-/Outbound)• Anstieg Logistikaufwand• Geringere Kapazitätsauslastung/Produktivität• Vertragsstrafen wegen Lieferverzögerungen• Verschlechterung Auftragseingang

WAS GILT ES IN ZUKUNFT ZU BEACHTEN?

• Absicherung gegen temperaturbedinge Ausfälle der Lieferkette (z.B. Verlagerungen Produktion zwischen Standorten)

• Besicherung Schwankungen Rohstoffpreise bzw. Lieferkosten (Hedging)

• Anpassung Produktionslayout• Regionale oder produktseitige Diversifi zierung• Entwicklung Spezial- und Sonderprodukte• Anpassung Produktionsniveau• Flexibilisierung Arbeitszeitmodell• Aufbau Mehrlieferantenstrategie

WASSERSTRASSEN WURDEN ZU SCHLEICHWEGENDie lange Trockenheit ließ die Pegelstände aller Gewässer stark sinken. Frachtschiffe konnten nur noch teilweise beladen werden und hatten länge-re Liegezeiten. Die Nachfrage nach Frachtschiffen stieg entsprechend, die Frachtpreise vervierfachten sich. Dennoch ging die transportierte Tonnage stark zurück und die Lieferkette musste vor allem auf LKW-Transporte umgestellt werden. Das erforderte bei diversen Industrieunternehmen auch neue, kom-plexere logistische Abläufe. Zum Beispiel mussten temporäre Rampen und Rangierflächen für das ge-stiegene LKW-Aufkommen geschaffen werden.

LOGISTIKKOSTEN STEIGEN, PRODUKTION SCHRUMPFTEtwa 80% des deutschen Güterverkehrs per Bin-nenschifffahrt werden über den Rhein abgewickelt. Betroffen waren daher vor allem Unternehmen ent-lang dieser Wasserstraße. Der Chemiekonzern BASF transportiert am Stammwerk Ludwigshafen etwa 40% der Güter per Schiff. Das Niedrigwasser und damit verbundene Liefer- und Produktionsausfälle belasteten das Konzernergebnis ab dem Sommer mit rund € 250 Mio. Auch thyssenkrupp verzeichnete

„erhebliche Produktionseinschränkungen“. K+S musste infolge der extremen Trockenheit die Pro-duktion an den Werra-Standorten Hattorf und Win-tershall für 3 bzw. 5 Wochen ganz unterbrechen. Auf das gesamte produzierende Gewerbe bezogen er-rechnet das IfW Kiel einen Rückgang der Produktion um 1,7% durch Niedrigwasser-Effekte.

VORSORGE ZAHLT SICH AUSDer Spezialchemie-Konzern Lanxess beugt klimabe-dingten Risiken durch eine Mehrlieferantenstrategie vor. Traditionell wetterabhängige Unternehmen haben bereits detaillierte Vorsorgestrategien entwickelt. Ein in der Baubranche tätiges Unternehmen wie Heidel-bergCement sieht im Wetter ein „wesentliches bran-chenspezifi sches Risiko, das insbesondere aus der Sai-sonalität der Nachfrage resultiert“. Auf wetterbedingte Absatzschwankungen bereitet sich HeidelbergCement nach eigenen Angaben mit regionaler Diversifi zierung, verstärkter Kundenorientierung, der Entwicklung von Spezial- und Sonderprodukten und, soweit möglich, mit operativen Maßnahmen vor (u.a. Anpassung des Produktionsniveaus durch flexible Arbeitszeitmodelle bis hin zur Schließung einzelner Standorte).

Auswirkung des Niedrigwassers (rechte Achse)

AUSWIRKUNGEN DES NIEDRIGWASSERS AUF DIE PRODUKTION IM PRODUZIERENDEN GEWERBE:

BESONDERS BETROFFENE BRANCHENT-KILOMETRISCHE LEISTUNG (MIO. TKM, ∆ VS. 2017 %):

Land-/Forstwirtschaft

Kokerei-Mineralöl

ChemErzeugnisse

Kohle/Erdöl/Erdgas

4.682-17%

7.838-15%

5.672-19%

5.533-18%

Quellen: Eigene Analyse; Marktexperten-Interviews; IfW Kiel; Binnenschiff.de; Statist. Bundesamt; Statist. Landes-amt Baden-Württemberg; Börsenzeitung; Die Welt; Destatis

