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Spanien Mariano Delgado Bedenkt man die aktuelle Diskussion in Spanien um The- men wie „Religion“ und „Nation“, so ist man versucht zu sagen, dass es nichts Unsichereres gibt als die Vergangen- heit. Denn diese dient vielfach als Steinbruch für die eige- nen ideologischen Ziele und wird daher immer wieder neu geschrieben. Derzeit findet in Spanien ein Historikerstreit auf allen Ebenen statt, ein Streit mit kulturkämpferischer Vehemenz, wie er in vergleichbaren westlichen Ländern wohl nicht mehr möglich wäre. Der folgende Beitrag will zeigen, in welcher Weise die Geschichtsinterpretationen von so unterschiedlichen Gruppierungen wie den Unitaris- ten, Separatisten, Föderalisten und Laizisten als Legitima- tionsinstrument benutzt werden. 1. Staats- und Kulturnationen In der politischen Literatur unterscheidet man bekanntlich zwischen Staats- und Kulturnationen. 1 Für die Staatsnatio- nen spielen vorstaatliche Kategorien wie Kultur, Abstam- mung und Sprache eine sekundäre oder gar keine Rolle; ent- scheidend ist hier der gemeinsame Wille zur politischen Gemeinschaft: Als politischer Zusammenschluss konstitu- iert sich die Nation durch einen Willensakt, der ethnische oder gar religiöse Unterschiede überbrückt und gelten lässt, sofern man sich auf einige gemeinsame Merkmale wie Amtsprache und zivilreligiöse Symbole und Grundwerte zu einigen vermag. Dieses Nationenverständnis, das bereits 120

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Spanien

Mariano Delgado

Bedenkt man die aktuelle Diskussion in Spanien um The-men wie „Religion“ und „Nation“, so ist man versucht zusagen, dass es nichts Unsichereres gibt als die Vergangen-heit. Denn diese dient vielfach als Steinbruch für die eige-nen ideologischen Ziele und wird daher immer wieder neugeschrieben. Derzeit findet in Spanien ein Historikerstreitauf allen Ebenen statt, ein Streit mit kulturkämpferischerVehemenz, wie er in vergleichbaren westlichen Ländernwohl nicht mehr möglich wäre. Der folgende Beitrag willzeigen, in welcher Weise die Geschichtsinterpretationenvon so unterschiedlichen Gruppierungen wie den Unitaris-ten, Separatisten, Föderalisten und Laizisten als Legitima-tionsinstrument benutzt werden.

1. Staats- und Kulturnationen

In der politischen Literatur unterscheidet man bekanntlichzwischen Staats- und Kulturnationen.1 Für die Staatsnatio-nen spielen vorstaatliche Kategorien wie Kultur, Abstam-mung und Sprache eine sekundäre oder gar keine Rolle; ent-scheidend ist hier der gemeinsame Wille zur politischenGemeinschaft: Als politischer Zusammenschluss konstitu-iert sich die Nation durch einen Willensakt, der ethnischeoder gar religiöse Unterschiede überbrückt und gelten lässt,sofern man sich auf einige gemeinsame Merkmale wieAmtsprache und zivilreligiöse Symbole und Grundwertezu einigen vermag. Dieses Nationenverständnis, das bereits

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bei den antiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichenGroßreichbildungen erkennbar ist und auf Assimilationausgerichtet ist, liegt der Amerikanischen und der Französi-schen Revolution, aber auch der Helvetischen Eidgenossen-schaft zugrunde. In Spanien wurde es spätestens mit der li-beralen Verfassung von 1812 erkennbar, als Spanien sich alseine politische Nation freier und gleichberechtigter Bürger(ciudadanos libres e iguales) konstituierte.

Die Kulturnationen privilegieren hingegen vorstaatlicheKategorien und verstehen sich als eine Kultur- und Abstam-mungsgemeinschaft, in die man in der Regel schicksalhafthineingeboren wird; sie sind daher eher auf Differenz aus-gerichtet. In der europäischen Geschichte stellt Deutsch-land den klassischen Fall einer Kulturnation dar. Kulturna-tionen sind oft als Völker ohne Staat Teile verschiedenerStaaten und können in Zeiten von Fremdherrschaft und Un-terdrückung aus ihrer kulturellen Identität Widerstands-kraft schöpfen; sie trachten aber zumeist nach der Bildungeines kulturell-ethnisch homogenen Nationalstaates auf ei-nem Territorium, das sie seit der Volkswerdung als den hei-ligen Urboden der Nation, den Lebensraum betrachten. InSpanien betrachten sich vor allem die Basken, Katalanenund Galicier als solche Kulturnationen ohne Staat.

Für die Staats- und Kulturnationen war die biblischeMatrix nicht ohne Bedeutung. In der Geschichte Israelsmit seinem Gott finden wir einerseits das Paradigma einerauf Differenz und Aussonderung bedachten Kulturnation(im Alten Exodus/Bund nach der Losung: Ein Gott, einVolk, ein Land) sowie den Wandel der Kulturnation zur of-fenen Staatsnation (im Neuen Exodus/Bund).2 Wir findendarin andererseits auch die grundlegenden geschichtstheo-logischen Kategorien, die das Verhältnis von Religion undNation in der abendländischen Geschichte bestimmenwerden: Erwählung, Bundesverpflichtung, Sendung an dieübrige Menschheit und Gerichtshandeln Gottes an seinem

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Volk, „sofern es seiner Bundespflicht und seiner Sendungnicht entspricht“3. Das Christentum wird tendenziell diestaatsnationale Stoßrichtung mit dem freiwilligen Glau-ben als Eintrittsticket in die christliche Nation (ein Herr,ein Glaube, eine Taufe: Eph 4,5–6) universalisieren, aberauch Kulturnationen mit partikularem Bewusstsein ent-stehen lassen.

Nach dem armenischen Modell (301 das erste Reich mitdem Christentum als Staatsreligion) entsteht eine Vielzahlvon „auserwählten Völkern“, in denen das Christentumnational angeeignet wird: Die Nationalkultur erhielt einechristliche, das Christentum eine nationale Prägung – inder östlichen Christenheit oft in der Form von Nationalkir-chen. Diese Kulturnationen sind sich des christlichen Uni-versalismus, d. h. der Zugehörigkeit zu einer übernationa-len Glaubensgemeinschaft durchaus bewusst, sind abereher auf kulturelle und kirchliche Differenz ausgerichtet:Ihre historische Sendung sehen sie primär in der Rettungund Bewahrung ihrer besonderen nationalen und kirchli-chen Identität. Sie haben oft Zeiten der Staatenlosigkeitund Fremdherrschaft erlebt, in denen gerade die Kircheihre kulturelle Identität rettete. Ihr Nationalismus ist eherdefensiv als expansiv (auch wenn sie unter besonderen his-torischen Umständen ein Großreich in unmittelbarer terri-torialer Nachbarschaft errichten können, das analog etwazum davidisch-salomonischen Großisrael in ihr nationalesGedächtnis als goldenes Zeitalter eingeht).

Nach dem Modell des christlich gewordenen Römi-schen Reichs entstehen (imperiale) Staatsnationen, die ver-schiedene Völker umfassen und auf sprachliche wie reli-giöse Assimilation deutlich ausgerichtet sind, um einengemeinsamen Nenner über die ethnisch-kulturellen Diffe-renzen hinweg zu finden.

Mit der Amerikanischen und vor allem der Französi-schen Revolution entsteht, wie gesagt, das neue Nationen-

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verständnis als Willensgemeinschaft freier und gleichbe-rechtigter Bürger. Aber auch danach werden viele europäi-sche Völker im 19. Jahrhundert in Analogie zum Alten Is-rael den kulturnationalen Weg einschlagen, nur nichtmehr auf der Basis von Religion, sondern von Sprache undEthnos.4

2. Die Unitaristen

Es geht hier nicht um das plumpe, zentralistische Natio-nenverständnis der faschistischen Falange, das unterFranco zur Staatsdoktrin erhoben wurde. Demnach warSpanien eins, groß und frei (una, grande y libre), wie amEnde aller Kundgebungen des Regimes lauthals mit ge-strecktem rechten Arm gerufen wurde. Diese Art vonZwangsunitarismus hat sich selbst diskreditiert, denn erbestand darin, ein einförmiges Bild von Spanien – ein Füh-rer, ein Staat, eine Sprache, eine Religion mit imperialerBerufung – von oben aufzuzwingen, das im 20. Jahrhundertzumindest anachronistisch wirkte und zudem der spa-nischen Geschichte vielfach nicht gerecht wurde. Anderer-seits war der Francostaat nicht der Erfinder eines kompro-misslosen Unitarismus mit der Unterdrückung derperipheren (baskischen oder katalanischen) Nationalismenund Sprachen. Vielmehr war dieser seit der Ankunft derBourbonen zu Beginn des 18. Jahrhunderts der spanischeNormalfall.

Gemeint sind hier vielmehr jene seriösen Geschichts-konstruktionen, die vom Bewusstsein der einen spa-nischen Nation in der Geschichte ausgehen und nichtohne Einfluss auf das Nationenverständnis der VerfassungSpaniens von 1978 gewesen sind. So ist in der Präambelvon der einen spanischen Nation die Rede. In Art. 1 wirdfestgehalten, dass die nationale Souveränität im spa-

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nischen Volk liegt, „von dem alle Gewalt des Staates aus-geht“. Und in Art. 2 wird schließlich das Prinzip von Ein-heit und Vielfalt betont: „Die Verfassung beruht auf derunauflöslichen Einheit der spanischen Nation, dem ge-meinsamen und unteilbaren Vaterland aller Spanier; sieanerkennt und garantiert das Recht auf Autonomie der Na-tionalitäten und Regionen, aus denen sie sich zusammen-setzt, und auf die Solidarität zwischen ihnen.“5 Ich möchtedie Sicht der spanischen Geschichte, die der Verfassung zu-grunde liegt, anhand der Geschichtsinterpretation vonzwei renommierten Historikern, Luis Suárez Fernándezund Ramón Menéndez Pidal, darlegen.

