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Grenzen und Potenziale des Alter(n)s
Dr. Jörg Hinner
Ein Beitrag zur Veranstaltung
"Zuhause wohnen, auch ohne Umbau“,
am 22.04.2015 in Groß-Gerau
Geschichtliche Einbettung
Matilda Riley (1911-2004)
Verbreitete Fehlinterpretationen und Fehlschlüsse traditioneller Alter(n)sforschung:
Lebenslauffehlschluss („life-course fallacy“): aus Unterschieden zwischen Altersgruppen wird auf den Verlauf von individuellen Alternsprozessen geschlossen
Kohortenzentristische Fehlschluss („fallacy of cohort centrism“): von Alternsprozessen in einer Kohorte wird auf Alternsprozesse in allen Kohorten geschlossen
Verdinglichung des Alters („fallacy of age-reification“): das chronologische Alter wird als eine im Lebenslauf kausal wirkende Variable behandelt
Verdinglichung historischer Wandels („fallacy of reifying historical time“): historischer Wandel wird als eine kausal wirkende Variable behandelt
Strukturelle Diskrepanz
Matilda Riley (1911-2004)
80
40
20
1920 1960 1980 2000 20201940
Zeit (Geschichte)
Alte
r (Ja
hre)
60
Geschichtliche Einbettung
Karl Mannheim (1893-1947)
Fünf Grundphänomene, die „allein aus der bloßenTatsache des Vorhandenseins von Generationenfolgen“.
(1) das stete Neueinsetzen neuer Kulturträger(2) der stete Abgang früherer Kulturträger(3) die Tatsache, dass die Träger eines jeweiligen
Generationszusammenhangs nur an einem zeitlich begrenzten Abschnitt des Geschichtsprozesses partizipieren
(4) die Notwendigkeit des steten Tradierens der akkumulierten Kulturgüter
(5) die Kontinuierlichkeit des Generationswechsels
Mannheim (1964, S. 530)
Generationenbegriff
Karl Mannheim (1893-1947)
„Durch die Zugehörigkeit zu einer Generation, zu ein und demselben ‚Geburtenjahrgange’ ist man im historischen Strome des gesellschaftlichen Geschehens verwandt gelagert …“
Die spezifische Art der Lagerung schränkt einerseits die Möglichkeiten des Erlebens, Denkens, Fühlens und Handelns ein, andererseits eröffnet sie spezifische Perspektiven auf Gesellschaft. In diesem Sinne spricht Mannheim von einer „einer jeden Lagerung inhärierenden Tendenz“.
Mannheim (1964, S. 527)
Bevölkerungspyramide
Bevölkerungsprognose Baden-Württemberg
Wichtige Demographische Kennzahlen
Altern als heterochrone biosoziale Dynamik
Erfahrungswissen
Entwicklung von Fähigkeiten
Dobmann/Tschanz 2005, 42
Potenzielle Stärken älterer Mitarbeiter erkennen
• Erprobte kommunikative Fertigkeiten
• Lebens- und Arbeitserfahrung erleichtern Überblick über komplexe Sachverhalte
• Verstärkte Fähigkeit, eigene Möglichkeiten und Grenzen abzuschätzen und Entscheidungen abzusichern
• Mehr Sicherheit im Arbeitsalltag: Persönliche Arbeitserleichterungen und Handlungssicherheit durch Erfahrungswissen
• Stärker werdendes Bedürfnis nach Selbstverantwortung und Mitverantwortung
Ergebnisse arbeitspsychologischer und –soziologischer Forschung
Unternehmenspotenziale für die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit älterer Mitarbeiter erkennen
Ergebnisse aus Untersuchungen von Ilmarinen
Gesundes Altern
Entwicklungspsychologie der Lebensspanne – Theoretische Leitsätze
Paul Baltes (1939-2006)
Lebenslange Entwicklung
Multidimensionalität und Multidirektionalität
Entwicklung als Gewinn und Verlust
Plastizität
Geschichtliche Einbettung
Kontextualismus
_____________________
Interindividuelle Unterschiede
Menschen als Agenten eigener Entwicklung
Die Grundarchitektur des menschlichen Lebensverlaufs: Drei Prinzipien
Implikationen der Gesamtarchitektur:
Intelligenzentwicklung
Implikationen der Gesamtarchitektur: Intelligenzentwicklung
Zwei-Faktoren-Modell der Intelligenz
Fluide IntelligenzBiologische Komponente der kognitiven
Leistungsfähigkeit (Geschwindigkeit, Gedächtnisabruf, Problemlösen)
Kristalline IntelligenzKulturelle Dimension der intellektuellen Entwicklung
(Wissen, erworbene Fähigkeiten)
Zwei-Faktoren-Modell der Intelligenz
Lebensalter
Leist
ung „kristallisierte“ Leistung
„flüssige“ Leistung
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Sekretärinnen-Studie
Nachweis, dass ältere Sekretärinnen im Vergleich zu jüngeren zwar signifikant schlechtere Leistungen hinsichtlich der Anschläge je definierter Zeiteinheit erbringen, dass ihre Gesamtleistung – ebenfalls in einem definierten Zeitabschnitt – jedoch die gleiche Güte aufweist wie jene der jüngeren Sekretärinnen.
