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Grundlagen der Theoretischen Festk¨ orperphysik Vorlesungsskript Prof. Dr. Reinhold Egger Heinrich-Heine-Universit¨ at D¨ usseldorf Zum Selbststudium empfohlene Literatur: N.W. Ashcroft, N.D. Mermin: Solid State Physics, Saunders College 1976. Klassisches Lehrbuch der Festk¨ orperphysik. H. Bruus, K. Flensberg: Many-Body Quantum Theory in Condensed Matter Physics, Oxford Graduate Texts, Oxford University Press 2004. R. Gross, A. Marx, Festk¨ orperphysik, Oldenbourg, 2012. A. Altland, B. Simons: Condensed Matter Field Theory, Cambridge Univ. Press, 2010 (2nd edition). Anspruchsvollere moderne Darstellung. M. Tinkham, Introduction to Superconductivity, McGraw Hill, 2nd edition (1996), bietet eine gute Einf¨ uhrung in Supraleitung. Vorausgesetzte Kenntnisse: Grundvorlesungen der Theoretischen Physik.

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Grundlagen der Theoretischen Festkorperphysik

Vorlesungsskript

Prof. Dr. Reinhold EggerHeinrich-Heine-Universitat Dusseldorf

Zum Selbststudium empfohlene Literatur:

• N.W. Ashcroft, N.D. Mermin: Solid State Physics, Saunders College 1976.Klassisches Lehrbuch der Festkorperphysik.

• H. Bruus, K. Flensberg: Many-Body Quantum Theory in Condensed MatterPhysics, Oxford Graduate Texts, Oxford University Press 2004.

• R. Gross, A. Marx, Festkorperphysik, Oldenbourg, 2012.

• A. Altland, B. Simons: Condensed Matter Field Theory, Cambridge Univ.Press, 2010 (2nd edition). Anspruchsvollere moderne Darstellung.

• M. Tinkham, Introduction to Superconductivity, McGraw Hill, 2nd edition(1996), bietet eine gute Einfuhrung in Supraleitung.

Vorausgesetzte Kenntnisse:Grundvorlesungen der Theoretischen Physik.

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Inhaltsverzeichnis

1 Zweite Quantisierung 2

1.1 Erste Quantisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

1.2 Besetzungszahldarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.2.1 Bosonen-Leiteroperatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.2.2 Fermionen-Leiteroperatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1.3 Operatoren in zweiter Quantisierung . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.3.1 Feldoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

1.3.2 Harmonischer Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1.4 Quantisierung des Strahlungsfeldes: Photonen . . . . . . . . . . . 10

1.5 Quantisierung des Schrodingerfelds: Elektronen . . . . . . . . . . 11

2 Nichtwechselwirkende Elektronengase 15

2.1 Blochtheorie: Statisches Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.2 Freies Fermigas: Jellium-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

2.3 Elektronengase in reduzierten Dimensionen . . . . . . . . . . . . . 19

2.3.1 Zweidimensionales Elektronengas (2DEG) . . . . . . . . . 19

2.3.2 Quantendrahte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

2.4 Kohlenstoff–basierte Leiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

2.4.1 Graphene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

2.4.2 Nanorohrchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3 Coulomb-Wechselwirkungseffekte 36

3.1 Erste Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

3.2 2. Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

0

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INHALTSVERZEICHNIS 1

4 Phononen 41

4.1 Phononen einer 1D Kette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

4.2 3D Phononen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

4.3 Debyemodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

4.4 Elektron-Phonon-Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

5 Magnetismus 52

5.1 Mean-field Theorie (MFT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

5.1.1 Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

5.1.2 Ordnungsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

5.1.3 Hartree-Fock (HF) Naherung . . . . . . . . . . . . . . . . 55

5.2 Ferromagnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

5.2.1 Heisenbergmodell: Ionische Ferromagneten . . . . . . . . . 57

5.2.2 Stoner Modell: Itinerante Ferromagneten . . . . . . . . . . 58

6 Lineare Antworttheorie 63

6.1 Wechselwirkungsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

6.2 Lineare Antworttheorie: Kuboformel . . . . . . . . . . . . . . . . 65

6.3 Elektrische Leitfahigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

6.4 Leitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

6.5 Abschirmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

7 Supraleitung 73

7.1 BCS Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

7.1.1 Bogoliubov-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

7.1.2 BCS Gap Equation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

7.1.3 Zustandsdichte der BCS Quasiteilchen Ds(E) . . . . . . . 78

7.2 Ginzburg-Landau Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

7.3 Josephson Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

7.4 Ungeordnete Supraleiter: Bogoliubov-DeGennes Gleichung . . . . 88

8 Quanten-Hall-Effekt 91

8.1 Landau-Niveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

8.2 Ganzzahliger Quanten-Hall-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

8.3 Fraktionaler Quanten-Hall-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

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Kapitel 1

Zweite Quantisierung

Vorbemerkung: Wir behandeln zunachst den Formalismus der Zweiten Quanti-sierung, der fur Vielteilchenprobleme eine wesentlich elegantere und effizientereMethode als die ubliche (Erste) Quantisierung uber explizit (anti-)symmetrisierteVielteilchenwellenfunktionen ergibt. (Allerdings physikalisch nichts anderes!)

1.1 Erste Quantisierung

Startpunkt ist Einteilchen-Schrodingergleichung

ih∂t|ψ(t)〉 = H|ψ(t)〉

Betrachte zunachst Einteilchensysteme, z.B. Elektron mit Ladung −e, Masse m,im Eichfeld ϕ(r, t),A(r, t)

H =1

2m

(

−ih∇+e

cA(r, t)

)2

− eϕ(r, t)

Ohne externe Felder: Losungen sind ebene Wellen

|ψk,σ〉 = |k, σ〉, σ =↑, ↓

Ortsdarstellung

ψk,σ(r) = 〈r|k, σ〉) =1√Veik·rχσ

mit Normierungsvolumen V und Spinoren χ↑ = (1, 0)T und χ↓ = (0, 1)T .

Allgemeine Notation: ν bezeichne kompletten Satz von Quantenzahlen, z.B. ν =(kx, ky, kz, σ).

Ortsdarstellung des Zustands: ψν(r) = 〈r|ν〉

2

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KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 3

Normierungsbedingung:∫

dr|ψν(r)|2 = 1.

Vollstandigkeitsrelation:∑

ν

|ν〉〈ν| = 1

Dabei bedeutet∑

ν Integration uber kontinuierliche und Summation uber diskreteQuantenzahlen.

Betrachte nun N identische (ununterscheidbare!) Teilchen (Fermionen/Bosonen).Diese werden beschrieben durch N -Teilchen Wellenfunktion Ψ(r1, . . . , rN)(zunachst ohne Spin), d.h. komplexwertige Funktion von 3N Variablen (im zei-tunabh. Fall).

Wahrscheinlichkeit fur das Antreffen von N Teilchen im Volumenelementdr1 · · · drN bei (r1, · · · , rN) ist

|Ψ(r1, . . . , rN)|2dr1 · · · drN

Ununterscheidbarkeit (Konsequenz der Unscharferelation) erzwingt dass zweiidentische Teilchen (gleicher Spin, gleiches Isotop) prinzipiell nicht ‘markierbar’sind. Erlaubte Zustande mussen bei Vertauschen zweier Teilchen daher erfullen:

Ψ(r1, · · · , rj, · · · , rk, · · ·) = λΨ(r1, · · · , rk, · · · , rj, · · ·)= λ2Ψ(r1, · · · , rj, · · · , rk, · · ·)

mit Phasenfaktor λ, da gleicher physikalischer Zustand nur durch globale Phasedifferieren kann! Zweite Gleichung bedeutet λ2 = 1, d.h. nur λ = ±1 ist moglich.

Fur Bosonen ist λ = +1, fur Fermionen λ = −1. Spin-Statistik-Theorem (o.B.)besagt dass dann Bosonen ganzzahligen Spin haben, wahrend Fermionen halb-zahligen besitzen.

Fur Fermionen: Ψ(r, r) = 0, Pauliprinzip, effektive Abstossung (ohne echte Wech-selwirkung!).

Fur Bosonen: effektive Anziehung, Clustering, Bose-Einstein Kondensation.

Formalismus der 1. Quantisierung ist unhandlich, da Symmetrieeigenschaften derWellenfunktion extra eingebaut werden mussen.

Besser: Zweite Quantisierung, im folgenden eingefuhrt.

1.2 Besetzungszahldarstellung

N Teilchen-Besetzungszahlzustand sei definiert als

|nν1 , nν2 , · · ·〉,∑

j

nνj= N

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KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 4

wobei die ganzzahligen nν Eigenwerte des Besetzungszahl-Operators nν sind,

nν |nν〉 = nν |nν〉

Wir starten mit willkurlicher (aber fester) Ordnung der Einteilchenorbitale, dieals Basis gewahlt wurde:

|ν1〉|ν2〉|ν3〉 · · ·und geben dann an, wieviele Teilchen (nνj

) den Einteilchen-Zustand |νj〉 besetzensollen.

Fermionen : nν = 0, 1 (Pauli− Prinzip)

Bosonen : nν = 0, 1, 2, 3, · · ·

Diese Forderung enthalt bereits die Symmetrieeigenschaften

Da Teilchenzahlen oft geandert werden (s.u.), ist es gunstig, den Fockraum Fals verallgemeinerten Hilbertraum zu definieren:

F =∞∑

N=0

⊕FN

mitFN = span|nν1 , nν2 , · · ·〉|

j

nνj= N

Zustande in F mit N 6= N ′ sind daher immer orthogonal.

1.2.1 Bosonen-Leiteroperatoren

Vgl. QM Harmonischer Oszillator: definiere nicht-Hermitesche Erzeugungsopera-toren

b†νj| · · · , nνj−1

, nνj, nνj+1

, · · ·〉 = B+(nνj)| · · · , nνj−1

, nνj+ 1, nνj+1

, · · ·〉

mit zu bestimmender Normierungskonstante B+(n). Einziges nichtverschwinden-des Matrixelement im Fockraum ist

〈nνj+ 1|b†νj

|nνj〉 6= 0

Adjungierter Operator:

〈nνj+ 1|b†νj

|nνj〉∗ = 〈nνj

|bνj|nνj

+ 1〉

d.h. wir erhalten

bνj| · · · , nνj−1

, nνj, nνj+1

, · · ·〉 = B−(nνj)| · · · , nνj−1

, nνj− 1, nνj+1

, · · ·〉

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KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 5

Im Folgenden Kurzschreibweise bj ≡ bνj.

Da wir Bosonen betrachten, soll unter Teilchenaustausch j mit k Symmetrie desZustandes gelten. Dies impliziert

[b†j, b†k]− = 0

Fur j 6= k fordern wir auch[bj, b

†k]− = 0

Fur k = j getrennte Uberlegung. Zunachst beachten wir, dass der leere Zustanddurch b vernichtet wird:

b|0〉 = 0 6= |0〉.Daraus folgt B−(0) = 0. Fur B+(0) wahlen wir als Konvention B+(0) = 1, d.h.b†|0〉 = |1〉. Dann muss aber gelten:

B+(0) = 〈1|b†|0〉∗ = 〈0|b|1〉 = B−(1) = 1,

alsob†b|0〉 = 0, bb†|0〉 = |0〉

Dies fuhrt zur Annahme des Kommutators:

[bj, b†k]− = δjk

Konsequenz: Hermitescher Besetzungszahloperator ist nν = b†νbν mit

b†ν |nν〉 =√nν + 1|nν + 1〉

bν |nν〉 =√nν |nν − 1〉

nν |nν〉 = nν |nν〉

Symmetrieforderung steckt bereits in Algebra der Bosonenoperatoren bν , b†ν . Viel

bequemer!

1.2.2 Fermionen-Leiteroperatoren

Analoges Vorgehen fur Fermionen:

c†νj| · · · , nνj

, · · ·〉 = C+(nνj)| · · · , nνj

+ 1 · · ·〉

mit Erzeugungsoperatoren c†ν . Vernichter erfullt

cνj| · · · , nνj

, · · ·〉 = C−(nνj)| · · · , nνj

− 1 · · ·〉

Antisymmetrie bei Vertauschen von j und k: Fordere statt Kommutatoren jetztAntikommutatoren als Algebra der c, c†:

[cj, ck]+ = 0, [c†j, c†k]+ = 0

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KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 6

mit [A,B]+ = AB+BA. Wieder fordert man fur j 6= k die Relation [cj, c†k]+ = 0,

Vorsicht bei j = k.

Konvention C+(0) = 1 wird beibehalten, ebenso muss C−(0) = 0 wie oben gelten.Hermitesche Konjugation ergibt C−(1) = C+(0) = 1 wie zuvor, also

cc†|0〉 = |0〉, c†c|0〉 = 0

Dies ist konsistent mit der Annahme

[cj, c†k]+ = δjk

Diese Operatorrelationen definieren eine fermionische Algebra. Insbesondere istc2j = (c†j)

2 = 0: Pauli-Prinzip!

Teilchenzahloperator fur Fermionen erfullt

nν = c†νcν , n2ν = nν

d.h. nur Eigenwerte nν = 0, 1 moglich. Durch fermionische Algebra ist dies au-tomatisch sichergestellt, und Zustande sind automatisch antisymmetrisch. Keineexplizite Antisymmetrisierung (Slaterdeterminanten etc.) notwendig! Also

c†|0〉 = |1〉, c†|1〉 = 0

c|0〉 = 0, c|1〉 = |0〉Schematisch:

|0〉 c†−→ |1〉 c†−→ Vakuum

Vakuumc←− |0〉 c←− |1〉

1.3 Operatoren in zweiter Quantisierung

Alle Operatoren konnen jetzt durch die bν , b†ν bzw. cν , c†ν ausgedruckt werden.Notation: aν = bν fur Bosonen, aν = cν fur Fermionen.

Einteilchenoperator:T =

νi,νj

Tνiνja†νiaνj

mit Ubergangsmatrixelement (falls T = T †, hermitesche Matrix) Tνiνj. Beispiel:

kinetische Energie, s.u.

Zweiteilchenoperator:

Vtot =1

2

νi,νj ,νk,νl

Vνi,νj ;νk,νla†νia†νjaνlaνk

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KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 7

Abbildung 1.1: Elementare Feynman-Diagramme fur Einteilchen- und Zweiteil-chenoperatoren.

Reihenfolge der Indizes wichtig bei Fermionen! Beispiel: Coulomb-Wechselwirkung, s.u.!

Graphische Veranschaulichung (‘Feynman-Diagramm’) siehe Abb. 1.1

Basiswechsel

Es seien 2 vollstandige Orthonormalsysteme (Einteilchenbasissysteme) vorgege-ben: |ψν〉 bzw. |ψµ〉

|ψµ〉 =∑

ν

|ψν〉 〈ψν |ψµ〉︸ ︷︷ ︸

=〈ψµ|ψν〉∗

Diese Einteilchenzustande konnen zur Einfuhrung der Operatoren aν bzw. aµverwendet werden:

|ψν〉 = a†ν |0〉, |ψµ〉 = a†µ|0〉Damit konsistente Transformation vorliegt, muss gelten

a†µ|0〉 =∑

ν

〈ψµ|ψν〉∗a†ν |0〉

Daher fordern wir Operatoridentitat

a†µ =∑

ν

〈ψµ|ψν〉∗a†ν

bzw. hermitesch konjugiert:

aµ =∑

ν

〈ψµ|ψν〉aν

Dabei bleibt Algebra intakt:

[aµ1 , a†µ2

]± =∑

ν1,ν2

〈ψµ1|ψν1〉〈ψµ2|ψν2〉∗ [aν1 , a†ν2

]±︸ ︷︷ ︸

=δν1ν2

=∑

ν

〈ψµ1|ψν〉〈ψν |ψµ2〉 = 〈ψµ1|ψµ2〉 = δµ1,µ2

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KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 8

Auch Gesamt-Teilchenzahl ist invariant unter Basiswechsel:∑

µ

a†µaµ =∑

ν1,ν2,µ

〈ψµ|ψν2〉〈ψν1|ψµ〉a†ν1aν2 =∑

ν

a†νaν

1.3.1 Feldoperator

Ortsdarstellung ergibt Feldoperator: Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperatorfur Teilchen am Ort r

ψ†(r) =∑

ν

〈r|ν〉∗a†ν =∑

ν

ψ∗ν(r)a

†ν

mit den Einteilchenwellenfunktionen ψν(r) ∈ L2, und Operator im Fockraum ψ†.Vorsicht: Notation erinnert an Wellenfunktion aus Erster Quantisierung, ist aberOperator im Fockraum!

Genauso Vernichtungsoperator: ψ(r) =∑

ν ψν(r)aν

Algebra fur Bosonen (ξ = 1) bzw. Fermionen (ξ = −1)

[ψ(r1), ψ†(r2)]−ξ = δ(r1 − r2)

Nachweis wie oben, mit∑

ν

ψν(r1)ψ∗ν(r2) = δ(r1 − r2)

Teilchen-Welle Dualitat angedeutet durch Notation:

• ψ Notation weist auf Wellencharakter hin (vgl. Schrodingergl.)

• Operator erzeugt/vernichtet ein Teilchen: Teilchencharakter, steckt in Ope-ratoralgebra!

Ortsdarstellung von Operatoren: z.B. ist die gesamte kinetische Energie mit denKoeffizienten

Tνν′ =∫

drψ∗ν(r)

(

− h2

2m∇2

r

)

ψν′(r)

gegeben durch

T =∑

νi,νj

Tνi,νja†νiaνj

=∫

dr

(∑

νi

ψ∗νi

(r)a†νi

)[

− h2

2m∇2

r

]

νj

ψνj(r)aνj

=∫

dr ψ†(r)

[

− h2

2m∇2

r

]

ψ(r)

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KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 9

zweitquantisierte Form der gesamten kinetischen Energie des Vielteilchensystems.

Allgemein erhalt man zweitquantisierte Form eines Einteilchenoperators durch‘Sandwichen’ des entsprechenden Einteilchenoperators zwischen ψ† und ψ, undIntegration uber r.

Impulsdarstellung durch Fouriertransformation

ψ†(r) =1√V

k

e−ik·ra†k =∑

k

ψ∗k(r)a

†k

bzw. umgekehrt

a†k =1√V

dreik·rψ†(r)

1.3.2 Harmonischer Oszillator

Erstquantisierte Darstellung des 1D Oszillators:

H =p2

2m+mω2

2x2, [p, x]− = −ih

Zweitquantisiert durch Ubergang zu Leiteroperatoren (ℓ =√

h/mω)

a =1√2

(

x

ℓ+ i

p

h/ℓ

)

a† =1√2

(

x

ℓ− i p

h/ℓ

)

umgekehrt

x = ℓ(a+ a†)/√

2, p =ih

ℓ(a† − a)/

√2

Kanonischer Kommutator [p, x] = −ih impliziert bosonische Algebra

[a, a†]− = 1

Zweitquantisierte Darstellung

H = hω(a†a+ 1/2)

Eigenfunktionen H|n〉 = En|n〉 mit n = 0, 1, 2, . . . sind fur En = (n + 1/2)hωgegeben durch Hermite Polynome,

ψn(x) =1√2nn!〈x|(x/ℓ− ipℓ/h)n|0〉 =

1√2nn!

(x/ℓ− ℓd/dx)nψ0(x) (1.1)

Vielteilcheninterpretation: n Schwingungsquanten (Phononen) im Zustand|n〉 vorhanden. Teilchenzahl nicht erhalten!

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KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 10

1.4 Quantisierung des Strahlungsfeldes: Photo-

nen

Quantisierung des Strahlungsfeldes fuhrt auf einen Satz ungekoppelter harmoni-scher Oszillatoren.

Herleitung am einfachsten in Strahlungseichung, d.h. Coulombeichung ∇ ·A = 0mit ϕ = 0. Dann A rein transversal, zwei Polarisationsrichtungen ǫλ ⊥ k, λ = 1, 2.

Dabei sollen ǫ1, ǫ2,k/|k| einen rechtshandigen Satz orthonormierter Einheits-vektoren bilden.

Mit B = ∇×A und E = −1cA folgt aus Maxwellgleichungen

(∆− 1

c2∂2t )A(r, t) = 0

Losungen sind ebene Wellen.

Klassisch folgt also (da A reellwertige Eintrage haben muss) fur periodische Rand-bedingungen im Volumen V die allgemeine Losung

A(r, t) =1√V

k,λ=1,2

ǫλ[

Ak,λei(k·r−ωkt) + h.c.

]

mit beliebigen komplexen Koeffizienten Ak,λ und ωk = ck = c|k|.Klassische Hamiltonfunktion (= Energie) ist dann durch Einsetzen dieses Ansat-zes gegeben durch (Rechnung vgl. Bruus/Flensberg)

H =1

dr(

|E|2 + |B|2)

=1

k,λ

ω2k|Ak,λ|2

=1

2

k,λ

(

P 2k,λ + ω2

kQ2k,λ

)

Generalisierte Impulse bzw. Koordinaten sind

Qk,λ = π−1/2ARk,λ, Pk,λ = π−1/2ωkAIk,λ

Photonen bilden Satz von entkoppelten harmonischen Oszillatoren, die durch kund λ = 1, 2 numeriert werden.

Dieses Problem konnen wir direkt quantisieren, siehe 1D Fall: nk,λ = 0, 1, 2, . . .gibt dann die Zahl der Photonen mit Wellenvektor k und Polarisation λ an.Quantisierung durch

[Qk,λ, Pk′,λ′ ]− = −ihδkk′δλλ′

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KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 11

Wieder Leiteroperatoren fur jede Mode:

Qk,λ =

h

2ωk(a†k,λ + ak,λ), Pk,λ = i

hωk2

(a†k,λ − ak,λ)

mit bosonischer Algebra[ak,λ, a

†k′,λ′ ]− = δkk′δλλ′

Zweitquantisierter Hamiltonoperator des Photonenfeldes

H =∑

k,λ

hωk(a†k,λak,λ + 1/2)

Aus obiger klassischer Darstellung ergibt sich Feldoperator des Photonenfeldes(Operator des Vektorpotentials, Hutchen hier weggelassen)

A(r, t) =1√V

k,λ=1,2

2πh

ωkǫλ[

ak,λei(k·r−ωkt) + h.c.

]

Dieser Operator enthalt Erzeuger und Vernichter von Photonen. Vektorpotentialaus klassischer Elektrodynamik folgt als Mittelwert (qm. Erwartungswert).