Im Zusammenhang mit der Kontroverse, die das neueAutonomiestatut Kataloniens von 2005 hervorgerufen hat,haben sich viele spanische Historiker, Politiker und Staats-philosophen in Zeitungsartikeln und Büchern mehrfachzur spanischen Nation geäußert.6 Denn in der Präambeldes Autonomie-Statuts von Katalonien von 2006 steht,dass Katalonien eine „Nation“ ist. Viele fragen sich, ob esin der spanischen Nation, wie sie die Verfassung definiert,eine andere Nation geben kann, ja, ob es in der GeschichteSpaniens überhaupt eine andere Nation als „Spanien“ gege-ben hat. Die Debatte ist nicht zuletzt dadurch vergiftetworden, dass selbst konservative Nationalisten wie JordiPujol, der langjährige Präsident der autonomen RegierungKataloniens, sich nicht scheuen, die anderen Spanier mitBehauptungen dieser Art zu provozieren: „Während Kata-lonien eine Nation ist, ist dies Spanien nicht … Wenn Ka-talonien, Euskadi oder Galicien Nationen sind, ist esschwierig, dass der Staat, der diese enthält, auch eine Na-tion ist.“7

Suárez Fernández macht nun einen Exkurs in die spa-nische Geschichte, um zu verdeutlichen, dass es seit denRömern so etwas wie ein gesamtspanisches Bewusstseingab. Dieses nahm bei der Bekehrung des Westgotenkönigs

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Rekkared 589 katholische Gestalt an. Auch nach der isla-mischen Invasion blieb dieses Bewusstsein vorhanden,denn ab 748 beklagten viele Autoren den Verlust oder dieZerstörung Spaniens. Auch wenn das mittelalterlichechristliche Spanien aus verschiedenen selbständigen Kö-nigreichen bestand, so war ihnen doch der Wille gemein-sam, die territoriale Einheit Spaniens im Kampf gegen dieMauren wiederherzustellen. Katalonien und Kastilien wer-den im Mittelalter als Teile Spaniens gesehen, manchmalsogar als die besten Teile des Landes gelobt. Auch von dies-seits der Pyrenäen wurde Spanien damals als eine zumin-dest geopolitische und kulturelle Einheit betrachtet. BeimKonzil von Konstanz (1414–1418) bestand Europa aus fünfNationen – und eine davon war die spanische. Der Termi-nus „spanische Nation“ taucht erstmals als Bezeichnungder Händler und Matrosen auf, die die spanische Lands-mannschaft in Brügge bildeten. Noch gab es kein Bewusst-sein vom Zusammenhang zwischen Nation und politi-scher Struktur, also dem Staat. In Spanien wird dies erstunter den Katholischen Königen, Isabella I. von Kastilienund Ferdinand II. von Aragon, der Fall, die um 1500 ausden verschiedenen Königreichen (León und Kastilien, Ara-gón, Navarra, Granada) eine politische Einheit schufen. Fürviele Historiker ist dies die erste moderne Staatsbildung inEuropa,8 während es unter den spanischen Politikern dernationalistischen oder linken Parteien zum guten Ton ge-hört, sich vom Spanien der Katholischen Könige zu distan-zieren, als wäre es eine Vorform des Francostaates gewe-sen. Die von den Katholischen Königen geschaffeneEinheit wurde in den nächsten Jahrhunderten durch das ge-meinsame imperiale Projekt gefestigt. Die so entstandeneNation spielte in Europa und Übersee eine wesentlicheRolle. Schließlich konstituierte sich Spanien mit der erstendemokratischen Verfassung von 1812 als moderne Nationfreier und gleichberechtigter Bürger. Suárez Fernández be-

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endet seine Überlegungen mit einer Warnung: „Niemandsoll die Grausamkeiten des 20. Jahrhunderts vergessen. Jed-weder Versuch, in dieser schicksalhaften Stunde die struk-turelle Einheit der spanischen Nation zu dekonstruieren,wird der von den Europäern geschaffenen westlichen Zivi-lisation einen irreparablen Schaden zufügen … Die typi-sche Krankheit der Nationalismen … ist zweifelsohne derRekurs auf den Haß. Aber die ethischen Werte, die die spa-nische Nation immer verteidigte, sind anders und jedemRassismus fremd.“9 Menéndez Pidal äußerte sich ähnlich,aber bereits 1931 im Schatten der Kontroverse um das kata-lanische Autonomiestatut im Rahmen der II. Republik.

Die spanische Geschichte der letzten 200 Jahre verläuftein wenig zirkulär: Die Diskussionen und die Argumentekehren immer wieder, ohne Aussicht auf eine Lösung derso genannten „spanischen Frage“.10 In seinem Beitrag „So-bre España como nación“ sagt Menéndez Pidal: „Katalo-nien kann sich sehr wohl als Nation verstehen; aber es be-deutete, von der ganzen Vergangenheit Abschied zunehmen, wenn es darauf verzichtete, als eine solche Na-tion durch die säkulare Tradition in einer anderen, größe-ren aufgehoben zu sein, nämlich in der spanischen Nation,bevor man sich in einer noch größeren aufgehoben fühlte,von der heute mit Nachdruck gesprochen wird: in der euro-päischen.“ Für Menéndez Pidal wäre Katalonien eine „Kul-turnation“, die historisch in der spanischen „Staatsnation“aufgehoben ist.

Klarsichtig hält er den katalanischen Nationalisten vor,sie wollten nicht, dass es die „spanische Nation“ gibt; siewollten eher, dass Spanien sich zurückentwickle und sicheinem zentrifugalen Prozess wie in Spanisch-Amerika aus-setzte. Wenn das so weitergehe, dann werde man in Spa-nien bald sehen, dass Coterujo de Abajo für sich eine an-dere nationale Identität reklamieren werde als Coterujo deArriba. Die katalanischen Nationalisten scheuten sich

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nicht, das Kastilische, die gemeinsame spanische Sprache,die auch eine Weltsprache geworden sei, zu verachten,während sie die Verbreitung des Englischen förderten.Deutschen Besuchern, die nur Spanisch sprächen, würdensie auf Katalanisch antworten. Und Galicien, so betont Me-néndez Pidal, der selbst aus dieser Region stammte, sei im-mer Teil des Königreiches León gewesen. Das Baskenlandsei immer Teil des Königreiches Asturien oder Kastilien ge-wesen, sehe man von der kurzen Periode ab, in der es TeilNavarras gewesen sei. Katalonien existierte nicht einmalunter diesem Namen, bevor es sich mit Aragón vereinte:„Es hat keinen einzelnen Augenblick der Geschichte alleinexistiert!“

Menéndez Pidal beendet seinen Beitrag mit einer drin-genden Empfehlung: „Das gesamtspanische Bewußtseindurch die Schulerziehung zu fördern, ist unter uns derzeitaufgrund der Kurzsichtigkeit der Regionen für den weitennationalen Horizont absolut unmöglich geworden. Es han-delt sich aber um eine unaufgebbare Mission: Denn darinstehe nichts weniger als die Konsolidierung oder der Zu-sammenbruch der ‚spanischen Nation‘ auf dem Spiel, dienun wackelt, um sich in einen bloßen Staat zu verwan-deln.“11

Beim Lesen dieser Worte, die bereits 1931 geschriebenwurden, hat man den Eindruck, dass wir seitdem nichtviel klüger geworden sind. Denn im heutigen Spanien ge-hört es unter den Nationalisten und im linken Lager zumguten Ton, das Wort „Spanien“ oder „spanische Nation“nicht zu verwenden, sondern euphemistisch von „diesemLand“ (este país) oder dem „Staat“ (estado) zu sprechen.

Der unitäre Charakter der spanischen Nation wirdheute von denjenigen vertreten, die den liberalen Impulsder ersten spanischen Verfassung von 1812 (Spanien als Na-tion freier und gleichberechtigter Bürger) für grundlegendhalten und retten wollen.

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3. Die Separatisten

Es wäre zu einfach, wollte man den modernen baskischenNationalismus bloß als Reaktion auf die sprachliche undkulturelle Zwangsassimilation (eine Pervertierung desstaatsnationalen Ideals) durch den extremen spanischenUnitarismus – besonders im 19. Jahrhundert und in derFrancozeit – erklären. Vielmehr verkörpert der baskischeNationalismus das Nationenverständnis der Separatistenauf der Grundlage der „Wir-Sie-Dialektik“ eines Ethnona-tionalismus, der dem Nationverständnis des alttestamen-tarischen israelitischen Exodus Hohn spricht. Drei Perver-tierungen dieser Art sollen mit Zitaten aus dem Werk vonSabino Arana (1865–1903), dem Begründer des modernenbaskischen Nationalismus, dokumentiert werden.

3.1 Ein Volk, ein Land, ein Staat

In seinem Artikel „Die Pseudo-Zivilisatoren“12 kritisiertArana vordergründig den Kolonialismus, „die EroberungAmerikas durch die Spanier und all die anderen Eroberun-gen, die die weiße Rasse zustande gebracht hat“. Die heu-tige Propaganda der baskischen Nationalisten bezieht sichauf diesen Artikel, um eine vermeintliche Solidarität Ara-nas mit allen Ureinwohnern und Opfern des Kolonialis-mus der Geschichte zu betonen. Die wahre Absicht desBeitrags besteht aber darin, ein völkerrechtliches Prinzipzu postulieren, das zu den Grundüberzeugungen modernerEthnonationalisten gehört: Die Erde wurde in der Vorzeitunter verschiedenen Völkern aufgeteilt, und jedes sollte inseinem Lebensraum verweilen, ohne die Grenzen zu über-schreiten. So heißt es wörtlich bei Arana: „Wie viel Friedengäbe es auf Erden, wenn jedes Volk ein unwiderrufliches‚Non plus ultra‘ annehmen würde – nicht ein materiell be-dingtes oder eines, das wie das iberische auf einem geogra-

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phischen Irrtum beruhte (gemeint sind die Säulen des He-rakles, mit denen in der Antike die Straße von Gibraltarals ‚Non plus ultra‘ der damaligen Welt bezeichnet wurde),sondern ein moralisches und völkerrechtliches.“ Aranaspielt hier darauf an, dass die Weltgeschichte im Allgemei-nen und die spanische Geschichte im Besonderen seit derTat des Kolumbus 1492 im Zeichen des „Plus ultra“ stün-den, und gerade diese Losung ziere seit Karl V. das spa-nische Wappen! Arana vergisst allerdings, dass Basken alsKonquistadoren, Händler, Missionare und Kronbeamte anprominenter Stelle am spanischen „Plus ultra“ beteiligtwaren.