„Witterungsbedingt negativer EBITDA-Effekt in Höhe von rund € 110 Mio. [EBITDA] insbesondere durch Entsorgungseinschränkungen sowie gestiegene Frachtkosten infolge der extremen Trockenheit in Deutschland deutlich unter Vorjahr. (…). In der Folge halbierte sich das [EBITDA in Q3/2018].“ K+S AG, Geschäftsbericht 2018, Quartalsbericht 3/2018

„Lanxess AG: Niedrigwasser im Rhein kostet zusätzlich einstelligen Millionenbetrag.“ Börsen-Zeitung, 11.12.2018, Nr. 238, S. 9

„Sonderaufwendungen wie höheren Logistikkos-ten infolge des niedrigen Rheinpegels“ Covestro AG, Geschäftsbericht 2018

109108107106105104103102101100

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Index

5

4

3

2

1

0

-1

-2

%Produktion im Produzierenden Gewerbe

Produktion ohne Niedrigwasser

2018

BINNENSCHIFFFAHRT ERLEIDET HITZSCHLAG GÜTERBEFÖRDERUNG 2018 GGÜ. VORJAHR (%):

Weser-gebiet

Kanalgebiet West D.

Donau-gebiet

Branden-burg

Rhein, Main, Nebenflüsse

-11 -25 -28 -9-9

„Wegen des Niedrigwassers und des ausbleiben-den Kohle-Nachschubs per Schiff hatte RWE (…) vorübergehend sein Kraftwerk in Hamm herunter-gefahren.“ WAZ, 03.08.2018, verfügbar unter https://bit.ly/2VzfxZi

„Das historische Niedrigwasser des Rheins sowie eine zeitweise geringere Nachfrage aus der Auto-mobilindustrie (...) hat auch das Ergebnis der nicht fortgeführten Business Area Steel Europe stark belastet. Das bereinigte EBIT belief sich auf € 38 Mio. nach € 163 Mio. im Vorjahreszeitraum.“thyssenkrupp AG, Pressemitteilung 12.02.2019

ANFÄLLIGKEIT UND ANPASSUNGSFÄHIG-KEIT DER INDUSTRIE AN EXTREME HITZEPERIODEN:

Anfälligkeit für Dürreschäden

Überwälzbarkeit

gering hoch

gering hoch

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AUSWIRKUNGEN ZUNEHMENDER KLIMAPHÄNOMENE AUF AUSGEWÄHLTE BRANCHEN

Über

wäl

zbar

keit

Prei

seffe

kte

als

Folg

e ex

trem

er H

itze

1 Bekleidungshandel2 Elektronikhandel3 Forstbetriebe/Waldbesitzer4 Wasserkraft5 Agrarbetriebe6 Chemieindustrie7 FMCG-Handel8 Energieversorger

9 Windparkbetreiber10 Spielwarenhandel11 Möbelhandel12 Binnenschifffahrt13 Solarparkbetreiber14 Diversifi zierte Energieerzeuger15 Industriekonglomerate16 Holzverarbeiter

Einzelhandel Agrar-/Forstwirtschaft

Kurzfristige Anfälligkeit auf extreme Hitze

gering

hoch

hoch gering

1 23

Energiewirtschaft Produzierendes Gewerbe

456

7 8

9

1011

12

13

14

15

16

AUSBLICK

© 2019 Andersch AG

HOHE ABWEICHUNG VOM LANGJÄHRIGEN MITTEL DURCHSCHNITTSTEMPERATUR APRIL (°C)SCHÄDEN IM ZWEISTELLIGEN MILLIARDENBEREICH2018 war nicht nur durch einen ungewöhnlich langen Sommer geprägt. Insgesamt waren zehn von zwölf Mo-naten zu trocken. Eine derartige Hitze- bzw. Dürrewelle übersteigt in unseren Breitengraden die individuelle Anpassungsfähigkeit und überfordert auch häufi g die Infrastruktur. Neben Ernteausfällen und hitzebedingter Konsumabstinenz werden auch der Warenverkehr be-einträchtigt, Produktionsprozesse unterbrochen und Anlagen beschädigt. Michael Kunz, Sprecher des Center of Disaster Management and Risk Reduction (CEDIM) am Karlsruher Institut für Technologie, beziffert den ge-samtwirtschaftlichen Hitzeschaden 2018 im zweistel-ligen Milliardenbereich. Für die Versicherungsbranche sei es das viertkostenintensivste Jahr seit 1980, heißt es im Allianz Geschäftsbericht 2018.

