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W er bisher damit rechnete, für eine Gretsch horrende Preise bezahlen müssen, könnte angesichts der neuen, in Indonesien gefertigten Streamliner-Serie reflexhaft zur Brieftasche greifen, denn die bei- den hier vorgestellten Modelle sind für einen Straßenpreis von circa 500 Euro erhältlich. G2622 Die 2622 atmet dabei den Geist der guten al- ten Zeit. Der Double-Cutaway-Body besteht aus laminiertem Ahorn, genau wie Boden und Decke, die beide gewölbt sind. Der ein- geleimte Hals wurde aus Nato gefertigt. Im Korpus ist ein Center-Block aus Fichte verbaut. Das Ganze wurde in einem edlen Dunkelrot lackiert. Dazu passt die Hardware ausgezeichnet, von der Adjust-o-Matic-Bridge bis zum V-förmigen Tailpiece und den bern- steinfarbenen Potiknöpfen. Als Pick- ups kommen die speziell für die Stream- liner-Serie neu entwickelten Broad’Tron- Humbucker zum Einsatz, die darauf aus- gelegt sind, satten Output und fette Sounds Richtung Amp zu feuern. Das macht neugierig, denn na- türlich sind Gretsch-Gitarren nicht nur im Rockabilly sehr beliebt, sondern auch bei Bands wie den Ärzten oder Metallica immer mal wieder als Geheimwaffe im Studio mit dabei. Mit 9,1 be- ziehungs- weise 7,8 kOhm ver- sprechen die beiden Teile ei- niges an Power. Gesteuert werden sie über einen Dreiweg- schalter, ein Tone- sowie drei Volume-Potis (je eines für jeden Pickup und ein Master-Volume schräg unter dem Hals- Pickup). Zum edlen Look passt die tadellose Ver- arbeitung, denn die G2622 war direkt nach dem Auspacken spielbereit. Die Saitenlage ist angenehm niedrig eingestellt, und die Intona- tion passte perfekt. Akustisch tönt die 2622 kraftvoll und prä- zise, mit schneller Ansprache und ausgegli- chenem, langem Sustain. Perkussives Spiel auf den tiefen Saiten kommt prägnant und kräftig, Singlenotes und Akkorde auf den höheren Saiten brillant, mit einer leicht nasalen Note. Vor dem Amp weiß das rote Schmuckstück mit cleanen Sounds sofort zu überzeugen, denn egal in welcher Pickup-Stellung: Die Töne perlen nur so vom Griffbrett. Zu hören ist eine sehr knackige, direkte Ansprache, und nach dem ersten, perkussiven Puls klingen die Noten wunderbar aus. Dieser Sound eignet sich ideal für Country oder Knopfler-mäßiges Spiel, aber auch für Arrangements von Alt- meister Chet Atkins. Wer es jazziger mag oder eher mit Akkord- spiel beschäftigt ist, wird die Mischung beider Pickups oder auch den Hals-Humbucker allein zu schätzen wissen, denn hier wird der Sound glasiger, sanfter und ideal geeignet für zu- rückhaltendes Akkordspiel, ob nun mit Fin- gern oder dem Pick. Über das Tone-Poti oder das Mischen der beiden Pickups kann der Klang mit Leichtigkeit in Richtung George Benson verschoben werden, auch wenn dafür dickere Flatwound-Saiten die bessere Wahl wären. Auch in der Kategorie „verzerrte Sounds“ kann die 2622 überzeugen, denn diese Tonab- nehmer haben echt Zunder! Bissig, druckvoll, und satt. Auch mit dem Gain-Potential eines moderneren High-Gain-Amps kommt die Gitarre klar, selbst wenn bei hoher Lautstärke und viel Gain Mikrophonie auftritt. Natürlich ist sie weniger für Djent-Sounds geeignet, aber von Crunch bis zur Solozerre Gretsch G2622 & G2420T Gretschs Geheimwaffen Die Zeiten stehen schlecht: Die Wähler (Publikum) wünschen ro- ckige Sounds und stylische Optik. Die Finanzgremien (Bankberater, Lebensgefährten) wollen die schwarze Null. Was tun? Man wendet sich an Gitarrenminister Gretsch-Mann, und beim Blick aufs Preis- schild scheint die Wirtschaftslage auch in Zukunft stabil … C Christopher Przybilla 110 GUITAR-DREAMS e-gitarre 6/16 © PPVMEDIEN 2016

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Page 1: Gretsch G2622 & G2420T - musik- · PDF fileW erGretsch bisher damit rechnete, für eine horrende Preise bezahlen müssen, könnte angesichts der neuen, in Indonesien gefertigten Streamliner-Serie

Wer bisher damit rechnete, für eine Gretsch horrende Preise bezahlen müssen, könnte angesichts der neuen, in Indonesien gefertigten Streamliner-Serie reflexhaft zur Brieftasche greifen, denn die bei-den hier vorgestellten Modelle sind für einen Straßenpreis von

circa 500 Euro erhältlich.