Aus der Gleichung „ein Volk ein Land“ folgt dann fürArana auch das Recht, einen unabhängigen Staat zu bilden,denn das sei der natürliche Prozess der Weltgeschichte. Ha-ben aber nicht gerade die Vielvölkerreiche die Welt-geschichte wesentlich geprägt? Man stelle sich den Laufder Weltgeschichte vor, wenn es keine Völkerwanderungund keine Völkervermischung gegeben hätte oder wenn je-des Völkchen einen unabhängigen Staat bildete!

3.2 Ein ethnische, auf Aussonderung und Differenz aus-gerichtete Verständnis des Baskischen

Aranas Artikel „Sind wir Spanier?“13 und „Sie und wir“14

sind durchzogen von unüberbrückbaren Gegensätzen: demWir-Gefühl der Basken und dem der Spanier. Die Basken,so Arana, sind keine Spanier: weder durch die „Rasse“(heute würde man eher politisch korrekt von Ethnie spre-chen) noch durch die Sprache, weder durch die Gesetzenoch durch die Geschichte. Es genüge hier, das ethnischeund das historische Argument vorzustellen.

Die baskische Rasse wird beschrieben als ein jungfräuli-cher Urwald, eine Insel inmitten der Menschheit, dennman habe bisher keine deutliche Verbindungslinie zu ande-

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ren Völkern, weder denen des Nordens noch denen des Sü-dens, weder denen des Ostens noch denen des Westens, ge-funden. Die Basken seien die „Ureinwohner“ der iberi-schen Halbinsel, ja sogar West- und Südeuropas undNordafrikas; im Übrigen hätten sie ihre Reinheit bewahrt,während die Spanier ein römisch-gotisch-arabisches Völ-kergemisch mit phönizischen, griechischen und karthagi-schen Einflüssen seien, die daher mit den Ureinwohnern,also den Basken, nichts gemeinsam hätten. Hier stehenalso die Basken als reinrassige Ureinwohner und die Spa-nier als mehrmals vermischte unreine Invasoren einandergegenüber. Die logische Schlussfolgerung ist, wie Aranaausdrücklich betont, dass ein baskisches Kind, das in Ma-dagaskar oder Dahomey geboren werde, genauso baskischsei, wie wenn es im Baskenland geboren worden wäre,während ein im Baskenland geborenes Kind von Spaniernethnisch niemals ein Baske sein kann.

Die Geschichte wird zum Mythos gemacht und als Wegvon der ursprünglichen Freiheit zur babylonischen Gefan-genschaft unter spanischer Fremdherrschaft und von dieserzur wieder gewonnenen Freiheit mit der anvisierten Unab-hängigkeit von Spanien verstanden. Die Basken, die im Ge-gensatz zu den Spaniern von keinem Volk (weder von denRömern, noch von den Westgoten oder den Arabern) unter-worfen werden konnten, verlieren demnach ihre Freiheiterst im 14. Jahrhundert, als in Folge der Heiratspolitik derkastilischen Könige der Herr von Biskaya den kastilischenThron erbte, „und seit diesem verdammten Datum ist derKönig von Spanien immer auch Herr von Biskaya gewe-sen“, wobei ein sprachlich-kultureller Assimilationsdruckstattgefunden habe und der baskische Geist „vom tödli-chen Virus des Spanientums“ angesteckt worden sei, ge-nauso wie der größere Stern den kleineren in seine Bahnzieht. So hätten sich die einflussreichen baskischen Ge-schlechter hispanisieren lassen und die baskische Identität

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nach und nach zerstört. Ende des 19. Jahrhunderts gehe esnun darum, sich entweder mit der Auflösung der baski-schen Identität abzufinden oder alles Spanische zu hassen –Spanien wird in der besten Tradition der Schwarzen Le-gende und des Kreolismus eines Simón Bolívar „die perver-seste Nation Europas“ genannt15 –, um das unterscheidendBaskische wieder zu beleben.

3.3 Ein ethnisches und kulturelles Vermischungsverbot

Bezeichnend hierfür ist Aranas Artikel „Die Wirkungen derInvasion“16, der das Zusammenleben der Kinder der baski-schen Nation mit denen der spanischen aufgrund der großenArbeitermigration im Schatten der Industrialisierung Bil-baos um 1900 für das größte Übel des Baskenlandes hält,schlimmer noch als das Absterben der Sprache, das Verges-sen der Geschichte, der Verlust der baskischen Institutionenoder die politische Versklavung. Denn das Zusammenlebenmit den Spaniern – so Arana – schleuse die liberalen Lasterein und zerstöre die kerngesunde baskische Gesellschaftselbst. Der Anlass für den Artikel ist, dass bei einem Dorf-fest weibliche und männliche spanische Einwanderer ihreMusik gespielt und dazu unter Körperberührung getanzt ha-ben, während sich Frauen und Männer bei den baskischenVolkstänzen nicht berühren. Der Konflikt eskalierte, alssich ein baskischer Jesuit ob dieses „Sittenverfalls“ aufdem Dorfplatz geißelte und von den spanischen Einwan-derern verspottet wurde. Für Arana ist dieses Ereignis einSymbol für den Kampf zwischen der fremden Einwanderer-kultur und der einheimischen baskischen Kultur.

Einige Stellen dieses Artikels sollen zitiert werden, dasie vor dem Hintergrund des heutigen ethnisch-nationalis-tischen Diskurses sehr aufschlussreich sind. So heißt es:

„… und in die Scholle der baskischen Familie dringt diespanische unter dem Titel einer Freundin ein, aus der

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Freundin wird dann eine Verwandte und mit der Vertrau-ensseligkeit, die Freundschaft und Verwandtschaft we-cken, kommuniziert nun ihr Verstand ohne Mißtrauen,ihre Herzen teilen sich gegenseitig mit, ihre Geister wer-den aufeinander eingestimmt; und die verirrte Urteils-kraft [d. h. die spanische] obsiegt und erstickt den gutensittlichen Geschmack, die Bosheit erstickt die Güte, derIrrtum die Wahrheit, das Sittenverderbnis die Reinheit,die Niedertracht die Würde, das Laster die Tugend, dasBöse das Gute; und so schlägt das Böse sein Lager in un-seren Siedlungen auf und beginnt von dort aus seinen un-aufhaltsamen Eroberungszug; … die baskische Familienun, belagert und eingeengt durch die stürmische Invasi-on, sieht, wie alle ihre Kinder in diesem unsittlichenSturmwind umkommen; nur noch die Gipfel ihrerhöchsten Berge, Wiege unserer Rasse, sind von der all-gemeinen Sturmflut frei. … Für den Menschen gibt esnur eine wichtige Sache: die Rettung seiner Seele. …Die baskische Gesellschaft, verbrüdert und vermischtmit dem spanischen Volk, das den Verstand und die Her-zen ihrer Kinder verdirbt und ihre Seelen tötet, befindetsich also entfernt von ihrem letzten Zweck; sie ist dabei,ihre Kinder zu verlieren und gegen Gott zu sündigen. …Die materielle Einwanderung des spanischen Volkes insBaskenland könnte in der Tat keinen oder nur einen ge-ringen sittlichen Schaden hervorrufen, wenn der Spaniernicht als Mitbürger und Bruder, sondern als Fremderempfangen worden wäre. Wenn das Baskenland unab-hängig wäre, würden wenige Spanier hierher einwan-dern; und diejenigen, die es dennoch täten, müßten esals Fremde tun; im Hinblick auf jene gesellschaftlichenBeziehungen, die den stärksten Einfluß auf die Weiter-gabe des moralischen Charakters haben, nämlich im re-ligiösen Kult, im Vereinswesen, in der schulischen Erzie-hung, in den Sitten, in der Freundschaft und im täglichen

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Umgang wären sie als Fremde von den Einheimischenimmer streng getrennt. … Es ist also ganz und gar klar,daß der Baske seinen letzten Zweck nicht oder nur sehrschwer erreichen kann und daß auch die baskische Ge-sellschaft ihren Zweck nicht erreichen kann, noch un-sere Rasse sich retten kann, solange sie Spanien unter-worfen ist. Ein von Spanien abhängiges Baskenlandkann sich nicht nach dem Willen Gottes richten, eskann praktisch nicht katholisch sein. … So täuschensich also jene katholischen Basken, die das Baskenlanddurch die Vereinigung mit Spanien retten wollen. Dennbei ihrem Zusammenleben mit der spanischen verliertdie baskische Gesellschaft ihre Seele: Man muß sieheute im Rahmen des Möglichen isolieren, um ihre Glie-der zu retten; zur Rettung ihrer künftigen Glieder wirdman sie morgen mittels der politischen Unabhängigkeitganz und gar isolieren müssen. … Gibt es denn eine soedle und heilige Sache wie die unsere? Gibt es eine ande-re, deren Sieg der katholische Baske erhoffen darf? Gottwill, daß wir dieser Sache dienen, und was Gott will, istniemals sinnlos oder unmöglich. … Unser Klerus unddie Ordensgemeinschaften, die sich in unserem Landniedergelassen haben, sollen – um Gottes willen! – unse-ren Mühen und unseren Taten nicht entgegenwirken. Siesollen ernsthaft darüber nachdenken; dann werden sieauch verstehen, daß das Zusammenleben zwischen dembaskischen und dem spanischen Volk jenes verdirbt unddass sie also die unumgängliche Pflicht haben, dies wennmöglich zu unterbinden. … Sie sollen dieser verderb-lichen Ansteckung das Wasser graben. Es geht darum,Seelen zu retten: Die unserer Volksbrüder sind dabei zusterben. … Der Schrei nach Unabhängigkeit hat sichnur wegen Gott erhoben!“