KEINE ENTSPANNUNG ZU ERWARTENIn Jahren mit durchschnittlichen Regenmengen und Temperaturen können auch wochenlange Trocken-perioden im Sommer durch die gespeicherte Boden-feuchte aus Winter und Frühling kompensiert werden. Der Boden wirkt als Puffer. Doch trotz starker Regen-fälle im Winter konnte das Niederschlagsdefi zit aus 2018 bisher bei Weitem nicht ausgeglichen werden. Im April lag die Bodenfeuchte auf einem eigentlich für Juni üblichen Niveau. 2019 könnte daher selbst ein relativ durchschnittlicher Sommer für hohe Hitze-schäden sorgen. Zu erwarten sind allerdings weiter steigende Temperaturen und Extremwetterereignis-se. Was heute ein Rekordsommer ist, könnte in den nächsten Jahren Normalität werden.

GRÖSSTER RISIKOFAKTOR FÜR DIE WIRTSCHAFTAuf dem Weltwirtschaftsforum 2019 in Davos war man sich weitgehend einig, dass extreme Wetterereignisse den größten Risikofaktor der nächsten Jahre darstel-len. Klimaforscher erwarten neben einer Zunahme von heißen Tagen und Hitzewellen auch langanhaltende Extremwettersituationen, da sich Hoch- und Tiefdruck-gebiete immer öfter über längere Zeit an einem Ort sta-bilisieren. Damit steigt die Häufi gkeit extremer Dürren in einzelnen Regionen. Risikogebiete in Deutschland sind vor allem die östlichen und nördlichen Landesteile und das Einzugsgebiet des Rheins, der infolge dessen unter geringer Wasserverfügbarkeit leidet. Vor diesem Hintergrund gilt es für Unternehmen, zeitnah Strategien für den Umgang mit Extremwetterereignissen zu entwi-ckeln. Finanzierer sollten potenzielle Kreditrisiken vor allem in wettersensitiven Branchen sowie die Etablie-rung geeigneter Frühwarnmechanismen adressieren.

„Die außergewöhnliche Trockenheit im Jahr 2018 werde aber kein Einzelereignis bleiben. […] Die Klimaforschung ist sich einig: Solche Wetterext-reme werden mit dem Klimawandel immer wahr-scheinlicher. Wir müssen künftig häufi ger, wenn nicht gar in regelmäßigen Abständen, mit Dürre in Deutschland rechnen.“Mitteilung zur DWD-Klima-Pressekonferenz 2019, verfügbar unter: https://bit.ly/2J1fXUZ

-0,46,87,48,010,2

Angaben in Grad Celsius

TEMPERATURVERLAUF IN DEUTSCHLAND

Erwartete Temperaturzunahme auf Basis DWD Klimamodell A1B-Szenario (Stand: 2015)

2

0Tem

pera

tura

bwei

chun

g (°

C)

1960 2018

linearer Trend 1881 – 2018+1,5 °C

Spannbreite des Klimaprojek-tionsensembles(A1B–Szenario)

2050

Quellen: Eigene Analyse; Marktexperten-Interviews; BMU; DWD; Destatis; Süddeutsche Zeitung

1961 – 1990 2018

2018 – EIN HERAUSFORDERNDES JAHR

das wärmste Jahr Temperatur > 2°C über Ø

das Jahr mit den meisten heißen Tagen (Höchstwerte > 30°C)

das sonnenreichste Jahr2.015 Sonnenstunden

das trockenste Jahr (nur 2/3 der üblichen Niederschlagsmenge)

„Sollte die trockene Witterung in den kommen-den Monaten anhalten, könnte sich die Dürre des Jahres 2018 wiederholen oder sogar über-troffen werden.“Dr. Udo Busch, DWD, Leiter Agrarmeteorolo-gie, verfügbar unter: https://bit.ly/2L385ox

Page 8: (GESCHÄFTS-)KLIMA IM WANDEL: Wachsende (Kredit ......2019/11/18  · brach der Umsatz der Real-Märkte laut Metro in Q4 des GJ 2017/18 deutlich ein. Als Grund wird eben-falls die

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