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Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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Page 1: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland
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Bayer. Staatsbibliothek

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Page 5: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

©egentuart unb 3ufunft

ber

WlofoWe in £>eutfdjt<mt>

9« (Gruppe,

©er Itn,

2)ru<! unb ©erlag toon ©eorg Weimer.

1855. 4

Page 6: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

BIBLIOTIIECA

REGLA.

MDNÄCENSIS.

Page 7: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

dorret» e*

£)er «erfaifer Befennt frei, baß fca« „erfieflenke

33ucfy innertyalB toeniger Soweit entfianben ijt S^td^t

forootyl ber Job <3<$efling$, ate ba8 Verlangen be«

*ßu6Kcum8 ü&er ben ©efdjiebenen eine SKeimtng jtt

faffen, bann aBer ganj BefonberS getDtffe $u Sage ge*

foinmene Ungerechtigkeiten Beroogen il)n bie geber er*

greifen — jn einer 3eit, bfe tym gelegen toar nnb

tyn in ganj anberen ©tnbien fanb- 216er ber SWoment

festen tym günftig 31t fein, na<$ tarigem @c$roeigen rootttc

er £ier nicf>t fe^en, ja er $ieft e£ für Beffer in nict>t

fcoüftänbiger 3urüftung anf beut Äampftrfafc jn erfcfyei*

nen afs 51t fpät einjntreffen. *)

UeBer einen SfBgefcfyiebenen Iä§t ftc$ in ganj an*

berer Seife fyrectyen nnb urteilen ate üBer einen SeBen*

ben, namentlich roenn man in näheren ober entfernteren

*) @tne 2lbftc$t, Ncldje bur$ SJerjögerung be« 2>rutfe« (eiber großen*

tyeil* unerreicht geblieben i%

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Page 8: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

IV

freunblic^en 33e$ietyuugen geftanben. Srft mit bem £obe

treten fcon felBft bie größeren fjiflortfcfyett 2D?aa§fläBe ein,

afle pcrfönltc^en 33er$ättniffe toerf<$toinben, ba« 3luge' ber

UrtyeUenben toirb ftarer unb freier.

35or aßen Dingen toünfc^t ber SScrfaffer geregt ju

fein, er toetft aBer too^l, ba§ bie« ni<$t Bloß ©a$e be«

SBitten«, fonbern jitgtei^ ber inteflectualen traft unb

be« ©tanbpunfte« ift. .2Ba« ben (enteren anlangt> fo

gtauBt er fu$ in einem eigentümlichen 23ort$etf ju 6e*

finben, ba feine Stuftet fcon ber afler Bi^er ©treiten*

ben fo jtetnttc^ gleic$ toeit entfernt ift

Die 8lBftc$t biefer ©cfyrift toar aBer BefonberS bem

Urteil anberer ju £ülfe ju fommen, orientiren, auf*

juräumen, ein 33emü$en, ba« burcty bie Befonbere

Sage ber Dinge too^I gerechtfertigt fein mag. Die« er*

f<$ien auc$ at« ber nä^fle unb bringenbfte Dienjt, XotU

c$er ber ^P^Uofo^ie ju leiflen fear, benn eBen bie Un*

ttar^eit ber Situation ift e«, toelcfye ben auc$ fonft in

ber 3eit liegenben üDfangel an 3ntereffe für ^ilofo^^ie

in fo erf^recfenber SBeife fieigert Bi« ju fünb^after

©turnet.

Sie flehen bie Dinge, toie fmb fte ba« getoorben,

tootyin beuten fte? Da« fmb fragen, bie jeben angeben,

bem bie f^roffen *ßarteiungen unb $errfc$enben (S^treme

noc$ trgenb ben ®IauBen an bie SKöglic^Ieit einer geiftig

freien unb boc$ ft<$ ni<$t üBer^eBenben ^ß^Uofof^ie gelaffen

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Page 9: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

v

haben, ß« ifl hier manches geboten, ba8 jur Seanttoor*

tung biefer Ö?*a3ett bienen farnt; möchte man e$ unbefan*

gen aufnehmen unb feinem 3ufammenhange nach toerfte^en

tooflen.

galt bie Untoegfamfeit, ba8 Unfruchtbare unb

$offnung$Iofe lange Betretener Sahnen $u jeigen, bie

Seer^eit ^om^after SSerheißungen; auf ber anberen Seite

aber auch forgfältig genährte>

SBorurt^etfe $u entftäften

unb Sichtung ju ertoerben für ba$,toa8 in feinen be*

fcheibenen Anfängen unb im f<htf<hten bleibe ber Söahr*

fjeit leicht für gering gehalten toirb — benn bie SQBelt

toitt lieber getäuf^t fein,

®8 f($ien Stufgabe, ben SSortrag fo einzurichten,

baß bie @<hrift nicht nur für ben $$ttofty$at bon Qfach,

fonbern auch für einen größeren ÄreiS gebilbeter Sefer

jugängftch fei— beibeS ju bereinigen £at feine Schwierig*

feiten unb $ier bebarf e$, toenn im einzelnen nach ber

©Uten ober anberen Seite $u toeit gegangen fein fottte,

einer billigen 8tücffuht. 9?amentli<h trifft bie« bie STB*

fänitte über bie ©ef^it^te fyeculatiber üDiet^oben, too

leicht für ben einen £$etf ju toiel, für ben anberen ju

toenig gegeben fein fonnte. SKanc^e« ftnb hier nur StytyoriS*

men unb Stnbeutungen, bie erji in bem ganjen 3ufammen*

l^ange einer ©ef^ic^te ber Sogif ihre gebü^renbe 9lu$*

fü^rung erhalten fönnen, inbeß ohne biefe oietteic^t um fo

anregender unrten.

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Page 10: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

VI

St $at jt$ Bei beut 3n$alt beö Su<$e$ m$t toer*

meiben laffen, aucfj fcon ben SSeftreBungen ber 3eitge*

»offen unb jitm £f>eit natye ftc^enber gu fyred(jen; für

bie Urteile liegen bte SD?aagftäBe in ber @$rift felBfi,

tixSltify erfennt man in berfelften au<$ bie 9l6ftc$t $ter

fcorftcfytig unb fefyonenb §n fein, fo toeit bie @a$e e8

erlauBte.

S)er SSerfaffer ift enbücfy genötigt getoefen toou fi$

felBfi jit ftred^en, a&er er fjat e$ nur fo toett getfym,

ate feine SlrBeiten vorliegen unb unter ben SeffeeBungen

ber 3e^genoffeu mittlen. @r T;at gegtauBt nBeratt aB*

Breden ju muffen, too e$ ft$ um ferneren ShtfBau tyan*

beft, benn baS gehört Beffer für einen anderen Ort unb

für attbere üftur fot>tc£ fjat er Ijter ge&en Kotten,

baft man eifere, es liege eine Beftimmte Ueterjeugitög

unb ettoaS ^ofittoeS im fnntcrgrunbe,

Sie ^Uofo^te $at ü)rer Sftatitr naefy nur ber

SBa^cit bte @£re ju geBen; bie UeBereinftimmung mit

fonfttgen 28ünf<$en unb gorbenmgen ber 3nt lann tyr

nid^t unmitteC6ar mtb in jeber 9tö4fi($t jur Smpfetytong

gereichen. S)en ^rieben um jeben *ßreiö gefud;t $u ^aBen,

toäre ein fc^e<$te« ?oB unb toürbe nidjjt jttm 3iel führen;

aBer ftc^er ift, bafj ber ttefgefyettbe Siberfpru$ ber tyfo

fofopljie mit ben SKefnftaten unb ^rtnei^ien ber Siffen*

fc^aft unb mit bem ^ßoftttoen ber Religion üBet fte felBft

ben <Sta6 Breden muß. Ser auf biefer ©eite ein

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Page 11: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

VII

Urteil ü&fr bie fcorKegenbe (Schrift fällen toitt, ber faffc

gtoei fünfte in* Singe: SBerfyric^t baS, toaS fjier als

3ufunft ber ^ilofoptyte gezeigt toirb, einen baner^aften

gfrieben mit ben työctyften nnb Ijeiligften 3ntereffen ber

SDtenfc^eit nnb ift bie$ in freier nnb aufrichtiger Seife

o^ne fneAtifcfye ober toeltfluge Slccommobation erreicht ?

2>er Skrfäffer glaubt Billigen Urteilen gegenüber mit

dlvfyt ben 3ln$tyrn<$ erwarten $n fönnen.

^Berlin im SKobemfcer 1854.

®r.

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Page 12: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

JBemerfte 2)rutffeI)Ier*

€5. 109 3. 5 0. tte«- Bringe jlott kringelt.«

©. 130 3. 4 to. u. ift nct<$ @(§arffiimigfU : ni#t emjufc&iefceu.

©. 160 3. 3 t>. 0. lies ewige fiatt »o%e.«

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Page 13: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

I. £)o3 untergefrenbe ©eftint 1

n. gjjejjteflj fefrteS Auftreten 15

in. ffiftcfen ber ©cfrettinfliffien ffiUofofrfric. 24

IV. 8erfrfiftni6 au flaut 31

(gattun^en ber fftecutatiben (Styfteme 43

VI. 3>ie f^ecutati»en 2ftetfroben. 75

VD. gqcon'g 3nbuction 107

VIII. £ie ffreculotfacn SOTetfroben ber neueren ©ofternc. . . , 115

IX. 2)ie Reineren @t#;me ber neueren flett. 147

X. Stimmen über bie Aufgabe ber beutfcfren ^frilofoftfrie in ber

flufunft 160

XI. ateformation ber Sogif. 179

xn. %ücfl!t(f auf bie foeculattoen SWetfroben. .201XIII. gnteenbung auf bie fpecutatttoert £>aufttf9fkme 237

XIV. Annxnbung, auf bie @9fteme einzelner ^ilofo^en. . . 246

XV. fleht Aftern 257

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Page 15: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

I.

Taö unterge^enbe ©efftrn.

VJUt bcm £obe eine« ber crftcn $eroen beutfc^er $l)i(o-

foptyie tritt ein ^citpunft ein, ber toofyt gelegen fein mag un«

am pljttofopljifcfyen £orijont um$uf$auen, geroiffe anbrin*

genbe fragen aufjufäffen unb, fo t>tcl an un« ift, fte uns $u

beantworten.

ift Befannt, tote aurütityaltenb Petting in ben fpäte*

ren Oafyren mit ben föefuftaten feine« DenfenS unb gorfetyen«

getoefen, fo baß \m bie 33erßffentfidf>ung berfefben einer frem*

ben unb feinblic^en £anb »erbanfen. 3efet burc$ ben uner*

toartet erfolgten Job ift bie Meinung berer Beftätigt loorben,

toelc$e längft behaupteten, ber ?tyUofopl) toerbe Bei ßebjeiten

leine Darfteöung ber neuern ®eftalt feiner tyfifo\t$k in«

publicum gelangen (äffen. Sa« etwa girr 23eroffentfi($ung

na$ feinem £obe vorbereitet fein foüte, muß freiüc$ aBge*

»artet toerben, unb getoiß ift, baß ber $^i(ofo^ ju biefem

3wecE beneibenötoert^er 3J2uge genoß.

SlBer er hatte au<$ bie (Gelegenheit ber auägebehnteften

SBirffamfeit — hue Balb unb toie boöftänbig ber Berühmte

^itofo^ barauf berichtete, ift gfeichtoohl Befannt. (Seine

in Berlin mit fo großem Stuffefyen Begonnenen SBorträge

haben aller 9tod(rt;altigfeit entbehrt, fo baß ton einer 2Bh>

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Page 16: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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fung, wie fte ^ier Sickte unb barauf §ege( ^crborgcBrad^t

haben, Bei ihm gar nicht bie 9?ebe fein fann, no$ biet we*

niger würbe man oon einer in Berlin geftifteten ©chefling*

fchen @c^ule fprechen bürfen, We(c$e nur irgenb ben 23erg(etdh

mit früheren Erlernungen auß^icUc.

£)ahingeftetft, wen bie <3chu(b trifft, ficherttch waren bie

lefcten SebenStage be« ^ifofopljen infofern fehr getrübt, at8,

währenb er fetbft in ftitfer 3UY«(fge^ogen^eit fortarBeitete,

ring« um ihn her bie ^eitna^me je mehr unb mehr er(ofc$,

unb $war nicht nur an feiner $^i(ofo^ie, fonbern an ber

^^irofo^ie überhaupt.

©eit ßeibnifc 3eiten war man in Deutfcfytanb gewohnt

in ununterbrochener föeifye namhafte ^itofo^ifc^e (Shfteme

auf etnanber folgen ju feBen, fo ba& immer je eine« a(S ba$

herrfchenbe ber 3eit Betrachtet werben fonnte unb eine §(rt

»on ^ronfolge in ber ^ß^ifofo^ic galt. £)ie ^errfc^aft er*

ftreefte fich mehr ober weniger auf bie beutfehen Unioerfitäten,

brang über auf bie oerfchiebenften Sehrfächer unb lieg ftarfe

Spuren in ber Öitteratur unb beut SeBen; ba$ $(u$tanb rech*

nete bie (Srfcheinung 51t bem (Sigenthümtichften wa$ £>eutfch*

(anb h*Be unb fuchte h^ ben SMittetyunft be$ beutfehen

^attonalcharafterö $u faffen. $>iefe föeihe ift nun unter-

Brosen, biefe (Srfcheinung ^at aufgehört, bie £)eutfchen finb

fich felbft untreu geworben. $>ie Ie|te ^ß^Uofo^^te h«t ihren

(SHanj oerforen, feine neue ift an ihre ©teile getreten, feine

9tu8ftcht oorhanben, bafj irgenb woher wieber eine gebteterifche

Autorität, ein fich aüeS unterwerfenbeS (Softem fomme.

Äaum wirb e$ eine« SöeweifeS bebürfen, bajj bem wirf*

lieh fo fei: bie %f)at\aä)t liegt bor Otogen, unb mujj oon ben

iöeth«Uigten felbft eingeftanben werben; ein (Eingehen auf bie .

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Page 17: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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näheren Umftänbe mag gleichtoohl am Ort fein. Senn e« aber

fich um ©hfteme fpeculatioer $ljtfofopl?te hanbelt, fo fönnen

für bie lefeten $)ecennien in Deutfchlanb nur p>ti in Betracht

fommen, ba« bon £egel unb bic neuere 2)Jobiftcation be«

©chellingfchett, benn alle« anbere, loa« baneben aufgetaucht ift,

fteht an ©ntfehiebenheit unb Söebeutung rocit juruef.

S)a« Aftern $egel«, ba« erft öon Berlin au« feine

§errfc$aft enturicfelte unb fich runb umher bi« an bie

®renjen SDeutfchlanb« ausbreitete, ^at ftety, fo öiel auch ge*

föefjen ift, e« ^ier bauernb ju ermatten, in feinem Littel*

punft guerft abgelebt, fo baß e« nur noch an entfernteren

fünften einigermaßen fortleben mag. 3Bahrfcheinlich toürbe

e« auc^ in Söerlin fc$on früher bie X$tUnat}mt öerloren

haben, toenn nicht gerabe burch bie ^Berufung ©chelling« ein

neue« germent erfc^ienen toäre, ba« auch auf jene« für einige

3eit belebenb gurüeftoirfte.

£)ie ^egelfche ^hitofo^ie ift ju ihrer 3ett oon ftaat«*

toegen mächtig geförbert Horben; biefe görberung fiel auf

einem getoiffen $unft fort, aber man toirb nicht fagen fönnen,

baß fie bann ferner mit gleicher $raft niebergebrüeft toorben

fei, am toenigften, baß äußere (Sinflüffe ihren Untergang

herbeigeführt hätten — ba« toürbe auch to M unmöglich

getoefen fein, benn gerabe hätte gu ihrem gortbefteheu nicht«

mehr beitragen fönnen, af« Angriff oon äugen. <§ie ^at

ihr ©chieffat erfüllt au« inneren ©rünben — einmal fchon

baburch, baß fie feine jeitgemäße gortbilbung erlitt; al« bie

abfolute toar fie beffen toahrfpeinlich auch nicht fähig. 3tt>ar

traten nach bem £obe be« Urheber« zahlreiche $ba'nberungen

be« Aftern« unter ben oerfchiebenen Anhängern hcroor, allein

feine ^atte ba« Erbrecht für fich, e« erfolgte ein 9lu«einanber»

l*

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4

gehen nach atten ©eiten; im SBefentttctyen aber fchieben fuh

bic Anhänger nad^ ^oUtifc^cr Analogie, in eine rechte unb

Vinte @eite, in eine conferoattoe unb bemofratifche, ja focia*

liftifche graction, fo ba§ auf beiben Letten baö ^^i(ofo^tfc^e

immer mehr gurücf unb ganj anbemeitige 9?ü(ffid)ten unb

93efttmmung$grünbe in ben SBovbergrunb traten.

Unter folgen Umftänben fyabtxi $n>ei (5rfMeinungen nicht

ausbleiben fönnen, roetc^e in fc$neßer ^rojeffton ben Verfaß

be« (Stnftuffcö nach fich gießen mußten. £)ie Aufmerffamfeit

auf ben eigentlichen metaphhfifchen $ern beS @hftem8 ging

je mehr unb mehr über ber Antoenbung verloren, fo baß

nur noc^ getotffe £erminofogieen als (Srfennungfyeichen ber

Anhänger unter einanber jurücfblieben ; bie ^ttofo^en ftic*

gen nach eigener SBaht t>on bem fyeculatioen GMfcfel ju ben

bem Sebcn näher liegenben Woxfytym herab unb gaben ben

beften Xljetf ber oortgen SCÖürbe auf. 9tur ganj einzeln ift

oerfucht toorben bem logifch * metaphhfifchen ®ebäube eine

fernere AuSbtfbung unb fyofyxz (Steigerung $u geben, alfein

gerabe fytx, inbem man 3. 33. in ber (Sonftruction ^tatt be$

©ein« oon bem ^ichtö ausgehen tootfte, ift man entfetyieben

unglüeflich getoefen bis hart an bie ®renje beS Lächerlichen.

©er jtoeite *ßunft betrifft bie peripherifche Ausbreitung

beS ©tyftemS auf einzelne toiffenfehaftliche SMSciplinen, na*

mentlidh auf fcerfchiebene gachtoiffenfehaften. £)iefe, toorin

eben bie toeitgreifenbe ^errfchaft beS ©hftemS ehemals tag,

ift jefet nicht mehr in gleichem Stfaafj möglich, toeil ein feftes

Zentrum fehlt, oon bem fie ausgehen fönnte, unb anberer*

feit«, toeil bie nur noch in ungefährer Stiftung beS @hftemS *m

©in^elnen unternommenen SÖeftrebungen nicht mehr (eicht unb

gut ju einem ®an$en jufammeupaffen. ©üblich, je prattifcher

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Page 19: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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biefe eroberten DiSciplinen an fi<$ felbft finb, um fo mefjr

brängen fie auf eigenem SBege fort unb müffen nac$ fttrjem

Verlauf ba$ Aufgenommene toieber abftreifen bis auf ben

tefeten ®eruc§. $ier ertoeifen fiety bie ^itofop^tfe^en £ermi«

nologteen eines beftimmten ©tyftemä, im $ngefic$t praftifd&er

fragen, leicht als unbequem unb Ijinberlicty unb geljen a(S

SlbgenufeteS unb SBerafteteS oorüber.

2öaS bie große ©Haltung beS £ege(fc$en ©tyftemS an*

(angt, fo f;at baffere auf ber einen @eite bie tieffte (Srfctyüt*

terung erlitten bur$ Ueberftürjung, unb auf ber anberen

burety SIccommobation.

3ur 3eit, atS baS Aftern auf bem ®i^fet feiner <8>tU

tung ftanb, toar iljm na$ oben Ijin biefelbe befonbers gefiebert

bur<$ feine friebfertige ©teflung jum faftifd^ SBortyanbenen.

Der ©runbfafc, ba§ atfeS SBtrffid^c bermmftig, aflcS 33er*

nünftige toirftiety fei, festen ein etoiger Sriebenöfc^üig mit

<Staat unb flirre. 9tyUofofefyie unb geben f^ienen ausge*

glichen — attein auf toie fange? Der Urheber beS ©Aftern«

nwfjte Ijier, nic$t nur toettmeife, fonbern au$ ioeftfhtg, ju

temperiren; aber fd^on bei feinem Öeben fpractyen bie

länger unutmounben au«, bajj biefer (Sinflang jtoifd^en Sßirf*

Uttyfeit unb ^ttofopljie nur für ben fpedetfen Crt, nur für

bie fyecieflen Umftänbe (Mtigfett ^abe, unter bereu <S$ufc

man ftcf; befanb: mit feinem Eingänge fjörte bie feinere Di«*

cretion, ber innigere ®(aube an biefe nottytoenbige Ueberein*

ftimmung auf, loelc^e ftety bießeid^t auc$ tyrer Statur nac$

nur für ©inen ^ßunft Ijerfteöen lieg. Die emj>ftnMic$fte

@eite toar bie Harmonie auf religiöfem Gebiet unb I)ier

muß man bem £auptoertreter beS ©Aftern«, 3#ar$eiuefe,

bie ®ered^tgfeit toiberfaljren (äffen, ba§ er mit tfraft unb

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Page 20: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

6

tfunft gu fteucrn unb au«gug(eichen gemußt ^abc. ©ein £ob

toar für bic ©chute toahrfyaft oerhängnijjooü', faft in gleichem

®rabe tt)ic ber be« Sfteifter«. (Sogteich brach ber 3tt)iefpatt

au«, bic offenen fötffe traten gu Sage. £)a« h>a« bie klugen

unbefangener Prüfer (ängft mlji gefehlt, bie« foöte nun

©on ben Anhängern be« ©hftem« lauter atö e« oon ben

(Gegnern gcf^el;eu tuar, ber 2Mt bargetegt »erben. $)ie*

jentge <ßhifofophie, U)eW;e noch oor furgem a(« bie aller*

chriftlichfte fich eingeführt hatte, geigte nunmehr offenen 2öi*

berfpruch; bie funftfichen Umbeutungen chriftttcher Dogmen

teilen je^t fchunpen Angriffen auf bie Sehre, fo toie auch

auf bie Urfunbe. Da« treiben ber Ounghegelianer erreichte

feine §ö'he, atfer Söürbe unb Haftung beraubt, lief ber ©trom,

auf welchem 3Jtorheinefe mit fo oiet ^nftanb gu fegetn ge*

nmßt, in bie S3auer unb geuerbach au« unb bie SÖUberftürme*

rei ber §aüifchen toie ber beutfetyen Jahrbücher oerfchtoifterte

fich nac^ turpem S3er(auf mit focialifttfehem £aumel, fytt

ba« oolfe 3Jcaafj fpeculatioer Befreiung fuchenb, toorin allein

ba« (Softem feinen wahren üfuhepunft finben fönne. G«

brauet toohl faum gefagt ju toerben, ba§ bie fortgefetyritten*

ften länger biefer &rt al« ©egner be« ©Aftern« aufgefaßt

werben müffen, wenn fie auch fich fetbft nicht immer a(«

folche bezeichnen, geuerbach ftßßt bie Seiter, an ber er empor*

getfettert, unter feinen güßen fort.

SBiet anber«, aber nicht oie( günftiger ftef;t e« auf ber

rechten (Seite. $ier, n>o bie Achtung oor bem ©eftehenben

toeniger gelitten unb fittfiche Momente toirffam blieben, fah

man bie 9cothtoenbigfeit, ben Söruch mit Religion unb tfirche

nicht auffommen gu laffen. Mein bie föiffe Ratten ftch ein*

mal gegeigt unb fie gu füüen ober audj> nur gu oerbeefen,

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Page 21: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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toar nic$t leidet. <$$ fonnte nur auf Soften bcr urfprüng*

tiefen (Sonfequena, atfo be$ eigentlichen pfyUofopijiföen tfern«

gefcf;efjen; toäfyrenb man bort bem ftnftofj entging, opferte

man I;ier gerabe »on bem , roorauf ,bie SMnbigfeit unb ber

^ifofo^iföe Söertf) beruhte. $urc$ äußere ^Rucfpc^ten, nic$t

burc$ fetbftanbige ^ilofo^ifc^e (Sntioicfe(ung , iflt man Ijier

ju roefentlicben 9)?obificationen beä Styftemä genötigt toorben,

unb boc$ Ijat man ben Einffang mit ber firctyttdjen £eljre

nur notdürftig Ijerfteflen fönnen. <£« finb bie« Söeftrebungen

ber 93ertljeibigung unb ber Selbfterfyaftung, feine pljtfofopijt*

fc$en gortfetyritte, feine Saaten mit benen man nac$ außen

$in irgenb Eroberungen machen fönnte. 3a man $at, im

Sinne ber griebenSftiftung, ungleich mefyr $rei$ gegeben, als

ba8 Styftem ertragen fann, fo ba| auefy auf biefer Seite

feine Anfänger af« feine ^erftörer aufgetreten finb, toenn

man fie benn überhaupt noefy feine Slnljänger nennen fann.

%m meiften Ijat tyier ©öfc^el geleiftet, er ift früfoeitig ber

£fyat nac$ oon bem Softem öööig abgefallen unb nur noc$

feinem (Stauben unb ber Terminologie naefy ein Hegelianer

geblieben, ©eine Schrift über bie llnfterblicfyfeit ber Seele

(1835) $at mit £eget nur noc^ Sorte gemein, unb ®lcic$e$,

gang untoerfennbar , gilt fc$on öon feinem 33it($ „lieber

Sfticfyrttnffen unb abfolute« Siffen." Slnbere Vertreter ber

regten Seite, toie Seopolb oon Penning, ftnb offen

in ein anbere* Säger übergegangen unb Ijaben baburdji mefyr

Äfar^cit be$ £)eufen5 an ben Tag gefegt.

ittun Ijat aber auc$ ba$ ganje Softem auf einzelnen

fünften früfoeitig feinen töücfyug antreten mfiffen. ©in

£auj>tgebiet, auf bem baffelbe fi<$ geltenb machte, toar bie

SKatur; bie ^atur^itofo^ie mar ein integrtrenber £$eit be*

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(StyftemS, ber, toenn er au$ nicfyt fo fe^r im ©orbergrunbe

ftanb, toie ehemals in bcm @c$eflmgifc$ett, boc§ in ber

Totalität nic$t entbehrt werben fonnte. tiefer 3toeig bee

großen 33aume$ n^n oerborrte juerft; man burc§B(ättere bie

8ectionöcata(oge ber Uniücrjitäten , an toefetyen Sln^ä'nger bes

#ege(fc$en ©tyftemö (ehrten, unb man toirb finben, baß ftety

$ier fe^r Bafb nad& be$ (Stifters £obe eine $ütfe etnfteüte:

^atur^tfofo^ie timrbe nicfyt meijr geteert. £)ie (§rfc$einung

fyat tooljt offenbar einen bereiten ®runb, einmal, toett bie*

jenigen £)ocenten, bie mit bem <Stanb unb ©eift ber neuern

Waturtoiffenfctyaft Befannt toaren, unmöglich sugteiefy bem (Seift

jenes <3fyftem$ Ijulbigen fonnten, bann aBer auc$, baß bie

ßernenben gu leidet aus einer fließenben Oueöe fc$b>fen fön*

nen, a($ baß fie ben gereiften Söed^ern au8 ftagnireubem

Söaffer (Sefctymadf aBgetoinnen foflten — ganj aBgefeljen oon

©injeffjeiten, auf toelc^c große« ®etoic§t gelegt tourbe unb

toelc^e fi<$ jefet nicfyt länger Behaupten (äffen.

&efyntt<#e$ gilt au$ oon ber (Sefctyicfyte. Senn man

£ege(8 ftoecutatioe ©onftruetion ber ®ef$ic$te in mancher

Skgiefyung intereffant unb geiftreiefy nennen barf, fo erBfeicfyt

bie SIttgetoaft fogifctyer tategorieen boety oor ber (eBenbigen

(Sinfid^t in bie toaljren Mitifc$en ©treBefräfte. £)iefe @in*

fic$t unb ein fot<#eö ©tubium ift nun offenBar burety bie

neueren 3eitereigniffe, man möge fonft baoon benfen toie

man tootte, in fyofyem ®rabe geförbert toorben, toäijrenb in

ber £i)at nur Langel an 2(nfc$auung beffen, toaö bie SBett

Betoegt unb bie 93o"(fer lenft, mit MuGfctyluß ber Äraft ber

93erl?attniffe, ber $erfönlic$feiten, ja ber Söeftregierung fetBft,

fie fcom ftiüen @rubirjimmer au« in ein gormeftoefen oon

Gegriffen legen fonnte.

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9

Ueberfaupt: bie $cgelf$e Wfofop^te tft bcm ®ctft ber

3ctt nictyt me$r angemeffen, fo fe^r biefcr aucty in oerfctyiebenen

SRic^tungen ficty betoegen mag. £)aö Aftern ift ertoactyfen in

einer 3eit, af« ber retigtöfc 3nbifferenti«nui8 nocfy oorfyerr*

fc$enb toar, e8 toar nnr möglich unb bcnfbar in einer folgen.

Xrofc atter 23erftcf;erungen unb (£uj>ljemi£men rotrb eine un*

Befangene Prüfung barin atfeS oenniffen, toaö ein (ebenbtgeS

(S^riftentyum, gteicf/oief toetctyeö Söefenntniffe«, unabweisbar

forbert, unb äffe 33orau$fefeungen jenes ^Kofopfjirenö finb

unvereinbar mit ben ®runbfäfeen cfyriftttctyer £el)re unb £)enf*

art; ber begreifenbe ®ebanfe, roetc^cr 28e(t unb ®ottf;eit

conftruirt, unb gtoar fo, bog nur ein in baö allgemeine Seit*

(eben aufgefyenber ®ott Meibt; bie Unterorbnung ber religiöfen

Sluffaffung als einer nieberen Stufe unter bie ^itofopljifctye;

ba$ gortlcfc^en ber £el;re oon ber Unfterblicfyfeit ber Seefe

unb nur baß S3e(affen ber (Stoigfeit eine« allgemeinen unper*

fönttcfyen ®eifte«; bie totale Umbeutung ber ©rlöfung in

ganj anbere metapljfyfifcfye begriffe — baö finb £)inge, oon

benen jebeö ctn^ctnc fctyon untoieberbringlicty mit cfyriftftctyen

Cefyren unb Ueberjeugungen bricht. 3n bemfetben 2ttaa&

al$ c$rifttic§e $nfc$auungen, gerragen oon innerer ©arme,

toieber tiefere Surjef greifen, muffen bie faften 5(bftracttonen

biefer ^itefo^ie oerbampfen unb ifjre Q3efc$bmgungen afe

Sophismen erfreuten; toie benn fyier bie linfe Seite in aß

ifyrer 9fol)ljeit unb SSäuerücfyfeit boc$ eljrftcfyer unb confequenter

oerfä'ljrt. <S« fonnte ber Beobachtung ntctyt entgegen, baß

gerabe bie acfytbarften Vertreter ber regten Seite fetbft oon

bem (Sefüljt innerer Unftc^erljeit niebergebrücft erfebenen unb

feiner Äraftäufeerung metyr fäfyig toaren.

(Sine anbere föic^tung unferer 3eit gefjt auf bie fpeciettfte

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10

©rforfd&ung be« £fyatfäcfy(ic$en, fotoofyf in bcr 9htur at« auf

bem ©ebiet be« £iftorif$en: beibe« nun ift unvereinbar mit

einer $fyttofo^ie, toefetye im SSorau« na$ ifyren ©etyemati«*

inen bie Dinge begrenzen ober, nacfybem fie anberrocitig er*

forfetyt, naefy biefen fie Begreifen loitf. ©in Hegelianer fann

fein unbefangener Sorfcfyer, ein unbefangener 8rorfc$er fann fein

Hegelianer fein; beibe« fjat fiefy faft oljne $u«nafyme beftätigt.

Der 9tytyfifer, ber (S^emifer, ber ©eognoft, n?ie fönnte er

auger bem etoigen 23uc$ ber Sftatur noc$ ein gefd^riebene«

©efefe anerfennen, bem er ba« bort (Srfannte erft anpaffen,

naefy bem er jene« erft ausfegen müfjte? Der ljiftorifctye

gorfcfyer, ber ni$t b(of oereinjette £fyatfac$en, fonbern ben

toafyren 3u fairinten^arlÖ berfct&en unter etnanber au« ben

Urfunben $u ermitteln bemüht ift, roirb bie ©rgebniffe feine«

gleiße« unb ber $iftorifd&en Ärittl nid&t erft ber Autorität

einer *ßfyi(ofopl)ie unterwerfen tootfen, toetc^e l?o<$mütljig unb

geringfe^äfeenb auf fofctye 93emüf}ungen fyerabblidft, er toirb

ben Sertlj biefer SHjatfactyen unb tyre« 3ufammen$ang«

toafyrlic^ ni<$t baoon abhängig machen, ob Jene fie für ityr

^acfyioerf brausen fann ober nietyt. 3m ©egent^eif, je meljr

ber ©inn für benfenbe unbefangene £ueflenforf$ung, ben*

fenbe unbefangene (Srforfctyung ber Statur begeifterte Sfaljän*

ger gätjlt, um fo weniger wirb ein fpeeufattoe« ©Aftern Sin*

Hang finben, ba« toor ber Ermittelung ber @rfc$etnung fc$on

über bereu 9lotIjtoenbigfeit entfcfyieben bat. 6« ift befannt,

toa« £egef mit ben Planeten begegnet ift. 3n feiner $b*

^anbfang de orbitis planetarum Dom 3a$re 1800*) beroie«

er au« fyeculattoen ©rünben, bag steiften 2)?ar« unb Oum'ter

*) ©ebrudft im 16. »onb Ut «Berte.

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fem fiantt fein fo*nne; oöein am 1. Oanuar 1801 entbecfte

$ia$ji in Palermo bie (Sere$, balb barauf OföerS in ©remen

bie ?aüa$ unb fyeute ift ihre &ofyl bereit« bie auf ein unb

breißig angetoachfen — eine Verlegung, gegen toelche fich

nickte einmenben lieg. §(ber berfelbe ftatt hat fich noch öiel*

fad^ ereignet unb e$ ift ba(b einjufehen, baß im ©runbe jebe

neue ©ntbecfung für ein fpecntatioeö Aftern, ba$ mit feinen

behaupteten ^othtoenbigfeiten bie <£rfMeinungen abgrenjt unb

ber gorfchmtg feine Cmoetterung , bem £eben feine 3uhmft

geftattet, eine SBiberfegung fein muß. 3^ftn^8 $a$xt forts

fchreitenber gorfchung unb nicht ftifle ftefyenben öeben« mußten

begreiflicher SGÖetfe bie für ben Wugenblicf fo fctyeinbar gemachte

Uebereinftimmung ^totfc^en 9Mt unb <Pfyi(ofo^ie mächtig gcr*

reißen unb feine Hoffnung ift, baß biefer Slbftanb fich je

toieber oerminbern fönnte.

£)abet ift ber ©ibertegungen, tt>e(che ba$ ©Aftern in

feiner SKethobe erfahren hat, noch gar nicht gebaut. £>ie

$egelfche ^hrtofrphfe macht mit allen früheren ©hftemen in

fo fern einen alfgemeinen griebenSfchfaß, a(3 fie jebe« an

fetner ©tetfe anerfennt, jebe« habe föecht gehabt in feiner

3eit — eine fehr angenehme, aber freilich bebenfftche 2ehre,

toeil eö banach gar feinen Orrthum giebt. Zufolge biefer

«uffaffung hat bann bie £egetfche föecht über alle, rote fie

benn auch feinen Wnftanb nimmt, fich bie abfohtte $u nennen.

£)ie$ nun fann nicht eingeräumt »erben, fchon barum nidt}^

toeil bie ©elt £eget überfebt hat. Mun haben aber bie

<ßhifofophcn toirftich geirrt, bie größten nicht aufgenommen,

unb auch §egel felbft ift oon Orrthum nicht frei^ufprechen.

Diefer Orrthum liegt nicht in bem einen ober anbern $hü<>*

fophent, ba« atö ein Slußentoerf unbefchabet be$ Donjen afleu*

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fafle auc$ aufgegeben werben fann, fonbern er liegt in bem

#ern, in ber fpccutattDcn SDtetfyobe felbft, in ber abfohlten

SMateftif. (5$ ift weitläufig unb grünblicfy naetygewiefen

korben, baß eine fotttye $oxm be$ fpccutattDcn 5ortf<$reiten$

nicfyt befielen fann, baß btefc abfohlte £ogif auf jebem (Stritt

untogtfcfy »erfährt, baß fie im ®runbe geljtfctyfuß an gef;U

fcfyfuß reiljt, baß fie jebenfaflö toon ^Begriffen einen ®ebrau$

mac^t, ber batjon nietyt ju matten ift, baß fie mit 2Borten

umgebt, wie mit ©orten nidbt umgegangen werben barf —eine SBeitfäufigfeit unb (Srünbttcfyfeit, für welche freiließ bie

£ege(fcf>e ©cfyure $ur 3ett ifjreö $nfef)en$ wenig ©inn bewies.

£)er S3erfaffer biefer ©(ä'tter felbft ift einer bon benen,

bie bie$ $u jeigen bemüht gewefen finb. 3n jwei umfang-

reiben ©Triften Ijat er fid^ nid^t fowoljt gegen ben S(u$*

bau unb bie 5lnwenbungen ber £ege(fc§en Wlofopfyie, af«

öietmeljr gegen ben inneren 23au, gegen baö ^ßrtnctp unb bie

sD?etfyobe mit atfer SBeftimmtfyeit erhoben, ©eine ©^Option

unterfctyteb fid^ oon ber atfer feiner 3JJitfä'ntyfer babur<$, baß

er nic^t öon anberen oft nafje fcerwanbten ©tyftemen unb

©tanbmmften an« ba$ £>egelfd)e angreifen wollte, im ®e*

gentljetf, er erffärte btcö für unerfprießnd; unb oljmuä'ctytig,

folgen (Segnern werbe baö ©Aftern @tanb galten unb fei

ifynen I;inreicf;enb gewacfyfen. ©ben fo wenig ging er fcon

bem auö, wa$ fiety im allgemeinen 23efi& ber ©iffenföaft

befinbet, fonbern glaubte erft felbft einen befonbern SGöeg fiety

bahnen gu müffen. liefen fanb er auf bem *ßunft wo £)en*

fen unb (Sprache gufammengrenjt unb ft($ gegenfeitig burety*

bringt, ein $unft bon großer Söictytigfeit, ber aber jubor »on

ben ^itofo^en (ange nicfyt mit ber erforberlid^en Slufmerf*

famfett betradj>tet worben. 2öa« pnb begriffe? welche töotfe

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foieten fte im Kenten? 2Ba« ftnb Sorte? welche SBejiehung

haben fte ju Gegriffen? — 2)a« ftnb gragen oon 23ebeutung,

wenn es ftch hobelt um bie Xragweite ton Gegriffen , um

ihren wahren unb falfchen ©ebrauch, um baö ^ier SWögüc^e

unb Unmögliche. 05cti>t§ ift ju fetner 3eit ein auSgebehnterer

©ebrauch oon Gegriffen gemalt korben at« in jenem Aftern,

welche« ©on Gegriffen ausgebt, au« Gegriffen bie SBelt unb

©ott felbft conftruirt; ben Gegriffen ift ^ier eine 2lKmac^t

beigelegt, eine ntyftiffy Allgewalt, e« ift ihnen alle« gegeben,

wa« man ©ott endogen h<tt. Slnberfeit« ljatte neuere SBiffen*

fc^aft, inSbefonbere ©prachforfchung, mancherlei (Srgebniffe

ju £age gebraut, welche fich benufeen liegen, über bie auf*

geftellten fragen eine einget;enbere gorfc^ung ju unternehmen,

als fie frühem ^ifofo^en möglich war, fall« fte benn über*

haupt ihr Slugenmerf auf biefen *ßunft richteten. £)och e«

mag ungejiemenb fein, fchon 1)kx oon eigenen 33eftrebun-

gen ju frechen, ba noch biet über bie Ruberer unb über

ben allgemeinen @tanb ber üDinge $u berichten ift.

9ßur fo biel möge hier ertaubt fein: Obwohl ber 23er*

faffer auch jefet noch glaubt, bag feine (Schläge ben <Stamm

an ber Söurjel getroffen haben, ift er boch weit entfernt anju*

nehmen, e« hatten fote^c Darlegungen ju bem ©rlöfchen bie*

fer $$Uofoß$ie fciel beigetragen. Allein fie waren bamal«

ein nötiger ^roteft unb wenn fpäter einmal für folche Un*

terfuchungen ein neue« Sntereffe erwachen, wenn man ba«

23ebürfnijs empfinben fottte, ba« Vorübergegangene unb 23er-

geffene in bem eigentlichen ©runbe feiner inneren Unwahrheit

ju begreifen, aisbann tüirb er roo^t einigen SBerth barauf

legen bürfen, eine gorfchung btefer $lrt gur $ett angepeilt

ju h^ben, al« ber gegenüoerftehenbe Orrthum in »oder 33lüte

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u

ftanb unb fictyfljofyer Gljren erfreute, fo bag fctSft im (&runbe

Änberämeimmbe mit fortgeriffen würben ober eingeflüstert

»aren, to%enb man Dagegen in feinen SSeftre&ungen nur

^araborien unb Sunberlictyfeiten erMiefte, bte mit ein paar

Lebensarten niebergufc^fagen feien. Onbejj Ijat e* auc$ f<$on

bamals an (Sinjetnen nic$t gefegt, toe($e bie Xragtoeite be«

Unternommenen tooljt erfannten.

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II.

©djcütngfii IttM Auftreten.

©Petting* Berufung nach Berlin barf al« ein Bebeu-

tenbeö (Sreigniß betrachtet toerben; fie toar ba« ©rtoünfötefte,

loa« ber beutfehen $hUofo)>htc gefdtiehen fonnte, um oor ben

Hilgen ber SBelt $u geigen, loa* an ihr toar, loelche Sebent

fraft fie noch Befaß.

§egel« Sehre ^atte fich au« ber @c$ettingtfc$en tyxatö

ennoicfelt, unb Behauptete, biefelbe üBerfjolt $u h<tBen, tt>a>

renb ©chelling auch feinerfeit« nicht ftillgeftanben loar, fon*

bern ben 23eftfc einer neuen *ßhafc au«fprach, loelche gleich*

fall« lieber üBer bie feine« Nachfolger« hinabgehen fottte*

Diefe in ben testen $)ecennien ju Heimchen vorgetragene

tfehre loar nicht in ©chriften niebergelegt, alfo nicht »or ba«

gorum be« gelehrten *ßuBlicum« gefommen, fo baß, loährenb

atterbtng« »on einer 6eite bie (Srioartungen fehr herabgebrüeft

tourben, boch auf ber anberen nur eine um fo größere (Span*

nung oerBlieB, namentlich ba bie« neue @hftem ben ©inflang

mit ber Kirche oerfprach, ber in bem früheren ^cheflmgifchen,

eBen fo fehr rote in bem £egelfchen, oermißt toorben loar.

$)ie ^Berufung erfolgte in SBe^tehung auf @cheöing«

2eBen«alter freilich ettoa« fpät, oBloohl ber Berühmte qtytfofotf

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ficfy Bei feinem Auftreten nocfy in oofler föüftigfeit geigte;

* fonft fear ber Brunft gur ^ßrodamation einer neuen £e^re

bon Berlin au$ in Ijohem ®rabe günftig, benn bie £>egerfc$e

(Scfyure fear fctyon bcträd^Uic^ ermattet, überbieS in <&\>aU

tung nnb 3erfefcung begriffen, bagegen baS Ontereffe für

Wfofo^ie noc$ nic$t fo toeit gefunfen, toie Ieiber fpäterljin

gefctyefyen ift. @8 geigte ftcf; eine ßüdfe, ein 23ebürfnijj, unb

in ©d;eüing traf atter föubm unb neue Grtoartung, eine

bebeutenbe $erfön(id)feit unb eine noc$ bebeutenbere Unter*

ftüfeung, oor aüem aber bie (Spannung ber Parteien, toe^e

©on i(;m §ü(fe ober getybe getoä'rtigten — eS traf alles gn*

fammen, um feinem Auftreten ben möglichen 9h<$brudf gu

geben. ®er ^Uofoplj felbft füllte fic$ burd)brungen oon

beut ©efü$t ber (Situation unb fic^tUdj gehoben. „3% ffitye

bie gange Söebeutung biefeS lugenbticfö, i<$ toeig, tt>a$ id)

mit bemfelben auf micty neunte; toie fönnte icfy e$ mir felbft

Oermten, ober hrie Stynen »erbergen tooflen, tt>a$ burc$ meine

btofe ©rfc^einung an biefer (Stette auägeforoctyen unb erflärt

ift." (So rebete Stelling am 15. Sftooember 1841 ein gatyl*

reiches $ubttoriuut an, ba$ nur gur ^ä'Ifte au« ©tubirenben,

gur grogern ^ülfte auö ben ^otabilitäten be« (Staate unb

ber 2Biffenfc$aft beftanb. Unb er fuljr fort: „©euug, meine

Herren, ^ätte id& ntc^t bie Uebergeugung, bur$ meine $Tn*

toefentyeit ber ^tfofo^ie einen toefentließen, ja einen grö&ern

£)ienft gu (eifte'n, al« ic$ tljr je früher gu reiften im <Stanbe

getoefen, fo ftä'nbe i$ nic$t »or 3fmen."

Demüt^igenb ift e«, biefe guoerfi^tsootten SBorte mit

i^rem ftefuUat gu Dergleichen. £)ie SBorfefungen tourben

burety fein £inbernijj unterbrochen, nocty breigetyn CebenSjaljre

loaren bem WMotfm in ber „$cetro}>ore ber SBMffenfchaft"

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gegönnt, „hier, wo jebenfatt«, wie er felbft fich au«brücfte,

bie ©efd^iefc beutfeher ^P^tlofo^ie fich entfehetben muffen" —unb höben ftc fich entfehieben? Daran fehit fo biet, baf wir

bie größte SHüfye ^aBen, nur überhaupt barjufteüen, wa«

©Petting in 33erlin lehrte unb wollte, unb e« würbe bie«

noch biet weniger möglich fein, wenn ntc^t felbft £aß unb

geinbfe^aft mitgewirft hätten. ©inerfeit« bie ^oc^gef^annten

Erwartungen unb anbererfeit« bie allzuweit getriebene 3^Ö C'

rung be« ^^ibfo^en mit einer 93eröffentfi<$ung feiner 8ehre

ber gelehrten SBelt gegenüber beranla&ten einen alten S3er=

folger an ©Petting ba« wirflich au«$uführen, wa« ^armtofe

Saune in einem öuftfbiel bon £egel gefabelt hatte, nä'mltch

bie Entwenbung feiner fpeculatiben gönnet, feine« £efte«.

Die bösliche Slbficht gelang über alle Erwartung, benn in

ber ST^at festen e«, al« fei ber Wfofotfj baburch auf« Xrocfne

gefefct; aber auch bem öffentlichen 23ebürfni& gefchah einiger*

maßen (Genüge. 9D?et)r al« e« bei biefer (Gelegenheit irgenb

ju bermuthen war, leiftete ba« theilweife abgebruefte £eftj e«

rü^rt freilich bon einer einftcht«bolIen, fcharf auffaffenben £anb

her unb Stelling felbft höt burch feine ßlage auf üttachbruef

bie gute Uebereinftimmung mit bem Original anerfannt. S3i«

auf ba« (grfcheinen be« tfefcteren wirb alfo bergönnt fein, mit

Unterfcheibung unb ohne ffiücfficht auf be« £>erau«geber«

Stoffen, felbft für ^^fo^hifche 3wecfe barau« ju fchöpfen.*)

9hm h«t aber ber ^fnfofoph m icner crftcn Storlefung,

welche bon ihm felbft beröffentltcht worben, mit wenigen

©orten bie phikfaPW^ Ueberjeugung feiner fyätern i'eben«*

*) Set eine iitfammen&ängenbe 2>aifteÜung bcö 3nfalt« *on &tyi<

tiiiQQ (efctev ^l)ilc]c vHe ot?ne bie ttiberttärtigen 3ivii^enbeincvfun-

gen fii^t, fiufcet flc in 8ceinl?otb« ©eföichte ber WUofotfie. II.

(toxuppt, 3uhinft fe. fc. ^Uof. 2

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Jafyre, fein neuefteö Aftern angebeutet, ©te tauten: ,,9N<ht«

fott burch mich verloren fein, toaS feit ftant für cd^tc

sBiffenfcfyaft gewonnen Horben : tote foüte ich gumat bie $h*-

fofopljie, bie ich fclbft früher begrünbet, bie (Srfinbung mei*

nerSugenb aufgeben? sJ?ic$t eine anbere ^P^itofop^ie an ihre

©teile fefcen, fonbern eine neue bis jefet für unmöglich gehak

tene SBiffenfchaft ihr hinzufügen, um fie baburdj auf ihren

wahren törunblagen toteber gu befeftigen, ihr bie Haltung

toieber gu geben, bie fie eben über ba$ £tnau$gehen über

ihre natürlichen ©rengen — eben baburch oerforen $at, bajj

man ettoa« ba$ nur 33ruchftücf eine« Wtyxn ©angen fein

tonnte, felbft gum fangen machen tooüte — bies ift bie Stuf*

gäbe unb bie Sibfictyt." 3n ber £hat enthaften biefe SBorte

oiel mehr, ati man ihnen auf ben erften Söltcf anfielt, fie

getoinnen ihre (SrKärung erft burch bie SBorlefungen, toetc^e

ihnen gefolgt finb. (Sie fönnten oon 33ebeutung fein, fo fem

un$ ^ier aus beS ^^i(ofo^en eigenem SDcunbe, unter feinen

klugen gebrueft, ein Seitftern für bie Sluffaffung feiner neuern

«pfjtfofopfyte gegeben tocire unb toir nur in gtoeiter Üfeihe gum

Söehuf ber ©rHärung unb @rgängung gu Jener bebenftic^ern

Queüe unfeve 3uflucht gu nehmen hätten — fie bebürfen

jeboefy öielmehr »on bort ^er eine« GtommentarS.

