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J. prakt. Chem. 337 (1995) 468-471
Journal fur praktische Chernie Chemiker-Zeitung
0 Johann Ambrosius Barth 1995
Grignard-Synthese sauerstofffreier Poly(borocarbosi1ane)
Peer Gutenberger, Wolfgang Habel und Peter Sartori
Duisburg, Fachbereich 6 (AOC) der Gerhard-Mercator-Universitat-GH
Eingegangen am 25. Januar bzw. 9. Marz 1995
Herrn Professor Dr. R. Kosfeld zum 70. Geburtstag gewidmet
Grignard-Synthesis of Oxygen-free Poly(borocarbosi1anes)
Abstract. A series of modified oxygen-free poly(borocarbo- silanes) was synthesized by the reaction of the monome- res dichlorodiphenylsilane, 1,4-dibromobenzene or a, a-di- chlorotoluene, dichloro-phenylborane or boron tribromide with magnesium. This simple variation of the Grignard method led to the products [(Ph2Si)4(BPh)Ar5-Ix and decreasing the weight loss. [(Ph2Si)4BAr5-Ix with the carbosilane bridge Ar = 1,4-C&-
and =CHC&5. The oligomeric poly(borocarbosi1anes) were analysed and characterized by 'H, I'B, 13C, 29Si NMR and IR spectroscopy. The weight and number averages M, and Mw were determined by gel-permeation chromatography. The ceramic residues at 1100°C reflect the influence of boron on
Poly(si1ane) und Poly(carbosi1ane) haben als Precurso- ren bei der Herstellung von Sic-Keramik grol3e Be- deutung gewonnen [1-71. Bei der Darstellung von SiC- Formkorpern spielt der Einsatz des Heteroelements Bor neben Aluminium als Sinterhilfsmittel und Hemmnis des Kornwachstums eine wichtige Rolle [8]. Geeignete borhaltige Poly(carbosi1ane) konnen sowohl die Auf- gabe des Sinterhilfsmittels als auch des Bindemittels bei der drucklosen Sinterung von Sic-Keramik uber- nehmen [9]. Die Synthese von Poly(borocarbosi1anen) oder borhaltigen Poly(si1anen) gelingt durch den Ein- satz von Poly(borodiphenylsi1oxan) bei der Pyrolyse von Poly(dimethylsi1an) [lo] und Poly(methylphenylsi1anen) [HI, durch die Umsetzung von RBCl2 (mit R = Me, Ph) oder BCl3 und Dialkyldichlorsilanen rnit Natrium [9] oder einer NatriudKalium-Legierung [ 121 sowie durch Folgereaktionen von BH3-Addukten an Kohlenstoff- Doppel- oder Dreifachbindungen von monomeren und polymeren Vinyl- und Ethinylsilanen [13, 141.
Borhaltige Verbindungen mit arylsubstituierten oder aromatischen Carbosilanbrucken sind in der Litera- tur noch nicht beschrieben. Ziel der vorliegenden Ar- beit war die Grignard-Synthese neuartiger borhalti- ger Poly(carbosi1ane) rnit der Benzyliden- und para- Phenylen-Gruppierung als organische Verbruckungen.
Ergebnisse und Diskussion
Borfreie Benzyliden-verbruckte Poly(carbosi1ane) sind sowohl auf dem Wege der Wurtz-analogen Kondensati-
onsmethode, als auch durch Grignardierungen zugang- lich. Nach Ref. [15]:
xR'MeSiC12 + xCl2CHPh + 4xNa -+
[RlMeSiCHPh-1, + 4xNaC1
rnit R1 = Me, Ph, H
und nach Ref. [16]:
x(10 ~ n)Me2SiC12 + xnCHC12Ph + 20xNa +
[ ( MezSi)lo-n (CHPh),-1, + 20xNaC1 mit n = 1, 2, 3, 4, 5, 6
lassen sich verschiedene Copolymere synthetisieren. Wahrend die Reduktion rnit Natrium zu statistisch aus Silylen-, Disilylen- und Polysilylen-Einheiten auf- gebauten Oligomeren fuhrt [16], erlaubt die Grignard- Synthese nicht nur den Einsatz SiH- und SiCH=CH2- Gruppen enthaltender Dichlorsilane, die durch die wesentlich drastischere Wurtz-Kopplung zum grol3ten Teil abgebaut werden, sondern fuhrt auch zu deutlich hoheren Anteilen von Carbosilan-Strukturen (zwischen 73 und 85 Mol %) im Molekulgerust [17].
xR2SiC12 + xBrMgCHPhMgBr --f [R2SiCHPh-], + 2xMgCVBr
rnit R2 = Me2, Ph2, MePh, MeH, MeCH=CHZ
Fur die Synthese para-Phenylen-verbruckter Verbin- dungen wird neben der Wurtz-Kondensation [18] und di-Grignardierung [17,19] auch eine Umsetzung des di- lithiierten Aromaten [20] angewendet.