1.5 Quantisierung des Schrodingerfelds: Elek-

tronen

Hier a = c da Fermioperatoren (Elektronen).

Kinetische Energie

Minimalsubstitution p → p− (q/c)A zur Einkopplung des magnetischen Feldesbei Ladung des Teilchens q ergibt

T =1

2m

σ

drψ†σ(r) [−ih∇r − (q/c)A(r)]2 ψσ(r)

Spin

Erste Quantisierung: Spin wird durch Vektor von Paulimatrizen dargestellt,

s =h

2τ, τ = (τx, τy, τz)

mit

τx =

(

0 11 0

)

, τy =

(

0 −ii 0

)

, τz =

(

1 00 −1

)

,

entsprechen Einteilchenoperatoren.

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KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 12

Zweite Quantisierung: Darstellung in Einteilchenbasis |ν〉 = |µ〉|σ〉, wobei |µ〉orbitale Freiheitsgrade bezeichnet. Da diese vom Spinraum entkoppeln, ist Spin-operator des Vielteilchensystems

S =h

2

σ,σ′

drψ†σ(r)τσσ′ψσ′(r)

analog in Impulsdarstellung. Dies ist der Gesamtspin.

Spindichte folgt aus S =∫

drs(r) als

s(r) =h

2

σ,σ′

ψ†σ(r)τσσ′ψσ′(r)

Im Vielteilchenzustand |Φ〉 ∈ F ist 〈Φ|s(r)|Φ〉 dann der Erwartungswert derSpindichte.

Ladungsdichte

folgt analog aus erstquantisierter Form ρµ,σ(r) = |ψµ,σ(r)|2 (Wahrscheinlichkeits-dichte fur Einteilchenzustand |µ, σ〉) :

ρµ,σ(r) =∫

dr′ψ∗µσ(r

′)δ(r′ − r)ψµσ(r′)

d.h. erstquantisierter Operator ist δ(r−r′), und durch Erhohung der Wellenfunk-tion erhalten wir die die entsprechende zweitquantisierte Form des Ladungsdich-teoperators

ρσ(r) = ψ†σ(r)ψσ(r)

Gesamt-Ladungsdichte ρ =∑

σ ρσ

Impulsdarstellung: Einsetzen von

ψσ(r) =1√V

k

eik·rakσ

ergibt (q = k− k′ ist Impulsubertrag)

ρσ(r) =1

V

k,k′

e−i(k−k′)·ra†k,σak′,σ =1

V

k,q

e−iq·ra†k+q,σakσ

=1

V

q

ρq,σe−iq·r, ρq,σ =

k

a†k+q,σakσ

Stromdichteoperator

Zwei Moglichkeiten der Definition

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KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 13

• uber Kontinuitatsgleichung aus Ladungsdichteoperator,

∂tρ+∇ · J(r) = 0

• als kanonisch konjugierte Grosse zu A,

J(r) = −1

q

∂H

∂A

beide fuhren auf gleiches Ergebnis (ohne Herleitung, siehe Bruus/Flensberg)

Jσ(r) =h

2mi

(

ψ†σ(r)∇ψσ(r)− [∇ψ†

σ(r)]ψσ(r))

− q

mAψ†

σ(r)ψσ(r)

erster Term: paramagnetischer Beitrag, zweiter Term: diamagnetischer Beitrag.

Folgt wieder durch Erhohung der erstquantisierten Wellenfunktion zum zweit-quantisierten Operator. Hermitescher Operator im Fockraum, lasst Teilchenzahlinvariant!

Coulombwechselwirkung

Analog folgt zweitquantisierte Form des Wechselwirkungsbeitrages, als

V =1

2

σ1σ2

dr1dr2ψ†σ1

(r1)ψ†σ2

(r2)e2

|r1 − r2|ψσ2(r2)ψσ1(r1)

Impulsdarstellung: Einsetzen von

ψσ(r) =1√V

k

eik·rakσ

ergibt

V =1

2V

σ1,σ2,k1,k2,k3,k4

V (ki, σ1,2)a†k3,σ1

a†k4,σ2ak2,σ2ak1,σ1

mit dem Matrixelement (wobei q = k2 − k4)

V (. . .) =e2

V

∫ dr1dr2

|r1 − r2|ei[k1·r1+k2·r2−k3·r1−k4·r2]︸ ︷︷ ︸

ei(k1+k2−k3−k4)·r1eiq·(r2−r1)

=e2

V

dr1ei(k1+k2−k3−k4)·r1 ×

∫ dr

reiq·r

︸ ︷︷ ︸

=4π/q2

=4πe2

q2δk1+q,k3

Mit Vq = 4πe2/q2 folgt also

V =1

2V

σ1,σ2

q

Vq

k1,k2

a†k1+q,σ1a†k2−q,σ2

ak2,σ2ak1,σ1

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KAPITEL 1. ZWEITE QUANTISIERUNG 14

Feynmandiagramm: einlaufende Teilchen mit Wellenvektor k1 und k2 sowie Spinσ1 und σ2 werden durch Vq gestreut, auslaufende Teilchen haben k1 + q bzw.k2 − q aber gleichen Spin. Gesamtimpuls erhalten (nur Impulsaustausch!). SieheAbb. 1.2.

! "#

Abbildung 1.2: Coulomb Wechselwirkungsdiagramm in 2. Quantisierung, sieheText.

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Kapitel 2

NichtwechselwirkendeElektronengase

Metall: positiv geladene Ionen, elektr. Eigenschaften dominiert von schwach ge-bundenen Valenzelektronen.

Bei T = 0 (bis auf Vakuumfluktuationen) ist Kristallgitter starr, entspricht peri-odischem Potential (Phononen sind Anregungen darauf, zunachst ignoriert).

Zwei wichtige Zugange:

• Phanomenologische Gittermodelle (Parameter: Gitterkonstanten, Feder-konstanten entsprechen Elastizitatsmoduln, konnen aus Experiment bzw.ab-initio Simulation berechnet werden.)

• Jellium Modell: verschmiere Ionen-Hintergrund, positive Hintergrundla-dung wichtig um Elektroneutralitat zu garantieren!

Wir werden zunachst Elektron-Elektron-Wechselwirkungen vernachlassigen, undbetrachten daher das Problem eines einzelnen Elektrons in einem periodi-schen Potential (Bloch-Problem). Als konkrete Anwendung wird am Endedes Kapitels die Bandstruktur von Graphene und daraus die von Kohlenstoff-Nanorohrchen diskutiert.

2.1 Blochtheorie: Statisches Gitter

Betrachte zunachst idealisierten perfekten Kristall (keine thermischen oderQuanten-Fluktuationen, keine Unordnung): perfekt periodisches Gitter fuhrt zumEinteilchen-Hamiltonoperator

H = T + V (r), T = − h2∆

2m

15

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 16

Periodisches Potential erfullt: V (r) = V (r + R) fur alle Translationsvektorendes Gitters:

R =3∑

i=1

niai, ni ∈ Z

wobei das Gitter durch primitive Gittervektoren a1, a2, a3 aufgespannt wird.

Reziprokes Gitter

Im reziproken Raum (k) wird durch alle G mit

eiG·R = 1

(fur alle mgl. R) das reziproke Gitter aufgespannt. Reziproke Gittervektoren :

G =3∑

i=1

mibi, ai · bj = 2πδij

gilt fur primitive reziproke Gittervektoren

b1 = 2πa2 × a3

a1 · (a2 × a3)+ zykl.Perm.

Erste Brillouin Zone

Alle k im reziproken Raum, die naher an G = 0 als zu irgendeinem anderenG 6= 0 liegen, bilden die erste Brillouin Zone (Wigner-Seitz-Zelle im reziprokenRaum)

k ∈ 1.BZ | |k| < |k−G| ∀ G 6= 0D.h. beliebiges q kann eindeutig geschrieben werden als

q = k + G, k ∈ 1.BZ

Gitterperiodische Funktionen lassen sich durch Entwicklung in G darstellen, z.B.periodisches Potential

V (r) = V (r + R) ∀ R =∑

i

niai ⇔ V (r) =∑

G

eiG·rVG

da exp(iG ·R) = 1.

Schrodingergleichung

Erstquantisierte (Einteilchen) Schrodingergleichung Hψ = Eψ, in ebene WellenBasis |k, σ〉 mit komplexen ck ist Wellenfunktion gegeben durch

ψσ(r) =1

V

k

eik·rckχσ

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 17

Hier muss uber alle k summiert werden, nicht nur die 1.BZ.

Anwenden von H auf diesen Ansatz ergibt mit ǫk = h2k2/2m:

ǫkck +∑

G

VGck−G = Eck (2.1)

Schrodingergleichung in ebene-Wellen-Basis.

Jedes ck koppelt an alle ck−G, aber nicht an andere k′. Daher kann man k ∈ 1.BZwahlen, es entsteht keine neue Gleichung fur k ausserhalb 1.BZ.

Fur gegebenes k ∈ 1.BZ habe die Schrodingergl. (2.1) die Eigenlosungen (Ener-giebander)

E = ǫn(k), k ∈ 1.BZ, n = 1, 2, 3, . . .

mit Eigenfunktion

ψn,k,σ(r) =1

V

G

ei(k+G)·rc(n)k+Gχσ

entspricht Losung eines (unendlich-dimensionalen) Lineare-Algebra Matrixpro-

blems! Die c(n)k+G entsprechen den Eigenvektoren (mit Eintragen durch G nume-

riert, und Eigenwerten durch n numeriert.)

Beachte: alle k′ = k + G tragen bei dieser Eigenfunktion bei. GleichzeitigesSpezifizieren von r und k: kein Konflikt mit Heisenbergscher Unscharferelation,da k die Eigenfunktion nur parametrisiert (Kristallimpuls k ∈ 1.BZ).

Ab jetzt sei k ∈ 1.BZ. Zusammenfassung:

Bloch’sches Theorem:Eigenfunktionen im periodischen Kristall sind ebene Wellen, moduliert durchgitterperiodische Funktion,

ψn,k,σ(r) = eik·runk(r)χσ

mit

un,k(r) = un,k(r + R) =1

V

G

eiG·rc(n)k+G

Elektronen im periodischen Potential (sog. ‘Blochelektronen’) konnen darum imwesentlichen ungehindert propagieren (Ausnahme: k nahe am Rand der 1.BZ,s.u.), einzige Anderung ist Renormierung der Masse zur effektiven Masse m →m∗.

Elektrischer Widerstand im perfekten Kristall ist daher Null (aber kein Supra-leiter!), oder unendlich (falls Fermienergie in Bandlucke). Endlicher Widerstanddurch Streuung an Gitterschwingungen (Phononen) oder Defekten.

Effektive Massen Naherung: (bricht fur k am Zonenrand zusammen!)

ψn,k,σ(r)→1√Veik·rχσ, m→ m∗,

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 18

wobei dann k beliebig (aber ggf. mit geeigneter Bandbreite um Divergenzen zuvermeiden!)

2.2 Freies Fermigas: Jellium-Modell

Im Jellium-Modell werden die Ionen durch ausgeschmierte homogene Ladungs-dichte +Zρjel beschrieben, d.h. Gitter wird durch konstanten Hintergrund ersetzt,so dass unter der Randbedingung der Elektroneutralitat

Hjel = Tel

kinetische Energie der Elektronen. Daher sind die Losungen zuHjelψ = Eψ ebeneWellen (per. Randbedingungen),

ψk,σ =1√Veik·rχσ, E = ǫk = h2k2/2m

mit ki = 2πni/Li, V = LxLyLz. Entspricht Effektive-Masse-Naherung fur Bewe-gung im periodischen Potential weg von Bandlucken, dann effektiv freie Bewe-gung!

Zweitquantisierte Form:

Hjel =∑

σ

drψ†σ(r)

(

− h2∆

2m

)

ψσ(r) =∑

h2k2

2mc†kσckσ

Kontinuumslimes:∑

k

→ V

(2π)3

dk

Konvention: Ordne Einteilchenbasis nach aufsteigenden Energien,

|k1, ↑〉|k1, ↓〉|k2, ↑〉|k2, ↓〉 · · · , ǫk1 ≤ ǫk2 ≤ · · ·

Grundzustand (T = 0) fur N Elektronen durch sukzessives Auffullen der Ntiefsten Zustande: Fermisee bzw. Fermikugel. Energie des hochsten besetztenZustandes ist die Fermienergie ǫF (dies ist das chemische Potential bei T = 0).

|FS〉 = c†kN/2,↑c†kN/2,↓ · · · c

†k1,↑c

†k1,↓|0〉

gefullter Fermisee, in Literatur oft auch als Grundzustand wie |0〉 bezeichnet.Achtung: hier ist |FS〉 Grundzustand desN Teilchensystems, und |0〉 der Zustandmit null Teilchen (aber Vakuumfluktuationen).

Hilfgrossen: Fermi-Wellenzahl kF , Fermi-Wellenlange λF , Fermi-Temperatur TF ,Fermi-Geschwindigkeit vF aus

ǫF = kTF = h2k2F/2m, λF = 2π/kF , vF = hkF/m

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 19

Alle Zustande mit ǫk,σ ≤ ǫF sind bei T = 0 einfach besetzt, alle daruber unbesetzt.

Zusammenhang Teilchendichte n = N/V zu Fermienergie ǫF :

N = 〈FS|N |FS〉 =∑

〈FS|nk,σ|FS〉 =2V

(2π)3

|k|<kF

dk

also fur die Dichten = k3

F/(3π2)

Typ. Grossenordnung in Metallen (Cu): λF ≈ 0.5 nm, TF = 81000 K, vF/c ≈0.005 (nichtrelativistisch)

Grundzustandsenergie:

E(0) = 〈FS|Hjel|FS〉 = 2V

(2π)3

h2

2m4π∫ kF

0k4dk =

3

5NǫF

Als Folge des Pauliprinzips extrem hohe Energie pro Teilchen.

Zustandsdichte: Zahl der verfugbaren Zustande dN bei Energie ǫ . . . ǫ+ dǫ:

D(ǫ) =dN

Normiert auf Volumen: d(ǫ) = D(ǫ)/V = dn/dǫ

Aus ǫ = h2

2m(3π2n)2/3 folgt beim Fermigas

n(ǫ) =1

3π2(2m/h2)3/2ǫ3/2

und damit die Zustandsdichte

d(ǫ) =dn

dǫ=

1

2π2(2m/h2)3/2

√ǫΘ(ǫ)

wichtige Vereinfachung um vom k Raum zu Energien uberzugehen, z.B. gilt dann

N =∫

dǫD(ǫ)nF (ǫ), E(0) =∫

dǫǫD(ǫ)nF (ǫ),

2.3 Elektronengase in reduzierten Dimensionen

2.3.1 Zweidimensionales Elektronengas (2DEG)

GaAs-GaAlAs Heterostrukturen sind besonders gut geeignet, um hohe Mobi-litaten zu erzeugen, da beide Teile praktisch die gleiche Gitterkonstante besitzen,und somit fast ohne Defekte Grenzflachen bilden konnen.

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 20

Abbildung 2.1: Schematische Bandstruktur bei GaAs-GaAlAs Heterostrukturen.

Aluminium ist Elektronen-Donor, d.h. direkt nach dem Zusammenbringen (vorEinstellung eines Gleichgewichtes) hatte man die Situation in Abb. 2.1(b). ImGleichgewicht muss aber die Fermienergie (chemisches Potential!) uberall gleichsein, sonst wurde spontaner Ladungstransfer einsetzen um dies sicherzustellen.

Elektronen aus der dotierten Seite (links) gehen daher in die Grenzflache, undlassen positiv geladene Al-Ionen zuruck. Elektronen konnen nicht in rechte Seitehinein diffundieren, da sie durch die Ionen in der Grenzschicht gehalten werden.

Dies ergibt starke elektrostatische Felder, siehe Abb. 2.1(c), d.h. Bandkrummung.Dadurch entsteht eine starke Transversalquantisierung (in z Richtung). In x, yRichtung ebene Wellen (keine Einschnurung), aber Potentialtopf entlang z Rich-tung.

Es gibt daher gebundene Zustande, typischer Energieabstand ca. 0.1 eV. Beigeeigneter Wahl der Gatespannungen kann nun erreicht werden, dass nur das

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 21

niedrigste Transversalniveau unterhalb der Fermienergie liegt (d.h. besetzt wird),und alle hoheren Zustande nicht besetzt werden. Dann liegt ein (in x-y Ebenefrei bewegliches) 2DEG vor. Typ. Ausdehnung in z Richtung: ≈ 10 nm.

Es ergibt sich ein 2DEG mit hoher Mobilitat, µ ≈ 106cm2/V s, bei Elektronen-dichten ne ≈ 1012cm−2. Die Mobilitat im Drude-Bild folgt aus Driftgeschwindig-keit vd:

vd = µE

Zusammenhang zu mittlerer freier Weglange l bzw. elastischer Streuzeit τ = l/vFaus dem klassischen Drude-Bild (effekt. Masse m∗):

µ =eτ

m∗

Elektronen haben eigentlich Geschwindigkeit vF , diffundieren aber wie Brown-sches Teilchen aufgrund von Stossen mit Defekten viel langsamer, mit vd ≪ vFlinear in E. Hohe Mobilitat im 2DEG deutet auf sehr schwache Unordnung hin.

Einteilchenbeschreibung (effektive-Masse-Naherung): Potential U(z) gibt

(

− h2

2m∗∆ + U(z)− E)

ψσ(x, y, z) = 0

Losungsansatz:

ψσ(x, y, z) =1√Aei(kxx+kyy)χσξn(z)

mit Spinor χσ und Flache A. Dabei folgt Transversalfunktion aus

(− h2

2m∗d2

dz2+ U(z)− ǫn)ξn(z) = 0

d.h. ǫn sind die gebundenen Zustande (n = 1, 2, 3, . . .).

Gesamtenergie des Elektrons: E = h2

2m∗ (k2x + k2

y) + ǫn

Wir betrachten effektiv den Fall ǫn>1 > EF , so dass nur n = 1 relevant. Der zFreiheitsgrad ist dann ausgefroren.

Jetzt kann zusatzliches Potential V (x, y) vorliegen (viel schwacher als U(z)), dasdurch weitere Gatter erzeugt werden kann. Damit konnen im 2DEG Strukturenerzeugt werden, z.B. Einschnurung in 1D Quantendraht oder in isolierten Quan-tenpunkt. Dann sind allerdings Elektron-Elektron-Wechselwirkungen oft nichtmehr vernachlassigbar!

Zustandsdichte

D(E) = 2∫ dk

(2π)dδ(E − Ek)

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 22

(Faktor 2: Spin!). Fur d = 2 folgt

D(E) = 2∫ ∞

0

kdk

2πδ(E − h2k2

2m∗ )

Mit ξ = h2k2/2m∗ und kdk = m∗dξ/h2:

D(E) =m∗

πh2

∫ ∞

0dξδ(E − ξ) =

m∗

πh2

Zustandsdichte des 2DEG ist konstant.

2.3.2 Quantendrahte

Ein Quantendraht (engl.: quantum wire) kann im 2DEG durch geeigneteSchottky-Gates erzeugt werden, die lithographisch auf der Oberflache der Probeaufgebracht werden und dann auf negative Spannung gelegt werden (Elektronen-verarmung in der Schicht darunter!). Elektrostatische Potentiale im 2DEG dannin guter Naherung in parabolischer Approximation beschreibbar,

V (x, y) =1

2m∗ω2

0y2

Transportrichtung sei hier x, es liegt also Einschnurung entlang der y Richtungvor, vgl. Abb. 2.2.b u

"! "#$%& '(*)!+%),! .-/ 0 # 1,23 45687 "! 9*:*60 #

! a JAbbildung 2.2: Schematischer Versuchsaufbau fur einen eindimensionalen Quan-tendraht.

2D Schrodinger Gleichung wird dann durch Separationsansatz gelost:

ψσ(x, y) =1√Leikxχσψn(y)

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 23

wobei transversale Eigenfunktionen der Gleichung(

− h2

2m∗d2

dy2+

1

2m∗ω2

0y2 − En

)

ψn(y) = 0

genugen. Losung (1D harmonischer Oszillator): ψn sind Hermite Polynome (1.1),En = hω0(n + 1/2), wobei n = 0, 1, 2, . . .. Der Index n numeriert die Banderbzw. Transportkanale im Draht.

Insgesamt ist die Energie eines Zustandes mit Quantenzahlen (n, k, σ) dann

En(k) = (n+ 1/2)hω0 +h2k2

2m∗

vgl. Abb. 2.3.

Abbildung 2.3: Bandstruktur eines Quantendrahtes.

Typische Werte im 2DEG-Quantendraht: hω0 ≈ 5 meV, also viel kleiner als z-Quantisierungsenergie (≈ 100 meV)

Gruppengeschwindigkeit: vn(k) = 1h∂kEn(k) = hkF,n/m

Die Zahl der gefullten Bander N (n = 0, . . . , N − 1) ist dabei durch EF festge-legt, und insbesondere hat jeder besetzte Kanal n < N einen separaten Fermi-Wellenvektor kF,n

Bei T = 0 sind alle Zustande mit |k| < kF,n im Band n besetzt, und die Gesamt-dichte ist (Faktor 2 fur Spin)

ρ = 2∑

n<N

kF,nπ

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 24

Wir betrachten einen Quantendraht der Lange L, adiabatisch verbunden auf bei-den Seiten mit 2DEG ohne Einschnurung (Reservoir). Im linken bzw. rechtenReservoir (sehr gross, hat vom Draht unbeeinflusste Temperatur und chemischesPotential) liege chem. Potential µL/R vor, mit angelegter Spannung eV = µL−µR.Wir interessieren uns nun fur den elektrischen Strom I, welcher durch den Drahtfliessen kann.

Einschnurpotential ist nun mit x-abhangiger Einschnurfrequenz:

V (x, y) =m∗

2ω2

0(x)y2

Form von ω0(x): siehe Abb. 2.4.

Abbildung 2.4: Einschnurpotential: Frequenz als Funktion von x.

Adiabatische Verbindung bedeutet:

d

dxω0(x) ≈ 0

d.h. langsam veranderlich auf Skala λF , keine abrupte Anderung des Potenti-als. Da dieses elektrostatisch erzeugt wird, ist dies oft eine sehr gute Naherung(adiabatische Verbindung).