©8 geigt fich in ben angeführten ©orten gunächft ba«

Söeftreben bie lefcte ^^itofo^ie nicht als eine neue, mit ber

früheren im %xud) unb Söiberfyruch ftehenbe, fonbern biet*

me^r als bamit hamonirenb unb nur als beren ergängenbe

#tngufügung barguftellen. Allein bafür beburfte e$ mehr

als einer furgen Söerficherung, benn »er einigermajjen mit

ber alten unb neuen öehre befannt ift, toirb alles eher gugeben

»ollen als biefe«. ©otoohl in ber gangen Dichtung unb Sin*

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fchauungSweife, olö auch in allem (Stnjelnen liegt jene ^^üo-

fopfyie ber Sugenb 8chelltng$ oon bcr feine« öfters fo weit ent*

fernt, bafe fich nicht leicht eine ©rüde fragen lä§t. Dort war

in ben oerfchiebenen ©eftalten, toctd^c ba« (Softem in ben ein*

jelnen ©Triften annimmt, ein mehr ober weniger entfette*

bener Pantheismus ; hier foß bem chriftlichen ®ott bie ©hre

gegeben toerben ; bort trat ba« SReligiöfe in ben £intergrunb

unb würbe gerabegu ber $unft untergeorbnet, roefefee als bie

Bereinigung unb Durchbringung be« ©nblichen unb Unenb*

flehen bie ofcerfte Stelle in ber ^bentitätö^^irofo^ie erlieft

— fyier tritt bie ^öc^fte tfeiftung ber ^tfofoptyie auf unter

bem tarnen einer Wtfofophie ber Offenbarung. ®ewig h«t

biefe 5lrt ber (Einführung ben @tanb feiner neuern ?tytfofo^te

bebeutenb erfchwert; gewif? würbe ber *l$£?i(ofopfy f(arer unb

freier bageftanben fyafcen, wenn er bie Dinge lieg wie fie

finb, benn unmöglich fonnte er fich felbft barüber täufd^en.

@eine Meinung, feine Uebergeugung $u änbern gereicht nie*

manben gur ©chanbe, toenn es aus inneren ©rünben geflieht;

gu bem weif? man, ba& bei Petting bie SBenbung nicht

plöfelich unb nicht erft neuerbingö erfolgt ift, bafj fie biel*

mehr bie Urfad^e feine« Dreißigjährigen «Schweigen« war.

3n ber 2:^at mu§ man anheben mit ber 9lbweifung be«

in folcher $lrt behaupteten 3ufammeuhange« jwifchen bem

Gilten unb $euen, weil wenn man ber Darftellung be« tyfy*

lofo^en ^ier auf ba« Söort folgen wollte, eine Sluffaffung

feiner neueren ^ilofoptyie gang unmöglich wäre. Wit biefer

oerhält et fich töüig anber«.

^icht bie umgewenbete @eite beffelben blatte«, wie

©chelling e« barftellen will, fonbem ein gang neue« SBlatt

nimmt bie ©ffenbarung«fchifof<tyhk tin, e« ift nicht ber $lu««

2*

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20

bau unb bic SBoßenbung be« alten Aftern«, fonbern ein

neues ©tyftem, unb jmar, wenn ©ctyeßing Ijier $egel ju Be*

richtigen , bie Wfofopfjie Don ber $(uSfc§reitung auf ifyre

natürlichen Grenzen jurürf^ufü^ren Bemüht ift, fo wirb man

Bei näherem ©ingefyen finben müffen, bafj er fetBft jum

S^eit unter beffen (Stnffog fte^t.

2Ba« an ben früheren ©eftaften be« <Sc$eflmgfc$en

©tyftem« am meiften oermigt mürbe, mar eine fefte jur Äfar*

tyeit ertyoBene 9tfetyobe. $fof biefer ©eite festen ba« Aftern

junüctyft einer Sflad^üffe ju Bebürfen, fyier festen ber 2öeg

offen, auf meinem ein <Sc$ü(er neBen bem Stöeifter noety

einen Kräng ermerBen Fonnte. £>cgel &ctrat biefen ®fcfl/

faß« er benn überhaupt jema(« ein fefter länger mar,

ma« auc$ burdt) €>c$eßing« eigene Unruhe erfetymert mürbe,

fo fam er in bem «Streben na<$ Jpinfteflung einer fidt)ern

Sßettyobe Batb auf einen aBmeic$enben 3nfalt; bie SKetfyobe

mürbe bie $am?tfac$e, fie fetBft foßte ben 3nt)att ijeroor*

Bringen. ®erabe ba« mar ber SSkrtfy, gerabe bie« imponirte

ber Generation. <5o Taut unb fo tange fteßte man (bcfceluna

auf biefem Söege at« üBerljott bar, bafe gutefct er fetBft e«

ju gtauBen anfing unb fetBft in gleicher föicfytung fein ®lüdf

oerfud)te. Äudt) er Bemegte ft$ jefct in loglfc^en Kategorien,

fteßte ber §>egelfc$en Dtaleftif be« ®ebanfen« eine äl)nlic$e

gegenüber, bie gugteiefy aße 23orgüge berfelBen in fic$ »ereini*

gen unb aße Sfnftöfje oermeiben foßte. @o unb gugleic$ im

Stnfctylufj an ben oeränberten 3«^geift, melier jefct eBen fo

fefjr bie Sichtung oor bem föetigiöfen unb Äinpctyen forberte,

at« er e« früher oon ftc$ geftoßen — fo entftanb @c$eßtng«

neuere ^itofopljie unb nur fcon fyier au« gieBt e« ein natür*

li<$e« »erftänbnifj berfetBen.

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Page 35: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

21

Da« eigentümliche imb SfuSfctyaggebenbe in Petting«

(efetem Aftern ift bie Reifung in negatibe unb pofitioe

$fyi(ofofefyie. Söenn wir bem $eft, bcffen tfyeifweifen Slbbrucf

wir ^aulu« »erbanfen, nic$t« toetter entnehmen bürften, at«

biefe ©Reibung in ifyren grofjen Umriffen, fo fann banacty allein

fc$on ba« SÖefcn be« neueren ©cfyeflingifcfyen Aftern« in fei*

ner ctyarafteriftifctyen Stfctvetd^ung fcon bem früheren unb oon

$>egc( beftimmt gefaßt werben.

2Bir muffen un« freiließ gewönnen, bie $(u«brücfc nega*

tio unb »ofitto fyier in etwa« anberem <§inne a(« bem ge=

bräuc$ttc$en ju nehmen. Petting« negatioe $fyifofopfyie ift

„eine reine Deufwiffenfcfyaft" b. fy. ofme atte 33e$iefyung auf

erfafyrung«mäfjigen unb geoffenbarten 3nfya(t; fte ^at e« $u

tljun mit bem „quid sit,a

nicfyt aber mit bem „quod sit,"

fie Ijanbett nietyt baoon, baf? etwas fei, fonbern wenn etwa«

fei, wie e« atebann fei: affo eine Siffenfd&aft öon Mögen

?Wßglic$feiten — ^otenjen — Kategorien. Die ©egel ange*

näherte Diafeftif fpric^t $war auety oon einer immanenten

33egriff«bewegung be« rein (ogiföen begriffe«, attein wir

Ijaben e« bo$ wieber mit unferer menfc$tic$en Vernunft ju

tijun, nic^t mit einer allgemeinen. Die Vernunft fott fiety

Ijier mit fiefy fetbft, mit iljrem eigenen „eingeborenen 3ntja(t"

befestigen; fie entwirft ein ©ebäube nac$ ber Dreiteilig*

feit auffteigenber ^Begriffe, wie ber ^fyüofopfj oermeint, $u*

fofge fpeculattoer Sttotfywenbigfeit, unb jwar fo, baß fie, bon

allgemeinen 3Jißg(ic$feiten au«gefjenb, jufefct anfommt bei bem

SBegriff be« ©ein«, nietyt bem ©ein fetbft. Der Onfjatt ber

reinen SBernunftwiffenfcfyaft fott auf biefem Sßege „ber fort*

wityrenbe Umfturj ber Vernunft fein" unb tyr föefuttat:

„ba& bie Vernunft, fofern fie fiety fetbft jum ^rinety nimmt,

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Page 36: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

22

feiner tofeftafc» ©rfenntmß fä^ig ift." $>iefe negatioe

lofopfyie treibe nun, eben jufotgc iljrer ßeerfyeit, gu einer

toofitioen, toeld&e toirfttcfye (£rfenntni& barbietet, fofern fie ficty

auf nrirfüctyeö ©ein, auf <grfaf)rung unb Offenbarung Begießt.

Snnerfjafb bicfer (eueren SBiffenföaft, etgentüd^ ^tto*

fopfyifc^en, fommen bann bie bort gewonnenen, ber Vernunft

eingeborenen Kategorien, rationellen ^ßotengen, gur Sfmoenbung,

erfüllen fid> mit 3nfja(t, ein 3m>(t, toelctyer aber ein anber$*

tooljer gegebener, oon äugen fyer ber Vernunft angeeigneter ift.

hierin oor allen Hegt nun ber ®egenfafc gegen §egel;

benn toä^renb (euerer gteidjfattS auffteigenb oon Gegriffen

ausgebt, giebt e« ü)m einen unmittelbaren Uebergang »om

33egriff gum @ein, fo ba§ eben jener biefeö fyeröorBringt.

$>a« £egelf$e Aftern beftefyt befannttic^ au« brei Reiten, bie

ftdj rote ©totftoerfe über einanber bauen, ber 8ogif, ber

föaturptytfofopfyie, ber Wlofoj>(jie be8 Reifte«. Die Cogif

fyat e$ auc^ nur mit Kategorien be« reinen £)enfen$ git tfyun,

allein fie enbet nicfyt mit bem begriff be8 <Sem8, fonbem

fyebt oielmeljr mit bemfelben an, unb an ifyrem <Sc$(uf$ erhält

ber freie begriff bie üttac^t „fid> als fein $lnbere$ gu fefcen,"

b. fy. „fi$ gegenftänbltcfy gu machen," b. fy. bie Seit gu

fctyaffen, unb gtoar gunacfyft bie 9latur, fobann ben ®eift.

Die« (Sigentfjümltdtfte toar freiließ ba« Slnftö&igfte. 93ei

Petting nun fällt bie 2öeltfc$ö>fung au$ bem begriff fort,

bie ^ßotengen finb impotent, bie SÖelten be$ Denfenö unb be$

©ein« ftefyen etoig gerieben ba, e$ giebt f$lec$terbinge fei*

nen Uebergang oon ber (Sinen gur anbem; nictyt in unmittel*

bar auffteigenber SReilje, fonbem oon gtoei gang oerfctyiebenen,

ja entgegengefefcten fünften f;er inufj ba« Serf ber $fyilo*

fo^ie oollbrac^t toerben.

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Page 37: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

23

3n bcr Xfyat finb bie größten 23ebenfen, »eiche fotoc^t

»ort rcügiöfcr al« ^^tfofo^ifc^er (Seite gegen £egel« abfolute

(Sonftruction erhoben »erben mußten, fax befeitigt unb Der*

mieben. 5Jetne Ueberhebung ber ^tytfofopljie mehr, (Sott unb

feine Sßelt finb nicht mehr ein ^ßrobuct ber Vernunft, ba«

richtige «erhältntß oon Schöpfer unb ®ef<hb>f ift hergefteflt.

Der Vernunft finb btc gtügel gebunben, fie ift etngefStoffen

in einen engen tfäftg, über ©riftirenbe« h<* fie faum noch mit*

jufprechen, bie ®egenftänbe fjöc^fter ©rfenntniß fönnen unb

müffen au« einer gan$ anbern Duelle geköpft »erben. Slnber«

feite ift man befreit ton all ben logifchen (&ch»ierigfeiten, toctc^c

#egel« ßogif barbietet : ba$ (Soncrete entfielt nicht mehr au«

bem ^bftraäen, begriffe finb unb bleiben begriffe, gehen nid>t

mehr burch einen unbegreiflichen Umfchlag in Realitäten über,

parttctyiren in feiner Seife an bem (SchöpfungSact; ®ott unb

Seit behalten unabhängig ton ihnen ihre eigene (Srjftenj.

Mein hi«in liegt noch fein auSreichenber 9Wagftab für

ben ©erth ber neuen <Schetlingifchen Sehre. Wut ju oft finb

neue @hf*emc baburch entftanben, baß man bie erfannten

9Hißftänbe ber früheren ju oermeiben fachte : unter folgen

Umftänben ift nicht ba« Vermeiben berfelben auSfchlaggebenb,

fonbern e$ fommt barauf an, ob man nicht auf anberen

(Seiten in neue, oieüeicht noch größere @ch»ierigfeiten ge*

faüen fei, ob man nicht, »äfjrenb man auf ber einen (Seite

jahlt, auf ber anbern geborgt 1)aU. finb an bie Wtic

fo^hie getoiffe große ©runbforberungen ju richten, benen tor

allen Dingen genügt »erben muß. ©ier laffen »ir nichtige

fünfte einft»eilen auf fich beruhen, »erben aber nach einiger

Vorbereitung fie »teber aufnehmen.

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Page 38: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

24

III.

Styafen Der ©djelltngifdjen ^ilof^ljie.

3ubörberft ift es nötfyig uns nodt) näljer über ben in-

nern <Snttt>icflung$gang ber @d^cütngtfc^en $jjUofoj>$ie Jtt

orientircn. Sir finb bisher oertrauungäoofl berjenigen $uf*

faffung gefolgt, toel^e ber <ßfyilofopfy neuerbing« felbft btefer

feiner <£ntn>i<felung geben toünfctyt, toir haben mir feiertet

nnterfd^ieben, fein frühere« unb fein fpä'tereö ©Aftern. Witzln

eä ift ganj unb gar nic^t $u leugnen, bog au<$ bie frühere

^itofo^te (Stellings noch fehr fcerfchiebene Labien burch*

laufen fyabt, welche, wenn nicht feine eigenen ©ebanfen bar*

unter auf baö empfinblichfte leiben foöen, unmöglich al$ ein

(Gleichartiges unb unmittelbar 3ufammenhangenbe$ genommen

»erben bürfen. $ier fiebert totr aber feiner leidsten Aufgabe

gegenüber; toir finben ben Wlann faft in beftänbiger S3ett>e*

gung, in jeber ©chrift finben toir einen neuen @tanbpunft,

nirgenb lägt fich babei ba8 ®an3e mit Klarheit überfein,

namentlich bleiben toir barüber im Ungetmffen, n>ie Diel benn

bagegen Don bem früher ^Behaupteten aufgegeben toerbe. £rofc

biefer <Schtoierigfeiten müffen toir bennoch oerfud^en uns mit

einigen öffentlichen UnterfReibungen ßicht unb Ueberftctyt $u

&erfdt)affen.

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Page 39: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

25

SBenn toix bie crften fc$riftftellertfc$en 93erfuc$e (Stel-

linge abregnen, in benen er fic$ ttyeils als einen Slntyänger

gierte« jeigt, tljeilS in bem 33eftreben ton bemfelben loSju*

fommen noc$ feine fixere SBatyn gefunben fjat, fo muffen toir

in bemjenigen, toaS unter bem tarnen Sc§eüutgifc$er 9totur*

pfyilofopljie geljt, giuei toefentlicty toerfc^tebene unb fogar

ganj entgegengefefcte<Stabien unter fReiben, für tt>elc$e

bie SBafferföeibe gerabe in ben beginn beS 3af;rfyunberts fällt.

(Seine SKaturpljUofopljie oor biefem 3eityunft ift eine ganj an*

bere, als bie naety berufenen. £)ie ©Triften aus ben 3afyren

1799 bis 1801, jeigen uns, raf$ auf einanber folgenb, ein

mit jugenblic^er tfraft erbautes (Softem, baS barin feine Un*

terföetbung »ott gierte fuetyt unb finbet, bag es oon einer

urfprünglid)en Polarität ausgebt, baS Objectiöe, bie

9?atur, unb baS Subjectioe, baS benfenbe 3$, fte^t bon

£aufe au« neben einanber unb in gleicher Berechtigung ba,

es finb bieS jvoei $ole, u>elc$e fi$ fuetyen, fic$ gu buretybrin*

gen ftreben. iRealtSmuS unb 3bealiSmuS finb bie beiben ftc$

rufenben (Seiten, sJiaturpljt(ofopfyie unb £ranScenbentaty$ilo*

foptyie bie entfprec^enben £l;etle ber ^ilofopfyie; iljre£)urcty*

bringung feiern fie in ber $unft, toeldje fyiernaety als baS

Wtfe gilt — eine ^ilofotfu'e, toetc$e (Stelling in 3ena

lehrte unb u>elc$e in ber Sßäfye beS äft^etifc^en SBeimar gang

befonberS am Drt flehten fonnte.

3m näctyften ftecennium finben ttrir (Stelling auf einem

gang anberen ©tanbpunft, fein Softem tyat eine fo toefent*

lietye 93eränberung erlitten, bag es, toaS man oiellcic^t nicfyt

tyinreictyenb beamtet fyat, gerabegu als bie Umfe^rung beS

oorigen betrautet toerben mu§. $)ort ging er aus Don ber

Polarität unb fuc^te ben fyarmonifctyen (Snbjmnft in ber

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Page 40: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

Durc$bringung ber $o(aritäten; jefct gefjt er an« toon einer

urfprungfic$en (Stilett unb Gnbtfferenj ber ©egenfäfce, biefe

nennt er ba« «bfofote unb bon fjter au« follen ötefotefyr

bie ®egenfäfce erft ertoactyfen. Da« Slbfolute fü^rt auc§ ben

dornen <5ubject*Ofcject, e« fott oljne afle Dutficität fein,

aber bie Dupücität au« fic$ fyeroortretben, ba« 2(bfofote ber»

eint in fiety ba« 3bea(e unb föeate, au« bemfetöen enttoicfeln

fiety bie beiben.

Die« SXbfofute toirb bann auety gug(eic$ bie Vernunft

genannt unb hiermit begegnen toir einem gang neuen Segriffe

ber Vernunft, benn e« ift eine anbere al« bie menfctyfid&e,

aud; eine anbere al« bie göttliche, ü6erfyaupt feine fubjectioe

©ernunft, fonbertt eine objectioe, eine Vernunft an fu$.

Jpier ift ein groger aöenbejnmft, fyier liegen toeitreic^enbe

(Sonfequengen.

<5« muf? bor aüen Dingen bemerft toerben, baß <S$et*

fing biefe SBenbung nid;t allein gemalt fyat, fonbern ein

anberer mit tym jugteiefy unb fogar oor tym. Die« ift

93arbili in feinem merfroürbigen 33uc$, ba« ben Xitel fütyrt:

, f®runbri| ber erften Sogif, gereiniget oon ben Srrtfyümern

bi«fyeriger ßogifen überhaupt, ber fanttfe^en in«befonbere,

feine tfrttif, fonbern eine medicina mentis, brauchbar Ijaupt* -

fäd)li<# für Deutfc^anb« fvitifäe $^i(ofo^ie. Stuttgart

1800." «ei üieler ^ßolemif gegen tant unb gid&te, über*

bie« in einer abftrufen Darfteüung unb gerabeju fcfyofaftifctyem

SBefen enthält ba« 33ud^ Ä'eime einer neuen ^Uofopfyie.

Da« Seftreben;

fiefy oon fant unb ftifyt gu emanctyiren

unb tynen ein ©Aftern gegenüber $u fteöen, bricht ft$ SBafyn

in ber SKictytung eine«, toie er e« felbft nennt, rationalen

föeali«mu«. J©ir begegnen §ter gum erftenmal bem ®e*

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Page 41: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

27

banfen einer objecttoen Vernunft imb einer realen tfogif im

fcharfen ©egenfafc gegen #ant unb gichte. £)a6 ber Verfaffer

fidj biefe« ®egenfafce« in vollem 3Wa6e bemugt toar, geigt

befonberö bie 9toc$fc$rift gur SBorrebe, toelche fo charafterifttfch

unb auffchlujjgebenb ift, ba§ fie fyier eine ©teile (tnben möge

:

„3m 3nteüigenjb(att ber Oenaer allgemeinen Literaturjeirung

ftr. 109, SRitttoodfr« bcn 28. Sluguft 1799, ©eite 876, ^eift

e« au« Gelegenheit ber (Srflärung, nach toelcher £err

flaut gichte'« Söif f cn f c^af ter>re al« ein gänglidfr

unhaltbare« ©Aftern faden lägt, unter anberem:

„Qemt reine 333iffcnfc^aftöte^rc ift nicht« mehr ober weniger

al« Höge Sogif, roetc^c mit ihren $rindpien fich nicht gum

SKaterialen be« ©rfenntniffe« öerfteigt, fonbem bom 3nhalt

berfelben al« reine £ogif abftrahirt, au« welcher ein reale«

Object h*™u«3uf(auben, vergebliche, unb baher

auch nie berfuchte Arbeit ift." Gerabe bie« Unberfuchte

nun toiü SBarbiti unternehmen, bie 3rrthümer ber bisherigen

Öogif brängen gerabe bcn Gebanfen auf, einen neuen SÖeg

ber höhten ©peculation jn gehen, auf bem eine Sogif ent*

ftehe, toelche nicht mehr eine h*teronomifche <5oncrefcen$

bon ©toff unb gorm fei, fonbem in toelcher zugleich ba«

©ine mit bem Zubern ertoachfe. Offenbar liegt hierin ber

®ebanfe enthalten, auf »eichen ba« $egelfche ©hftem fo

ftolg ift, ber eigentliche Grunbftein ber neuern beutfehen

©peculation, unb nicht bloß £>egel, fonbern auch fchon ©chel*

ling fteht in ^Ibhängigfeit oon bemfelbeu. Vergleicht man

©chelling« ©Triften Dom felben Saturn, fo finbet fich in

ihnen noch ni($t« von biefem Gebanfen, vergleicht man aber

bie ber nächften 3ahre, fo ift unberfennbar, bafc fie mehr

unb mehr in biefe SBaljn einlenfen, unb ich toiö e« anbern

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Page 42: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

28

überfaffen $u beurtheiten, ob nicht ofefleicht bte große <§chtoen*

fang, toetche ©cheülng im Oafjre 1801 macht, bon biefer Ur-

fache ^crjutciten fei. <§o toenig aber 33arbi(t bie Priorität

beftritten »erben fann, fo feljr lieg er e$ an gehöriger HuS*

führung feine« ©ebanfen« festen, ^ier blieb er burc$au$

fchtoanfenb unb unbeholfen, fo bafj eben barin eine ftarfe

$ufforberung für anbere tag. ©chefling unb £eget haben

^ier ba« 31^8* getban — otetteictyt ä'nbert ftch banach ba«

93i(b, ba$ man fich bon ihnen, inäbefonbere oon (euerem,

ju machen pflegt, um (SinigeS.

2Bir nehmen gteic^too^ nicht Slnftanb, gerabe ba« auf

fofche Seife ertoachfene Aftern <©chefling« für feine bebeu*

tenbfte ßeiftung gu erfiären, für baSjenige, toorauf bie £)auer

feine« tarnen« ruht, fo tote fich beun auch nur an biefe«

£egel anfnüpfen lägt. £)em früheren, bon ber Polarität

auägehenben ©Aftern ift e«, toie nunmehr einleuchten tnu§,

biametral entgegengefefct, ber 3ufammenhang mit Sichte unb

#ant toar jefet erft ooüftänbig aufgelöst. 93arbili hatte mtmit*

tetbar einen fchroffen 93ruch beabfichtigt, ©chefling fear burch

eine föethe oon SOfittelgüebern, gutcfet freilich boch in einem

ftarfen äBinfef, in bie gleite SBafm gefontmen.

<ScheÜing hat (eiber auch biefem @hfteme boüftän*

bige ®lieberung unb Ausführung gegeben, benn bie um*

faffenbfte $)arfteflung, toetche tt>ir baoon befifeen, im gleiten

£eft be$ gleiten 93anbeö ber 3eitfchrift für fpecutatioe *ßhh5

fif, berücffichtigt nur bie Seite ber Statut, <Srft fräter hat

ber <ßhttofoph Anbeutungen gu einer (Srgängung auf leiten .

be$($eiftee ^irt^ugcfügt; toenn er aber h^r auch noch Schern*

heit unb tfunft al« <Schtufo)unft beftehen lägt unb biefer bie

Religion unterorbnet, fo fcheint er hier unter bem (Sinflug

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Page 43: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

feine« eigenen früheren Aftern* $u ftefjen, in beffen (Sonfe*

quenj atterbing« ein fote^cr Schlug lag. Die $bn>eic$ung,

toefctye £egel Ijier machte, inbem er in auffteigenber föeilje

orbnete: Äunft, Religion, $$ilofo^ie, war too^motioirt

unb bnrfte oom ©tanbpunft be« ©Aftern« af« SBerbefferung

erfetyetnen. SBenn nun <3c^eüing in feiner jüngften Sefyre

toieberum £egel oerbeffern gu müffen glaubte, fo entfernte

er ftc^ offenbar fcon biefem weniger weit a(« bon feinem

eigenen früheren ©Aftern.

Da wir Ijier &on ben- »ergebenen Söenbungen ber

@$eflingtfc$en Saufba^n Ijanbefa, toetetye feine gefd&foore*

nen (Gegner a(« ein irre« Umf)erfc$h>eifen unb Mojje« Sin*

fömiegen an äußere 33erfjäTtniffe barfteflen, fo fc^eint e«

nötfyig tyier auefy unfererfeit« un« öoüftänbig au«juftrec$en.

Der wichtige unb fötoiertge ©egenftanb ift neuerbing« be*

fonber« öon <3cfyto>eg(er in feiner ®efc$i$te ber ^Uofo^ie

im ©runbrifj mit ftenntnig unb Umficfyt bezaubert toorben.

8d^tt)egter unterfReibet fünf ^erioben, erfttfefy ben §eroorgang

au« Sickte, bann feiten« ben Stanbpunft ber UnterReibung

ber Matur* unb ®eifte«^tfofo^ie, barauf britteu« bie $e-

riobe be« 3pinoäi«mu« ober ber 3nbifferen$ be« Obealen

unb föeaten, ferner vierten« bie mtyftifcfye SBenbung, enblid^

fünften« ben 93erfucfy , einer Sfyeogonte unb $o«mogonte im

©inne 3acob 35i>(jme« — welchem bann bie Offenbarung«*

ptyUofopljie, ba« neuefte ©tyftem, toofyl noefy al« fecfyfter <Stanb=

punft fiefy anfstiegen müßte.

2Ötr bagegen nehmen brei @taubpunfte an, barin .

nic^t fo fefyr oon @cfytt>eg(er abtoeic^enb, al« e« freuten fann.

Diefe brei ©tanbpunfte finb : erften« bie «Polarität«^!ofoj^ie,

jtoeiten« bie 3nbiffereng^ttofo^ie, jene bor 1801, biefe

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Page 44: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

30

na$ bem genannten Saljre, unb enblic^ brttten« ba$ nenere

©tftem, bie negatibe unb pofttibe ftyltofttfie, @o glauben

wir nämlicty orbnen ju muffen, wenn e$ fiety um ©tyfteme

fjanbelt, um fol$e ©tanbpunfte, wo fiefy £>alt unb 5lbfc$lujj

jeigt. £)a$ wa$ ©Regler als erften, bierten unb fünften

©tanbpunft be$eic$net, fann uns nur als Uebergang gelten,

ber $fytfofopfy ift im @c$wanfen, im @u$en, fte^t felbft

au§er bem Aftern. 2Ba$ baS erfte ©tabium anlangt, bie

$lbljängtgfett öon Sickte, fo toirb man uns gewij? ofyne wei*

tereö beiftimmen, allein gleiches fctyeint fi# au$ geltenb

matten gu laffen, wo ©beding ffcfy an ben ^euptatoniSmuS

unb an 3acob $3ötyme anlehnt — es ift tfym fyier in feinem

eigenen Aftern bereit« unljeimlufy geworben, er fyat bereit«

bie ungefähre 9ti$tung in welcher er feinen Neubau beginnen

will, temporär quartiert er fi<$ in einer fcorfyanbenen alten

Söaulic^fett ein. ©ine foletye OnterimSWolmung fann man

uic^t fein ®ebä'ube nennen wollen. *)

*) $on ben Sabrbüctycrn ber ÜDiebtcm, tveldje «Stelling im 3afcre

1805 im herein mit ättarcu* 311 2?3iir$burg berau«gab, glauben

wir babei ganj abfegen 31t muffen; »venu bariu fefyr auffaflenbe

i'efyreu vorfommcu, j. 39. »ba$ 9(U fei ©ott, nic^t ein von ©ott

verf^iebeueö, fonbevn felbft ©ott,« fo fommt viele« auf jKecbnung

anberer Gräfte, bie ber ^Ijirofopf) bamalö $u einem gemeinfamen

Söerfe vereinigen ttjoüte. — 9Sir tonnen niebt einmal ben von

@c^n>egler behaupteten @£ino$i$mu$ jugeben, wie benn aneb

Stelling felbft bagegen fcroteftirt.

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81

IV.

Munmeljr totrb fi<$ benn au<# erft ba« ^erfyäftnig ©ctyef*

ling« unb |>egel« ju tont beurteilen (äffen, (£« tft bie«

aber oon befonberem Ontereffe unb ni$t ofyne ®runb $at

©Delling felbft in ben borfyin angeführten ©orten au« feiner

erften Sßorlefung in Berlin fic$ auf fant bejogen.

Die fogenannte tritiföt Styüofo^ie Beruht toefentli*

auf ber $lu«einanberfya(tung oerfdjiebener ©rfenntnijjoermögen

unb ber $u«meffung ifyrer $ren$en. 3m 28iberfyruc$ mit

Sode unb im (Sinflang mit Ceibnifc nimmt $ant (Srfenntniffe

a priori an, b. Ij. fofcfye, roclc^c ni$t au« ber ©rfafjrung

ftammen unb bereu 3)ierfma( Mgemeinljeit unb ^otijtoenbig*

feit ift. <£r nafmi nun überbie« nodj ein befonbere« 33er«

mögen an, toetctye« apriorifcfye begriffe ffyntljetifcfy oerbinben

fönne unb toefcfye« bie allgemeinen begriffe, beren ber 93er*

ftanb fi<$ bebient, na$ $ringfyieu unb mit 93oflftänbtgfeit

auö ficfy felbft abzuleiten im ©tanbe fei; bie« fo reicfy au«*

gemattete Vermögen toar: bie Vernunft, Stber er »erbot i^r

fog(ei# roieber {eben f&ecutatioen ®ebrau#. @r fteüte bie

®renjen ber Vernunft in ber $(rt feft, bag fte, tt)ie er fagte,

nur eineu regulativen, nictyt aber einen conftitutioen ®ebrau$

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Page 46: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

B2

haBen follte, b. h- fic foöte feine unmittelBare Slnwenbung

auf Objecte ber (Erfenntnifj ffdbtn, fonbern auf intellectualem

(SeBiet lebigltch bienen für bie anbern ©rfenntnißoermögen

Kategorien feftguftellen. hiergegen ift an fich manche« ein*

guwenben unb fetyon eine fc fcharfe SIBgrengung öerfchiebener

(Srfenntniffrermögen in bemfelBen (suBject Blieb willfürlich

unb ungerechtfertigt, im ®runbe auch gang unbenfBar; aBer

bie SföeWäufigfeit unb Künftlichfeit be« Stffemt beefte manche«

gu, unb ba« Sriebenftiftenbe ber allgemeinen £enbeng fanb

(gingang. Kant fud^te eine Übermittelung gwifchen Setbnifc

unb Socfejwäfjrenb er jenem gu Siebe bie begriffe a priori

BeiBehielt, machte er biefem unb bem gefammten 3e^ÖeM^

ungleich wichtigere (Sonceffton, bafj toon folgen Gegriffen unb

bem entfprechenben Vermögen gar fein fyeculatioer ®eBrauch

gu machen fei. (Sr ging barin fo weit, ba§ er auf ba«

Qkfttmmtefte unb mit weitläufiger 33egrünbung alle biejenigen

Objecte ber ^^i(ofof>^te entzog, welche öon Sllter« fyx ihr

eigen gewefen, ja al« ihr eigentümlicher 93efifc erfchienen

waren, Söeft unb ®ott, ühtur, ©eele, greifet, UnfterMity

feit: über alle« bie« gebe e« feine fyeculatioe ©rfenntniß, b. h-

überhaupt feine fpeculatioe ^ß^tfofop^ie. Me« rebucirte fich

auf <£rfahrung«erfenntni§, auf ba« <ßraftifch * Sittliche unb

jene anfange angenommenen rein apriorifchen Vermögen hatten

gulefet nicht« anbere« gu thun, al« für biefen fo fer)r Deren*

gerten Krei« eine STafet oon £>ülf«begriffen gu fteßen — in

ber Xhat weniger, al« bie entfehtebenften ©egner ber &om

9llterthum her überlieferten ©peculation gulaffen wollten.

Slber währenb Kant in feinem £aufctwerf, ber Kritif ber

reinen Vernunft, unb fpäter mit etwa« mehr Einfachheit

unb Klarheit in ben ^rolegomenen gu jeber fönftigen Stteta*

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Page 47: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

33

phhP* fotche« lehrte, Fonnte er boch fetBft in anberen (Schrif-

ten bie geprebtgte <5nt^attfam!ett nicht Beobachten; er felBft

Phon üBerforang bie bon ihm gelegenen ®ren$en. £>afj bie

Nachfolger e« in noch fytymm SERaajj traten, ift nicht ju Oer*

tounbern, nicht gu oerargen. Dagu fommt, bafc noch ein an*

berer nichtiger gaben fid^ burch bie tanüphe ^J^ifofo^^ic

hinburchgieht, welcher, gunöc^ft auf 53erfelety fufeenb, ba« benfenbe

3ch al« feften 2lu«gang«punft Betrachtet, tiefer $unft, toc(*

eher auch baju ein föecht fyattt, oertangte junächft $tu«BUbung,

unb er fanb fie in Richte'« öehre. 3m ©efüht feine« natür*

liehen 23eruf«, ba« neue fpecutatioe Clement bi« auf feine

tefeten (Sonfequengen $u »erfolgen, fümmerte biefer ^3r>ilofo^

jtch toenig um bie oon 5tant aufgefteeften Sarnungögeichen,

unb fo toar benn Balb bie ©peeufation toieber in ooflem

(Sange. 5Rtc^t mel?r auf eine gafjrt im Angefleht ber duften

toottte pe ftch befchrä'nfen, mit allen ©egetn fteuerte pe in«

offene Sfleer fyr\au$. 3e toetter man fich »on $ant entfernte,

je mehr oertoifchten pch bie oon ihm gezogenen ®rengfcheiben

unb a(« <ScheÜing, gurücfphrecfenb oor bem s?lbgrunbe, Bei

toetchem Sichte mit feiner 9$*$$ftcfo$ie angelangt toar, nach

einem anberen $Iu«gang«punft fuchte, ba gatt nicht« mehr oon

jenen @chran!en unb ©cheibungen; ber Gifer unb bie 33e*

geifterung toar auch biet gu grojj, al« baß man bergteichen

noch h^tte Beachten mögen. £>urch fein S3ebenfen lieg Sehet*

(ing pch aBhatten auf bem ©eBiet ber Natur ben au«gebehn*

tefteu Gebrauch oon feiner fpeculirenben Vernunft gu machen,

ja recht mit pokern Betoußtfein peilte pch feine Sluffaffung

ber toiffenfehafttichen, Btofc oerftänbigen, af« bie oernünftige,

fpecutatibe gegenüBer. $)ag e« ihm bamat«, toie er pch jefet

atterbtng« ba« Slnfehen geben totlf, in feiner yiatüxptylc\cpfyt

Qxuppt, 3ufunft fc. l. Styüof. 3

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Page 48: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

34

nur um ^CufftcÖuttg ton Äategorieen bcr 33ernmtft, na$ flrt

fetner iefctgen negativen $ljt(ofo|>Ijie, gu tijutt getoefen fei, ba$

nrirb tfjm niemanb zugeben fönnen, ber ben Snfyalt fetner

«Sdbriften auä bent borigen unb bem Anfange biefe« 3al?r*

ijunbertS eingeht unb im 3ufammenljange erwägt.

Säfjt ft$ btefe neuerbing* oon ©d&efling getoünföte «uf*

faffung fetner früheren Wtofo^ie fc$on fötoer öon feinen

SBerfen »or bem 3af)r 1801 Behaupten, fo toirb e$ ooÜenbS

unmöglich oon benen nac$ btefem 3a$r, in toel<$en toir bie

intereffantefte unb eigentümliche ßeiftung be$ ^itofo^en

erfanntett. $5er öon un$ im borigen $bfc§nitt bargetegte

3ufammenl)ang biefer <ßeriobe Pettings mit bem ©ebanfen

23arbitiS festlegt ben bamaligen &ruc$ mit tant, ben ©egen*

fafc gegen bie ®runbtenbeng ber fontifc^en 5tyttofo£fyie un*

mittelbar ein. £)ie $ritif ber reinen Vernunft fpraety immer

nur öon menf^lictyer Vernunft, fo toic benn afie bisherige

Vtogif; aßein mit feinem 5tbfofutcn Ijatte @c$efling einen Dcean

Übertritten, er tyatte eine objeettoe Vernunft, einen togiföen

SRealiSmu«, eine reale Sogif — toenn auc$ noc$ nic$t ooß*

ftänbig burc$gefül)rt.

©letc^e« gi(t oon £ege(, ber ja eben an <Sc$efling$ Aftern

com Satyr 1801 fic$ anfnüpft, ber a(fo öon £aufe au$ eine

ber $antifc$en entgegengefefcte föic^tung überfommen Ijatte. 3a

man barf fagen, baß er ftc$ noety näljer als jener an 33arbili

anflog, fofern er, einen bem ©ctyettingfctyen analogen «US*

gangSpwtft beibeljaftenb, boety ben ®ebanfen einer realen ßogif

noefy bei »eitern meljr feftljielt unb fyeriefl auSbübete. SBet

biefer fpecietfen $Iu$bitbung nun fuetyte er im ©ingelnen tote*

ber nätyer an Äant angufnüpfen unb merftoürbig genug ift,

bajj tljm ba$ auety nur mit einiger «Sctyeinbarfett gelingen

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Page 49: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

35

fonnte. tat hatte fefbft nad) innerer 91othtt>enbigfeit Hate*

gorieen ju enttuicfcln gcfud^t, er ^atte einem oon ber Gr*

fahrung gänjlich unabhängigen Crfenntnig * Vermögen bie Jfraft

beigemeffen, au« fich fclbft eine töetye ton Gegriffen, einen

©egriff«fchematt«mu« ju enttoicfeln, ber, toenn il;m auch nur

eine mittelbare Nolle bei bem Slct be« (Srfennen« geftattet

toar, bo$ in allem (Srfennen nicht nur unentbehrlich, fonbern

auc^ ganj entfeheibenb fei. £ier »arb angefnityft; man er*

»eiterte unb befchränfte unb befanb fich al«balb auf ganj

anberem $oben. $)a« eigentlich fpeculatioe Clement, nämlich

ba$ Don aller Erfahrung unabhängige, gugleich freie unb boch

nothtoenbige hervorgehen bon Gegriffen au« ber £iefe ber

Vernunft felbft, bie« fah man al« burch Äant gegeben an, fo

ba& e« nur an ber rechten Slmoenbung ju fehlen fchien unb

biefe nun tourbe aemadbt im ©inn ber neuen Slnfcbauunaen.

Allein im ©inn biefer lefetern toaren jene begriffe unb Äate*

gorieen nicht mehr etn>a« nur föegulirenbe«, fonbern fie tour*

ben gerabe im haften ®rabe conftitutto, alfo gerate ba«

toa« fant oerbot. <§ie befamen eine felbftänbige Griftenj,

felbftänbige« ßeben, eine innere £riebfraft, toelche $ulefct OÖÜig

übergeht in @chb>fung«fraft. 3n ber £hat eine arge Un*

flarheit unb begriff«oerroirrung fam burch folgen §er*

gang in bie <3a<he: bei SBarbtli toar e« ber offene Söruch

mit $ant, ber betoujjte ®ebanfe, auch einmal oerfuch«*

toeife ben entgegengefefeten 2öeg $u betreten, in @chelltng«

Slntoenbung hatte fich bie« fd;en oerbunfelt, aber baburch ba§

£egel ben (Sinflang mit Äant äu&erlich h^uftellen fuchte unb

ba« ©ntgegengefefctefte in einanber jog, tourbe ber Änoten feft

unb unentwirrbar, um fo mehr at« bie tteitläuftige $lu«füh*

rung nach ber immer toieberfehrenben breitheiligen gormet bem3*

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36

©ongen bte gefc^Icffenc Öcftoft eine« Softem« gab, ba« gu*

gteic$ al« eine Beffere £ur($fnbrung bee ®ebanfen« ton 23ar*

bili unb afe eine $ottenbung be« @t>ftem« Don Petting

gelten tonnte, ja ba« ft$ nun au$ barftetfen lieg al« bte

toa&re gortBitbung »on Äant. fcn fe($cr Darflcttung fyat

man e« natürlich nic$t festen laffen, allein fte Ijat Hjre Be*

rutjigenbe Söirfnng nunmefjr oerleren, bie $)inge erflehten

unferen äugen toieber tt>ic pe ftnb.

80 tote bie grage na<§ £eget« 93erBaftnig gu ßant ent*

ftefyt, mujj, trofc ber $nfnü>fung im eingehen, bo$ im $tt*

gemeinen unb fangen au«gefagt »erben, e« frrette bie« ©Aftern

fo oie( a(« nur immer möglich mit jenem, benn bte 3been .

ber Vernunft unb bie begriffe be« Serftanbe«, benen £ant

nur in Beftimmten unb fetjr engen ©rengen eine 33etoegung

erlaubte, treten ijter frei unb mä<$tig auf, e« toirb auf itmen

ntcr)t nur eine fpecufatioe (Sonftruction Begrünbet, fonbem

tynen fef&ft toirb eine fc$oj>ferifc$e ^oteng Beigemeffen. tfant

tyatte ber j^itofopljirenben Vernunft bie lüften OBjecte ber

^3r)ttofopr)tc entgegen, r)tcr aBer Begegnen toir einem Aftern

aBfotuten (Srfennen«, unb toenn bie« auf feinem Söege bie

UnfterBti^fett ber ©eete Befeitigt unb ©ott feine felBftänbige

CSrJfteng nimmt, fo fann e« auc$ barin bem ^antifc^en um

nichts ätynttd&er toerben. $)ie <St>fteme oon #ant unb £ege(

ftetyen in ifjrer gefammten £enbeng unb in ifjrem föefultat

at« ($5egenfafce einanber gegenüber, ber ®egenfa$ oon 93arbift

unb ©ctyeümg« gtoettem Aftern mit ßant erfctyeint fyter nur

noc$ au«geBilbeter unb fcfyärfer: unb toie tonnte e« au$ an*

ber« fein, ba Ja §ege( baoon ausging, <S<$efltng« gtoeite«, affo

ba« antifantianifc^e Aftern, confequenter unb metljobiföer

burc$guffi§ren. ®erabe bem toa« $ant in feiner £rftärung

1

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gegen gierte für umnögttety glatten, gab $>cgct eine fo ener»

gifc^e $u«bUbung, gerabe er „öerftieg fiety in ber Cogif jum

2Katertalen be« (Srfenntniffe«," gerabe er mar beftrebt ,,au«

Segriffen ein reale« Ofcject §erau«suttauben."

(£« mujj inbefj gur ©teuer ber SEBaljrljeit tyier bemerft

»erben, bog #ant toenigften« auf einem einzelnen <ßunft fetbft

eine getpiffe £anbfjabe gu einer folgen Umtoenbung feine«

©Aftern« barbietet; bie« ift in feiner tfritif ber Urtyei(«fraft,

unb gtpar in bem Slbfctynitt öon ber tefeologifd&en Urt$eU«fraft,

too öon ber 3bee eine« intellectus archetypus bie Webe ift,

ber, nic^t rote unfer intellectus eetypus, bifeurfit), fonbern

bie £>inge im (Sanjen unb nac§ iljrer inneren CSaufaUtät er*

fenne; ebenbafelbft (©. 352) gefctyiefyt auc$ einer ben Dingen

an fiefy a(« ©ubftrat correfponbirenben „ inteflectuetfen Sin*

fcfyumng" <£rtoäljnung, unb eine« jtoar für un« unerfenn*

baren überfinnlic^en föealgrunbe« ber ftatur — bie«, toomit

$ant ben begriff ber ©ott^eit in feinem ©inne umfe^reiben

$u trotten fctyeint, fonnte für ©Petting unb $ege( atterbing«

einen getoiffen 23erüfyrung«punft abgeben; aber fie matten

ba« Unerfennbare gum ©rfennbaren. 5lua; erftärt $ant bie

bi«^erige allgemeine Cogif nur für einen <£anon, b. Ij. nur für

formell unb negatio; bie Cogif al« oermeinte« Drganon fei

fciatef tif. #rit. b. r. Sßern. @. 85. Unb fielje, au« ber So*

gif »arb in §ege(« £>anb metyr a(« ein Drganon!

@e^r eigentyümü<$ unb fefjr bea$ten«toertIj oer^äft fi$

unn in biefer töütfftc^t Petting« tefete« Aftern, benn toenn

bie« bem £egelf$en gegenüber tritt, fo gilt bie Dppofition

$aufctfä$lic$ ber m, tote baffetbe $ant fortgebttbet $u $aben

glaubt, ein tfampf, ber für @$eüing ganj befonbere <S($totertg*

leiten mit fi$ führte, n>eU er auf biefer ©eite ben Gegner

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Page 52: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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nicht angreifen fannte, ohne fein eigene« frühere« Aftern

enttoeber ouftugeben ober umgubeuten; log fytt eine <§c$ulb,

fo mußte er 3Hitf<$uIbiger fein. Sticht« befto toeniger $at

©d^eüing toirflich ben oernmnblichen $unft in $egel« Aftern

gefunben, bie SBeife, toie er fich an ßant anlehnt. Sährenb

er fef&ft in feinem neuen Aftern in ber Ert be« Gonftruiren«

ftcfy ber £ege(fchen $)ia(eftif annäherte, bertoarf er, a(« ba«

nqukov ipevdog, bie fyeculatioe Ueberfüljrung ber begriffe

gu Realitäten. £ier müffe bie beutfctye (Specutation in eine

anbere ©ahn geteuft toerben.

£ätte Petting biefe ftothtoenbigfeit in früherer 3eit

erfannt, gu einer 3eit af« ihm noch jene eigentümliche $ro*

buctton«fraft, tote man nun bon biefer fonft auch benfen möge,

toiöiger gu (Gebote ftanb, er toürbe genriß in biefer ßage ettoo«

91cuc« erfunben, eth>a« Sntereffante« erbaut hoben, allein bem,

foa« er in feiner Testen tyfyiofapfyt gegeben, fefyft ber eigentliche

borbringenbe ®ebanfe, benn toa« er an ber @tefle ber £egel*

fc^en Diafettif bringt, ift nicht fotooht ein £)rüberhinau«gehen,

a(« btefoiehr ein Aufgeben atfer jener äufcerften ^Optionen,

fein ©robern, fonbern ein Opfern. SDtit (Einem ©ort, @ctye(*

ling« neuere« Aftern ift im SBefentlichen ein <Sich*3urücf*

gießen auf bie feften ^Optionen feine« berühmteften Vorgänger«,

e« ift nid^t« anbere« at«: ein föücfgug auf flant; einen fol*

<$en ftrategifchen föücfgug loirb man aber, bem gefammten

publicum gegenüber, nicht fo (eicht a(« fjortfchritt unb ©feg

barfteflen fönnen.

S3ebarf e« noch einer Erläuterung? 2Bir hoben machet*

ting« negatiber $$ttofop$ie ein ©ebäube, ein ®erüft bon 33e*

griffen, toelche bie phitofophirenbe Vernunft ou« fich fetbft

fchctyfen, a(« ihren eigenen Inhalt borpnben fott ba« ift

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bnrdfrau« fantifc$; man Beamte, bag n>tr e« fyier lieber mit

ber menfc$ltc$en SBernunft gu tfyun IjaBen. 3n bicfen Gegriffen

nun (fegt feine ©rfenntnig, fie Begegnen nur (ogifd^e gunetio*

nen, e« gtebt fcon tyier au« feinen SBeg unb UeBergang $ur

yiatüx, ju ©ott, üBerljaupt gu OBjecten be« ©rfennen«, ba«

ift toieberum fantifc^, tote es benn anberfeit« ba« fd^arfe

®egent$etf ber $egeffc$en ©runbänfetyauung ift. 2Bir §aBen

in ber negativen ^IjHofopljie toieber jene« ßantifctye a priori,

einen unmittelBaren 93ernunftinlja(t, ber Ijier gtoar auety in

eine biafeftifd^e Söetoegung gebracht ift, allein bamit nic$t«

ausrichtet, ber Bfoge Denfform oerBfeiBt — ba« ift eBen

ba« Sflegatioe; unb ba« $ofttioe mug bann ganj too anber«

tyer geljoft toerben. tant lehrte au«brücfli$, bie tfategorieen

be« SBerftanbe« entBeljren an ftc$ be« Ontyafte«, fie muffen ben*

felBen erhalten — öon ber ©rfa^rung; Petting fagt: öon

ber Offenbarung. <Sr fagt bieg ganj offen, unb untertreibet

fic$ baburety ©ortljeityaft oon £egel.

Xöenn bie ©eftreitung be« ontologifetyen Söetoeife« ben

eigentlichen Äern ber flritif ber reinen Vernunft unb fomit

ber Äantifc$en SBeftreBungen au«mac$t, fo lägt fic$ öon ijier

au« auc$ am ffarften ba« 93erl)äftmg ber OffenBarung«^i(o-

fo^ie ju flaut üBerfe^en. $)a« £)afein, fo argumentirte

Äant feljr richtig, ift feine 33oflfommenfyeit, fann ben begriff

ber SBollfommen!?eit nid^t fteigern, ift üBerljaityt fein $räbicat*

Begriff, fonbem ftetyt in ganj anberer föetye. $unbert mdg*

lidt)e £tyaler toärben burdt) bie ©irftid^feit nic$t meBr, oBtoo^

bie 5GHrf(ic$feit für meinen SBermögenfyMftanb au«fc$(aggeBenb

fei; ber ®egenftanb fei ntc^t anafytifdfr im begriffe ent<

galten, fonbem fomme erft fynttyetifcty ^ingu. ®iefe ©c$ei*

bung bon begriff unb (Bjrtftenj, bie erforberttttye ©tyntyeft«

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be« 2Birfftc$en ift nun ber loafjre Sntyaft bon <5c$eütng«

neuer ßeljre, fjier liegt bie ©Reibung in negative unb pofttiüe

$$ifof0p$ie gegeben, unb man ntu§ gugteicty anerfennen, baß

fidfr tyier ©Petting auf ben £f?eü be$ flantiftfym Aftern«

gurücfgegogen , toetcfyer feine particula veri enthält, toctyrenb

£>egel, tote ficfy ba$ aucfy fcfyon in feinem SBerfyaften gum onto*

(ogifd&en 33ctt>ctfc geigt, tpcit babon abgefommen toar. 3n ber

£fyat fefyen toir ©Petting in feiner neueften ßeljre atfe« auf*

geben, toag tf?n feit 1801 mit SBarbtli bon $ant entfernt l)atte,

bie reale ßogif, bie allgemeine objectibe Vernunft. £atte

©Petting btes offener unb betoufeter getyan, fo toürbe feine

(efcte ^ßfytfofopljie an $(arl)eit unb Sert§ augerorbentttety ge*

loonnen fyaben — aber er erffä'rte fie bielmeljr für „bie er*

gängenbe £>tngufügung" gu feiner erften.

Unb boefy ger)t bie ©ctyefltngtfctye $fyüofop!jie nietyt in bie

$antifc$e auf, Meibt bon biefer felbft no$ fe!)r tfcefentli<$ ber*"

fetyieben, ja befyä'ft noety manches mit ber £egelf<$en gemein.