I? Gutenberger u.a., Grignard-Synthese sauerstofffreier Poly(borocarbosi1ane) 469
xRMeClSi - 1,4C6H4 - SiClMeR + 2xNa +
mit R = Ph, Et [l8] [(RMeSi)2 - Ar-1, + 2xNaC1
xR2SiC12 + xXMg - 1,4C6H4 - MgX +
[RzSi - 1,4C#-lx + 2xMgX2
mit R2 = Me2, Ph2 [19]; R2 = Me2, Ph2, MePh, MeH, MeCH=CH2 [30,31]; X = C1, Br
xRHSiC12 + xLi - 1,4C6H4 - Li +
[RHSi - 1, 4C6H4-Ix + 2xLic1
mit R = H, Me, Ph [20]
Der sauerstofffreie Einbau von Bor gelang durch Umsetzung der Monomere Dichlordiphenylsilan, 1,4- Dibrombenzol, a, a-Dichlortoluol, Dichlorphenylboran und Bortribromid nach einer modifizierten Grignard- Methode.
4xPhzSiC12 + 5xArX + xPhBC12- Mg [(Ph2Si)4(BPh)Ar5-Ix
4xPh2SiC12 + 5xArX + xBBr3 - [(Ph2Si)4BAr~-]~
mit Ar = -1,4-C6H4-, =CHC&; x = c1, Br
Die in guten Ausbeuten synthetisierten Poly(carbosi- lane) sind in Aromaten, Halogenalkanen und Ethern gut losliche, gelbe bis dunkelbraune Feststoffe. Ihr Schmelzbereich bewegt sich zwischen 70 und 150 "C. Die Elementaranalysen (Tab. 1) zeigen einen nahezu quan- titativen Boreinbau.
Die Schwingungsbande der asymmetrischen B-C- Valenzschwingung, die den Einbau von Bor in das Mo- lekiilgeriist anzeigt, tritt um 1340 cm-' in Erscheinung
-MgCl/Br
(Abb. 1). Neben den C=C-Valenzschwingungen der Phenyl- und. Phenylengruppen bei 1590, 1570, 1480 und 1428 cm-' weisen die IR-Spektren von I und II eine Absorption der C=C-Valenzschwingung der Phenylboronyl-Gruppe bei 1438 cm-' auf. Deutlich brei-
I , , , 4000 3200 2400 1900 1500 1100 850 650 450
Wellenzahlen (cm-')
Abb. 1 IR-Spektren der Poly(borocarbosi1ane) I1 and 111
Tabelle 1 Ansatzverhaltnisse, Ausbeuten und Elementaranalysen der Poly(borocarbosi1ane)
Verbindung Polycarbosilan Edukte Ausbeute (MOO (Gew. %) PhzSiC12 PhBC12 BCl3 1,4-C6H4Br2 C12CHC6H5
- 69 5 96 - 68 5 85
Elementaranalysen (Gew.%) Si C H B c1 Br
ex.a) th?) ex. th. ex. th. ex.a) th.b) ex. ex.
I 9,4 9,4 83,4 8492 5 2 595 1,1 0 9 0 2 0 2 I1 995 8,9 83,2 84,3 5,7 5,9 098 0,9 0 4 111 10,l 10,o 82,9 83,6 5 2 5,4 0,9 1 ,o O J 0 2 Iv 9 3 9 s 83,l 83,7 5 3 5 9 0 3 0 9 02 0,1
-
a) experimentell bestimmter Wert; b, theoretischer, auf der Summenformel basierender Wert
470 J. prakt. Chem. 337 (1995)
tere Absorptionsbanden der Gerustschwingungen um 1050 und 750 cm-' werden durch die am Bor ver- zweigten Verbindungen I11 und IV hervorgerufen. Die Schwingungsbanden der Sic-Valenzschwingung sind um 750 cm-l und die der Sic-Deformationschwingung zwi- schen 560 und 460 cm-' zu beobachten.