Der baskische Unabhängigkeitskampf wird hier – gleichdem Exodus im Alten Testament – „als „heiliger Krieg“ ge-

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schildert. Das Zitat spiegelt ein blankes ethnisch-nationa-les Gedankengut wider und offenbart den pseudoreligiösenCharakter des baskischen Nationalismus, wobei es uner-heblich ist, ob dieser von der extremen nationalistischenLinken unter Kontrolle der Terrororganisation „ETA“ odervon den so genannten gemäßigten „Christdemokraten“ des„Partido Nacionalista Vasco“ vertreten wird. Juan JoséIbarretxe, der aus dieser Partei kommende „Lehendakari“oder Präsident der autonomen Regierung, scheut sichnicht, als Argument für die Unabhängigkeitsbestrebungendie 7000-jährige (sic) Geschichte des baskischen Volkes an-zuführen, womit er letztlich wieder einmal und allen an-ders lautenden Beteuerungen zum Trotz beweist, dass erund seine „christdemokratische“ Partei der ethnischenKulturnation und der Mythenbildung näher stehen als derpolitischen Staatsnation und der Geschichtswissenschaft.

Auch für die „neue Rechte“ der Ethnopluralisten17 istdie Welt bewohnt von Völkern, die ethnisch und kulturellvoneinander verschieden sind, und zwar aufgrund der gene-tischen und der lebensräumlichen Prägungen. Jedes Volkhabe demnach seinen eigenen „Lebensraum“ und seineneigenen „Volksgeist“, den es gegen Eindringlinge – undseien sie, wie die Arbeitsmigranten, in friedlicher Absichtgekommen, um zu arbeiten und ihr elementares Men-schenrecht auf Verbesserung ihrer Lebenschancen wahrzu-nehmen – verteidigen müsse. Für die Ethnopluralisten sinddie Wanderungsbewegungen das große Übel der Welt-geschichte, da sie früher oder später alles vermischten. „Je-der in seinem Land und Gott sei mit allen“, ist die Deviseder Ethnopluralisten, wobei dieser Gott – dies muss deut-lich gesagt werden – nicht mehr der christliche Gott wäre,sondern der heidnische Gott von „Blut-und-Boden“ odervielleicht auch der alte, eifersüchtige Sturmgott Jahwe.

Die Ethnopluralisten wollen also nicht das Zusammen-leben verschiedener Kulturen und Religionen in einer Ge-

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sellschaft, sondern die klare Trennung der Kulturen undReligionen auf dem Planeten Erde, um eine gegenseitigeAnsteckung zu vermeiden. Und dort, wo dieses Zusam-menleben durch die Dynamik der Weltgeschichte bereitsunvermeidlich geworden ist, soll es mindestens durchApartheid-Gesetze geregelt werden.

Es ist schon sehr merkwürdig, dass die von Arana erson-nene Regelung der Trennung zwischen den Basken und denSpaniern oder den „Fremden“ an die Judengesetze des mit-telalterlichen Orbis christianus erinnert. Ein Gesetz ausdem spanischen Codex Siete Partidas aus der zweitenHälfte des 13. Jahrhunderts mag dies beleuchten. Dortheißt es z. B.: „Wir befehlen, daß kein Jude es wage, einenChristen oder eine Christin als Hausknecht oder -magd zuunterhalten, wobei die Juden sie auf ihren Gütern außer-halb des Hauses beschäftigen oder auch als Schutzpersonenmitnehmen dürfen, wenn sie sich zwecks Reisen auf einenunsicheren Weg begeben müssen. Ebenfalls befehlen wir,daß kein Christ und keine Christin es wage, einen Judenoder eine Jüdin bei sich einzuladen; auch sollen sie sichvon ihnen nicht zum gemeinsamen Essen und Trinken ein-laden lassen, ja, nicht einmal einen Wein trinken, der ausder Hand von Juden stammt. Wir befehlen außerdem, daßkein Jude es wage, mit Christen zusammen zu baden.“18

4. Die Föderalisten bzw. Konföderalisten

Der katalanische Nationalismus ist kein ethnisch-kultu-reller, sondern ein kultureller, der auf linguistischer Assi-milation basiert. Ein Katalane ist, wer „Katalanisch“spricht. Der jetzige Präsident Kataloniens, José Montilla,ist z. B. ein Einwanderer aus Andalusien, der sich allerdingswie ein Konvertit zur Sprache und Kultur Kataloniens be-kennt. Auch wenn der ethnische Segregationismus fehlt,

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ist der (friedliche) Separatismus bei manchen politischenGruppierungen Kataloniens (ERC) stark ausgeprägt. Sieträumen mittelfristig von der Unabhängigkeit Kataloniensund verbreiten gegenüber Spanien das Ende der „afectio so-cietatis“. Am meisten verbreitet ist aber der politische Irre-dentismus in der Form eines (kon-)föderalen Nationalis-mus, für den Spanien keine Nation, sondern höchstenseine „Nation aus Nationen“ und so ein souveräner Staataus souveränen Staaten ist, während Katalonien eindeutigMerkmale einer Nation aufweise. Das Ziel der gemäßigtenNationalisten ist also die Verwandlung Spaniens nach hel-vetischem Modell in eine Art „Confœderatio hispanica“.So das Idearium der Begründer des politischen katala-nischen Nationalismus Antoni Rovira i Virgili (1882–1949)und Enric Prat de la Riba (1870–1917). Letzterer schreibt:„Die Schlußfolgerung der ganzen hier dargelegten Doktrinist die Beanspruchung eines katalanischen Staates in einerföderativen Einheit mit den anderen spanischen Nationali-täten. Aus der Tatsache der katalanischen Nationalität er-gibt sich das Recht zur Gründung eines eigenen Staates, ei-nes Katalanischen Staates. Aus der Tatsache der jetzigenpolitischen Einheit Spaniens, aus der Tatsache des jahrhun-dertealten Zusammenlebens verschiedener Völker, ergibtsich ein Einheitselement, ein Gemeinschaft stiftendes Ele-ment, das die vereinten Völker zu erhalten und zu festigenhaben.“19 Rovira i Virgili hat einen Vorschlag für die jewei-ligen Kompetenzen des partikularen Staates und der Föde-ration ausgearbeitet. Demnach blieben dieser praktisch nurAußenpolitik und Verteidigung vorbehalten.20

Die (kon-)föderative Idee zur Lösung der spanischenFrage wird nicht nur von katalanischen Nationalisten ver-treten, sondern auch von kastilischen, wie etwa dem Sozia-listen Anselmo Carretero (1908–2002), der großen Einflussauf den jetzigen Ministerpräsidenten José Luis RodríguezZapatero ausgeübt hat. Für ihn besteht Spanien aus 16 Na-

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tionen, Portugal eingeschlossen, weil die „IberischeUnion“ ein alter Traum iberischer Föderalisten sei.21 Neu-erdings hat sich auch der portugiesische Literaturnobel-preisträger José Saramago für die Verwirklichung diesesTraums ausgesprochen, wofür er vor allem in seiner Heimatscharfe Kritik einstecken musste. Im Schatten der Diskus-sionen um das neue Autonomiestatut für Katalonien 2005erhielt die Idee Spaniens als „Nation aus Nationen“ neueBrisanz, nachdem Ministerpräsident Zapatero öffentlich zubedenken gab, dass „Nation“ ein strittiger und diskussions-würdiger Begriff sei.22

Das moderne katalanische Konzept für Spanien als „Na-tion aus Nationen“ wird vor allem im Buch von FernandoDomínguez García, Más allá de la nación. La idea deEspaña como „Nación de Naciones“ vertreten. Demnachdürfe der Nationalcharakter Spaniens nicht mit dem Kata-loniens unverträglich sein und umgekehrt. Aber der Autorgeht noch weiter und verrät, wie weit er dem katalanischenNationalismus eines Prat de la Riba oder eines Rovira i Vir-gili entgegen kommt: Es geht ihm nicht nur darum, wieMenéndez Pidal 1931 Katalonien als Kulturnation zu be-trachten, die Teil der politischen Nation Spaniens wäre;vielmehr wird Katalonien als politische Nation (als souve-räner Staat) gesehen, die Teil einer größeren politischenNation wäre, so wie Spanien Teil der EU ist. Von hierwäre der Weg nicht weit zur Umwandlung Spaniens ineine „Confœderatio hispanica“, in der die Bestandteile desGanzen in sich „souveräne“ Staaten sind, die mit Madrid(und Brüssel) auf bilateraler Ebene verhandeln.