G2622Die 2622 atmet dabei den Geist der guten al-ten Zeit. Der Double-Cutaway-Body besteht aus laminiertem Ahorn, genau wie Boden und Decke, die beide gewölbt sind. Der ein-geleimte Hals wurde aus Nato gefertigt. Im

Korpus ist ein Center-Block aus Fichte verbaut. Das Ganze wurde in einem edlen Dunkelrot lackiert. Dazu passt die Hardware ausgezeichnet, von der Adjust-o-Matic-Bridge bis zum V-förmigen Tailpiece und den bern-

steinfarbenen Potiknöpfen. Als Pick-ups kommen die speziell für die Stream-

liner-Serie neu entwickelten Broad’Tron-Humbucker zum Einsatz, die darauf aus-

gelegt sind, satten Output und fette Sounds Richtung Amp zu feuern.

Das macht neugierig, denn na-türlich sind Gretsch-Gitarren nicht nur im Rockabilly sehr beliebt, sondern auch bei Bands wie den Ärzten oder Metallica immer mal wieder als Geheimwaffe im Studio mit dabei.

Mit 9,1 be-z i ehungs-weise 7,8 kOhm ver-sprechen die

beiden Teile ei-niges an Power. Gesteuert

werden sie über einen Dreiweg-schalter, ein Tone- sowie drei

Volume-Potis (je eines für jeden Pickup und ein Master-Volume schräg unter dem Hals-Pickup).

Zum edlen Look passt die tadellose Ver-arbeitung, denn die G2622 war direkt nach dem Auspacken spielbereit. Die Saitenlage ist angenehm niedrig eingestellt, und die Intona-tion passte perfekt.

Akustisch tönt die 2622 kraftvoll und prä-zise, mit schneller Ansprache und ausgegli-chenem, langem Sustain. Perkussives Spiel auf den tiefen Saiten kommt prägnant und kräftig, Singlenotes und Akkorde auf den höheren Saiten brillant, mit einer leicht nasalen Note.

Vor dem Amp weiß das rote Schmuckstück mit cleanen Sounds sofort zu überzeugen, denn egal in welcher Pickup-Stellung: Die Töne perlen nur so vom Griffbrett. Zu hören ist eine sehr knackige, direkte Ansprache, und nach dem ersten, perkussiven Puls klingen die Noten wunderbar aus. Dieser Sound eignet sich ideal für Country oder Knopfler-mäßiges Spiel, aber auch für Arrangements von Alt-meister Chet Atkins.

Wer es jazziger mag oder eher mit Akkord-spiel beschäftigt ist, wird die Mischung beider Pickups oder auch den Hals-Humbucker allein zu schätzen wissen, denn hier wird der Sound glasiger, sanfter und ideal geeignet für zu-rückhaltendes Akkordspiel, ob nun mit Fin-gern oder dem Pick. Über das Tone-Poti oder das Mischen der beiden Pickups kann der Klang mit Leichtigkeit in Richtung George

Benson verschoben werden, auch wenn dafür dickere Flatwound-Saiten die bessere Wahl wären.

Auch in der Kategorie „verzerrte Sounds“ kann die 2622 überzeugen, denn diese Tonab-nehmer haben echt Zunder! Bissig, druckvoll, und satt. Auch mit dem Gain-Potential eines moderneren High-Gain-Amps kommt die Gitarre klar, selbst wenn bei hoher Lautstärke und viel Gain Mikrophonie auftritt.

Natürlich ist sie weniger für Djent-Sounds geeignet, aber von Crunch bis zur Solozerre

WWer bisher damit rechnete, für eine Gretsch horrende Preise bezahlen müssen, könnte angesichts der neuen, in Indonesien gefertigten Streamliner-Serie reflexhaft zur Brieftasche greifen, denn die bei-den hier vorgestellten Modelle sind für einen Straßenpreis von

circa 500 Euro erhältlich.