Die NMR-Spektren von I-IV weisen, bedingt durch den Boreinbau, im Vergleich zu den analogen borfreien Poly(carbosi1anen) [17] eine schlechtere Auflosung und weit geringere Signalintensitat auf. So sind die arylischen Protonenresonanzen der BC6H5-, SiC6H5-, CHC&- bzw. 1,4-C,jH4-1nkremente in den 'H-NMR- Spektren nicht unterscheidbar und rufen ein breites Signal um 7,2 ppm hervor. Das alkylische Proton der Benzyliden-Gruppe (I1 und IV) tritt im Bereich von 2,15 bis 2,65 pprn in Resonanz. Die Breite des CH-Signals wird durch die P-Gerustnachbarn, insbesondere durch die Zahl der benachbarten Kohlenstoffatome, und durch Taktizitatseffekte des asymmetrischen Methin- kohlenstoffs bestimmt. In der Reihenfolge der Inkre- mente A: Si-CHPh-Si, B: Si-CHPh-C und C: C-CHPh-C verschieben sich die Resonanzlagen tieffeldig von 2,15 uber 2,35 nach 2,65 ppm und im 13C-NMR-Spektrum um die Schwerpunktslagen von 30 uber 40 nach 50 ppm.
Die Resonamen der Phenylkohlenstoffe der SiPh2- Gruppen erscheinen im Einklang mit den Literatur- daten monomerer Arylsilane [21] und des borhaltigen Poly(diphenylsi1ylen-co-methylens) [9] in den Verbin- dungen I-IV unabhangig von der Carbosilanbrucke und dem Bor-Inkrement zwischen 127,6 bis 128,8 pprn (C- 3,4,5) und 132 bis 134,5 ppm (C-1,2,6). Die Kohlenstoff- signale der Phenylborylen-Gruppe der Verbindungen I und I1 treten ebenfalls, nicht unterscheidbar, in diesen Resonanzbereichen auf. In I1 und IV last sich das Sig- nal des C-4 Kohlenstoffatoms der Benzyliden-Brucke bei 125,5 ppm nachweisen. Alle anderen Kohlenstoffa- tome rufen Resonanzen zwischen 127,6 bis 128,8 ppm hervor. Die Signale der p-Phenylen-Gruppen der Ver- bindungen I und I11 liegen im Bereich von 132,5 bis 135,7 ppm (C-2,3,5,6 sowie Si-C-1,4) und um 139 ppm (C-C-1,4) [17]. Ein EinfluS von Bor auf die chemische Verschiebung der aromatischen Kohlenstoffe ist nicht erkennbar.
Die Maxima der breiten und wenig differenzierten "B-NMR-Signale liegen bei: I 29,3 (Peakschulter bei 0,5); II 28,9 (18,3 und -4,2); I11 44,6 (28,5) und IV 32,O pprn (17,5 pprn). Wahrend die chemischen Ver- schiebungen bei 44,6 und 32,O ppm auf trigonal struktu- riertes Bor hinweisen, liegen die Resonanzen zwischen 0 und 30 ppm im Ubergangsbereich von sp2 zu sp3- hybridisiertem Bor. Die Peakschulter bei -4,2 ppm ware einer tetragonalen Anordnung gemal3.
Auch die chemischen Verschiebungen der Signale in den 29Si-NMR-Spektren werden durch den Borein- bau nicht verandert. Die Struktureinheiten treten un- abhangig vom eingebauten Borinkrement und von der
Carbosilanbrucke in Resonanz. SiC4-Einheiten (Sily- len) rufen Signale zwischen -6 und -15 ppm, SiC3- Inkremente (Disilylen) zwischen -17 und -21 ppm und cyclische sowie lineare SiCz-Strukturen (Oligosilylen) zwischen -30 und -37 ppm sowie zwischen -43 und -46 ppm hervor. Die Werte der chemischen Verschie- bungen entsprechen denen der borfreien Verbindungen
Die mittleren Molmassen zeigen den oligomeren Charakter der Poly(borocarbosi1ane). Ein Vergleich mit ahnlichen, in der Literatur beschriebenen Verbindun- gen, gibt Tab. 2 wieder.
~ 7 1 .
Tabelle 2 Mittlere Molmassen und Polydispersitaten der Poly(carbosi1ane)
~
Polycarbosilan Lite- Mn a) M, b, dC) Synthese- ratur methode
570 690 550 740 690 760
1600 1620 730 920 630
700 5320 600
5780 3360 4580 4800
22340 960
1710 -
1,2 Mgd) 797 Mg 1 s Mg 738 Mg 4,9 Nae) 6,O Na 3,O Na
13,8 Na 1,3 Mg 1,9 Mg
- Mg
a) Zahlen- und, b, Gewichtsmittel in g mol-', d = M,IM,,, d, Grignard-Synthese, e, Wurtz-Synthese
Polydispersitat
Wahrend die unterschiedlichen Bormonomere bei der Synthese von I-IV keinen eindeutigen EinfluS auf die mittleren Molmassen nehmen, fuhrt Benzyliden im Ver- gleich zu Phenylen als Carbosilanbrucke zu einem An- stieg der Mn- und vor allem der M,-Werte und damit zu einer groSeren Polydispersitat bzw. Uneinheitlichkeit der Produkte.