Dieses katalanische (kon-)föderative Konzept hat aucheine lebhafte Kritik erfahren, nicht nur seitens derjenigenPolitiker aus allen Lagern, die im Sinne der ersten moder-nen Verfassung von 1812 Spanien als gemeinsame politi-sche Nation freier und gleichberechtigter Bürger betrach-ten, sondern auch seitens besorgter Politikwissenschaftler

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und Historiker, die eine gefährliche Fragmentarisierungdes Staates befürchten. Sie betonen, dass die GeschichteSpaniens mit der österreichisch-ungarischen Monarchie,der Schweiz oder Jugoslawien nicht vergleichbar ist. Fürdiese Kritiker ist die Behauptung, dass Spanien eine Nationaus Nationen sei, eine reine Fiktion und eine Geschichts-klitterung. Die jetzige Verfassung mit der Betonung des ei-nen spanischen Volkes als Träger der Souveränität sowieeiner Zentralregierung mit der Aufteilung des Territoriumsin autonome Gemeinschaften entspricht der spanischenGeschichte am Besten. Denn diese ist seit dem Mittelalterzwar durch Verschiedenheit geprägt, aber auch durch Ein-heit und gemeinsame Suche nach dem Verbindenden sowiedurch das Bewusstsein, dass nur Spanien eine politischeNation sei. Man müsse nun die Kompetenzen der Zentral-regierung und der Autonomen Gemeinschaften ein für alleMal so regeln, dass Spanien dabei als „Nationalstaat“ mitföderativen Elementen klar definiert und die peripherenNationalismen ihre Sprengkraft verlieren. Doch unter denheute gegebenen Umständen mit der scharfen Polarisie-rung unter den zwei gesamtspanischen Volksparteienbleibt dies nur ein frommer Wunsch.

5. Die Laizisten

In Art. 16 hält die Verfassung von 1978 fest, dass keine Kon-fession oder Religion staatlichen Charakter haben soll, dassalso der Staat das moderne Prinzip religiöser Neutralität res-pektiert. Diese Feststellung ist wichtig, weil unter Francodie Allianz von Thron und Altar wieder belebt wurde unddie katholische Konfession Staatsreligion war. Darüber hi-naus heißt es in der Verfassung, dass die öffentliche Handdie Gewissensfreiheit garantiert und die Glaubensformender spanischen Gesellschaft berücksichtigt sowie mit allen

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Konfessionen, besonders aber mit der Katholischen Kirche,die entsprechenden Beziehungen guter Zusammenarbeitpflegen wird. Dies ist wiederum wichtig, weil die Verfas-sung der II. Republik von 1931 eher von einem militanten,kulturkämpferischen Laizismus geprägt war, der sich vor al-lem gegen die Katholische Kirche richtete. Darüber hinaushält die Verfassung von 1978 in Art. 27 (3) fest, dass die öf-fentliche Hand das Recht der Eltern auf eine religiöse undsittliche Erziehung garantiert, die sich in Einklang mit de-ren eigenen Überzeugungen befindet – dass also die öffent-lichen Schulen keine moralische Indoktrination betreibendürfen. Die Verfassung von 1978 verbindet Trennung, Neu-tralität und Kooperation miteinander. Sie trägt dem Ge-wicht der katholischen Kirche in Spaniens Geschichte undGegenwart Rechnung, ohne die anderen Konfessionen undReligionen zu diskriminieren. Sie atmet den Geist einer „ge-sunden Laizität“, wie sie auch von der Katholischen Kircheseit dem II. Vatikanum (1962–1965) vertreten wird. Sie istaber heute unter den Laizisten umstritten. Der SozialistGregorio Peces-Barba, einer der Väter der Verfassung von1978 und Parlamentspräsident unter der ersten sozialisti-schen Regierung von Felipe González (1982–1986), hält un-terdessen die ausdrückliche Nennung der Katholischen Kir-che in der Verfassung für einen Fehler.23

Der heutige Laizismus will nicht mehr die KatholischeKirche mit brutalem Antiklerikalismus offen verfolgen; erbegnügt sich mit der Beschränkung ihres Wirkungs-bereichs in der Öffentlichkeit mit gezielten Gesetzen undmit Hilfe der Massenmedien. Dem spanischen Laizismusgeht es letztendlich um die kulturelle und ethische Hege-monie. Aber Laizismus ist nicht gleich Laizismus. Wäh-rend Izquierda Unida (IU), die Partei der Kommunistenund linken Ökologisten, einen antiklerikalen „Laizismusder Exklusion“ der Christen befürwortet, ringen in der so-zialistischen Arbeiterpartei (PSOE) zwei Tendenzen mit-

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einander: Auf der einen Seite stehen diejenigen, die einen„inklusiven Laizismus“ vertreten und Christentum undReligion in das sozialistische Projekt integrieren möchten;auf der anderen Seite finden sich die Befürworter eines„Laizismus der Neutralisierung“ des religiösen Phäno-mens.24 Unter dem Vorwand, dass sich die Gesellschaft inden letzten Jahren durch Migration, religiöse und ethischePluralisierung radikal verändert hat, plädieren Letztere fürein Laizitäts-Statut, das die sorgfältige Trennung von Staatund Kirche/Religion im öffentlichen Raum regeln soll, so-wie für ein neues Gesetz über die Religionsfreiheit.

Gerade diese Tendenz scheint sich derzeit in der PSOEdurchzusetzen, wie aus dem Manifest „Verfassung, Laizitätund staatsbürgerliche Erziehung“ (Constitución, laicidad yeducación para la ciudadanía) zu entnehmen ist, das die So-zialisten anlässlich des 28. Jahrestags der Verfassung von1978 am 6. Dezember 2006 verabschiedet haben.25 Der Wegzum militanten, nicht zum inklusiven Laizismus, ist darindeutlich gezeichnet. Denn es bringt die Verfassung von 1978mit der von 1931 in Zusammenhang, wobei beide Verfas-sungen als „höchster historischer Ausdruck des Willensdes spanischen Volkes zur Demokratie“ bezeichnet werden;im Übrigen ist das Manifest von einer Hermeneutik des Ver-dachts gegenüber dem Phänomen der Religion geprägt, dielediglich in ihrem „fundamentalistischen Potential“ wahr-genommen wird. So heißt es z. B.: „Die monotheistischenoder religiösen Fundamentalismen schaffen Grenzen unterden Bürgern. Die Laizität ist der Raum der Integration.Ohne Laizität gäbe es keine neuen Bürgerrechte, und einigeErrungenschaften der Freiheit, wie die freiwillige Unterbre-chung der Schwangerschaft oder die Ehe unter gleich-geschlechtlichen Personen, wären noch vom Zivilrecht ge-ahndet.“ Die Laizität wird verstanden als „der idealeRahmen und die Garantie der Gewissensfreiheit“ bzw. als„Voraussetzung für die Freiheit und die Gleichheit“.

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Das Verfassungsjubiläum ist lediglich der Vorwand fürdieses Manifest. Dessen wahre Absicht besteht darin, dieEinführung des neuen Pflichtfaches „staatsbürgerliche Er-ziehung“ („Educación para la ciudadanía“) ab dem Schul-jahr 2008/09 zu einer „laizistischen“ Uminterpretationder Verfassung angesichts der religiösen Pluralisierung derGesellschaft zu benutzen. Der Text sagt nämlich, dass dieVerfassung mit der Neustrukturierung des Staates in „Au-tonome Gemeinschaften“ der territorialen Vielfalt des plu-ralen Spanien Rechnung trägt, dass aber unterdessen eineneue Form von Vielfalt eingetreten sei, die geregelt werdenmüsse, nämlich die Vielfalt, die sich aus der Verwandlungder spanischen Gesellschaft in Folge von Migrationen ineine „multikulturelle und plurireligiöse Gesellschaft“ er-gibt, eine Vielfalt, die danach verlange, eine neue Basis fürdie freie und plurale Ausübung des Rechtes auf Gewissens-freiheit aller Bürger zu finden. Diese Basis soll also die Lai-zität sein, die als einzige „die Konvivenz zwischen denKulturen, Ideen und Religionen garantiert – ohne Unter-ordnung oder Vorrangstellung von Glaubensformen“. DasZiel des neuen Schulfaches, das im Wesentlichen von die-ser Laizität geprägt sein soll, bestehe darin, „freie und ak-tive Gewissen zu bilden, die mit dem minimalen ethischenVerfassungskern übereinstimmen“, d. h. „mit dem Bündelvon Werten, die als Identitätsmerkmale des sozialen unddemokratischen Rechtstaats gelten: Freiheit, Gerechtig-keit, Pluralismus, Menschenwürde und Grundrechte“.Was mit diesen wohlklingenden Worten gemeint ist, hatdie sozialistische Partei bei ihrem 37. Kongress vom 4. bis6. Juli 2008 verdeutlicht. In den Beschlüssen wird fest-gehalten, dass Spanien für ein besseres Zusammenleben„mehr Laizität“ braucht.26

Darunter wird vor allem das Zurückdrängen des Einflus-ses der Katholischen Kirche in der Öffentlichkeit verstan-den sowie eine Aushöhlung von Art. 16 (3) der Verfassung,

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der ausdrücklich von den besonderen Beziehungen der Zu-sammenarbeit zwischen dem Staat und der KatholischenKirche spricht. Intendiert wird nämlich eine Reform desGesetzes über die Religionsfreiheit von 1980 mit dem aus-drücklichen Ziel, die konfessionellen Privilegien (d. h. dieVereinbarungen von 3. Januar 1979 zwischen dem spa-nischen Staat und dem Heiligen Stuhl)27 sowie die religiö-sen und liturgischen (d. h. katholischen) Symbole im öf-fentlichen Raum und bei den Staatsakten (katholischeStaatsbegräbnisse, Bibel beim Amtseid u. a.) abzuschaffen.

Eine größere Verdeutlichung der Stoßrichtung gegen dieKatholische Kirche gewinnt das Vorhaben der Sozialistenin den Büchern und Schriften über Laizität, die ihr nahestehende Rechtsphilosophen, Theologen und Staatskir-chenrechtler verfasst haben.28 Es genüge hier, das jüngsteManifest von Gregorio Peces-Barba ausführlich zu zitieren.

Nachdem er der Katholischen Kirche insgesamt – nichtnur den spanischen Bischöfen – eine Verneigung der positi-ven Werte der Moderne und trotz der KonzilskonstitutionGaudium et spes (1965) eine prinzipielle Unverträglichkeitmit der Demokratie vorgehalten hat, postuliert er mit einemrhetorischen Feuerwerk ein laizistisches „Non possumus“:

„Wir können nicht die Grundlagen unserer Konvivenzvergessen: die Toleranz, die Freiheit, die Gleichheit, denRespekt des individuellen Gewissens, den sozialen Vertrag,das Verfassungsprinzip, die Gewaltentrennung oder dieMenschenrechte, welche die Kirche im 19. Jahrhundertund fast bis in unsere Zeit hinein abgelehnt hat (…).