3n ber negativen fotoofyt als in ber pofttiben ^fjtfofopljie be*

gegnen toir (Sonftructionen nac$ einer breitljetttgen gormel,

ber Ijter oon aufjenfjer entnommene 3nljalt toirb fpecirfatfo

conftruirt.

3n ber pofitiben Wfofo^te tritt ber Oegenfafe mit fant

in aßer 33eftimmtf;eit ^erbor. $ant fcfyränfte bie £ragtoeite

ber Vernunft ein, um tote er felbft fagt: föaum für ben

©lauben gu gewinnen. Dttrcfy biefe Zfyixx lieg ftc$ $ofttioe$

toieber einführen unb man Ijat e« &erfc$iebentlic$ »erfuc^t,

aßein bie Slrt, toie @<$etting e8 tfjut, ift burctyauS gegen $ant,

fteljt im fd&reienbften SBiberftmtcfy mit beffen fc^arffinnigften De*

buetionen. ©ine £aupttenbeng ber Äritif ber reinen Vernunft ift

bie SBefämpfung ber (efcten Ueberrefte be« <Sc$otaftici$mu«,

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ber fogenannten natürlichen Geologie, toeId)e bei SQBotf noch

eine breite föotte fpielt — ein <ßfyt(ofopfyiren innerhalb be8

Dogma« nach ?(rt ber ©cholaftifer hielt er ju feiner 3ett für

ganj unmöglich, fo bafc er bagegen gar nicM einmal anfämpft.

Die menfehttche Vernunft foü nicht mehr auf bem Gebiet be«

9?cligiöfcn fich ergeben, auf immer wollte er fte baoon au«*

fliegen, ihr bie glügel ftufcen, um eine feiere Ueberljebung

gu hinbern. £ier bei (schelling ^aben wir nun bie öollftfinbigfte

«Scholaftif. ÜNan tyat §eget fcholaftifch genannt nach feinen

gormen, «Schelling ift e« fyier nach bem Snhalt. Wlan fann

bie fctyolaftifcfye ^^tfofo^ie be« Mittelalter« nicht beffer unb

treffenber charafterifiren, al« mit bem bon ihr felbft gegebenen

©ort: fides quaerens intellectum — unb baß ift ein @tanb*

punft, ben wir auf« oollftänbigfte wieberfinben in ©chelling«

fcofitioer ^^üofo^ie — im totatften ©egenfafe gegen flaut unb

ficherlich fein origineller gortfehritt in ber @efc$ic$te ber W*lofo^^ie. 9fur an <&f)xüd)ttit ift ^ier gewonnen, benn wenn

$egel ba« Dogma nach not^wenbigen bialeftifchen 93eftimmun*

gen conftruiren Witt, fo wirb fyier offen eingeräumt, bag ber

Inhalt nicht mit fyeculatioen Mitteln entwicfelt, fonbern öon

ber Urfunbe, ber flirre übernommen fei.

Da« Dogma ift hier ber fefte $u«gang«punft, bie <Pht(o*

fo^ie fommt nur fyinterbrein. Diefe« Begreifen ift ganj

oerfchieben oon bem £egelfchen begreifen, fo fehr, baf* man

fragen fann, ob hier noch ^^itofo^ie weiter möglich fei, benn

ba« gegebene Dogma behält ba« entfcfyiebene Uebergewic^t

Slber wir Wollen fyier un« felbft nicht borgreifen, benn ba«

gehört einer fpäteren Betrachtung.

gür jefet wollten wir nur Deutlicher jeigen, wa« gewig

auch manchem oon ©chelling« ^uhörern im 3al)r 1841 $um

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33en>ußtfein gefommen fein mag, bafj nämlic^ btefe qtyilofoptye,

berglic$en mit $egel, in bieten fünften frieb(ic$ nnb Berulji*

genb fftage, bajj fic ober boefy be« inneren gortfdritte« unb

8eBen$ entbehre; fie ift fein leerer <§tanbpunft, fonbem biet*

me$r ein unterer. Studfr ber töfitfgang auf £ant ift fein reiner

unb confequenter, fonbem burety bie ^injutretenbe fetyotaftifc^e

Eenbenj erft botfenbä unftar unb innertic^ toiberfpru#$&ott,

eine S3cfc^affcn^ctt be$ 3nl)a(t$, toefc^e getoig auety ba$ Sfjrige

Beigetragen Ijat, in anberem <5inn, als es @c$efling berfünbete,

eine „ fcntfc^eibung " tyerBeiaufütyren.

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43

i

V.

3)te ©attungen fcer foeculattoen Sterne*

©rtoägt man, ba§ in C&tgfanb unb 0ranfreic$ bie ©tyfteme

fyeculatteer 9tyilofoj>$ie föon fängft aufgehört Ijaben unb bafj

nun and) in £>eutfd;(anb neuerbingö btefefl&en, fo juoerficfyt*

(i<$ fie auety auftraten, fo fefyr ftc au$ bom latent unb ton

ben Umftänben itnterftüfet »aren, g(eic$»oljl nac$ fargem S3er*

tauf iljre Gnbföaft gefunben, fo fann toofy ber ©ebanfe auf-

zeigen, ob benn bieüeic^t überhaupt bie 3eit ber fpeeufotioen

©tyfteme oorüber fei. gür eine fold^c Betrachtung mü&te

baburety eine 33aft$ gewonnen »erben, bog man fiety oor aflen

fingen über bie großen (Gattungen atter bieder bage»efenen

©tyfteme ju orientiren fudt)te, um bann, »enn bie« erlangt

»erben fann, über bie 3at)l unb Hrt ber überhaupt möglichen

<&inftc$t in gewinnen, eine Unterfud^ung, bie, fo fc$»er fie

audt) fein mag, ^ier gIeic$»o$t unternommen »erben mufj.

£)er erfte SBIicf auf bie ®ef$tdt)te ber ^ifofopljie er*

giebt eine bunte Sflannigfaftigfeit fogenannter ^itofo^ifd^er

©tyfteme, bie ftdt) nadt) atten leiten in« Unüberfeßbare unb

beinahe Unenblid^e gu verlaufen freuten. Äflein bei näherer

Betrachtung geigt fidt) balb, ba§ bie £aty ber ©tyfteme un*

gleidt) «einer ift at« bie ber ^3^Uofc^cn unb bei nodt) grünb*

lidt)erer 9toc$forfdt}ungbürften ftc$ geteiffe^auptd^araftere herauf

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fteflen, bie eigentlich bie toafyre ©ntfeheibung geben, fo baß

benn oie(e«, toa« in ber ®efcfyicfyte gefonbert auftritt, ftdt) in

größere (Gruppen jufammenorbnet. 3n ber £(jat ift auch ein

^ttofortifc^e« ©Aftern nicht fo ettoa« Beliebige«, baß e« ftch

nadt) inbioibuefler Sitfführ geftaften liege, fonbern fofern e«

benn ü6cr^au^t auf $Wgemeingü(tigfeit Slnfpruch machen toiü,

muß e« objectioe ®ren$en anerfennen, bie einerfeit« tief in

bem SBefen ber menfglichen Sftatur, anberfeit« ber un« um*

gebenben Dinge Hegen. 3roei ^ßwnftc erfreuten ^ier befon*

ber« af« entfeheibenb: ber &u«gang«punft unb bie 2Mhobe,

beibe an unabanbertiche Bebingungen gefnü>ft 3e mehr bie

Wfofityljie ftch a(« Zentrum atte« Sötffen« erfennt, um fo

toeniger tyat fie ©Kielraum in ber Söafyt l^re9 S(u«gang«*

fünfte«, unb toa« bie SDfethobe ^itofo^ifc^er S3egrünbung unb

5orfdt)ung anlangt, fo fann noch toeniger bon $lu«toahl unter

gleichberechtigten bie föebe fein, e« giebt nur (Sine toahre, toelche

nämlich ber ftatur be« ©etfteö unb feiner (Stellung entflicht:

atte anberen toerben gleich falfch fein. Die« in« Sfage ge*

faßt, fteflt fid^ aflerbing« bie Hoffnung bar, bie fdj>einbare

SBietyeit fpeculattoer ©tyfteme auf fehr überfehbare unb in ber

£f)at fehr enge ©renjen $urficf$uführen. 38ir faffen juerft

ben 2(u«gang«punft in« Stuge unb toerben erft foäter oon ber

3ftethobe ^anbetn.

Um ben 2öeg abjufürjen, motten toir gleich oon oorn

herein einige große Linien gießen; eine Slbgrenjung, bie, toenn

fie auch für'« erfte al« bloße Behauptung auftreten müßte,

boch nach unb nach fich burch fich felbft unb burch bie ®e*

fchichte toirb rechtfertigen fönnen. <£« fommen hiev im ®runbe

nur jtoei Dinge jur ©orache: $anthei«mu« unb 3beali«mu«,

ton benen ber festere toieber in jtoei toefentfich ©erfchiebene

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Ärten verfällt. 3n bcm hiftortfchen Auftreten aber fteöt bie

©rfchetnung fich fo: alle 9ftbf*tfk <ßfaton ift <ßanthei$«

mu«; nach $laton ^crrfd^t bte ältere Slrt be$ 3bealt*mu8

burch ba« chriftliche Mittelalter; mit (Sarteftu« beginnt eine

neuere Wrt be« 3beali$mu«, tuelctyer in gtdbte culminirt unb

beffen ^ac^mtrfungen ftch bi$ auf bte neuefte 3eit erftreefen.

Unb fogar noch enger gießen fich bie ©renjen: ber $an*

theiSmu« jeigt ftch al$ ein nur SBorlä'uftgeS, fo ba& für bte

eigentlich fpeculattoen ©tyfteme nur bie beiben Birten beS

3bealt$mu$ oerbleiben: alfo ftatt Jener fcheinbaren ©nblofig*

feit nur ju)ei ©hftente. $)a$ toäre benn freiließ einfach genug

!

Gegenüber bem religiöfen $otytyei6mis0 fe^en nnr bie

griechifche ^^ilofo^ie in bem erften gro&en @tabtum ihrer

(Snttoicfelung ftch jum Pantheismus erheben; bie SBtelljeit

ber ©ötter fteigert ftch tfifofotfifö gur OTljett be« Göttlichen

unb feljrt baburch jttr (Stnheit jurücf; (Einheit be« $rincit>«

aber erfchien als £iel unb ^ebingung aller ^ß^tfofop^ie. 3J?an

gab fich unbefangen ben (Sinbrücfen ber Wahrnehmung ^in

unb fragte fich bann: Söa« ift baö ®(eictybleibenbe in aller

SBeränberung? n>a$ ift bte Urfactye aller SBeränberung? 33eibe

gragen mit (guter Änttoort $u föfen festen ein ©etoinn für

bie Wfofopljie ju fein, festen oon biefer geforbert ju toerben—unb in ber Z^at toar baö bamate noch möglich, too man,

unb ba« ift für ben ©tanbpunft oon entfc$eibenber Wichtig*

feit, 93etoegttchfett unb betoegenbe Urfache noch beroechfelte,

too man @toff unb ftraft noch nicht ju unterfcheiben tougte,

too man noch oiel weiter entfernt toar öon ber @cheU

bung einer materiellen unb immateriellen Söelt. <&o gehört

benn biefer Sluffaffung toefentlich an, bajj bie geftaltenbe Äraft

bem (Stoff felbft inne toohnt; ber ©toff ift nicht ba$ £räge,

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fortbem ba« #eto>eglic$e mtb fogar 33ctt>cgutt0 ®ebenbe. (Setoiffe

Sormcti, 3uft5n^c beffclben geigen ftcty borgug«tt>etfe in ber

freien iöetDcgU^cit unb 23eö>egung«fraft, al« unmittelbare

3ufammenfaffung oon Sßxincip unb (Element (a^ xal ozoi-

xeiov, bei ©impliciu«), unb biefe treten bemnacty al« ßinljeit

an bie @t4fce, bei £$ale« ba« SBaffer, al« mittlere« Clement,

ba« e« gteid^ leicht b.at fi$ gu »erbieten unb gu berbimnen,

bem entfpred>enb Bei ftnarjmanber ein mittlere« ibealed ^rüt

dp, ba« an fic^ fetbft ©toff ift, aber erft einer Seftimmung

bebarf um Clement gu »erben, enbli$ bei Israelit auf ber

äußerften oberen (Brenge ba« geuer, al« in bem ftety oorgug«*

tteife SBen>egung«fraft, ©pannfraft äußert, toä^renb e« bur$

fucccffit>c 33erbi$tungen übergeben fann in bie anbern demente.

$)iefe (Soincibeng nun oon ©toff unb #raft, ^ßrtnei^ unb de*

ment, bitbet bie ®runblage eine« allgemeinen *ßant$ei«mu«,

toie benn Jeber ber genannten ^tfofo^en au$ fein $rincij>

als ein ®öttltc$e« barfteüt, fo baß im (Stengen tote im CEingel*

nen, im «II ber £)tnge urie in jebem $tom, ©elt unb ®ott*

$eit unoermeiblic^ gufammenfällt. Wlan !?at ijäufig ben griedj>i*

fd^en <ßantfyei«mu« nur ba anerfannt, too er $anbgreifli$ unb

unau«u>eic$lic$ Ijeroortritt, närnlid^ in ber eleatifdfren Slll*<Ein«*

le$re, allein er liegt ber gangen fcorplatoniföen $$ilofo^ie gu

©runbe, unb gtoar ebenfo fe&r ber ptytljagorifctyen al« ber

ioniföen. 2ßa« bie ptytIjagorif<$e anbetrifft, fo toärbe allein

föon bie 8el)re öon ber SBeltfeele Ijier ben $ant$et«mu« au«*

fore<$en; bo$ liegt er noc$ oiel tiefer unb ift noefy Diel all*

gemeiner in bem innerften Sßefen biefer ^Ijilofopljie enthalten.

6« toirb ba« 3ufammenfaßen oon Materie unb SBetoegung«*

fraft burety bie 3<W ©ermittelt, toelctye, fo feljr bie« auety t>on

unferen Äufd^auungen abtoeiefct, na$ «riftotele« au«brüdtlic$em

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3eugnig ton ben ^tytyagoreern jugleidfr at« ©toff unb tätige

$Be$ie$ung, vlrj xal i'ljig, genommen tourbe unb alfo ba« un*

mittelbarfte ^ufammenfliegen ton 2öe(t unb ®ottyeit toÖbra<$te.

«udfr biejenigen 9tyt$agoreer, toelc$e, ton ben urforfingli^en

©runbfäfcen abtoei^enb, bie 3a$f in ben #intergrunb treten

liegen unb ftatt beten eine £afel ton jefyn bie Seit be*

tyerrfäenben @egenfäfcen, @tftö<$ieen, aufhellten, rannten ben

©egenfafe ton @toff unb Straft, (Seift unb Materie noc$ ni$t,

in ifyrer Xafel ber (Segenfäfce n>irb biefer toidjtfigfie ton allen

noc$ gänjli<$ termigt.

«Ber an ber $ertorbringung tiefe« grogen ©runbgegen*

fafce« fet)en toir bie fämmtltd&e torplatoniföe $fyUofoj>fjie ar*

betten, felbft bie eleatiföe, in tt>el#er ber $ant$et«mu« am

$anbgreif(i($ften fcrtortritt, bleibt barin ni$t gurürf, benn fie

bilbet bie tief einfd^neibenbe Unterfd&eibung einer jtoiefactyen

Cfrfenntnig au«, einerfeit« burety bie ©inne, anberfeit« bur$

ba« Denfen, biefer eine n>a$r$eit«tolle ©elt ber öinljeit,

jener eine ber £äuf$ung unterworfene SEBelt ber SBietyeit ju*

toeifenb. 3a felbft ber 2Nateriali«mu«, ber, au« ioniföer

Styilofopljie t;ertorge$enb, auf ber Söetterfct}eibe ber Wtfofotfie

no$ ben Ickten 33erfud^ ma<$t, mit Ginem ^rinetp au«ju*

fommen, fie^t fi$ gleictytooljl genötigt jur Trennung ber 93c*

griffe ©toff unb Äraft, benn er nimmt auger ben «tonten

betoegenbe fträfte, ©irbel u. f. n>. an, unb arbeitet babur<$

auc$ feinerfeit« einer bem <ßantyei«mu« entgegengefefcten «uf*

faffung, nämlty bem £>uali«mu«, tor, faß« man tyn nidfrt

felbft fct)on bafür anfeljen n>ill.

$)er Duati«mu« befielt in ber föarfen unb burdfaängi-

gen Unterföeibung jtoeier ©elten, einer materiellen unb einer

immateriellen; er fonbert (Sott unb SÖ3elt, fü^rt auf ben 53e-

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griff eine« aufjerioeWid&en Rottes, liefen <§tanbpunft finben

toir fefjr entfcfyieben Bei tyiaton unb noefy Befttmmter Bei

Slrtftote(e$, toetc^er oon ®ott, ber legten Betoegenben Urfacfye,

bem 93etoeger, ber ntd^t lieber Belegt toirb, ben äufjerften

$rei« be$ ftirfternljimmets in Umfcfytoung gefegt »erben läßt,

(Sott ift alfo recfyt eigentlich außertoeltlicfy.

Der DuafiSmuä tyat gn>et $ofe; ba nun aBer bie $^Ho*

fopfjie, bem £erfommen unb ifjrer eigenen $latux naefy, ju

(Sinem feften *ßunft fyinbrängt, fo fönnen biefe Beiben ftactoren

ni$t in gleicher Geltung neBen etnanber Befteljen. Die *ß$i(o*

fopljte fieljt ftety genötigt ben $nfer auf (Stner ©ette ju loerfen,

baburefy biefer ba$ UeBergeioicfyt 31t geBen, fo fefyr, baß ber

onbere gactor in feiner toafjren ©riftenj gefä^rbet toirb. @o

treibt ber Dualismus junt SbealtSmuS. <5$on $(aton, an

beffen tarnen ftcfy untrennBar ber SbeatiSmuS fnüpft, Ijat Bei

bem erften 93erfuc§, tnnerfyatB ber buatiftifctyen SBeftanfctyauung

ein @tyftem $u erBauen, biefe inneren ©onfequenjen gefügt,

toefetye jum Xfyeit naefy Satjrljunberten in bem 9tfeu|>(atoni$mu$

noef; öoflftänbtger Ijeroorgetreten finb.

Da« Söefen beS SbeatiSmuS Befte^t barin, baß ber gei*

ftigen SBelt atfein ein toaljreS ©ein Beigelegt toirb, ber mate*

rteilen bagegen nur ein Bebingte« unb fogar jtoeifefljafteS, fo

bajj bie un« junäcBft umgeBenbe SSett in ifyrer Realität ent*

fräftet erfcfyeint.

(SoBatb toir aBer fragen, too^in benn näfyer bie Realität

unb furj ber fefte $unft beS $fytfofop5irenS »erlegt toerbe,

fo Begegnen toir gleich einer jtoiefac^en $lrt beö SbealiSmuS,

einem älteren unb einem neueren, Betbe etnanber entgegen*

gefegt, fo biet nur immer möglich, jeber mit etgentljümUd&en

8ic$t* unb <S$attenfeiten. Die (SJrunbjfige beS älteren, mit

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$taton anhebenb, laffen ftch $ufammenfäffen in folgenbem: £)a«

toafyre <Sein Hegt im 3enfeit$, ein getftiger aufjeroettlicher

®ott, bie h^fte ber Urfachen, ift ber Sflittefyunft alle* ©ein«,

ber natürliche «uSgangtyunft alle* £)enfen«. 211« mehr in-

bioibuelle Slnfchauung ^laton« ^at bann bie erfennenbe ©eele'

be« SRenfctyen, ihrer 9iatur nach immateriell öor ber Ge-

burt in bem Senfeit« ein etoige« $>afem gehabt unb bafctbft

mit ben etoigen Urbilbern ber £)inge oerfefjrt, toelche nun

burch Erinnerung bteffeit« alle erfenntnife Oermitteln. Üer

@toff, obmohl nach griec^if^er 23orfteltung unerfäaffen, ift

gleichtoohl jefct aller ©trebefraft entfleibet, erfc^cint jefct nur

noch als ein £räge«, tt>et^c« gorm^ ©eftalt, ßeben nur au*

ber anberen Legion ^er empfangen fann.

tiefer ältere 3bealt«mu« nun, ben n>ir ben jenfettigen

ober auch ben ob jectioen nennen, fyat, gumal in feinen noch

ftrengeren <£onfequen$en, pljtlofo#tf<$ Betrachtet feine grofen

SBortheile, allein er fü^rt auch eben fo grojje unb in ber Xljat

unnbertoinblic^e ©c^toierigfeiten mit fich. 3u*™chft fc^eint er

eine ber toic^tigften p^ilofo^ifc^en fragen oollfommen $u

Wfen, ober toenigftenö barauf eine beftimmte Slnttoort ju geben,

eben bie {frage nach ber ^öct)ften Urfache. 93ei biefem auger*

weltlichen ©ott ift bie ^itofophie auf einen $unft gefommen,

über ben fich nic^t hinaufgehen läßt, ftc hat einen legten *ßunft

gewonnen unb fann nicht toetter mit gragen beunruhigt »er-

ben. S5on tytx f<hetat bie Harmonie in einer »ahrhaft

geiftigen SBelt he*gefteüt, bie benfenbe <£eele fleht ftch einen

unenblichen SÖerth beigelegt, rfieft nahe in bie ©ememfehaft

ber ©ottheit, nimmt $heil an beren Etotgfeit, toährenb anber-

feit« bie ©nttoerthung alle« Sinnlichen unb Materiellen über oiele

{fragen unb ©chtoterigfeiten, fonjoljl auf bem ©ebiet be* 3n»

Gruppe, 3ufunft b. fc. tyW. 4

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tettectualen als be$ ikcraüfchen ^inweg^t, namentlich, \t*

fern alle praftifchen äRifeftanbe im 2Dicff«t« burch ben #luf

auf ta« 3enfeit6 auögegüc&en toerben. 2ebann bat tiefer

Jtealtemus bie gro§e unb einieud-tente Xugenb, ba§ er ben

äfleufä*« bor Ueberhebung fchüfct unb burchau* mit frommer

nnb religiöfer ®ejinnung im ©inftang bleibt, toie fein anbere*

2t)(tem ficb beffen in gleichem 2Raafj rühmen fann.

Die ©chattenfeite befteht barin, bat ba* 9la$e unb $aub*

greifliche imficher gemalt unb ber fefte $unft in eine n>eite

unbefannte {ferne oerlegt toirb. ÜDiefe «Kängel geigen fi<h

namentlich auf ©eiten ber Grfenntmjjth«orie unb ber 3JJethobe,

tt>o fie benn näher ju betrauten fein toerben; (ier nur fooiel:

Die Ofoltrung beS DenfenS, bie Trennung beffelben ton ber

finntichen Wahrnehmung fann nicht ungeftraft für ba$ Denfen

felbft bleiben unb muß bie natürliche unb mah« Zfroxit

beffel&en berfchliejjen. $lato fonnte bie ßücfe nur mit einer

m^thifchen unb gum Xfyit mr;ftifcr>en Sßorfteüung ausfüllen,

feiner Sehre oon ber (Erinnerung, »eiche jebe (Kontrolle unb

alfo auch alle Argumentation unb Söetoeistheorie au$fchlie&t.

Wenn $lato bie logifche Söegrünbung fürs erfte als (Ergänzung

jum betoujjten Denfen noch beizubehalten fuchte, fo treiben boch

bie »eiteren reinen (Sonfequensen beö <§hftero® unaufhattfam

bahin, alle mahre $hättgfeit, unb namentlich bie be« DenfenS,

in bie Gottheit ju tragen, ber menfchlichen ©eele aber nur

ein (Empfangen oon borther, bie intellectuale Slufchauung,

Übrig ju laffen, tooburch benn bem benfenben (Steifte bie tefete

@pur ber ©elbftänbigfeit genommen unb baS ^^ttofo^tren

ju ettoaö ^affioem gemacht unb außerhalb aller ©etoeisführung

oerfefct toirb, Ueberhaupt ift baS benfenbe Och ber (Gottheit

gegenüber je mehr unb mehr ein $erfchtoinbenbe$, namentlich

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ba ihm &ug(et<$ aucf) jcber Slnljaft am Sinnlichen na<$ tiefem

©Aftern oerfagt tft. 3n feinen (efcten, äugerften (Sonfeauenjen,

al« #ty>eribeafi«mu«, mac$t e« $uglei$ bie ganje *öett in

folgern ©rabe unb fo unmittelbar mm <&ott abhängig, bag

fie na$e mit tym unb feiner ßriftenj toieber jufammenfäüt

mtb ^mptome ewadf>fen, tt>el($e, fotorit ber ®runb<$arafter

e« irgenb erlaubt, eine augerorbentlic^e $telmli($feit mit bem

?ant$ei«mu« bringen. Ueberljauj>t: bie 2öelt erfd^eint au*

tyren 5lnge(tt gehoben, benu ber »on Strd(>imebe« geforberte

fefte $unft augerljalb ift tyier ni<$t fotootyt gegeben, a(« fciel*

me$r genommen. ©rog unb fctyä&bar bleibt oon anberem ©e-

fi$t«punft au« bie be« ftetigiöfen, in ö>e(c$er fi$ $ier

We Wlofopljte fyält, allein naety tyren eigenen äKaagftäben

beurteilt, überwiegt bie ®röge be« ©eforberten bie be« <§)e*

(eifteten unb ber SBert^ fo biete« fdfreinbar ^ofitioen toirb

g(eid^n>ot noefj unter 9M Ijerabgebrüdt baburdfr, bag ba«

benfenbe 3$ fiefy fetbft verliert unb ber 93oben, auf toelc^em

toir mit unferer flarften ©innenerfenntnig fteljn, un« unter

ben gügen fortgejogen toorben. ©« behält biefer 3beali«mu«

ettoa« ©tyoinbelige«, bem Söefen magrer Wfofo^ie burc$au«

entgegengefefet.

@o lägt ftc$ benn toofjl oerftefjen, bag bie 9tyirofopljie

feit tyrem 8luffc$tt>ung in ber neuem 3eit anbere SÖSege $u

berfu^en genötigt mar, unb jtuar begegnen toir nun einer

anbern entgegengefefcten &rt be« 3beali«mu«, ben toir ben

fubjecti&en nennen, ©r geijt au« Dom benfenben ©ub*ject, nimmt bie« junt einigen feften $unft, ift alfo barin

bem älteren 3beatt«mn« biametral entgegengefefet. £« beruht

bie« Aftern ni<$t blog auf ber @inft<$t, bag aüe Mängel

be« ienfettigen 3beaft«mu« ftc$ concentriren auf ben Eerluft

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be« Haren <SeI6ftBctt>«|tfcm^ fonbern e« liegt getoifj auc$ an

mtb für fidf felbft eine tiefe Berechtigung barin, bafe ba«

benfenbe Grfennen oon feiner 9calje unb ton fic$ felbft an*

fange. 9Jfan fann e« fraglich fein (äffen, toieoief ba« £)enfen

aus feinen eigenen Mitteln toermöge, allein e« ift übertyaityt

nietyt meljr £)enfen, toenn eö anber« tooljer al« oon fid^ felbft

unb oljne fein betougte^ SDtittoirfen ©rfenntnijj annehmen folt;

e« föeint fein ©rfennen ju geben, toenn e« uic$t eigene« <£r=

fennen ift. 3cty felbft bin mir Ijier ber nac^fte, feine Slutort'

tat auf (Erben unb im £tmmel fann, toenn e« fiety um mein

(Erfennen Ijanbelt, ba« £)abeifein meine« 3$ erfefeen.

33ei biefem neuen ?lu«gang«punft bauerten nun aber noety

bie 33ebingungen fort, aus toelctyen ber frühere 3beali«mu«

ertoactyfen toar; auc$ jefet toie bamal« jog bie bualiftife^e Sfa*

fctyauung«toeife in S5orftellungen fort, toetetye bem ÜDenfen ba«

Uebergetoicfyt über ben ©inn, bem ©eift über bie Materie

gaben unb bie ganje ©rfc$einung«toelt nac$ tote oor in eine

^IjantaSmagorie oertoanbelten, mit bem Untertriebe, bog jefet

ein ganj anberer Slcteur eintrat: an ©teile ®otte« ba« 3$.

«uc$ com 3$ au«, af« bem einjig geften unb ©etoiffen, tief

ftety bie Realität ber ganzen umgebenben Seit in 3toeifet jielm

— unb (eiber fd^eint e«, at« ob man ein Aftern für eben fo

öiel ^itofo^ifc^er unb namentlich foeculatioer Ijielt, at« e« ber

gemeinen Stnfc$auung«toeife toiberfyrac$. $)a« copernicanifetye

©Aftern, toie tfant bie« au«brücflic$ fagt, fd^ien befonber« ju

einer folgen füljnen Umfefjrung ber £)inge aufeuforbern.

$)er fubjeettoe 3beali«mu« tritt nid^t in bem ©rabe,

»ie ba« bei bem objectiben in ^laton« ßeljre ber gatl ift, in

bem ©Aftern eine« einzelnen ^ilofopfyen enttoiefett unb fertig

$en>or, fonbern »erteilt fic$ auf mehrere ©tyfteme, anfang«

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nodfc) tnconfequent unb ftarf mit Elementen feine« ©egentljeU«

fcerfefct, bann aber immer breifter unb reiner. £)a« Stfter*

tfjum fannte ifyn nic^t, aud; ba« Mittelalter nictyt; feinen 23e*

ginn batiren toir mit ©artefiu«, in beffen erftem @afc:

Cogito, ergo sum, er beut(i($ unb unberfennbar enthalten

ift. Mein Sartefiu« nimmt nur eben ben erften Hnlauf, er

vermag nid;t it)n burchgufütyren, er fällt m$ wenigen (Stritten

toon ii)m ab, gurücf6ebenb öor feinen (Sonfequengen. Durch

Ummeg unb ©pruug gelangt er bodt) toieber nach wenigen

©äfcen gu ®ott hin: bie @ee(e fei befannter, zugänglicher al«

ber Körper, ihre ©rifteng getmffer; nun finbe fidt) aber in ihr

ber begriff <£otte« fcor, biefer begriff fei ba« fc^ted^t^in Sflotf)*

toenbige; einmal bei ®ott angelangt, conftruirt er bann im

golgenben, gang nach $rt be« alten 3bealt«mu«, toieber »on

biefem au«.

<So cr!(ärt fich benn auch, bajj au« feiner ^itofo^ie

fich <Sfyfteme enttüicfeln fonnten, treibe ihrer ®runbtenbeng

nac^ objecttoer 3beali«mu« finb : bafyin gehören bie <&tfUmt fron

9Ra((ebranche unb <S p t n o g a. 33ei festerem, gang im ÜBiber*

foruch mit bem Büßgang be« ©artefiu«, ift, ®ott gegenüber,

bem (Singefoefen unb bem benfenben 3$ in bem <&rabe aße

Subftantiaütät genommen, e« ift bie« fo fe^r gum Sicciben*

teüen, ja gu einem ibeatiftifch ^erfchtmnbenben herabgebrücft, bajj.

eben burdt) ben Siberftruch ber fubjectitoe Obea(i«muö ton

neuem herfcorgelocft nmrbe, benn e« geigte fidt) bie Sftothftenbig*

feit, fad« $ht(ofojtyie beftehen fofle, ba« ©ingettuefen unb

ba« 3d; gu retten. Sluf biefem ©tanbpunft bepnbet fich be*

fonber«. tfeibnifcen« Aftern, ba« ber 9J?onabe bie ©ubftang

gurücfgiebt, ba« benfenbe 3cfy aufrecht f)&\t, toietoohl baneben

unb al« übertoiegenbe ^oten* bie Gottheit, al« bie erfte ber

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SDfonaben. $)a$ Aftern ftetjt auf bem Uebergange bom äfte*

ren Sbeaftemu* junt neueren, unb fjat n>cfcntttc^ beigetragen,

btefem bie SBege öffnen.

S3ict entfctyiebener f#on ber (Sngfänber SBerfelety, ber

tollen Stnfyruch $at, ber eigentliche Söegrünber beS fubjecttoen

3beali«mu$ $u feigen, tmerootyl auch biefer öon ber reinen

$onfe<menj noch weit entfernt Meibt, auch noch $ur £älfte

im ttlten DertoeUt. Waty ihm ift bie finntfehe SBorfteÜung

nur Uffection be$ «SubjectS, meiner @eete; ich fbnne nur

fagen, bajj trf> f efcf>e (Smpfinbung in mir habe, gefragt unb

un^ifofo^ifä fei e$ ju fagen, bafj fo etn>a$ ttnrfttch, außer

mir fetbftänbig erjftirt. 3$ nehme wahr @inbrü<fe, ©igen*

fchaften, biefen fu&pontre ich ein ©ubftratum : eine Möge $\)pQ*

t^efe meine« DenfenS. @omit h>irb bie gange ©innemoeft,

aöe« objeetfo ©rjftirenbe rebucirt auf fubjeettoe SBorfteflungen,

Söerfeleh fagte Obeen, gebrauchte atfo baffelbe SÖort tüte <ßfato,

aber in gang entgegengefefetem @inne. @$ fei ber flusbrud

Obee pfyltfopWtyt als Ding, eben toeit bie objeettoe fcrifteng

gtoeifelhaft bleibe; bie« ift un&erfennbar 3beali«mu$, aber

fubjectioer SbeattSmuS, toci( atfe* gurMfäflt auf SSorfteHungen

be« ©ubject*. Snbeß nur fubjecti* bi« ^iefjer; benn nun

fragt ber *ßfjUofopi? toeiter: Softer entfielen bie 3been in

•un«? Unb ba antwortet er im ©inne be$ alten Sbeattömu*:

burch ©Ott. 53erMe^ Ijat gtoei entgegengefefcte Sfoegangtyunfte

neben einanber, ba« 3dt) unb ©ort, feine ©tyftem ift mithin

noch unrein, e$ fchroanft unentfd^ieben gtmfchen beiben Birten

be$ SbealtSmu«. Eon ben brei fünften: ©ort, SBSelt, 3$,

hätt e$ bie beiben äußern feft unb opfert bie ©rjfteng ber

©elt. Die tforperwelt ift gang überflüffig, aöe« befteht in

Obeen, folgen bie bie ©eele empfängt unb ®ott hervorbringt,

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oB bicfcit toirflfd^c (SJegenftänbe entfprectyen ift ungetoig unb

bag fie ejiftiren im ®runbe »öüig unnüfe.

3ur (Sntfchiebenljeit ift ba« Aftern crft in £>eutfc#aiib

gefommen, unb jtoar burc$ tant unb ganj befonber« burdfr

gierte. Gm Äantifctyen ©Aftern, ba« au« fo oerfc$iebenartt*

gen 3ngrebien$ien aufcmmengemifctit toorben, bifbet ber fuB*

jectioe 3beaU«mu« ein n>efentli$e« (dement unb ma$t eigent*

üd) ba« ©Aftern crft ju einem fpecutatioen, benn neben bem

rieten ittegatioen bübet e« faft ben einigen ^ofititen ®c$alt

!£ennoc$ oertoebt fiety ba« (Element ftarf unter bie anbeten $8e*

ftanbtfyetfe, fo bag e« erft bei näherer Betrachtung ^erbortritt

Äber augerbem, bag an etnjetnen ©teilen biefer gaben ftu

Sage liegt, jeigt fic$ auc$ ba« gan$e ©Aftern fd)on »ort biefer

töi($tung kbcn-fcM. ^änilid), wenn fri;cn ber Sceptici«mu«

fe§r nafye auf ben fubjeettoen 3beali«mu« hinführt, inbem ber

3n>eifet an ber <§ic$erljeit unb Realität aller Dinge um un«

(er, auf (Erben unb im £ im nid, bc$ ein« feftbaltcu mug,

nämlich bie ®ültigfeit be« eigenen jtoeifelnben £)enfen« unb

bie (Spftena be« benfenben ©ubjecte«, fo gilt bie« oon bem

ffritid«mu« in noch lieberem @rabe, ein ©tanbpunft ber

jenem alten Obealismu« fchon oon |)aufe au« entgegengefefct

ift. 9lun ift befannt, bag ber Urheber ber fogenannten friti-

fdjen $fyüofopf)ie fiel) gunäcr)ft an ben englifchen ©eeptifer

(Dabib $umt, feinen 3eitgenoffen, anfnüpfte unb mit biefem

»erfelety ju oeTbinben furzte. £>er ®ebanfe, bie (Srfenntnig*

»ermögen be« benfenben ©ubjecte« aitfjnmeffen, ba« war an

fich fchon fubjectioer 3beali«mu«, noch mehr aber bie $lrt toie

ba« ftefultat erfolgte. Die Vernunft ift ein »on aller Er-

fahrung unabhängige« Vermögen, fie enthält in fich fetbft

tfategorieen bie nicht oon äugen her ihr zugeführt ftnb, a priori

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tyr eingeboren, ni$t abftraljirt oon ©egenftänben, im ©egen*

tfyeit üon iljr au$ als allgemeine 53cbttigungcn be$ <5rfennen8

erft na$ auf?enfyin getragen. Wcti) mebr: e$ giebt au<$ An*

fctyauungen a priori, allgemeine ber anföauenben <Seele ein*

gelangte 23ebingungen , burcfy meiere finnltctye Sßorftellungen

erft möglich »erben: föaum unb 3eit. $)iefe« ftnb feine 33e*

griffe, feine Abftracta, ntc^t lote anbere begriffe t>on ®egett*

ftänben mittelft einer Denfoperation gewonnen, fonbem ctroaß

in ber @eele felbft begebene«, unb öielmeljr erft ein Organ

ber ftuffaffung fogenannter ®egenftänbe — fogenannter, benn

ob e$ ©egenftänbe auger un$ giebt unb rote fie finb, baS

toirb nun eben ungetotg, ba bie Art ir)rer (Erlernung ni#t

tynen, fonbern oielmeljr bem erfennenben <§ubject felbft gehört.

(£$ ift mbgli($, bajj e$ ringe auf? er und giebt, allein tote

biefe an ftc$ finb, bleibt und ftet« unerfennbar, ba toir fie

immer nur in föaum unb £eit aufbauen, bie Dinge aber

aufer 9taum unb £tit fein müfjten. Um biefe ibealiftifctye

@rfc$ütterung bes gefammten Inbegriff« unferer ©innen*

erfenntnig gu bollenben, erfiärt nun $ant au$ bie begriffe ber

©ubftantialität unb befonberä ber (Saufalität für nur unferem

©rfenntnigoermbgen angefjörig, fo bafj alfo ber äufammen*

Ijang oon Urfactye unb SHMrfung in ber 9fattur feine objectt&e

SBebeutung oerliert — eine getoalttge 3erftörung, fcollbra($t

mit ben fc$n>ä($ften Argumenten!

©in« lägt ft$ ni$t »erfennen: ber fubjecttoe SbealiSmuS,

fo feljr aucty Äant felbft barüber im Unflaren getoefen ift;*)

er nennt U)n ben fritifd^en 3bealt«mu$, au$ ben formalen

unb bann toieber ben tranfcenbentalen, unb fefet tym balb ben

*) 9Ku«füt>rltd>er unb bo$ fe^r unttav fori($t er barüfrer in ben tyxo>

leaomenen, am @$lufi.

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matertalen (?) 3beali«mu«, balb ben bogmatiföen entgegen.

Defto meljr muß anerfonnt werben, bag er, tt>icroor)t auf

großen. llmtt>egen, ton bem tiefen ®efüfyl ber £onfequen$ ge=

feitet werben, weit fyinauS über feinen Vorgänger. ®ott

ift f?ter ni$t mef?r auger bem 3$ ein fefter $unft, bie

^ilofo^ie conftruirt nic$t mefyr t>on jwei entgegengefefeten

fünften au«, fonbern ba« fubjectioe (dement behauptet allein

ba« gelb. ®ott bringt ni$t mefyr bie SBorftellungen Ijeroor,

er ift fogar als Object ber Wlofo&fyie unerkennbar, bleibt

nur no$ befielen als ^oftulat ber prafttföen Vernunft 23on

ben brei fünften ©ott, Söelt, 3$ finb ^ier jwei geopfert,

bem SbealiSmuS preisgegeben, baS 3$ ber)ä(t bie ^errfctyaft,

wiewofyl e$ noefy nietyt oollftänbig auf ben fcfyron gehoben ift.

$)aS blieb gierte üorbetyalten. SGßie grog in j^ilofo^i*

f<$er Söegie^Mng bie« Söerbienft ift, wirb ber $u würbigen

toiffen, ber fic$ (ange in ben 3rr* unb Söiebergängen beS

fantifcr)cn ©Aftern« bewegt fyat, benn jefct erft tritt ber @inn

unb ©eift beS bisher nur fcerfteeft fortwuetyernben «Softem«

entfetyieben IjerauS, erft jefct jeigten fid; feine Döllen unb waty*

ren (Sonfequenjen, fo baß fieb nunmehr fein 3Sefen erfennen,

fein Söertfy ober Unwert^ beurteilen lieg.

Stant, ber bie gange Söelt auf SBorftellungen beS ©ubjects

rebudrte, tyatte f($on baS 3$ als bie (Einheit aller SBorftel*

lungen begegnet; gierte nun naljm baS 3$ offen $um 2luS*

gangSpunft, ftellte es an bie ©pifce aller ^ilofo^ifd^en £)e*

buetionen. ©S ift baS einige unmittelbar ©ewiffe, unb wirb

in folgern ©rabe bie auSfcfylieglictye Realität, bag alle« auger

üjm no$ in toiel fyöfjerem ®rabe gurüdfäöt, feinem Ueberge*

wt#t erliegt, als baS bei fant ber gall war. £)er f$on bei

Äant ^ertortretenbe tätige Slntyeil bes ©ubjects bei ben

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SBorfteflungen, toelche toir auf eine «ugenroelt begehen, wirb

hier bei gierte gu einer unenblichen $robuction«fraft beö 3ch ge*

fteigert, gleich grojj als fie bort im alten ^JbealiSmu« nur trgenb

ber (Gottheit ^at Beigelegt »erben fönnen. £>aS 3dt) felbft

fefet bas m$t<i$, b. h< übertragen in Derftänbliche ftebe:

baS 3$ bringt bie ?lu&emoe(t her&or. $)ie Slußenioelt ift

ntc^t ettoa nur unerreichbar, unzugänglich in ihrer ßrlftenj

an fich, fie ift nicht nur ungetoiß, fonbern fie tft nicht ba, ift

nur (Schein, nur ^ßfjantaSmagorie, alles was wir für äußer*

lieh (SriftireubeS Ratten, tft in uns, „bie äöelt ift nur ©iber*

feiern unferer eigenen inneren fcljätigfeü," fie ift „Styatljanb*

lung beS 3$." Um bann aber boch bie 2öelt nicht gänjttch

in baS Och aufgeben px (äffen, gab gierte notfjgebrungen ju,

ba§ ein „äußerer Wnftoß" $u einer folgen weltyrobudrenben

Ifyatfyanbfung anzunehmen fei, oon welchem er aber fogleich

lieber „bie Unbegreiflichfeit" auSfagen mußte, ein begriff ber an

einer fo wichtigen ©teile beS @^fteme eine f^limme Wolle fpielt,

benn baS begreifen ift ja eben bie Aufgabe aller 'Jtytfofopljie.

©obalb nun gierte biefe ftuflöfung ber SQßelt in Ratten*

fyiel oollbracht, war er fogleich oon allen gragen befreit, welche

^aturforfchung unb 9ßaturphi(ofopb> frgenb aufwerfen fann—nur noc^ baS moralifche ©ebiet blieb übrig, eine ®ebietSoer*

fleinerung, bie fich feierlich wirb als Eroberung barftellen

(äffen, «ber auch tytx fonnte ber ^ttofoph fich ®on*

fequengen feine« erften Schritte« nicht entgehen, fie matten

i^n wiber SBillen gum Gottesleugner. Sieg bem gegen*

über fich bie Söelt nicht in fieserer Realität behaupten, fo war

baS, toie fchon tfant erfahren hatte, mit ber ©ottheit noch

tiel toeniger ber gall. gttye behielt an ber ©teile, wo ®ott

hätte flehen follen, nicht« weiter übrig als bie gorbertutg einet

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„allgemeinen moraltfc^en ©eftorbnung." <$x tourbe be« ^ft^eie*

mu« angefragt wnb mit tollem föe$t. ©ie grofj au# bie

Sfaftoalfung n>ar, mit Neider et ftc$ biefem Jabel anfange

toiberfefcte, fo Ijat er es bod) fpfiter fefbft öoüftänbig einge*

räumt, fowoljl in ©orten at« Saaten, benn er faty bie ftot$*

»enbigfeit ber Umfetyr ein, unterwarf fein Aftern ben »efentttcfc

ften Umformungen, gab e8 &u(e&t felbft fo gut tote ganj auf, nnb

ft>rac$fi$ unumtounben münbüa) unb förifttia) barüber au«. *)

$$tfofop$en, bie mit gierte in gleichem gatt waren, faben

gieic^njoM fpäter ned) ben Vorwurf alt ein Attentat gegen bie

Wtlofottyie bargufteüen gefugt, aHein fie bebenfen ni$t, bag

ber 2ftfyeiStmi« wirttic^ bie unoermetblidje öonfequenj be«

fluägangöpunfteä oom 3a) ift. 2Wit berfelben 9iotfytoenbig*

feit, mit welker im jenfeittgen 3beali$muS ba$ benfenbe 3t$

feinen ©c^toerpunft, ben ®runb unter feinen güfen berliert,

wirb Ijter, öom 3cfy au«geljenb, alle« auger bemfefben oon

XljattyanMungen be$ Oa) abhängig mac^enb, bem begriff

Rottes ba« ©efentüa)e, feine unantaftbare @e(bftänbigfeit ent*

jogen, fo baf, h>a$ etam ber ^fjttofopl) au$ gutem Hillen ir)m

übrig ju (äffen für ratsam finbet, ben begriff bee ?(t$ei«mu«

nt$t oerminbert, benn auf feine tjoüftänbtge <ßrodamation

ffabtn wir niebt gu warten, üftan fann gictyteä Ve(;re, gegen*

über ber be« 8»ino$a, auf bie fürje gormel bringen: ba$ 3$ift bie einjige @ubftan$, ein Safe, welker bie (Sriftenj ber

©elt unb (Rottes g(eia)mäfjig gefa^rbet. /

Söeftanb gia?te8 Aufgabe barin, bie Grifte be« fubjectioen

3beali«mue ju 8nbe ju führen, fo fann i$m, fein fittlic^er

(Sfyarafter ftefyt ofynebteS in fjofyer ©ürbe ba, oon ^ifofoö^i-

*) 2ttan toergtei^e 2Iun>eif. jum fei. ?efccn. ©. 214. ffimmtf. SÖerfe

V, ÖÖ6.

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fcfyer (Seite große« £ob nicht oerfagt toerben, benn er tyat un«

auf fünftem 2öege oon einer fchleichenben $ranffyeit befreit.

Witt ber ©ntfchiebenljeit feine« ©^arafter«, mit feiner Uner*

fchrocfenheit, bie oor feinen CSonfequenjen gurücfbebte, mar er

ganj ber 3Jcann baju; eben fo aufrichtig toaren feine lefeten

jerfnirfchten 23efenntniffe. Nachbem er felbft fchonung«lo«

fein ©Aftern oerfchiebentlich gerriffen um e« in beruhigenberer

©eife aufzubauen, ftiefe er gegen ba« @nbe feine« geben«

Sleu&erungen au«, tote biefe: „<£« giebt überaß fein $)auernbe«,

toeber auger mir noch in mir, fonbem nur einen unaufhör*

ticken SSechfel. 3<h toeig überaß oon feinem ©ein, auch nicht

ton meinem eigenen. <S« ift fein <Sein. Silber finb ba«

(Sinnige loa« ba ift; ich felbft bin ein« biefer 23ilber, ja ich

felbft bin bie« nicht, fonbern nur ein oertoorrene« 3Mlb oon

ben Silbern. 2lße Realität oertoanbelt fich in einen tounber*

baren £raum, ba« $)enfen ift ber £raum oon jenem £raum."

SBenn nie ein $lji(ofopl) bictatorifc^er unb imoeratorifc$er

aufgetreten toar al« gierte, ber jum öftern erflart, ben Sinber«*

meinenben fei „falt toegtoerfenbe Verachtung" entgegengehen,

fo fonnte toahrlid) auch feiner feeptifcher unb ratt)Iofer enben.

©etoig ^atte r)tcmit ber fubjectioe 3beali«mu« auf ba«

grünblichfte feine ©nbfctyaft erreicht: er ertoie« fich al« ein in

fich unmögliche« <§hftem, a^ e 'n ®hftem, *>en erf*en S°r*

berungen an $(jilofotoljie toiberfOrient, benn ftatt Klarheit unb

Sluffchlug ju bringen, macht er oiefmehr äße« unficher unb

fteflt ba« Och in feiner Sfolirung at« bettelhaft oerarmt bar

an <£rfenntni§ aßer Hrt. Obtooljl in feinem Ausgange toohl*

berechtigt, fommt ba« Aftern boeb in feinem Verlauf unb an

feinem ©nbounft immer tiefer in« Nebelhafte unb Seere, fo

bag e« an ©chtoinblichfett jenen alten 3beali«mu« noch toeit

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überbietet. SöaS es ettoa oorauShaben rannte an (ScfBftbc-

ttnifetfein, verliert es taufenbfach an Onljalt: es tritt überbieS

nicht nur mit ber poftttoen Religion, fonbern auch mit ben

innerften 23ebürfniffen beS menfehlichen ®emütheS in garten

föiberfpruch. 9hir burdt) ünconfequenj fonnte es nachträglich

noch jur Sinnahme eine« ©otteS gelangen. £>aS <öj>eculatioe

beftanb h te* 3folirung beS 3c$; alle gejeigten Uebelftänbe,

ber offene p$tfofop$ifc$e $anfrutt waren bie unoermeibliche

golge baoon.

Unb boch hörte bie Jtyttoftytyc in £>eutfchlanb nid>t auf;

@dt)eüing unb £egel folgten , ftellten fich bar als fpeculatioe

$^Uofo^en f erregten ein minbeftenS gleite« ?(uffe^cn wie

* $ant unb Sichte. «S wirb (ehrreich fein, ihre ®tfUmt in

biefem 3ufammenhange nochmals ju Beleuchten, benn ihr flareS

25erhä(tni6 ju ben beiben gejeigten Birten beS ObealiSmuS wirb

erft ben wahren Sluffchlujj über baß SBef.en ihrer ©hfteme,

ben eigentlichen foeculatioen 2Berth unb (behalt berfelben er*

geben fönnen.