G2622Die 2622 atmet dabei den Geist der guten al-ten Zeit. Der Double-Cutaway-Body besteht aus laminiertem Ahorn, genau wie Boden und Decke, die beide gewölbt sind. Der ein-geleimte Hals wurde aus Nato gefertigt. Im

Korpus ist ein Center-Block aus Fichte verbaut. Das Ganze wurde in einem edlen Dunkelrot lackiert. Dazu passt die Hardware ausgezeichnet, von der Adjust-o-Matic-Bridge bis zum V-förmigen Tailpiece und den bern-

steinfarbenen Potiknöpfen. Als Pick-ups kommen die speziell für die Stream-

liner-Serie neu entwickelten Broad’Tron-Humbucker zum Einsatz, die darauf aus-

gelegt sind, satten Output und fette Sounds Richtung Amp zu feuern.

Das macht neugierig, denn na-türlich sind Gretsch-Gitarren nicht nur im Rockabilly sehr beliebt, sondern auch bei Bands wie den Ärzten oder Bands wie den Ärzten oder Metallica immer mal wieder als Geheimwaffe im Studio mit dabei.

Mit 9,1 be-z i ehungs-weise 7,8 kOhm ver-sprechen die

beiden Teile ei-niges an Power. Gesteuert

werden sie über einen Dreiweg-schalter, ein Tone- sowie drei

Klang mit Leichtigkeit in Richtung George

Benson verschoben werden, auch wenn dafür dickere Flatwound-Saiten die bessere Wahl wären.

Auch in der Kategorie „verzerrte Sounds“ kann die 2622 überzeugen, denn diese Tonab-nehmer haben echt Zunder! Bissig, druckvoll, und satt. Auch mit dem Gain-Potential eines moderneren High-Gain-Amps kommt die Gitarre klar, selbst wenn bei hoher Lautstärke und viel Gain Mikrophonie auftritt.

Natürlich ist sie weniger für Djent-Sounds geeignet, aber von Crunch bis zur Solozerre

Bands wie den Ärzten oder Metallica immer mal wieder als Geheimwaffe im Studio mit dabei.

Gretsch G2622 & G2420T

Gretschs Geheimwaffen

Die Zeiten stehen schlecht: Die Wähler (Publikum) wünschen ro-ckige Sounds und stylische Optik. Die Finanzgremien (Bankberater, Lebensgefährten) wollen die schwarze Null. Was tun? Man wendet sich an Gitarrenminister Gretsch-Mann, und beim Blick aufs Preis-schild scheint die Wirtschaftslage auch in Zukunft stabil …

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GUITAR-DREAMS e-gitarre

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© PPVMEDIEN 2016

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GRETSCH G2622

FACTS

Herkunft Indonesien

Korpus Ahorn, laminiert, mit Center Block aus Fichte

Hals Nato, eingeleimt

Hals-Profil U-Profil, flach

Griffbrett Palisander

Radius 12“

Sattelbreite 43 mm

Bünde 22 Medium-Jumbo: 2,7 x 0,9 mm

Mensur 62,8 cm/24,75“

Pickups 2 x Broad’Tron Humbucker

Regler & Schalter 2 x Volume, Master-Volume, Master-Tone, Dreiweg-Toggle

Hardware Synthetischer Knochensattel, Adjust-o-Matic-Brücke

Gewicht 2,9 kg

Linkshänder nein

Internet www.gretschguitars.com

Empf. VK-Preis 455,- €

Preis-Leistung

gilt: Dieses Teil kann auch heftiger, ohne dabei matschig oder undefiniert zu klingen. Im Ge-genteil: Die Bauweise und die Pickups sorgen dafür, dass der Amp jede Menge Schub ge-liefert bekommt. Wer seine Hardrock-Songs mit mehr Power in den Rhythmusgitarren versehen möchte – hier ist ein grandioses Werkzeug dafür!

G2420TDie goldfarbene Schwester aus derselben Se-rie ist die G2420T. Hier schreit das Design noch viel mehr nach Rockabilly, Greasertol-le und Slapback-Echo. Da aber auch hier die Broad’Tron verbaut wurden und das Ziel von Gretsch war, moderner orientierten Gitarristen ein Instrument mit Old-school-Charme zu lie-fern, darf man auf den Klang gespannt sein.