Adiabatische Naherung bedeutet, dass Eigenfunktionen in diesem Potential fak-torisieren, x wirkt in y-Part nur wie Parameter,

ψσ(x, y) = Ψn(x)ψn(y;ω0 = ω0(x))χσ

wobei (

− h2

2m∗d2

dy2+

1

2m∗ω2

0(x)y2 − Vn(x)

)

ψn(y) = 0

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 25

Abbildung 2.5: Transversaleigenzustande Vn(x), siehe Text.

mit Vn(x) = hω0(x)(n+ 1/2), d.h. einfach durch x reparametrisierter 1D Oszilla-tor. Die Vn(x) sind in Abb. 2.5 gezeigt.

Dann folgt fur die propagierenden Eigenzustande Ψn(x):

(

− h2

2m∗d2

dx2+ Vn(x)− En

)

Ψn(x) = 0

Betrachten wir diese Gleichung am linken Kontakt, vgl. Abb. 2.5, so sehen wirdass (von links her, also vom Reservoir her) zuerst der Kanal n = 2 reflektiertwird, dann auch n = 1, wahrend n = 0 auch im Draht noch unterhalb derFermienergie liegt. Also wird in diesem Draht nur der Kanal n = 0 durch denQuantendraht propagieren, die anderen (n > 0) werden alle am Kontakt reflek-tiert.

Berechnung des Leitwertes G = I/V am elegantesten durch Landauer-Butti-ker Streuformalismus (siehe Bruus/Flensberg). Hier vereinfachte Form; Wirbetrachten die Zwei-Terminal-Geometrie wie oben, ohne Streuung im Draht, undentwickeln den Streuformalismus bzw. Streuzustande fur dieses Problem.

Grundannahme der Landauer-Buttiker (LB) Theorie: Elektron-Elektron-Wechselwirkung sei vernachlassigbar. Dann kann effektiv im Einteilchenbild ge-rechnet werden.

Fur die betrachtete Geometrie (linkes/rechtes Reservoir fur sich im therm. Gleich-gewicht, mit chemischem Potential µL/R, und gleicher Temperatur T ) setzt sichStrom zusammen aus links- (k < 0) und rechts-(k > 0) laufendem Anteil:

I = I+ − I− = I(k > 0)− I(k < 0) = IR − IL

Zustande mit k > 0 sind mit Fermifunktion besetzt, die im linken Reservoir

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 26

determiniert ist (β = 1/kBT )

f+(Ek) =1

1 + exp[β(Ek − µL)]

Entsprechend: Linkslaufer kommen vom rechten Reservoir:

f−(Ek) =1

1 + exp[β(Ek − µR)]

Da verschiedene chemische Potentiale, und wir keinen Streumechanismus zwi-schen Rechts- und Linkslaufern haben, liegen diese auf verschiedenen chemischenPotentialen, kein Gleichgewicht!

Der Rechtslaufer (Linkslaufer) wird dann vom rechten (linken) Reservoir ver-schluckt, ohne Reflexion falls adiabatischer Kontakt vorliegt. Jeder Zustand k > 0gibt dann einen Beitrag ρevn(k) zum Strom I+, wobei die Dichte ρ = 1/L fur eingegebenes Band. Wir betrachten zunachst den spinlosen Fall, mit 1

L

k →∫ dk

2π.

Dann folgt

I+ =e

L

n,k>0

vn(k)f+(En(k))

=e

2πh

N−1∑

n=0

∫ ∞

0dkdEn(k)

dkf+(En(k))

=e

h

n<N

dEf+(E)

Genauso fur I−:

I− =e

h

n<N

dEf−(E)

AlsoI = N

e

h

dE(f+(E)− f−(E))

Nun ist mit Fermifunktion f(E):

g(eV ) ≡∫

dE(f(E − µL)− f(E − µR)) =∫

dE(f(E − eV )− f(E))

Beachte: g(0) = 0 und dg(x)/dx = −f(∞) + f(−∞) = +1, d.h.

g(eV ) = eV

Also folgt (formal fur beliebige Temperatur)

I = Ne2

hV, G = N

e2

h

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 27

Also folgt: G = Ne2/h

Leitwertquantisierung

Widerstand: R = RK/N

Einheit der Quantisierung: Von-Klitzing Konstante, enthalt nur Naturkonstanten,materialunabhangig!

RK =h

e2≈ 25.8kΩ

Jeder transmittierte Kanal bringt Leitwert 2e2/h (mit Spin). Leitwertquantisie-rung kann in kurzen Drahten schon beobachtet werden (erstmalig: 1988), vgl.Abb. 2.6. Dabei wird durch eine backgate Spannung das Einschnurpotential unddie Ladungstragerkonzentration (also EF ) durchgestimmt, d.h. man bekommteine Sequenz von quantisierten Plateaus. Vgl. auch Abb. 2.7 fur den Fall einesQuantenpunktkontaktes (kurzer Quantendraht).

v kM = mKM`Q #jclMVkAZXDkiAe*O2kAZ%#12`MVUig.XDk*U*e*[email protected]'x\TMe*m*mJM`Q n M`]tZm@O2kTM n #j_bOPmAbbildung 2.6: Experimentelle Bestatigung der Leitwertquantisierung in (kurzen)Quantendrahten, sogenannten Quantenpunktkontakten. Siehe z.B. B. van Weeset al., Phys. Rev. Lett. 60, 848 (1988) und D. Wharam et al., J. Phys. C 21,L209 (1988).

Plateau-Werte sind materialunabhangig. Aber: Quantisierung wird durch Unord-nungseffekte bzw. Abweichungen von der perfekten Adiabatizitat zerstort. Defek-te koppeln R und L Laufer, und geben reduzierte Transmissionswahrscheinlich-keiten! Dennoch beobachtbar, fur langen Quantendraht aber schwierig.

Wo kommt der Widerstand h/e2 her? Im Quantendraht wurden keine Streu-er angenommen, d.h. gemass Bloch Theorem wurden wir Widerstand Null er-warten. Dies ist in der Tat der intrinsische Widerstand: Im Draht selbst falltkeine Spannung ab, und eine 4-Terminal Anordnung mit schwach gekoppelten

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 286 K

ε n+1(x)

x

Energy

x

E

Open channel

Closed channel

ε n(x)Gate

Gate

Abbildung 2.7: Schematisch: Quantenpunktkontaktquantisierung.

Spannungsgreifern wurde tatsachlich bei den Hilfskontakten µ1 = µ2 und daherR4t = (µ1 − µ2)/I = 0 liefern.

Achtung: Kein Supraleiter, obwohl Widerstand Null.

Dagegen ist 2-Terminal Leitwert endlich, G = N(2e2/h) (mit Spin).

Grund: Kontaktwiderstand

Durch die Reflektion von Moden aus dem Reservoir an dem Kontakt (vgl.Abb. 2.5) entsteht ein Spannungsabfall (Widerstand) am Kontakt. Dissipationhier nur in den Reservoiren, nicht im Draht! Die intrinsische Leitfahigkeit ist imDraht ∞, trotzdem wird endlicher (und quantisierter) Leitwert gemessen.

Falls Verunreinigungen (Storstellen etc.) im Draht: Allgemeiner Landauer-Butti-ker Formalismus ergibt (mit Spin)

G =2e2

h

n<N

Tn

Landauerformel, 2-Terminal Leitwert

mit Transmissionswahrscheinlichkeit Tn des n.ten Kanals, 0 ≤ Tn ≤ 1. In diesemKapitel hatten wir den perfekten Fall Tn = 1 diskutiert. Daraus folgt die Land-auerformel fur den 4-Terminal Leitwert G4t. Falls N = 1: Kontaktwiderstand istRk = h/2e2, d.h. 4-Terminal-Leitwert folgt aus Serienschaltung der Widerstande

G−1 = Rk +G−14t

also mit T = T1

1/T = 1 +2e2/h

G4t

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 29

d.h.

G4t =2e2

h

T1− T

bzw.

R4t =h

2e21− TT

2.4 Kohlenstoff–basierte Leiter

Im folgenden betrachten wir die Bewegung von Elektronen im periodischenGitter-Potential, das durch Kohlenstoffatome in einer Graphene-Monolage er-zeugt wird, siehe Abb. 2.8. Durch Aufwickeln auf einen Zylinder entstehen Na-norohrchen (carbon nanotubes). Nanorohrchen wurden 1991 entdeckt, wichtigesBeispiel fur eindimensionalen molekularen Leiter. Aufbau siehe Abb. 2.8, aufge-rollte Graphitschicht (Graphen). mK b

! aAbbildung 2.8: Kohlenstoffnanorohrchen. Links: Ideales Graphene-Gitter (Honig-wabenstruktur). Mitte: Aufgerolltes Gitter einer Kohlenstoffnanorohre. Rechts:Rasterkraftmikroskopaufnahme einer elektrisch kontaktierten Nanorohre.

2.4.1 Graphene

Honigwabengitter:

Nachster Nachbar-Abstand zweier Kohlenstoffatome: d = 1.42 A

Gitterkonstante: a =√

3d

Primitive Bravais-Gittertranslationen: a1 = a(1, 0), a2 = a(1/2,√

3/2).

Dabei hat Basis zwei Atome (keine einatomare Basis wahlbar!).

Gitter wird aufgespannt durch primitive Translationsvektoren (n1, n2 ganzzahlig)

T = n1a1 + n2a2 (2.2)

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 30

Reziprokes Gitter des Honigwabengitters wird aufgespannt durch b1 und b2 mit

bi · aj = 2πδij

also

b1 =2π

a(1,−1/

√3)

b2 =2π

a(0, 2/

√3)

Reziproker GittervektorG = m1b1 +m2b2

Abbildung 2.9: Erste Brillouinzone des Honigwabengitters.

Erste Brillouinzone ist Hexagon, siehe Abb. 2.9.

Spezielle Punkte:

Γ : (0, 0), M :2π

a(1/2, 1/2

√3), K : (4π/3a, 0)

Bandstruktur folgt in guter Naherung aus einfachem Tight-Binding Modell, miteinem Leitungselektron (π-Elektron) pro C Atom. Mit n = (n1, n2) und Basisindi-ces p = A,B bezeichnet der Zustand |Tn, A/B〉 die Besetzung dieses Gitterplatzesauf Untergitter A/B. Beim Hupfen zwischen nachsten Nachbarn wird immer dasUntergitter gewechselt, mit t ≈ 2.7 eV.

Effektiv folgt Tight-Binding Modell:

H = −t∑

n,δ

(|Tn, A〉〈Tn + δ, B|+ h.c.)

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 31

wobei die drei Vektoren δ1,2,3 den Gitterplatz A mit den drei nachsten Nachbarnverbinden:

δ1 =a

2(1, 1/

√3), δ2 =

a

2(−1, 1/

√3), δ3 =

a

2(0,−2/

√3)

Diagonalisiere durch Fouriertransformation: (A ist Normierungsflache)

|Tn, A/B〉 =1√A

k∈1.BZ

eik·Tn|k, A/B〉

Dabei ist fur k,k′ in der ersten Brillouinzone

1

A

Tn

ei(k−k′)·Tn =∑

G

δk,k′+G = δk,k′

und es folgt

H = − t

A

T,δ,k,k′

eik·T−ik′·(T+δ)|kA〉〈k′B|+ h.c.

=∑

k∈1.BZ

ξk|kA〉〈kB|+ h.c.

mit

ξk = −t∑

δ

e−ik·δ

= −2t cos(kxa/2)e−ikya/(2√

3) − teikya/√

3

In der (A,B) Basis ist damit

H =∑

k

Hk, Hk =

(

0 ξkξ∗k 0

)

Dispersionsrelation:

Ek = ±|ξk| = ±t√√√√1 + 4 cos2

(

kxa

2

)

+ 4 cos

(

kxa

2

)

cos

(√3kya

2

)

vgl. Abb. 2.10 fur einen Weg von M nach K uber Γ zuruck nach K in der 1.Brillouinzone.

Ohne Dotierung hat man pro C Atom ein freies Elektron, d.h. Elektron-Loch-Symmetrie. Dies bedeutet: EF = 0

Alle Zustande mit E < 0 bilden dann das Valenzband, und das Leitungsbandwird fur E > 0 realisiert. Fermi-Flache besteht dann aus isolierten Punkten (in2D Graphene!), den K Punkten. Davon sind immer drei identisch, da sie nur durch

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 32

Abbildung 2.10: Dispersionsrelation einer 2D Graphene-Schicht.

reziproke Gittervektoren verschieden sind. Es gibt also zwei nicht-aquivalenteFermipunkte (bzw. K Punkte).

Um einen solchen K Punkt herum kann man auf niedrigen Energieskalen |E| ≪t ≈ 2.7 eV (was auch Raumtemperatur umfasst!) die Dispersionsrelation in guterNaherung linearisieren

Eq = v|q|, q = k−K

mit Fermigeschwindigkeit

v =

√3at

2≈ 106m/sec ≈ c/300

Dirac-Kegel, entspricht effektiv masselosen Dirac-Fermionen (Lichtkegel).

Elektronen in Graphene bilden nahe bei EF = 0 aufgrund der Gitterstruktur ef-fektiv masselose Diracteilchen, die mit der Geschwindigkeit v propagieren. Ana-logie zu Licht bzw. QED.

Graphene wurde 2004 von A. Geim und K. Novoselov (Manchester) erstmals inMonolagen prapariert, extrem aktives Feld der aktuellen Festkorperphysik (No-belpreis fur Physik, 2010).

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 33

Grundlagenphysik: Realisierung von Diractheorie in Festkorperphysik, mit etli-chen interessanten Effekten (Klein-Paradoxon, unkonventionelle Quantisierungs-effekte, etc.)

2.4.2 Nanorohrchen

Um 2D Gitter auf Zylinder abzuwickeln, wird ein Gitterpunkt durch einen Uber-gittervektor Tnm wieder auf sich selbst abgebildet, d.h. Tnm geht einmal um denUmfang des Zylinders, 2πR = |Tnm| ergibt dann den Radius der Nanorohre. Diechiralen Indices n und m (wir wahlen o.B.d.A. n ≥ m ≥ 0) legen nun fest, wiesich die C Atome um den Umfang wickeln. Mit Gl. (2.2) folgt

R =a

√n2 + nm+m2

Beispiele:

• Zig-zag Nanorohre, (n, 0), stabil fur n > 5

• Armchair Nanorohre, (n, n), stabil fur n > 3. Haufig kommt n = 10 vor,dann R = 1.4 nm.

• Chirale Nanorohren haben 0 < m < n, dann gibt es Helizitat (rechts- oderlinksdrehend). Zig-zag und Armchair Nanorohren sind die einzigen nicht-drehenden.

Haupteffekt des Ubergittervektors: Transversalquantisierung der erlaubten Im-pulse. Periodische Randbedingungen der Zustande bei Umlauf des Zylinders er-fordert fur ganzzahliges N0:

Tnm · k = 2πN0

Damit die Nanorohre metallisch ist, muss notwendigerweise der K Punkt nochein erlaubter Impuls sein, d.h. dieser Bedingung genugen. Einsetzen von K =(4π/3a, 0) ergibt die Bedingung

2n+m = 3N0 (2.3)

• Zig-zag Nanorohren sind fur n = 3k metallisch, aber sonst isolierend.

• Armchair Nanorohrchen sind immer metallisch.

• Ublicherweise wird bei Fabrikation ein Zufallsgemisch von Chiralitaten(n,m) vorliegen. Dann sind im Mittel 1/3 der Nanorohrchen metallisch,und der Rest isolierend.

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 34

• Die Gultigkeit von (2.3) wurde experimentell verifiziert: an der gleichenNanorohre wurde mit Rastertunnelmikroskopie eine direkte Bestimmungder chiralen Indices (n,m) vorgenommen, und der Leitwert gemessen.

Energielucke ∆E bei halbleitenden bzw. isolierenden Nanorohrchen?

Falls Bedingung (2.3) verletzt ist, liegt eine Energielucke

∆E =2v

3R≈ 1eV

vor.

Nachweis allgemein moglich, hier fur den Fall einer Zig-zag Nanorohre mit N0 6=3k. Bezeichne x als Transportrichtung, und y als um den Umfang. Erlaubte kygenugen dann

kyR = N0

wahrend mit R = na/2π auch Ky = 4π/3a = 2n/3R. Die minimale Abweichungdes K Punktes von einem erlaubten Wellenvektor fur n 6= 3k ist also

|qy| =1

3R

und mit der linearisierten Dispersionsrelation folgt

∆E = E+ − E− = 2E+ = 2v|qy| =2v

3R∝ 1/R

Die Chiralitat ist also von entscheidender Wichtigkeit fur elektronische Eigen-schaften!

Anschaulich: Dirac-Kegel wird von Ebenen ky = constant (erlaubte transversaleWellenvektoren) geschnitten. Falls K Punkt im Schnitt liegt, metallische Na-norohre. Dann 2 Kopien (da 2 K Punkte) von 1D masselosen Diracfermionen.Entspricht einem Quantendraht mit 2 (spin-entarteten) Bandern bei EF .

Ultrasaubere Nanorohren mit mittl. freien Weglangen weit uber 1µm konnenfabriziert und studiert werden.

Bei guten (adiabatischen) Kontakten zu Zuleitungen erwarten wir dann den Leit-wert (Spin- und K-Entartung!)

G = 4e2/h

experimentell beobachtet

Anwendungen

• Rastertunnelmikroskopie-Spitzen

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KAPITEL 2. NICHTWECHSELWIRKENDE ELEKTRONENGASE 35

• Flat panel displays, Feldemission

• Wasserstoffspeicherung (allerdings nicht sehr erfolgreich)

• Molekulare Elektronik

• Nanomechanik (hochster bekannter Young-Modul!)

Weitere Literatur:

M.S. Dresselhaus et al., Science of Fullerenes and carbon nanotubes, AcademicPress, 1996.

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Kapitel 3

Coulomb-Wechselwirkungseffekte

Betrachte weiterhin Jellium-Modell, d.h. effektiv kein periodisches Potential. Bis-her wurden Coulombwechselwirkungen vernachlassigt, jetzt betrachtet wir dieseim Rahmen der Storungstheorie.

Mit Vq = 4πe2/q2 ist H = T + V ,

V =1

2V

σ1,σ2

q 6=0

Vq

k1,k2

c†k1+q,σ1c†k2−q,σ2

ck2,σ2ck1,σ1

Die q = 0 Mode ist ausgeschlossen wg. neutralem Hintergrund, Ladungsneutra-litat: Ionenladung kompensiert gesamte Elektronenladung!

Wann lasst sich V perturbativ behandeln? Einfache Abschatzung durch Vergleichvon kinetischer und potentieller Energie:

ǫkin ≈E(0)

N= (3/5)ǫF ∝ n2/3

Mit mittl. Abstand d ∝ n−1/3 zwischen nachsten Nachbarn:

ǫpot ≈e2

d∝ n1/3

also gilt ǫpot/ǫkin ∝ n−1/3. Fur n→∞ (hohe Dichte) dominiert also die kinetischeEnergie, und Storungstheorie ist gerechtfertigt. Pauliprinzip erhoht kinetischeEnergie so sehr, dass durch hohe Dichte Wechselwirkungseffekte kleiner werden!(Beim klassischen bzw. Bose-Gas genau andersrum!)

Alternativ (und meist in der Literatur gebrauchlich) erfasst man dieses Argumentmit einem dimensionslosen Entwicklungsparameter, dem Bruecknerparame-ter rs, der durch das Verhaltnis vom typischen (halben) Elektronenabstand zumBohrradius a0 bestimmt ist. Letzterer ist beim H Atom (vgl. Coulombpotential!)gegeben als

a0 =h2

m∗e2= 0.053 nm falls m∗ = me

36

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KAPITEL 3. COULOMB-WECHSELWIRKUNGSEFFEKTE 37

also4π

3(rsa0)

3 =V

N=

1

n=

3π2

k3F

ergibt

rs = (9π/4)1/3 1

kFa0

∝ n−1/3

Fur rs ≪ 1 haben wir hohe Dichte, Ekin ≫ Epot, gut durch Modell des Fermigasesbeschrieben.

Fur rs ≫ 1 haben wir niedrige Dichte, Ekin ≪ Epot, Quanteneffekte klein gegenelektrostatische Effekte. Wignerkristall.

Betrachte kleine rs: Entwicklung der Grundzustandsenergie E (also bei T = 0)in rs

Nullte Ordnung gibt Fermigas: (benutze a0 = h/[m∗e2])

E(0)

N=

3

5

h2k2F

2m∗ =3

10(a0e

2)(a0kF )2

a20

=3

5(9π/4)2/3

︸ ︷︷ ︸

=2.21

e2

2a0︸︷︷︸

=1 Ry

1

r2s

=2.21

r2s

[Ry]

Energieeinheit: 1 Rydberg = 13.6 eV.

3.1 Erste Ordnung

Storungstheorie

E(1)

N=

1

N〈FS|V |FS〉 =

1

2NV

σ1,σ2

q 6=0

Vq

k1,k2

〈FS|c†k1+q,σ1c†k2−q,σ2

ck2,σ2ck1,σ1 |FS〉

Wann ist Matrix Element von Null verschieden? Notwendige Bedingung ist |k1| <kF und |k2| < kF . Ausserdem kann wegen q 6= 0 nur der Austausch (Fock) Beitragmitgenommen werden, d.h.

k2 = k1 + q, σ1 = σ2

damit wir wieder zu |FS〉 zuruckkommen. Es gibt hier keinen direkten (Hartree)Beitrag!