Wir können nicht akzeptieren, dass die Kirche der ethi-sche Leuchturm sei, um ‚diese Gesellschaften ohne Moralund Orientierung‘ zu erleuchten; auch nicht, daß sie eindepositum letzter Wahrheiten hütet, die als Bedingung derMöglichkeit von Demokratie gelten.

Wir können die Ablehnung der Laizität auch nicht ak-zeptieren. Denn diese stellt das Wesen moderner Demokra-

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Page 24: Geschichtsbilder in Europa - · PDF filebei den antiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Großreichbildungen erkennbar ist und auf Assimilation ausgerichtetist, liegtderAmerikanischen

tie dar und garantiert die Gleichbehandlung aller Bürger.Wir können die Anwesenheit religiöser Symbole nicht ak-zeptieren, die andere Religionen diskriminieren (…).

Wir können nicht akzeptieren, daß ethische Fragen be-treffend die Ehe, die familiären Beziehungen, die wissen-schaftliche Forschung, oder die Art und Weise, wie mandas unwürdige Leben von unheilbar Kranken beendenkann, von der Kirche entschieden werden.

Wir können nicht akzeptieren, daß ausgehend von einerWahrheit, die wie eine dogmatische Waffe gehandhabtwird, der Freiheit und dem Pluralismus Grenzen gesetztwerden; auch nicht, daß eine Wirklichkeit, die seit derWiedererlangung des Lichtes durch die Menschen in derAufklärung, letzte Quelle der individuellen Selbstbestim-mung und der Demokratie, solide historische Wurzelnhat, des Relativismus bezichtigt wird.

Wir können die These von der katholischen Wesensprä-gung der nationalen Identität nicht akzeptieren; auchnicht, daß Bürger und Gläubige miteinander verwechseltwerden (…)

Wir können schließlich die Haltung der Kirche gegen-über der Demokratie, die sie niemals als das einzig legi-time politische Regime anerkannt hat, nicht akzeptieren;auch nicht die Betrachtung des Relativismus als ein mora-lisches Übel, denn er ist Ausdruck der Gewissensfreiheitund des Respektes der Selbstbestimmung, in der die Men-schenwürde besteht. Non possumus! Wir können das allesnicht akzeptieren, wenn wir uns Respekt verschaffen wol-len.“29

Die konservative Volkspartei schweigt eher darüber –nicht zuletzt weil diese Partei, anders als die deutschenParteien CDU und CSU keine klassische christdemokrati-sche Partei ist, sondern eher ein Konglomerat aus Christde-mokraten, Konservativen und Liberalen. Eine intellektu-elle Debatte, wie das Gespräch zwischen Jürgen Habermas

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und Kardinal Joseph Ratzinger in München 200430 über dieDialektik der Säkularisierung und die ethischen Grund-lagen der Demokratie gemäß dem bekannten Diktum vonErnst-Wolfgang Böckenförde, wonach der freiheitliche, sä-kularisierte Staat von normativen Voraussetzungen lebt,„die er selbst nicht garantieren kann“,31 fehlt in Spanien;doch bemühen sich einige Theologen und Kirchenleute ineiner Flut von Literatur um eine Klärung des Begriffs der„gesunden Laizität“. Auch Stimmen aus dem Ausland ver-schaffen sich dabei Gehör. So präsentierte der venezia-nische Patriarch, Kardinal Angelo Scola, am 8. November2007 in Madrid die spanische Übersetzung seines WerkesUna nueva laicidad. Temas para una sociedad plural (Ma-drid 2007). Er hielt dabei fest, dass der laikale Staat nichtmit Gleichgültigkeit gegenüber den Religionen und Kultu-ren zu verwechseln sei. Vor allem könne dieser gegenüberden Werten der vorherrschenden Tradition, die ihn his-torisch geprägt hat, nicht gleichgültig bleiben, wie die all-gemeine Verfassungsgeschichte im Übrigen zeige.

Besonderer Aufmerksamkeit erfreut sich die kritischeund schnelle Antwort, die Fernando Sebastián Aguilar, der-zeit em. Erzbischof von Pamplona und seit etwa 40 Jahrender beste theologische Kopf im spanischen Episkopat, aufdas oben erwähnte Manifest der sozialistischen Parteivom 6. Dezember 2006 gegeben hat.32

Er weist darauf hin, dass in diesem sozialistischen Ma-nifest von 2008 jene gesunde Laizität, die als positive reli-giöse Neutralität des Staates verstanden und von der Ka-tholischen Kirche akzeptiert wird, mit einem militantenLaizismus verwechselt wird, der im religiösen Pluralismusnur eine Gefahr für die Demokratie sieht und so durch eine„verarmte und entstellte Sicht des religiösen Phänomens“geprägt ist. Man scheine vorauszusetzen, dass die Religio-nen keine gemeinsamen sittlichen Überzeugungen lehrenkönnen, die das Zusammenleben der Menschen im religiö-

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sen Pluralismus begründen können, sondern dass sie eherQuelle der Intoleranz und der Gefahren für das friedlicheZusammenleben sind. Eine solche Sicht werde zumindestdem Selbstverständnis der Katholischen Kirche nach demZweiten Vatikanischen Konzil sowie deren Rolle in derspanischen Gesellschaft seit 1971 nicht gerecht (das wardie Zeit, in der die Bischofskonferenz begann, sich immerkritischer über den Franco-Staat zu äußern und die demo-kratischen Bestrebungen der Gesellschaft zu fördern33). Da-rüber hinaus sei fraglich, ob der Anspruch auf moralischeGewissensbildung, den das Manifest und das neue Schul-fach erheben, mit der Verfassung von 1978 (Art. 27 [3]) kon-form sei. Alles in allem vermutet Sebastián Aguilar, dassdie sozialistische Partei mit einem solchen Manifest eheran die Verfassung von 1931 denn an die von 1978 anknüp-fen möchte.

Auf alle Fälle wäre die Art und Weise, wie in diesem Ma-nifest oder in den Beschlüssen des 37. Kongresses vom 4.bis 6. Juli 2008 über Religion und Laizität gesprochen wird,vielleicht in laizistisch geprägten Teilen des frankophonenEuropa verständlich, nicht jedoch im übrigen Europa. Sostellt dieses Laizitäts-Konzept wiederum einen spanischenSonderfall dar bzw. ein Beispiel dafür, dass Teile der spa-nischen Linken noch kein „Zweites Vatikanisches Konzil“und auch noch kein „Bad Godesberg“ gehabt haben. Ob dieBefürworter eines radikalen Laizismus sich in der sozialis-tischen Partei durchsetzen werden, steht freilich noch aus.In der Partei sind auch viele besonnene Katholiken enga-giert, die einen „inklusiven Laizismus“ vertreten und dieKirche im Dorf lassen wollen. Und auch der Madrider Kar-dinal und neue Präsident der spanischen Bischofskon-ferenz, Antonio María Rouco, hat gleich nach seiner Wahlim März 2008 der Regierung „Zusammenarbeit“ für dasGemeinwohl signalisiert.34 Beide Seiten täten gut daran,sich um eine sachliche, entideologisierte und selbstkriti-

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sche Annäherung zu bemühen. Der Kirche würde es nüt-zen, weil sie auch in der modernen spanischen Gesell-schaft mit Andersdenkenden wenig duldsam war;35 auchfür die Sozialisten wäre dies von Vorteil, weil die Verdrän-gung religiöser Symbole aus dem öffentlichen Raum in ei-nem Land, in dem der Katholizismus „Kultur“ gewordenist, ein riskantes Unternehmen ist. Daher konnte ein deut-scher Beobachter nicht ohne Ironie schreiben: „Zwei Bür-germeister aus Nordspanien etwa hatten darauf gedrängt,nicht von religiösen Symbolen im öffentlichen ‚Raum‘,sondern in öffentlichen ‚Gebäuden‘ zu sprechen: Sie woll-ten an den Prozessionen in Lugo und Santiago de Compos-tela teilnehmen, die im Freien stattfinden, und rettetensich mit der Spitzfindigkeit davor, in Widerspruch zur Par-teidoktrin zu geraten. Die katalanischen Sozialisten kündi-gen sogar an, die Messe der Regionalregierung zum St.Georgstag wie üblich zelebrieren zu wollen.“36

6. Ausblick

Die Vehemenz und Ideologielastigkeit, die in den spa-nischen Debatten über Religion und Nation oft zu Tage tre-ten, können als emotionale Reaktion auf die anachronisti-sche Art verstanden werden, mit der das Franco-Regimedas Nationalgefühl und die Sprache der Basken und Katala-nen unterdrückte und den Katholizismus zur Staatsreli-gion erhob. Aber wäre es nun – 30 Jahre nach der demokra-tischen Verfassung von 1978 mit ihrer Aufteilung Spaniensin Autonome Gemeinschaften und der Definition dieserals Teile der einen spanischen Nation, „dem gemeinsamenund untrennbaren Vaterland aller Spanier“, (Art. 2), einerVerfassung, die die konfessionelle Neutralität des Staatesdeklariert und gleichzeitig die Rolle und Bedeutung der Ka-tholischen Kirche in Geschichte und Gegenwart (Art. 16)

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anerkennt – nicht an der Zeit, auch die Pathologien des Na-tionalismus und des Laizismus zu überwinden?