£uoor aber, um bereitliegenbe SKi&oerftänbniffe abjuweifen,

fcheint es noch uöthig, einige Sbemerfungen über ben neueren

Pantheismus »orauSjufchicfen. <£s ift oben gezeigt worben,

bag ber Pantheismus feiner hiftorifeben ©rfcheinung nach oor

bem Dualismus liegt, bag er mit bem Auftreten beS (enteren

fich gurücfjtehen mufj ; es ift aber auch ferner bemerft toorben,

bag ber jenfeitige 3bealiSmuS in feinen äugerften ©onfequem

jen tantheiftifche Symptome ergiebt, weil nämlich ®ott in

folgern ®rabe baS Uebergewicht über bie üBelt getoinnt, baj?

biefe oöllig in Um aufgeht. ÜDemgemäg nun famt, fo lange

überhaupt bie bualiftifche $lnfchauung ^errfc^t, fein toahrer

Pantheismus auffommen, fonbern was bafür gehalten wirb,

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ift nur eine Slnnclherung an benfelbeu unb jtoar meiften« fyerbor-

gegangen au« ber Uebertretbung be$ objeetfoen 3beali6mu$,

welche man mit £hJ>eribeati«mu$ bejeichnen fann. 23on biefev

m fmb bte mancherlei pantbeifttföen ^^Cofo^eme im 9Wittefc

alter, bon biefer fixt gang befonberö ift auch baS ©Aftern fcon

©pinoga. 3ur 3cit al« ba« SBort $anthei«mu« noch nicht

erfunben unb gebräuchlich toar, Don SBrucfer u. a. tft ber

©pinogtemu« fc^Iec^t^in al$ Atheismus bezeichnet toorben —toeil fein ^ilofo^^tfc^cr ®ott öon bem c^riftUc^en toefentltch

abdeichen festen; allein ein «lief auf ba« ©Aftern fclbft

jeigt vielmehr, bajj e« ber ^oc^fte ©rab oon X^eiömuö ift.

©lücflicher toar £egel in ber ^Bezeichnung biefe« Aftern«,

benn er nannte e« 2lfo«mt«mu«, b. h- ein folche«, in toelchem

bie SBelt öerfchtoinbet, eine in ber Xfyat treffenbe 23e$eic$nung,

mit toetc^er feljr beftimmt ausgebrochen ift, bafe in feinem

magren Söefen ba« (Softem nicht $anthei«mu«, fonbern 3bea=

li«mu« fei. Unb jtoar ift e« jenfetttger 3beali«mu«, benn c«

geht oom begriff ®otte« au« unb fann ftch einer ibealiftifchen

Verflüchtigung ber Söelt, fo tote auch einer ®ef%bung

benfenben ©ubjecte« nicht ernähren. Sfticht <&ott ift in bie

Söelt htneingejogen unb ihr oerförpert, fonbern otelmehr e«

geht bie Seit auf in ben augerloeWichen geiftigen ©ott, ift

in ihm oergeiftigt, biefer fteht al« einige ©ubftanj ba unb

erhält bann erft in jtoeiter töeihe bte (Sigenfchaft au«gebehnte

©ubftanj &u fein; toobei, nach bem Vorgange be« Garteftu«,

ber abftracte begriff ber Slusbehnung ben gangen Umfang

unb Inbegriff ber Äörperltchfett gu vertreten ^at — fo bajj

fchon barunt allein hier 3bealt«mu« unb nicht $anthei«mu« ift.

£)a« Aftern geigt fich in biefem #auptyunft al« ba« fehr

intereffante Söiberfotel be« Äantifchen, benn bei Äant ift ber

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dxamn unb mit ihm bic SÖelt eine xUffectiott ber raettf$Uc$ert

Seele, Bei Spinoga eine ^ffection ©ottet — Ja bei festerem

ift ber Stfenfch felbft unb bie benfenbe (Seele, nach ber Con<

fequeng bet Shftemt, gar nu$t$ anberet, unb furj et get;t

hier aöet unter in ®ott, bem fernen, unbefonnten, toie bort

bei Äant unb gierte im 3$, bat boch »enigftent unfer 3$ift. £)iefe 3"fammenftellung mit fant urirb bann ben 3bealit*

mut bet ©pinojifchen ©hftemt nicht oerfennen laffen, t>on bem

man nur fagen fann, baß et fich bem Sßantheitmut annähere

unb theilroeife in bemfelben auslaufe, roäfyrenb et nach Äut*

gangtpunft unb ©runbbebingung burchaut xoo anbertljin ge-

hört. 9ftan barf et betrauten alt ben ©nbpunft betjenigeu

Obealitmut, toelcher mit ^laton anhebt — toare et in fich

reiner unb confequenter, ^ätte ber ^fytfofopl} ein toollftclnbiget

Söctougtfetn »on bem gehabt, toat ihn beherrfcht, fo »ürbe

biet noch flarer hervortreten alt jefct ber gall ift — übrigent

eine Sluffaffung, bei welcher ber $^i(ofop^ nur gewinnen fann.

©enn gierte aujjer feinem <&tfkm nur noch bat bet Sm'noja

alt wahrhaft confequent unb berechtigt anerfennen will, fo

liegt bem bat tiefere ©efül)l gum ©runbe, bog mit Spüiojat

Aftern unb bem feintgen bie beiben möglichen Birten bet

reinen Obealitmut in ihrer Schärfe ausgebrochen feien.

(5t erhellt, bafe ber alte ^antfyeismut fid^ in neuerer &tit

nic^t toieberbringen laffe, aber auch biefer moberne, fallt man

ihn benn überhaupt noch ^antfjeitmut nennen fann, hat i«

ber fpeculatioen ^J3^ifofe^>^ic unferer £age feinen $lafc; benn

biefe ift wefentltch beherrfcht oon fubjectioem Sbealitmut,

ber fich in allen Dingen alt bat ©egenthetl barfteöt. So

fteht et, wenn man reine (Sonfequenjen oorautfefct, eine anbere

grage Wibt bann freilich, ob in ber Unflarheit unb 23er*

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B4_

»orcenfjelt ber ^Begriffe unb überhaupt in ber töaujlofigfett

beS ^fjilofopfyirenS, toelcfyer fetyon gierte am Seeluft feiner

gaufbaljn anheimgefallen toar, nic$t auc$ mandjeS au« altem

unb neuem Pantheismus eingebrungen fei.

Sir fehren jefet gu ber intereffanten grage jurücf, tüte

bie 6hfteme fcon Stelling unb £e 0 et in SBejiehung auf bie

fcon und erfannten Betben £auptformen fteculattoer $^i(ofo^ie

fiety behalten, n>ie nach bent Ablauf berfelBen überhaupt noch

ein fyeculattoeS ©bftem möglich getoefen. ©Petting ^at fehr

balb bie Unjulänglichfeit unb bie Gefahren beS fubjeetfoen

SbealiSmuS erfannt unb aus aßen Gräften banach geftrebt in

einem Aftern, baS gleichwohl noch ObealiSmuS fein follte, ein

neue« beffereS gahrtoaffer ber Speculatton $u finben. <$r,

ber noch furj guoor baS 3ch als Slbfolutes gefegt, lieg es plofc*

lieh faden unb gab ber TOthtgung nach, ben SluSgangSpunft

tt>o anberS ju nehmen. Slber tuo tt)n nehmen? 3n ©ort? —bann tt>äre er bem alten SbealtSmuS anheimgefallen, beffen

Unbrauchbarfeit für bie ^ttofopfyie ber neueren 3ri* Kar ge*

loorben. 3n ber uns umgebenben 9iatur? bann toä're es fein

ObealiSmuS getoefen unb bie ftch oornehm bünfenbe Specuta»

tton njSrc aufgegangen in ben Stanbpunft gemeiner toiffen*

fc$aft(i$er gorfdmng. <£r nahm tt)n in ber 3)Htte grotfe^cn

bem 3$ unb bem9ci$t«3$, jn>ifc^en Subject unbObject —er nahm einen gänjlich ibealen ?unft, ber ööffige 3nbifferenj

fein follte, toeber Subject neef; Cbject, aber beibeS in ftch

enthaltenb, implicite enthaltenb, fo bafj erplicite gufolge einer

getoiffen $olartftrung bie (Begenfäfee barauS hervorgehen folften,

rechts baS 3$, linfs bie 9catur. 3enen 3nbifferen^unft nun

nannte er baS Äbfolute, bon fyier aus nach beiben Seiten hin

conftruirenb, glaubte er bie gic^tef^e ©infeitigfett »ermeiben

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3U fönnen, bie Äufjemoelt in ihren 9?cc^ten herguftetfen unb

auf nahem 2öege gu ihrer ©onftruction gu gelangen.

2Ba« fich btefem SBerfuch nicht nehmen lägt, ift bie 9?eu*

heit, allein fie ift eben unter ben obioaftenben Umftänben

fein fo grofje« SBerbienft, benn fie beruht nicht auf entfc$etben*

ben <£rünben, Ja nicht einmal auf freier Söahf, fonbern e«

toar biefer SBeg bon ber Sftotf} gegeigt unb alle« toa« fich gu

feiner Empfehlung fogen läfct, ift, bafj bie anberen möglichen

Söege t>dütg umoegfam; geworben. <5o ift benn auch ber neue

Shtögangtyimft nicht nur an fich eine feljr gesagte ^typothefe,

fonbern eigentlich ettoa« gang Unfaßbare«, er ift nicht« $atür*

liehe«, fonbern ein ®etoaltfame« unb Ergtoungene«. Verglichen

mit ben $lu«gang«j>unften ber beiben Birten be« 3beali«mu« geigt

fich in fpeculatiber töücfftcht ein ungeheuere« Uebergetoicht ber

^Berechtigung für bie lederen, benn in betriebener &rt raffen

beibe fünfte fich burch nicht« überbieten, ©ort unb ba«

benfenbe 3ch fvnb totrHic^ gtoei ©nbpunfte, gtoei fefte fünfte,

Jener al« lefcte Urfad&e aller Dinge, biefe« al« Icfcte <Sinr)ett

aller SBorftellungen, alle« Denfen«. Da« ©cheüingifche 2lb*

folute auf ber, 2flitte gtoif^en Subject unb Object hat, ptyifo*

fophifch betrautet, alle 9cachtheile be« älteren 3beali«mu«,

ohne bie SBortheile be« neueren, tr-eil nämlich ber fefte ^3unft

immer außerhalb be« benfenben ©ubject« liegt, ja er hat alle

9toc$tyeUe be« neueren ofme bie SBortheile be« älteren, ba ba«

SIbfolute eben ein fo gang (Srfunbene« unb ©chtoanfenbe« tft,

beffen Verhalten gur Gottheit namentlich im Unflaren bleibt.

@o toenig gu leugnen fein mag, bafj in ben bielfachen ^P^afcn,

tt>ctd^e @chelling« ©Aftern durchlaufen hat auch toettliche 9?ücf*

fiepten beftimmenb getoefen finb, fo ift boch nicht gu berfennen,

bag ba« au« ben (Segenfäfcen geformte, auf ber Sftitte in ber

Qtxnppt, 3ufunft b. b. ^ilof. 5

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66

ßuft fd&toebenbe Ebfolute in ft$ felbft fo öietfärtigc <&$tt>an*

fangen möglich gemacht unb mit \id) gekaut tyabe. ift

ein ibeater $unft unb bebtngt ate fold&er nur eine«: 3beati8*

muö, aöein feine beftimmte Slrt be$ 3beali«mu3, ba« ©Aftern

fdjroanft nad; SÖittfüljr gtoifctyen betben unb bat e$ aujjerbem

nod& Xeid^t atte üDJobiftcationen be$ Pantheismus mit tyeran$u=

rieben unb eüuumifcben; eiaentttcber 5kntbei8mu$ aber ift eä

nictyt, toetf e$ ja eben aus ber 3nbifferen$ $ur Differenz au0

ber abfoluten (Einheit gur ^olarifation, jum Dualismus ftrebt.

<5$on bie ®egenfäfee be« <£nblidj>en unb Unenblic$en, ber Dtotfc

toenbigfeit unb fjrct^cit, treibe eine fo ioef entließe föotte f^jte*

len unb je na$ ben 3a§ren unb ©Triften mit einanber ab*

n>ec$feln, finfr bem toaljren $antfyei$muS burcfyms entgegen.

Der eigentliche $antljet$mu$ beruht auf bem Rammen*

fallen ber begriffe ®ott unb SBelt, bier aber Ijaben nrir

öietme^r einen ganj anberen ©egenfafe: @ubject unb Dbject,

tote biefer burety ben $eroorgang au8 gierte bebingt tourbc

Unb bennod^ fträuben toir uns ntd&t, eine getoiffe SBertoanbt*

fc^aft mit bem $antljetSmu$ anjuerfennen; nrie ber objectioe

3beali8mu$ auf feinem (§Hpfel pantfjeiftifcbe ©tymptome ^eigt,

fo jieljt l)ier auefy biefe eigentümliche 3Kifd^ung beö objectioeu

unb fubjeciiöen ^antyeiftiföe« in fi$ herein, unb ba« ift ein

$unft, toeld^er üerbient $u größerer Älarljeit erhoben $u toer*

ben. 3mtäc$ft ^0* negattö ba« ^ant^eiftifc^e öon <S<$elling$

jtoeitem Aftern in b«r Slbtoefentyeit eine« augenoeltlicfym unb

t»erfbnli<$en ®otte8, bann aber pofitio in bem oon SBarbilt

übernommenen (Sebanfen einer objectioen Vernunft, einer realen

öogif. ©ine Vernunft, toel^e toeber bie unfrtge no$ bie

®otte$, fonbern eine allgemeine, burc$ alle« Dafein auäge*

goffene ift, unmittelbar mit Realität oern>a<$fen, biefe fc$lie|t

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«7

fogleicty toenigftenS ein ®tücf Dom ^anüjeiSmuS «in, es

i(t nidft bie tooüe Einheit »on ©ort unb SBelt, aber bo$ öon

Dcnfcn unb @ein, teelc^e fetyon bei $armenibeS einen $öe*

jtonbtyett feines allgemeine« Pantheismus ausmalte: %6 yäg

avto voetv ts xat eheu. Daher baß pantycifttfdje Clement

ber neueren tyl)iU\tpf)k , baS »ir um fo ftarfer ^ertortreten

fehen, aXS man ben Oebanfen einer realen Sogt! öollftänbiger

irab fchärfer auSBilbete.

33orübergehenb berühren toir noch bie öfter« behauptete

Hehnttchfeit ber @<$eüingifdjen ^^ü^fD^ie &om 3a$r 1801

mit ©pinoja: »ir fönnen na$ bem vorigen nicht geneigt fein,

fte jujugeben. <Sie rebucirt fich nur auf bie 33erraifchung

tineS groj&en ÖegenfafceS, aber eines anberen als bei ©pineja.

m btefem ift ®ott bie einige ©nbftaiti, bei <2>chelttitg m*fdfrtoütbet er uns fo fehr, bafj man baS Aftern, menn eins

Don beiben fein foll, eher für Atheismus als ^Pantheismus

erfennen mfchte, GMt geht auf in bie allgemeine reale Vernunft,

mic bei gutyte in bie allgemeine moralifebe ©eltorbniing. Uns

ber STicfc beS Äbfotuten geht bei ©Delling einerfeits baS 3a),

anberfettS bt* Söelt fcroor, tüährenb bei epino^a Seit unb

3$ berfötoinbet unb nur ®ott bleibt; <S »are baS Aftern

a(fo vielmehr bie Umfehruug beS @j>tnoja. SBie Delling

baöon auch jun>eUen ein 9$en>ujstfetn hat, fo nafyra er eine

analoge Stellung ju gierte ein, n>ie ßeibnife gu ©pinoga;'

ßeib*tfe nämlic^ fcu> bie ^othn>enbigfeit, gegenüber ber einigen

©ubftanj ®ett bie eubftantialität ber SBelt unb beS benfenben

©ubjecteS ju retten, ©chelling gegenüber bem allesoerfölingen*

ben 3d) Sicktes Seit unb ®ott, voobon ihm «6er nur baS

erftere gelungen fein mochte — unb nach feinem SluSgangS*

tonnte nur aeltuaen leimte.

5*

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Page 82: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

68

Stoß ©cheütngS jtoeitc« ©Aftern SbealiSmuS unb jtoar

ein oon einer ibealen Wxttt auSgehenber fei, bafür Bietet fic$

noty eine eigentümliche Beleuchtung an in bem ^fammen*

hange mit ber antiken ßritif beS ontologifchen BetoeifeS.

SBie fchon gierte gethan, fo lenft Barbili unb noch mehr

©cheöing fein $lugenmerf auf bie (Secuta beS logifchen @afce$,

ein Sntereffe, toelcheS offenbar #ant berfelben oerfchafft hatte.

ÜKan h^te baS ©ein in bem ontologifchen Betoeife guttoillig

für einen ^räbicatbegriff genommen, Äant geigte untoiberleg*

licty, bafj eS toeber ^räbicat noch auch ©ubjeetbegriff, fonbern

bie fogifche Sßerbinbung oon beiben, bie <£oj>ula fei. £)urch

ein eigentümliches 9ftij$oerftänbntj3, baß weiterhin noch mehr

gur ©prache Fommen toirb, fagte ©chelling bie Sopula als

Sbentitä't beS (Subject* unb ^räbicatbegriffs auf unb glaubte

oon hto aus ^luffchluß über beibeS $u getoinnen — £egel

aber, tt>a$ toohl ju beachten, conftruirte in gleichem ©inne

üom Begriff beS <SeinS aus. Herfen ttrir oon h«r aus

einen Blicf auf baS neuere ©hftem ©cbellings, fo fann ftch

ber $bftanb oon feinem 3nbifferenjfhftem nicht ftärfer bar*

thun, benn toährenb er bort oon ber 9tfitte, oon ber ßopula

als ber Obcntität ausging, nimmt er neuerbingS toieber mit

Äant eine unenbliche Äluft gtoifchen Kenten unb @ein an, er

fonnte auf Äant gurüeffehren, nachbem et alles abgelegt, toaS

er oon Barbili angenommen, toeShalb benn auety fein lefctes

@hftem Der ^nflage beS Pantheismus nicht mehr unterliegt.

@o hatten toir benn bie beiben (Snbfeunfte unb bie Sföitte,

unb htemit fcheint in ber £h<rt alles erfc^öpft. SöaS hUiht

noch übrig für bie nachfolgenbe beutfd^e ^Uofo^te? 3n ber

£hat giebt es nur noch einen Seg, man möge ihn felbft be*

urtheilen — anbere tarnen für biefelbe ©ache. ÜDoch hat

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Page 83: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

neben bcm ©runbgebanfen aucty bie S(u«füljrung iljren ©ertlj,

unb fefljft bet oeränberte sJtome, ioenn er mefyr ^Harfyett bringt •

<£« fann nk$t entgegen, baß $egel3 Ausgang oon bcm

begriff be« ©ein« in allem SÖefentücfyen bcm <Sc$eHtngtfc$en

^IBfotutcn entfpricfct, tuie fi$ benn jene« quc§ bort oorbereitet

geigte. ^>egetö <Sein liegt ebenfall« außer bem ©ubject unb

außer bem Object, auger bem 3$ unb augerljalb ®otte«;

toie ber ©c^ellingifäe 3nbifferen^un!t „o$ne alle 5DiipttdtätM

[ein, aber bo$ bie Styigfcit enthalten follte, bie ^Itctt&t

au« fiefy Ijeroorgefyen gu (äffen, fo auc$ Jpcgctö ©ein, benn e«

ift ofyne aüe Söeftimmung, enthält aber bie Aufgabe unb bie

innere ^ot^enbigfeit fic$ gu beftimmen, ftc£ gu entgtoeien,

fein $lnbere« gu fe(jen. £)er @ac$e ift fyier nur meljr ein

logifa)er 2lnftri$ gegeben, unb gtoar toie bemerft toorben, nad&

bem Vorgang oon 33arbili« realer ßogif. Diefe nun auc$

im »eiteren angeroanbt, unb e« ertouefy« ba« Jpegelf$e ©Aftern,

ba« benn in feinem Verlauf unb $bfc$lug, au<$ auger ber

SRetyobe, fid& in manchem <Stücf oon bem ©c^eCfingifc^en unter*

{Reibet Tie (Sonftruction ton bem ibealen $un!t au« ge*

f#ie!jt ntctyt mefyr na# gtoei ©eiten Ijin gufolge ber ^olartfi*

rung in 9*atur unb ®eift, ftotyaenbtgtett unb gretyeit, fon*

bem oielmeljr auffteigenb in einfacher Sinie, bie fogenannte

reale 8ogtf bringt erfttidf) ba« Object, bie Sftatur, Ijeroor, unb

fobann ba« ©ubject, ben ®eift, fo ba& ba« Aftern fid^ in

brei ©toeftoerfen über einanber aufbaut, ber Sogif, ber Sftatur*

ptyilofo^ie, ber ^tlofo^ie be« Reifte«. <§« gemährt barin

rae^r fllar^eit unb £>ur$fic$tigfeit, bag ber 2lnfang«»unft, ba«

(Sein, al« ein Unentfaltete«, 3nfyaltlofe« erfc^eint, ba« erft

bur<$ bie Entfaltung gu Snljalt unb toaljrer Realität ge*

langt, bie gortbetoegung ber realen Sog« tritt $ier üiel be*

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Page 84: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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rtimmtcr auf nnb »ad bei 8<beflmq, nr<S> irrmcber Hieb, fo

leürf fid> hier aam beutlicb. bai tu tiefem *n*aanaerniifa btf

»»cttucDe niCDt jii jtneen jet. aur cer anceren ^enc geot

nun aber für tiefen 2luSgang*punrt ter Begriff ber l'utte

r»tf$eu Snbject unb Cfrject werteren, er n>rrt babirr$ no<$

nnbearemter. noA freifdm>ebenber. wenn man trifi, neeb ttealer

2c6eUrna iräblte jene _Vt tue nm bon bort and foircb: jum

Snbject als Cbject gelangen jn tönnen, ftatt tiefe* ©ebanfen«,

ben freilieb mir noeb bie ^otb einaeaebeu borte, aiebt £>cael

nn$ ra? Sort: tag mit bem Anfang angefangen »erben muffe.

Der ^rnnb^arafter bes 2t)]ttm& toirb fi$ banac$ niefrt ber*

lernten laffen, etenft febr unb ne$ me$r als baS jtoeäe

Scfyelttngtfctye, toorauS eS eTroactyfen, ift eS feinem SIttSgangS*

pmttt unb au$ ferner ü)iettf©be nac$ ObealtSmuS. Die

Realität ber Seit ift #oax nic$t geleugnet, aüein es rnirb mcfrt

bon ihrer unmittelbaren Crrtften^ ausgegangen, es mirb aus--

gegangen bon Begriffen, biefe ftnb baS Priu», bie SBelt ift ein

Gonftmctbe* ®eban!end: Object unb ©ubject be« ©ebanfen«

werben t>om ©ebanfen felbft ergeugt: baß muf 3bea(t«mu8

fein, n>enn e« jemal« »eichen gegeben $at; freiließ auc^ ein

eigentyümli($e$ ^ittelbing oon objeettbem unb fubjeettoem

3beali0mu«.

Der nähere Sergletc^ mit Söarbili ift r)ier bieüeic^t leljt*

reic^. Diefer, in ben ©efa^ren be« fubjectiben Denfcn«, fnc^te

bor allen Dingen ben Begriff ©Ott als ©ubftanj gu retten

(alfo umgefe^rt n>ie $tiM$); er glaubte bor allem ®ott als

Ens rcalissimum feft^alten gu muffen unb lieg t$n unmittel*

bar im Denfen geoffenbart fein, fo boöbractyte er benn bie

Rettung auf Soften ber (Sonfequeng unb ber pljtlofopljifctyen

Wtefyfa unb fiel, toä^renb er ba« Äanttfc^e <5tfttm (nt#t

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Page 85: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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mit Unretyt) für Syncretismus enormis erfförte, tn ben nur

,

nocty enormeren, 5i(fyte mit <5pineja — ba« finb eben bie

beiben äufjerften ^ole — unmittelbar jn öerbinben. liefet

@<$tmerigfeit finb ©Petting unb #eget eben baburty au«ge*

widmen, bag fie ben 2lu«gang«j>ui!lt auf ber Sftttte nahmen,

unb wenn erfterer öfter« toteberfyoft fyat, er fei bon <3pinoja

tücfcntltd^ oerföieben, fo ift er babet in ootlem föedfit, er ftefyt

oon biefem eben fo toett entfernt af« ton gierte, ®leic$e« gilt

oou £>ege(. <§c$on in ber SSorrebe feine« erften unb au«fc$Iag*

gebenben Söerfe«, ber ^Ijanomenologie, mo übrigen« bie ®runb*

jügebe«©tyftem« am intereffanteften unb urfprüngttcfyften fyeroor*

treten mieten, jeigt fic$ beutfiety ber 2Beg, auf tt>e(cfyem £ege(

»Ott ©£ino$a abn>ei<$t. Da« (Softem be« lederen fyabe barum

ba« £titatttx empört, toeil e« ®ott al« bie (Sine ©ubftanj

auffaffe, fo baß barin ffielt unb ©elbftbetoufctfein untergehe

— e« fei ©ott auftutöfen in eine Söetoegung, in iljr beftetye|

ba« geben ©otte« — fo foüen ft# bie SfaftSße be« (Spinoji* '

fetyen fo toie au$ aöer anbern @tyfteme tyeben.' Die 33etoe*

gung ®otte«, ba« ift nun eben bie Diatectif be« begriffe«,

j£)&te ©ubftanj ift au«einanber gelegt, jerfe^t in eine SReilje,

in eine *ßrogreff ion, in einen ?kocefj, fo ba§ gufolge

biefer SBetoegung ber begriff ®otte« eben bie Negation burefc

läuft, a(« fein SInbere« objectioer ®eift, b. f). Statur, unb enb*

lt<$ fubjeettoer ®etft, b. ff. 2Kenf<$, toirb. Diefe 3er-'

fefeung, biefe ^uflöfung ber @ubftanj ®otte« ift nun eben

feljr eigentümlich, benn bie 5lu«breitung, bie S3ertt?etfang

©orte« auf bie SBett unb ben 9flenfc$engetft, fjat jur SJotge,

bag bie &oöe @ubftan$ an feiner einzelnen ©tette oerbteibt unb

nur fünftlicty burety ©ummation ber föettje gewonnen »erben

lanrt. Die ©ubftanj ®otte« ge$t oertoren in ber prt«mati*

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fctyen Ausbreitung; fie gc^t unter in tljrer eigenen 23e*

toegung, bur# toetctye ber Wfofor^ tyr Öeben ju geben

oermeinte; (Stott ift ntcfyt am Au$gang$punft, benn ba fteljt

ba$ abftracte inijaltlofe ©ein, unb er ift mc$t am ©nbpunft,

benn ba fteft ber t^tfofo^irenbe ^enfc^engeift, ni$t ®ott,

fonbern £>egel. Aucfy bie reftgiöfe Auffaffung mit ifyrem Ob*

ject ift nur uutergeorbnete ©tufe be$ 2)ienfc$engeifte$. ©eljr

richtig tyat £egel ba$ ©pinoäiföe ©tyftem AfoSmUmuS ge*

nannt; genau mit bemfelben 9?ec^t fönnen toir ba$ feinige

AtljetämuS nennen; benn toie bort ber begriff, bie ©ubftanj

ber ffiett ibealiftifd; berflütyigt ift, fo $ier ber begriff, bie

©ubftang Rottes. £)er §egeliam$mu8 geigt fi$ Ijienacty aU

eine gang eigentümliche Art öon 3beaft$mu$, für toelctyen ber

9tome feljlt: man tfyut bieüeictyt am beften ityn ben abfofaten

ObealtSmuö ju nennen, ba ^>cgct fotooljl als ©Petting, auf

toelctyem er rufyt, felbft fo biet oom Abfoluten f^rec^cn. ©ein

AuSgangSbunft ift ein tbealer, gtotfc^en ©ubject unb £)bject;

er toitt bie geiler, bie ®efal?ren beö objectiben unb be$ fub*

jectiben 3beatt$mu8 oermetben, er toiU retten, toaä nocfy ju

retten ift, unb tote fteflt fi$ ber (Srfolg? SBäljrenb ber ältere

3beali$mu$ bie ©ubftanj ber Söelt unb be$ benfenben 3$berltert, ber neuere fubjectibe, ber tor aüen ^Dingen fiefy be$

3dj>'$ berftd&ern toiü, bafür bie ©ubftang ber Söelt unb ©orte«

berliert, fucr>t biefer neuefte äugtetc^ ba« 3$ unb bie Söett

aufregt gu Ratten, allein befto meljr berüert er bie ©ubftanj

®otte$, toefdje benn ni$t fotoo(t pantyeiftifö, al« bietme^r

ibealiftifc$ aufgebt in biefe beiben.

SBenn aber ba$ ©Aftern auefy in feinen ©runbbebingungen

für 3bealt$mu$ anjufprec^en ift, fo tyat tS bo$ pantyeiftifctye

©tymptome, unb jtoar in fy%rem 3)caaj? als ba$ ©$eflingifc$e,

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Page 87: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

73

au« welchem e* hergegangen, toeil barin nämlich bie reale

Sogif noch grünblicher unb ftrictcr enttmcfelt ift. Die oorau^

gefegte unb erftre&te (Einheit oon Deuten unb ©ein mu§ noth*

loenbig $antyetfttfc$e$ an fid^ tragen, ein ^antfyeiSmu«, bon

bem man auf feinem anberen SBege unb nicht eher frei toer

ben fann, alö toenn man ben ®ebanfen be$ rationalen

ftealismu« unb ber realen Sogt! öoüftänbigft aufgiebt,

unb ba« totrb um f* leichter fein, als er gerabegu ftch al«

untogifch ergießt.

©onach toäre benn btefer a&fofute 3beali*mu$, ber in

©cheüingö früherem Aftern oeftimmt begrünbet ift, allein bei

§egel erft in feiner ©ollen Älarhett ^eroortritt, angufehen al«

beriefe, freiließ fd&on errungene unb gewagte 25erfud^, nach

bem Untergang ber Beiben reinen ©tyfteme bie ibealiftifche

©peculation noch auf fünftlicherem 2öege aufregt ju ermatten.

Die Sflifchung au« fo heterogenen (Elementen erflärt benn auch

bie ©chicffale be$ ©Aftern«, nämlich fein 3erfallen in eine

redete unb linfe ©eite — bie (entere ^at ba« £au&telement,

ben fubjectioen 3beali$mu«, ^eroorgefe^rt.

©o f($eint benn hinfichtlich be« 2luSgang$&unfteS bie lefcte

TloQÜdfhit efneS fpeculatioen ©hftemä erfchöpft. Diefe nach

ber ®runboorau«fefcung fpeculatioer ^^ilofo^ie aüein mög*

liehen Söege ber föeihe nach 3U oerfuchen unb in ihren (Jon*

fequenjen $u erforfchen, fear eine unerläßliche Aufgabe ber

^iloWie, e$ liegt barin bie tiefe Berechtigung ber

©hfteme oon flaut, gierte, ©chelling unb £egel, toelche ihnen

burch feinen föioal entriffen, burch feine an ihre menfchlichen

©chmächen anfnityfenbe ©chmähung ©erfümmert »erben fann;

bie troftlofen (Sonfequenjen liegen in ber ©ad&e felbft unb ftnb

barum fern $u h«ften oon ihrem fittlichen Sharafter. Da«

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HuSlanb tyat feinen, ober äu&erft geringen fcntfjeil genommen

an biefer not^toenbigen töecognofdrnng. 2fa<$ ba« negattoe

föefuttat fann im ®runbe bem Sffiertlj ber SBeftrebung nietyt

biet entjietyen.

(Sine ernfte Betrachtung, fotoie au# ber t^atfäd^tidt>c Er-

folg Ijat ergeben, bafj auf folgern ®runbe fein bauernbe*

(Uebäube errietet toerbeu fonnte — aber foüen tohe barum

an ber ^Uöfoptyie oerafoeifeln?

i 3utoörberft toirb noety eine toicfytige (grtoägung, bie ber

bisherigen ^ifofo^tfäen Sttetyoben, anjuftetten fein.

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75

VL

Sie foeculattocn «letljoben.

Die 88elt, »ic nietyt Söunber nehmen barf, tft geneigt bat

Söerty ber $ljilofo#}ie natif tljrem ftefultat absumeffen, bem

^Uofo^tfc^en $ritifer bagegeit fommt e« no$ unglei<$ mefyr

auf bie 5)?e%be an, wie bie« SRefullat gewonnen »orbett

Da« ftefultat ift ntyt einmal in jeber ftfleffity WgmQmbe« Wlofopfyen, e* tft nietyt abhängig fcon feinem Söitten,

benn er felbft folgt ber föotljrtoenbigteit fetner Folgerungen;

allein rtäc^ft bem 2fo«gang«j>unft ift bie SWetyobe, nac$ welker

bie golgerungen gef^efyen, ba«, wofür er rec^t eigentlich »er*

antwortliä) gu machen ift. Die Strenge iljrer Ausübung itnb

oor allem ba* flare 23ewu6tfein öon berfelben, mac$t $aupt*

fäcr>Iic^ ben Wlofotoljen, er würbe fonft einer fremben Wlafy

folgen, oljne gu wiffen woljer unb wofyin.

3u allen Reiten, wo wirfti$ Wlofo^ie geblüht tyat,

tft bie« in oollem 2Äaajj anerfannt worben; bie ®rte$en

auf bem £öljenpunh tfyre« ^^Uofc^trene tiefen fi($ Unter*

fuc^ungen über bie pfjUofopfjiföe 9fletyobe angelegen fein: —^armenibe«, @ocrate«, *ßlato, bor allem aber Striftotele« fya*

Ben au« aller iljrer Äraft biefen ®eftc$t«}3unft in« Sluge ge*

faft unb e« liegt auger allem 3ueifel, b<*6 bk grie$ifc£e

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^Ijtfofo^te an 2öerth unenbttch oertteren toürbe, toenn ihr

biefe (Seite fehlte, tote er bernt ber ^^ttofo^ie ganger 3eit*

alter fehlt. (Sbenfo befielt ber SBerth ber neueren ^^ttofo^te

bartn, bafi fie bie 2Bi$ttgfeit ber SKethobe erfannt hat; fo

feljr bie SHefultate auch oon einanber abtoeichen, fo Hegt Sterin

bie Bebeutung einerfett« üon Baco ton Berulam unb Sode,

anberfeits oon fant unb £ege(.

@o fönnen toir benn auch h*er biefer Betrachtung nicht

auStoeichen; ba« Unternehmen aber ift um fo fchtoerer, toenn

e« in ber ^iirge unb mit Bermetben be$ eingehen« in ge*

lehrte« detail gefchehen foll. ®ro§ unb roett ift bie @ache,

überbie« noch *>iet b^»1 3U erforfchen.

<S« giebt feinen anberen ©eg, Sicht in ben ©egenftanb

gu bringen als inbem toir ber hiftorifchen (Snttoicffang folgen.

3n ben erften Anfängen beß tyfyttfophixtnS toirb man eine

auSgebilbete Sföethobe nicht ertoarten, e« fchtoebt nur im m*gemeinen als Aufgabe bor, Stiles auf ein einzige« gemetnfameS

$ringty gurücfguführen. 9J?an oertraut ebenfo unbefangen ben

©innen als bem £>enfen, aber bie ftnnliche Beobachtung fteht

gleich bereutet unb abgeriffen ba, toie bie benfenbe Be*

trachtung; hier nrie geigen fich groge Öücfen, toelche nur

bie jugenbüche 8ufi beS erften (SrfennenS gu überbringen im

<Stanbe toar. £)ieS ift unter ben ©riechen ber <3tanbounft

ber tonifchen, gum Z^tW auch noch ber tohthagoreifchen tyfyüo*

fophßn. £)ie lederen machen freilich barin fchon einen großen

gortfchritt, baß fie fich erheben gum Begriff beS ^aturgefefceS,

b. h- bafj fie bie Stfaturnothtoenbtgfeit nicht mehr als <Schicffal$*

beftimmung, fonbern als ein (SrfennbareS auffaffen. $)iefe

(Srfennbarfeit toar abhängig oon einer pfylofapfyWm SKethobe.

<Ste glaubten biefetbe in ber mathematifchen (Schluffolgermtg

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77

gefunben gu ijaben afö bem allgemeinen Ottbegriff rationaler

9ßotfytoenbigfeit — eine £äuf<$ung, toelctye ria$ nid&t langer

3eit gum 33orfc^etn fomtttett mußte. @o erflärli$ <m% baS

bamattge Uebergeioictyt ber matfyematifctyen SBtffenföaften ift,

toetf biefe guerft einer 2Jietl)obe erfreuten unb toetl ifyre

abftracte Mater tynen ben Steffin oöttiger allgemeinst gab,

fo mußte bem unbefangenen 23eoba$ter*o$ nac$ einigem Verlauf

flar »erben, baß 2ftaaß unb &af)l nur äußere Dotationen ber

£>inge finb, mit benen ba$ Söefen ber Dinge ebenfo toenig

erfd^öpft ift, al« bie Regierungen be8 teufen«, Marur unb

Denfen, beibeS geigte fiefy als etvoaö oiel reiferes, oiel con*

cretereS, fo baß nur gtoeierlei übrig Wieb, enttoeber bie tnatfje*

mattf$en ®räßen^ gugleicty gu Vertretern gang anberer begriffe

gu machen, wobei man in« 9Jtyftifcfye Äer Siüfüfyrlid&e oer*

faßen mußte, ober bie gigur unb 3atyl abguftreifen unb oon

Ijter aus gu Gegriffen überguge^en. ^eibe Söege tourben Oer*

fuetyt, auf bem erfteren entftanb jene fpätere Slbart ber ^tytlja*

goreer, welche eine £afet oon gefyt 93egriff«gegenfa&en auf*

ftettte unb mit biefen gu fehlten fuetyte, toomit benn aber ber

$em ber 3ö^lenp^i(ofoo^ie oööig aufgegeben toar.

Die SKatyematif, in toeld&e fdf>on bie gange 9tyilofoto&ie

geittoeife aufgegangen toar, fan! nun lieber gurüdC auf ben

SBertfy einer partiellen Söiffenfctyaft, bie aber auf oerengtem

©ebiet bie beneibenStoertfjen Vorgüge einer bemonftratioen

SKetyobe behielt, unb als ba« große dufter allgemeiner

©iffenfctyaftlictyfeit baftanb, toofyer auety ber Marne. $luf biefem

©tanbounft .nun fam e« barauf an, auety für begriffe eine

ä^nlic^e (Schlußfolgerung gettenb gu machen, als bort für

matljematifctye (Größen gelungen toar. Die gtoeite ttalifctye

<§<$ule, bie oon (glea, toarb fi$ biefer Aufgabe betoußt, fie

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76

Bettat ben neuen SBeg mit ftßljntyeit unb 3ut>etftc^t; bec gan$e

6^arafter ihre« iß^tfofo^irett« nmrbe bebingt »en ber neuen

9Keth©be. <&hon *on ihrem ©rifter Semtyhane« finb uu«

igchtufcfotgeriutgen au« Gegriffen aufbehalten, au* bem S3e*

flriff ©orte« al« eine« £errfct)enben toirb feine (Stnfjett ge*

folgert, bfe iWeWeit a(« unbenfBar bargefteflt, bleichen

teirb bie griechifche ffofehauwig oon ber ©toigfeit ber SBelt,

be« ©eiettbe», mit einem 33ett>eife üerfehen — aöagogtfctye

«e»ei«f*hruugen in brünetten ©thtüffen, fehr toahrfchefa*

(ich ber entfor«h«nben mathematifchen ©chfofjfolgerung ab*

gelernt.

SfloQ beftimmter tritt bie @<hüt§foIgerung au« Gegriffen

bei ?armenibeß $etf>or, ^ier erfcheint fie al« bie eigentlich

^itofo^ifc^e SÄethobe, al« bie mit jwingenber Äraft gu

»ahrer ©rfenntmfc hinfüh™«be: „ba« £erj ber Überzeugung*

ooöen ©ahrhett" fönne ratttelft ihrer ergriffen »erben, bem

9hUefophtn, ber in ihrem SBeftfe ift, öffnen fich nicht burch

bie <&utf* ber Götter, fonbern nach ©erechtigfeit bie 2hore

aüc« SBiffen«. Weht fühner, nicht ftoljer fann bte 3uüerfitht

ju einem neubargebotenen bittet be« (Srfennen« fein, al« fich

bte« in ber erhaltenen (Einleitung ton be« ^armenibe« pfyto*

^ehrgebicht ausbricht.

Ueberfyaupt fielen mir hier an einem großen SÖenbepmth,

entfehetbenb für die nachfolgenbe 3eit; eö ^at fich h*«

erftenmat eine Äluft aufgethan, melche befteht bi« auf ttnfere

läge — bie ©cheibung gtoifchen ^^ilofo^ie unb SBiffenfchaft.

<£« giebt gtoei SBege be« ©rfennen« : burch. ba« Genien

unb burch bie@tnne; fie finb burchau« gerieben unb haben

nicht« mit ehtanber gemein. üBahre, ftfchhaltige <£rfenntnijj

giebt e« nur burch ben <£ebanfen unb atoar mittelft ber ©chiufr

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79

folgerung oaö Gegriffen; innerhalb be« @mnftc$ett $errf<$t

nur bie SDieinung, toelctye unentfRieben bleibt, toelcfce fo unb

mit gleichem SKecfyt auc$ anberä fein fann. 92ur ba« £ mfeti

ergreift ba8 ©eienbe, bera @inn ift nur ba$ in ftetem ©ec$fei

Gegriffene gugänglic^, er fetbft fällt biefem <Sc$i<ffal anleint,

ift ttetfad; unb beftänbig ber £äuf$ung unterworfen.

<&<s n>äre benn $iemit ber gute §ou«friebe ^mifc^ett bem

©inn unb bem 9to$benfen über ba«, toa$ er uns gufülfrt,

geftört — er f)at niäft toieber üöttig fyergeftellt merben fönnen.

Der @tnn tt>ar für« erfte gängig entwertet unb festen ju

leiner trgenb ntet$obifc$en ©rfenntnig, überhaupt gu gar fei*

ner <£rfenntnij$ gu führen ;bagegen n>ar ba$ Denfen gu einer

tyofyen SBürbe erhoben unb fcon Ijier ab fyaben toir ben begriff

fpeculatiber $$üof0j>$ie, b. folcfcr, n>efc$e fi($ bunt

Sinn gang unabhängig glaubt unb bem Gertrauen fict> fyin=

giebt, mittelft einer eigenttyümli<$en 9Mfyobe ©rfenntnig gu

mttoicfeln, bereu Stferfmale «ügemein^wt unb ^ot^enbigleit

ftnb. 5lu$ bem anberen gactor Ijat bann fyäter fic$ ba$ ent~

toidelt, »a$ nur Siffenf^aft nennen — es $at au# eine

9ttetfjobe gewonnen unb broljt in neuerer 3eit gar feljr bie

faeculatibe ftytbfotftc gängig gu überflügeln.

Sa« nun aber nä^er bie 3Ketfyobe angebt, ber ^arrne*

nibeS fc Kroges gutraute, fo faßte man gunätyft in« Sluge,

bajjj in ben golgerungen nidjt efjer fortgefdritten loerben foüe,

biß nic^t bem Gorfyergefyenben bie oolle 3uftimmung erffyeift

»erbe, toorin man benn eben au<$ bem geometrifc^en GetoeiS*

»erfahren fi$ gleid&guftellen glaubte. $)ie6 $bn>arten ber &\u

ftimmung führte auf bie bialogif^e gorm, toeld^e un« no$

in ben platonifd&en Dialogen erfc^emt; ber ©ine fityrt bie

f$lujjfolgernbe töebe, ber Rubere Ijat immer nur fein 3a gu

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80

erretten. %m meiften jeigt fid) btcö in bemjenigen Dialoge

too ^(oton <£leatifc$e <ßf}tfofot>&en einführt, im $armenibe8.

3n bem genannten platonifc^en Dialog fönnen toir bie elea*

tifc^e Dialeftif in Breiterer ©ntottfefang unb in tyrem ootf*

ftänbtgen (Sfyarafter fennen lernen; fte jetgt fid& r)tcr no$

ganj bon berfelben 2lrt, toie in ben oon Xenopljaned über*

lieferten @dpffen, nämltcty bie 23etoei£füIjrungen burety golge*

rung au« Gegriffen ftnb buretygängig apagogifc^ unb btejunetib.

Da8 9ßegattoe be« 23erfafyren$ toürbe noefy ungleich meljr in«

Sluge fallen, toenn e« ni$t in beftänbigen £fjeilüngen einher«

ginge, toeld&e bemfetben einen gemiffen Slnf^ein oon <£rünb*

ttctyfeit unb Sftetfyobe beriefen; e$ ift aber fejr beacfytenStoerlj,

bafj biefe ^tfofopfjen in ifjrem 5?cftreben, eine mögticfyft nalje

Analogie ber geometrifc^en <5<$Iu§fo(gerung audf; für ba$

Denfen in Gegriffen gu finben, bamit nur auf negattoer ©ettc

$u ©tanbe famen, geleitet oon bem richtigen ®efüljl, ba§

begriffe ftety ganj anberö »erhalten als mat^ematifd^e ®röfjen.

3m Uebrigen aber jeigt fiefy, bajj e$ bem Qaupt ber

<5(eatif$en @c$u(e an einer fpecieüen ^eorie unb alfo an

einem Karen SBetoufjtfein bei tyret £anb(jabung burd^au« ge*

feljlt Ijat, unb jtoar nidjjt Mofj tfym, fonbern auety feinem Üftacfc

folger 3*no. 33ctbe toaren nur *ßraftifer, ber lefetere fogar

ein groger 23irtuo$, toobei nur auffaßenb bleibt, ba§ fo feft

auefy bie ernfte p!jtfofo^tfc$e SEenbenj fteljt, Diele feiner fye*

cutatioen Argumentationen ben foptjiftifctyen fc$on taufctyenb

äfynltcty merben, fo bafj fie fogar für @$er$ genommen toer*

ben fonnten. Ueberljaupt bemächtigte fid> fet)r Balb bie *ßrarj$

ber neuen SDfetljobe unb fie fam in §änbe, für loelctye fie

nid^t beregnet toar. Die forenfe S3erebfam!eit in Sictüen

fanb in ben ©ctylußformefa, toelctye noc$ ben Döllen föuf ber

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»ünbigfeit unb Unbe$tmngltchfeit Ratten, (in oorjügltche« 2Kit*

tel bem ©egner unb bcr SJfenge ju imponiren, unb ®orgia«,

bcr größte Äünftler auf btefem gelbe trug bie neue flunft

nach Sltljen hinüber, $ier fanb er fchon Sophiften bor, toelche

fid^ burch ^rotagora* bon ionifcher W\io\opf)it afytoeigten;

ber Unbeftanb aller Dinge unb bie gefährliche Öehre, bag ber

2Renfch ba$ 2Waag berfelben fei, führte barauf hin, jebe (£tn<

ficht nach fubjecttoer SBilllühr unb nach $ortheil ju geftalten;

oon ®orgiaö leitete fich nun eine neue 5lrt ber Sophiften

her, bie noch ungleich gefährlicher toar, benn im SBefifc ber

flunft jener Schlugfolgerungen umgten fic ihren «bfichten ben

«nftrich jtoingenber ©egrünbung unb objectioer Wahrheit ju

geben. Da* Äuffehen, ba$ fie unter ben jünbbaren Athenern

erregten, toar ungeheuer ; aber toohin toar es mit jener Schlug*

folgerung gefommen : jene fo ftolj proflamirte Schlugfolgerung

war nur noch ein ^Wittel ju oerfänglichen gragen; ber £ali$*

man ber $h^fo|>hie, ber folgernbe SBegriffäfchlug (nolvÖTjvtg

ileyxog bei ^armenibe«), erhielt bie ©ebeutung eine« gehl*

fchluffeS. Der tyiloloptyt, toelche fur$ jubor bie S3urg ber

Söahrheit erobert ju haben glaubte, fchien bet nahe Untergang

beborjuftehen unb jn>ar burch eben bas Littel, bem pe ihre

oermeinten (Srfolge berbanfte.

^armenibe« felbft toar nicht lange juoor in Althen ge*

toefen unb hatte ernfter gefrimmte ®eifter für feine SJtethobe

gewonnen; bie SBtchttgfeit einer mit Strenge fcorfchrettenben

Schlugfolgerung tourbe als unerläglich für bie ^bilcfopl;ie

anerfannt. «ber toie nun bem ju £age liegenben SHigbrauch

fteuern? Die Urheber felbft hatten e$ burchau« an Kriterien

für bie Untertreibung be$ toahren unb falfchen ©ebrauch*

fehlen laffen; fytx alfo lag ein nichtige« gelb für neue pb>©ru^e, 3ufunft b. b. StyiCof. 6

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82

(ofopfyifctye gorfdjung. !&*äf?renb ben italifd;en ®rie<$eu bie

(Sinfüfjrung ber neuen Sttetljobe gufäfft, fo (ag nunmehr ben

feuern bie $u«bi(buug uub eigentliche Söegrünbuug ob; fic

Jjaben tljre Aufgabe unb bereu $Öid;tigfeit wofyl evfannt.

9tfan ift gewofmt, fid) ©ofrateS at« einen SOiorafyfyifo*

fopfyen |tt beuten, aüeiu wie mix barüber bie beftimmteften

Angaben befifcen, fo fyat er ben wefentti elften Slntfyett genom-

men an biefen tief eingreifeuben tf;eorcttfd?en Unterfudmngen;

h)ie wäre es auc$ mögUcf; gewefeu ben ©o^iften mit 9?ad;*

bruef unb ©rfofg gegenüber 31t treten, ofyne bie fcon ifmen

gefyanbljabte 9töetf?obe fefbft im 2(nge ju faffen! ©benfo fefyr

erfüllt mit £>o$ad)tung üor beut ^ilofom)ifc$en ©ruft be$

<ßarmenibe8 als mit ^ertngfe^ä^ung feiner unberufenen 9iad;*

folger, fanb ©ofrateö fiefy in bie ifiotfywenbigfeit fcerfefct ber

£etyre bon ^ilofottyfdjen SBeweifen unb weiter aufwärts ber

' (Srfenntnigt&eorie feine gorfc^ung gu^utoenben. 2Bte Slrifto*

UU% uns me(bet, t(;at er eä au gtoet entfcfyeibenben fünften,

baburc$ bag er bie Definitionen unb burrf; Slufftelmng ber

epactifdjen 9JJetf>obe.