Also gilt

〈FS|c†k1+q,σ1c†k2−q,σ2

ck2,σ2ck1,σ1 |FS〉 = −δσ1σ2δk2,k1+q〈FS|nk1+q,σ1nk1,σ1 |FS〉= −δσ1σ2δk2,k1+qΘ(kF − k1)Θ(kF − |k1 + q|)

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KAPITEL 3. COULOMB-WECHSELWIRKUNGSEFFEKTE 38

Spinsummation gibt einfach Faktor 2. Im Kontinuumslimes folgt

E(1)

N= −V

N

∫ d3q

(2π)3

∫ d3k

(2π)3

4πe2

q2Θ(kF − k)Θ(kF − |k + q|)

= −VN

|k|<kF

d3k

(2π)3

|k′|<kF

d3k′

(2π)3

4πe2

|k− k′|2

Benutze Polarkoordinaten, mit dem Winkel θ zwischen k und k′. Winkelintegra-tionen geben dann Faktor 2(2π)2,

d3k∫

d3k′ → 2(2π)2∫ kF

0k2dk

∫ kF

0k′

2dk′

∫ 1

−1d cos θ

und somit

E(1)

N= −V

N

4e2

(2π)3

∫ kF

0k2dk

∫ kF

0k′

2dk′

∫ 1

−1d cos θ

1

k2 + k′2 + 2kk′ cos θ

= − 1

n

e2

4π3

∫ kF

0kdk

∫ kF

0k′dk′

∫ 1

−1dy

1

y + k2+k′2

2kk′︸ ︷︷ ︸

=ln 2kk′+k2+k′2

−2kk′+k2+k′2=2 ln| k′+k

k′−k |

= − e2

2π3n

∫ kF

0kdk

∫ kF

0k′dk′ ln

∣∣∣∣∣

k′ + k

k′ − k

∣∣∣∣∣

Jetzt reskalieren: k = kFx, k′ = kFx

E(1)

N= − e

2k4F

2π3n

∫ 1

0xdx

∫ 1

0x′dx′ ln

∣∣∣∣∣

x′ + x

x′ − x

∣∣∣∣∣

︸ ︷︷ ︸

=1/2

= − e2

2a0︸︷︷︸

=1 Ry

· (a0kF )︸ ︷︷ ︸

=(9π/4)1/3r−1s

· k3F

2π3n︸ ︷︷ ︸

=3/2π

= −0.916

rs[Ry]

Insgesamt

E(0) + E(1)

N

∣∣∣∣∣rs→0

= (2.211r−2s − 0.916r−1

s + · · ·) [Ry]

Vgl. Abb. 3.1.

Sagt Minimum (besondere Stabilitat!) der Energie bei rs ≈ 4.8 voraus (dies ist ei-gentlich aber ausserhalb der Storungstheorie!). Durch repulsive Elektron-ElektronWechselwirkung kommt es zu Stabilisierung des Elektronengases. Grund: Aus-tauschkrafte bringen Vorzeichenanderung (Fockterm). Bindung in Metallen durchrepulsive Wechselwirkungen moglich!

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KAPITEL 3. COULOMB-WECHSELWIRKUNGSEFFEKTE 39 !

©È¾¬§# Àɧ À¼°£#¦ ­¨§· ! « ® ¦#© Ï ¾·¾¨Ã¦²#«¬ ° ¤ ¡¬ Ï ¤ ® ® ¤ ¤#¤Abbildung 3.1: Gesamtenergie pro Teilchen im Grundzustand eines schwach wech-selwirkenden Fermigases: Storungstheorie in 1. Ordnung.

3.2 2. Ordnung

Nachste Ordnung in V ??

Uberraschung: es treten Divergenzen auf, auch in allen weiteren Ordnungen...

Korrektur in Storungstheorie 2. Ordnung :

E(2)

N=

1

N

|ν〉6=|FS〉

〈FS|V |ν〉〈ν|V |FS〉E(0) − Eν

durch Summation uber alle Zwischenzustande |ν〉 (ausser |FS〉) mit Energie Eν .Diese enthalten immer 2 Elektron-Loch Paare, vgl. Abb. 3.2.

Direkter Term (Hartree) verursacht Infrarot (IR) Divergenz, der indirekte Termist wohldefiniert und gibt endliche Korrektur.

Betrachte nur direkten Beitrag:

|ν〉 = Θ(|k1+q|−kF )Θ(|k2−q|−kF )Θ(kF−k1)Θ(kF−k2)c†k1+q,σ1

c†k2−q,σ2ck2,σ2

ck1,σ1|FS〉

Energiedifferenz (zur Erzeugung des Elektron-Loch Paars)

E(0) − Eν =h2

2m(k2

1 + k22 − (k1 + q)2 − (k2 − q)2)

Fur q → 0 verhalt sich dies wie E(0) − Eν ∝ q. Damit folgt Energiekorrektur:

E(2)direkt =

1

V 2

q 6=0,k1,k2

σ1,σ2

(Vq/2)2

E(0) − EνΘ(|k1+q|−kF )Θ(|k2−q|−kF )Θ(kF−k1)Θ(kF−k2)

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KAPITEL 3. COULOMB-WECHSELWIRKUNGSEFFEKTE 40 u

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wAbbildung 3.2: Prozesse in 2. Ordnung.

Abschatzung fur q → 0:

k1

Θ(|k1 + q| − kF )Θ(kF − k1) ∝ q

ebenso fur k2 Summe. Beachte: verschwindet fur q = 0 !

Damit folgt:

E(2)direkt ∝

0dq q2

︸︷︷︸

Integrationsmass

· 1

q4

︸︷︷︸

Potential Vq

· 1

q︸︷︷︸

Nenner

·q · q ∝∫

0

dq

q→∞

logarithmische IR Divergenz !

Direkte Storungstheorie fur Coulomb-Wechselwirkung unmoglich. Nichtperturba-tives Problem, langreichweitiger Schwanz des Coulombpotentials erfordert immerAufsummation aller Ordnungen: Abschirmung. (siehe spater!)

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Kapitel 4

Phononen

Phononen = quantisierte Schwingungsmoden des Ionengitters

Verantwortlich u.a. fur

• Schallausbreitung in Festkorpern

• Elastische Eigenschaften

• Elektrischer Widerstand

• Supraleitung

entsprechen harmonischen Oszillatoren (Bosonen), Bose-Einstein Verteilung mitµ = 0.

4.1 Phononen einer 1D Kette

Betrachte 1D Kette mit Lange L = Na (a: Gitterkonstante, period. Randbed.),mit N gleichen Ionen der Masse M . Siehe Abb. 4.1. Ruhelagen seien R0

j , mitR0j+1 −R0

j = a. Auslenkungen aus Ruhelage seien uj(t). Wieder: uN+1 = u1.

Krafte zwischen Ionen sind elektrostatischer Natur, durch Entwickeln um Ruhela-ge wird fur kleine Auslenkungen immer eine lineare (harmonische) Ruckstellkraftbewirkt: Federmodell mit Federkonstante K (Hooke’sches Gesetz). Dies ergibtHamiltonian

Hph =N∑

j=1

(

p2j

2M+K

2(uj − uj−1)

2

)

Quantisierung durch[pj, uj′ ]− = −ihδjj′

41

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KAPITEL 4. PHONONEN 42 6 Eu ` u

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%& '( )* +, -. //013246587 132495;: 1324 1324=<>:

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DCFEHGJILKNMPONQSRUT6VXWZY\[][ Z^_Ia`cb Z`Fdfehg Z[JikjlYceJe +nm WZY\[][ Z^_Io^_`Fd8e][JYcdp[ m YcdfqrYsdHI9Y\GJI9eJ[tdHI DCFivuw`cGAbbildung 4.1: 1D Kette schwingender Ionen, siehe Text.

Da Gleichgewichtsproblem periodisch, gehen wir zum reziproken Raum uber. Er-ste Brillouinzone:

1.BZ = −πa

+ ∆k,−πa

+ 2∆k, . . . ,π

a= −π

a+N∆k

mit ∆k = 2π/L = 2π/Na. Enthalt genau N Wellenzahlen kj, j = 1, . . . , N .

Diskrete Fouriertransformation

pj =1√N

k∈1.BZ

pkeikR0

j

uj =1√N

k∈1.BZ

ukeikR0

j

umgekehrt:

pk =1√N

N∑

j=1

pje−ikR0

j

usw., wobei

δk,0 =1

N

N∑

j=1

e−ikR0j

Einsetzen ergibt diagonalisierten Hamiltonoperator:

Hph =1

2MN

N∑

j=1

k,k′

ei(k+k′)R0

j pkpk′

+K

2N

N∑

j=1

k,k′ei(k+k

′)R0j

(

1 + e−ika−ik′a − e−ika − e−ik′a

)

ukuk′

=1

2M

k

pkp−k +1

2

k

Mω2kuku−k

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KAPITEL 4. PHONONEN 43

Frequenzen

ωk = 2√

K/M | sin(ka/2)|Quantisierungsbedingung bedeutet nun:

[pk, uk′ ]− =1

N

jj′

e−ikR0j e

−ik′R0j′ [pj, uj′ ]−︸ ︷︷ ︸

=−ihδjj′

= −ih 1

N

j

e−i(k+k′)R0

j

also[pk, u−k′ ]− = −ihδkk′

Dabei ist pk nicht Hermitesch, obwohl pj hermitesch ist:

p†k =1

N

j

pjeikR0

j = p−k

ebenso: u†k = u−k.

Wir bilden Bosonen-Leiteroperatoren bk, b†k daher uber

bk =1√2

(

uklk

+ ipkh/lk

)

mit lk =√

h/Mωk = l−k. Dies ergibt

b†k =1√2

(

u−klk− i p−k

h/lk

)

und damit

[bk, b†k′ ]− =

1

2[uklk

+ ipkh/lk

,u−k′

lk′− i p−k′

h/lk′]− = − i

h[uk, p−k′ ]− = δkk′

Ausserdem gilt

b†kbk =1

2(uku−k/l

2k + (l2k/h

2)pkp−k) + const.

Gitterschwingungen entsprechen einem quantisierten Satz von harmonischen Os-zillatoren: Phononen

Hph =∑

k∈1.BZ

hωk(b†kbk + 1/2)

mit fundamentaler Algebra [bk, b†k′ ]− = δkk′ . Frequenz: ωk = 2

K/M | sin(ka/2)|,siehe Abb. 4.2(a).

Niederenergielimes (langwellig): lineare Dispersion ωk = vs|k|, Schallwelle mitSchallgeschwindigkeit

vs =

K

Ma

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KAPITEL 4. PHONONEN 44 M M A3ff ww

"!$# &%'# "(#)+* )+* )+* )+*

, -., ,/ / / /B DCFEHGJIlKNMPKNQhifIo8if`FdH`Fdq Ze]wI6Gye D`FdGJI9WZY\[ Z`Fdb`cG3[JiHGyI6Iq I6GyI9dp[zT6VWZY\[][ Z^_I9e6M µ Yp¶ËRXeJNe][]I9j+ µ µ µ

Abbildung 4.2: Phononendispersionsrelation einer 1D Kette.

“akustisches Phonon”

Besetzungszahlen nk = 0, 1, 2, . . . sind dann durch Bose-Einstein Verteilung (mitµ = 0) geregelt.

Analoge Rechnung mit 2 verschiedenen Atomen pro Elementarzelle, sieheAbb. 4.2, ergibt zusatzliches “optisches Phonon” (gegenphasige Schwingung),siehe Abb. 4.3, d.h. 2 Phononenzweige, entsprechend a → 2a (halbierte Bril-louinzone). Hier Dispersionsrelation relativ flach, d.h. ωk→0 = cst. 6 E

DCFEHGJIaKNM HQ µ Yp¶SRËdYc^_`FEfe][ Z^6YcW>Ycdfq µ u¶¢Ycd`cf[ |^6YcW;8iH`FdH`Fdi8Y9 ZdHC[JiHI SgSY9cIoWZI9dHCc[Jibx`cGAbbildung 4.3: Optisches vs akustisches Phonon.

Da diese Schwingung ionischen Charakter hat (Dipolmoment), koppelt sie anelektromagnetische Wellen (Licht), und kann optisch angeregt werden.

Analog bei p Ionen pro Elementarzelle: p Zweige, λ = 1, . . . , p

1 akustischer Zweig (λ = 1)

p-1 optische Zweige (λ = 2, . . . , p)

Hph =∑

k,λ

hωkλ(b†kλbkλ + 1/2)

[bkλ, b†k′λ′ ]− = δλλ′δkk′

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KAPITEL 4. PHONONEN 45

4.2 3D Phononen

Wichtigste Neuerung in 3D: Polarisation, vgl. Photon. Bisher nur longitudinaleSchwingung (in der 1D Richtung), jetzt kann Auslenkung u(R0

j) des Ions beiRuhelage R0

j auch in andere Richtung als k gehen! Betrachte der Einfachheithalber einatomares Bravaisgitter (d.h. nur akustische Moden, p = 1, 1 Ion proElementarzelle).

Entwicklung der potentiellen Energie um Ruhelagen bis zur quadratischen Ord-nung (lineare Ordnung verschwindet da wir um Gleichgewicht herum entwickeln!)

U = U0 +1

2

R01,R

02

α,β=x,y,z

uα(R01)Dαβ(R

01 −R0

2)uβ(R02)

mit Kraftmatrix (entspricht Federkonstanten)

Dαβ(R01 −R0

2) =∂2U

∂uα(R01)∂uβ(R

02)

∣∣∣∣∣u=0

Hangt nur von Differenz R01−R0

2 ab, da Potential invariant unter globaler Trans-lation R0

1 → R01 + X, R0

2 → R02 + X.

Fouriertransformation:

f(R0j) =

1

N

k∈1.BZ

f(k)eik·R0j , f(k) =

R0j

f(R0j)e

−ik·R0j

AlsoDαβ(k) =

R0

Dαβ(R0)e−ik·R

0

Symmetrien von D?

1. Vertauschbarkeit gemischter Ableitungen impliziert

(D(R0))T = D(R0)

2. Da unter Verschiebung aller Koordinaten um gleichen Vektor Energie inva-riant, muss fur u(R0) = d (fur alle R0) gelten:

0 =∑

R01,R

02

dT ·D(R01 −R0

2) · d

Da d beliebig, folgt∑

R0

Dαβ(R0) = 0

bzw. Dαβ(k = 0) = 0.

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KAPITEL 4. PHONONEN 46

3. Falls Kristall Inversionssymmetrie besitzt, folgt auch

D(−R0) = D(R0)

Dann folgt, dass D(k) eine symmetrische reelle 3× 3 Matrix ist:

D(k) =1

2

R0

(D(R0)+D(−R0))e−ik·R0

=1

2

R0

(eik·R0

+ e−ik·R0 − 2)

︸ ︷︷ ︸

=−4 sin2(k·R0/2)

D(R0)

wobei die zweite Relation verwendet wurde.

Im Folgenden sei Inversionssymmetrie angenommen. Dann kann D(k) durch reelleEigenwerte Kk,λ mit λ = 1, 2, 3 und orthonormierte Eigenvektoren ǫk,1, ǫk,2, ǫk,3(Polarisations-Einheitsvektoren) dargestellt werden:

D(k)ǫk,λ = Kk,λǫk,λ (4.1)

mit ǫk,λ · ǫk,λ′ = δλλ′

Bewegungsgleichung der Ionen:

M∂2t uα(R

0) = − ∂U

∂uα(R0)= −

R01,β

Dαβ(R0 −R0

1)︸ ︷︷ ︸

= 1N

keik·(R0−R0

1)D(k)

uβ(R01)

Losungsansatz: u(R0, t) ∝ ǫk,λei(k·R0−ωt)

ergibtMω2ǫk,λ = D(k)ǫk,λ

Wahl der ǫ Vektoren als Losungen des Eigenwertproblems (4.1) ergibt Eigenfre-quenzen

ωk,λ =√

Kk,λ/M

mit Eigenmodeuk,λ(R

0, t) = ǫk,λei(k·R0−ωk,λt)

Jetzt zweite Quantisierung, wie bei 1D Phonon: Mit lk,λ =√

h/Mωk,λ

uk,λ =lk,λ√

2(b†−k,λ + bk,λ)

mit Algebra [bk,λ, b†k′,λ′ ]− = δλλ′δk,k′

Hamiltonoperator des freien Phononensystems (noch ungekoppelt an Elektronen)

Hph =∑

k,λ

hωk,λ(b†k,λbk,λ + 1/2)

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KAPITEL 4. PHONONEN 47 6 E

µ mAbbildung 4.4: Phononenspektrum eines 3D Kristalls mit p > 1.

Verallgemeinerung: mit p Ionen pro EZ gibt es in D = 3 Dimensionen insgesamt3p Phononenzweige, λ = 1, . . . , 3p. Davon sind 3 akustisch, ωk→0,λ = vλk, und3(p− 1) optische Zweige.

Weitere Klassifikation:

1 Longitudinal Akustische (LA) Mode

2 Transversal Akustische (TA) Moden

p− 1 Longitudinal Optische (LO) Moden

2(p− 1) Transversal Optische (TO) Moden

vgl. Abb. 4.4. Da in longitudinaler Richtung i.a. grossere Ruckstellkraft (unddaher grossere Federkonstante), gilt meist vLA > vTA bzw. ωLO > ωTO.

4.3 Debyemodell

Niederenergetische Anregungen: akustische Phononen, ωλ(k) ≈ vλk (λ = 1, 2, 3).Spezifische Warme mittelt uber die drei Zweige, betrachte daher einfacheresDebye-Modell mit

ǫ = hvDk, vλ = vD

plus Bandbreite (Cutoff) k < kD so dass Gesamtzahl der Moden korrekt:

Nion =∑

k∈1.BZ

=V

(2π)3

k<kD

d3k =V

(2π)3

4πk3D

3

(pro Polarisation λ)

Debyeenergie: hωD = hvDkD = kBTD, typischer Wert ist TD ≈ 10 bis 1000 K inMetallen.

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KAPITEL 4. PHONONEN 48

Dies ergibt6π2Nion(hvD)3 = V (kBTD)3, (4.2)

d.h. TD ∝ N1/3ion . Vgl. mit Skalierung der Fermienergie - anderer Exponent wegen

geanderter Dispersionsrelation.

Zustandsdichte der Phononen (Faktor 3 da λ = 1, 2, 3):

Dph(ǫ) = 3dNion(ǫ)

mit Nion = V6π2 (ǫ/hvD)3. Also

Dph(ǫ) =3V

2π2

ǫ2

(hvD)3Θ(kBTD − ǫ)

Debye’sche Phononenzustandsdichte.

Damit folgt mit Bose-Einstein-Verteilung die innere Energie:

E(T ) =∫

dǫ ǫDph(ǫ)1

eǫ/kBT − 1︸ ︷︷ ︸

=nBE(ǫ)

=3V

2π2

1

(hvD)3

∫ kBTD

0dǫ

ǫ3

eǫ/kBT − 1

=3V

2π2(kBTD/hvD)3

︸ ︷︷ ︸

=9Nion

kBTD(T/TD)4∫ TD/T

0dx

x3

ex − 1

Dabei im letzten Schritt Substitution x = ǫ/kBT und Benutzen von Gl. (4.2).Beachte: vD taucht nicht mehr auf, E ist universelle Funktion von T/TD.

Analog folgt spez. Warme der Phononen:

CV (T ) =∂E

∂T

Falls T ≫ TD, folgt nach kurzer Rechnung das Dulong-Petit Gesetz CV =3NionkB. Falls T ≪ TD, ergibt sich das Debye’sche CV ∼ T 3 Gesetz.

Beitrag der optischen Phononen exponentiell klein bei kBT ≪ hωO, kann durchEinsteinmodell (Zustandsdichte δ-peak) gut beschrieben werden.

4.4 Elektron-Phonon-Kopplung

Im perfekt periodischen Gitter findet keine Streuung eines Blochelektrons statt.Bei Auslenkung der Ionen entsteht aber lokales elektrisches Dipolmoment, dasdann |k, σ〉 → |k′, σ〉 streut.

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KAPITEL 4. PHONONEN 49

Coulombenergie des Elektrons durch Ionenfeld

Ve−ion = −e∫

d3rρel(r)Nion∑

j=1

Vion(r−R0j − uj)

Summation uber el. Potentiale der verschiedenen Ionen.

Taylorentwicklung fur kleine uj: Nullte Ordnung gibt einfach das periodischePotential der Blochtheorie,

V(0)e−ion = −e

d3rρel(r)∑

j

Vion(r−R0j)

Fuhrende Elektron-Phonon Wechselwirkung kommt aus linearem Term:

Ve−ph = +e∫

d3rρel(r)∑

j

uj · ∇rVion(r−R0j)

Fouriertransformation: q sei Phononenvektor ∈ 1.BZ. Potential eines Ions ist

Vion(r) =1

V

p

Vpeip·r

Summe uber alle p, nicht nur 1.BZ! Also p = q + G mit rez. Gittervektoren Gdarstellbar,

∇rVion(r−R0j) =

1

V

q∈1.BZ,G

i(q + G)Vq+Gei(q+G)·re−iq·R

0j

Mit

uj =1

N

k∈1.BZ,λ

lk,λ√2(bk,λ + b†−k,λ)ǫk,λe

ik·R0j

und k = q aus j Summation:

e∑

j

uj · ∇rVion(r−R0j) =

1

V

q∈1.BZ,λ

G

gq,G,λ(bq,λ + b†−q,λ)ei(q+G)·r

mit Kopplungsmatrixelement

gq,G,λ =ielq,λ√

2Vq+G [(q + G) · ǫq,λ]

Einsetzen in H, mit (k beliebig)

ρel(r) =1

V

k,p,σ

e−ip·rc†k+p,σck,σ

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KAPITEL 4. PHONONEN 50

ergibt Frohlich-Hamiltonoperator der Elektron-Phonon Wechselwirkung:

Ve−ph =1

V

k,p,σ

q∈1.BZ,λ

G

gq,G,λ(bq,λ + b†−q,λ)c†k+p,σck,σ

× 1

V

d3re−ip·rei(q+G)·r

︸ ︷︷ ︸

=δp,q+G

=1

V

q∈1.BZ,λ

G

gq,G,λc†k+q+G,σck,σ(bq,λ + b†−q,λ) 3f 6 m N Q 6 m

!

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Abbildung 4.5: Elementarprozess des e-ph Wechselwirkungs-Hamiltonoperatorsnach Frohlich.

Graphische Veranschaulichung (Feynman-Vertex): siehe Abb. 4.5.

Entweder Phononenemission mit Impuls −q oder Phononenabsorption mit Im-puls q (falls Phononenzustand besetzt).

Beachte: Impuls des auslaufenden Elektrons kann um G geandert werden, fallsentsprechende Kopplungskonstante gG 6= 0. Konsequenz des periodischen Gitters.

Klassifikation:

N-Prozess (Normal-Prozess): G = 0

U-Prozess (Umklapp-Prozess): G 6= 0

Normalerweise sind U-Prozesse unterdruckt, da Kopplungselement ∝ Vq+G ∝|q + G|−2. Ausserdem ist Phasenraum fur U Prozesse i.a. klein; manche Grossensind aber nur durch U Prozesse beeinflusst!