Auch der periphere Nationalismus lebt in Spanien ausMythen: „Im Nationalismus ist alles eine Lüge – selbstdie Vergangenheit. Alles ist falsch, außer den Zielen: ferneMorgenröten, die von der Identifikation mit dem unter-drückten Volk ausgehen und eine Sprache der Auferste-hung sprechen.“37 Zu den Mythen gehört die Erfindung ei-ner zurechtgelegten Vergangenheit, die lediglich nur derLegitimierung gegenwärtiger Ansprüche dient. Eine pro-minente Rolle spielt dabei die Mär von der einstigen Größeund Unabhängigkeit, die eines Tages durch Kastilien bzw.die spanische Monarchie vereitelt worden sei. Diese Kas-tilienphobie wurde von den Nationalisten auch und geradeauf die Franco-Zeit projiziert, wobei die Unterdrückungdurch das diktatorische Regime zu einer Frage des Verhält-nisses von Zentrum und Peripherie gemacht wurde. Dem-nach wurde das Franco-Regime von Kastilien, d. h. demkastilisch sprechenden Spanien durchgesetzt, so, „als obder Bürgerkrieg ein Konflikt zwischen Regionen, nicht zwi-schen Ideologien gewesen wäre“38. Solche Ideologien hat-ten auch im Baskenland und in Katalonien die Gesellschaftgespalten, wo Franco nicht wenige Anhänger hatte. Keingeringerer als der im Exil lebende liberale Denker undStaatsmann Salvador de Madariaga hat diese Mär entlarvt,als er 1959 in einem Brief an den Präsidenten der baski-schen Exilregierung, José Antonio Aguirre, schrieb:

„Oft wird das Regime als Unterdrücker der Freiheitenim Baskenland und in Katalonien vorgestellt, und manschreibt diese Unterdrückung Spanien oder Madrid zu.Diese Form von Reden, Schreiben und Denken stellteine große Ungerechtigkeit gegenüber den nicht-baski-schen und nicht-katalanischen Spaniern dar, vor allemgegenüber Madrid. Was uns alle unterdrückt, ist ein in-toleranter, reaktionärer, antiliberaler Aspekt Spaniens,

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den man aber nicht in irgendeinem Teil unserer Geogra-phie situieren kann. (…) Mehr noch: dieses Regime kammit der devoten und sogar heroischen Hilfe der Navarre-sen zustande, es wird von einem Galicier gelenkt, vonden Bankiers aus dem Baskenland und aus Katalonienunterstützt; und unter den Politikern und Diplomatenfinden sich vor allem Basken und Katalanen.“39

Die jetzige Lage in Spanien ist ernst, sehr ernst. Sie ist ge-prägt vom Extremismus der zentrifugalen und separatisti-schen Nationalisten, die einen „Aufstand des Partikularis-mus“ bewusst betreiben und dazu eine legitimierendeVergangenheit ad hoc erfinden. Spanien ist heute noch mitdem gleichen Problem konfrontiert, die ihm auch in denletzten 200 Jahren begegneten: „Die Grenzen der Dezentra-lisierung zu definieren, die Spanien als Idee vertragenkann.“40

Ein Hoffnungsschimmer ist, dass immer mehr Men-schen in allen Lagern, auch außerhalb der politischen Par-teien, einsehen, wohin die zentrifugale und separatistischeDynamik der Nationalismen führt. Sie schlagen die Bil-dung einer „Großen Koalition“ der beiden nationalenVolksparteien zwecks Verfassungsreform vor. Das Ziel die-ser Reform wäre vor allem, die Kompetenzen der Zentral-regierung und der Autonomieregierungen so zu regeln,dass Spanien als moderner Nationalstaat freier und gleich-berechtigter Bürger weiterhin bestehen kann. Es sollen dieGleichheit aller Spanier, auch in der Erziehung, sowie derGebrauch des Spanischen als gemeinsamer und offiziellerSprache des Staates garantiert werden, ohne deswegen dieRegionalsprachen zu benachteiligen. Intendiert wird aberauch eine Reform des Wahlrechts, das derzeit die kleinenParteien der Nationalisten als Mehrheitsbeschaffer oderZünglein an der Waage favorisiert.

Gewiss, eine Nation ist, wie Ernest Renan sagte, „eintägliches Plebiszit“. Warum ein solches Plebiszit in Öster-

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reich, Deutschland oder der Schweiz gelingt, dagegen in ei-nem Land mit der geopolitischen, religiösen und kulturel-len Kohäsion Spaniens nicht möglich ist, sollte uns nach-denklich stimmen: Die politischen Parteien und diepolitische Klasse sollten sich fragen, warum viele Spanierden Eindruck haben, dass sie sich des Staates als klientelis-tischem Netzwerk bedienen und dabei die Vertreter des„anderen Spanien“ ideologisch verachten, statt sich – inder besten Tradition der Schule von Salamanca – als zeitli-che Verwalter öffentlicher Ämter mit der Verpflichtung zurFörderung des Gemeinwohls zu verstehen; im Übrigensollte nicht von der klassischen demokratischen Regel ab-gewichen werden, in den wichtigen Fragen des Gemeinwe-sens den Konsens mit der wichtigsten Oppositionsparteiunter Hintanstellung ideologischer Positionen zu suchen.Die Katholische Kirche, die immer noch die religiöse Insti-tution ist, zu der sich die Mehrheit der Spanier bekenntund die darüber hinaus das historische Werden Spanienswesentlich mitgeprägt hat, sollte sich fragen, warum ihrePrälaten und Theologen nicht immer den Mut haben, denpseudoreligiösen Charakter der Nationalismen aller Artzu kritisieren, die früher oder später zu einer Karikatur desJudentums und des jüdischen Volkes führen könnten. Aberebenso sollte sich die Kirche fragen, warum eine sachliche,entideologisierte Diskussion über Laizität, die Dialektikder Säkularisierung und die ethischen und kulturellenGrundlagen der Demokratie in Spanien kaum möglich ist;offenbar spielen hier die Gedankenmuster Klerikalismusversus Antiklerikalismus immer noch eine wichtige Rolle.Die Intellektuellen sollten sich fragen, warum in vielenLehrbüchern für Schulen und Hochschulen die GeschichteSpaniens nationalistisch verfälscht und der Hass aufSpanien – d. h. auf den „Rest“ des Landes ohne Baskenland,Katalonien oder Galicien – mit der „Erfindung“ einerneuen Geschichte nach dem Geschmack der Nationalisten

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verbreitet wird – wie nicht zuletzt auch von seriösen aus-ländischen Historikern wie John H. Elliott und Stanley G.Payne u. a. kritisch angemerkt wird.

Mit der Verfassung von 1812 stieg in Spanien aus derAsche des Ancien régime der moderne Nationenbegriff derFranzösischen Revolution auf: Die Nation versteht sichdemnach als eine politische Gemeinschaft aus „freien undgleichberechtigten Bürgern“, die sich in einem Staat orga-nisiert. Seitdem hat man in Spanien – nach schmerzlichenErfahrungen – die konfessionellen und die ideologischenPathologien weitgehend überwunden, auch wenn in der po-litischen oder intellektuellen Auseinandersetzung immernoch Restbestände zu beobachten sind: Der Katholizismusist nicht mehr Staatsreligion, und Spanien ist heute auchkein Monopol mehr der konservativen und liberalen Par-teien. Vielmehr bietet es Platz für eine Vielzahl modernerGruppierungen und Bewegungen, die das parlamentarischeSystem akzeptieren. Die Pathologien des Nationalismusund des Laizismus, die immer wieder durchscheinen, müs-sen freilich noch überwunden werden. Wir brauchen eine„kritische Vernunft“, die den pseudoreligiösen Charakternationalistischer und betont laizistischer Geschichtsbilderentlarven und gegen diese stärker opponieren.

Anmerkungen1 Vgl. u. a. Urs Altermatt: Das Fanal von Sarajevo. Ethnonationa-lismus in Europa, Zürich 1966, S. 29ff.2 Vgl. hierzu Gabriel M. Ott: Frühe politische Ordnungsmodelle,München 1970.3 Wolfhart Pannenberg: Systematische Theologie. Bd. 3, Göttin-gen 1993, S. 528, 539–563. Vgl. Ders.: Die Bestimmung des Men-schen. Menschsein, Erwählung und Geschichte, Göttingen 1978.4 Vgl. Emerich K. Francis: Ethnos und Demos, Berlin 1965.5 La constitución española de 1978, Madrid 1982, S. 228f.6 Vgl. u. a. Mariano Delgado: De la importancia de llamar a las cosaspor su nombre, in: ABC (Madrid) vom 15. November 2005, S. 58.

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7 Jesús Laínz: „Adiós España“. Verdad y mentira de los nacionalis-mos, Madrid 2004, S. 605.8 Vgl. Horst Pietschmann: Staat und staatliche Entwicklung amBeginn der spanischen Kolonisation Amerikas, Münster 1980, S.51.9 Luis Suárez Fernández: Nación española, in: ABC vom 16. Au-gust, 2007, S. 3; vgl. auch Ders.: España. Primera forma de Estado,in: España. Reflexiones sobre el ser de España (Real Academia de laHistoria), Madrid 1997, S. 131–150.10 Vgl. dazu Mariano Delgado: Religion und Nation in den „zweiSpanien“. Der Kampf um die nationale Identität 1812–1980, in: UrsAltermatt / Franziska Metzger (Hg.): Religion und Nation. Ka-tholizismen im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts, Stuttgart2007, S. 51–68.11 Ramón Menéndez Pidal: Sobre España como nación, in: El Solvom 27. August 1931; vgl. auch Ders.: Sobre la nación española.Respuesta a Rovira Vigili, in: El Sol vom 6. September 1931.12 Sabino Arana Goiri: Obras completas, Bayonne 1965, S.181–186; vgl. auch: www.sabinetxea.org/libro/libro/4.html#1.13 Arana Goiri: Obras completas (wie Anm. 12); vgl. auch:www.sabinetxea.org/libro/libro/3.html#1.14 Arana Goiri: Obras completas (wie Anm. 12), S. 560–563; vgl.auch: www.sabinetxea.org/libro/libro/9.html#1.15 Arana Goiri: Obras completas (wie Anm. 12), S. 560. ZurSchwarzen Legende, wenngleich ohne Bezug auf den baskischenNationalismus vgl. neuerdings: Wolfgang Reinhard: „Eine so bar-barische Nation wie diese“. Die Konstruktion der Alterität Spa-niens durch die Leyenda Negra und ihr Nutzen für allerhand Iden-titäten, in: Hans-Joachim Gehrke (Hg.): Geschichtsbilder undGründungsmythen, Würzburg 2001, S. 159–177.16 Arana Goiri: Obras completas (wie Anm. 12), S. 1326–1337;vgl. auch: www.sabinetxea.org/libro/libro/12.html#1. Zum eth-nischen und pseudoreligiösen Charakter des baskischen Nationa-lismus vgl. Juan Aranzadi: Mileramismo vasco. Edad de oro, etniay nativismo, Madrid 22000; Mikel Azurmendi: La herida patrióti-ca, Madrid 1998; Ders.: Y se limpie aquella tierra. Limpieza étnicay de sangre en el País Vasco (siglos XVI–XVIII), Madrid 2000; JoséMaría Calleja: Arriba Euskadi!, Madrid 2001; Javier Corcuera:La patria de los vascos, Madrid 2001; Antonio Elorza: Sabino Ara-