Söenn aufgegriffen gefolgert würbe, fo (endetet ein,

bag auf geftftellung ber begriffe t>tet aufam; blieben fie

fcfywanfenb, fonnte mau fie fo ober aud; anberS beuten unb

wenben, fo lieg mit äugerlicber £)aubl)abung ber @c$lugfol=

gerung fi# no$ immer alte« au« allem machen, man f?atte

in einem gormaltömuS ben @d;ein ber Sttünbigfett, wäfjreub

man bem 3nf?alt naefy, bewugt unb unbewugt, fiety gel)!*

fc^tüffc jn ©Bulben fommen lieg. Die Slnwenbung ber geo*

metrifäen <S$lugfolgerung auf begriffe fefcte borauS, bag

biefe eine gleite geftigfeit unb fetyarfe Slbgrenjung hätten,

wie matfyematifc^e Drögen, aflein eö ^atte ftety gezeigt, bag

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83

oiel baran fehle. Sollte bie <Diethobe überhaupt noch fort^

bouern fönnen, fo beburfte e$ Ijicr einer Nachhülfe. £)a$

Aufftellen fefter Definitionen unb baö galten auf Dftchtüber*

fetyreitung berfelbeu bei ^^ilofo^tf^cn Schlußfolgerungen war

hier totfentlich an ber £eit — e* ift geblieben für äffe 3ei*

ten. (5$ n>ar getm'jj bie erfte nnb u>efentltchfte Berichtigung

ber aller näheren Regelung entbehrenben golgerungämethobe;

allein fehr bleibt bie grage, obeS bie auSreichenbe, Der allem

3rrtf)um ööllig fc^üfeenbe fei. 2Äan fd^eint bicä bamalä aller*

bingß geglaubt ju ^aben, tote e$ benn auch in neuerer 3eit

n>of;t noch häufig genug geglaubt Horben.

Dieä Beftreben fefte Definitionen ber Begriffe 31t finben

führte nun überhaupt ju einer atigemeineren Orientirung inner*

• ^alb ber Begriffe; e$ nntrbe fytv jum erftenmal ber jung*

frauliche Boben aufgeriffen, um bie @aat ber Sogif hinein*

auftreuen. 3Äan fing an fich ber Unterorbnung ber Begriffe

bewußt gtt werben, be« Berbältniffeä ber Gattungen unb Birten

ju ben Snbitubuen, be$ Allgemeinen 311m Befonberen. Bei

biefer ©clegcuheit machte fich eine jwiefache Art ber Beü?e*

gung innerhalb ber Begriffe fenntlid;, auffteigenb unb ab*

fteigenb, unb e$ beutete fid; au, baß wenn man bie negatioe

Betoeiöart ber ©teaten in eine pofittoe überführen wolle, man

ben einen ober ben anberen $Beg $u wählen ^abe, ba ein gort*

fc^reiten innerhalb gleid;wertl)enber Begriffe, lote in ber ©eo*

ntetrie, niebt möglich fei — Dinge, weld;e nacf> unb nach in

größerer Klarheit her&ortraten.

Sährenb nun aber Vorräte« mit feinen nächften Anhän-

gern atlerbingS ber öon ben (Sleaten auögehenbeit unb oon

it^m fetfeft gefieberten SOiethobe vertraute, hielt er boa) feine«*

weg« fo auSfchließlich au ihr feft, fonfrern bebiente fich ptab

6*

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ttfö metften* ber entgegengefefeten. Die cteatifc^c TOet^obc

gefyt oon Gegriffen au$, fcom Mgemeiuen; ©ofrate« nun

brachte eine anbere 2J?ettjobe baneben auf, welche oom 33efon*

beren ausgebt unb auf ftetgenb juni leeren unb attgemet*

neren begriff ju gelangen ftrebt, im 3ufammenfyaug mit bem

@uc$en ber Definition. Damit war praftifefy fetyon bie Allein*

!jerrfc$aft jener gebrochen; bie epaftifctye 9fteu)obe jeigte fic$

batb al$ natürliche ©rgän^ung ber fölugfolgernben, fofern

biefe Don Gegriffen auägeljt unb jene ju ^Begriffen Ijinfüfjrt;

fie jeigte fiety aber auefy als iljren ®egenfafc, weil fie fcom

33efonberen unb SBafyrnetymbaren ausgebt. Dag fie eine

gtojje 3 l^unft enthält w>arb ba(b geahnt; nic^t lange, fo er-

warb fie bie Anfänge einer £fyeorie unb enblicty ift au$ biefer

ej>aftifc$en Sflettyobe be« ©ofrateä baSjenige geworben, wa$

wir heutige« £ag6 unter ber inbuetioen 5)fetfyobe oerftetyen.

Da« Söort inbuetio, induetio, ift nur bie (oon (Sicero Ijer*

rüljrenbe) Ueberfefcung bon Itiül%xi%oI loyoi, snaywyq.

Der große (Stüter be$ ©ofrateS, $lato, fonnte biefen

hochwichtigen UnterfÜbungen nicht fremb bleiben, wiewohl fich#

leiber in feinen Dialogen ntc^t fooiel SBeftimmteS finbet, alä

wohl ju wünf^en wäre. <£ö ^at aßen Slnfchetn, bafc ^laton

in t>erf$iebenen ©tabien feiner Gntwtcfelung hierin oerföie-

bener Meinung gewefen unb überhaupt auf biefer «Seite nicht

gum völligen Slbfchlujj mit fleh felbft gefommen fei. @« ift

an fleh felbft wahrfcheinlich, bajj, fo lange in $lato'S ^i(o-

fofcljie ba« fofratifc^e (Slement überwiegenb war, er auch auf

bie Definitionen grojjeS Gewicht gelegt ^aben werbe. @o

finbet fleh benn and; feinen Söerfen ein 5lbfc^nttt angefügt,

welcher ben Sittel führt: oqoi, Definitionen. <Selbft wenn

nicht alle« oon $lato felbft herrühren follte, fo ift baburch

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bocty ftcfyerficfy nic^t nur ein Clement feiner (Schüfe, fonbern

ctuc$ feine« eigenen 6ntnMcfefang«gange« bezeichnet. Da« ©r*

fennen be« $emeinfamen unb 55erf(f>tebciicn (genus et diffe-

rentia) tritt a(« Jorberung atfe« ©rfenncn« beuttich I)erbor

(im Später). 3n $<aten« fefbftanbiger WUofoftie treten

bagegen biefe Definitionen fefjr in ben Hintergrund fie wer*

ben bon etwa« ganj anbereut, $of)erem, abgelöft, ben Obeen.

Diefe ftnb ein ewig ©riftirenbe«, unmittelbar begebene«, bon

einer (ogifctyen Definition Unerreichbare«. £>ter tritt bie un*

mittelbare (inteßectua(e) ^nfc^anung, bie Erinnerung au« bem

3uftanbc ber $räerjfteu$, al« primitiver 5(ct be« ©rfennen«

ein; baneben aber forbert ber $fjüofo#j jur boüftänbigen be*

wußten (Srfenntnig ba« ^inäufommen ber bialeftifc^en ober

(ogifctyen 3urcc^^cÖun8- Durch jene in ber (Sonfequenj be«

objecttoen 3beali«mu« liegenbe Annahme fönnte nun bie Sogt!

au« ihrer ^afjn getenft erfäeinen, allein bem ift nicht fo, im

®egentheK fc^eint bie (Sonfequenj be« bon Xeno^ane« betre*

tenen SBege« unoermeibu'ch fetbft ba^in geführt unb hier erft

ihren ?tbfcfyfu§ erreicht ju ^aben. SBenn fich nämttch bafb

$eigt, baß bie am meiften gerechtfertigte 9(rt ber ^d^fugfofge*

rung an« Gegriffen auf ©ubfumtion be« SBefonberen unter

ba« ungemeine, be« nieberen begriff« unter ben fjöfjeren

hinau«läuft, fo beruht bie SRögtichfeit ber ganzen Sföetljobe

barauf , bafj ba« Mgemeine etwa« in fich geftftehenbe«, un*

mittelbar begebene« fei. Sflun hat $faton eben in feinen

3been bie Gattungen, bie allgemeinen begriffe, nach $lrt ber

ptythagoreifchen &a$Un, in fefte unwanbelbare ®ren$en ein*

gefctyloffen, ein Verfahren, Woburch bie (Schlußfolgerung erft

in eine pofttioe 33a^n getenft warb, unb ihrer bebuctiocn ,£>anb*

habung bie Söege geöffnet würben, hiernach burfte bie 3been*

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leljre eben als bie todjve SBerootfftänbigung bev eteatifc^en

SctyhtjjfofgerungSfefjre crfd;etnen, oljue roetctyc jene nur 3rr*

ttmnt unb ®o$tftil ergeben fönne*). £)ie fo angebahnte

bebuetioe 9)?etfyobe getßtc fiefy nun aud; in tiefem (Einttange

mit ber fpecutatioen ®runbtenben3 beS 8tyftemS, bem jenfeitigen

SbeaUsmuS. tiefer nämlid; mirft im Oenfcitö 2(nfer, in bem

Ijöcfyfteu, umfaffcnbften, urfäc$tt$ftett atter Söefen, bie gefammte

(Srfenntuig fyat oou biefem obevften unb atfgemcinften begriffe,

ber als lefcte (ShtTjeit über ben 3becu fteljt, fycrabfteigenb ju

bebuciren, fo bag beim ber bebucirenben SMetfyobe ii)x ent*

fyred;cnber SluSgangSpnuft unb bem s#nSgangSpunft bie ent*

ft>red;eube 9)ix

etf;obe gegeben ift.

Unb benuod; febeint fiaten nid;t 31t fo fid;erem ?(bfd;(ug

mit fid; fefbft gefommen. Senn burefy feine tfcfyve au<$ bie

bebuetioe ©cfytujjfofgerung baS Ucbergetoic^t erhielt, fo lieg er

eö bod; an iijrer fpecteüeu tobübung feljten unb bie ent*

gegengefegte cpaftifcfye iütet^ebe beS ^ofrateS tuurfce oou if;m

nid^t geringfd;ci^ig über 33orb geworfen.; ?Benigften$ ift fyier

bemerfenSftertf), n>aS $lriftotc(eS uns über biefen intjattS*

fd^oeren $unft aufge3cic§net l;at; er fagt: „fiato loar in

3 vr>eife(, tt)e(rf;er oon beiben Segen gu geljen fei, ob oon ben

^3rincipien aus ober nad; ben ^rineipien fyin" — **) b. 1). ob

bebuetio ober inbuetio — getptjj eine grage, über toetetye ftcfy

nietyt fcfynett entfcfyieben 311 fyabeu, bem $^i(ofo^cn jur ©()re

gereichen mttjj.

*) Xtx Sinficfyt in biefeu fef;r iiitcrcffauteu ^uuft f^ef;t jur 3"* b ' c

falfrf;e 9(u$Iegung beö 3)ia(eg« ^avnientbcs entgegen, n>o*on norf;

weiter unten ein 2öort.

*) Arist. Etbic. Nicont. 1,2: tu yttQ xai Jlkaxtnv r\7toQti iovio xni

iC*ji*i f nortQQV und luv (((f%wv ^ (nl t«j «(>/«£ iortv 17 oefoff.

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87

?(ud? auf einen anberen £$ei( bev tfogif übte bie piatc*

nifd/e 3been(efjre einen tiefen unb nadf^afttgen (Sinftufj, auf

bie 3htfi$t Dorn ©efen beö Urtljeite. Saren bie begriffe

ehoaö Sertigeö, SlbgcfctytoffeneS, nicfyt burdj unfere Denfope*

ration Gewonnene*, finb, toie 9$taton fagt, bie UrbeftanbtfcHe

unerfenubar, nuv ityre Verknüpfungen erfennbar, bann bleiben

ber £ogif uur noc^ biefe iBerfnüpfungen übrig unb eö fyanbeU

fi$ nur nod) barum, ob gtuei biefer fertigen begriffe mit ein-

anber serbunben tuerben tonnen ober nietyt. Die« füljrt einer*

feitd auf eine in ben Gegriffen fctbft gu fuctyenbe Wictytf^nur

— ben £afe beö Siberforuc^S — anberfeiW barauf Ijin, alle*

auf Vejalmng unb Verneinung, Beilegung unb 9lbfprec$ung

ju rebuciren — womit benn ber l'ogif Jene Sbaljn angetoiefen

ift, in meiere fic bur$ ^iatonö grofcen 9iad;folger eingetenft

toorben unb n>orin fic auefy für alte Reiten oerblieben ift —eine Wbljängigfeit »om jenfetttgen 3beau$mu8, bie auety »ä'fyrenb

ber £errfd;aft anberer ^öfteme ber tiefer getyenben gorfömtg

einen bieget borfd&ob.

Den erften föang in bem ^eftreben, bie fc^ugfofgernbe

^ietfyobe auf fefte formen gu bringen, nimmt nun Slrtfto-

teleö ein, ein tftang ber ü)m no$ oon feinem nacfyfolgenben

Ijat ftreitig gemacht toerben fönnen. 2Ba$ tfym gelang über

mißlang, n>arb entfctyeibenb für baä ©c^icffal fpecnlatioer

äKetfjoben bis auf unfere £age.

@r erfannte junädtft, baß ircber bie Definitionen be$

<Sofrate$, noety bie 3been be8 ^laton bem 9flijjbrauc$ ber

8c$m&fo(gerung eine fefte SBeljr entgegenfefeen. Die begriffe

finb oiefbeutig, ber <Spractygebraucty bleibt nicfyt bei ©iner 35e-

beutung freien, ©r oerfud;te bie oerfdn'ebenen 39ebeutungen

eine« unb beffelben Sorte« (ba$ noaaxwg kiyitai) aufau-

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88

gö^Cett um baburcfy ben am fyaufigften öorfommenben SBcgriffö*

öertoe$fe(ungen gu toeljren, bte$ noc^ gang im ©ofratifctyen

©inne. SöaS bie ©cfylufjfotgerung fctbft anfangt, fo ent*

fernte er gunäctyft bie biatogifetyc g?rm, toelcfye gange föeifjen

»on gofgerungen an etnanber fd^tog. Den einfachen &ct beö

@cfy(uffe$ feftfyattenb fam er auf bie breigltebrifäe Sorm,

^ßrä'miffen unb ©cfylujjfafc. Dann aber, tiefer in ba$ 2öe*

fen ber <Sactye einbringenb, Betrat er einen gang neuen

2Öeg, ber feinem ©cfyarffinn gum föuljm gereift. SBenn bie

fc$fajjfo(gernbe üDJettyobe unleugbar ber geometrifetyen na$ge*

bilbet n>ar, fo fyatte man btefjer mefyr ober weniger ber 93or<

auäfefcung vertraut, e$ beffebc eine nafje 23ertoanbtfc$aft gtoi*

fetyen matfjematifctyen ©röjjen unb (ogifctyen Gegriffen, fo bafj

ftc$ auf (entere, too ntc^t btefelbe, fo bo$ eine äljnttctye 5fle*

tfyobe amoenben (äffe. Dag bem ni($t fo fei, f$eint in ber

@ofrattfc$en 6($ule aflmättg Har getoorben gu fein, Mriftote*

(e$ aber Ijat guerft mit tfraft ben (^efxc^t^unlt ber obtoatten*

ben 33erfc^icbent)cit bur^gefü^rt: auf bem ®efüljl, auf ber

©infi<$t ber nötigen Differenz welche gtoifcfyen geometriföen

unb logtföen ©dpffen ftattfinbet, beruht fein gange« Orga*

non, unb mit atter SSeftimmtyeit barf man au$fpre($en, bag

»er nietyt ton biefer (Seite bie Slnafytif be$ Hriftotele« auf*

fajjt, oon iljrem toa^ren SBefen unb oon bem 35erbienft be«

Wlofo^en toentg begriffen Ijat. Da aber bie bisherige

Sogtf über biefen $unft föioeigt, »erben n>ir ausführlicher

baoon ljanbeln bürfen.'

Der geometrtfe^e @dj>lufj ift breigliebrig, eben fo toie ber

iljm nac^gebifoete logifc^e, er tyat brei begriffe, brei <5Heic$un*

gen. Die Operation rebucirt fic$ auf ein gortföreiten unter

gleiten 2Bert^en, bie, eben toetl fie g(eic$ finb, »ertaubt

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89

»erben fönnen. SOtott pflegt ben ©runbfafc au«juforechen mit

ben ©orten: @inb gtoet Drögen einer brüten gleich, fo finb

fie fich fetbft gleich, toorin benn eben bie Dretgliebrigfeit ge*

geben unb bebingt ift: A= B; B= C, folglich A= C. Bon

brei ©liebem mug eine« fich toieberholen, ber terniinus rae-

dius. hiermit ift für geometrifche« ©fliegen alle« erfchöpft,

ganj anber« aber fteljt e« bei ber entförechenben logifchen

Operation mit Gegriffen, tytx jeigte fich, bag man bisher

noch alle« auger Mcfyt gelaffen, ioa« bie fchlugfolgernbe 9)Je*

tljobe brauet, um toirftich gum ftange einer 9J£ethobe erhoben

l\i loerben.

Sa« man bieder oorau«gefefet t)atte, bag nämlich ba$

Urthetl ber mathematifchen ©letchung entfpreche *), bie«

ertöte« fich bei genauer Betrachtung al« burchau« falfch- 3n

ber (Gleichung beefen beibe Begriffe fich oollfommen, ntcr)t fo

im Urthetl; bie (Gleichung fann ich, ohne bag Söerth unb

töichtigfeit fic3^ irgenb änbert, jeberjeit umfehren, ©eien e«

Hutten, £>reiecfe, glächenräume, mit bemfelben töecht mit toel*

rf;em tri? gefagt fyabe A ift gleich B, fann tri; auch fagen B ift

gleich A. ©eiche« logifche Urzeit ich bagegen auch nehmen

möge: ber 9Wenfch ift ein fyitx, ber SJtenfch ift fterblich,

(Eaju« ift ein 9Kenfch, u. f. n>. u. f. n>. — fogleich toirb fich

bie Umfehrung al« unmöglich ertoeifen. ©ben fo toenig al«

ich ben <3afc: $ari« liegt in granfreich, umfehren unb fagen

fann: granfreich liegt in $art«, gerabe eben fo wenig fatra

*) Sie fartnaefig ft<$ biefe falfe^e $orauefefcung erhielt, jetgt bie ?e$re

be« megariföen @tu>o, bag man nic^t fagen Wime: ber SWenfö

fei gut, fonbern nur : ber SDfeufö fei Wlenfä unh gut fei gut — in

tiefer ©^ärfe ausgetreten, mugte fi$'6 fogl;i($ geigen, bag ba«

Urzeit feine ©leidjung ift.

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Page 104: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

90

t$ fagen: ba$ Sfjier ift ein 30?enfd;; baö ©terbßc^e ift ein

SDtfenfcfy, beim fogleid; muß ftar tuerben, baß ber begriff

$teufd? ben begriff be$ ©terbfie&en ni$t erfd)opft. 2Jiit (Sinem

©ort, r* jeigt fid;, bag ©ubject unb <ßräbicat fid; niemals

becfen, toäfyrenb bie ©lieber ber C^retc^ung fid; jebeqeit berfen;

c$ seigt fid;, baß baö $räbicat aUetnat einen anberen, ber

Stteget na$ größeren Umfang I;aben muß, als ba$ ©ubject.

Danach [teilt fid; beim and) bie ganje Operation aU eine

völlig toerfc^iebene bar, e$ ift nid;t mcfyr ein ftcrtfd^reiten

innerhalb gleicher Sföertfje burd; 23ertaufcfmng, fonbern eine

Unterorbnung, ©uBfunition be$ 93efenberen unter ba$ Mge*

meine. (Da$ Mgemeine unb 33efoubere ift c$ a(for luorauf

fyier beftänbig bie Sfofmerffamfeit gerietet werben muß, n>o*

nacty bie neuen formen für ba$ (ogifc^e fließen feftjufteßen

finb — unb batjer femmt eä nun aud;, baß, loä'ljrenb es

für bie (Geometrie innerhalb ber ©(eictyftettung nur ©in

SBerfafyren giebt, fyier bie 3t?tet^obc in jtoet oerfd/iebene jer*

faßt, in bie bebuctioe unb inbuctioe, oon benen aber nur

bie erfte einigermaßen nocfy 3(ef;nttd;fett mit ber geometri*

fc^en behält, benn bie Dom SBcfonbcrn auSgefyenbe, jum $tt*

gemeinen auffteigenbe fann man nicfyt mefyr eine fcfyhtßfofgernbe

nennen.

in ben (Sntbecfungen ber SBiffenfcfraft * föegel ift,

gefcfyafy am$ fyier: man gelangte nid;t burcfy ben oorberen

£mu£teingang, fonbern burcfy irgenb eine fcfymate leiten* ober

$interpforte $u ber neuen Söafyrfjeit; atebann ift im ©ifer

be« erften ©etingenä bie ®efaf;r groß, fogfeidj innerf)a(o be$

93efferen foieber feitioärtö abzuirren unb burcfy Ueberfdjäfcung

einer ftebenfac^e, auf n)e(d;e man gerabe auerft oerftel, biet*

leicfyt auf lange £eit bie §au£tfacfye ju oerfieren. (Sben bie$

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föcint ba« <£cf;i<ffat bcr Scgtf unb bc« 9(rtftotele$ getoefen

ju fein.

Der <ßl?i(cfopf} machte bic fernerfirng, baß fiefy ein Ur*

tfjcil nic^t of?ne weitere« umfefyren lägt; er faub fyier einen

Uuterfcfyieb *>on ber ®leitf;ung, aber ba« h>af)re Sefen

beö UrtfyeilS fal; er barum norf; nicfyt ein. ,Spättc er bic« er*

fannr, nie Ijätte er barattf verfallen fimnen, ein Urtf?cit um*

feljren $u Letten. <5r tljat e«, um $u fe^cn , tt?a« gefcfyietyt.

3n bcrfelben Seife ging er nun auefy an bie ßeljre i>cu ben

©Hüffen. (Sr beobachtete, baß eö ftcfy in ben beiben $rä*

miffen um brei begriffe fcon berfetyiebenem Scrtl) Rubelt,

baß fie im Söerfyä'ltuiß be« Allgemeinen unb 33efonberen unb

jmar in einer boppclteu Untercrbnung ftefyen: Oberbegriff,

2ftttte(begriff, Unterbegriff, ©aß ber SM ittelbegriff eine gn>ie^

fac$e SHolle fmclt, al« TOttlere« gtinfc^en ben beiben Beuger*

ften, bon benen baß eine über ilmt, ba* anbere unter ü;m

ftefjt, fobann baß er fiefy in ben beiben (£ä(jen mieberfyolcn

muß, bamit ein £c$hiß mßglid) n>erbe, bicö erregte befonber«

bie Slufmerffamfeit, um fo mefyr al« ber ©runb babon nia)t

erfannt mürbe, £o erflärt fidj beim, baß, alt Slrtftoteie«

feine cembutatorifcfyen SBerfefcungen bev brei begriffe, o^ne

9töcffu$t auf §afc unb Urteil, auf tyre Weite alt (Subject

unb <ßräbicat, in feiner äußerlidj erperimentirenben Söeife

begann, er oou ber Stellung be« SO* ittelbegriffS glaubte au«*

gefyen ju muffen. <$« berbeefte ifjm ba« gunäd^ft bie Unter*

(Reibung Don Obcrfafc unb Unterfafe unb bann weiter ben

eigentlichen Äern ber @aa)e, ber iljm freiließ auc$ fc§on bunty

ben Langel einer tieferen ©infietyt in bie maljre Celjre bom

Urteil unb in ba$ Sefen ber begriffe unabänberlic^ entgegen

mußte. <5r legte nun ferner nach 2)Jaaßgabe ber bialogifc^en

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<3cty(u6fo(gerung unb bcr ptatoniföen VorfteCfung ton bcr

gertigfett unb 2lBgefcfy(offenl)ett bcr begriffe einen üBergrojjen

©ertfy auf Vejaljung unb Verneinung unb 30g bann noc$

einmal a(« Sflobu« ber Vejaljung unb Verneinung ben ©e*

ficfytspunft be« Slttgemeinen unb Vefonberen tyeran. %üeö

bie« oerffocfyt er in @in«, fo baß bie Rettung be« WitUU

Segriff« tym bie giguren ber <Sc$(üffe, bie Beiben (enteren

fünfte aber at« Unterabteilung bie 2floben berfelBen ergaben.

2öa« n>ar bie golge? baburefy, baß ba« fteußerlidje, 9tB*

gängige bie £aupttl)eifung Bebingt, ba« SHMcfytige unb Söefent--

lictye am tyanbgreiflictyften unb entfctyeibenbften in ber Unter*

aBtljeilung auftritt, Befamen bie 2)?oben ein UeBergetoic^t unb

fo lange man jenen gelter nic^t oon ©runb au« Befeitigte,

mußte bie <Sc$(uß(efjre in Hu«BUbung ber 2)?oben fortffreiten,

tooburefy fie benn immer complicirter, jngteid^ unüBerfeljBarer

unb unBraud;Barer tourbe. <&ä)cn Bei Iriftotele« fetBft, ber

in ber oottftänbigen Sßerütfficfytigung ber SJfoben noety fcict

übrig lieg, ift Ijter ber gormali«mn« entfetyieben, er fteigerte

iljn naefy einer anberen <Seite fyin Beträchtlich burety bie ge*

ättmngenen föebuctionen ber jtoeiten unb britten gtgur unb

itjrer Stoben auf bie erfte — ein gorma(i«mu«, ber aflein

fc$on iljm felbft unb aflen naetyfotgenben ba« ©efen ber <§a<$e

je meljr unb me^r »erfüllen mußte. 3n«Befonbere machte bie

bereite föofle, toelctye ba« Mgemeine unb Vefonbere fpielt,

einmal in ben Gegriffen fetBft, ben terminis, unb bann in

ber %xt ber SBejaljung unb Verneinung, ben einfachen <äct

unfenntUd^, unb foeit entfernt audj nur eine 2^eorie ber Ve*

»etefütyrung gu gewinnen, fiel man oiefateljr in Unttarljeit

über bie eigentliche 9J?et^obe; ber ©rfolg tt>ar bie Verbunfetung

be« bebuettoen Styarafter«. 3n ben oerfd^iebenen @ch(ußfiguren

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93

fatte man jefct gang berföiebenarttge Operationen, beren $atur

unb logifetye SBebeutung unter folc^er 3ufammenfaffung unb bei

ber Unterorbnung unter etwas meljr Sleujjerlic^eS nur leiben

fonnte. £>a$, worauf SlriftoteteS bei feinem 23erfu$ at« töe*

fultat fam, ba& e$ olme ba$ Slllgemeine feinen @$lug giebt,

bie$ fyätte ber $lu$gang£punft einer gang anberen Sefyre unb

eine« anberen Aftern« »erben müffen, ba« auf ber einen

Seite bie begriffe ni$t gu öereingeln, fonbern in iljrer 23e*

gieljung jum Urzeit gu fäffen, auf ber anberen alle (Sompti*

cationen auSgufctyeiben tyatte, at« wafyre Slnafytif. SBon giguren

unb Droben war bann ntc$t mefyr bie 9?ebc, aber man gewann

(Sinfa(^l;eit unb Älarljeit. 3n ber Xfyat Ijat, näctyft bem 9ftan*

gel ber waljrfjafteu föeagentien für bie 3eTfefcung biefer Opera*

tionen, befonberS bie eigene Sßerwicfelung biefen erften 33er-

fuc$ einer @($luj$leljre gefcfyüfct, bie fc^on wegen tyrer ©eit*

täuftigfeit ben practifd^en ®ebrau$ ni$t guliefc. grüfoeittg

Ijat fia) ba$ Söebürfnij? gegeigt für bie gültigen ©c^lujjformen

(welche aber noefy nietyt bie natürlich oorfommenben finb) bem

(^ebac^tnig gu $m(fe gu lommen. üDie tarnen mit ben be*

beutfamen 23u$ftaben üergröjjerten aoer nur ba« Uebel, matten

bie £fyeorie unenblic$ weit unb fetywer, wäljrenb bie mögliche

^nwenbung eng unb bebeutungäloS war.

Mz biefe ÜDinge bebürfen einer näheren SluSfüljrung

als i^nen Ijter gegeben werben fann — wir fefyren überbieä

no$ einmal frittfefy bafyiu gurütf. |)ier fam e$ gunäctyft barauf

an gu geigen, ba§ 9lriftoteleS, weit entfernt an bie ©teile ber

eteatifc^en ©cfylufjfolgerung ein ©enügenbeö gu bringen, weit

entfernt, baö öon ©oerate« unb ^taton eingeleitete Söer! in

geraber tötc^tung gu oollenben, bielmetyr felbft na$ bem erften

©$ritt abgelenft worben, ba&, wäljrenb jene f<$on nafye baran

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94

waren, bas richtige SBerhältnifc ber tnbuettaen unb bebuettoen

Stöetljobe ju erfaffen, je^t oon neuem eine Trübung unb 33er^

toirrung eintrat, »eiche gemacht hat, bafj innerhalb ber artfto^

telifchen ^fntefo^te fo »enig »ie innerhalb ber ^(atomfe^en

bie bebnetioe ©chlnjsfolgerung in alter Klarheit unb Feinheit

heroortrat unb jutn föang einer fpeculatioen SMttyobc hat er*

hoben »erben fönneu.

Sie fehr SlriftoteleS auö ber natürlichen 23alm »erfragen

»urbe, geigt ftd^ befonberä barin, ba§ er auf feinem Söege

veranlagt toar, bie Snbuction felbft in bie 9tctr>c ber ©htfo*

gtämen aufzunehmen (Anal, prior. II, 13), »äljrenb er felbft

Balb eingesehen mu&te, baß fie in ge»iffer föücfficht — tqo-

nov jivd — ben ®egenfafc bilbe.

3n einer fpäteren ©chrift, ber gmeiteu s2(nafytif, »ar fein

23licf Harer, benn er hebt gleich bamit an, ©i;üogi$mu« unb

3nbuction ju unterfReiben, einanber entgegen ju ftellen, b. h-

bie bebuetioe sJtatur beö ©hllogiGmnS anjuerfennen. Allein

jenes Aftern ber ©chlufclehre »ar einmal fertig unb er felbft

barin gefangen. $ätte c$ ihm noch frei geftanben oon biefem

fpäteren ©tanbpunft au£ mit frifcher unb unbefangener Jhaft

ba« Problem )U behanbeln, er ^ättc oon hier aus bie

ftrebungen be« <5ocrate8 »ahrhaft ju <$nbe führen, unb jene

»on *ßlaton aufge»ovfene Svage beantworten fönnen.

9coch »eiter entfernte fich ber ^htlofoph cmS ber 23ahn,

als er für feine Aufhellungen nach einem legten 93rincip

fud;te. Ter 23e»ei3 folle ausgehen Don einem Unmittelbar

®e»tffen, be$ 33e»eifeö »eber gärigen noch ©ebürfttgen,

einem Ariom: »o ein fotä)e« finben? (5$ f)Mt auf Seiten

be$ Allgemeinen liegen muffen, um fchliepenb barauö folgern

ju fönnen — allein fytx lag e$ nicht, benn baä Allgemeine

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l\\ermitteln, n>ar, nne 2lriftotelcö fetbft einfa^, bie Aufgabe.

£>er 8Seg u>ar fyicr gefcfy{of|cu. Die« a/tuoov, nicbt ebne

3ufammenl?ang mit bem fUaov im &fyUi§, barf als 9Jad;*

ttirfung beö ^tatoniömuS angefeuert werben/ toetcfye ftcfy burdj)

bie SInatyttf bis in bie Stöeta^fif erftreeft, n>äf>renb f>ier

boefy fcfyon bic entgegengefefete Öetyre auftritt, ba§ baä <Sein

nid;t bem SWgemeinen, fenbern bem Onbtoibuum angehöre.

Senn überhaupt ba« bebnetioe Verfahren in ber platanifctyen

Sbeenfefyre fetneu natürlichen ©tnfcpunft fiubet, fo t;at bie

(Sntfernung beS 2lriftete(e8 bon berfelben biefe üftctfyobe mit

in Unfic^er^eit Bringen müffen, eine Unfic^erl?eit, welche nur

aufhöre« (asm mit bem ftaren «Sieg be$ entgegengefe^ten ^ßriu*

cipS. tiefer tritt aber tfyeoretifch bei SlriftotefeS nod; niety

ein, baS ©cfyocbenbc unfc 3tüie|>ä(ttge feinet ityüofo^iren«

hat nicht ohne tiefen Ginftujj fein tönuen auf bie bon ihm

gegebene 2)Jetf;oben(e(;re. — unb bodj hat bie Befangenheit fie

3tt>ei 3af;rtaufeube lang für ein Jpeit genommen.

MerbingS, 9(riftote(eö hatte, n)ie ^armenibeö, gur $eit,

als er feine formen entwarf, feine geringe Meinung toon

bem, n>a$ fic ber ^ifofopfyie reiften follten. Gr nannte ba«

fo mobificirte Verfahren ©emonftration, anodei^iQ, unb er*

Härte e3 im ®cgenfa|$ aller anberen SDiethoben für ba$ eigent*

üd) pfyltfotfjtfdjc, ba« Dor Srrthum föüfcen unb auf noih*

toenbige Seife allgemeine (Srfenutnijj barbieten foftte. Unb

boch ^ielt biefe einft fo ftarfe Ueberjeugung nicht für fein

Seben aus. 2Bir finben Um weiterhin immer mehr auf einem

anbern, entgegengefefcteu 2Bege, toir fefyen i^n ganj übertm'egenb

bem (Stubinm ber einjefnen @rfd;cinung, bem fmntictyen

Detail, ber fleißigen 33eobad;tung jugetoanbt, fo baj$ man

ihn bei weitem mehr einen 33efeuner ber fcon ©ofrateä an-

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96 I

gebahnten 3nbuction nennen mug. 3a es begegnen t>er=

ftreute Aeufcerungen, n>elc$e auf eine tiefe <3inne$änberung

fliegen (äffen. $)a« bemonftrattoe 93erfa^ren, oon Gegriffen,

tont Allgemeinen auSgefyenb, tt>irb jtoar nttyt g&ngli$ \>uc*

Dorfen, alfein nur a($ ein einftoeiligeö, a($ ein Surrogat

bargeftellt, ba8 bereinft ber toafyren 3)iet^obe werbe weichen

ntüffen: toenn man bie ©rfcfyemungen erft beffer fennen »erbe,

bann tuerbe man tynen mefjr Vertrauen föenfen at« ben Ge-

griffen unb ben Gegriffen nur noefy fo toeit, als fie mit ben

©rfMeinungen Uebereinftimmenbeä ergeben. Solche Sleufcerun*

gen *), in Gerbinbung mit bem tfyatfä$üc$en Uebergefyen be«

AriftotefeS jum Detailftubium ber 9ßatur, geben beutltcty ju

erfennen, bajj üjm feine @cfyfoj?*$föetljobe bodji fetbftbaö nietyt

geleiftet fyaben müffe, n>a« er fic$ anfangs toon berfelben Der*

fpraety. Unb fo ift e8 au$ toirfttc^, benn fie fyat noc$ nie*

x manben, getotg toenigften« feinem ^ilofopfyen, ettt>a« geteiftet.

$5afj in ber angegebenen Widmung eine gro&e @inne$«

änberung be« Artftoteleö erfolgt fei, bafür fprtc^t öor aöen £in*

gen bie SBenbung, u>eld;e bie ganje nac$folgenbe £eit nimmt.

£)er fogenannten are$anbrinif<$en 3eit gehört afs eigentümlich

baS 3urütftreten ber fpeculatioen ^ilofoprjie unb ba« £erbor««

treten empirifetyer, inbuetioer SBiffenfctyaft, eine SRictytung,

toeld^e fte öon niemanben anberö als oon AriftoteleS empfangen

tyaben !ann. @o tote feine ©ibliotljef ber #ern ber aleran*

brinifetyen ttmrbe, fo toar auc$ fein ®eift ber ©eift ber naefc

folgenben 3eit. £ätte HriftoteleS bt$ an fein SebenSenbe baS

öotte Vertrauen jur ©peculatton unb ju feiner bemonftrattoen

*) 2>ie Äenner be« Eriftoteleö »erbe» fie 311 fmben toiffett; i<$ »ev*

folge fte $ier abft($tli<$ ni^t weiter, tt>eU ba« beffer einer anberen

«rbeit torbc^atten bleibt.

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97

©Jjöogifttf bellten, fo $ätte unmßgli^ bic aagemeiue Nietungber aferanbriniföen 3eit tnbuctt© fein fönnen. Söic fonberbar

ober, wenn nad^folgenbc 3eiten gerabe ba$ fo eifrig Ijerbor*

gefugt, n>a$ «rtftoteteö fefbft aufgegeben, toorauf bie bon feinem»

©eift burdfrbrungene 3eit fein ©etotyt geregt, ja toenn fogar

in unferen gütigen (Stuten baöon noc$ ein £eif ertoartet

»erben folf.

3n berfetben Weitung tag auc$ bie (Ergänzung, toefd&e

bie ariftotetiföe @tyutfe$re burc$ feine nähten ^fotgererfuhr, ©eine «Stüter Styopfjraft unb (Subemu« toaren es,

bie naeö 3oanne$ 3tyitoponu$ (ad Anal, prior, fol. 60) bie

bon «riftotele« nur eben berührte 8e$re bon beu ty}>ot&ettfc$eit

©d&Iüffen (Anal, prior. I, 29.) toeiter auSbifbeten, babur$

ba$ ©Aftern burc$brec$enb otyne an tffar^eit gu gewinnen.

SDU Leitung be« ©rfennen* in bebueiibe unb inbuetibe 3Ke-

tyobe toirb abermal« burc^freust unb in ba$ rein ßogiföe

toirb ^fifc^e«, überhaupt 9)?ateriateS Ijineingejogen, toeK

n&müdf bie Kategorie *on Urfac^e unb Sföirfung unb mit i$r

unbermeibttc$ (Srfa^rungSmä&igeö in bie reine gormenre$re

aufgenommen tuirb, fo bag es ljier mit über bie Söünbigfeit

entfe^eibet $)te ftrengen «riftoießfae fd&einen bie Störung

audjf tooljl gefügt ju tyaben, aber bon anberer ©ette hmrbe

bie neue 2kl)n mit (Eifer aufgenommen.

3n ber nac$ariftoteltfc$cn 3ett finben u>ir ben ©tanb

ber $>inge n>efenttt$ beränbert, etnrnat burety ben me^r praf*

ttfd&en, p^ftfetyen, ja gerabegu materießen ©inn ber 3eit, bann

aber borjügltcty auefy baburdfr, ba§ nunmehr an bie ffflhfcfäk

ber 2lnfpruc$ gemalt tmtrbe, flc fotte bie gu tyrem Unter*

gang fi$ fytnneigenbe Religion erfefcen. Der fyityere tljeore*

tifd&e ®eift toid) jugretd; mit bem foecutatiben; bte Eoüftän*

(»xuppt, 3ufunft t. t. ip^Uof. 7

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98

bigfeit eine« roefyfgeorbneten Aftern« verlangte außer ber

(Stfn'f, u>e(d;e nimmefyr im 93orbergrunb ftanb, aud) eine *ßf>t^

fif unb eine Cogif. (53 Bunte Ietd;t fcpeineti baß Cfyicur unb

bie <Stoa nur um ber äußeren 2>oflftä'nbigfeit toitfen bie testete

ifyren ©bftemen eiuberleibt hätten, unb Diel ttnrb, namentlich

»on (Sicero in oratorifdjer Sßeife über bie £>ürftigfeit ber

ßogil ©picurS gefragt (de Fin. I, 7). Mein man tarf niä)t

bergeffeu, baß fyier eine Abneigung gegen ben gormatiömuö

ber ariftoteltfd)en £ogif mitfmeft, inSbefonbere gegen beffen

<Sd)(ußfiguren , baß biefeS ®efüf>( feinen guten ®runb ^at

unb baß, loooon weiter unten, aua) einzelnes gang triftige;

ba$ fid; gegen jene eimoeuben lägt, gum 33ettmßtfein fam.

$>on ben (Steifem tuiffen loir aus ©ertuS (lib. VIII.)

unb außerbem au$ ©im^ticiuö (in Epict. Encheir. cap. 58.)

baß fie fio; auöfüf>rltc^ mit ber Sogif Befd^äfttgt f;aben unb

£)iogene3 (cap. VII.) nennt un$ »on QtljrtyftypuS aüein eine

lange üfeifye oon Triften über bie fpecteüften togifa)en

Probleme, voorin er nicfyt nur feine &nfid)ten vorträgt, fonbern

aud) anbere oeftreitet, fo baß in feiner 3eit Iogifd)e

Sntereffe feineStoeg« er!ofa)en, fonbern beinahe gefteigerterfcfycint.

hinein bie £ogif nafym Ijier eine anbere, bem Slriftoteleö mö>

lia)ft entgegengefefcte 9fid)tung an, man barf bafür galten,

baß aud; fie fia) oon ber artftotettfa)en £el)re ber @a)(uß*

figuren abgeftoßen fügten, ©ie oerfua)ten eine anbere, n>ela)e

einfacher unb mefyr real fein foflte.

©ie finb e$ nun eben, tt)da)e bie £ef;re ton ben Ijtypo*

t^etifa)en ©d;(üffen ergriffen, eine Setyre, bie gtoar Don Hn*

Rangern be$ 9lriftote(e8 au$gel;t, in ifyrem Verfolg aber toeit

Don ifym abführen mußte — toaS benn eben biefen tytfiio?

fo^en, bie in iljrer @a)u(e ben Wriftotelifern gegenüber gern

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fctöftänbig erf^einen motten, gewig fetyr witffommen war.

Ueberbied glaubten fie nun and) etwad ßmfad;ered $u fyaben,

tute benu bad ben g-orbernngen unb Neigungen bed 3eitgeifted

entfprad).

5Ud bie oon tljnen cufti&irten <Sc$füffe werben, und fo(*

genbe ^eifpietc angeführt: Söenn ed £ag ift, fo ift ed tjetf;

nun ift ed £ag, a(fo ift ed t;eü. Ober: ffienn cd regnet,

wirb ed nag; nun regnet cd, alfo wirb ed nag. $Iudj neuere

tfogifer, 3. $erbart, haben hier eine einfachere gorm bed

<3<hfaffed ju erfennen geglaubt, eine ©runbform, nicht ahneub,

wie fet?r ©chlüffe biefer $(rt nad; aüen (Seiten fytn bem ari*

ftotelifchen ©Aftern wibcrfprcd;en. 33Mr befinben und gar niebt

mehr auf beut bebtet bed gorntoten unb rein föationetfcn unb

bad erfahrungdmägige Clement, wekhed fid; einmifd)t, fattn

nur wieber burd) (Erfahrung controttirt unb critifirt werben,

ftefyt alfo gan$ anger ber i'ogif Sluch bie «bfßrjung ber

gorm ift eine £äufchung, beim mau mnfj ergänzen: nun ift

ed jc^t, in biefem Slugen&ttcf STag, nun regnet ed gegen*

wä'rtig; fo erft fommt bad 3>ert)ättmg bed 5(ttgemeinen unb

SBefonbern ^eraud, worauf ber immer noch bebuetioe (Schlug

beruht: ber Oberfafc nämlich uuigte auch in aller 23o(fftänbig*

feit heißen: Smmer ift cd beü, wenn ed £ag ift, 3mmerwirb ed nag, wenn cd regnet. £ied tagt fid; nun freilich

leicht in eine anbere gorm bringen: 5Uler Üiegen macht

nag, gegenwärtig ift 9iegen — Wer £ag ift hell lt. f. w. —Wobei mau benn auf bad Sllte gurücffommt. <£d finb nun

aber fyier augerbem ^>f>^fif<^e gätfe im Spiel, unb ba fragt

fich'd lieber, ob aud ber Erfahrung, bur<h Snbuction, Säfce

t>on fo!d>cr Allgemeinheit gewonnen werben tonnen, bag baraud

bebuetio gefchloffen werben barf.

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CSben fo toenig Ijaben bie (Stoifer eine au«gebi(bete unb

ffare ©rfenntnigt^orie, *>on u>e(ctyer boc$ bie Cogif tyre toatyre

©tüfee ermatten mu(j, otteiu toir begegnen fyier einjefa ber

tt)idt)tigen Seljre toon ber tabula rasa (Plut. plac. plülos.

IV, IL), ba§ bie (Seele eine unbefd&riebene £afe( fei, tyre

Ginbrücfe fcon außen, burety bie ©inne ermatte, eine 8e$re

tt>e(c$e in ©inffang fteljt mit epicuriföen fcuffaffungen unb

al* ein ©Cevitt über $riftote(e$ fymuQ, ber aber bie Weitung

fdt)en bezeichnet hat, angefeljen derben barf. 9kch atfem An*

fc^etn toujjten jeboch bie <Stoifer, bie ftch im ©anjen nur fchtoach

für logifche $rob(eme intereffirten, bie golgerungen barau«

noch ntc^t $u jieljn — bieö ift erft in neuerer ,3eit gesehen.

Dagegen fant im $Uterti)um noch eine 3eit, too, nach

längerer Unterbrechung, ba« Sntereffe für ba« ariftotelifche

Organen toieber auflebte ; eö trat bie« ein mit ber georbneten

Verausgabe ber ariftotetifc^en ©Triften, fur$ t>or bem SBeginn

unferer 3eitredt)nung, unb bur<h ba$ Sftactybenfen über ba«

«Princip, nach toetchem bie Slnorbnung ber einzelnen Söerfe

erfolgen foflte. ©o tauge griedt)ifc$er ®eift noch (ebte, ftieg

ber gormattSmu« ab, jefet aber feljen nur eine £tit anbrechen,

in melier er t>ie(mehr anjog; bie Slriftotettfer hatten bie ge*

fammte ^^itofo^ie in theorettfehe unb praftifche gereift, jur

erfteren regneten fie $ftßf unb Sföetaphhftf, bie Sogtf aber

fteaten fie außerhalb, bietten fie nicht für Ztyii (ßigog) fon*

bem ©erzeug (oqyavov, Ammon. in cat. fol. 1.) ber

(ofo^ie, eine Abtrennung, mit to>e(c$er aßein f<hon ber gor*

maltömuG ber 8ogif für immer entföieben toar. £ie$u fommt

nun noc^ ein $n>eiter, gfeich totcfyttger Umftanb. (Sine gan3

neue Slera für bie formale $(u$bi(bung be$ ariftotelifchen

©chtuß&erfahren« beginnt nämlich mit bem @c$foj$ be«

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gleiten 3afyr!)nnbertö unb jtuor burc$ ben berühmten ?(rjt

(SMen, »clever al« 2lnf;änger ariftote(ifc$er ^tfofojjljie feine

IjeKenbe £anb au$ an bie i'ogif legte.

flriftoteleö fyat brei <5c$(ußfiguren; ©aten tljat eine bierte

Ijinju, ober oiehnetyr, er unterfetyieb fie a(« eine befonbere,

benn bei jenem toar fie mit enthalten in ber erften. Da

,ftriftotefe«, immer noc$ abhängig oom ®eoinetrifc$en, bie £e*

griffe einjetn betrachtete unb bemnaety Oberfafe unb Unterfafe

nic^t unterföieb, fonnte e« i$m gleichgültig fein, in »eifern

Don beiben ber SJfittelbegriff @ubject unb in toel^em er $rä*

bicot fei; ba aber fpäter ba« bebuetitoe unb inbuetiöe 35er*

fahren fic^ if?m fonberte unb entgegenfefcte , fo baß nur ber

©Alogismus al« feiner Statur nach bebuetiö ersten, fo mußte

oon ba au« eine Mcfroirfung erfolgen, e« mußte bie Söebeu*

tung be« Oberfafee« fjeroortreten, unb Neroon toar bie un*

mittelbare golge, baß bie erfte gigur fich fpaltete in jtoei

t>erfc^iebene, bie aitrf; nach (Geltung unb ©(jarafter toeit au«

einanber fallen. ÜWan fonnte glauben, ben Slriftotele« nur

in fich felbft confequenter gu machen, toä^renb man oiefatefyr

jtoet oerfchiebene ©tanbpunfte beffelbcn bermifchte, unb, äußer*

lieh abfctyüeßenb, boch gngteic^ innerlich ein gorment ^ingu*

braute. (Sine ©ntoicfelung in bo^elter {Richtung toar ba*

burdt) gegeben, toooon aber bie ©ine bie ©berljanb behielt.

WM ber SBoüftänbigfeit ber giguren tritt fogleich au$

bie gorberung ^eroor, bie 2Koben nach berfelben Krt ju er*

fchtyfen, fo mtrb ba« ©an^e ein gefchloffene« ©Aftern, ein

oollenbeter gormaliämu«, ber nun ben eigentlichen ®ebanfen*

tnhalt ganj überwiegt unb toon (Srgrunbung be« baljinterliegen*

ben «ßroMem« nur abführt. 23on fytx ab erft ift bie ariftote*

lifche Sogi! einerfeit« ein toillfommeue« Onftrument für alle,

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welche ber <Stf;wäri;c be$ Inhalt* auf formalem 2öege auf*

Reifen wollten, anberfeits aber ein bev $^i(ofo^;ic felbft ge*

f%ttc$e$ Littel geworben.

Söcrgtcic^t man bie confequente uub in ber Xtyat er*

fchöpfenbes?lu«bilbung, treibe bic €?cfyUijjtel;re in formaler

S^iehung, 3. 33. in tfambertö neuem Organen, erlangt hat,

mit ber ihr ton $Crtfrote(ed 311 5:^eit geworbenen £>arftetlung,%

fo mujs man. aUerbing* fageu, ber Urheber fei anf bem IjaU

Un 2Öege ftehen geblieben, fo baß $ant£ Sleujjerung, *) $lri^

ftotele* ^abe bie <Sache in allem "Söefentlichen abfoloirt, bie

©päteren Ratten nur entbehrliche <Subti(itäten hinzugefügt, bie

jum 23ortljei( ber ©ache lieber entfernt worben, auf formeller

Seite nicht mit 9ted/t befteheu mag. SluchbaS $atte fein ©uteS:

auf ber einmal betretenen 53ahn mußte bie (Sache 31t (Stabe ge*

brad;t werben, über ben Söerth ber gönnen lieg fi<h uic^tö

entfd;eibeu, beoor man fie nicht in ihrer 33ollftänbigfeit mit

Klarheit überfehen tonnte. Mein öfter« hat batf Unffare einen

höheren ©ehalt uub man fann auf halbem SBege ftehen bleiben,

nicht wegen toerfagenber $raft, fonbern au« richtigem ©efüht.

Cbwohl 91riftoteIe$ ben gerinaltömu« eingeleitet hat, war er

ihm boch nur Littel, nicht &wd, er legt bemfelben nur einen

bebtngten SBerth bei. Die brei giguren ftehen ihm nicht in

gleicher föeifje, bie erftc ift bie ooraüglichere, bie übrigen follen,

wo möglich, auf biefe ^urücfgeführt werben. (£3 geigt fich beut-

lieh, er hat überall wirfliche «Schlüffe im fluge, berüdfichtigt

oorgugeweife bie, welche am erften praftifch öorjufommen

fcheinen, uub ba$ ©anje hat ber @ha™fter eine« 2?erfuch$.

Huf ber anbern Seite waren nunmehr Sluägänge fttt einer

*) 3u bei- %oxvtbt jur äritif fcer reinen Vernunft.