Im Folgenden nur N Prozesse: Dann

gq,λ = ie(lq,λ/√

2)Vqq · ǫq,λ 6= 0

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KAPITEL 4. PHONONEN 51

nur fur longitudinal polarisierte Phononen, λ = λL. Behalt man zusatzlich nurakustische (niederenerg.!) Phononen, koppeln Elektronen nur an die LA Mode an(eine einzige!). Einfachster aber wichtiger Fall:

V Ne−ph =

1

V

k,σ

q∈1.BZ

gqc†k+q,σck,σ(bq + b†−q)

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Kapitel 5

Magnetismus

5.1 Mean-field Theorie (MFT)

Idee: Betrachte echte Wechselwirkung angenahert durch ein effektives “externes”Feld, das dann selbstkonsistent zu bestimmen ist. Alle Wechselwirkungseffektedaruber hinaus heissen Korrelationen.

Spezielle Formulierungen:

• Allg. Phanomenologie: Landautheorie

• Elektronengas: Hartree-Fock Theorie

• Fur lokalisierten Ferromagnet: Molekularfeldtheorie

• Fur itinerante (metallische) Ferromagneten: Stonertheorie

• Supraleitung: BCS Theorie

5.1.1 Beispiel

Betrachte zunachst zwei fermionische Teilchensorten mit Operatoren aν , bµ,wobei wir nur Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Spezies erlauben:

H = H0 + VI

H0 =∑

ν

ξaνa†νaν +

µ

ξbµb†µbµ

VI =∑

νν′µµ′

Vνµ;ν′µ′a†νb

†µbµ′aν′

52

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KAPITEL 5. MAGNETISMUS 53

Wir schreiben nuna†νaν′ = 〈a†νaν′〉+ dνν′

b†µbµ′ = 〈b†µbµ′〉+ eµµ′

wobei dνν′ und eµµ′ klein seien (d.h. Fluktuationen um Mittelwert seien klein).Dabei sind die Mittelwerte zunachst unbekannt und selbstkonsistent zu bestim-men.

Schematisch haben wir also die Situation

VI = AB = [〈A〉+ (A− 〈A〉)︸ ︷︷ ︸

δA

] · [〈B〉+ (B − 〈B〉)] = δAδB + V MFI

mitV MFI = A〈B〉+B〈A〉 − 〈A〉〈B〉

Damit gilt auch 〈V MFI 〉 = 〈A〉〈B〉. Subtraktion der Konstanten, damit keine

Doppelzahlungen entstehen.

Ubertragen auf unser Problem folgt

VMF =∑

νν′µµ′Vνµ;ν′µ′

(

a†νaν′〈b†µbµ′〉+ 〈a†νaν′〉b†µbµ′ − 〈a†νaν′〉〈b†µbµ′〉)

Wenn die Fluktuationsquadrate weggelassen werden (MFT), so verbleibt ein ef-fektives Einteilchenproblem, da immer elementar losbar ist!

Einzige Komplikation:

Selbstkonsistenzforderung:

Die Erwartungswerte 〈a†νaν′〉 etc. sind Input in HMF = H0 + VMF , und mussenselbstkonsistent bestimmt werden, d.h. es muss gelten

〈a†νaν′〉MF ≡1

ZMF

Tr(

e−βHMF a†νaν′)

= 〈a†νaν′〉

Diese Forderung folgt aus Minimierung der freien Energie FMF = −kBT lnZMF

des MFT Hamiltonoperators, z.B.

0 = −kBTd lnZMF

d〈a†νaν′〉

=1

ZMF

Tr

(

e−βHMFdHMF

d〈a†νaν′〉

)

= Z−1MF

µµ′

Vνµ;ν′µ′Tr(

e−βHMF (b†µbµ′ − 〈b†µbµ′〉))

=∑

µµ′Vνµ;ν′µ′

(

〈b†µbµ′〉MF − 〈b†µbµ′〉)

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KAPITEL 5. MAGNETISMUS 54

Das muss fur jedes Paar νν ′ gelten, daher folgt Selbstkonsistenzforderung

〈b†µbµ′〉MF = 〈b†µbµ′〉

Um die Qualitat der MFT Vorhersage abzuschatzen, muss man den Erwartungs-wert der Fluktuationen unter Mitnahme der vernachlassigten Terme berechnen.

5.1.2 Ordnungsparameter

Physikalische Einsicht muss Wahl der MFT Parameter 〈a†νaν′〉 etc. bestimmen,da sonst zu viele freie Parameter.

Symmetrien des Problems helfen hierbei. Allerdings: gebrochene Symmetrien,Ordnungsparameter mussen erkannt werden.

Beispiel:

Translationssymmetrie impliziert

〈c†kck′〉 = nkδkk′

d.h. MF Parameter nur fur k = k′ von Null verschieden.

Dies sieht man aus

〈c†kck′〉 =1

V

d3rd3r′e−ik′·r′eik·r 〈ψ†(r)ψ(r′)〉

︸ ︷︷ ︸

=f(r−r′)

wg. Homogenitat. Integration uber r + r′ ergibt dann k = k′.

Vorsicht: Spontane Symmetriebrechung kann vorliegen, d.h. Korrelationsfunktionbzw. Grundzustand besitzt ggf. nicht mehr kontinuierliche Translationssymmetrie(Homogenitat).

Dann: geordneter Zustand, Kristallbildung, z.B. Wignerkristall, Ladungsdichte-welle

〈ψ†(r)ψ(r′)〉 = h(r, r′)

mit h(r, r′) = h(r + R, r′ + R) fur reziproke Gittervektoren R des (spontanentstandenen) Kristallgitters! Dann ist mit

R ·Q = 2π

ein Satz reziproker Gittervektoren Q definiert, fur die entsprechend bei Q 6= 0gilt

ρQ =∑

k,σ

〈c†k+Q,σckσ〉 6= 0

Ordnungsparameter fur Kristallbildung. Also: Vorsicht bei Wahl der MF Para-meter.

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KAPITEL 5. MAGNETISMUS 55

Vorteil MFT: Spontane Symmetriebrechung kann in den Standardformalismusder Statistischen Mechanik eingebaut werden, durch Wahl geeigneter MF Para-meter, welche Ordnungsparametern entsprechen.

Beispiele fur Ordnungsparameter in der Festkorperphysik:

• Kristallbildung: Dichtemodulation (Gitter!) ρQ

• Ferromagnet: Magnetisierung M =∑

k,σ σ〈c†kσckσ〉

• Supraleiter: Cooperpaar-Kondensat Ψ =∑

k〈ck↑c−k↓〉

• Bose Einstein Kondensation: Besetzung des k = 0 Zustandes, nk=0/N

5.1.3 Hartree-Fock (HF) Naherung

Jetzt nur eine Teilchenspezies (Elektronen), ν, µ geht also uber gleichen Satz vonEinteilchen-Zustanden.

Dann leichte Komplikation: Wechselwirkungen konnen von direktem (Hartree)oder von Austausch (Fock) Typ sein. Austausch Wechselwirkung nur bei identi-schen Teilchen!

Fur diesen Fall wird MFT auch Hartree-Fock Theorie genannt.

Hamiltonoperator H = H0 + VI ist jetzt mit ν = (k, σ), ξν = ǫν − µ und ǫν =h2k2/2m gegeben als

H0 =∑

ν

ξνc†νcν

VI =1

2

νν′µµ′Vνµ;ν′µ′c

†νc

†µcµ′cν′

Wahl der MF Parameter? Schliessen wir anomale Erwartungswerte (d.h. Supra-leitung) aus, so kommt in Frage:

nνν′ = 〈c†νcν′〉

Mit c†νcν′ = nνν′ + (c†νcν′ − nνν′) folgt wie oben

V MFI = V Hartree

I + V FockI

Hartree-Beitrag wie oben:

V HartreeI =

1

2

νν′µµ′

Vνµ;ν′µ′

(

nµµ′c†νcν′ + nνν′c

†µcµ′ − nνν′nµµ′〉

)

Zusatzlich kommt jetzt aber Austauschbeitrag durch Paarung “uber Kreuz”, d.h.c†νc

†µcµ′cν′ → −c†νcµ′c†µcν′ .

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KAPITEL 5. MAGNETISMUS 56

Ergibt Fockterm:

V FockI = −1

2

νν′µµ′Vνµ;ν′µ′

(

nνµ′c†µcν′ + nµν′c

†νcµ′ − nµν′nνµ′

)

wichtig: Minus-Vorzeichen, ergibt effektiv attraktive Wechselwirkung!

Gesamter MF Hamiltonoperator: HMF = H0 + V HartreeI + V Fock

I

Effektives Einteilchenproblem plus Selbstkonsistenzforderung.

Jetzt: betrachte homogenes Elektronengas

Annahme: keine Kristallbildung (d.h. Wignerkristall oder Ladungsdichtewellen-Instabilitat sei ausgeschlossen). Einteilchen-Quantenzahlen ν = (k, σ), MF Para-meter sind unter dieser Annahme

nkσ = 〈c†kσckσ〉d.h. nνν′ ∝ δνν′ .

Damit folgt [ohne detaillierte Rechnung, ergibt sich aus obigen Gleichungen] Har-tree Fock Hamiltonoperator

HHF =∑

ξHFk,σ c†kσckσ + cst.

mitξHFk,σ = ǫk − µ+

k′σ′

(V (0)− δσσ′V (k− k′))nk′σ′

Hartree Beitrag ergibt also NV (0). Dieser Beitrag wird vom positiven Ionen-Ladungshintergrund weggehoben (naiv divergent!), Elektroneutralitat! Dabei istnk,σ selbstkonsistent zu bestimmen.

Oft wird angenommen, dass nk,↑ = nk,↓, bricht aber zusammen wenn Ferromagnetvorliegt (s.u.).

5.2 Ferromagnetismus

In der Natur tritt Ferromagnetismus im wesentlichen in 2 Varianten auf:

• Ionische Ferromagneten sind Isolatoren, magnetische Momente sind lo-kalisiert, durch freie Elektronen in innere Schalen (z.B. f-Schale). Wechsel-wirkung verschiedener Spins Si (quantenmechanische Spinoperatoren, z.B.Paulimatrizen fur S = 1/2) kann effektiv durch Heisenbergmodell bzw.anisotrope Version (Isingmodell) beschrieben werden.

• Itinerante Ferromagneten sind Metalle, gute Leiter, d.h. die frei beweg-lichen Leitungselektronen werden spinpolarisiert.

Beide mussen separat beschrieben werden.

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KAPITEL 5. MAGNETISMUS 57

5.2.1 Heisenbergmodell: Ionische Ferromagneten

Bemerkung: Isingmodell ist extrem anisotrope Variante des Heisenbergmodells.

Austauscheffekte zwischen nachste-Nachbar Spins ergeben bei niedrigen Ener-gieskalen (dort nur Spinanregungen) das Heisenbergmodell (hier: S = 1/2)

H = −2J∑

i,j

JijSi · Sj

mit Si = h2σi (Paulimatrizen) des Ions am i.ten Gitterplatz.

Austauschwechselwirkung ist extrem kurzreichweitig, daher setzen wir Jij = J0

fur (i, j) nachste Nachbarn, und Jij = 0 sonst. Falls J0 < 0, antiferromagnetisch,fur J0 > 0 ferromagnetische Wechselwirkung. Wir nehmen J0 > 0 an.

Heisenbergmodell nur in 1D exakt losbar. Hier: MFT (Molekularfeldtheorie).

HMF = −2∑

ij

Jij(〈Si〉 · Sj + 〈Sj〉 · Si − 〈Si〉 · 〈Sj〉)

Annahme spontan gebrochener Spinrotations-Symmetrie (ferromagn. Phase):〈Si〉 6= 0

Translationssymmetrie (nicht beim Antiferromagneten!) impliziert dass dies un-abh. vom Gitterplatz ist. Wahle Quantisierungsachse ez:

〈Si〉 = 〈Sz〉ez

Effektives magn. Feld (Molekularfeld) auf Platz i, gleich auf allen Gitterplatzen:

B(i) = B = 2∑

j

Jij〈Sz〉ez = 2nJ0〈Sz〉ez = Bez

fur Koordinationszahl n (Zahl nachster Nachbarn eines Gitterplatzes, fur kubi-sches Gitter in D Dimensionen ist n = 2D). Hier wird angenommen, dass keinexternes Magnetfeld anliegt.

Dann ist bei N Gitterplatzen (Faktor 2, da 2 Terme in HMF !)

HMF = −2B ·∑

i

Si +BN 〈Sz〉︸ ︷︷ ︸

=B/2nJ0

Effektives Ein-Spin-Problem, elementar losbar (werte Spur mit Eigenzustanden|σz = ±1〉 aus):

ZMF =(

Tre−β[−2B·S+B2/2nJ0])N

= e−βNB2

2nJ0 (2 cosh(βB))N

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KAPITEL 5. MAGNETISMUS 58

also freie Energie pro Gitterplatz

fMF = −kBTN

lnZMF =B2

2nJ0

− 1

βln[2 cosh(βB)]

Minimieren ergibt Selbstkonsistenzforderung an B:

∂BfMF (B) = 0 =B

nJ0

− tanh(βB)

Dimensionslose Grossen: α = B/nJ0, b = nJ0/(kBT )

α = tanh(bα)

Losung wie beim Isingmodell. Fur b < 1 nur α = 0 als Losung (paramagn. Phase),fur b > 1 entsteht α 6= 0 als stabile Losung. Spontane Symmetriebrechung (einesder Vorzeichen wird realisiert!), wahrend dann α = 0 instabil. Vgl. Abb. 5.1.

%"V" ",+", ? K Df% "W (? ? ~ IH"0%" ? ? DgAbbildung 5.1: Spontane Symmetriebrechung.

Kritische Temperatur folgt aus b = 1: Tc = nJ0

Nahe Tc verschwindet B fur T → Tc von unten wie

B ∝√

Tc − T

wie beim Ising-Modell.

5.2.2 Stoner Modell: Itinerante Ferromagneten

Jetzt delokalisierte Leitungselektronen, z.B. Fe, Ni. Elektronen in d, f Orbitalen,die miteinander Leitungsband bilden. Wechselwirkungen sind aber auf einemOrbital viel starker als zwischen verschiedenen, daher Coulomb-Wechselwirkungin guter Naherung effektiv kurzreichweitig.

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KAPITEL 5. MAGNETISMUS 59

Dies fuhrt zum Hubbard-Modell: Wechselwirkung nur auf einem Gitterplatz,

VI = U∑

i

ni,↑ni,↓

Kontinuumsmodell: V (q) wird effektiv konstant (= U), da im Ortsraum DeltaFunktion.

H =∑

k,σ

ξkc†kσckσ +

U

2V

kqk′

σσ′

c†k+q,σc†k′−q,σ′c

†k′,σ′ckσ

HF-Theorie fur Ferromagnet muss Spin-Abhangigkeit der MF Parameter mitneh-men, d.h. wir wahlen als MF Parameter getrennt fur σ =↑ und σ =↓:

〈c†kσck′,σ〉 = nk,σδk,k′

Dies ergibt MF Naherung (Faktor 2, da 2 identische Terme!)

V HFI =

U

V

kk′,σσ′

nk′,σ′c†kσckσ−U

V

kk′,σ

nk′σc†kσckσ−

U

2V

kk′,σσ′

(nkσnk′,σ′−δσσ′nkσnk′,σ)

Erster Term: Hartree, nur q = 0 tragt bei.

Zweiter Term: Fock, nur q = k′ − k und σ = σ′ tragt bei.

Dichte fur Spin σ:

nσ =1

V

k

〈c†kσckσ〉

Damit:

V HFI = U

k,σ

σ′

(nσ′ − δσσ′nσ)

︸ ︷︷ ︸

=n−σ

c†kσckσ −UV

2[(n↑ + n↓)

2 − (n2↑ + n2

↓)]

Also:HHF =

k,σ

ξHFk,σ c†kσckσ − V Un↑n↓

mit ξHFkσ = ξk + Un−σ.

Energie des ↑ Elektrons hangt von Spindichte des ↓ Elektrons ab (und umge-kehrt).

Selbstkonsistenzforderung:

1

V

k

〈c†kσckσ〉HF = nσ

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KAPITEL 5. MAGNETISMUS 60

Bei T = 0:∫ d3k

(2π)3Θ

(

µ− [h2k2

2m+ Un−σ]

)

= nσ =k3Fσ

6π2

wobei µ gleich fur beide Spins. Mit kFσ definiert durch

h2k2Fσ

2m+ Un−σ = µ

folgen 2 gekoppelte Selbstkonsistenzgleichungen aus

nσ =k3Fσ

6π2

Damit folgt durch Elimination der kFσ:

h2

2m(6π2)2/3n2/3

σ + Un−σ = µ (5.1)

Relative Spinpolarisation P wirkt als Ordnungsparameter:

P =n↑ − n↓

n, n = n↑ + n↓

Alson↑n

=1 + P

2,

n↓n

=1− P

2, 0 ≤ P ≤ 1

(im Prinzip auch Losung P → −P , gleiche Energie!)

Dimensionslose Wechselwirkungsstarke

γ =2mUn1/3

(3π2)2/3h2

Subtraktion der beiden Gleichungen (5.1) ergibt

n2/3↑ − n

2/3↓ =

2mU

h2 (6π2)−2/3 (n↑ − n↓)︸ ︷︷ ︸

=Pn

Zusatzliche Gleichung aus Summe der Gl.(5.1), entspricht MF Gleichung desStandard-HF Gases, fixiert Gesamtteilchendichte n.

Also folgt Selbstkonsistenzgleichung fur P in kompakter Form:

(1 + P )2/3 − (1− P )2/3 = γP

Dies hat immer die Losung P = 0 (paramagnetischer Zustand), aber auch andere?Stabilitat?

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KAPITEL 5. MAGNETISMUS 61

Betrachte P ≪ 1: Linearisieren ergibt

γP = (1 +2

3P + · · ·)− (1− 2

3P + · · ·) =

4

3P +O(P 3)

Daraus folgt: fur γ < 4/3 gibt es nur die Losung P = 0.

Betrachte nun starke Wechselwirkung, γ > 4/3. Ohne Beweis: Dann ist P = 0eine instabile Losung, und zwei stabile Losungen ±P mit P 6= 0 existieren. Hier:P > 0.

Ansatz: P = 1− ǫ mit ǫ→ 0+ ergibt

γ(1− ǫ) = 22/3 − ǫ2/3

d.h. P = 1 (voll polarisierter Ferromagnet) wird erreicht bei Wechselwir-kungsstarke γ = 22/3 ≃ 1.5787. Fur γ > 22/3 bleibt P = 1, und Anderungvon U fuhrt nur zur Anpassung von n (Teilchendichte) so dass γ auf diesem Wertbleibt.

Schwacher Ferromagnetismus (0 < P < 1)

realisiert fur1.3333 . . . = 4/3 < γ < 22/3 ≃ 1.5787

Anschauliches Verstandnis: Verschiebung der effektiven Bander fur Spin-σ Elek-tronen relativ zueinander. Vgl.Abb. 5.2. Phys. Ursache ist spin-abh. mean-fieldEnergie: Effektive Einteilchen-Energien hangen von Dichte der anderen Spinein-stellung ab!

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Abbildung 5.2: Stoner-Theorie itineranter Ferromagneten: Bandschema.

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KAPITEL 5. MAGNETISMUS 62

Da lokale (kurzreichweitige) Wechselwirkung: Pauliprinzip erzwingt hier nurWechselwirkung zwischen verschiedenen Spins (gleiche Spins wechselwirken dannwg. Pauliverbot nicht!)

Stoner-Ferromagnetismus ist Konsequenz des Zusammenspiels von kurzreichwei-tiger Wechselwirkung und Pauliverbot. Vollig anderer Mechanismus als beim Hei-senbergmodell lokalisierter (ionischer) Ferromagneten!

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Kapitel 6

Lineare Antworttheorie

6.1 Wechselwirkungsbild

Gemischtes Bild (zwischen Heisenberg und Schrodinger-Bild). Betrachte

H = H0 + V (t)

wobei H0 exakt losbar und zeitunabhangig sei, mit bekanntem Spektrum,

H0|n0〉 = ǫn0 |n0〉

und V (t) eine zeitabh. Storung. (Wir setzen hier immer h = 1.) Gemischte Dar-stellung: Zeitentwicklung der Zustandsvektoren durch V , Operatoren werden alsoim Heisenbergbild bzgl. H0 genommen!

|ψI(t)〉 = eiH0t|ψ(t)〉

AI(t) = eiH0tAe−iH0t

Bei V = 0 ist dies grade das Heisenbergbild!

Falls V 6= 0, ergibt sich langsame (jedenfalls bei kleinen Storungen) Zeitentwick-lung in |ψI(t)〉 durch V .

i∂t|ψI(t)〉 = (i∂teiH0t)|ψ(t)〉+ eiH0t(i∂t|ψ(t)〉)

= eiH0t (−H0 +H)︸ ︷︷ ︸

=V

|ψ(t)〉 = VI(t)|ψI(t)〉

VI(t) = eiH0tV e−iH0t

Kompakt: Schrodingergleichung im Wechselwirkungsbild

i∂t|ψI(t)〉 = VI(t)|ψI(t)〉 (6.1)

63

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KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE 64

Zeitentwicklung von |ψI(t)〉 durch VI(t) verursacht. Entspricht unitarem Zeit-entwicklungsoperator U(t, t0), der nur von VI(t) abhangt.

|ψI(t)〉 = U(t, t0)|ψI(t0)〉 (6.2)

Bewegungsgleichung von U(t, t0): Einsetzen von Gl. (6.2) in Schrodingergleichungim Wechselwirkungsbild (6.1) liefert

i∂tU(t, t0) = VI(t)U(t, t0)

mit Anfangsbedingung U(t0, t0) = 1. Die Anfangsbedingung wird durch Formu-lierung als Integralgleichung automatisch erfullt:

U(t, t0) = 1− i∫ t

t0dt′VI(t

′)U(t′, t0) (6.3)

Losung von Gl.(6.3) durch Iteration:

U(t, t0) = 1 +1

i

∫ t

t0dt1VI(t1) +

1

i2

∫ t

t0dt1

∫ t1

t0dt2VI(t1)VI(t2) + · · ·

Reihenfolge der Operatoren wichtig! Zeitgeordnete Integration.