Die keramische Ausbeute bei 1100°C - ein wesentli- ches Kriterium bei der Herstellung von Sic-Werkstoffen - wird im Vergleich zu den borfreien Verbindungen deutlich angehoben und betragt in Gew. % (theore- tischer, auf die Summenformel bezogener Wert): I: 27,4 (20,3), I1 31,3 (14,5), 111: 33,8 (21,7), IV: 37,2 (15,4), [PhzSi-CHPh-I,: 14,9 (14,7), [Ph~Si-1,4-C6H4-], [17]: 20,3 (20,2). Die zusatzliche Verzweigung uber Bor in den Oligomeren I11 und IV 1aSt die Ausbeute des pyrolytischen Ruckstandes nochmals ansteigen. Die er- haltenen Ergebnisse stehen mit den Literaturdaten [9] in Einklang.
Die Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemein- schaft gefordert. Dem Fonds der Chemischen Industrie sind wir fur Sachbeihilfen zu Dank verpflichtet.
P. Gutenberger u.a., Grignard-Synthese sauerstofffreier Poly(borocarbosi1ane) 471
Beschreibung der Versuche
MeJjgerate
IR: FT-IR-Gerat Typ 20 DXB von Nicolet. - 'H-, "B-, 13C-NMR: INM-PMX 6051 von Jeol, WP-80-SY von Bru- ker. 29Si-NMR WM-300 von Bruker. Losungsmittel: CDC13 und. C6D6, Standards: TMS und BF3.0Et2. - HPLC-Anlage: Pumpe LC 250 von Perkin Elmer mit Injektor 7125 von Rheo- dyne, UVNis-Detektor LC 95 von Perkin Elmer, Brechungs- indexdetektor 7512 von ERC, Saule: PL-Gel mixed 5 IJ. von Perkin Elmer, Standard: Polystyrole (450 - 1663000 g mol-l). Keramische Ausbeuten: Rohrenofen ROK 3/60 von Heraeus. Halogenbestimmung: Potentiograph E 436 von Metrohm.
Analysenverfahren
Die Kohlenstoff- [22], Wasserstoff- [22], Silicium- [ l l ] und Bor-[23] Elementaranalysen wurden nach literaturbekannten Methoden durchgefiihrt.
Synthesen der Poly(borocarbosi1ane)
Die Edukte werden in den folgenden Mengen zum Einsatz gebracht: 30,4 g (0,12 mol) Dichlordiphenylsilan, 35,4 g (0,15 mol) 1,4-Dibrombenzol, 24,2 g (0,15 mol) a, a-Dichlor-toluol, 4,8 g (0,03 mol) Dichlorphenylboran und 7,5 g (0,03 mol) Bortribromid.
In einem 500 ml Dreihalskolben mit RiickfluSkiihler und zwei Tropftrichtern werden unter Schutzgas 80 ml abs. Die- thylether und 8 g (0,33 mol) Magnesium (10YOiger Uber- schul3 auf den Gesamthalogengehalt der Edukte) vorgelegt. 15 % der Edukte Dichlordiphenylsilan und 1,4-Dibrombenzol bzw. a, a-Dichlortoluol werden zum Magnesium getropft. Die anderen 85 % werden mit der Borverbindung in 30 ml abs. Diethylether gelost und innerhalb von 2 Stunden zugege- ben. Die Reaktionslosung verfarbt sich braun. Nach Been- digung der Eduktzugabe und einer Reaktionszeit von weite- ren 15 Stunden wird die braune Lijsung filtriert. Das Filtrat wird auf eine eisgekiihlte NH4Cl-Losung gegeben, die orga- nische Phase im Scheidetrichter abgetrennt, filtriert und am Rotationsverdampfer eingeengt. Das isolierte Produkt wird nochmals in Chloroform aufgenommen, salzfrei gewaschen, filtriert, eingeengt und bei 80 "C im Hochvakuum getrock- net.
Die Ausbeuten betrugen: I 24,8g (69 YO); I1 36,6g (96 %); I11 22,9g (68 %); IV 30,4g (85 %).
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Korrespondenzanschrift: Prof. Dr. P Sartori Gerhard-Mercator-Universitat-GH Duisburg Postfach 101 503 D-47048 Duisburg, Germany