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Dteform bei* <§d)lü$te§xt gegeben, $ur Umn?anbtung berfetben

in eine nnrftfcty bebncti&e 3)?etI)obe — toare fenft nur bie

3eit baju fä^ig unb ba« tfofefyen bc$ SlriftoteleS nu$t fdfren

£u grc& geteefen. Wit ber Reifung ber erften <Sd;(ußfigur

»erfctyn?anb bie in iljr fiegenbe Unbeftimmtljeit unb ein beut«

tiefer gingerjeig mar gegeben. £)ie erfte gigur in iijrer neuen

(Seftaft na^m jefet noc$ metyr ate bei Ariftotefeö ben Vorrang

in $nfyruc§ unb tyier trat bte <Subfumtion beö ^efonbem

unter ba$ ^(gemeine, b. f;. bie £ebuction in »oder ©tärfe

tyerfcor, fie ertme« ftd; afä ba« eigentliche Söefen be$ <Sc$(uffe$,

eine 53emer!ung bie jeben Unbefangenen auf ein gan$ anberes

Aftern ptte führen müffen. ^te ©alenifdje @c$faßfigur

giebt ferner audj SluffchUiß über ba$ 23erMttnif$ be$ (ogifdjen

<5ctyfaffe$ gum geometrifeben, benn ab; bc7 folglich ac— ift eben

bie einfache gorm für bie SSertaufcbung gleicher 2öertl)e unb

ben (£dj)(u§ nad; bem ©runbfafc: <5inb jtoei (Großen einer

britten gletd) n. f. id. 9Zac$ ber Stellung be$ 2)iittetbegriff6

nun müßte bieö $ur toterten gigur gehören; allein tta$ in ber

überlieferten £ogif atö vierte gigur gitt, ift batjon nod; »er*

Rieben , nämftcfy burety ben (B($lußfafc, welcher au$brüdiicty

nic^t ac fonbern ca lanki. |>ierau$ unb au« ber (Stellung

beö Sfiittetbegrtffö folgt als ba8 2öefentlid)e ber gigur, baß

baS ^räbicat beö Oberfa^eö 311m ©ubjeet beS UnterfafeeS unb

roieberum ba8 Sßräbtcat be$ Unterfa^eS gum ©ubject be8 ©cfyluß*

fa^eö gemalt nnrb; ift nun ba$ ^räbicat weiter als ber ©ub*

jeetbegriff, am fenntltdrften tre ba$ ^räbicat ein Gattung«*

begriff ift, fo entfielt baburd) eine auffteigenbe föeifye, fcom

S3efonbern jum Allgemeinen, atfo ein inbucttoeS 33erfa^ren,

fea8 natürlich im @c$lußfa& nur ein fümmerttc$e3 bebuettoe*

SKefultat geben !ann. 9(ebnticbe$ gilt aber auc$ fc$on toon

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bev brüten ariftotefifdf;en ©Flugfigur, welche baö <ßräbtcat

be« Unterfa^eö jum <Subject be« (Sd^Iußfofecö macht unb eben

babitrd; ben SBeg für bie öierte gigur gebahnt hat — Elemente,

toetc^c für eine bitrchgreifenbe $rttif ber ©chlußfigurcn, toelchc

einem anberen Ort auf&ehalten toerben muß, oon entfcheiben-

ber SBichtigfeit erfc^etnen. $ant ^at eine befonbere ?l6^anb^

lung über bie falfche ©pifcfinbigfeit ber vier ftyllogiftifchen

giguren getrieben unb barin mit richtigem Gefühl befonbere

bie vierte angefochten, loelche er unnatürlich nennt; alfein ber

tuafjre Grunb ift ihm entgangen. @r glaubte, ber gehler

liege in ber Unreinheit be« ©chluffe«, ber noch eine« 3nn'fc§ens

fafce« bebürfe, eine STäufchung, toelche burch ba8 von ihm ge*

toäfjlte 33eifpiel geforbert toorben ift, benn fo tute er al« *ßrä*

bicate begriffe nahm, in benen bie größere OTgemeinfyeit

beutltd^cr hervortritt, $. 33. Gattungsbegriffe, fo hätte er gu

befferer (Sinficht geleitet werben müffen. $luch Lambert,

ber fctyon jugtebt, baß in ber inerten gigur von ber 2lrt auf

bie Gattung gefchloffen toirb, (?at benuoch bie weiteren gol*

gerungen nicht gebogen; toirb er ficfy boch nicht einmal ber

beiben ganj verriebenen gälle beimißt, toelche bie Stellung

be« SNittelbegriff« hier für ben ©chtußfafe suläßt. 3n ber

Xfjüt, toenn bie Galenifche gigur bie @ntfReibung für ba«

ariftotelifche ©hftem ber ^ttogfftil enthält, fo baß man von

hier au« enttoeber ben inneren 3toi cftaft entbeden unb $u

ettoa« 33efferem gelangen, ober aber nunmehr in ftarren gor*

maliSmu« verfallen mußte, fo ^at bie golgegeit ba« festere

ertvähtt.

Unter folgen Umftänben roirb man von ben 9$ifof*p$eti

be« Mittelalter« nicht eben Große« für SluSbtlbung ber

fpeculativen Wet^obe erwarten, ©iner tvahren ^ifofo^r>ifd^en

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Originalität entbefjrenb unb nur $n>ifc$en ben Autoritäten be«

<ßlaton unb SfriftotefeS »erfcbiebentlich fchtoanfenb, überbie«

äußerlich abhängig ©on ben tfefjren ber Kirche, fönnen fic, ob*

tüotyl mit (Scharf* unb Sttcffinn fpeculatioe fragen ergreifenb,

v^iciciva obC nid;t auf ben tarnen oon ^bilefepfyeu im gangen

(Sinne beö Sorteö Slnfpruch machen; nirgenb aber fehlt e$

ihnen mehr al* auf leiten ber SNethobe. (Sie ergriffen ba«

oriftotettfe^e Organon mit (Sifer al$ einen 9?othanfer, jeben*

falte al$ ein Onftrument, als eine fertige Söaffe, oon ber fie

fiety in ihren kämpfen praftifchen SGufcen oerfprad^en. (Sie

hanbljabten bialeftifche (Schtüffe mit einer föegfamfeit unb

gertigfeit, ba& bie alten ©op^iften (Sefaljr liefen überholt ju

»erben, fic haben auch toohl neue (Schematismen $u mechant*

fc^er Antoenbung aufgeteilt, aber in ben Urfprung menfcfylictyer

Grfenntnig einbringend bie Unterfuctyungen über bie 9D?ethobe

ber 9tyilofopljie ba fortzuführen, too $laton unb Wrtftotele*

fie getaffen Ratten, ba« toar nicht ihre (Sache unb ber (Streit

oon Realismus unb flcominaliSmuS ift nur eine 93ergrö&e*

rung be« ^latoniSmu« unb AriftoteliömuS , aber fein gort*

föritt über beibe hinaus. (So toaren bie £öhen ber Wxlc*

fopljie faft ein Oahrtaufenb lang in Söolfen gefüllt, fo bag

manche $>arfteller ber gerichtlichen (gnttoicfelung hier gar

feine ^J^ilofo^^tc tyktn erfennen tooflen — toemgftenS gum

2$ei( im föecht.

fcaS ctnätßc eigentümliche, ba« ba« Mittelalter auf bem

gelbe ber ßogif hervorgebracht hat, ift bie Suüifche tfunft:

$ategorieen, gragen, $räbicatbegriffe finb auf brehbare Greife

oertheilt, fo baf burch ^Drehung bie berfchiebenften (Eombtna*

tionen möglich »erben. Stöan fcerfprach fich baoon ©rogeS

für bie (Srpnbung; e$ ift im ©runbe nur eine im fcholaftifchen

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(Sinne unternommene $fo«fü$rung ber Zcpit ber Sttten unb

ber innner wieberfefyrenben 53eftrebung, bie Öogif burefy ein

v

(Sattel de inventione 31t ergänzen — worin eben ba$ fefyr

bead;tcn«Wertf;e ^ugeftänbntß entsaften liegt, baj? bie ariftote*

ttfcfye tfogif an fid; unfruchtbar fei, ni$t$ leifte jur SUiffinbung

pofüifrer Safyrfyeiten — eine $nfid;t, bie in beu nac^folgenben

3atyrfyunberten ouefy auf baö entfRieben fte ausgebrochen würbe.

Wit bem beginn ber neueren £eit begegnen h)ir einem

foft allgemeinen SSMberwitten gegen bie ariftetetifc^e Öogif, bie

man für mitföitlbig l)klt an bem jefct »erjagten treiben ber

Sc^ctaftif. 53alb erfebenen auch mancherlei SBerfuc^e etwas

Einfacheres an bie ©teile 311 fefcen, allein man fonnte im (Srunbe

nur fortfaffeu, nid;t aber sJceueS unb 33effere$ geben; an 53e*

grünbung, an Ätar^eit gewann man nichts, atteS fkrumpfte

ins Äatite unb dürftige jufammeu. S)ie £umaniften wollten

etwas weniger Slbftracte« unb mehr SlefthetifcheS, vermochten

aber auch nur SIeu&erlicheS unb 3D6erfläd;|icheS 3U bieten. Sil«

cnblich 33acon öon 33erutam mit met?r (Sntfchiebenheit als

irgenb jentanb »er ihm bie ariftotelifd;e £ogif als ben ®runb

attcö SrrtlmmS unb Hebels in ber Wtofopln'e, als ben |>emm*

fchuh aller wahren 2Öiffenfd)aft anfragte, ba galt biefe taute

£typefton -augleich aller 9)ieta^^ftf unb fpeculattoen $^ito=

fo^ie, fo baj$ fcon ihm nicht bie SBegrünbung einer fpecula*

tioen 9tfethobe ju erwarten war. (Sr befämpfte au« aller

Äraft ben StriftoteleS, nicht ahnenb, bag biefer im ®runbe

fein ®eifteSberwanbter, fein SBunbeSgenog fei.

23acon ift in ber ®efchichte ^itofopfjiföer SNethobif *on

folcher Söichtigfeit, baß wir ihm junächft eine befonbere 93e*

trachtung wibmen müffen.

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VII.

#acon ftellt bcr bebuctioen s)Jietl)obe bie inbucttoe gegen»

über, nur biefe fei gerechtfertigt, nur biefe füfyre 31t (5p

fenntnij?.>

3Batf baö SBort Onbuctton anlangt, fo füfyrt ee uns auf

<Scfrate$ unb auf SlriftotelcS $urücf, welcher (entere in i^r

fcfyc-n eine befonbcre unb gn?ar bcr fetylugfolgernben entgegen-

gefegte, aber neben biefer beftefyenbe sDfetljobe erfannte. On

betreff ber ©acfye felbft bürfen feit fcgar nocfy treiter gurücf*

gefyen, bis auf ^armenibeS, in beffen Wtefot-Ine fid^ ju>ei

töege Reiben , ber be« Denfenö unb ber ber «Sinne, kootwn

aber nur ber erftere n>af;re (Sxfenntmfj einfdjliejjen follte.

sJiid)tS befto tpeniger fjaben fcfyon bie ©rieben, befonber«

iomfc&en Stammes, forgfälttger $aturbeobac$tung obgelegen,

$(riftotele$ felbft tpar einer ber fleijjigfteu, unbefangen ften,

jctyarfftnnigften 33eobac$ter ; in ber ^ßeriobe aber^n>el$e fk$ iijm

anfc^Itegt^aben bie ©rieben fc^cn Anfänge fcon ©rperimenten

gemalt unb e$ ging bie beobacfytenbe 2Öiffenf<$aft fcfyon ba*

mals bie Bereinigung mit ber Sftatfyematif , in^befonbere mit

ber ^ec^nung ein, tt>eld^c i$r ben föang eracter 3Biffenfc$aft

fieberte. Söä^renb be« ^ittetaUerö $at namentlich bei

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ben Arabern, toietoofyl nur fyä'rttcfy, biefe SRictytung ermatten,

im 9lbenb(anbe fielet SKoger 23acon faft bereit^elt ba. ©rft

mit ber Erneuerung grtedn'f^er 2Biffenfc$aft, tt>ctd^e man bie

9?eftauratton nennt, fx^öpfte man au* ben lange 3eit &er*

fctyüttet geraefenen Dueüen felbft, mit neuen Gräften fufyr man

ba fort, wo bie ©rieben fte^en geblieben waren, ber ©ebanfe

beS (Xopernicu«, ben ©rieben nietyt fremb, aber In'er mit

größerer 3«öerfid^t au$gefproc$en, unb mit mefyr SöereitwiÜig*

feit aufgenommen, gab bon born Ijerein ber neuen <ßeriobe

%i$t unb geben. 5J?an fjatte auf ber eröffneten 33afm erft

wenige ©dritte vorwärts getfjan, ba erfetyien ein 9ttann, ber

$u einer noc$ feljr unooflenbeten $rari$ eine in bewunbernä*

würbigem ®rabe bottenbete £(jeorie gab; biefer SDfann toar

ber burefy eingeftanbene @c$ufo bon groger £ölje Ijerabgefunfene

Äan^er öon @nglanb, 23i$count bon @t. Sttban; in ber Söiffen*

fctyaft — unb ^fyUofo^ie — unfterb(ic$ unter bem einfacheren

tarnen granci« Söacon bon SSerulam.

^Durdt) i§n würbe bie $eit fic$ iljreä neuen (SJetfteä erft

bewu&t, er eigentlich gab erft bem 3Hitte(a(ter feinen ^bfd&tuft

®r ging mit ni$t8 geringerem um, a($ in Söiffenfc^aft unb

9tyi(ofo|>f)te bie £)tynaftie $lriftotefe$ ju ftür$en unb eine neue

an iljre ©tetfe ju fefcen, wa« in £)eutf<h(anb wenigften« für

erftere anerfannt wirb, in (Sngtanb unb granfreiety für beibe.

©etyroff unb gewagt er fLienen bie neuen SBerfünbigungen

;

$Iaton unb SIriftotete« mit aöem waö bie gotgejeit auf i^nen

gebaut, ja bie gefammte gried^ifc^c <ßfji(ofopljie, fowie bie be«

ganzen Mittelalter« fei falfcty unb botf Srrttyum, ber bisher

eingetragene 2Beg fei gänjUc^ ju fcerfaffen, bie ^Uofo^ic

muffe fi<$ au oöüiger Umfetyr entfließen, eine neue bisfjer

wenig betretene 23atyn fei $u eröffnen: bem Organon beö 9lri-

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ftotete« müffeein neue« Organon gegenübergefteflt werben; jene«

fei t>evfel;vt unb oom liebet in allen feinen Stetten, e$ fei un*

fruchtbar, Wnne ju feiner fahren ©rfenntnif? führen; ba«

Äennjeichen ber neuen SDtethobe folfe eben fein, ba& e* auf jebem

©chritt loaljre ©rfenntnig ergebe, (Sntbecfungen bringen.

Sflaü) jioet Seiten l;tn bilbete Skcon feine £ehre au«, er

tooflte bie Urfaä)en be$ bisherigen Orrthum* geigen, ben SBc*

ftrebungen, mit benen $lriftoteIe$ ben Sehlfpuffen ber <SopIjiftcn

begegnete, ungleich umfaffenbere gegenüberfteflen, unb bann ben

pofittoen ©eg in feinem Söefen unb feinen £au|>tftabien be*

geichnen. <&v tljat beibeS mit eben fo biet Umfielt a(8 <Scharf«

btief unb mit einer in ber £§at ben>unbern$n)ürbigeu iüav=

heit, toorin tym faum irgenb je ein ^Uofo^ gtetchgefommen—fo bag man benn eben barum &crfucht fyat ihn fccö 9ttangel$

an 5Ttefc gu »erbächtigeu. Uncrläglid^ fc^eint e«, ihm ?unft

für $unft gu folgen, n>ei( ^ier an unb für ftdt) ein groger

SBenbepunft ift unb n>ei( bie 53eurtfjei(ung afler nachfolgenben

©eftrebungen babon abfangt.

33ter (SJrünbe be« Srrthum« unb ber ©rforgtofigfeit ber

bisherigen <p$ifofop$ie ^bt 33acon fytttoox unb giebt ihnen be*

fonbere tarnen. Sagt man biefe in'ä Äuge, fo Hingen fie

aflerbingö nwnberlich, bod; fa;eint ber Skrfaffer, ber überhaupt

gern in ©(eidmiffen rebet, gerabe an biefer ©tette ba« $uf*

faflenbe getooöt gu hoben, um bamit um fo eher Äufmerf*

famfeit gu erregen: bei näherem einbringen geigt fta> afle«

plan unb einfach . <Sr unterfa;etbet Idola tribus, idola

specus, idola fori unb idola theatri, bie (Srünbe be$ 3rr=

t^um« at« böfc ®eifter perfonificirenb unb fie benennenb nach*

einem im Sauf ber Erörterung gebrausten SBUbc. $)a$ erfte

finb biejienigen ©rünbe, metche in ber (Gattung be$ SWenfchen

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liegen, ba6 gleite fold;e, belebe bcr Snbtoibualttät be$ (Sin*

gelne eingeboren, baß britte fold;e, n>eld;e anf bem gefelligen

33erfefyr ber ÜDienfdfyen unier einanber, cnblicfy ba$ feierte

foldje, ii>etd;e auf ber Autorität irgenb einer foecielfen 8efjre

Berufen.

Unter ber SKubrif ber Idola tribus, ber h>icfytigften oon

allen, Ijanbelt er fcon bem natürlichen £>ange aller Sttenfcben,

ber gefammten menfcfylicfyen Gattung, auf fnrjeftein SBege $u

einem Aftern ju gelangen. Das n>a$ fonft al« ba$ ©igen*

tr>ümfic^fte ber $$ifofop#c, a(4 ifjr größter SBertlj gegolten,

erfcfyeint Ijier nid;t al$ ifyr au^fd;Itegltd;eö ©gentium, Diel*

meljr als angeborener £ang aller SHenfcfycn unb fogar als ein

^au^inberniB toal;rer $l;tlofcbljie. Der 9)fenfd) macfye fic$

felbft gum SDJaajj ber Dinge, er lege ber Matur eine Orbnung

unter, aber bieS fei nidjt bic Orbnung ber 9tatur, fonberu

feine eigene. Der 9)?enfd)engeift fei ein (Spiegel ber Statur,

allein fein ^ßlanfyiegel, unb er gebe barum ein gan$ anbereö

53tlb. Diefer $ang, biefe Statur fei eben gu übenuinben.

Die Idola specus, bie in ber 3nbiotbuatität liegenbeu

©rünbe, feien nicfyt minber für loaljre gorfcfyung gefätjrtid;.

Die (Htcfytungeu unb ^Temperamente ber ®etfter finb toerfdjie*

ben, bie ®eifte$fräfte feiten ober nie im ®leictygctt>icfyt mit fieb,

fonbern e$ überwiegt balb bie eine, balb bie anbere, ber ©ine

ift geneigter gum Steifen unb brennen, ber anbere jum $u=

fammenfaffen unb CSombiniren, in beibeu föicfytungen gur 2lu«*

fcfyreitung geneigt — er fcfyeint fagen ju toolleu, bafc fo Tange

SBiffenfe^aft unb $fi(of0p$ie auf ben abgefc^toffenen Sluf*

faffungen (Singeiner beruht, ton Ijier au« allein fcfyon ftetS

baö ffiafyre oerfefylt toerben müffe.

Die Idola fori, bie auf Skrtyältmffe beö mcnfc^Ucf>en

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111

23erfel)r$ berufyenben 3rrtf;fimer geben ifjm befonberfl 35eran-

laffung ber Spraye $u gebenfen; eö fei nicfyt fowoljr bie

©£rad;e abhängig 00m ©ebanfeu, afä audf; ber «ebanfe

wieberum oon ber %>racfye, ein SluSfpvncfy ber, naefy unferer

«ttffaffmtg eine nodj k>ict tiefere mtjx^it in fief) fliegt, a(«

5Bacon »ermeinte, benn wie weiterhin rio$ näf;cr ausgeführt

werben fann, fo Beruht ein großer Zijtii ber fpecutatioen 3rt*

tfyümer auf einem fallen ®ebraud>-be$ kittete, in welkem

ber ©ebanfe fiety belegt.

$)ie Idola theatri, b.fy.

bie Srrtfyüiner welche ouf <3$u(«

autorität berufen, bebürfen toofy am wenigften ber (Srtäute*

rung; 2kcon gab ifmen ben fonberbaren Tanten, n>cü er bie

Don ber Schulweisheit fyingefteUte SBeft, im ®egenfa(j gur

Wirfüd)en, in baffetbe 2>erl;ä(tniß ftetten wollte, wie nach bem

üblichen Sprachgebrauch fich bie Sbeaterwelt $u jener »erhält.

£)ie$ gufammeugefagt nnb forgfättig erwogen, muffen

mir in ber Xfyat eingegeben, ber ^ilofopfy babe bie ©rünbe

menfa)ttchen 3rrtfmmß in ihrer Briefe gefaßt, fie mel/r an ihrer

innerften Söurgel ergriffen, a($ ba$ jemals oor ihm gefc^e^cn.

3)iit gleicher flfarljeit unb 53eftimmtf?eit weift er nun auefy

bie Sege an, welche in 3"*un ft attc Sorfchung, fowobl bie

wiffenfchaftlicf)e als ^ilofc^ifc^c gu gehen l)abt.

(Sr oerwirft ben gangen Äriftote(e$, beffen SDrganou jta

aßen ZfeiUn, (teilt bcmfelben eben fein neue« Organon gegen*

über. £)iee tritt freiließ niäpt in ber «eftalt eine« Suterns,

noch weniger eine« auSgebtlbeten 5orma(i«mu« auf, naefy gehn-

jähriger Arbeit hat er nur termoc^t unb gewagt, es in ber

«eftalt ton s}fyf;ortflmen oorgutragen. OTein barunter leibet

ber innere 3u famme»^«Ö i*W unb in wenigen (Seiten fteüt

fich eine einfache «runbanfchauuug (;er, fo einfach, bag fie

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Page 126: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

112

eben barum benjenigen weniger imponirt, n>etc^e ba$ £rfibe

unb ©($tt>ierige oorgiefyen, unempfänglich für ben Ünbcgrtff

be« $>öc^ftcn in aller Söijfenföaft unb ^Ijilofo^ie: bic Kare

SCiefc.

$)er pofittoe 2öeg, melden 23acon oorfcfyreibt, liegt f$on

angebeutet unb enthalten in feiner Crgrünbung be$ 3rrtljum«.

Sollen toir und nicfyt mit eingebübeten 3ufammenljängen be-

gnügen an ©teile ber toirflictyen, fo fyaben toir &or allen

fingen bie Ungebulb unfere« (Steiftet gu befämpfen: hominum

intellectui non alae addendae, sed plumbum potius et

pondera. 3u°örberft a&ertya&en 8a*tg ®eftreben

gu entfagen, bie Ickten Urfa$en ber $)inge erfennen gu toolfen;

bie« Söemüfyen bringe uns um alle Grfenntmjj : ein S3ortourf,

mit to>elc$em aüe bisherige ^ßljilofopljie »enoorfen toirb. SRictyt

tyerabfteigenb bon ber oberften Urfad&e ber $)inge, fonbern

auffteigenb toon ber genauen (Srforfctyung ber un« gugänglityen

GrfMeinung l)at SBiffcnfctyaft unb ^ßljilofopljie ßc$ gu belegen,

«ber aucy auf biefem inbuetioen SBege ift mit aüer Äraft•

barauf gu Ratten, bajj feine Sprünge toorfommen, ba§ man

metyt SKittetglieber überbringe, ntc^t gu fcynell generaltfire,

nietyt nac$ furgem 55ern>eilen in ber (Singelljeit gu allgemeinen

£ljeorien forteile unb bann boey lieber mit ben legten Ur*

fachen unb ^rincioten ber £)inge ftety befaffe. Gr Ijebt Ijier

bei bem tnbuettoen Wuffteigen befonberö bie gradus continuos

et non hialcos fyeroor unb bie gange Sßietyttgfeit beä fünfte«

erfennenb, ftellt er bie UnterfReibung ber fallen unb toafyren

dnbuetion auf, induetio vulgaris unb vera. 3ene ge§e gtoar

au« oon dementen ber ©rfc^etnung unb t>on bem ©tubium

ber eingeigt, allem naety wenigen auf biefer ©alm gefctyetye*

tien ©^ritten oerlaffe fie biefelbe unb fpringe, oon Ungebutb

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beflügelt, ptöfctt$ ju ben legten ^rincipieu bcr Dinge über,

um al«bann bon biefen au« rütfroärt« bic 8ücfe au«jufüücn,

fo ba§ baburety eben eine unflare $Rifc$ung Beiber entgegen«

gefegten 9)Jetl?oben entfiele, treibe burc$au« bom Uebel fei

unb bie gorfc^ung ftet« um ibren (Srfolg bringe. 3n ber

Xfyat ift bie« bie treffenbe 55ejeicbnung be« fyfytTt.an meinem

bie s)kturforfc$ung ber ®riec$en litt, be« geiler«, in toelc$eu

bie menfölicfce 9totur ftet« bon neuem treibt, wenn ber gor*

fc^cr nietyt au« aller Äraft unb (Einfielt fiety bagegen toaopnet.

Um fo merfroürbiger ift, ba& Striftotele« borübergetyenb'unb

gelegentlich biefer Crrfenntnife überaus nafye fommt: e« fei

leicht, Xfjeorien aufstellen, toenn man nur auf wenige Gr*

fMeinungen 9?ü<ffid^t nehme, nur unter 53erücffichtigung eine«

möglichft großen <Srfcheinung«felbe« fei e« möglich ftichhaltige

unb unter einanber ftimmenbe ^rincimen ju gewinnen, e«

feien aber bie bieten begriffe eben ein $tnbernip für au«*

reictyenbe 9taturfenntni§ *).

Wicht, al« ob 23acon alte« erfchöpft ^abe, u>a« ftch ju

tljeoretifcher 33egrünbung ober $u praftifcher ^Urbarmachung

feiner ©ad)e t^un lägt, aber er hat mit eben fo biet lieber*

jeugung al« ©c^ärfe bie 9?icf;tung angegeben, in welcher bie

fruchtbaren (Gebiete ber Siffenföaft liegen im ®egenfa(j ju

alt bem unfruchtbaren treiben, ba« fo lange bie 2Belt erfüllt.

Stuf bem bon ilmt bezeichneten Söege fei ein tangfamer aber

*) Unter me&men tytetljci gehörigen Stetten ift lvofyl am bcadjten«*

roertbeftett de gencrat. et corrupt. I, cap. 2. ahiov d£ tov tn* Uai-

rov ßvvttoOni tu ofioloyovpeva ai<Yoo(tv r) unttQUt. Jio oaot

twpxrixaoi ualkov Iv roifc (fuotxois, ftäXiw tivvaviut vnoi(-

3-faftnt Toiavrttg «(>£«£, «t intnokv o*vv«VTtu avvt(Qttv. ot tT

fx tiov noXhov loytov aOeojnrjTOi iwv vnttQXOYiuY fort?,

oUytt Imßktytmts &noti>ntvoviui (wov.

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114' *

fteter gortfcfyritt, auf biefem aftein ein fceftänbigeä 3ufammen-

Wirten toiefer, ja aller Gräfte inöglid^. 3n einer geiftreidfren

2öetfe vergleicht er bte emphriföe gorfäung mit einem Lienen*

ftoef, bie fpecutatteeu ©trfteme bagegeu mit bem 9cefc einer

(Spinne, in beffen Zentrum bev ^^tfojo^ fifce, abraartenb, ob

tym etwa« ton außen äugeffogen fomme.

93acon hat ben ©rfotg für fi<$; an folgen ^rtneipien

feftfyattenb ift gunäcfyft eine Sftaturwiffenfcfyaft erwachen, welche

mit Stotj auftreten fann, benn fie ift im ©tanbe gragen ju

beantworten , welcbe bte $f}Uefe*>f>ic notf; nid>t einma( aufsu*

»erfen gewagt Ijcitte. $(uf ber anberen Seite fyat, namentfieb

in $>eutfd;tanb, bie ^Uofopbie an bem Süten, an bem, was

SBacon frefäntyft, fehlten wetten: man frage fid?, waö fie

auf biefem SEöege erreicht. SBct atter Ueberfyebuug fyat fie

immer von 'neuem mit bem ®eftänbni& tyre* Unvermögen«

enbigen muffen.

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VIII.

Tie foeculatioen Wethoöen Öer neueren Siifteme

<£« luat unmöglich ben Söaconiföen ^rincimen bte 3u*

ftimmung gong unb gar $u öerfagen: au$ abgefeiert bon bem

fteten Grfolg fprecfyen fie in it)rer &(art)eit burcty ficfy fetbft.

Unb boö) toar ba$ TOe ju tief gewurmt, 3U innig in« 33(ut

übergegangen, ©äfyrenb jene 8et)re bon (Snglanb ausging,

fuct)te ber (kontinent, atö ob beffen Aufgabe baä (Sonfer&attoe

toäre, noct) au* alten Gräften an bem Ueberlieferten feftju*

galten, toolfte nur tangfam eine ^ofition nacfy ber anbern

aufgeben , nur ber unmittelbarften Üktualt toeicfyenb. VUat

bieä Ijat fein SBerbienft unb feine (Styre, aud) bie$ ift in bem

friebtid^en ffatnpf um bie 2Bat)rt)eit gang uneriäfcticl;. gfefonbert

eifrig geigten fici) l)ier bie 9tiebertanbe , unb $)eutfci)(anb be*

Ijauptet ficty no$ bi$ auf ben heutigen Xag auf bem 8tanb*

punft ber 93ertt)eibigung be* Eliten.

SBir t?abeu gunä^ft unfere 33(icfe auf (Sarteftuö ju toen*

ben; er toitf ^t)i(ofo}>t)te im alten ©Urne, ot)ne iebodt) gang

in bem alten (Steife $u bleiben; er eröffnete neue 33at)nen, um

in tynen e« noct) einmat mit ber <§}>ecutation ju oerfuct)en;

fo würbe er (Srünber ber neuen — antibaconifct)en — $t)tto*

fopt)ie. £)aju toar nun freiließ nötfn'g, ber $?ett)obe eine

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neue £ebeu$fraft oerleifyen, ber bacouifctyen ünbuction gegen-

über eine gereinigte unb befeftigte $ftetfyobe bev Debuction

auSjubitben. DeScarte« fünfte bie 'üWtytgung wo^f unb förteb

feine ^bljanbtuug, welche ben £ite( füf;rt: DiBsertatio de

methodo recte utendi ratioue et veritatem in scientiis

investigandi. 5lttein er fügte ba$ ^robfem ni$t, fannte nicfyt

bte Ijiftorifcfcc <£ntwicfeUmg ber T)inge. £>ie Unterfnctyung

entbehrt ber ^cfyärfe unb mujj 3kcou gegenüber a($ fefjr

fc^toac^ erfcfyeinen. Seit entfernt biefen $u wiberfegen ober

mit $3enniBtfein au beftimmteu Stetten 31t ergänzen, entfernt

er oiefmefjr oon ibm unb tfmt gerabe ba$, wooor 5*acon fo

fräftig gewarnt (jattc: er mifcbt burctygängig 3nbuction unb

£)ebuction.

3m ©anjen unb im ©injelnen jetgt er ficfy abbangig oon

Söaconä neuem Organon, was weiter nic^t auffaUenb fein

Würbe, wenn er nidf>t ben entgegengefefcten @tanbpunft ju be-

haupten fuctytc. Oft jeigt fid) bieö suna'cfyft cfyarafteriftifcb in

be« ßartefiu« Urtfyeif über bie ariftotelifetye ?ogif, we(<$e bedb

burd; beinabe anbertf?a(b 3afyrtaufenbc a(« ber oorjüglidK

©tü^unft ber ^peculation au$ Gegriffen gegolten Ijatte.

<£artefin£ tjieft fie mit 3*acon für unfruchtbar, fie fonue niebt«

leiften 3111- ©ntbeefung neuer Stfaljrfjciten : in ber Zljat auf

I feinem ©taubminft ein grogeS gugeftänbniß. 9hm aber Witt

er biefe i*ogif bod; nid;t mit 33acon oerwerfen, er fyä'tt fie

nicfyt nur nict)t in alten tyren £l>etfen für irrttjümtid), tljre

Regeln nid;t für i?erfcl)rt (perversue bei üöaeon), fonbern er

f)äü fie in untergeorbneter Söeife fogar für gut unb nufcbar.

<5r fagt, eine genauere Prüfung fyabe ifm, naetybem er in ben

(Schufen SJfartjemattf unb £ogtf gelernt, gur Ueberjeugung ge-

führt: bie StyttogiSmen, fo wie alte übrigen $orfc$riften ber

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£ogtf, feien nictyt fercofyl taug(id) um neue 35kfyrl)eiten auf*

jttftafcen a(« ba«, n>a« u>ir bereit« totffen, anbem beutlic^ ju

machen, ober aud;, n>tc bie tfuütföc tfunft, um über ba« $u

fdm>afccn, n>a« rotr ni$t loiffctt. <§ie fyabe jtoar tiefe« feljr

Stfafyre unb i&ortreffticfye, bie« fei aber mit fo oietem lieber*

Püffigen unb fetbft <Sc$äb(id?en »erbunben, bajj beibe« ju

trennen unb $u fc&eiben nictyt leichter fei, al« au« einem »Stein

eine Diana ober Stöineroa ju btlben. Da« flingt in ber £tyat,

al« ob man einen oornefymen £>errn in ber (Sonoerfatton

barüber foredjen fyörte, aber ni$t einen ^Uofopfyen unb fem

in einer 2(bfyanb(ung über bie 9)?et()obe be« iBernunftgebraucfy«.

Der «efer fragt: Sa« ift ba« ffia$re, loa« ift ba« galföe,

toa« ift ba« 8ortreffÜ#e# UM* ift ba« Sc$äblic$e ber 8ogif?

Darauf giebt e« feine Slnttoort. gragt er gar nodj lebhafter:

Sie reimt ftcfy ba«, gut über ba« $u fc$n>afcen, n>a« wir ntd&t

tmffen, unb boc$ auc$ gut, ba« beutlic^ ju machen, loa« toir

totffcn? Sie, e« anbern beut Ii d) 311 machen, aber ntd;t aurf)

un« fetbft, benn ba« Deutlictymactyen mügte boc$ aucfy ein

»efentlic^e« Qtiti be« 5(uffinben« neuer Satyrtjeiten fein?

Sir ermatten nur bie Antwort: e« ift ba« fdjtoerer al« au«

bem ©tetnblocf eine Diana fjeraitfjufyauen, unb in ber tyat

toir möchten fjinjufefcen: >$uma( toenn man fein $itt^auer

ift! Safyrlkty, e« oerfte^t fic£ leicht, ba§ Söacon ben ganjen

SCriftotele« oerroirft, bie gan$e Wfeta^ftf, bie ganje Sogif,

ba& er fie in jeber töücffic$t »ertoirft, fotoo^I in Sqiefymg

auf (Sntbecfung neuer Safjrfyeiten, at« aucfy jur SBerbeutlictyung

be« 33efannten, fie biene nur jur Sbefeftigung be« 3rrtl?um«,

fei nur föäblu}, fie fei falfö in ben pfiffen, in ben @%n,in ben Gegriffen — man totrb atebann gefpannt auf bie 93e*

grünbung melctye ber ^Uofopty feinerfeit« nietyt fehlen lägt,

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trofc bcr apboriftifctyen gönn, ©enn nun aber bem gegen-

über (Sarteftu« nur bie §>älfte feftljält unb bie anbere $älfte

fallen läßt, einerfett« ber tfogtf eine (Rettung einräumt, anber*

feit« fie i$r beftreitet, fo müßte man in einer Slbtyanblung,

tr>etd^e oon ber pljitofopljifcfyen 9Kct^obc fjanbelt, bocf; gerabe

über biefe (Brenge ausführliche UnterfÜbungen erwarten. Mein

er foric^t bon oielem anbern, nur nic^t« tyieoon.

SöaS bietet er benn überhaupt? ©r fteßt oier ©äfce auf,

welche eben fo Diele 3D?arJmen enthalten. Die erfte lautet,

m$t« für wa^r gu galten, was ntc^t als ebibent wa$r erfannt

worben, eine SBorfdjrift, mit meiner man im beften gall ga^r*

läffigfeit unb böfen Sötüen fern galten fann, woburcty aber

bie t>Wofop$tfc$e ST^corte bes ßrfennen« unb EewetfenS um

nichts geförbert wirb, benn für biefe ift ber ^u«f^>ruc^ eine

Möge Tautologie. Der gmette ift: bte ©ctywierigfeiten, welche

gu prüfen finb, in fo biete Steile au gerlegen, als nötyig finb

um fte bequem gu löfen — eine 33orfc$rtft bte ftd^ ft$tlit$

auf ber Oberfläche hält, feljr unbefttmmt gefaßt tft unb »oßenb«

auger allem ^ufammen^ange mit ber oorigen fteljt. Der britte

®ninbfafc !)eißt: bie gu erforf<henben ®egenftänbe in beftimm*

ter Orbnung gu betrachten, oon ben einfachften unb letchteften

burch allmälige Uebergänge gu ben gufammengefenteren unb

fchwereren aufgufteigen. flBenn biefer ©runbfafc etwa« beffer

Hingt, fo fommt es babev, weil er gur $ätfte oon 33acon

• entlehnt ift, benn biefem gehören bie gradus contimii an —bie freiließ bei ihm gang anberS gemeint finb. Söacon fpricht

oon <5rfMeinungen unb meint ein tnbuctioeS Muffte igen, baS

fich um bie ©nburfachen nicht fümmert. (SartefiuS lägt es

gang ungewiß/ ob er oon concreten <£rfMeinungen ober ab*

ftracten Gegriffen Rubelt — für beibeS fann nicht biefelbe

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iWethobe gelten, für griffe gilt lein Sufftetgen, in ber.

@rf$einun8$n>eü aber ift ba« ©infame nicht baä begebene,

bae unmittelbar Zugängliche,xoielmehr bas Gefliehte. @o

leibet benn ber <&runbfafc an innerer Unftarfyeit unb Unbe*

ftimmtyeit unb muj$ als gan$ auäweichenb angefehen werben ; alles

fehlt, bafc er ftc^ mit faarfer Untertreibung bem eigentlichen

Problem näherte. $alb baconifch aut^ ift bie bierte 3Ra$tme,

welche lautet: On bem Suffuchen ber SNittelglieber unb Durch*

mufterung ber ©chwterigfetten alle« ©inline fo beftimmt auf*

jujählen, bag man fid;er fei nichts übergangen ut haben —ein frommer SÖunfch, ber ganj nichtsfagenb bleibt, fo lange

Qegenftanb unb 3Bege nicr>t näher angegeben werben. Slber

gefegt aud^, es fyätten fold;e ^erhaltungSregelu bem C£ar*

tefiuS, ober irgenb einem anbern Qtenfte geleiftet, gewife

wirb niemanb hierin eine neue fpeculatioe 9)tethobe erfennen,

wie man fie oon bem iöegränber einer fpeculatioen Sera ju

erwarten aüerbings berechtigt ift; ja auch lebiglia) oerglichen

mit ber oon tyvem Urheber überfeit gehobenen Sriftotelifchen

tfogif muß fie als äujjerft mangelhaft, als a^oriftifch unb

waä baS fchlimmfte ift, in fich felbft unficher unb wiberfpruchS*

ooll erfcheinen. Die« Urtheil, fo fynrt eS Hingen mag, ift

auch burch ben thatfächlichen Erfolg ooüfommen beftätigt

worben. Onbcjj muß bemerft werben, bat? GartefinS folche

$runbfäfce fehr befcheiben oorbradhte, nur als Regeln, welche

ihm felbft geholfen; außerbem fragt fich, ob nicht wenigsten«

bem einen ober anbern biefer ©ruubfäfee mehr inwohne, als

ihm felbft geltenb $u mart>e" gelang.

(5* ift hier ein 2Mid auf biejenigen ®\))ttmt ju werfen,

welche fich au$ Dem Sartefifchen abgeleitet haben; wir wollen

ihrer nur bie höuptfächlichften betrauten,sJWallebranche, <&)v-

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noja, Ceionit*. 3n bem o6jectit> - ibealtftifc^en Aftern be«

erfteven, befjen ^c^tücv^unft bev <5afc giebt, baf? toir OTeä

in ©ott flauen, ift bon einer fpecieflen 3)Jetfyobe nicfyt weiter

bie SRebe, wir finb wteber, wie ba$ auefy ganj in bem <3htn

biefe« ObeattSmuS liegt, bei ber inteüectualen ^nföauung,

etwa« Unmittelbarem, bae fidC> jebev Kontrolle entjie^t. $ier

alfo ift alle*, toa* GartefiuS für bie Stfetljobe angeftrebt $at,

erfolglos geblieben, ein oollftänbiger ftüdfall ju bem Gilten

unb Vorübergegangenen ift eingetreten.

Viel intereffanter ift bie «etratyung, wie ©pino^a fi$

in 23e$ieljung auf bie ^i(ofo^ifc^e 9ftetfyobe überhaupt unb

bie cartefifäe inäbefonbere behält. C£r begann mit einer $)ar*

fteüung beö cartefiföen <Styftem$ unb fonnte fyter nic^t oermeiben

audj jene bier fünfte $u berühren, mit welken CSarteftu« ba«

ariftote!ifd;e Organon ablöfen $u tönnen atauUt. ©r bereinfad^t

fie unb rücft fie ein wenig gurec^t, fo bafj fie lauten wie folgt.

1) Omnia praejudicia deponere: 2) Fundamenta invenire,

quibus omnia superstruenda essent. 3) Causam erroris

detegere. 4) Omnia clare et distinete intelligere. ,§ter

ift allerbingS föon etwa« mefyr Ueberblirf $u gewinnen, aber

bie <3c$wäc$e geigt fiefy nur noety beutüc^er. £)er bierte $un!t,

bie gorberung, äffe« Kar gu erfennen, enthält nur bie allge*

meine Aufgabe, aber nicfyt bie ßöfung. $)er britte $unft, bie

gorberung, bie Urfacfye be$ Srrtfyume ju finben, ift eben auefy

nur eine gorberung, Wäfyrenb e« fiety eben babon fyanbelt, wie

man tyr genügen fönne, wie man ben 3rrttyum entbeäe.

©leictye« gilt bom erften $unft, bem Ablegen ber Vorurteile

— CSartefiuS fyatte e$ freiließ fo gemeint, ba§ man bon allem

Ontyalt finnUdjer STßafjrnefymung gängtic^ abftrafytren foüe —allein wa« bleibt al«bann für unfer (Srfennen noefy übrig?

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Chtbttcty ba$ ^uffinben ber gnnbaniente; hier geigt fich in bcr

eben fo t>tel fürgeren al$ Koreren Darfteflung be$ ©pinoga,

ba§ e* fidb öon 3been fyanMe, unb bajj man glaubte, e* gebe

gefttffe burch fich felbft etnteud^tenbe Sföahrheiten#au$ toefchett

fich alle übrige <£r?enntni§ aufammenfefcen (äffe. Stuf tl>re

31ufaä^ung fomme aüe« an — aber in melier SBetfe, nach

• welchem ^3rtnct^ bie 3ufammenfefcung gefchetyen fotf, bafür

bleibt aud; in biefer $>arfteüung eine tfücfe. (#feichtt)ohl füllte

Spinoga lebhaft ba« ^cbärfntg einer beftimmten «ietyobe:

aber »o^er fic nehmen, n>enn man fich nicht felbft auf eine

tiefer gefyenbe Unterfuchung einfaffen n>ottte? @pino$a nmjjte

ftaffc ber Eitel feiner Schrift geigt e«: Kenati Des Cartes

Principiorum philosopliiae Pars T. et II., More Georae-

trico demonstratae. Wim fieM, bie Geometrie ^atte

noch nicht aufgehört um ihre iüfethebe beneibet gu toerben, fie

n>ar n>ie in ben 3eiten fcor ^(aton noch ba8 Borbttb ber

ftyfoH^ie, man ^ielt, toie bama($, eine Stntoenbung ihre«

Verfahren« auf begriffe ohne weitere ^banberung noc^ für

möglich- £)ie« fliegt freiließ ein, ba§ man über bie £e*

beutung ber artftotettfe^cn 33eftrebungen oßütg im $)unfeln

war, benn beffen Berbienft befteht ja eben barin, ben toefent*

li^en Unterfc^ieb gtoifchen beiben gefehen gu ^aben. Um, bie

toir oon biefer Betrachtung ^erfommen, mu§ atfo ba« Beginnen

be« ©pinoga als ein burchau« oerfehfte«, al« ein unverant-

wortlicher 9?ü<ffd^rttt erffeinen, ai$ ein SRücffcfyrttt ber nur

noc^ Sri*&cr *f*> a^ ^er c&cn 8^8** be« 23faüebranche.

Die geometrifche 3Hethobe be$ ©pinoga fte^t nicht aufjer

3ufammenhang mit ben ^rtnetpien be« Gartefiu«, tote fich

bie« auch barin geigt, ba§ jener fich berfefben bei £)arfteflung

ber cartefifchen ^hUofopfn'e guerft bebiente; man barf fie am

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Page 136: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

122

fehen af« einen Söcrfuc^ confequenterer Durchführung beffen,

loa« ßartefiu« wollte, bem namentlich bei bem britten $unft,

welcher baö Ausgehen »cm Ginfäfften nnb SBerftänblichften

»erlangt, wohl bie Analogie be« iWatbematifchen t>orgefc^n>cbt

hat. £>ie$ auffaffcnb, meinte €>ptnofta bon tonten, b. h.

toon folgen einfachen Sattheiten ausgehen 31t muffen, meiere

burch fich felbft einleuchtenb, feine« »eitern SBewetfcö bebürfen.

3lu« feiern Slrjomen follte fich bann ade übrige ©rfenntnifc

äufammenfefcen, über ihnen fich aufbauen. Slber giebt e« benn

toirUid^ für bie WHofophie folche Hriome? »fit fich bie 2lua*

logte be« ÜMathematifchen noch irgenb weiter fortfefcen für

begriffe?

Iber wenn eine Shtwenbung beö geometrifchen Verfahren«

auf begriffe, alfo auf logtfcheö fliegen unb ^ilofo^^ifc^en

3nhalt, in fich felbft unmöglich ift, tüte fonnte fie nur bem

Spinoza gelingen? Sie gelang i(jm auch wirtlich nicht, ja er

i>crfucr)tc nicht einmal einen ftrengen unb eimgermaafjen inner

liehen Slnfchfujj an jene Sflethobc. 3n ber Ztyat nahm <&pu

noja, ^ier ganj ber fonftigen Energie feine« Reifte« ungetreu,

mit Meugerlicfyem oortieb, fowohl im Ausgang als im $ort*

fcfyritt. 3a, man barf fagen, wenn nicht ber Langel einer

wahren 9J?ethobe ilmt noch mancherlei getylfctylüffe offen ge<

laffen fyattt, fo ^ättc er auf biefem 933ege oon feinen öermeint*

liefen ^iomen niemal« ju einem 3m?alt gelangen fönnen;

ber 23ewei* liegt in ber «Sache fetbft, benn e« werben bie

einzelnen ©äfce ber cartefifc^en 9$tf»fop$ie, welche boch ohne

biefe äflethobe gewonnen worben, ffitx nachträglich burch bie*

felbe beriefen, ein Umftanb welcher, burch fich felbft fprechenb,

befunbet, bog bie SIHethobe olme Ginflug auf ba« ftefuttat fei

unb ht« nur ein äußerlicher, alfo ganj inbifferenter Slu#*

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Page 137: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

123

ouß tyntjufomme. 5ür ba« 9(uge nimmt fic^S rcc^t fc^ön au«,

toenn bie Axiomata oorongeftellt »erben, bann bie Proposi-

tiones auftreten, i^nen bte Demonstrationes folgen, enbttcty

Corollaria unb Scholia ft$ anfliegen; fagt man aber bie

23eu>eUart in« Huge, toelc^e innerhalb ber Demonftrationen

fyerrfc$t, fo roirb man fie eben fo feljr unmetljobtfcty al« un=

geometrifcty ftnben mäffen unb bie ganje mit ©tofy oerfünbete

SWetyobe beruht im ©runbe nur auf ben Ueberfdfrriften. Sie

!ann es au$ anber« fein ebne vorangegangene ftorfctyung, ja

otyne alle Orientirung über bie ©abläge? Wit biefem bürfti«

gen ©$ein von SRetyobe $at fi$ nun am} ©»ino^a fpdter

bei ber Sluffteüung feine« eigenen Aftern« begnügen muffen.

Unb bod) $at er felbft beutlic$ gefügt, bag $ier auf

©eiten ber SKetyobe eine »efentttye 8ütfe au^uffitfen toar,

bag er fte ausfüllen mugte, toenn fein (Softem ft<$ abrunben,

toenn e« geftigfeit erhalten foüte. On feinen nactygelaffenen

©Triften finbet fi$ ber TractatiiB de Intellectus emenda-

tione, et de via, qua optime in veram rerum Cognitionem

dirigitur; er ift ein gragment geblieben, unb ba« tooljl nietyt

aufäüig. Die ©c$rift ift aud) in tyrem Onnern nic^t« toeni*

ger al« abgefc^loffen, ber ©tanbjmnft aber ein gan$ anberer,

als ber Mögen geometrifetyen SDfetljobe, benn es ift ber 33er*

fu$ gemalt, fyier ben ©inflang mit bem metap^fif<$en ®e*

falt bes ©Aftern« ^erjufteüen. Die entföeibenben ©äfce finb

ettoa folgenbe: Die SCNetfjobe ift nichts anberes als bie Obee

ber 3bee ; es fann feine 2)iet$obe fein, toenn nic$t früher bie

Obee gegeben ift — biefe aber foll angeboren fein, tanquam

innatnm instrumentum; bie tuabre 3bee ift etma« einfache«—aotr ber ®eift erfennt bann am oollfommenften, toenn er ft$

oer vgTunmntß ce$ oourommenjien *x?e|cn$ gutvenoei. opter

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tarnt» toir lieber ganj in bic s3?äfye befc Softem« »on

^taüebrancfye unb be« objeftioen 3beati*mu$, ate toetc^er ft<$

un$ ja überhaupt ba« <£pino$ifc$e Aftern barfteüte. IMe befte

(grfenntnigttyeorie unb ^itofo^ifd;e SDietyobif, bereit biefer.

3beatt$mu$ fäfyig ift, finbet fi<^> nun aber bei ^3(aton; «Spinoza,

fo tt>ie awfy ber nafye oertoanble s3)Mebrand)e, finb fyier nity

über ^(aten hinausgegangen, fonbern unter ifnn jurücfgeblie*

ben. ©in ©Aftern, in toelcfyem baö (Sinjeltoefen unb nament*

ft<$ ba$ benfenbe in folgern ®rabe ber ©efbftanbtgfett

6eraubt ift, lägt feine Harc unb feine auSgebitbete ©rfenntnifc

ttyeorie gu — bag wir alle« in ®ott flauen, ift unb bleibt

bae Uebertoiegenbe; neben angeborenen 3been unb ber £efyre,

I bog ®ott in im« benft, bleibt gar feine J^eorie be« gorföi

unb Söetoeifen« möglich, meiere jicfy ber be« Slriftotele« ober

be« söaeon irgenb an bie ®citc fteüen liege unb ifyr ba«

®feic$getoic$t galten fönnte. £>o ift benn burc$ biefen £racta*

tu« jtoar bis auf einen getoiffen ®rab bie llebereinftimmung

ber sJtöetfyobe mit bem ©Aftern üot£bxad)t, aber atfe« feljft baran,

bag bier ein fixerer gortföritt für bie foeculatioe SHetyobe

gewonnen toä're: bie 5Mljobe btemtefyr fo tote ba« gange

Softem, barf al« ftütffafl $um Eliten betrautet werben, toä>

renb boefy fdjon ba« neue ®eftirn am £imme( fjeraufftieg.