Kompakte Schreibweise mittels des Zeitordnungsoperators Tt:

Tt[VI(t1)VI(t2)] = Θ(t1 − t2)VI(t1)VI(t2) + Θ(t2 − t1)VI(t2)VI(t1)

(Bemerkung: bei fermionischen Operatoren VI ware im 2.Term ein Vorzeichen-wechsel!) Dies erlaubt eine symmetrische Darstellung:

∫ t

t0dt1

∫ t1

t0dt2VI(t1)VI(t2) =

1

2

∫ t

t0dt1

∫ t

t0dt2Tt[VI(t1)VI(t2)]

Damit folgt eine Kompaktform fur U :

U(t, t0) =∞∑

n=0

(−i)nn!

∫ t

t0dt1

∫ t

t0dt2 · · ·

∫ t

t0dtnTt[VI(t1) · · ·VI(tn)] = Tte

−i∫ t

t0dt′VI(t′)

Zeitgeordnete Exponentialfunktion ist durch die Taylorreihe definiert, entsprichtder Verallgemeinerung von e−iHt auf zeitabhangige Probleme! Startpunkt furFeynmandiagramme.

Falls die Storung VI(t) klein ist, kann Storungstheorie verwendet werden, d.h. indiesem Fall verwendet man die Naherung

U(t, t0) = 1− i∫ t

t0dt′VI(t

′) (6.4)

Dies fuhrt zur Linearen Antworttheorie (Kubo), s.u.

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KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE 65

6.2 Lineare Antworttheorie: Kuboformel

Betrachte nun Storung V (t) (im Schrodingerbild), die sehr klein sei. Wir inter-essieren uns fur die lineare Antwort, d.h. den Effekt auf beliebigen Operator-Erwartungswert 〈A(t)〉 in fuhrender Ordnung in V . Die Storung werde bei t = t0eingeschaltet, d.h.

H(t) = H0 + Θ(t− t0)V (t)

wobei H0 =∑

n ǫn|n〉〈n|.Fur t < t0 gilt

A0 = 〈A〉0 ≡1

Z0

Tr(e−βH0A) =1

Z0

n

e−βǫn〈n|A|n〉

Fur t > t0 ist dann unter Verwendung des Diracbildes:

〈A(t)〉 =1

Z0

n

e−βǫn〈nI(t)|AI(t)|nI(t)〉 (6.5)

Die Verteilung der Zustande ist hierbei durch das ungestorte Problem definiert(bei t→ −∞). Zeitabhangigkeit entsteht nun durch

|n〉 → |nI(t)〉 = U(t, t0) |nI(t0)〉︸ ︷︷ ︸

=|n〉

Wir betrachten nun die niedrigste Ordnung, Gl. (6.4), d.h.

U(t, t0) = 1− i∫ t

t0dt′VI(t

′), VI(t) = eiH0tV (t)e−iH0t

wobei V (t) die explizite Zeitabhangigkeit (im Schrodingerbild) bezeichnet. Dannist

〈A(t)〉 = A0 + δA(t)

wobei die lineare Antwort δA(t) durch einen Gleichgewichtserwartungswert be-rechnet werden kann (Kuboformel). Einsetzen von (6.4) in (6.5) liefert

δA(t) = −i∫ t

t0dt′〈[AI(t), VI(t′)]−〉0

Gleichgewichtserwartungswert des Kommutators bei t > t′ (retardierte Korrela-tionsfunktion), d.h. ausgewertet bzgl. H0 : dramatische Vereinfachung !

Def.: Retardierte Korrelationsfunktion der Operatoren A,B:

CRAB(t, t′) ≡ −iΘ(t− t′)〈[AI(t), BI(t

′)]−〉0

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KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE 66

Wichtig: Auswertung im Wechselwirkungsbild.

Damit folgt Allgemeine Kuboformel

δA(t) = 〈A(t)〉 − A0 =∫ ∞

t0dt′ e−η(t−t

′)CRAV (t, t′)

wobei η = 0+ (Antwort muss fur t − t′ → ∞ abklingen, Selektion der korrektenRandbedingung!).

Frequenzdarstellung

Fourierdarstellung

V (t) =∫ dω

2πe−iωtVω

liefert

VI(t) =∫ dω

2πe−iωtVω,I(t)

und damit folgt aus der Definition der retardierten Korrelationsfunktion:

CRAV (t, t′) =

∫ dω

2πe−iωt

CRAVω

(t− t′)

wobeiCRAVω

(t− t′) = −iΘ(t− t′)〈[AI(t), Vω,I(t′)]−〉0Da Vω zeitunabhangig ist, und wir auch A als nicht explizit zeitabhangig anneh-men, hangt Korrelationsfunktion CR

AVωnur von Zeitdifferenz ab!

Wir setzen nun t0 → −∞ (Transientenverhalten interessiert meist nicht), so dass

δA(t) =∫ ∞

−∞dt′∫ dω

2πe−iωte−i(ω+iη)(t′−t)︸ ︷︷ ︸

=e−η(t−t′)−iωt′

CRAVω

(t− t′)

Fouriertransformierte der retardierten Korrelationsfunktion (τ = t− t′)

CRAVω

(ω) =∫ ∞

−∞dτei(ω+iη)τCR

AVω(τ)

damit:

δA(t) =∫ ∞

−∞

2πe−iωtCR

AVω(ω)

Im folgenden wird die Tilde weggelassen (einfachere Notation). Im Frequenzraumgilt daher direkt:

δA(ω) = CRAVω

(ω)

(Kuboformel in Frequenzdarstellung)

Die retardierte Korrelationsfunktion des Operators A (der Observablen!) mit demStoroperator Vω legt direkt die lineare Antwort δA(ω) fest.

Berechnung von Antwortgrossen reduziert sich auf Auswertung einerGleichgewichts-Korrelationsfunktion. Gilt nur im linearen Bereich (kleineStorung!).

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KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE 67

6.3 Elektrische Leitfahigkeit

Das Ohmsche Gesetz verknupft el. Stromdichte Je(r, t) (mit Komponenten Jαe ,α = x, y, z) mit dem externen elektrischen Feld

E(r, t) = −∇φext(r, t)− ∂tAext(r, t)

uber einen linearen Zusammenhang. I.a. Tensor, raumzeitlich nichtlokalerLeitfahigkeitstensor σαβ(r, t; r′, t′):

Jαe (r, t) =∑

β

dr′dt′σαβ(r, t; r′, t′)Eβ(r′, t′)

allgemeinster linearer Zusammenhang, d.h. Tensor σ muss aus einer Kuboformelberechenbar sein! Da Kuboformel mit Bezug auf Gleichgewicht, hangt σ nur vont− t′ ab, d.h. wir werden wieder im Frequenzraum arbeiten,

Jαe (r, ω) =∑

β

dr′σαβ(r, r′;ω)Eβ(r′, ω)

Betrachte nun Elektronen, Je = −e〈J〉, mit Teilchenstrom J(r, t). Storung Vsteckt nun in Kopplung ans externe elektromagnetische Feld (φext,Aext):

Hem(t) = −e∫

drρ(r)φext(r, t) + e∫

drJ(r) ·A(r, t)

wobeiA(r, t) = A0(r) + Aext(r, t)

Hier beschreibt A0 magnetische Felder, die bereits im Gleichgewicht vorhandensind. Teilchenstrom setzt sich aus para- und diamagnetischem Anteil zusammen,vgl. Kapitel 1:

J(r, t) = Jp(r) +e

mAρ(r)

Eichfreiheit erlaubt φext = 0 (immer!), und wir betrachten nun periodischeStorung mit Frequenz ω, (beachte: ∂t → −iω)

Aext(r, ω) =E(r, ω)

Damit folgt

Vω =e

drJ(r) · E(r, ω) (6.6)

Da durch E bereits Linearitat gegeben ist, konnen wir den Aext Beitrag zu Jvernachlassigen, d.h. effektiv ist in (6.6) J zu ersetzen durch

J0(r) = Jp(r) +e

mρ(r)A0(r)

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KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE 68

Erwartungswert des Teilchenstroms:

〈J(r, ω)〉 = 〈J0(r, ω)〉+ e

mAext(r, ω)〈ρ(r)〉0

Hier wird n(r) = 〈ρ(r)〉0 in Abwesenheit der Storung berechnet, da der Ausdruckschon linear in der Storung ist.

Da im Gleichgewicht kein Strom vorliegt, ist 〈J0〉 = δJ0, d.h. Kuboformel ergibt

〈J(r, ω)〉 = CRJ0(r),Vω

(ω) +en(r)

imωE(r, ω)

wobeiCα,R

J0(r),Vω(ω) =

e

dr′∑

β

CRJα0 (r),Jβ

0 (r′)(ω)Eβ(r′, ω)

Beachte nun Je = −eJ : Also folgt Leitfahigkeitstensor aus der retardiertenStromdichte-Stromdichte Korrelationsfunktion (Kuboformel im engerenSinn)

σαβ(r, r′;ω) =ie2

ωΠRαβ(r, r

′;ω) +ie2n(r)

mωδ(r− r′)δαβ (6.7)

mitΠRαβ(r, r

′; t− t′) = −iΘ(t− t′)〈[Jα0 (r, t), Jβ0 (r′, t′)]−〉0Der erste (zweite) Beitrag in Gl. (6.7) entspricht dem paramagnetischen (diama-gnetischen) Term.

6.4 Leitwert

Leitfahigkeit σ ist intrinsische, lokale Grosse. Transportexperiment misst abernormalerweise eine globale Grosse, den Widerstand R bzw. den Leitwert G =I/V = 1/R. Diese Grosse hangt von der Geometrie der Probe ab (wir betrachtendc Grenzfall, ω → 0).

Strom I ist Stromdichte Je integriert uber den Querschnitt, vgl. Abb. 6.1. Stro-merhaltung (Kontinuitatsgleichung) besagt, dass I unabhangig vom Ort ist.Wahle Aquipotentialflachen mit lokaler orthonormaler Basis (ξ, a1

ξ , a2ξ), mit Ein-

heitsvektor ξ parallel zum lokalen elektrischen Feld,

E(r) = ξE(ξ, aξ) = ξE(ξ)

da konstantes ξ einer Aquipotentialflache entspricht. Beachte: die beiden Ein-heitsvektoren a1,2

ξ sind senkrecht zu E.

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KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE 69-

!

xAbbildung 6.1: Koordinatenwahl fur Berechnung des Leitwertes, siehe Text.

Damit folgt fur den el. Strom:

I(ξ) = I =∫

daξ ξ · Je(ξ, aξ)

=∫

daξ

dr′ξ · σ(r, r′;ω = 0) · E(r′)

=∫

dξ′∫

daξdaξ′ ξ · σ(r, r′;ω = 0) · ξ′E(ξ′)

Dabei brauchen wir nur den Realteil von σ; der Strom I ist reell, diamagnetischerAnteil bringt keinen Beitrag!

Einsetzen der Stromdichte-Korrelationsfunktion (Kuboformel fur Leitfahigkeit)und Integration uber aξ bzw. aξ′ (dies konvertiert die Stromdichten in Strome)ergibt

I(ξ) = limω→0

dξ′Re[i

ωCRI(ξ),I(ξ′)(ω)

]

E(ξ′) ≡∫

dξ′G(ξ, ξ′)E(ξ′)

Aus Definition folgt G(ξ, ξ′) = G(ξ′, ξ) (symmetrisch). Da I(ξ) unabhangig vonξ, muss G(ξ, ξ′) auch unabhangig von ξ, und damit auch von ξ′ sein!

Es folgt

I = G∫

dξ′E(ξ′) = G(−φ(∞) + φ(−∞)) = GV

mit Spannung V als Differenz der elektrostatischen Potentiale auf beiden Seiten.

Der lineare dc Leitwert (conductance) folgt damit aus der Kuboformel alsStrom-Strom Korrelator

G = limω→0

Re[i

ωCRII(ω)

]

(6.8)

mitCRII(t− t′) = −iΘ(t− t′)〈[II(t), II(t′)]−〉0

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KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE 70

Beachte: I ist hier Ladungsstrom, enthalt Faktor −e.

6.5 Abschirmung

Im elektromagn. Feld wird eine Ladungsumverteilung (Polarisation) beweglicherLadungen einsetzen, die wiederum das Feld beeinflusst.

φext → φtot = φext + φind

ρext → ρtot = ρext + ρind

mit Poisson Gleichung (X =tot,ext,ind)

∆φX = −4πρe,X

bzw.divEX = 4πρe,X

Definition: Dielektrische Funktion

φtot = ǫ−1φext

allg. Annahme eines linearen Zusammenhangs, bzw. D = ǫEtot = Eext, sieheElektrodynamik.

Im allgemein ist Zusammenhang raumzeitlich nichtlokal, d.h. Tensor

φtot(r, t) =∫

dr′dt′ǫ−1(r, t; r′, t′)φext(r′, t′)

bzw. mit inverser Funktion

φext(r, t) =∫

dr′dt′ǫ(r, t; r′, t′)φtot(r′, t′)

Da linearer Zusammenhang, muss dielektrische Funktion aus Kuboformel bere-chenbar sein!

Lineare Antworttheorie, mit Storung

V (t) =∫

drρe(r)φext(r, t)

Induzierte Ladungsdichte folgt aus Kuboformel

ρe,ind(r, t) =∫

dr′∫ ∞

−∞dt′CR

ρeρe(r, t; r′, t′)e−η(t−t

′)

︸ ︷︷ ︸

=χR(r,t;r′,t′)

φext(r′, t′)

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KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE 71

Polarisationsfunktion:

retardierte Ladungsdichte-Ladungsdichte-Korrelationsfunktion im Gleichgewicht!

χR(r, t; r′, t′) = −iΘ(t− t′)〈[ρe,I(r, t), ρe,I(r′, t′)]−〉0

Damit folgt aus Poissongleichung mit Vc(r− r′) = 1|r−r′|

φind(r, t) =∫

dr′Vc(r− r′)ρe,ind(r′, t)

also aus φtot = φext + φind = ǫ−1 · φext:

ǫ−1·φext = φtot(r, t) = φext(r, t)+∫

dr1dr2

∫ ∞

−∞dt′Vc(r−r1)χ

R(r1, t; r2, t′)φext(r2, t

′)

Daher ist die (inverse) dielektrische Funktion in allgemeiner Form gegeben, wenndie Polarisationsfunktion bekannt ist:

ǫ−1(r, t; r′, t′) = δ(r− r′)δ(t− t′) +∫

dr1Vc(r− r1)χR(r1, t; r

′, t′)

Bei translationsinvarianten Systemen kann χR nur von Differenzen r−r′ bzw. t−t′abhangen. Nach Ubergang zum Frequenz-Impulsraum werden die Konvolutioneneinfach Multiplikationen, d.h.

φtot(q, ω) = ǫ−1(q, ω)φext(q, ω)

und die Fouriertransformierte der dielektrischen Funktion ist einfach1/ǫ−1(q, ω) ≡ ǫ(q, ω). Mit Vc(q) = 4π/q2 folgt

1

ǫ(q, ω)= 1 +

q2χR(q, ω)

Zusammenhang zur (optischen) Leitfahigkeit

Sowohl ǫ wie auch σ geben Antwort auf elektromagnetische Felder, d.h. es sollteeinen Zusammenhang zwischen beiden Grossen geben. Wir betrachten dies furden translationsinvarianten Fall, wobei σ ein Tensor ist,

Je(q, ω) = σ(q, ω)Eext(q, ω)

= −iσ(q, ω) · qφext(q, ω)

Benutze nun Kontinuitatsgleichung:

−iωρe(q, ω) + iq · Je(q, ω) = 0

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KAPITEL 6. LINEARE ANTWORTTHEORIE 72

Dies ergibt

iq · Je(q, ω) = q · σ(q, ω) · qφext(q, ω)

= iωρe(q, ω) = iωχR(q, ω)φext(q, ω)

Fur isotrope homogene Systeme ist der Tensor σ einfach ein Skalar, und da φextbeliebig, folgt

χR(q, ω) = −iq2

ωσ(q, ω)

Damit folgt sofort der gesuchte Zusammenhang

1

ǫ(q, ω)= 1− 4πi

ωσ(q, ω)

d.h. falls die dielektrische Funktion bekannt ist, folgt damit sofort die optischeLeitfahigkeit, und umgekehrt.

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Kapitel 7

Supraleitung

Was charakterisiert einen Supraleiter?

• Widerstand verschwindet bei T < Tc, keine Dissipation

• Meissner Effekt: Magnetfeld wird aus dem Supraleiter gedrangt, perfekterDiamagnetismus

• Isotopeneffekt: kritische Temperatur Tc hangt von Isotop ab, d.h. Phononenspielen wichtige Rolle.

• Fruhe phanomenologische Theorien: Two-fluid model, London-Gleichungen.Mikroskopischer und sehr erfolgreicher Zugang: BCS Theorie (Bardeen,Cooper, Schrieffer, 1957).

7.1 BCS Theorie

BCS Theorie ist Mean-Field Theorie, mit ungewohnlichem (komplexwertigem)Ordnungsparameter

bk = 〈c−k,↓c+k,↑〉 6= 0 (7.1)

Cooper-Paar Amplitude

In einem Supraleiter paaren sich demzufolge die Elektronenzustande (−k, ↓) und(+k, ↑) zu einem phasenkoharenten Cooperpaar-Zustand. (Hier nehmen wir deneinfachsten Fall der s-Wellen Singlet-Supraleitung an.) Fur die Paarbildung isteine attraktive Elektron-Elektron Wechselwirkung verantwortlich.

Ublicher Mechanismus: Phononen induzieren eine attraktive retardierte (zeitabh.)Wechselwirkung, die fur niedrige Energieskalen anziehend ist und die Effekte derrepulsiven Coulomb-Wechselwirkung ubertrifft.

73

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 74

7.1.1 Bogoliubov-Transformation

Wir starten vom zweitquantisierten Hamiltonian im grosskanonischen Ensemble:

H =∑

k,σ

ξkc†k,σck,σ +

k,k′

Vk,k′c†k,↑c†−k,↓c−k′,↓ck′,↑

mit ξk = h2k2/2m− µ und

Vk,k′ =

−V0, |ξk|, |ξk′ | ≤ hωc0, sonst

Dies ist ein einfaches effektives Modell fur die durch Elektron-Phonon-Kopplunginduzierten attraktiven (V0 > 0) Wechselwirkungen auf Energieskalen un-terhalb der Grenzenergie hωc, welche der Debyeenergie entspricht. Coulomb-Wechselwirkungen sind hier ignoriert (bzw. in der Grosse von V0 verarbeitet).Tiefergehende Diskussion dieser Wechselwirkung (welche auf Cooper zuruckgeht):siehe Tinkham.

Mean field Theorie ist hier extrem gut (viel besser als in Ferromagneten!),da Koharenzlangen oft sehr hoch sind (Ausnahmen: Hochtemperatursupraleiter,manche Typ-II Supraleiter).

Schreibe dazuc−k,↓ck,↑ = bk + [c−k,↓ck,↑ − bk]

Einsetzen in H und Vernachlassigen von Fluktuationsquadraten [. . .]2 ergibtMean-Field Hamiltonian

HMF =∑

k,σ

ξkc†k,σck,σ +

k,k′

Vk,k′ [c†k,↑c†−k,↓bk′ + c−k′,↓ck′,↑b

∗k − b∗kbk′ ]

Dabei mussen die bk aus der Selbstkonsistenzgleichung bestimmt werden, d.h.in Gleichung (7.1) muss der Erwartungswert mittels HMF berechnet werden.Zunachst nehmen wir an, diese Gleichung sei gelost, und kommen spater aufdie tatsachliche Losung zuruck.

Achtung: Wahrend volles H mit Gesamtteilchenzahloperator kommutiert, ist diesbei HMF nicht mehr der Fall (Paarerzeugung und Paarvernichtung!), d.h. N istkeine Erhaltungsgrosse der Mean-field Theorie. Dies ist im grosskanonischen keinProblem, da N nur im Mittel vorgegeben wird.

Statt der bk verwenden wir die (komplexwertige) Linearkombination

∆k = −∑

k,k′

Vk,k′bk′

welche spater auf BCS Energielucke (BCS gap) fuhrt, so dass

HMF =∑

k,σ

ξkc†k,σck,σ −

k

[∆kc†k,↑c

†−k,↓ + ∆∗

kc−k,↓ck,↑ − b∗k∆k]

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 75

diagonal im k Raum wird.

Dadurch lasst sich H diagonalisieren, indem wir uber eine lineare Bogoliubov-Transformation zu neuen Fermi-Operatoren ubergehen, den BCS Quasiteil-chen:

ck,↑ = u∗kγk,0 + vkγ†k,1

c†−k,↓ = −v∗kγk,0 + ukγ†k,1

wobei die komplexen Koeffizienten uk, vk der Bedingung

|uk|2 + |vk|2 = 1

genugen. O.B.d.A. konnen wir uk reell annehmen. Die γk,i=0,1 sind unter derBedingung |u|2 + |v|2 = 1 auch Fermioperatoren.

Einsetzen der Bogoliubovtransformation in HMF liefert (unter Ausnutzen derFermialgebra)

HMF =∑

k

ξk

(u2k − |vk|2)

i=0,1

γ†k,iγk,i + 2|vk|2 + 2ukv∗kγk,1γk,0 + h.c.

+∑

k

[

∆kb∗k + (∆kukv

∗k + ∆∗

ku∗kvk)

(

−1 +∑

i

γ†k,iγk,i

)]

+∑

k

[

(∆kv∗2k −∆∗

ku2k)γk,1γk,0 + h.c.

]

Wir wahlen nun uk und vk so, dass die ungewunschten Terme γ1γ0 bzw. γ†0γ†1

verschwinden. Dies kann erreicht werden durch

2ξkukvk + ∆∗kv

2k −∆ku

2k = 0

Multiplikation mit ∆∗k/u

2k ergibt quadratische Gleichung fur ∆∗v/u,

2ξ∆∗v/u+ (∆∗v/u)2 = |∆|2

Losung (zweite Losung fuhrt zu maximaler statt minimaler Energie)

∆∗kvkuk

=√

ξ2k + |∆k|2 − ξk ≡ Ek − ξk

mitEk =

ξ2k + |∆k|2 (7.2)

Also gilt: Komplexe Phase von vk ist wie in ∆k zu wahlen, und Betrag erfullt

|vk/uk| =Ek − ξk|∆k|

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 76

Mit Normierung u2 + |v|2 = 1 folgt

|v|2 = (1− |v|2)(E − ξ)2

|∆|2 =1

1 + |∆|2(E−ξ)2

=(E − ξ)2

2E(E − ξ) =1

2(1− ξ/E)

also

|vk|2 = 1− u2k =

1

2

(

1− ξkEk

)

Fur ∆ = 0 erhalten wir u = 1 und v = 0.