Der Korpus besteht ebenso aus Ahorn (mit parallelem Strebewerk und gewölbter Decke und Boden), der Hals aus Nato. Beim Über-gang beider Teile sind kleine Unsauberkeiten bei der Verarbeitung zu sehen, nämlich eine Lacknaht an der Verbindungsstelle. Aller-dings handelt es sich um einen rein optischen

Bigsy, Gold und …

… die Broad’Trons sind eine scharfe Kombination …

… aus dem Hause Gretsch

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GRETSCH 2420T

FACTS

Herkunft Indonesien

Korpus Ahorn, laminiert

Hals Nato, eingeleimt

Hals-Profil U-Profil, flach

Griffbrett Palisander

Radius 12“

Sattelbreite 43 mm

Bünde 22 Medium-Jumbo: 2,7 x 0,9 mm

Mensur 62,8 cm/24,75“

Pickups 2 x Broad’Tron Humbucker

Regler & Schalter 2 x Volume, Master-Volume, Master-Tone, Dreiweg-Toggle

Hardware Lizenz-Bigsby, synthetischer Knochensattel, Adjust-o-Matic- Bridge auf Palisander

Gewicht 3,3 kg

Linkshänder nein

Internet www.gretschguitars.com

Empf. VK-Preis 515,- €

Preis-Leistung

Makel, der angesichts des geforderten Ver-kaufspreises verschmerzbar ist. Hingucker ist das Lizenz-Bigsby, bei dem die Ballends der Saiten wie anno Tobak auf kleine Stäbchen gesteckt werden. Das System ist weniger für Hendrix- und Van-Halen-Divebombs gedacht, aber ausgezeichnet geeignet, Akkorde und Singlenotes mit feinem und gefühlvollen Vi-brato zu versehen. Dabei hält es überraschend

dem Gehör mit mehr Wärme und einer sei-digen Note. Oktavspiel und Comping mit her-abgeregeltem Tone-Poti sorgen für wunderbar warme, jazzige Klänge, ideal beispielsweise für Sounds à la Joe Diorio.

Aber die 2420T kann auch anders, denn wie schon ihre Vorgängerinnen ist sie wie ge-macht für klassischen Rock’n’Roll und Rocka-billy – Brian Setzer lässt grüßen. Etwas weni-ger strahlend als die Kollegin oben im Text, ist sie dennoch problemlos in der Lage, freche Riffs und Licks sowie drückende Bässe gen Verstärker zu schicken. Auch mit etwas mehr Zerre für Soli hat sie keinerlei Problem. Fas-zinierend, wie gut Gitarre und Pickups hier klarkommen und welche Sounds sich aus die-ser Hollowbody selbst mit modernen Amps zaubern lassen: luftig schwebend, dynamisch und lebendig.

Übertreibt man es jedoch mit Zerre oder Lautstärke, tritt Mikrophonie früher auf als bei der 2622 – kein Wunder, ist dies doch ein konstruktionsbedingtes Phänomen bei Gitar-ren dieser Bauart. Mit etwas Eingewöhnung und den passenden Sounds macht das Teil je-doch seinem großen Namen alle Ehre, egal ob im Blues, im Jazz oder im Rock.

Das bleibt hängenDie Streamliner-Modelle überzeugen dank ihrer Ausstattung, speziell was die neuen Broad’Tron-Tonabnehmer betrifft. Für circa 400 bis 500 Euro Straßenpreis gibt es echten Gretsch-Sound mit dezenter, moderner Note. Keine Metal-Sounds, klar – aber die beiden sind für mehr als nur Old-school-Klänge ge-eignet. Anchecken! Marc Rolf

gut die Stimmung. Notfalls kann mit ein we-nig Graphit oder einem Gleitmittel in den Sat-telkerben nachgeholfen werden. Akustisch klingt die G2420T etwas luftiger, wärmer und offener als ihre Schwester, die ja über einen Center-Block im Korpus verfügt.

Dieser Eindruck überträgt sich auch auf den verstärkten Sound, denn wo die 2622 Biss und Brillanz lieferte, schmeichelt die 2420T

Hot-Rod-Hallelujah dank bernsteinfarbener Potilnöpfe, …

… dem V-Tailpiece …

… und den Broad’Trons

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GUITAR-DREAMS e-gitarre

6/16

© PPVMEDIEN 2016