<Bc fyat benn au$ bie geometrifebe 33etoei«art burc$ ben

Xractat feine Unterftüfcung, gef<$toeige benn eine ^egrünbung

unb 2(u«bttbung ermatten, gatt« e« überhaupt mögUc^ toar,

©on ehtfa^en unb in ftc$ felbft getoiffen Gegriffen ober @äfcen

auägefyenb in auffteigenber föeifye jufammenfekenb ju fernerer

unb neuer (Srfenntnig ju gelangen, fo l)ätte, gegenüber ber

^(nalDtif be« ^rtftotcleö, hier eine <Smttbetif auöaebübet toer*

ben müffen, aflein eine fote^e fyat toeber ©pinoja in feinem

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£ractat gegeben, necty fann fic überhaupt gegeben werben.

Der £ractat futyrt »ielmefyr gang wo anber* Inn, auf ben

2Beg ber unmittelbaren $lnfcbauung, er fpriä)t jwar aucty Don

©c^Iöffcn, ratiocinia, aber für biefe wirb feine Sftorm gegeben

unb fie muffen ja oerfctywinben gegenüber ben angeborenen

Sbeen unb ber alle* in - fid> faffenben 3bee <&otte$. Dag

©pinojas ©dpffe in feiner <ft$t bie gerühmte SMnbigfeit

nidf>t befifcen, wäre nic^t fo ferner ju jetgen — aber e8 wirb

»eiteren noä) baten bic <Rebe fein, bog, wa« 3lriftotele$ f$on

für bie ©dwgformen auffaßte, mit Gegriffen überhaupt in

feiner Slrt umguge^en ift wie mit mau)ematifd>en ®röpen.

Die Definitionen fcfyaffen fyter feine @t<$erljeit, unb bie fcfyöne

SBerljeigung, ba§ nur fortgebaut werben folle auf flar Cr-

wiefenem, eoibent Demonftrirtem, erweift fid) als gan* tüufo-

rifcfy unb in fic$ unmöglich \

Unb fo Ijat benn au$ bie ®ef$ictyte entföieben. l'eib*

nifc, ber bem Spinoza eben fo fetyr an mattyematifcfyer ©in*

fictyt al£ fytftorifä)em SBtffen überlegen war, wa$ tfyat er

^inftc^ttic^ ber Sttetyobe? — er rieü): $ur Sogif be$ Grifte-

tele« 3urü(f^ufet;ren ! Der matfyemattfctyen 9Neu)obe fyat er in

feinen ©cfyrtften fid; nicfyt bebient; baran tljat er fefjr wofyl,

barin Ijatte er feljr föecfyt. (Er felbft aber brang, wenn er

gegen Sodfe bie begriffe a priori in ed)ufc nafym, boety niä)t

bi« «ner beftimmten £tyeorie Oer. §ier finb nur auf einen

$unft gelangt, welcher nötigt, bcoor wir weiter geljen, erft

feitwärts einen ©lief auf bie weiteren ©ctyitffale ber baconi-

fetyen 8efyre $u werfen. Den baconifcfyen ^rineipien fjatte bie

SBerbinbung mit einer entfprecfyenben Xfjeorie be* QprfennenS

no$ gefehlt, burdfj welä)e fie allein tyre feftere Söegrünbung,

erbalten fonnten. £ier nun würbe ba« SBerf aufgenommen

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*on (ätoffenbi, oon #obbe«, öon 8otfe ~ ton feinem in h>a$r-

$aft baconifäem ©inne. ©affenbi, ein greunb be« epicurei*

Wen atomi«mu«, lenfte auf furjem SBege in <Senfuali«mu«,

ja ü)iateriali«mu« über, ber Don tyier ab fti$ bi« auf bie

önctycfopäbiften fortfefet. 2luc$ £>obbe« tarn über ben @em

fuali«mu« nic$t funau«: gegenüber bem f$olaftifc$en fteali«*

mu« ber Gbeen trat bie £e§re Ijerbor: Nihil est in intellectn,

quod non antea fuerit in sensu — eine £eljre, bie bei

ruhiger §lu«bitbung tyre (Sinfeitigfeit unb @ef%lic$fett $ätte

verlieren tonnen. Mein baju fam e« ni^t; ßoefe gab ber

5ad>e eine neue SRic^tung.

Söenn e« gunäc^ft galt aufzuräumen, elje man in bacoirf*

feiern ©inn bauen fonnte, fo faßte er mit richtigem £aft bie

(Sonfequengen be« objectiben 3beali«mu« in« Sluge; biefem

nämlicfy eignet toefentlicfy bie bebuetioe 3)tetfyobe, toelcfye beim

lefctlicty lieber auf unmittelbar gegebene, angeborene ^rinctm'en

3urü<ffüljrt. <S« giebt feine angeborenen begriffe: no innate

principles, ba« ift ber @afc, ben ßotfe an bie @j>ike feine«

Skrfuc^e« über menfdjltctye <Srfenntni§ ftellt, unb ben er nur

beutlic^er au«fpricfyt, al« ®affenbi unb £>obbe«. $lber tooljer

ftammen biefe ^rincim'en benn, toofyer ftammen überljaujrt alle

unfere begriffe? <Sie ftammen au« jtoei Duellen, einerfeit«

au« ben (Sinbrücfen ber Sinne, alfo au« ber (Erfahrung,

anberfeit« au« unferem @elbftben>u&tfem, einer innern (Er*

fa^rung, welche ber ^tfofoplj Reflection nennt, ganj ab*

toei^enb oon ber SSebeutnng biefe« SBorte« bei un«. 3n

folgern ©inne nun oerfucfyte 2o<fe eine loeitläufttge Slnafyfi«

unferer fämmtlia)en begriffe, tyrer ©ültigfeit; er toagte fi*

an eine große Aufgabe, beren Söfung toeber (Er noc$ feine

getoactyfen mar. <£r gab ftatt ber Unterfuc^ung nur toieber

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ein @hftem unb fiet fogar tu SHetaphtyftfcheS jurürf. (Statt

auf bie Operationen einzugehen, mit benen ber auffaffenbc unb

benfenbe ©eilt bie ©inneneinbrüefe »erarbeitet, fceanüate er

fid) einerfeits mit <£laffificattonen ihrer Ginbrücfe, anberfett«

nahm er baä im @elbftbeiou§tfem ©orgefunbene toieber für ein

Unmittelbare« unb förttt auch ^ter jur (Slafftftcation; baburch

aber gewann er nichts unb oerfchlojj ber eigentlichen Unterfudjmng

bie 28ege. 53on feinen primären unb fecunbären 3beeu fam er

auf primäre unb fecunbäre Dualitäten ber Dinge, oerwiefelte

fich in bie begriffe Slcciben« unb ©ubftanj fcon neuem, er*

flärtc bie @ubftanj ber Dinge für Möge £>öpou)efe, behielt

Sulefct nicht* at* SBorftelfungen (Obeen) übrig, brauste ba$

Söort Sbeen gleichmäßig für ©inbrütfe ber <Sinnftc$fett unb

ber inneren (Erfahrung, fo ba§ er eben fowol burch ungehörige

Trennung als burch ungehörige« 3ufammenmerfen bei all

feiner fäeinbaren JHarfjeit bod(> nur 33ertt>irrung unb Untoeg*

famfeit bereitet hat. (£$ blieb nur ber ©ebanfe einer Wnatyfe

ber begriffe unb Anatomie be$ Reifte«; burch ba$ £eroor<

heben ber inneren Erfahrung unb be« ©elbftbewujjtfein«, fo

wie anberfeit« ber 3urücfführung a^er (Sinbrücfe auf 3been

b. h- fubjectioe Söorftellungen, fyxt er beut fubjectioen 3beali«*

mus in bie £änbe gearbeitet, wenn mau nicht fagen will, ba§

er felbft fchon unter beut (Stnfluß biefer neuen ©trömung

ftanb. 3n feinem $fu$gang$puntt befämpfte er bas gunba*

ment be$ objectioen 3beali$mu#, bie angeborenen 3beeu, in

feinem Chtbpunft fommt er ^erlelet; unb #ant fehr nahe —welche nunmehr uuoermeiblich würben.

@o fommt eä benn, ba§ tfoefe, urfprünglich getragen oon

baconifchem ©eift, boch nur oon biefer 33ahn abgeführt h«t,

inbem er aurf; nur ben SenfualiSmuS befeftigen ^aff , anber*

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feitfi ibeatiftifchen «Specutationen nur ein neue« £fcov öffnete.

35k« jenen ®enfuati«mu« anlangt, fo liegt er burchau« nicht

im <Sinn baconifcher 9$rincipien unb ber 9Jcatertali«mu« ttriber*

ftreitet benfetben auf ba« entfehiebenfte, er ift auch nur ein

Aftern, auch nur eine ©pecutation, er xoiü auch über bie

lefeten Urfachen ber £)inge abfehtiegenb entfehetben, tuenn auch

in fe^r befchränfter Söeife. £)ajj aber ber bura) Söerfeteh an

£ocfe angefnüpfte neue 3beali«mu« feinbüc^ev al« irgenb ettoa«

gegen bie einfachen baconifchen <ßrinctyien auftritt, fofern er

ber gorfchung ihr gange« @rfcheinung«fe(b entzieht, bie« bebarf

feiner $lu«führung, unb gur Entfchntbtgung 8odfe« fann fyier

nur geltenb gemalt werben, ba§ e« in ber (Sache fetbft ju

liegen fcheint, e« f'önne bie tiefere *)egrünbung einer Ott-

fenntnijjtheorte in baconifcher Ottcfytung erft bann gegeben toer*

beu, n>enn auch bie ßonfeemenjen biefer neuen %xt be« 3bea*

li«mu« Kar ju Xage tagen. Säre i'oefe fchon feiner Aufgabe

getoachfen getoefen, hätte er bie Unterfucfyung befriebigenb ju

Enbe führen tonnen, fo toäre toeber 93erfeleh, noch ßeibnife,

noch Äant möglich gemefeu, unb oon einer neueren beutfetyen

^^itofo)>l)ie ^ätte nicht bie föebe fein fönnen. 9tfun ift e«

aber Socfe in ber Ztjat nicht gelungen, — toobon weiterhin

noch einige« Nähere — bagegen hat bie eben baburd) auf

einem gang neuen gelbe aufgetriebene @peculation unfere

Erfahrungen auf ba* njefentlichfte bereichert unb ergänjt, fo

bog, toa« bamal« noch nicht an ber 3eit u>ar, jefct nach

tauf einer gtptfc^cn liegenben ^eriobe, bielleicht ben £ag ber

Ärifi« erreicht haben möchte.

3ebenfatl« toar aunächft tfeibnifc gerechtfertigt, wenn er

auf tfoefe« Erörterungen f>in fidj noch nicht gefangen gab,

toenn er möglichft oiel oon bem Gilten noch gu behaupten

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fuctyte. <&v ftetfte bem $erfuc§ über ben menfctyfictyen SBcrftanb

(on human understanding) feine neuen Skrfucfye (Nouveaux

Essays sur rentendement humain) entgegen.

2Benn er l)ier ber Deoife be« <Senfuafi$mn$: Nihil est

in intellectu, quod non antea fuerit in sensu, bie afler*

bhtgö Bebeutenbe SBefcfyrä'nfung hinzufügte: nisi intellectus

ipse; fo fjat er baburcfy $ant ben 3Beg gefcafmt, nämlic$ ben

aprtorif<$en Sntyaft be$ Intellectus unb.fein SBcr^äftntg ju

anberen (Srfennrmgqueü'en 31t uuterfuctyen, an bie (Steße einer

ftnaftyfi« ber begriffe eine Anatomie ber Vernunft ju fefcen.

3fyn fctbft ^inberte fein eigene« <Styftem an einer gor*

fa)ung auf beut Gebiet ber (Srfenntnijjtheorte, benn bie $typo*

tljefe öon ber präftabtfirten Harmonie ^erfjaut ben knoten mit

bem @<$toert, ftatt itjn ju löfen. Den fanget einer ftaren

unb betoujjten Sfletyobe mugte ßeibnifc freiließ felbft entgelten,

benn er ift es eben, welker ben ^ifofo^ifc^en SBerfen biefeä

fonft fo grunbgefeljrten Spanne« ni$t nur einen a^orifttfd^en,

fonbern ptoeifen gerabegu bilettantif^en ©^arafter giebt; oft

aoer bietet fein ©tyftem an entfctyeibenber ©tefte, 100 n>ir (o*

gifd^c (Schärfe emarten foltten, unbeftimmte ©tfblictyfeit.

$Red^t bemerfenStoertfj in unferem Sufammenfjange ift es,

bajj Öeibnifc in jungen 3afjreu feinen ®eift auf eine allgemeine

Deformation ber ßogtf gerietet hatte unb bag er hier auger*

orbentU^ee gu leiften hoffte. Die #annooerfdje 33tMiothef

bewahrt einen ä'ugerft intereffanten ^anbfe^riftttd^en C^ntmurf,

ein gragment, in toelcfyem ber ^ß^ilofopf; bie fünften Hoff-

nungen au$fpri<$t, an bie ©teile ber für veraltet unb un»

genügenb gehaltenen ariftotetifc^en £ogif ettuaS 33effere« unb

Umfaffenbere« ju fefcen. Grbmann ^at e«, feljr banfeuStoerth,

in feiner ®efamratau«gabe unter No. XVI. abbruefen (äffen,

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unb fügt in ber 93orrebe bie Söemerfung Ijinju : prodit ex-

ordium auctorem juvenilem — ber toir ooüfommen Bei*

ftimmen. <S$ tjanbett ficty um f;anbgreifüd;e £>emouftrationen,

njefcfye ber Sftatfyematif, ber ©eometrie unb $(ritl)metif, in

nichts nacfyftefyen, unb auf jebe 9(rt uon fingen antoenbbar

fein, mit bcnen abfolute, ober tuentgftenö bem fefjr natje fom*

menbe Söaljrfyeit in unfefylbarfter Seife ettoacfyfen foflte: —Quomodo autem palpabiles demonstrationes — calculis

Arithmeticorum et Geometrorum diagrammatis pares, in

omni genere rerum confici possint, quibus vel veritas ab-

soluta, vel saltein cum sufficicntia data nondum habentur,

maxima probabilitatis gradus ex datis infallibiliter con-

cludatur hoc loeo ostendemus, traditis Elementis veri-

tatis aeternae, quae hactenus non aliter fuere inter

homines, quam olim frumentum silvestre, antequam ra-

tione coleretur. SluS bem gerneren erfefyen toir, bafj biefe

neue Sftetljobe aber foioofyl auf SIbftracteä al$ ©oncreteä

antoenbbar fein foflte, fie fotfte eine aügemeine Sauft be$

gorfc^enS unb (SrfinbenS fein unb ft$ sugtetä; auf SBe*

obacfytnngen unb (Srperimente crftredfen, SDton fieljt fyier ben

Einfluß ber bacomfä;en 9ft<$tung neben bem $eftreben ber

3eit eine SBerallgemeinerung be« geometrifd^en 93er*

fahren« ju gewinnen. $ber biefe jugenbftc^en Öffnungen

fonnte ber gereifte SDtann nicfyt erfüllen, unb toer toä're baju

geeigneter getoefen, a(S Seibnife, ber fo tiefe Äenntnig auf

matfjematifctyem ©ebtet befaß unb bem an Slftgemeinljeit beö

UeberbttcfS in allen gackern menfcfylicfyen SiffenS feiner feiner

3eitgenoffen gtei^ftanb. SBenn biefer, trofe oft toiebertyofter

Anläufe oon bem, toorauf bie ftzit fo lebhaft »artete, ganj

unb abfte^en mußte, fo ift ba$ ein frred^enbe« ,3eugm§ ber

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in ber @ac$e feftft liegenben Unmöglid&feit. — Statt mugte

aber tfeibnife gu(efct fefbft baß tptcbcr empfehlen, toaß er am

füfjnen beginn feiner ßaufbaljn toeit überbieten 31t muffen unb

in fönnen geglaubt fjat — bie ariftotelifcfye Vogtf. <£r tourbe

ein Senbepunft für bte SRütffüfjrung ber festeren; ja man fann

fagen, e$ fei fein befonbereö 53erbienft, ber geometrtfctyen 93Je*

tfjobe gegenüber auf SlriftotefeG fyingenriefen $u fyaben, benn biefer

ift immer no$ baß $>öf>eve, unb bann ein Segtoeifer für

foletye UnterfÜbungen geioefen $u fein, ate bie neuere Wilo*

fo^ie fie fyinficfytücty be$ im reinen ©rfenntnigoermögen (iegen*

ben 3n^a(t$ mit neuen Gräften unternommen ^at.

Der (entern Aufgabe füllte ßeibnifcenS fleißiger unb

rüftiger (Stüter, <£fjriftian ©olf, fid) nietyt gemadjfen , er

begnügte ft$ bamit, bie Setyreh beS SReifter« äugerlty gurec^t

in legen unb folgte bann feiner 5lufforberung fyinficfytlicty ber

ariftotettfetyen Öogif. gür biefe beginnt jefct ein neue« 3eit*

alter, ba« freiüd) na$ traft unb (Sinnesart feine« 93egrünber8

ntc^t eben t>iü fyoffen lägt.

(So »enig SBotf irgenb etroaä 9ieueä an ©ebanfen ge*

bracht l)at, fo ift er boefy toon grofjem unb entfd&eibenbem

(Sinflufj auf bie ®efta(tung ber nactyfolgenbeu beutfcfyen tyfo

(ofopfyie. Die neuere ^ijifofopljie, toie Söacon, <£artefiu$,

©pinoga, Socfe, felbft öeibnifc, fie übten, fyatte einen freien,

burctyauS nid^t fcfyutmägigen (£f;aracter, ja fie ftanb mit bem

tt>a$ in ben <S$uten trabitionett war in offenem Äampf.

£eibnife nun (enfte fetyon ein voenig in bie alte SKicfytung ein,

SBolf aber gab oon neuem ber ^fyttofoptjie toieber eine fctyul*

mäßige ®efta(t. 2luf ben Unioerfitäten toar eine öücfe ent*

ftanben, toe(dj>e ausgefüllt fein tooflte, bem entforacij SBotf

mit augerorbentüc^em (Sifer, allein auf eine ©eife, n>el$e,

9*

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unb ni$t burc$au$ toort^eit^aft, auf bic Wtofo^ie fetbft

jurücftüitfte. 33on ba ab fyat bic beutfctye ^ilofopfyie toieber

tyre freiere Bewegung großenteils eingebüßt, fie Ijat triel bon

«ßebanterie unb 8a)ulftaub angezogen, ein Umftanb, melier

namentlich Don ben (Snglänbern ifyr jum $orn>urf gemalt

loorben ift. ®otf führte eine reiche £a$l ^ilofo^if^er

@$ulbt«äpltneu gurücf, bie Sfleta^fif »elc$e er toieber mit

^Iriftotctcö pbilosophia prima sive Ontologia nannte, bann

bie in ariftotelifetyem <5inn erneuerte tfogif, bann bie 93|>$o*

logie unb enblid; noä) eine neue, bie $Jj>ttofty$ie be$ ^Hed^tö,

welche er ba$ Sftaturrecfyt, jus naturae nannte. SDlit allen biefen

metfyobifd) ausgearbeiteten DiSciptinen nntrbe er ber (Erneuerer

ber ^ilofopfyte auf beutfe^en Unioerfitäten, fc^uf ein pljilo*

fot^ifcfyeS publicum, ba$ bie nacfyfolgenbe (Sntnncfelung ber

^itofo^ie erft möglich machte; gerabe bie fctyeinbare £>eut*

liefert, bie aber nur auf gf(a$$eit beruhte, unterftüfcte ityn

babei. 2Ba$ ben Snfyalt anlangt, fo febenen bie föefultate

ber neueren $$ttofop$ie l>ier in befferm ©inflange mit bem

bitten unb £erfommli<$en, unb fyinficfytlid) ber gorm fyatte

$We8 ein n)i|fenfc$aftlid;e$, gelehrtes unb boä) lieber ein präet*

feß unb elegante« 5Infe^en, überall ttnfcifen unb Teilungen,

alle« rooljl üerfe^en mit Definitionen unb geräufd^oll auftreten* .

ben Debucttonen. tiefer fcfyulmä'jjige (£ljarafter nun Ijat fiä>

erhalten in £>eutfa)faub , fefyr »tel babon ift auf $ant über*

gegangen, ber nur burd) SBolf« Vorgang erftärlic^ toirb. Sluc$

in neuerer £eit l;at ©Petting £egel$ 33er^ältni§ $u tym aU

ein älwlid;e« barftelleu toollen, tt)ie ba$ SßotfS gu tfeibnifc,

unb luofyl niä)t ganj mit Unrecht. Dann befonberö erfetyemt

fytx bei Solf fetyon ba8 fyncretiftifäe Söeftreben, to>el#e$ tief

im beutfäen (Sfjarafter $u liegen fc^eint, näinlic$ ba« 23eftreben,

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Page 147: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

133

allen Meinungen geregt gu »erben, alles in fic^ aufzunehmen,

ju vereinigen unb gegen einanber ausgleichen — toic wir

bie* in herein ®rabe bei #ant, im (;öc(>ften bei £>egel

Wieberftnben.

£>iefe 2lrt ber 2Bolfifd;en Ehätigfeit jeigt nun fich nirgenb

bebeutenber unb einflußreicher a(ö in feiner £ogif, n>etc^e barum

für fein £>aut>twerf gesotten werben barf.

Schon bie Reformatoren hatten, in bem ©ebürfnig fich

an bie ©iffenfehaft, namentlich an ®riechifche8 anzulehnen,

neben 9?^ctorif auch bie $ogif ober £)ialeftif in ben $rei$

ber (Schufoiffenfchaften lieber h^ingejogen; auf ben Uni*

oerfitäten, namentlich ben fatholifchen, lebte ohnebie« au« mittel-

alterlicher £rabition noch bie ttogif in mehr ober weniger

fchofaftifcher SlnSbilbung fort. Site Unioerfitätälehrer lag nun

Söolf bie methobifebe SluSbilbung ber herrfchenben ^P^tfofe^ic

nahe, eben fo fel;r aber auch bie mögliche Bereinigung be«

Gilten mit bem ^euen, b. h- bie Teilung beö ausgekrochenen

Bruche«, welche ja auch ßeibnifc für möglich hielt. SPtft einer

für feine $ett ganj achtbaren tfenntnig früherer 3uftänbe,

namentlich beS Slriftoteleö, ^at Söolf in einem Duartbanb oon

beinahe 900 Seiten, fein grogeö Söerf, feine Philosophia ra-

tionalig sive Logica oollbracht; allein fchon ber 3ufafe mit bem

er auf bem £itel biefelbe empfehlen will, mug Berbacht erregen:

Methodo scientifica pertractata, ad usum scientiarum

atque Vitae; benn, bag bie SßffUo^k wif fenfchaftUch

behanbelt werben foll, ift gewig auffallenb unb bemüthigenb

für biefelbe, wogegen bie allju fehr im Sluge behaltene $8e*

Ziehung auf Söiffenfchaft unb Ceben befürchten lägt, bag bie

tieferen ^ilofo^tfd^en Probleme, auf welche e$ boch zunächft

anfommt, barunter werben leiben müffen. SDJan mug bie

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Page 148: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

134

S(u«bauer bennmbern, mit toefcher ber «erfaffer überall in bte

«reite geht, bentnä^ft bie bogmattfd;e eieic^mäßtgfctt , mit

welker er SBichtigc« imb Unwichtige« bezaubert, unb jebe« -

germent nieberhäft, »or atten aber ben tiefen ^rieben, ber in

biefem 33u$ ^errfc^t. (£« fyat nie einen @trett unter ben

*ß(jüofoj?l)en gegeben, es ift and; nicht« unerforfchlich unb un*

ftar, ber «erfaffer tueiß ade« unb er trägt alle«, ohne ftc^

irgenb au« feinem GSoncept bringen jit (äffen, mit unerfchütter*

lieber föutye oor: biefleicht ba« 3bea( eine« ßatfyeberpfjUofoptjen,

aber ba« traurigfte 53i(b eine« Wfofophen. @o ift benn

ba« treffücfye «uch, fobalb urir ben Sftaaßftab toafjrer ffyU*

fo^ie an(egen, burc^au« fRiecht unb öerberbttety. §ier ber*

trägt fiefy alle«, aud; ba« SSMberftrechenbfte, bte feinblichften

«eftanbtheite, ein jebe« fetner Äraft unb feine« Sefen« be*

raubt, taufen neben einanber, afler 9^etg $u tiefer gef)enber

Unterfucfyung ift au«gelöfcht, ber ®eift burctygefjenb« ertobtet,

überatt nur <S£reu unb «Seeaale, nur bie Arbeit eine« in

feiner glad^eit mit ftch felbft unenbttch gufriebenen Arbeiter«.

£>a« afle« aber um fo gefährlicher, al« ba« 33uch in atten

Reiten toohtgegftebert unb georbnet erfcfyeint unb bei bem

Sernenben nur gu leicht bie Stäupung ertoächft bie äußere

5Iufräumung fei innere ftchtootte ®eftaltung, bie Mannigfaltig*

feit ber befyanbelten Materien fei föetcfytljum innerhalb eine«

herrfcf>enben <ßrincip«.

mt ©off« Sogif beginnt ber eigentliche $reb«fchaben in

ber neueren 33efjanblung ber mistigen £)t«ctfclin auf beutfehem

«oben — ich ffcred;e hier natürlich nicht toon ber £ege(fchen.

tiefer Schaben befteht eben barin, baß man ba« Unoerträg*

lichfte in ©in Aftern sufammenbringt, untoerträgüeh nach *>tm

^rineip unb nach ber ^iftorif^cn (Entttricfelung, fo baß ein

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Page 149: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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compticirte* ®ebäube ertoächft, ba$ fid? o^ne gröfjefte Slnftren*

gung unb umfaffenbfte tenntnijj'nicht enjttoirren läfet, ba$ bie

flöpfe oerbunfefu mujj, ftalt fie aufbetten. 23on bicfen immer

loachfcnben (Sonfufionen toirb !)tcr nach unb nach noch (Siniges

ju Berühren fein, gunäc^ft bleiben urir nod) bei Söolf flehen.

3n 28olf$ ßogtf §aben bie fc^cn aufgegebenen unb oer*

toorfeiien ©chlufefiguren unb bereu Sttobert fid; lieber ein*

gefunben, boch nur bie brei ariftotelifchen nnb eö toirb mit

Slriftotele« ^erüorge^cben, baß nur bie erfte oollfommen (per-

fecta) fei — ein Verfahren ba« nicht eben als ein tapfere«

Vorbringen bezeichnet werben fann. £)ie feierte ®alenifche

gigur ertoieä fich als etioaä mehr benn eine äußerliche £>innt*

fügung, fie trägt in ber £l;at oiel bei, ba$ ariftotelifche ©Aftern

gur Älarljeit $u bringen unb auf bie i*robe $u ftellen; auch

bie oollftänbige unb fcharfe ®lieberung ber 9Eoben ftefjt ba*

mit im 3ufammenfyange. Seif ging alfo jum falben unb

Unbeftimmten gurücf unb tiefe bie ^panbljabe fallen, an ber bie

8ac$e ju faffen toar, — ioal;rfcheinttch beftimmt burch 2)ie*

lanchton, ber auf biefe SBeife reformirenb $ur Urfunbe jurücf

getoollt hatte.

%u<fy bie inbuetioen ©chlüffe fielen roieber neben ben

bebuetioen in gleicher föeihe; weit entfernt alfo, bajj bie reifere

Ueberjeugung beS Slriftoteleä jur (Geltung gefommen toäre, ift

nun bie toichtigfte Unterfcheibung, toelche eß auf biefem ®ebiet

giebt, aufgehoben unb oertoifcht, unoerjethlich gegenüber ber

®efammtheit ber ariftotelifchen Schriften unb bo^elt unoer*

Seiblicf), nachbem e$ einen Söacon gegeben.

Sehnliches gilt öonben h^pothetifchen puffen, bie

hier bid^t neben ben gignren in ber gorm oon gufammengefefeten

auftreten. S)a fie (SrfahrungSelemente, SHaturgefefee unmittel*

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bar einmifcfyen unb Bei fettem 3nt)aft gfeictytoof^ bic bebuctifce

gorm, b. f). bie gorm gcbanfenmäßiger 9totljtoenbigfeit an*

nehmen, fo tragen auety fic ba$ irrige bei, bie $Iuft atoifctyen

£>ebuction nnb Snbuction unfenntücfy gu machen. 3n folcfyer

$(rt barf man 2£o(f3 öogif anfefyen a(S eine 5JiifcfyMtg ber ari*

ftotettfe^en unb ber ftotfcfyen, bie bod; ganj in entgegengefefetem

©inne angelegt toaren, er gteljt auety mancherlei föea(e$, ^racti*

fc$e$ ja fetbft SKljetorifcfyeS Ijeran, toir finben Bei itjm baä

9(riftotettfc$e neben bem entfcfyieben ^nti^riftotettfe^en, 8eib*

nifc neben Socfe, Sortepu« neben 23acon, ba* 9ttitte(atter

neben ber ^eujeit. ©eine ^Paragraphen finb eben fo m'ele

©dt)ranfen, roeld^e ben äußeren ^rieben ^erfte((en ober oieunel)r

hinbern, baß auß bem SBiberfyruch ein gortfd^ritt hervorgehe.

93efonberö noch jum großen ©d^aben ber ©adt)e gereift, baß

SBolf ftets baö mathematifche ©fließen mit umfaßte unb

baffelbe in gleicher föeihe mit bem logifchen behanbelte. <£r

fagt gerabept, beibeö fei gleiten ®efefcen unterworfen —toonach benn bie Sogtf be$ $lriftote(e$ ein Ueberflüffigeä fein

müßte. (Srtoägen wir, baß ber Anfang ber £ogif mit ber

Unterfd^etbung be$ mathematifchen unb (ogifctyen ©fließen«

gemacht tourbe, fo fann man ^ter ihren (Schiffbruch erfennen.

3n ber 3ttathematif fyat, toie gezeigt toorben, bie Unterfctyei*

bung be$ ^((gemeinen unb 33efonberen feine ©tette, barum

finbet bort auch fein toefentlid^er Unterfc^ieb jtoifchen bebuc*

tioen unb tnbuettoen @dt)(äffen ftatt, bie (enteren fitanen mit

unter bie ©dpffe geregnet toerben unb haben 33etoei$fraft.

3m ßogifcfyen bagegen gilt, toie befannt, nur aisbann ber in*

buettoe ©etytuß, wenn Oon altem Söefonberen ba$ nadt)getotefen

toerben fann, toa$ oom Stffgemeinen auSgefagt toerben foö,

man muß afler Xtyik ber £)t«junction, aöer ®lieber einer

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9?ei§c oerftd&ert fein — ein gatf toetd&er nie ober nur fyßcfyft

auenaljmStoeife ftattfinbet; £)ie unenblicfye 9£atur fyat fyier feine

Analogie mit einer abftracten Siffenfctyaft, bte SReifje bleibt

offen, bie SWöglidfjfett ber gälfe ift nic^t $u überfein, bte

©umme aller oertoanbten <£rfMeinungen ntcf;t abgnffliegen.

Debuction unb 3nbuctton ftefyen fiety fyter, ttrie Slriftotele*

toußte, entgegen; nur für jene fann oon ©cfylüffen bte fäebe

fein. 2Öer betbc^ oon §aufe au$ mifcfyt, oerbirbt fiefy auety

bte grage, tote toett beibe im logtfctyen 3>nfen ettoa neben

etnanber gefyen, uttb ftcfy gegenfettig unterftüfcen fönnten.

$)ie geometrifcfye 9ttetfyobe toill SBolf gleicfytool;l in ber

^ilofo^ie ni$t gelten (äffen; als getreuer ©dritter ÖciOntfeeuö

toarnt er öor einer Art ber $>emonftration, toelc$e fic$ matfye*

mattfetyer Ueberfdriften bebiene, unb giebt, mit $inbfi<f auf

©pinoja, bie Aeußerltdt)feit beffen ju erfennen, ftc$ felbft aber

Ijä'lt er für nöttyig $u entföulbigen, baß er in jungen 3a$ren

unb beoor er Seibntfc befannt getoorben, feine philosophia

practica nadt) geometrifetyer Art bemonftrirt tyabe — (f.Wolf.

Logic, p. 33.).

$)te$ alles sufammengefaßt, fyat bie ßogif in 6$rifttan

SBolf« §anb feinen toafyren ®etotnn gemalt, an Söünbigfeit,

an flar^ett feinen gortföritt getfjan; fie toar toieber auf bte

33at)n äußerlicher £t)eilungen , auf einen gormaliSmu« unb

überhaupt auf eine unüberfeljbare Söettläuftigfeit gebraut.

Allein ba$ Uebel fodte no$ größer loerben, jtoei ungleich be*

beutenbere Sflänner, Lambert unb flant, traten in berfelben

föictytung ba$ 3fjre.

Wx ^aben oon Lambert ein große« Serf in jtoei

SBänben, ba«, toie ba« baconif<$e, ben ftoljen Xitel „$eue*

Organon" fityrt, bemfelben bei aller aufgetoenbeten ®eiftee*

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froft aber nicht entflicht. <£« ift hier nicht* jur (Snümmutö

aber oiel jur SBefeftigung bcr 3rrtfyümer gcfc^et^ett auß $toei

Urfachen, tueil Lambert gar feine Dcucfficht auf bett htftorifchen

Verlauf nahm unb bann toeil er, felbft 3)iat^ematifer , alle«

fehr in« atfathematifche giehen loollte. Wit folgern

Sinne h<*t er namentlich bie &hre oon ben Schaffen be-

hanbelt unb ^at bon bem ^cfic^töpunft ber formellen $oll*

ftänbigfeit bie vierte ©atentfe^e gigur toieber eingeführt unb

bamit ben gormaltömuS ton neuem befeftigt, ber noch fuq

guoor üon taut in feiner ftbfyanbfuug über bie Sptfcfinbigfeit

ber bier f^aogiftifc^en giguren angefochten toar.

$ant felbft fcfyetnt biefe 33ahn, n>a^rfc^etnltc^ eben burch

Lambert, fpä'ter oerlaffen gu haben, benn in ber 2$orrebe ber

Jfritif ber reinen Vernunft erflärt er ba$ Sföerf ber gogif

im Söefentltchen burch Slriftotele« jum ^(6fdt>tug gebraut, unb

in feiner Sogif fehen toir ihn getroft' auf biefem ®runb fort*

bauen. Mt bie Schnitte, mit benen er ba« (Srfenntnifjoer*

mögen anatomirte, alle bie oermeintlichen in ber Vernunft

felbft gegebenen Äategorieen tourben nun auch in bie ßogtf

getragen, ü>elche gu all ben ^Begriffs*, Urtheitö* unb Schluß

arten, welche fchon Söolf unterfchieben, auch noch oon Vernunft*

unb 33erftaube$begriffen, Vernunft* unb $erftanbe*fchlüffen,

ja Schaffen ber Urtheitefraft f»ra<h, fie überbie* nach Ouan*

tität, Qualität unb ü0toba(ität unterfchieb, fc bafj benn ein

wahrhaft babhlonifcher £h"™bau unb überbteS eine 33er*

toirrung ber Sprachen ju Stanbe gebraut ift, au« toelcher

niemanb, auch ber Scharfftnnigfte fich mehr oernehmen fann.—£>ie 3nbuction tt>irb neben ber Analogie ein Schlug ber

UrtheilSfraft — eine breifach größere Eertoicfelung , $er*

finfterung! (Eben biefer berjtoeifelte 3uftanb ift e$, »elcher allein

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mben ©ebanfen einer fo oer$tt)eifeftett $ü(fe, tuie tyn 99arbiü

juerft auffteßte, erffärtie^ unb möglid) macfyt, eine (Srfctyeinung,

toelctye in ber ST^at unter anbern Untftänben nic$t fyätte auf*

fommen, am toemgften 33eifaÜ ftnben tonnen. @<$efltng unb

bann befonber« £>ege(, bemäd&tigten ftcb biefe« ®ebanfen« eine«

rario&fen 9?catt«inud ober einer realen Sogtf unb bie §egelfd)e

@($ule fjat barin ifyren t)5c^ftcn ©tofj gefunben.

9tßein totr biirfen t)ier nichts überbringen, $U« Sickte,

im ®egenfafe $u $ant, bie Vernunft al« ein fpearfattoefl, bro*

buetioe« Vermögen prodamirte unb in folgern ®inn ben

Neubau feine« (Softem« begann, ba fünfte er tooljl bie 9tofy«

toenbigfeit einer fpearfatioen SDJetfyobe. 3n (Srmangehtug

einer fertigen, gu jebermann« (Sontrofle baüegenben, tyatf er

fi<$ mit einigen 5(na(ogteen jener geometrifeben, beren ftcfy einft

(Spinoza bebient. 3Kan muß bie $raft feiner SBerftcfyerungen

anerfennen, mit benen @afc au« <Safc notfytoenbig unb fonnen*

Aar feigen fofl. SBer nietyt glaubt, nnrb mit bem S3aunftra(

bebrofyt. <Sein ^Temperament gog il)n immer tiefer in biefen

$errori«mu« unb jttr £eit, al« er fi$ gur p(öfc(tc$en Um*

formung feine« Aftern« oon äugen Ijer gebrungen unb runb

untrer meffacfy Oon 3unftgenoffen bebrofyt fafy, ba timrbe, toa«

für Sftetfyobe au«gegeben tourbe, eine immer breiftere ©o&ljiftif,

fo bag, toenn man in ber neueren $l)irofopl)ie oon einer

„sßeriobe ber Unreblictyfeit" reben imfl, man fte oon Ijter ab

batiren mug. gierte mag etnigerntaagen einerfett« burdj) ben

tt)irftic^en Langel einer 9ftetyobe, ja überhaupt einer SRictyt*

febnur ber Söafyrfyeit, anberfeit« burefy ba« ®ebrange, in toef*

$em er fic$ befanb, entf^ulbigt werben, unb er fyat e« fpäter

ni<$t an 33efenntniffen fehlen taffeit — allein bie SBirtnofität

in bem teilten $Ut* unb |>ern>enben ber begriffe, fo tote

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auc$ ber oornefyme, geringfügig l)erabb(icfenbe £on — an

welkem Äant in einer befonberen ^btyanbfang Slnftoß nafym —Hieb feitbem in ber ?tyttofo#jie unb, wenn es mögltd; war,

fteigerte er fi<$ no$ mit ber f^ecu(attr>cn $b'fye, bie man er*

fliegen gu ijaben glaubte.

©Petting ^atte für feine erften ^i(ofo^ifc^en Arbeiten

feine beffere 9#etfyobe a(« bie oon feinem Vorgänger über*

fommene; a(« er ober bem ©Aftern nm ben Anfang be« 3al)r*

tyunbert« feine gleite Senbung gab, ba war offenbar fein

S3eftreben, anefy ber gorm na<$ gefte« unb Strenge« gu bieten

:

e$ war fein anbere« dufter oorljanben, al« lieber ber $(n*

fdjtfuß an ©pfooga. 3n ber testen $ljafe feine« ©Aftern«, ber

$fyi(ofopl)ie ber Offenbarung nähert fiefy Petting fogar einiger*

maafjen ber £ege(fcfyen £>ia(eftif; wirttic^e Söünbigfeit ber

go(gerungen unb foeeufatitoen $>ebuctionen nad&guweifen, foflte

fcfywer werben. Waty unferer feften Uebergeugung finb fle in

biefer Legion überhaupt nietyt möglich — augerbem liegt eine

betougte Sftetfyobe feinesweg« gu ©runbe.

jDag e$ Delling an 3J?ctt)obc fefytc, Ijat er oon feinen

fpecutatiben ^a^fofgern oft genug fyören müffen; auf biefer

(Seite fottte er gunäd&ft übertroffen fein. Unb bo$ fnityft

bie §egelfc§e üDiateftif offenbar an tljn an — an ba« £eroor*

gefyen ber $)upttcitä't au« bem Snbifferenten, be« Untertriebe«

au« bem Unterföiebrofen, ber ,93eftimmung au« bem Söe*

ftimmung«(ofen — fo bog wir e« nur mit einer 3Mttyttca*

tion gu tJ)un fjaben, unb öor allem blieb immer SBarbitt«

®runbgebanfe leitenb.,

£>a« ©ebäube ber bisherigen Sogif, welche fo fcfywierig

geworben war unb babei fo wenig (eiftete, würbe auf einmal

im SBSerty tief tyerabgefefct, fie erhielt ben Beinamen ber for*

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malen, tyr gegenüber fottte bie mattxiak at$ bie aüetn toaljrc

treten, W$t Bfeg um gönnen bev ®ebanfen, tote noc$ $ant

looflte, fonbern um ®ebanfen felbft foüte e$ fiefy fyanbetn, 3n*

fyäit felbft foüte burety bie 8ogif gemonnen »erben, ®ebanfen

au« ®ebanfen mit innerer ^cotfyroenbigfett Ijeroorge^en. <So

umrbe bie Sogif ein $roce§ unb nicfyt bloß innerhalb ber

griffe, fonbern an einem beftimmten <ßunft au$ ju Realitäten

übergefyenb; jugleicty fjatte man e$ ntd^t mefyr mit ber menfö*

liefen Vernunft $u tfmu, fonbern mit ber Vernunft an fiety,

ni$t mcfjr mit bem menfcfyttcfyen ®eift, fonbern mit bem Söeft*

geift. Diefe neue Öogif ent^iett bie formen be« £)afein«,

n>enn man toitt ber 2öe(tfc$Öpfung, unb bie« jugegeben, fo

mujjte freiließ bie frühere, n>etc$e nur eine ^anbljabe beS

^etoeifenS, im aüerbeften gatt ein bittet ber gorfetyung toar,

als ertoaS fefyr (Geringe« unb ^leuperU^e« evfdeinen. Un*

jtoeifelfjaft übertraf £egel in biefer 53atyn feinen Vorgänger

mit feiner abfotuten £)ia(eftif, toietoof^ nic^t ju leugnen ift,

bafj er bie immer toieberfefyrenbe gormet ber ©ntjtoeiung,

ber Negation, unb beö 2Biebergurü(fneI?men« ber fetstcren boc$

too^l öon <S$eüing fetbft entnommen, auö beffen mtyfttfctyer

UebergangSperiobe fogar manche« mit fyaften blieb. &)a$ aber

bie fpecieüere SiuSbttbung ber in Gegriffen auffteigenben realen

$ogif betrifft, fo toirb eö fd?tt>er bic SJermutfyuug ju unter*

brütfen, ba§ babei ein \oeit(äuftige6 Söucfy »on Lambert: Zu-

tage ju einer $lrc$iteftonif beö ©infamen unb CShrften —Dienfte gefeiftet Ijabe.

(Sin ganj befonberer Sertfy ioirb no<$ auf ben Umftanb

gelegt, bajj Ijter mit bem magren Anfang angefangen toerbe,

nämlicty bem begriff be$ reinen, b.ty. no# ganj intyaltfofen

3ein$, roeld&e« nod) gauj in ber 9*älje be$ Wd)t$ ftefje, aber

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fraft innerer ^othroenbigfett $u ferneren, gehaltreicheren 93e*

fttmmungen fich forttreibe. 5(ugerbem bajj biefer gortfehritt

nach einer tiefinnerlichen Iftothwenbigfeit geflieht, foll bie

wahre Rechtfertigung ber SNethobe bech Befonber« in ifyrem

weiteren Verlauf liegen, in bem föefultat, b. h- in ber burch

fie vollbrachten ©onftruetfon ber SBelt unb be« ^h^°f°^hc«

felbft. Uefcerhaupt Begegnen wir hier einer auffallenben Um*

fehrung: wenn fonft jn einem Segriff ein benfenbe« @uBject

unb ein gebaute« JüBject gehörte, fo Bringt fytt mittelft ber

aBfoluten SKethobe ber Segriff erftlich fein £>Bject unb bann

felBft jene« ©uBject heroor: ba« ©oncrete erwächft au« bem

SIBftracten. <£« I?at bie« allerbing« etwa« (Schwinblige« unb

fcheint einigermaajjen bem SeftreBen gu ähneln, ein ®eBäube

mit bem £)ach anfangen uttb au« ber Cuft heraB auf ben ®runb

herunterBauen gu wollen. 5luch Behält trofe äße« aBfoluten

Segreifen« btefe SOfethobe im (Stnjelnen ihre« gortfdjreiten«

etwa« UnBegreifliche«, allen Segriff UeBerftetgenbe«, 2Jtyfttfc$e«,

fofern jebem Segriff al« facultas occulta bie $raft gegeBen

Wirb, fich mit fich felBft $u entzweien, fein Rubere«, wie e«

hei^t, au« fich hertorjutrei&en, benn jeber Segriff, fo wirb

mit Befonber« wichtiger SRiene gelehrt, enthalte feinen SBiber*

fyruch in fich fd&fl — finb in einer anberen 8ogif unb in

einer anberen SBelt. £)aö nun ift bie SWethobe, oon welcher

au« man einft <Scf;elling fo unmethobifch fanb, er h<*Be nur

oerfichert, nur immer Behauptet, hier fei mit innerer Sftoth-

wenbigfeit conftruirt.

buchen wir un« ba« Siefen biefer 9Jtethobe nach unferer

%xt jurechtjulegen, fo erfcheint fie al« eine in ber Xfyat fehr

eigenthümliche Sfiifchung ber Beiben entgegengefefcten Verhoben:

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fie ift auffteigenb unb boc$ ge^t fic bon Gegriffen au«,

anfangt auffteigenb innerhalb ber begriffe, weiterhin jur

Realität überfctyfagenb; fic getyt bom Sdfgemeinen $um 93e*

fonberen, bom $bftracten gum ßoneveten, aber boety ift alle«

fo anber«, a(« in jenen un« befannteu 3)tet()oben, bajj auety

bic begriffe abftract unb concret eine gä'njKc^e Umformung

erfeiben unb bon concreten Gegriffen unb aBfrracten (Srföei*

nungen gefprocfyen werben fann. ÜDiefe 9)ftf<tyung ber 3)ie*

tfyobe entfbrtctyt benu, fetjr bea$ten«wertf>, eben ber TOfctyung

ber beiben Birten be« 3bea(i«mu«, au« welker wir biefe

(enteren ©tyfteme Verborgenen fabelt.

Söirb eine tritif biefer 3Kct^obe (;ier uötbig fein? —Söir benfen in einem fbäteren 9(bfc$mtt noc$ mauebc« £)aljin*

gehörige beizubringen, für jefct mag bie (£rfctyeinung burc$ fi$

fetfcft fprec$en. £>er ©rfolg f?at mittferwetfe fäon gegen fic

entfdjiieben.

<£« ift bie §errfc^aft biefer £)ia(eftif bereit« abgelaufen,

bie practiföer geworbene 3Bctt fyat feinen Sinti me^r für

Seltgebäube biefer Strt, bie 2$erftctyerung abfofuter ^otywenbig*

feit ^at ben $(ang bertoren, aumat ba bie Siüfürlicbfeit ber

(Sonftructionen, bie $tefbeutigfeit ber gormetn unb ü;re 28en*

bnng ba(b in biefem batb in jenem ©taue auc$ bem Gläubig*

ften f}at Kar werben müffen. £)ie 3D?ad^t ift OfwmacVt ge-

worben, bon ali bem (SHauj ift nur ber ©inbruef ber @opfnfttf

geblieben, Petting fytt mit einem tapferen SBort bie biel*

gerühmte 5ftetf)obe ber Hegelianer al« „galfc$mwi$eret" be=

jeic^net; wer beurtfyeifen wiü, ob ba« äöort treffe, bem ratzen

wir einen näijer prüfenben ©fW in 50iarl)ei^c!c,

« c^rifttic^c

Dogmatif gu werfen, namentlich bie Paragraphen über Huf

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Page 158: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

144

erfteljung unb llnfterblittyfett einer genaueren $lnftc$t gu unter*

gießen *).

Unb jefct, Harbern oon fo bieten ©eiten $er bie lieber*

geugung oon ber SßevtDcrffic^feit jener fpeculatioen 3>?ct^obc

anbringt, toie flehen bie £)iuge jefet?

3unä<$ft müffen toir uns oergegentoärtigen, bafj, fo lange

bie tfogif Befielt, fie au« ben grjjöten @t$toanfungen nid?t

IjerauSgefommen ift. SBäre bie ^Uofopfyie im SBefifc einer

Sfletyobe für bie fpeculattoe Arbeit, für bie felbftänbige $anb*

Ijabnng ber begriffe, fo loürbe biefe, toie e$ ftd; eben nur in

ben attererften Anfängen geigt, ityr größter @to!g geblieben

fein, fie toürbe ben ®langpunft ber gogif ausmalen. <5t>

toeit man bie Setyre oon ben ©e^lüffen für eine fyeculatioe

9KetIjobe Ijielt, ift biefe mit befonberer Vorliebe ausgebildet

loorben unb bilbet ben eigentlichen Äern ber Öogif. $ic$t$

befto toeniger fyaben über biefen nötigen $unft bie abioeic§enb*

ften Meinungen gefyerrfcfyt unb toäfyrenb oon ber einen <5eite

bie ^^eorie jener <S$lu6folgerungeit gu einem feften gorma*

liämu« geftattet tourbe, fyat man ft$ anberfeits baoon abge*

toenbet als oon ettoaS Unnüfcem, too nid;t gar @c^äbüdt)em.

@cfyon bie ©toifer gogen biefe Seljre feljr in« ©nge, bie (Sp'u

cureer fcenoarfen fie gang. ®ar nic^t anberä in neuerer 3eit:

bie grofje &aty ber ßogifer gerfällt in gtoei Waffen, oon benen

bie eine noc$ immer bie ßefjre oon ben Flugfiguren unb

*) (Sin ßünftter in biefem ftacty n?ar einmal« auc$ (#öfc$ef : man fcfjc

3. ©. ©. 258 feiner Cfkrgafce über bie UnftcrMtc^feit ber @cefe,

roo er in Sorten eine ^erfßnlicfye Unfter&Ii($fett fyeran$brea)fett, n>a>

renb bo$ §egel — nrie ©. fel&ft anführen muß — fe&r anSbrüd*

lic$ faßt: bie llnjterblid&feit be* ©eifteö beftelje barin, baß ber ©eift

an fic$ emig ift itnb baQ er aufgebt in ben «ttgemeinen©eiji.