Insgesamt folgt der diagonalisierte BCS Hamiltonian

HBCS = E0 +∑

k,i=0,1

Ekγ†k,iγk,i (7.3)

mit BCS Grundzustandsenergie durch Kondensation der Cooperpaare

E0 =∑

k

(ξk − Ek + ∆kb∗k)

Dies ist Grundzustand fur fermionische Anregungen der Quasiteilchen γ0,1 mitEinteilchenanregungsenergie Ek (manchmal als Bogoliubonen bezeichnet). Die-se Einteilchenenergien besitzen Energielucke (BCS gap, man mache sich dieDispersion graphisch klar)

Ek ≥ |∆k| > 0

und sind als Fermionen gemass der Fermi-Dirac Verteilung besetzt. Die Cooper-paare sind extra (bei Fermienergie).

7.1.2 BCS Gap Equation

Wir mussen nun noch die Selbstkonsistenzgleichung betrachten. Dazu berechnenwir die rechte Seite von

∆k = −∑

k′

Vk,k′〈c†−k′,↓c†k′,↑〉

mit dem BCS Hamiltonian:

∆k = −∑

k′

Vk,k′uk′vk′〈[1− γ†k′,0γk′,0 − γ†k′,1γk′,1]〉

= −∑

k′

Vk,k′uk′vk′ [1− 2nF (Ek′)]︸ ︷︷ ︸

=tanh(βEk′/2)

= −∑

k′

Vk,k′

∆k′

2Ek′

tanh(βEk′/2)

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 77

mit β = 1/kBT und uv = uvv2 = 1

2(1− ξ/E) ∆

E−ξ = ∆/2E.

BCS-Naherung fur Vk,k′ = −V0 impliziert ∆k = ∆ = ∆(T ) und daher die Selbst-konsistenzgleichung in der Form:

1

V0

=1

2

k

tanh[βEk/2]

Ek

, Ek =√

ξ2k + |∆|2

BCS gap equation

Wir nehmen nun ein reelles gap ∆ an. Mit 12

k → D(0)∫

0 dξ (Faktor 1/2 daIntegral auf positive ξ beschrankt) konnen wir auf Energieintegration ubergehen,wobeiD(0) die Zustandsdichte des nichtwechselwirkenden Elektronengases an derFermikante bezeichnet. Da attraktive Wechselwirkung nur bis hωc vorliegt:

1

D(0)V0

=∫ hωc

0dξ

tanh[12β√ξ2 + ∆2]√

ξ2 + ∆2(7.4)

Zunachst betrachten wir T = 0, d.h. tanh[] = 1. Das Integral lasst sich dannelementar ausfuhren,

1

D(0)V0

= Arsinh[hωc/∆]

d.h.

∆(T = 0) =hωc

sinh[1/D(0)V0]≈ 2hωce

−1/D(0)V0

da typisch schwache Kopplung, D(0)V0 < 0.3 in realen Supraleitern.

Beachte nichtperturbative Abhangigkeit von V0, Grund fur 50 Jahre erfolgloserSuche nach Supraleitungstheorie!

Die Losung der gap equation ergibt ∆(T ). Zunachst berechnen wir die kritischeTemperatur Tc, bei der ∆(T > Tc) = 0 gilt. Dann ist mit x = βξ/2

1

D(0)V0

=∫ hβcωc/2

0dx

tanh(x)

x= ln

(2eγ

πhβcωc

)

mit Eulerkonstante γ = 0.577. Daraus folgt

kBTc = β−1c = 1.13hωce

− 1D(0)V0

Vergleich mit ∆(T = 0) ergibt

∆(0) = 1.764kBTc

experimentell verifiziert in vielen Supraleitern.

Ahnlich kann man aus der BCS gap equation ableiten:

∆(T )

∆(0)= 1.74

1− T/Tc, T → Tc − 0+

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 78

7.1.3 Zustandsdichte der BCS Quasiteilchen Ds(E)

Im normalleitenden Zustand ist in der Nahe der Fermikante die Zustandsdich-te D(E) konstant, und mit D(0) bezeichnet. Im supraleitenden Zustand gibt esnun eine Eins-zu-Eins Korrespondenz zwischen nichtwechselwirkenden Elektro-nen und den BCS Quasiteilchen (bei V0 > 0), d.h.

Ds(E)dE = D(ξ)dξ

mit E =√ξ2 + ∆2. Daher:

Ds(E)

D(0)=

dE=

1

dE/dξ=

D(0)E√E2−∆2 , E > ∆

0, E < ∆

BCS Zustandsdichte hat Energielucke und sehr scharfen Peak bei E = ∆ + 0+.Sehr nutzlich fur energieaufgelostes Tunneln:

Elektronentunneln

Die BCS Zustandsdichte wird sehr wichtig beim Tunneln zwischen Supraleiternoder fur N-S Kontakte (Normal-Supraleiter).

Modellierung durch Tunnel-Hamiltonian: Bei punktformigem Kontakt zweierElektroden/Leiter bei x (sonst Integration uber Kontaktflache)

HT =∑

σ

tLRψ†L,σ(x)ψR,σ(x) + h.c.

mit Tunnelamplitude tLR. Dadurch werden Elektronen vom linken (L) in denrechten (R) Leiter (und umgekehrt) transferiert. Der Strom durch den Kontaktwird (in niedrigster Ordnung) dann ∝ |tLR|2 sein.

Der Strom in Storungstheorie in tLR kann direkt im zweitquantisierten Formalis-mus hergeleitet werden. Hier gehen wir dagegen heuristisch vor, d.h. das Resultatwird angegeben und physikalisch motiviert. Der Strom von L → R ist mit einerProportionalitatskonstanten A

IL→R = A|tLR|2∫ ∞

−∞dEDL(E)nF (E)DR(E + eV )[1− nF (E + eV )]

wobei das chemische Potential µL = 0 gewahlt ist (Wahl der Energieskala!) undµR = −eV , d.h. µL−µR = eV ist die angelegte Spannung, die am Tunnelkontaktabfallt. Interpretation: Zustande in der linken Elektrode sind mit FermifunktionnF (E) gefullt, und durch Zustandsdichte DL(E) mal Fermifunktion beschrieben.Beim Tunneln wird effektiv (da alle Niveau rechts um eV verschoben) dann einleeres Niveau auf der rechten Seite gefordert, d.h. Faktor 1−nF (E+eV ). Ebensoist

IR→L = A|tLR|2∫

dEDL(E)[1− nF (E)]DR(E + eV )nF (E + eV )

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 79

Gesamter Tunnelstrom durch Kontakt:

I = IR→L − IL→R

= A|tLR|2∫

dEDL(E)DR(E + eV )

× (nF (E)[1− nF (E + eV )]− nF (E + eV )[1− nF (E)])

= A|tLR|2∫

dEDL(E)DR(E + eV )[nF (E)− nF (E + eV )]

N-N Kontakt

Betrachte zunachst zwei normalleitende Elektroden. Dann ist DL(E) und DR(E)in der Nahe von EF in guter Naherung konstant, d.h. wir erhalten

INN = A|tLR|2DL(0)DR(0)eV

Ohmsches Verhalten, temperaturunabhangiger Leitwert GNN =eA|t|2DL(0)DR(0).

Abbildung 7.1: Effektives Bandermodell fur Tunnelkontakt zwischen N und SLeitern bei T = 0, mit Spannung eV zwischen beiden Leitern.

N-S Kontakt

DL(E) ≃ DL(0), DR(E) = Ds(E).

Wir skalieren Ds(E) = DR(0)ds(E) mit normalleitender Zustandsdichte DR(0),d.h. wenn wir den eV Term in die metallische Seite legen,

INS =GNN

e

dEds(E)[nF (E)− nF (E + eV )]

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 80

also differentieller Leitwert

GNS(V ) =dINS

dV= GNN

dEds(E)(−∂EnF (E + eV ))

Fur T → 0 gilt −∂EnF (E + eV ) = δ(E + eV ), also

GNS(V ) = GNNds(|eV |) ∝ Ds(|eV |)Dies erlaubt die direkte Messung der Zustandsdichte des Supraleiters uberden differentiellen Leitwert durch Variation der Spannung V . Vgl. “Halbleiter-Banddiagramm” in Abb. 7.1.

Abbildung 7.2: Strom-Spannungs-Kennlinie (schematisch) eines N-S Kontaktes.Eingezeichnet ist auch das Verhalten bei T > 0. Man beachte dass I = 0 fureV < ∆ und T = 0.

Insbesondere fliesst kein Strom falls |eV | < ∆ wegen Bandlucke der BCS Quasi-teilchen! Vgl. Abb. 7.2.

S-S Kontakt

Betrachten wir nun zwei Supraleiter auf beiden Seiten, mit Bandlucken ∆L bzw.∆R, siehe Abb. 7.3. Bei T = 0 kann ein Quasiteilchen-Strom nur fliessen wenn

eV > ∆L + ∆R

Zusatzlich gibt es aber noch den Josephsonstrom durch Cooperpaare (siehe un-ten), wir diskutieren hier nur den dissipativen Quasiteilchenstrom. Bei T > 0kommt es zu einem Peak bei eV = |∆L − ∆R|, dadurch auch negative differen-tielle Widerstande moglich! Bei eV = ∆L + ∆R kommt es selbst bei endlichemT noch zu einem Sprung in der Ableitung wegen des singularen Verhaltens dersupraleitenden Zustandsdichte. Vgl. Abb. 7.4.

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 81

Abbildung 7.3: Effektives Bandermodell fur Tunnelkontakt zwischen S und SLeitern bei T > 0, mit Spannung eV zwischen beiden Leitern.

7.2 Ginzburg-Landau Theorie

Falls raumlich inhomogene Probleme vorliegen, ist BCS Theorie unhandlich. Diesist besonders wichtig bei Typ-II Supraleitern, bei denen Fluss-Schlauche in denSupraleiter eindringen, oder bei der Beschreibung von N-S oder S-N-S Kontak-ten. Dann bietet sich die Ginzburg-Landau (GL) Theorie an, die bereits 1950entwickelt wurde. GL Theorie kann rigoros aus BCS Theorie hergeleitet werden(Gorkov, 1959), wenn T nahe an Tc. Qualitativ nutzlich aber selbst bei T = 0.

Zentrale Grosse der GL Theorie:

Komplexe Pseudo-Wellenfunktion

Ψ(r) = |Ψ(r)|eiϕ(r)

ist Ordnungsparameter der ublichen Landau-Theorie der Phasenubergange. Einvon Null verschiedener Wert von Ψ definiert einen Supraleiter. In GL Theoriebetrachtet man nur die Cooperpaare (die durch ∆ bzw. Ψ beschrieben sind), undignoriert die Quasiteilchen!

Aus Gorkov’s Herleitung ergibt sich, dass der GL Ordnungsparameter Ψ pro-portional zum BCS Ordnungsparameter ∆ (beide komplexwertig!) ist. Mikrosko-pisch: Ψ(r) ist Wellenfunktion fur die Schwerpunktsbewegung der Cooperpaare.

Dichte der Elektronen im supraleitenden Zustand (d.h. als Cooperpaar gebun-den):

ns(r) = |Ψ(r)|2

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 82

Abbildung 7.4: Strom-Spannungs-Kennlinie (schematisch) eines S-S Kontaktes(nur Quasiteilchenstrom). Eingezeichnet ist das Verhalten bei T > 0. Man beachtedass I = 0 fur eV < ∆L + ∆R und T = 0.

Landau-Theorie der Phasenubergange (vgl. Bachelor Modul 5) impliziertdann eine freie Energie, die Terme bis Ordnung |Ψ|4 enthalt, mit Landau-Entwicklungsparametern α(T ) und β.

Minimieren der freien Energie fuhrt auf die Ginzburg-Landau Gleichung

1

2m∗ [−ih∇− e∗

cA]2Ψ(r) + β|Ψ(r)|2Ψ(r) = −α(T )Ψ(r)

mit Cooperpaarladung e∗ = 2e. Dabei wird der Effekt eines Magnetfeldes durchVektorpotential A beschrieben.

NB. Diese Gleichung wird auch fur wechselwirkende Bose-Einstein-Kondensateverwendet, und heisst dann Gross-Pitaevskii Gleichung. Die Gleichung ahnelteiner nichtlinearen Schrodingergleichung.

Suprastrom (der durch Cooperpaare getragen wird) ist dann

Js(r) =he∗

2m∗i[Ψ∗∇Ψ− (∇Ψ∗)Ψ]− (e∗)2

m∗c|Ψ|2A (7.5)

Betrachte zunachst den homogenen Fall ohne Magnetfeld (A = 0). Dann istΨ(r) = Ψ∞, und kann reell gewahlt werden. Aus GL-Gleichung folgt bei T < Tcals stabile Losung

Ψ2∞ = −α(T )/β > 0

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 83

wahrend fur T > Tc die Losung Ψ = 0 stabil ist. Mit (fur T hinreichend nahe anTc, vgl. Landautheorie!)

α(T ) = α′(T

Tc− 1

)

mit α′ > 0 und T -unabhangig, wird dieses Verhalten korrekt beschrieben.

Wir definieren fur T < Tc die GL Koharenzlange

ξ(T ) =h

2m∗|α(T )|

die anschaulich in etwa der Grosse eines Cooperpaars entspricht.

Betrachte nun GL Gleichung bei T < Tc fur 1D Draht, mit A = 0 und der kom-plexen Amplitude f(x) = Ψ(x)/Ψ∞. Dann folgt GL Gleichung in der einfachenForm

ξ2d2f

dx2+ f − f 3 = 0 (7.6)

Dies erlaubt das Studium von inhomogenen Problemen, z.B. Josephsonstrom.

7.3 Josephson Effekt

Wir betrachten nun den Suprastrom Is, der durch einen Tunnelkontakt zwischenzwei Supraleitern fliesst. Hier kommt es zu den beiden Josephson-Effekten (B.Josephson, 1962):

• dc Josephson EffektIm Gleichgewichts-Fall (V = 0) fliesst ein Suprastrom, der von der Pha-sendifferenz ∆ϕ = ϕL−ϕR der GL Phasen der beiden Supraleiter abhangt

Is = Ic sin(∆ϕ)

mit kritischem Strom Ic (maximal moglicher Suprastrom).

• ac Josephson EffektBei angelegter Spannung V wird die Phasendifferenz ∆ϕ zeitabhangiggemass der Josephson-Relation

d(∆ϕ)

dt=

2eV

h≡ ωJ

Dies impliziert einen zeitabhangigen (ac) Suprastrom mit Amplitude Ic undFrequenz ωJ . Dabei ist hωJ die Energieanderung, die zum Transfer einesCooperpaars benotigt wird.

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 84

Beide Effekte sind experimentell verifiziert, und in der Metrologie wichtig. DieNatur des Kontakts (Isolator, normalleitender Bereich, oder enge supraleitendeBrucke zwischen grossen supraleitenden Elektroden) ist dabei unwesentlich undbeeinflusst lediglich den kritischen Strom.

Aus den Josephson-Relationen folgt auch die freie Energie, welche im Tunnelkon-takt gespeichert ist, indem wir die Arbeit integrieren,

F =∫

IsV dt =∫

Ish

2ed(∆ϕ) = F0 − EJ cos(∆ϕ)

mit irrelevanter Konstante F0 und der Josephsonenergie

EJ =hIc2e

Beachte: F ist minimal bei ∆ϕ = 0.

Suprastrom nur beobachtbar wenn Temperaturskala klein gegen EJ/kB ist, sonstausgewaschen durch thermisches Rauschen.

Typische Grossenordnung: Ic ≈ mA (bis hinunter zu nA fur molekulare Kontak-te), entsprechend EJ ≈ meV

Herleitung der 1. Josephson-Relation aus GL Gleichung

Josephson-Relationen sind universell (hangen nicht von Natur des Kontaktes ab),und konnen z.B. fur kurze Brucke der Lange L ≪ ξ zwischen zwei grossen su-praleitenden Elektroden hergeleitet werden. (Wir nehmen gleiche Supraleiter an,∆L = ∆R = ∆.) Wir starten von 1D GL Gleichung (7.6). In den Elektroden ist|f | = 1, mit Phasen 0 (links, x < 0) bzw. ∆ϕ (rechts, x > L). Wir haben also fur0 < x < L die GL Gleichung

ξ2f ′′(x) + f − f 3 = 0

mit Randbedingung f(0) = 1 und f(L) = ei∆ϕ. Da L ≪ ξ, erwarten wir dassder erste Term die beiden anderen komplett dominiert (selbstkonsistente Annah-me, d.h. muss am Ende gepruft werden!), so dass effektiv die Laplace Gleichungresultiert

f ′′(x) = 0

Allgemeinste Losung in 1D:f(x) = z1 + z2x

mit komplexen z1,2. Mit Randbedingungen folgt

f(x) = (1− x/L) +x

Lei∆ϕ

Erster Term beschreibt das Eindringen des Ordnungsparameters von der linkenSeite, zweiter Term das Eindringen des Ordnungsparameters von der rechten

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 85

Seite. Man sieht nun auch, dass f − f 3 gegen ξ2f ′′(x) vernachlassigbar ist, d.h.unsere Losung ist selbstkonsistent und korrekt in fuhrender Ordnung in L/ξ ≪ 1.

Setze Losung der GL Gleichung nun in den Ausdruck (7.5) fur den Suprastromein. Da (7.5) die Stromdichte ist, multiplizieren wir noch mit der Querschnitts-flache W der Brucke,

Is = W2eh

2m∗iΨ2

∞[f ∗ df

dx− f df

dx]

=1

2iIc[−(1− x/L[1− e−i∆ϕ])(1− ei∆ϕ) + (1− x/L[1− ei∆ϕ])(1− e−i∆ϕ)]

= Ic sin(∆ϕ)

mit kritischem Strom

Ic =2ehΨ2

∞W

m∗L

Beachte:

|f |2(x) = 1− 4x

L

(

1− x

L

)

sin2(∆ϕ/2)

mit |f |2(L/2) = cos2(∆ϕ/2).

Da GNN ∝ 1/L (Ohmsches Gesetz) im normalleitenden Zustand, folgt dass dasProdukt IcRNN konstant ist (wobei RNN der Widerstand des normalleitendenKontaktes ist). Durch Anlegen eines hohen Magnetfeldes kann Supraleitung im-mer unterdruckt werden, d.h. diese Vorhersage ist nachprufbar (und verifiziertworden).

Mikroskopische Herleitung liefert Konstante (fur Tunnelkontakt)

IcRNN =π∆

2etanh

2kBT

Ambegaokar-Baratoff Beziehung (1963)

Um die zweite Josephson Relation herzuleiten, sowie ac Josephson Effekt, musselektromagnetisches Feld (angelegte Spannung!) hinzugefugt werden. (Wird hiernicht gezeigt.)

RCSJ Modell

Um Josephsonkontakte unter experimentellen Bedingungen zu studieren, mussneben dem idealen Suprastrom auch der dissipative Quasiteilchenstrom mitge-nommen werden. Dazu betrachtet man ein Ersatzschaltbild (“resistively and ca-pacitively shunted junction”, RCSJ Modell), vgl. Abb. 7.5. Dabei steht der Wi-derstand R fur Dissipation durch den Quasiteilchenstrom, und die Kapazitat Cberucksichtigt, dass die beiden Elektroden elektrostatisch gegeneinander geladenwerden konnen.

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 86

Abbildung 7.5: Ersatzschaltbild des RCSJ Modells.

Wir betrachten nun einen Josephsonkontakt bei vorgegebenem konstantem StromI (“current-biased Josephson junction”). Dann gilt als Strombilanz als Summeder drei Kanale: (wir schreiben nun ∆ϕ→ ϕ)

I = Ic sinϕ+V

R+ C

dV

dt

wobei V = h2edϕdt

aus der 2. Josephsonrelation folgt. Damit folgt die Bewegungs-gleichung der Phasendifferenz

ϕ+Q−1ϕ+ sinϕ = I/Ic (7.7)

wobei wir als Zeit die dimensionslose Grosse τ = ωpt mit der Plasmafrequenz

ωp = (2eIc/hC)1/2

verwenden. Der Qualitatsfaktor Q ist definiert als

Q = ωpRC

Die Bewegungsgleichung der Phasendifferenz (7.7) hat ein mechanisches Analo-gon, namlich die Bewegung eines 1D Teilchens (Koordinate q = ϕ) mit Massem = (h/2e)2C im gekippten Waschbrett-Potential:

U(q) = −EJ cos q − (hI/2e)q

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 87

Abbildung 7.6: Gekipptes Waschbrettpotential.

unter dem Einfluss einer Reibungskraft γmdq/dt mit Reibungskonstante γ =1/RC. Vgl. Abb. 7.6.

Wir berechnen nun die IV Kennlinie eines solchen Kontaktes, bei T = 0, d.h. ohnethermische Fluktuationen. Auch (makroskopische) quantenmechanische Effektesind in dieser Beschreibung nicht berucksichtigt (ausser naturlich dem Fakt, dassϕ eine quantenmechanische Ursache hat).

Fur I < Ic und V = 0 erwarten (und erhalten) wir einen dc Josephson-Suprastrom, der der statischen Losung ϕ = arcsin(I/Ic) entspricht.

Falls I > Ic, gibt es keine zeitunabhangige Losung mehr, d.h. das Waschbrett-potential ist so stark verkippt, dass q das Potential hinunterlaufen muss (es gibtkeine lokalen Minima mehr!).