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na. El nacionalismo como religión, in: Historia 20 (1995),S. 44–55;Ders.: Un pueblo escogido, Madrid 2001; Jon Juaristi: El linaje deAitor. La invención de la tradición vasca, Madrid 21998; Ders.: Elbucle melancólico. Historias de nacionalistas vascos, Madrid 1997;Peter Waldmann: Ethnischer Radikalismus. Ursachen und Folgengewaltsamer Minderheitenkonflikte am Beispiel des Baskenlan-des, Nordirlands und Quebecs, Opladen 1989.17 Zur Ideologie der neuen Rechten vgl. Alain de Benoist: Wir unddie anderen, Berlin 2008.18 Las Siete Partidas del Sabio Rey don Alonso el Nono, nueva-mente glosadas por el Licenciado Gregorio López del Consejo Realde Indias de su Magestad, Salamanca 1555 (Nachdruck: 3 Bde. Ma-drid 2004), S. 7f., 24.19 Enric Prat de la Riba: La nacionalitat catalana, Barcelona 1978,S. 105. Hervorhebung im Zitat.20 Antoni Rovira i Virgili: Nacionalisme i federalisme, Barcelona1982, 204–207.21 Anselmo Carretero, Las nacionalidades españolas, San Sebas-tián 1977; Ders.: Los pueblos de España, (11980) Barcelona 1992.22 Vgl. zu der Diskussion: Laínz: Adiós España (wie Anm. 7); Ders.:La nación falsificada, Madrid 2006; Ders.: España desquiciada.Apuntes sobre el desastre nacional, Madrid 2007; Gustavo Bueno:España no es un mito. Claves para una defensa razonada, Madrid2005; Fernando Domínguez García: Más allá de la nación. Laidea de España como „Nación de Naciones“, Barcelona 2006; Fun-dació Rafael Campalans (Hg.): La idea de España como „Naciónde Naciones“, Barcelona 2006; Anna María García Rovira: Espa-ña: ¿Nación de Naciones?, Madrid 2002; Real Academia de laHistoria: España como nación, Barcelona 2000; Ciriaco MorónArroyo: España: ¿Nación de Naciones?, in: El Mundo vom 2. Fe-bruar 2006; Carlos Seco Serrano: España, nación de naciones, in:Cuadernos de información económica, 113/114 (1996), S. 129–138(auch in: Real Academia de la Historia, España. Reflexiones so-bre el ser de España, Madrid 1998, S. 315–329); Carme Valls Llo-bet / Michael Donaldson (Hg.): Hacia una España plural, social yfederal, Barcelona 2005; Francisco Sosa Wagner / Igor Sosa Mayor:El estado fragmentado. Modelo austro-húngaro y brote de nacionesen España, Madrid 2006; César Alonso de los Ríos: Yo digo Espa-ña. Contra la disolución nacional alentada por la izquierda, Madrid2006; Ignacio Sotelo: A vueltas con España, Madrid 2006; Sebas-

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tián Balfour / Alejandro Quiroga: The Reinvention of Spain. Na-tion and Identity since Democracy, Oxford 2007; José Luis Abellán:Hacia otra España, Madrid 2006; Luis Moreno: La federalizaciónde España. Poder político y territorio, Madrid 2008; Andrés deBlas Guerrero: Escritos sobre nacionalismo, Madrid 2008; HelenaBéjar: La dejación de España. Nacionalismo, desencanto y per-tenencia, Buenos Aires/Madrid 2008.23 Vgl. Paul Ingendaay: Beter und Arbeiter. Spaniens Sozialistenwollen nicht mit der Kirche brechen, in: Frankfurter AllgemeineZeitung vom 14. Juli 2008.24 Vgl. Rafael Díaz-Salazar: España laica. Ciudadanía plural yconvivencia nacional, Madrid 2007, 141–149; vgl. auch J. Lorenzo:Miembros del PSOE apuestan por una „Laicidad incluyente“, in:Vida Nueva, Nr. 2557 vom 10. März 2007, 14; Carlos García deAndoin: Más laicidad para una mejor convivencia, in: Vida Nueva,Nr. 2621 vom 12. Juli 2008, 20; Manuel Alvarez Tardío: La iz-quierda española y la libertad religiosa, in: La Ilustración Liberal.Revista Española y Americana 1, Nr. 15 (Madrid 1999) 87–99.25 Vgl. den Text in der offiziellen Homepage der PSOE: http://www.psoe.es/ambito/brunete/news/index.do?action=view&id=99149(Stand vom 20. August 2008).26 Vgl. den Text in der offiziellen Homepage der PSOE: http://www.psoe.es/ambito/saladeprensa/docs/index.do?action=View&id=205507. (Stand vom 20. August 2008).27 Diese Vereinbarungen betreffen den juristischen Status der Kir-che mit der Garantie der Freiheit, die sie zur Erfüllung ihrer Auf-gabe braucht; die Rolle der Kirche im Erziehungssektor und im kul-turellen Bereich mit der Garantie der Religionsfreiheit und desRespekts der christlichen Werte in den öffentlichen Schulen undEinrichtungen; die Finanzfragen mit dem mittelfristigen Ziel,dass die Kirche sich aus den Beiträgen ihrer Mitglieder selbst finan-ziert und mit der Garantie, dass der Staat in der Zwischenzeit dieKirche weiterhin finanziell unterstützen wird; schließlich der Ver-trag über die Militärseelsorge. Vgl. diese Vereinbarungen in deut-scher Übersetzung in: Mariano Delgado: Spanien, in: ErwinGatz (Hg.): Kirche und Katholizismus seit 1945, Bd. 3: Italien undSpanien, Paderborn u. a. 2005, S. 154–175.28 Vgl. vor allem Dionisio Llamazares Fernández (Hrsg.): Liber-tad de conciencia y laicidad en las instituciones y servicios públi-cos, Madrid 2005; José María Contreras Mazarío: Estatuto de lai-

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cidad y acuerdos con la Santa Sede. Dos cuestiones a debate, Ma-drid 2005; Gustavo Suárez Pertierra: La ley orgánica de LibertadReligiosa, 25 años después, in: La nueva realidad religiosa española(Anm. 6), 45–58; Victorino Mayoral Cortés: Libertad religiosa ylaicidad: los límites del modelo, in: La nueva realidad religiosaespañola: 25 años de la Ley Orgánica de Libertad Religiosa, Madrid2006, 243–273; Juan-José Tamayo: Estado laico, ¿misión imposi-ble?, in: El País vom 9. Dezember 2006; Ders.: Un funeral civil porlas víctimas de Barajas, in: El País vom 8. September 2008; vgl. auchdas seit 2000 im Auftrag des Departamento de Derecho Eclesiás-tico del Estado der Universidad Complutense erscheinende Jahr-buch Laicidad y Libertades. Escritos Jurídicos, Madrid 2000ff.29 Gregorio Peces-Barba: Versión laica del „non possumus“, in: ElPaís vom 15. August 2008.30 Vgl. Jürgen Habermas / Joseph Ratzinger: Dialektik der Säkula-risierung. Über Vernunft und Religion, hg. von Florian Schuller,Freiburg i. Br. 52006.31 Ernst-Wolfgang Böckenförde, Die Entstehung des Staates als Vor-gang der Säkularisation, in: Ders.: Recht, Staat, Freiheit. Studien zurRechtsphilosophie, Staatstheorie und Verfassungsgeschichte, Frank-furt/M. 21992, S. 112.32 Vgl. Text in der offiziellen Homepage der spanischen Bischofs-konferenz: http://www.conferenciaepiscopal.es/obispos/autores/sebastianaguilar/11.htm. (Stand vom 20. August 2008).33 Vgl. dazu Delgado: Spanien (wie Anm. 27), S. 107–175.34 Vgl. Vida Nueva, Nr. 2604 vom 8. März 2008, S. 12–14.35 Das belegt z. B. die leidvolle Geschichte der „Zivilfriedhöfe“ fürAndersdenkende in Spanien. Vgl. dazu José Jiménez Lozano: Loscementerios civiles y la heterodoxia española, Barcelona 2008.36 Vgl. Ingendaay: Beter und Arbeiter (wie Anm. 23).37 Fernando García de Cortázar: No existe patria donde hay tira-nía, in: ABC vom 22. Oktober 2007, 3. Vgl. auch Laínz: AdiósEspaña (wie Anm. 7), S. 833.38 Laínz: Adiós España (wie Anm. 7), S. 284.39 Laínz: Adiós España (wie Anm. 7), S. 289.40 García de Cortázar, No existe patria (wie Anm. 37).

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