Erklärung: Besserer Überblick der älteren Sekretärinnen über weite Manuskriptteile, also auf Expertise, die im Laufe der Berufstätigkeit ausgebildet wurde.
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Bisherige Kooperationsprojekte
• ELMA (Bosch GmbH)
• CLARA (Deutsche Bahn AG)
• AVITA (Stadt Heidelberg)
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Studiendesign
Anzahl der Teilnehmer251
Alter der Teilnehmer 45 – 63 Jahre (Durchschnittsalter 49 J.)
Interventionsdauer 12 Wochen
Dauer einer „Gesundheitsschicht“ 6 Stunden
Teilnehmer pro Gruppe 15 - 20
Messzeitpunkte 3
Alle Bildungsschichten waren vertreten
Gesundheitsrelevante Informationen
1. Stress und Stressbewältigung
2. Ernährung
3. Schicht- und Wechseldienst
4. Altersbilder
5. Schlaf
6. Prävention und Gesundheitsförderung
Kognitives Training
Inhibition
Kapazität des Arbeitsgedächtnisses
Konzentrationsfähigkeit
Zielvariablen
Akzentuierung basaler kognitiver Prozesse in der Intervention
Inhalte des Kognitiven Trainings
• Training spezieller Strategien zu kognitiven Fähigkeiten, z.B.- Wahrnehmungsgeschwindigkeit- Räumliche Wahrnehmung- Regel erkennen
• Informationen zu Intelligenz bzw. -veränderungen im Altern
• Typischer Ablauf einer Sitzung:- Kurze Einführung zum Thema der Stunde- Präsentation von Aufgaben- Lösung der Aufgaben jeweils individuell- Ausführliche Gruppendiskussion der Lösungen und Lösungsstrategien
Aufklärung, Selbstversuch, Gruppendiskussion
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Inhalte des Kognitiven Trainings
• Intelligenz und Alter• Konzentrationsfähigkeit• Schlussfolgerndes Denken• Gedächtnis und Gedächtnisstrategien• Räumliches Vorstellungsvermögen• Aufmerksamkeit• Sprachverständnis
28
Effektstärken Kognition
t1 t2 t30
0.2
0.4
0.6
0.8
1
1.2
InhibitionArbeitsgedächtnisKonzentrationsfähigkeit
Sport-motorische Intervention
Steigerung der Ausdauer und Koordination
Erlernen von Kraft-, Dehn- und Koordinationsübungen
Erlernen einer Entspannungstechnik
Steigerung der Effektivität der kognitiven Intervention
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Neue Gymnastikerkenntnisse Bessere Koordination Besseres Gleichgewicht Höhere Muskelbelastung Ausgewogene Belastung
Subjektive Bewertung
Risikofaktorenreduktion Lebensstilveränderung Differenziertes
Altersbild Höheres
Selbstvertrauen Gesundheit
beeinflussen
Schnelleres Denken Höhere Merkfähigkeit Höhere geistige Flexibilität Bessere Konzentration Begeisternd; Spaßfaktor Verbesserungen zwischen
Prä- und Post-Tests
SportmotorischesTraining
Gesundheitsrelevante Informationen
Kognitives Training
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Summeneffekte
Summeneffekte der Komponenten (nach Aussage der Teilnehmer/innen)
Höhere Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber
Höheres Selbstvertrauen
Höhere Leistungsmotivation
Verbesserungen in der Qualität und Häufigkeit innerbetrieblicher Sozialkontakte Sportmotorisches
Training
Gesundheitsrelevante Informationen
Kognitives Training
• Optimiertes Gesundheitsverhalten• Erhöhte Arbeitsmotivation auf
allen Personalebenen• Optimiertes Selbstkonzept
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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Praktisches Beispiel
Mentale Rotation
Lösung
1: A2: B
Geschlechtsunterschiede bei mentaler Rotation
Erste Studien zur mentalen Rotationsforschung (Shepard und Metzler, 1971) zeigten bereits Geschlechtsunterschiede:
• Frauen zeigten durchschnittlich längere Reaktionszeitenals Männer. Dies galt sowohl bei mentalen Rotationsaufgaben mit dreidimensionalen als auch mitzweidimensionalen Objekten.
• Unterschied zwischen den Geschlechtern deutlicher undkonsistenter bei dreidimensionalen Stimulusmaterialien(Hirsch et al.,2003; Roberts & Bell, 2003).
Mentale Rotation
Erklärung von Unterschieden:
• Umwelt-und genetische Faktoren
• Wahl unterschiedlich effektiver Strategien:Nach Jordon et al. (2002):– Frauen wählen schrittweisen, analytischen Ver-/Bearbeitungsprozess, Männer hingegen einen holistischen
• Einige Studien zeigen nur geringe oder gar keineUnterschiede zwischen den Geschlechtern hinsichtlichder Reaktionszeiten