Wir betrachten hier den uberdampften Fall, Q ≪ 1, d.h. kleine KapazitatenC, den sogenannten Smoluchowski-Limes. Dann kann der Inertialterm ϕ ver-nachlassigt werden, und wir erhalten fur I > Ic

dt=

2eIcR

h

(I

Ic− sinϕ

)

> 0

Also folgtdϕ

I/Ic − sinϕ=

2eIcR

hdt

Integration uber eine Periode∫

dt = T = πh/eV (mit ωJ = 2π/T ) ergibt∫ 2π

0

I/Ic − sinϕ=

2πIcR

V

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 88

Abbildung 7.7: IV Kennlinie des RCSJ Modells. Der Quasiteilchenzweig ist hiernur phanomenologisch via R enthalten, und muss noch hinzugefugt werden. Dervertikale Zweig bei V = 0 mit I < Ic entspricht dem dc Josephson Effekt.

Das Integral ist elementar ausfuhrbar, und man findet

V (I > Ic) = R√

I2 − I2c

Beachte: I wird vorgegeben, V ist hier als Mittel uber eine Periode definiert! FurI ≫ Ic ergibt sich wieder das Ohm’sche Gesetz. Vgl. Abb. 7.7.

Im unterdampften Fall (hier nicht besprochen), d.h. Q≫ 1, kommt es zu hystere-tischem Verhalten bzw. einem sehr komplexen Verhalten. Aktuelles Forschungs-gebiet!

Wichtige Anwendung von Josephsonkontakten: SQUID (Superconducting Quan-tum Interference Device), mit 2 Kontakten in einem Ring kann sehr sensitiveMagnetfeldmessung erfolgen. Mechanisches Analogon ist nun ein Doppeltopfpo-tential !

7.4 Ungeordnete Supraleiter: Bogoliubov-

DeGennes Gleichung

BCS Theorie betrachtet saubere Metalle, mit Paarung zwischen (k, ↑) und(−k, ↓). Reale Metalle enthalten Defekte, Verunreinigungen etc., die (i) elastischeStreuung verursachen, und (ii) magnetische Verunreinigungen, die Supraleitung

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 89

zerstoren (hier nicht diskutiert). Wir zeigen im folgenden, dass elastische Streu-ung an Storstellen Supraleitung nicht zerstort (Anderson, 1959). Die Paarbildungfindet hier zwischen zeitumgekehrten Zustanden statt.

Zweitquantisierte Formulierung ist nun gunstiger im Ortsraum, d.h. mit Feldope-rator ψσ(r) und dem selbstkonsistenten komplexen Paarpotential ∆(r) folgt

H =∫

dr

(∑

σ

ψσ(r)

1

2m∗

(

h

i∇− e

cA

)2

+ U(r)− µ

ψσ(r)

+ ∆(r)ψ†↑(r)ψ

†↓(r) + ∆∗(r)ψ↓(r)ψ↑(r)

)

mit dem Potential U(r), z.B. fur gegebene Unordnungsrealisierung (uber die amSchluss zu mitteln ware).

Bogoliubov Transformation:

ψ↑(r) =∑

n

[

un(r)γn0 − v∗n(r)γ†n1

]

ψ↓(r) =∑

n

[

un(r)γn1 + v∗n(r)γ†n0

]

wobei n die Eigenfunktionen bzw. Energien indiziert. Verallgemeinerung der Bo-goliubov Transformation fur raumlich inhomogene Systeme.

Einsetzen in H: Wahle u, v so, dass H diagonal wird, d.h.

H =∑

n,i=0,1

Enγ†n,iγn,i

Diese Forderung fuhrt auf die Bogoliubov-DeGennes Gleichung:

(

H0 ∆(r)∆∗(r) −H∗

0

)(

un(r)vn(r)

)

= En

(

un(r)vn(r)

)

Beachte: H∗0 entspricht dem zeitumgekehrten Hamiltonoperator, B → −B. Hier

ist der Einteilchen-Hamiltonian (in erstquantisierter Form)

H0 =1

2m∗

(

h

i∇− e

cA

)2

+ U(r)− µ

Dessen Spektrum seiH0wn(r) = ǫnwn(r).

Im ungeordneten Metall (ohne magnetische Storstellen) haben wir (unbekannte)elektronische Eigenfunktionen, die nicht einfach Blochwellen sind, also Einteil-chenwellenfunktionen wn(r) zum Eigenwert ǫn. Der zeitumgekehrte Zustand zu

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KAPITEL 7. SUPRALEITUNG 90

wn,↑(r) ist dann w∗n,↓(r) (o.B.), d.h. diese beiden Zustande formen ein Cooper-

Paar, als Verallgemeinerung des sauberen Falles.

Beachte: falls ∆ = 0, impliziert BdG Gleichung

H0u = Eu, H∗0v = −Ev

d.h. u beschreibt Elektron, v beschreibt Lochzustand, mit Energien ±E.

Paarpotential ist selbstkonsistent aus (V0 > 0 beschreibt Anziehung der Elektro-nen)

∆(r) = V0

ψ↑(r)ψ↓(r)⟩

zu bestimmen. Einsetzen der Bogoliubov Entwicklung ergibt nun

∆(r) = V0

n

v∗n(r)un(r)[1− 2nF (En)]

Elektron- und Loch-Zustande sind durch Paarpotential in selbstkonsistenter Wei-se gekoppelt!

Betrachte nun ungeordneten Supraleiter mit l ≪ ξ (wobei ξ die Koharenzlangeist). Auf Skalen ≫ l ist ∆(r) = ∆ homogen (Selbstmittelung!). Unter dieserAnnahme lasst sich BdG Gleichung mit Ansatz

un(r) = Unwn(r), vn(r) = Vnwn(r)

mit reellen Zahlen Un, Vn losen. Fur A = 0 folgt dann

(

ǫn − En ∆∆∗ −ǫn − En

)(

UnVn

)

= 0

Dieses Eigenwertproblem fuhrt zu

En =√

ǫ2n + |∆|2

in analogie zum Standard-BCS Fall.

Spektrum, Energielucke und auch Tc bzw. ∆ sind praktisch nur wenig durchelastische Streuer / Unordnung beeinflusst.

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Kapitel 8

Quanten-Hall-Effekt

8.1 Landau-Niveaus

Betrachte 2DEG in konstantem Magnetfeld B in z Richtung (senkrechtauf 2DEG). Wir ignorieren Spineffekte (nur Orbitaleffekt, d.h. Landau-Magnetismus), und arbeiten zunachst auf dem Niveau der Effektiven-Masse-Beschreibung (Einteilchenbeschreibung).

Minimalsubstitution: Man erhalt den kinetischen Impuls Π aus dem kanonischenImpuls −ih∇ aus

Π = −ih∇+e

cA

Dann ist Hamiltonoperator

H =1

2m∗Π2

Charakteristische Skalen:

Zyklotronfrequenz: ωc = eBm∗c

Magnetische Lange: lB =√

hceB

Dann gilt mit Flussquant Φ0 = hc/e gerade 2πl2BB = Φ0

Klassische Bewegungsgleichungen:

m∗r = −ecr×B

ergibtx+ ωcy = 0, y − ωcx = 0

Mit komplexer Notationz = x+ iy

91

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KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT 92

kompaktz − iωcz = 0

Losung: Klassischer Zyklotronorbit

z(t) = C − i v0

ωceiωct

mit zwei Integrationskonstanten: (komplexwertig)

• Schwerpunkt des Orbits C

• Radius des Orbits, entspricht Geschwindigkeitsvektor v0 bei t = 0.

Klassisch haben wir eine kreisformige Bewegung um C in der x − y (bzw. kom-plexen z) Ebene, mit Radius |v0|/ωc und Frequenz ωc.

Zuruck zur Quantenmechanik.

Kommutatoralgebra:

[Πx,Πy]− = [−ih∂x +e

cAx,−ih∂y +

e

cAy]− = −ihe

c(∂xAy − ∂yAx)︸ ︷︷ ︸

=(rotA)z=B

= −ih2/l2B

Daher konnen wir bosonische Leiteroperatoren a, a† einfuhren:

a† =lB√2 h

(Πx + iΠy)

mit [a, a†]− = 1, [a, a]− = [a†, a†]− = 0, da

l2B2h2 [Πx − iΠy,Πx + iΠy]− = i

l2Bh2 [Πx,Πy] = 1

Also giltH = hωc(a

†a+ 1/2)

harmonischer Oszillator, Eigenenergien sind Landauniveaus

En = hωc(n+ 1/2), n = 0, 1, 2, . . .

Diskretes Spektrum, statt h2(k2x + k2

y)/2m∗ fur B = 0.

Jedes Landau-Niveau ist hochgradig entartet, da der Zyklotron-Schwerpunktsoperator

C = z +i(Πx + iΠy)

m∗ωc

nicht in H auftaucht!

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KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT 93

Kommutatoralgebra: Mischterme in z und Π heben sich genau weg, daher

[Cx, Cy]− = −(

1

m∗ωc

)2

[Πx,Πy]− = il2B

Es gibt also einen zweiten bosonischen Leiteroperator

b† =1

lB√

2(Cx + iCy)

der der Schwerpunktsbewegung entspricht. Es gilt

[b, b†]− = 1, [b, b]− = [b†, b†]− = 0

und[a, b†]− = [a, b]− = 0

Insbesondere ist [b,H]− = 0, da H nicht von den b Operatoren abhangt.

Eigenzustande lassen sich nun durch n (Landau-Niveau-Index) und m (Eigenwertvon b†b) numerieren, wobei n,m = 0, 1, 2, . . .

|n,m〉 =(a†)n(b†)m√

n!m!|0, 0〉

mit Energie Enm = hωc(n+ 1/2) (unabh. von m).

Ortsraumdarstellung: erfordert Wahl der Eichung.

Hier: Landau-Eichung, A = (0, Bx, 0), also

H =1

2m∗

[

p2x +

(

py +e

cBx

)2]

mit kanonischem Impuls pi = −ih∂xi

Eigenfunktionen:φ(x, y) ∼ eikyyχ(x)

mit

− h2

2m∗d2χ(x)

dx2+m∗ω2

c

2(x+ kyl

2B)2χ(x) = Eχ(x)

Fur gegebenes ky entspricht dies verschobenem harmonischem Oszillator, mitMinimum bei X = −kyl2B.

Eigenfunktionen: Quantenzahlen n = 0, 1, 2 . . . und ky, mit Hermite PolynomenHn folgt

φn,ky(x, y) ∼ eikyye−(x−X)2/2l2BHn[(x−X)/lB]

d.h. ebene Welle in y Richtung und Gauss-lokalisierte Funktion in x, zentriertum X = −kyl2B. (Fur diese Wahl der Eichung!)

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KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT 94

Entartungsgrad eines Landauniveaus

Berechne Ns = Zahl der entarteten Zustande pro Landauniveau:

Wir betrachten Probe mit Rechteckgeometrie Lx×Ly und periodischen Randbe-dingungen. Fur Landau-Niveau En = hωc(n + 1/2) liegt n in φn,ky fest, aber kykann noch variieren, wobei ky = −2πny/Ly mit ganzzahligem ny. Dabei muss

0 ≤ X =2πnyl

2B

Ly≤ Lx

gelten, d.h. 0 < ny ≤ Ns mit

Ns =LxLy2πl2B

Mit Φ0 = hc/e, l2B = hc/eB und magnetischem Fluss Φ = BLxLy konnen wirdies schreiben als

Ns =Φ

Φ0

Entartungsgrad eines Landauniveaus ist durch magnetischen Fluss in Einheitendes Flussquantums gegeben.

Fullfaktor

Bei gegebener 2D Elektronendichte n, bzw. Elektronenzahl N = nLxLy, werdennun ν = N/Ns Landauniveaus gefullt sein. ν ist der Fullfaktor:

ν =N

Ns

= 2πl2Bn

Jedes gefullte Landau-Niveau entspricht damit einer Dichte 1/(2πl2B). BeiErhohen von B wird diese Dichte linear ansteigen!

Beispiele:

• Fur ν = 1 ist das unterste Landau Niveau gerade gefullt, und alle hoherenunbesetzt.

• Falls ν < 1, ist das unterste Landau-Niveau nur teilweise gefullt. Hierkommt es zum fraktionalen QHE.

• Fur ν = 5/2 sind zwei Landau-Niveaus ganz gefullt, das dritte halb. Hierkommt es zu einem exotischen QHE mit nichtabelschen Quasiteilchen (ak-tuelle Diskussion, von Interesse fur topologische Quantencomputer)

Zustandsdichte (T = 0)

entspricht dann einer Sequenz von δ Peaks bei E = En mit Hohe Ns. Dies fuhrtzu “klassischen” Bulk-Phanomenen in makroskopischen Proben: Shubnikov-DeHaas Oszillationen im Magnetowiderstand. Hier konzentrieren wir uns auf denQuanten-Hall-Effekt (QHE).

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KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT 95

8.2 Ganzzahliger Quanten-Hall-Effekt

Betrachte Hall Geometrie, siehe Abb. 8.1.

Abbildung 8.1: Hallgeometrie. Im senkrechten Magnetfeld B bildet sich die Hall-spannung eVH = µA − µB, wahrend die Transportspannung eV = µL − µR einenStrom I durch die Probe treibt.

Hallwiderstand: RH = VH/I

Hall-Leitwert: GH = 1/RH

Klassische Rechnung (Drude) liefert (ohne Herleitung, findet sich in jedem ele-mentaren Lehrbuch der Festkorperphysik)

RklassH =

B

nec

bzw.

GklassH =

nec

B=e2

direkt proportional zum Fullfaktor ν

Beobachtet wird bei tiefen Temperaturen aber ultra-prazise Quantisierung inGH(ν) (von Klitzing 1980, Nobelpreis 1985) bei ganzzahligen GH = Ne2/h. Derlongitudinale Widerstand verschwindet dabei auf den Plateaus.

Schematisch: siehe Abb. 8.2. Ganzzahliger QHE

Randzustande

Der IQHE kann elegant uber das Randzustandsbild (Buttiker, 1986) erklart wer-den. In x Richtung (siehe Abb. 8.1) muss der Hall-Bar ja bei x = ±Lx/2 begrenzt

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KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT 96

Abbildung 8.2: Ganzzahliger Quanten-Hall-Effekt (IQHE) (schematisch). Bei ν <1 kommt es zur Quantisierung bei rationalen ν = p/q (p < q ganzzahlig), demfraktionalen Quanten-Hall Effekt (FQHE) (nicht gezeichnet).

sein, d.h. es liegt ein Einschnurpotential vor, welches die Landauniveaus vom bulkWert En nach oben biegt, En → En(x), siehe Abb. 8.3.

Solange EF 6= En (bei EF = En kommt es grad zum Ubergang zwischen Plateaus,soll hier nicht diskutiert werden), sind die einzigen Zusande bei der Fermienergieam Rand: Randzustande propagieren. Fur Abb. 8.3 gibt es drei rechts- und dreilinkslaufende Zustande, die raumlich getrennt sind (unterer bzw. oberer Rand).Siehe Abb. 8.4.

Randzustande haben klassisches Analogon: Skipping Orbits.

Im Bulk gibt es dagegen nur geschlossene Zyklotronorbits, kein Transport, Isola-tor (Energielucke!).

Analogie zum 1D Quantendraht, aber wichtiger Unterschied ist durch raumlicheTrennung von rechts/links-laufenden Zustanden gegeben. Daher gibt es (selbstbei nicht perfekten Randern) keine Streuung von L → R oder R → L Laufern(d.h. keine Ruckstreuung). Dies erklart die hochprazise Quantisierung im QHE,wahrend Punktkontaktquantisierung (bzw. in Quantendrahten) nur recht unge-nau erfullt ist.

Berechnung des Hall-Leitwerts:

Hall Spannung ist eVH = µL−µR, da die L Laufer vom Reservoir mit µR kommen,d.h. µR = µA. Entsprechend µB = µL.

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KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT 97

Abbildung 8.3: Verbiegung der Landauniveaus in einer Hallprobe. Siehe Text.

Strom I folgt dann aus Landauerformel, wie im 1D Draht. Nur Randzustandetragen den Strom, d.h. bei N Moden (in Abb. 8.3, N = 3)

I = Ne

h(µL − µR)

Also

GH =I

VH= N

e2

h

wieder quantisiert, mit von-Klitzing Konstante! Mit Spin: Zusatzfaktor 2.

Das Plateau N tritt grade bei N−1/2 < ν < N+1/2 auf (wobei Rundungseffektez.B. durch thermische Effekte den Bereich ggf. verkleinern).

QHE wird in Metrologie zur Definition des Widerstands benutzt.

8.3 Fraktionaler Quanten-Hall-Effekt

Betrachte nun ν < 1, d.h. alle Elektronen sind im niedrigsten (partiell gefullten!)Landau-Niveau. Dann ist die kinetische Energie konstant (d.h. fur alle moglichenAnordnungen gleich), hochgradige Entartung kann nur durch Wechselwirkungs-effekte gebrochen werden,

H = P0

j<k

e2

|rj − rk|

P0

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KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT 98

Abbildung 8.4: Randzustande in der Hallprobe.

wobei P0 auf das niedrigste Landauniveau projiziert.

Jetzt werden Plateaus bei GH = pqe2

hbeobachtet (FQHE), wobei p < q naturliche

Zahlen sind. (Tsui, Stormer, Laughlin, Nobelpreis 1998)

Theoretische Erklarung?

Analytische Losung von H|Ψ〉 = E|Ψ〉 ist nicht bekannt. Storungstheorieunmoglich: es gibt keinen kleinen Entwicklungsparameter.

Allgemein akzeptierte Theorie (mikroskopisch allerdings nicht sehr gut verstan-den, ausser durch numerische Rechnungen) basiert auf dem Bild der CompositeFermions (CF) von Jain (siehe: J. Jain, Physics Today, April 2000, Seite 39)

Grobe Struktur dieser Theorie:

Man kann stark wechselwirkende Elektronen im starken Magnetfeld B durch ei-ne sogenannte Chern-Simons-Transformation aquivalent ausdrucken als schwachwechselwirkende (bzw. nicht-wechselwirkende) CFs in schwachem Magnetfeld B∗.Ein CF ist dabei anschaulich als ein Elektron plus 2p (p = 1, 2, . . .) angeklebteFlussquanten (unendlich dunne masselose magnetische Solenoide, mit Fluss Φ0

entgegen B) zu verstehen.

Ein CF ist demnach ein gebundender Zustand eines Elektrons mit 2p Flussquan-ten, hat fermionische Statistik, mit Ladung e und Spin 1/2. Auch Aharonov-BohmPhasenfaktoren e2πiΦ/Φ0 bleiben unverandert, da jeder angeklebte Fluss-SchlauchΦ0 tragt.

Neues Magnetfeld (das auf CFs wirkt):

B∗ = B − 2pnΦ0

Dieses Feld entspricht dem gesamten magnetischen Fluss der auf CFs wirkt.

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KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT 99

Mit n = νB/Φ0 folgtB∗ = (1− 2pν)B

Wir konnen damit einen Fullfaktor ν∗ fur CFs definieren

± 1

ν∗=

1

ν(1− 2pν)

(plus/minus, da B∗ positiv oder negativ sein kann)

Der echte Fullfaktor ν ist also durch den Fullfaktor fur CFs ausgedruckt als

ν =ν∗

2pν∗ ± 1

Bei B = 0 bilden Elektronen Fermisee (EF ), bei B > 0 dagegen Landau-Niveaus.

Betrachte nun CFs: Bei ν = 1/2 ist B∗ = 0, d.h. CFs bilden Fermi See. Dannsollte metallischer Zustand ohne QHE vorliegen, Fermi-Flussigkeit. Experimentellbeobachtet! In der Nahe von ν = 1/2 liegen die klassischen Niederfeld-Phanomenevor (Shubnikov-De Haas Oszillationen, Zyklotronresonanz), aber fur CFs!

Der reduzierte Entartungsgrad der CFs legt nun nahe, dass CFs allgemein vielschwachere Wechselwirkungseffekte zeigen. Das Einfangen von 2p Flussquantendurch die Elektronen beschreibt in effizienter Weise den Abschirmungseffekt derWechselwirkung im starken Magnetfeld, d.h. der Hauptteil der Wechselwirkungist kodiert in der Formation der CFs!

Vernachlassigen wir die Rest-Wechselwirkung, folgt bereits einfache Erklarungvieler fraktionaler Plateaus:

FQHE = IQHE der CFs

Falls ν∗ = n, d.h. CFs haben n besetzte (gefullte) Quasi-Landau-Niveaus undzeigen daher IQHE, gilt fur das Elektronensystem

ν =n

2pn± 1

Dies sind die Plateaus mit ungeradem Nenner! Diese Formel erklart bis auf ν =5/2 alle bekannten FQHE Plateaus (ca. 30 an der Zahl!)

Bemerkung: Bei ν = 5/2 erklart man das Plateau durch eine Cooper-Instabilitatder CFs, d.h. eine supraleitende Phase der CFs mit p-Wellen-Symmetrie ubersetztsich in den FQHE der Elektronen! Experimentell beobachtet, aber fragil.

Laughlin-Wellenfunktion (Nobelpreis 1998)

Der Vielteilchen-Zustand der Elektronen (ohne Spin) bei ν = n/(2pn + 1) kannnun geschrieben werden als (z = x+ iy)

Ψν ∼ Φν∗

N∏

j<k=1

(zj − zk)2p

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KAPITEL 8. QUANTEN-HALL-EFFEKT 100

Dabei ist Φν∗ die Slaterdeterminante der nichtwechselwirkenden CFs im Magnet-feld B∗ (gebildet aus den oben diskutierten Landau-Eigenfunktionen!), und (o.B.)das Produkt beschreibt den Effekt der angeklebten Fluss-Schlauche (Vortices).

Bei n = 1 und p = 1 folgt Laughlin’s Wellenfunktion fur ν = 1/3:

Ψν=1/3 ∼

j<k

(zj − zk)3

e−∑

i|zi|2/2l2B

entspricht einem gefullten Landau-Niveau von CFs. Coulomb-WW treibt Teilchenauseinander (bei ν = 1 ware Wellenfunktion statt Exponent 3 mit Exponent 1).Komplett antisymmetrisch unter Teilchenaustausch!

Fraktionale Ladung

Die elementaren Anregungen eines FQH-Fluids haben fraktionierte Ladung e∗ =e/(2pn± 1) (da kollektives Vielteilchensystem). Entsteht als Summe der intrinsi-schen Ladung e und einer Abschirmladung durch die angehangten Flussquanten.Dabei liegt auch Anyonen-Statistik (nur in 2D erlaubt) vor, d.h. die emergentenTeilchen sind weder Fermionen noch Bosonen!

Aktuelles Forschungsgebiet!