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tfren 3Äoben als ben ebelften Söefife feftyält, bie anbere fic

gänglicfy übergebt, £)abur$ entfielt benn freiließ eine 8ü(fe,

eine £)ürftigfeit, n>eldj>er man nur burefy gen>altfame$ gereut*

gießen oon aujjerijalb liegenbem Material, $ftyc$ologifd;em, Sin*

tl?ropologifd(>em, fogar föfyetorifäem ober auefy anberfeit« lieber

9)ietapljtyfifc$em nnb felbft 92aturti)if|enfc^aftli^emeintgermaa6en

aufhelfen fann. <&$on mit ^etrus Bantus beginnt biefe mefyr

Ijumaniftifcfye ßogif unb n>enn man fiefy genauer umfefyen toill,

toaS in gvanfreicfy unb befonberö in (Snglaub als ßogif geljt,

fo fann man gmoeilen (£rftaunltc$e$ erleben: man ftnbet Sodfe

in ber äu&erften Verarmung. £)iefe Slrt Don rationaliftifetyer

£ogif, mefyr ober weniger in breite <2aalbaberei auSlaufenb,

baö fyofje Problem gang aus ben Äugen oerlierenb, finbet man

§« 23. in 3J*eierö Skrnunfüe^re (1752) ober in föeimaru*

Sßernunftleljre als Slmoeifung gum richtigen ®ebrauc$c ber

Vernunft u. f. to, (1790); tt>o benn fcfyon ber beutf^e 9fame

mit ber trabitionellen ßogif brechen fo«. Slber au$ in neuern

5Öerfeu, g. 33. in Zitters L*ogif toirb man bie tfefjre oon ben

©Flugfiguren, welche burdj mefyr als ein 3aljrtaufenb bie

(Sfyre ber £ogif getoefen, gänglid; oertniffen — getotjj ein Um*

franb, welcher Slufmerffamfeit erregen barf.

(£$ brauet tuoljl nid;t erinnert gu werben, bajj feine oon

biefen anti*ariftotelifd;en 53eftrebungen eö gu fo oiel luSbilbung

unb ünfyalt gebracht fyabe, ba§ etroaö gewonnen worben, roaS

etnerfeits bem 2(riftoteleS unb anberfetts bem 33acon fyätte

gegenübergeftellt werben fönnen. Slber auf ben gelehrten

©deuten bleibt bem iperfommen unb ber <3actye nac$ ba$ 33c*

bürfnife, £ogif gu lehren — n>ie war nun ba gu Reifen?

Man ift neuerbingS gurüefgegangen auf ben reinen $lrt*

ftoteleä, auf ben oon allen fpäteren 3ufä§cn gereinigten %xi*

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ftotete«. £>ie« ift unter ben obtoattenben Umftänben fc^r ju

loten, e« ift offenbar ein ©c^ritt jum Söefferen, namentlich

ba in bem für biefen 3wecf Beftimmten Serben*) fo forg*

faltig unb mit fo biet flenntnij? Gearbeitetes toorttegt. 2töan

ift auf biefem 2Bege toenigften« oon ber (Sonfufion, oon ber

enblofen 23ertüicfctuti0 be« £>eterogenften befreit, man Ijat ein

reine« in ft$ gufammenftimmenbeö Clement, unb, toa« mc$t

gering anaufc^agen ift, man befinbet fi$ auf fytftorifc$em 33o=

ben. $nberfeit« nun aber bleibt fe^r gu bejtoeifefa, ob man

fidt) auf folgern Sege in ber (Sbne ber 3eit befinbe, ob biefe

Söiffenföaft um jtoeitaufeub Sa^re gurüeffte^e unb in

fofem boety nur nneber im 3«fantmenftoö mit heutiger 2öiffen=

fctyaft neue SBertoirrung ftifteu müffe. Sebenfatt« aber liegt

in fofctyer Stuöfunft toofyt ein testinionium paupertatis, ba«

titelt bemüt^igenber auSgefteüt werben fonnte.

5ttan ift überbte« genötigt getoefen, ber biegen $er=

ftänbUc^feit toegen in biefe erneuerte fiogif be« Slriftotele«

mancherlei au« beffen 3Ueta^^fif l;ereinjujiel)en; barüber ift

benn einerfeit« ba« ^ßropäbeutifche, ba$ boety ^au^>tfäd^tt(^ im

(Sinne tag, oerforen gegangen, anberfeit« aber ber ganje %b*

ftanb ber 3*Uen unb (gtanbpunfte $u Jage gefommen.

*) SSen £venbetenburg: Elementa Logices Aristotelicae in us. scuol.

et cet. Unb beffeit (Erläuterungen ju ben (dementen ber ariftotelt*

fd)eu Sogt!.

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L\.i

$ie Heineren @t)jieme ber neueren 3ett

$)a« ^etyroanfenbe unb Otücfla'ufige ber fpeeufatioen 9)?e*

t^obe, ja gerabeju bic iBcrjttjctflung an berfe(ben mufj natür*

li$ jugleicty einen tiefen Statten »erfen auf bie Styfteme,

toefetye fiefy bcrfelben bebienen unb auf ifyr rufyen. @ott bie

@ac§e gut fte^en, fo mufj bie Sfletfjobe me^r (Mtigfeit tyaben

M ba« Aftern fefbft, ba* ja erft oon tyr feine ©tfifee

empfängt. 2lu<$ eine richtige SDietljobe fann no<$ mangelhaftj

angetoenbet toerben, aber nie fann eine fatfe^e 9#etIjobe ju

guten unb fixeren töefultaten führen. SInberfeitS ift bie|

gruc^tSarfett ber 9)?etyobe, bie 53eftänbigfeit ber ftefultate

ber befte 2)iaaßfta& für beu Söevtlj ber 3Ketl)obe feI6ft, in

biefer £inft$t |ftt bie bacomfd)e, bie Stfettyobe ber 3nbuction

bie glänjenbften 3eugnijfe für fid) aufeutoeifen: nichts bem

$lel)n(icfye$ fann irgenb ein fpeculatioeä Aftern für fic$ unb

feine Sftetfjobe anführen; bie SBetounberung einer begeifterten

@c$ülerf<$aft Ijat nirgenb £auer gehabt, ber £raum grogen

SöefifceS ift wffogen, beut SRaufd; ift noefy überaß ein unbe*

$agli<$e« ®efi$t gefolgt. 2BieoieC befielt benn no<$ Don $ant

unb gi$te, Reifing unb $egel? Söiö man ber 3eit, in

t»el$er toir feben, nic£t atfeS UrtljeU abfprectyen, fo tyat fie,

10*

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f<$ti>etgenb unb rebenb, Bereit« ba« Xobtengertcfyt gehalten:

unb jtoar jugfeidj über bie <Styfteme unb ifyre Stfettyoben. $>ie

©tyfteme finb unbeftänbig toegen ber Un$u(anglicfyfeit ober

gatföljett ber 9)?ctf;oben unb biefe fpiegeft ftety in ber Unl)alt=

barfeit unb (Srfolgfofigfeit ber (Styfteme fetbft roteber ab.

Aber feien fie aueb oom 3rrtijum, barum oertteren fie

unfer üntereffe noefy nicfyt; aud) ber entfe^iebene, ausgefragte

Srrtljum ift in ber ©efctyicfyte ber SBiffenfctyaft *on großem

2öerty, er ift ber SBeg, oft fogar ber fürjefte Seg jur aöafjr*

Ijeit. £ief unb treffenb fagt SÖacon: Yeritas saepe oritur

ex errore, nunquam cx confusione. ($erabe biefe (£nt*

fctyiebenljeit be« ®ebanfen«, toemt immerhin auf falfc^er SBafyn,

macfyt ben Söertlj ber oier großen beutfcfyen "ißljttofopljen neuerer

3eit au« unb fiebert i^nen einen 9?ang, ber auc$ noefy für bie

go(gejeit beftefyen fofl, fetbft toenn biefe nicf;t fic$ unmittelbar

auf üjnen aufbauen fann. deiner tf;rer 3eitgenoffen, ba$ ift

unfere Meinung, fann ifynen biefen föuljm unb $ang ent-

reißen, benn biefe ftefyeu neben if;nen unau«gefyrorf;en unb

unentföieben, Ijatb unb unftar ba. @e(bft oon jenen £>eroen

im ®anjen unb Cinjelnen abhängig, finb. bie Sttobificationen,

mit benen fie jene oerbeffern wollten, nur Sßerf^rec^terung

unb bie <8tyfteme, n>e(c(;e fte au« bem SJaumateriat jener auf-

bauen lootften, finb nur SSoIjnungen ber Hrmistf neben $atäftett.

S5Mr muffen g(eic$tt>ofy( aud; biefe fennen lernen. (£«

gehört jur ooüftänbigen fenntniß ber <Styfteme ba« ju be*

rücfficfytigen, n>a« au« iijneu fyeroortoäcfyft, ja loa« f!$ an fie

anlehnt. 3ebenfall« nun aber ift e« unentbehrlich für eine

Ueberfictyt ber Söeftrebungen unferer £eit genauer barauf gu

achten, roie man im <&eftyl, baß jene großen @tyfteme Anftoß

erregen ober ni$t beliebigen, mit Aufopferung be« ©inen

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ober Slnbern, fich au« ihrem Inhalt engere ^ufetynitte machte

unb fich fleiner einzurichten fuchte. Unter folgern ©eficht«*

fcunft »erben toir bie berfurf;ten 9cebenfhfteme tfant«, <Bd}tU

ling« unb £>egel« ju betrachten haben ; bie «Summe biefer 33c*

ftrebungen, fall« fie fich benn umfaffen lagt, giebt un« ein

23ilb oon bem, »ad ber ^ttofopfjie getoibmete Gräfte in

Deutfchlanb tvährenb be« legten halben 3ac)rhunbert« geleiftet.

3unä$ft toäre griebriety Heinrich 3ac ob t'« ju gebenfen,

ber fich freiließ mehr auf fritifc^en ©treifjügen betoegt unb

fein eigentliche« Aftern in Slnfpruch nimmt, beffen^ ©runb*

anfehauungen aber boch in unoerfennbarem 3ufatttmenhange

mit tfant fte^en, fo bag er al« ergänjenbe <£rfcf;einung angu*

fct)en ift. Senn $ant ber menfehlichen (Srfenntnig biejenigen

phUofophifchen 06jecte, tuetc^c fonft immer al« bie ^dc^ften

gegolten hatten, in«befonbere ©ott, greiheit unb Unfterblichfett,

oöllig entzog unb fie nur noch al« ^oftulate gelten lieg, fo

benufct 3acobi bie« 9lu«fcheiben eine« fo wichtigen Gebiete«

au« ber Wdofapfyt um e« bem (Rauben gujuetgnen, bann

aber geht er noch einen Schritt weiter, unb fucht ben ©lau*

ben al« eine neue 3nftanz in bie tyfyiofaptyt einzuführen, ein

unmittelbare«, inftinetioe« ©iffen wirb über bie Vernunft,

über bie bewußte (Srfenntnig gefefct: ein offenbarer föücffchritt,

eine unleugbare Söerwirrung be« gefammten (Srfenutmßgebiete«.

<£« hat B'mn ju fagen: jene Objecte liegen fo hoch, baß fic

oon menfehttcher ©rfenntniß, öon bewußter ©rfenntniß nicht

erreicht werben fönnen, allein ba« Gewußte bem Unbewußten

unterorbnen, bem Glauben biefelben Functionen unb Objecte

^eignen tote beut ©rfennen, ihn al« eine befonbere unb t)ö^crc

*ßoten3 be« (Srfennen« einführen, ba« hebt aße« au« feinen

gugen unb macht ber ^J^Uofo^ie ein ©nbe. Oacobi war,

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ttie toir nocb geigen gu fönnen ^offen, einer großen SBafyrljeit

feljr na^e; allein toie er c« faßte, oerbarb er alle« unb man

hat fich nicht ju umnbern, toenn er bei ben $hilofoj)h«t feine

(Mtung tfat erlangen fönneu.

©ir fommen jefct auf £erbart, ben Nachfolger auf

Äant« ^itofo^ifc^er tatljeber, beffen tfefjre fich in mancher

33e^ie^ung al« Fortführung unb ^Berichtigung ber fantifetyen

giebt —- ihre $)arftellung , Junta! wenn e« in ber #ür$e ge*

fd^er>en foll, §at toegen Langel« eine« burchgehenben ®runb*

gebanfen« ihre befonberen ©chioierigfeiten. $erbart glaubt,

ber $$ttofotf befinbe fich im Angefleht getoiffer iiefgehenber

@chtoterigfetten, toelche $u heben feine hauptfgliche Aufgabe

fei. 53or allen fingen ftnb e« jtoei fünfte, toelche folcfye

©chtoierigfeiten enthalten follen, einmal: bie 33eränberung,

unb bann: toie <$in $)ing mehrere (Sigenfc^aften Beppen fönne.

Um biefe <Schtt)ierigfeiten ju heben wirb eine überau« fchtoie*

rige Sttetaphhfif erbaut, toelche eine toeitläuftige Theorie öott

ben Störungen unb 8elbfterhaltungen ber Söefen bringt, ju

»eitläuftig, al« baf? u>ir fyier barauf eingeben fönnten. $öir

toerben toetter hin eine anbere ungleich einfachere ßöfung

finben: fie liegt nicht in ber SWetop^jif, fonbern in ber

Cogif; eine gefunbe £ogif lehrt, baß jene @c$tt>ierigfeit ein*

gebilbet unb erfünftelt toar, nur beru^enb auf einer ganj

fallen Söorftellung oon bem SBefen unb bem Gebrauch ber

begriffe. Sfian fieht, tt>ohin eine ytydcjoptyt bon ibealiftifchem

©tanbpunft au« fommen fann, toenn fie ba«, h>a« unraittel*

bare S^atfac^e ift, ablehnt, ben 93oben ber SBirftichfett unter

fich fortftögt unb in bem luftigen ®ebä'ube öon Slbftractionen

$alt )ud}t. on ber 2 bat, man mufj glauben einen Schüler

be« eleatifchen 3eno ^ttofo^iren $u ^ren — fo toenig hat

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\

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bic 9tyifofö^te in $rcei Sahrtaufenben geleiftet! (Sie fteljt

noch genau in bemfelben Srrthum! 9iicfyt ötct ftärfer jeigt

ficSfr $erbart auf ethifehern unb öfthetifehern Gebiet; an ©teile

ber $antifchen ^oftufatc bringt er eine $n$ahl oou Sbeen,

tvtc fie tym für ben Aufbau bequem finb, beren ganje föecht*

fertigung barin liegt, bag er fie hxaxxtyt; felbft auf <£legan$

unb Einheit beS ®ebäube$ ift toenig föücfficht genommen,

trogen $lufn>anb öon Äraft hat ber ^^i(ofo^)^ an bie $fto*

chologie gefefct, namentlich an bie £fjeorie ber «ufmerffamfeit;

burcfy Hntoenbung ber ^at^ematif oermeint er fyier ®ro&e«

oolfbringen ju fönnen. Kßeiti er befmbet fidt) in einem un*

gefeitem SERijjoerftänbnig; bie ®rö(jentefyre fann nur auf

®röj?en, auf Mejjbare« unb 3ähl6areö angetoenbet toerben,

nur auf (Gleichartiges — bie 33orftellnngen finb aber ettoa«

unenblich Mannigfaltige«, unenblich (Somtolidrte«, ganj un*

trennbar öon ben ©egenftänben, benen fic entforechen. £erbartö

mattjemattfcfye *ßftychologie ift ein «Softem ton §lbftractionen

unb Selbfttäufjungen, ohne baö geringfte föefultat, oerfehlt

in feinem ©runbgebanfen — bafür r)at e$ felbft oon benen aner*

fannt »erben müffen, bie fich eine 3eit lang bamit befchäftigt.

(Schopenhauer, bem iperbart felbft geiftreictye unb treffenbe

mät jueignet, nennt £erbart$ ^3r>tfofo^te „ einen ©omölej

oon ^erfehrtheiten." Der Skrfaffer biefer SBlätter hat, unab*

hängtg oon jenem, ju feiner £tit anberß baoon geurtheift.

Unb jefct trifft bie fteihe Schopenhauer felbft, beffen

philofophifche ße^re fubjectioer Gbealiämu« ift unb nur an*

gefeljen »erben fann af« eine 3Kobification beä ^antifchen

(Softem«. Arthur (Schopenhauer hat eine föethe aum Streit

umfangreicher ^itofo^tfc^cr SBerfe gegeben, hatte aber bennoch

nie einen ftarfen (ginbrucf gemalt unb toar fo ziemlich »er*

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geffen, bie Serfe, welche bcr fyiftorifctyen Darlegung ptyilofo*

ptyifd;er ^eftrebungen gewibmet finb, nehmen bon bcn feintgen

entweber gar nidjt ober nur fel)r obenfyin tenntnij? — bis

jefet auf einmal Dorn SluSlanbe ber eine Anregung gegeben

Horben unb man pltffcttcty in Deutfd;lanb baS Söerfäumte fctyeint

nachholen ju wollen. 3m Satyr 1853 braute bie Wcstminster

Review einen ^luffafc unter ber Ueberfc^rift: Jeonoelasm in

German philosophy, in welchem <5c$openl)auer als ein

SRärttyrer ber Safyrfyeit unb als ein ton ber @$ttty$ttofep(it

Unterbrücfter bargeftetlt wirb. DeS Unterbrüdten fi$ anju*

nehmen ift ebel unb lann immer auf ©tympatfyieen bei ebeln

Beelen rennen, bie Deutfctyeu finb ol;nebieS eben fo geneigt

fiety »on bem Urteile bes SluSlanbeS imponiren ju (äffen,

als baS, was ftitC in ityrem <§d;oojj erwacht, gering ju fräßen

unb au oerfennen. Der Prüfet würbe in einer berliner

3eitung überfefct, rief, fo fctyeint es, barauf bie Briefe über

bie ©cfyopenljauerfcfye $$Hofo]>$ie ton Dr. grauenftäbt tyerbor

unb nun wetteiferten bie Journale in ber 23efyred;ung beS

neuentbetften beutfetyen *ßf)ilofopl)en, bem es überaus ju ftatten

fam, ba& es gerabe gegenwärtig an einem folgen ju fehlen

festen. Der Biewer I>atte befonberS Schopenhauers $ülm*

tyeit unb greimüttyigfeit ber beutfetyen <Sc$m>hilofop£)ie gegen-

über hervorgehoben, bann aber ihn boch als „ ercentrifch"

begegnet, r-ielleicht gerabe fein i*ob für einen ^ßtyUofopIjen.

3n Deutfchlanb lieg man es nicht fehlen, Schopenhauers

8el)re als baS „gentatfte" unb fogar „ confequentefte Aftern

"

ju bezeichnen, bem ein föang ne6en $ant, gierte, ©Delling

nicht ju beftreiten fei — Umftänbe, weld;e uns nötigen über

• bieS Aftern ausführlicher gu fein, als, wir geftefjen es, ohne

biefe S3eranlaffung wobl g<;fchetyen fein würbe.

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©cfyopenfyauer erflä'rt SKaum, $tit, ßaufalit&t für reine

gormen fubjeettoer Saljrnefymung , bie« allein ftellt üjn un*

toiberlegbar alö einen Kantianer bar, nnb er bürfte bemna$

bo<$ roofjl meljr oon <S$ulpljilofo|>fjie an fiefy f)aben, als feine

rfyetortfcfyen Parteigänger i§m geben wollen. $lber er ber*

beffert ba« fantifc^e Aftern — eine Operation, roetd^c jebe«*

mal ganj befonber« ju fritifc^em SJiifjtrauen aufferbert. %l&

fubjectioer Sbealift fyat er auefy mit tant ba« £>ing an fi$

gemein, aber er will eine anbere (Sonftruction beffelben nnb

er toill bie (Srfennbarfeit, b. Ij. er miß fyerau« ans ber (Son*

fequenj be« fubjeettoen 3beali«mu«. <£ö ift intereffant genug

311 fetyen, tote er bie« aufteilt. Sir tyaben al« Snbtoibuum

einen tfeib, 51t biefent Debatten tt)ir un« auf boptoelte Seife,

mittelbar unb unmittelbar, mittelbar inbem n>ir iljn erfennen,

unmittelbar, fofern unfer SiüenSact iljn bewegt, Sille unb

traft, traft unb Bewegung fei baffelbe. 3ufolge b *cfe* m*

fere« unmittelbaren SBerljalten« jum törper al« unferem $n*

fty hätten tt>ir ben ©Rüffel aum «tifty ber S)inge, welche

ityrerfeit« eben fo burdj einen unmittelbaren Sitten fi$ be*

roegten, alle 9toturfraft fei Sitte, man Ijabe bisher ben 93e*

griff Sitte unter ben ber traft fubfumirt, aber bie traft fei

oielmefjr unter ben Sitten ju fubfumiren. £)ie« ift ber Unter*

fctyteb oon tant unb ber tern beß ©ctyopenljauerfcfyen «Softem«,

wenn man oon einem folgen foreetyen will — naefy unfercr

Meinung freiließ eine Sluffaffung unb Folgerung, bie nur fo

lange beftefyen fann, als es an aller Storni für ben richtigen

®ebrau$ öon Gegriffen fefylt. Sir berftefcn unter Sitten

nun einmal eine Sleugerung be« animalifcfyen Gebens, biefe

33ejeic$nung unmittelbar auf $lnorganifdj>e$ ju übertragen, bringt

feinen <$en>tmt, mafy ben begriff nur felbft unfic^er. @o*

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balb bcr Körper eingemifcht unb at« <£lieb ber Sofgerwtg

gebraust toirb, fobatb &on bicfem Dualismus ausgegangen

»irb, ^at ber fubjectibe ObealiSmuS mit allen feinen Son*

fequenjen, alfo aud; bem Ding an fich, ein @nbe; toer bon

hier anhebt, für ben erifttrt baS Problem gar nicht mehr,

mit beffen Ööfung ©. fich befchäftigt. Unb meiere SöegriffS*

fcerimrrung, baS Ding an fich, b. h. baS bem <Snbject gegen*

überftehenbe Object felbft auf baS (Subject ju begießen! «ber

noch mehr: bann bieS im ©ubject befinbliche «nfich nrieber

3um toatyren ^ubject $u ergeben! Der Sßille fei baß Sefen

unfereS tförperS, er baS eigentlich Unmittelbare, er bie lefcte

Söurgel Don allem, in uns unb außer uns, auch »om @r*

lennen! ©S toar nicht möglich bie gute Berechtigung beS fub*

jeettoen SbealiSmuS, ber eben toom erfennenben ©ubject aus-

geht, fytx als im lefctlich ®eti)tffen $lnfer totrft, grünblicher

$u üerf^er^en unb öon einer flaren 3?ahn in« Silbe unb

SBüfte abjuirren.

§>tcr ift bei aller fonftigen <$^rlidj>feit boety öon £aufe

au« Unflarheit, SÖiig&erftä'nbnij?, Siberfprnch unb ©chfoinbel.

3mmer müffen toir fragen, toa* toirb benn gewonnen,

toenn toir an @teKe ber Sfatarfraft SRaturtoillen fefcen?

Jfraft ift baS X, bie gefugte Urfache, toelche ber SBcroc^

gung $u ®runbe liegt, Söiöe bagegen ift eine SKeta^er,

bie uns bem SBerth bon X um nichts näher bringt, «ber

bie @a$e rotrb biel fc^limmer: (Schopenhauers SBöittc ift etuxxS

Unmittelbare«, 9U<$tinteöigente«, unb baburch femmt in bie

etyiföe unb natürliche SBelt ein blinber unb gefährlicher gata*

ItSmuS, ber eine eigenthümliche unb toiberliche SDfifchung mit

ber $tyod)oxtoxit beS SWanneS eingeht. <£« fommt in feiner

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tfjropte gebt fo toeit, baß man lefen farnt (^arerga unb -

<Paraltyomena 33b. II. §. 156): „Söenn man, fotoeit eö an*

näherung«n>etfe möglich ift, bie «Summe öon 9*oth, ©djimerj

nnb geiben jeber Hrt fich oorfteflt, toelche bic <Sonne in ihrem

gauf befcheint, fo toirb man einräumen, baß e« Biel beffer

märe, toenn fte auf ber @rbe fo toenig, toie auf bem 2Konbe,

hätte ba« ?§änomcn be« geben« Ijeröorrufen fönnen, fonbern

toie auf biefem, fo auch auf jener, bie Oberfläche fich noch in

frhftallinifehern ^uftanbe frefänbe. Wart * ann au$ Wlfw

geben auffaffenal« eine unnüfcertoeife ftörenbe (Spi*

fobe in ber feügen 3tuhe be« Sticht«" u. f. to. — ba«

geben fei „eine große ätthftification", um nicht gu fagen

„Prellerei" — aöe« geben fei toefentlich geiben. Man muß

hienach ein tiefe« SÄitleiben mit bem ^^ilofo^en fyaben, toegen

be« leibenben unb franfen »Juftanbe«, ÖU* toel^em fetc^c

Äußerungen gefloffen, aber biefer $8ubbhai«mu« - fm'elt eine

f^Te^te SRolle unter ben pfyifofo^iföen @hftemen be« neun*

jelmten Saljrhunbert«. SDGan totrb e« nun oerftehen, toenn

(Schopenhauer« neuefte Anhänger an ihm rühmen, baß er bett

©elbftmorb nicht gerabeju empfehle, gleichwohl bleibt e« eine

^htfofophte f"r Inhaber be« @pleen unb angehenbe €>elbft*

mörber. 23on folchem 3lu«gang aber läßt fich toohl ber töücf*

fchluß machen: SBie troftlo« muß eine Wi^W* fci«, »enn

©ebanfen biefer Slrt innerhalb ihrer auffommen fimnen, toie

leer muß fie an (Srfenntntß fein, toenn oon borther gar fein

Sropfen bon geben«(uft fließt. (Srfennen muß nethtoenbig

OHücffeligfeit fein, ein« ^Uofotfte oh«« Wefuftat be« @r*

fennen« ift feine. (Snblich brängt fich noch bie SSemerfung

auf: 8Bohin muß e« mit bem 3eitalter nnb mit bem, toa«

baffelbe für tßhifofophie W% gtforonten fein, wenn fie fingen

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Page 170: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

156

biefer Wrt ein bauernbeö pfyttofo^tfctyeä Sntereffe zutraut. —<S« gehörte flüfmheit ba$u, ba8 a(s „gortföritt" über #ant

hinaus )tt bezeichnen. 2Wan fonn nur fagen, (Schopenhauer

habe ba« Unheimliche be$ fubjectiben 3bea(i$muS gefügt, fei*

nett frampfhaften Sfoftrengungen fei cö nur gefangen, ben ©inn,

nicht aber ben Unfinn beffelben gu jerftören — fo, ate pafyo*

logifche (Srfcheinung, immer recht intereffant unb fprechenb.

W\t oüe bem fofl aber nicht aufgehoben fein, bag <S$open*

hauer bie ge^er Ruberer beffer gefefjen habe, als feine eige-

nen. 2öaS bagegen bie pföfelich erwarte Liebhaberei für

©chopenhauer anlangt, fo ift auch fic nicht ohne 3eugnig, ft*

jeugt eben, bag bie £eit @chefling« unb £egels abgelaufen

fei, bag eine Leere beftehe — benn in ber Zfyat nur ber

horror vacui bürfte bie @rfMeinung erttären fonnen.

<öon ben ^ebenfhftemen ber ftft'ttttföen W^op^k fott*

ten toir nun tooht gu benen ber gichtefchen übergehen; allein

oon folgen fann toohl nicht bie SRebe fein, gierte befinbet

fich $u fehr auf ber fteilen unb fchmalen £öhe be« fubjeetfoen

ObealiSmu«, bog fytx feine SJfobificatton neben feiner Wiehre

Sßaum gefunben $at, oietmehr ba« ©chtoinblige berfelben fo*

gleich in mehrfacher 2lrt föeacttonen herrief. £)iefe (äffen

fich benn bielmehr gru^iren unb toeun man toill, fann man

fie fogfeich als Sßebenfhfteme ©Pettings auffaffen, toietoohl

fich unter ^nen noc$ unterfReiben lägt jtoifchen folgen, toelche

öon ©cheüing unabhängig unb folgen, »eiche Don ihm ab*

hängig finb.

Unter ben erfteren fcheint obenan ber fchon genannte

SBarbilt ftehen ju müffen; er ging aus oon bem ®egenfafc

gegen Äant unb gichte, füllte ben Stnftog unb bie ®efahr

ber (Sonfequenjen biefe« 3beali«mu$ unb umrbe jum entgegen*

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Page 171: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

157

gefegten $oI Angetrieben, inbcm er oor attem ®ott ati xtaU

fte« Söefen, a(8 ©wbftanj, feftfjatten tootfte, er fara gang in

bie 9iafye @m'noja$, toie fi$ nod; mefyr tyä'tte geigen tnüffen,

toenn er feinem ©Aftern eine tneljr ruhige unb metljobifcfye

ShiSbilbung gegeben.

3n fefyr äfynttcfyem gatt finbet ficfy griebricty @c$(eier»

mactyer, ber, um bie Slbgrünbe $u bermeiben, an beren ftanb

bie gid;tefctye $^i(ofc^te führte, feinen anberen 2Beg offen

fal) af$ bie Hinneigung 31t <Spino$a. <Scfy(eiermac$er$ 93erbienfte

um bie *ß$rtofo^ie finb Beinahe ebenfo grog, at$ bie um bie

Geologie, bocty liegen fie auf anberen gelbem, befonber« auf

bem gelbe ber ®efd;t$tsforfd;ung unb bann auf bem (bebtet

einer fpecietten pfjtfofopfyiföen $)t$cipfin. Söaö <ö$Ieiermactyer

für ein befonbere« Aftern unb für bie allgemeine ^ifofop(;ifd;e

Sftetfyobe getrau, obtoofyt er beibem feine $raft genribmet, fyaft

bo$ bamit nic^t gleiten ©ctyritt. @r feftft fjat Ijier aucfy bei

feinem $eben nid^ts oeröffentttctyt, bie ÜÄaterialten baju liegen

in feinen $or(efungen über SMateftif, toefcfye ben Herausgebern

nic$t toenig ju fRaffen gemalt unb trofc tfjrer gemiffentjaften

Söemüfjung nur in fcl;r unooflfommenem ^uftanbe auf uns ge<

fommen ift. fd^eint bie« aber gang befonberS auf inneren

®rünben ju berufen. @<$(eiermac$er ift ungleich fpinogiftt*

fc^er a($ 8c$efling, woran üietfeicfyt fctyon fein Slufentfyaft in

SÖcrttn unb ber 2krfel)r in Greifen, bie £rabitionen bon Seffing

unb 9ttenbef$fofm Ratten, mit <S$u(b fein mag. Pettings

ßefyre ift fc$on bon 3acobi früfoeittg mit föettyt als „umge*

fester (SpinogiSmuS " angefeljen toorben; gleite« tagt fi$

oon @<$(eiermacfyerS Sefjre ntcfyt fagen; benn fein ©Aftern ift

in ben ©runbgügen HWeribealiSmuS ber alten $lrt mit ftarf

Ijeroortretenben pantljeiftifcfyen (Symptomen: ein Aftern baS

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Page 172: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

fetner Watur naä) eine teilte ^Bereinigung mit gefoiffen £atq>t*

forberungen ber £ljeo(ogie eingebt, bte freiließ burefy gteicfc

grofa UeBelftänbe erlauft fett. «Ott ift bte Aftern*, afle«

getyt in iljn auf, au$ unfer $)enfen — baS l)at, ^Uofo^ifä)

Betrautet, feine Befannten (Sctynriertgfeiten, bann aBer ber

<§afe (CDiatcftif @. 154): „ffiir »iffen nur um ba$ ©ein

Rottes in un$ unb in ben $>ingen, gar niä)t um ein ©ein

®otte$ auger ber SBelt ober an fia)4' — ein ©afc, in bem

fi$ bie 3ftifa)ung bon ©ptnoja unb $ant fa)n>er oerfennen

lägt unb toe(ä;e aufjerbem bte tfyeotogifä)en $lnfprfi<$e ferner*

ftä) Beliebigen totrb. Wut burefy toeiüauftige unb niä)t immer

Rare £)ta(eftif fonnte @$Ieiermaä;er fiefy üBer mancherlei

tiefliegenbe <5$ttnerigFeiten biefcS inconfequenten ^anttyeiSmu«

unb ber (Sompofition aus Beiben Birten be$ 3beali$mu$ l;iuu>eg

Ijelfen. üDiefe IjalBe unb unffare (Stellung maetyt benn au$

feine £)ialeftif mit attem, n>a« er im (Sinjetnen ettoa

@efunbe8 unb <Sä)arffinntge8 geBractyt, unBrauctyBar unb er*

folgloS, fo bafc Bei ber S)arftelütng ber Stiftungen für pljifo*

fotfjifa;e 2)ktf?obe toir un« aufjer @tanb faljen, biefeS fonft fo

Bebeutenben 2Äanne$ näfyer $u gebenfen. (5$ fofl Ijier mefyr

ooßBracfyt toerben, als ©pinoja für möglich Ijieft, bie 93er*

einigung beS ariftotetifcfym gormgeBäubeS mit bem alles ber*

fa)lingenben *ßanttjei$mu$.

(£3 !ann unter gegenwärtigem ®efiä)t$punft rttct)t unfere

2lBfia;t fein, bie <Bd)ükx @ä)eüutg$ aufjubelt unb toenn

tyrer auety mehrere ft$ toeit oon bem Sfieifter entfernen, fo

ift e£ m$t im Sinne be$ gortfcfyritt« unb einer Ben>u|tes

fixeren Stöetyobe. Ceiber muf* man fagen, bajj eBen ba$ freie

©piet ber <5inBübung$fraft biete junge Männer in biefe SBafjn

gejogen $aBe, bie ftc$ benn in allerlei $arauelt$men, Äna*

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Page 173: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

logieen unb ^hMtofiefm'elen ergingen unb frei ber &orau«gefefcteit

3bentitöt beiber, balb ben ®eift in ber >Katur, balb bie 9ktur

im ®eift erfaffen wollten. £rorler, ©fchenma'her, SBagner

unb *>tc(c anbere gehören batyin, felbft bem geift* unb gemutfj*

teilen Steffens fann hkx feine beffere Stellung aufbehalten

»erben — fie öerblieben auf einem Stanbpunft, über welchen

ScheMng felbft weit hinau«ging* unb unoermögenb oon ihren

Seitenwegen au« ben neuen Söenbungen be« 9#eifter« gu fol*

gen, war ihre 9Me nicht eben beneiben«werth. ©inige, wie

3. 513. Ofen liegen je mehr unb mehr bie S&eculation unb

retteten fid^ auf ben Söcben em&irifchen Söiffen«; Steffen* be*

hielt ben Stanbpunft fpeculatioer ^hhft* bei, entwicfelte aber,

anftatt be« Angriff« nur noch eine fchwache 93ertheibigung.

. SU« ein etmgermaajjen felbftänbige«s3cebenfhftem fc^eint

hier ba« öon siaxt (Sfyriftian griebrtch .Hvaufe mit eint«

gen ©orten ermähnt werben $u muffen, ba ber Sßerfaffer,

ber Weber als £)ocent noch Schriftfteller ötet Cinbrucf ge*

macht, boch auf bem SBege ber greunbfehaft unb SBerbrübe*

rung tvenigftenö in gewtffen Greifen ju einem nicht unerljeb*

liehen «nfehen gelangt ift. Traufe ift au« Stelling« Schule

hervorgegangen, hat fi<h berfelben aber mit vieler (SntfRieben*

heit in einer föeihe oolumtnofer Schriften gegenübergeftellt.

Seine «ehre ift <ßanthei«mu«, Stmcrettemu«. 33erfchiebc*

artige ©lemente mifchen unb burchfefcen fich fo vielfach, bajj

e« nicht leicht ift, alle* ba« fogleich in« Älare gu bringen,

unb ber SBerfaffer befinbet fich in bem gangen SBortheil, ben

SBeitfäuftigfeit unb Unflarheit in ber Defenfioe 3U gewähren

pflegt. Wlan höre, wie ein Anhänger biefer ßeljre fich üto

ba« »erhältnig be« menfehlichen Reifte« ju ©ott äufcert um

baburch Traufe« Ö?eligion«vhilofotohie $u charaftertfiren: „2>te

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Page 174: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

160

©otterfenntnig unb bie SEBiffenfchaft Don ben göttlichen fingen

ift jtoar nicht au« ber enblichen Vernunft, aber tooht in

reiner Vernunft, a($ btc obige Offenbarung ©otteö an bie

SBernunft. Der enblicfye (Seift ift nämftch fein einfache« $Öe*

fen, fonbern ein ähnlicher organifcher herein mehrerer geift*

tiefer Gräfte, a($ ber £eib ein 83ereinganje« ton 9?aturfräften.

Die Vernunft fefljft aber, bie pc^fte inteüectuefle $raft be«

(Seifte« ift ihrer etoigen SBefenheit nach ein herein enblid;er

unb g ßtt lieber SKahrheiten." Die« fann in ber £fjat ge-

nügen um ju jeigen mit welcher Siflfür ber ^ß^itofo^ fchattet

unb in toefcfyer üßertvorrenheit er umfyerta^t. Sir befifcen

»on ifjm auc^ ein anafytifche« &krt oon mächtigem Umfang:

„Die Sefjre »om Grfennen unb ber CSrfenntnijj" — toenn f<hon

<Sch(eiermacher bie Bereinigung ganj ^terogener @tanb}>un!te

unmöglich mar, fo ift ba« Durch *einanber* rühren oon Wuftotete« unb ©M'noja, $ant unb Petting unb babei eine nach

aüen ©eiten fyn geführte <ßo(emif#im (Srunbe ^ne Befym*

tung für bie $$tt*fo|>$ie: nach unferer Betrachtung ber ein*

fachen fpeculatioen ©(erneute unb ihrer ©onfequenjen fonnen

loir einer ftritif über ba« SRefuttat ihrer 93ermengung un«

woht füglich für überhoben Ratten. Die togifchen Functionen

finb burch Reichen unfe Figuren erläutert, toelche toahrfchein*

(ich in ber Freimaurerei mehr ©inn haben mögen, a(« in ber

9J?ehr (Megenheit ju einer unterhanbelnben Betrachtung

geben bie ^ebenfhfteme ber £egelfchen ^h^^fo^ie, benn ber

(Sebanfe ber biateftifchen Sftethobe, fo gewagt er auch feiner

Statur nach fein mag, lägt in ber Ausführung boch oiefleicht

noch oerfchiebene SBege gu — aujjer jenem abfofuten! Doch

jeigt fich ba« $>egelfche @hftem fo übernnegenb, bafj atte Der*

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Page 175: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

161

loanbten @hfteme in Abhängigkeit oon bemfelben ftc^en unb

nur noch bie SKotte nachträglicher 9)?obificationen Rieten.

Sefbft einige ber Ritter haben, oon ber einen ober anbem

Seite gebrängt, Abweichungen oerfucht, toekhe gan$ aümätig

in fotcfye übergeben, bie fc^on Anforuch auf eigene ®eftaltung

machen, unb bann natürlich als 23erbefferung, ido nicht als

ein$ig möglichen unb berechtigten gortfchritt fich ausgeben.

SDtfan barf aber burch foi#e Söerfic^erungen fidt) nicht tauften

(äffen, im ®egent$eil ift es ftrenge Pflicht Ader, bie ein

reineö 3ntereffe an ber ^(jitofopbie ^aben, bie urfprüng*

liefen ©hfteme gegen fote^e ^erbefferer in ©chufc ju nehmen,

©tyftem ift nur baS, tvaS organifch aus einer SSur^el erfoächft,

aus einer felbftänbigen 9)iethobe, au« einem gerechtfertigten AuS*

gangSpunft fich herleitet; gan$ anberS aber hier, fco toir es biet*

mehr mit einem (SftefttciSmuS ju thun befommen. £>er ®runb

ber Aenberungen (iegt in bem 33eftreben, Anflöge im föefuftat

$u. entfernen , Anftöge, welche nicht immer auf inneren, fon*

6ern oft auch auf äußeren 53crhättmffen beruhen, ^un ent*

fteht aber bie groge unb wichtige grage, ob mit ber gelungenen

Entfernung ober ^in^ufügung einzelner Behren nicht baS Äoft*

barfte oerloren gehe u>aS ein <5tfUm f)at, bie (Sonfequenj

unb bie SWethobe, ob barunter nicht fein <3inn, feine hifto*

rifche Verleitung teibe. Da« Softem *ß nach

feinen grüßten 3U beurtr)cttcn; ber toachfenbe 23aum, ber bie

fauerften flepfet trägt, ift als Organismus ein ^ö^ereö als

ber Weihnachtsbaum, an ben man oergolbete 5lepfel unb

^uefermerf heftet. Dies follte man bei ber 33eurtheilung

oon Wlofophieen nie oergeffen unb befonberS am Ort ift

biefe Mahnung gegenüber ben Sßerbefferern $egels, bie fo

leicht befeitigen, fcaS ber heutigen Welt baran nicht mehr $u*

®ru**>c, 3ufunft b. b. ^Üof. 11

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162

faßt, fo leidet e$ mit bcm affortiren, tva« fie forbert. 9J?an

hat bas £ege(fche Aftern nachträglich mit einem pcrfönndt»cn

®ott unb mit einer ton ibm roöbrachten @chopfung oerfeben,

man fyat gefagt nur btefer perfönliche ®ott fönne ben tr-irf*

liehen ©chfujj ergeben, nur biefer fei ba$ Littel um bie

SBeltbialeftil in ®ang gu bringen. Unb ba$ feü gesehen

wtbefchabet ber §egeffchen $>ia(ettif be* 28eltgeifte8? 3a fo*

gar mittetft if>vcr ! 92un beim, toi^mufe e$ mit biefer Dia«

tefttf befcbaffen fein, trenn man mit tf>r eben fo gut ben per*

fönticfyeu als unperfönttd;en ®ott beibringt, ©inen ®ott unb

feinen ®ott! eine (Schöpfung burcf; ben ^^ifofe^en unb eine

(Schöpfung buref; (Sott! 2öaö aber »on atfem bem uad;träg*

ttchen unb äußerlich angebrachten 6tü$en $u hatten fei? Sflan

toirb fie un8 nimmermehr als ^erfcböneruugen, nimmermehr

ate ©rgänjungen be$ urfprünglicben $(ane$ barftetfen fonnen!

& finb ba$ 3eugniffc ber Eaufäfligteit, 3ugeftänbniffe, aber

leine £ülfen; bie öermeittttiche £>ülfe ift weiter nickte als

bie SBieberholung ber anerfannten gorberung: ein (Stanbpunft

auf welchem treffliche Gräfte haben Reitern muffen — 9m*

manuetgtehte, Seijje, George; auch tranig unb (Srbmann ftehen

hier, fo tote 5lnbere*), beren ^Öeftreben ftd;alunältg »erläuft in

bie iftachbefferungen ber eigentlichen <Sd;nler be$ Wtio^cptyn, ja

fetner felbft. Snbeß, trenn £egel am Ausgange feines &ben«,

um bem hauptfächlichften $lnftojj ju entgebett, nod; eine 2Belt*

fchöpfung gu conftruirett t-erfuchte, fo toar ba$ ber erftc Schritt

*) (£iuc fieine Sdjrift J>on diofymer «Anfang unb öitbc ber (Spccn-

tatioit" ift infofern intereffaut, als fie weiji bie fürjefte unb nadftefte

gormel unter aüeu auf SöegriffSbialeftif fcevnfycnbeu (Stoßenten cuefot

:

Gr confituirt »om 9Kf$t8 burcfjs Serben junt Sein — jenes fei

2Tnfang, bieß Gubc, jenes fatjrfje ütufre, bics ivaftre, jene* $u\ati$

bie^ Freiheit: ber SDnatiSmu« t>on ©ott unb SNaterie wirb evfetjt

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Page 177: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

163

pm Umftofj feinet Aftern«, ben ev bei (ängerem geben biet*

feiert eben fo grünbltd^ fjätte ooflbringen fonnen toie gierte—toietootyt fraglidj bleibt, ob er g(eic$ offenherzig ben ©anfrort

mürbe befannt fyaben.

3n größerem ^bftanbe haben Slnbere eine äfm(ic$e (Son*

ftruetton oerfuetyt, ja feCbft btejenigen meiere fid> im allgemeinen

po(emif$ gegen £egel Oermten, fonnen barum boc$ in tyren

eigenen 9Serfuc$en Don iljm abhängig fein.

Srenbelenburg ^at in feinen togiföen Unterredungen

itnb bann in feiner ®ef$ic$te ber tategorteenlebre bem ^>egef**

fetyen ©Aftern ben Umrij? einer anberen Wrt oon 953eftconftruc*

tion gegenübergeftettt. Gr tttö bie ©ntftefjung* ber mit au«

bem begriff ber <£ntftelmng — nein, ba« ntc^t gerabeju,

aber bec^ au« bem begriff ber 33eu>egung entttriefefa —

-

atfo Jebenfafl* ta« 23en>egte au« ber 23eu>egung, ba« (Soncrete

au« bem Slbftracten. @o fefjr biefe Strt ber (Sonftruction

fiefy auc^ fernhält t>on att ber 2$eru>egen!)eit unb $lnmaaf?ttc^

feit ber §egelfd)en, fo reife fie aud? auftritt, fo ift ber ©eg

bo$ berfelbe. <£« toirb ber oorftetytige Slu«brucf getoa^tt,

bajj bie ©etoegung ber ©ntftefyung ber £)inge jum ®runbe

liegt, fie nurb aber boefy babet prob u et t© genannt: ©fr

muffen fragen: luer probucirt? ba« benfenbe Subject ober

ein objectioer ®ebanfe? 6ö fcfyeint, dt« ob ber ^ßljifofoplj

ben 3Äom«inu« be« ©ebanfen« aufgebe, unb baljer oon £aufe

au« einen' Duatt«mu« feftfjalte, Kenten unb @ein, Jebe« mit

bnrtfy ®eift unb fleugt«. %nü> S erb er unb Öeorge fcaben ge-

glaubt *om SftidjtS aus confrruireu ju müffen, toooor §egel ft$

toofyltr-eisfict) ^ütete. luf beut $lu8gef>eu aont Bein beruht atfe

Scfyeinbarfeit feine« otyfiemS, oljne bte8 ijl ber ^ifofopl? in bem

gaff, tvie ©ott in ber 8djrtft, bie 2Mt aus ftid&te Raffen ju

müffen — für Ujn offenbar eine fdjwerere Aufgabe.

11*

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Page 178: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

164

feinen 'befonberen tfategorieen, realen unb mobafen, toelc^e

bann aber bo$ toieber in einanber übergeben: bte« tuärbe

eine getoiffe Slefynttcfyfeit mit ©Petting« erftem ©Aftern er*

geben, ujäfyrenb bie (Sonfiruction oon (Sinem ibeaten <ßunft

au«, ba« Sfaffteigen in Äategorieen unb ber Uebergang ju

Realitäten lieber fjegelifcfy ift. @« fefyft (eiber nodj an einer

au«füf)rli(fyen unb beftimmten £)arfteüung.

$tt« ein tefcter SBerfucfy bie 'Specufation au« Gegriffen,

öon ifjren toefentttd^ften SJnftöjjen befreit, noefy ferner aufredet

ju galten, ift au$ bie« ©Aftern t>on nt$t geringem Sntereffe;

eine burctygreifenbe Äritif liegt in ber Unterfuctyung über ba«

Söefen ber begriffe: 2öa« ift Raum, £ett, Bewegung? toe(d)e

Rotte fyie(en fic im menföüctyen Kenten? ijat e« <Sinu, au«

folgen Gegriffen bie groge £t?atfad;e: 2Bett aufbauen, pro*

buciren gu tooflen?

Uebrigen« ftefyt bie« ©eftreben nietyt fo einzeln ba; aud?

Rityle oon Silienftern u. §(. tpoöten mittelft ber ^etoegung

öom $unft au« bie 8inie, »on ber £inie bie Stäche, ton ber

gtäctye ben Körper conftruiren unb gaben fic$ ber Hoffnung

$in, auf folgern Sege fcom Slbftracten jum (Soncreten, Dom

©egriff jur £fjatfa$e gefangen ju fönnen — ©eftrebungen

bie, im fyärteften (Sonflict mit ftant, im ®runbe nicfyt« anbere«

finb al« $egel in Miniatur, aber au$ in biefer Verfeinerung

nfctyt frei oon einem s3(ntfjeü be« 9)tyfttfc$en.

2Bir fyaben un« abfi$tlic$ in biefer $)arfteüung etma«

befd^ränfen ju müffen geglaubt, toir fyUten fie leidet reifer

unb bunter machen fönnen — benn, toie ^riftotele« fo fcfyön

fagt: 9#an fann ba« >$iet nur auf ©ine Slrt treffen, aber e«

terfe^Ien auf btele 2Irt.

SBerfen toir $ier föüefeüc^ no$ einmal ben md auf

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165

afle bie SBerfuctye oon ©tyftemen, toetcfye bcn SRaum gtDtfc^en

bcm £ege(fcfyen unb bcm legten ®cfyettingifa)en auäfütten, fo

$eigt fiefy, bag fic$ in tynen ba$ junefjmenbe Söetpußtfctit bon

ber Un^attbarfcit ber £egetf<$en Sefyve auäfpricfyt, baß aber,

toaS fic an bie @tette fefcen, uaefy ^Uofoj>fyifä)em 3}ka§ftaBe,

fciel unjirfängfic^er unb n>ertl)lofer ift, mit nämtt$ ^a(5

unb nnficfcer, n>o ni$t in fic$ felbft ti>iberft>rea;enb. @3 giebt

eine ?Hetf;c einzelner unb tfjeihoeifer 3u0 cft^n^n^ffe /^ä^renb

Reifing in feinem testen Aftern mit einem einzigen großen

unb offenen Sßort ausgebrochen fjat, ba§ e$ unmöglich fei,

auö (^ebanfenbeftimmungen baö <Seienbe gu conftruiren —allein bie« eben mujjten u>ir be$eic$nen att SRücfjug auf ant.

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Page 180: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

I

166

X.

Stimmen fiBer btc Aufgabe öcr beutfäen ^(jilofo^ie

in ber 3ufunft,

2öa$ fott nun aus ber beutfetyen Wfofopfyie werben?

Sic Ijat oon flaut auö einen Ärefctauf gemacht, ift jiemlicty

toieber auf iljren $(u$gang8punft jurücfgefefyrt. £)ie ftotjen

Hoffnungen ber Speculation, mit treuer ber £tutfcfye fiety fo

fy>$ über feine $ad;barn glaubte ergeben $u fonnen, finb

fefyr Heinlaut geworben, fie finb in ein £>ecre«cenbo auäge*

laufen, ba« faum noefy weitere gortfefeung berfpricfyt. Mittler*

roette Ijaben ft$ auefy unter un« etngerne (Stimmen erhoben,

treffe inefyr im Sinne be$ $u$(anb$ ^itofo^irt f;aben trotten,

n>e(c$e ber Specufation entfagen unb ftcfy ganj ber @rfa!)rung

in bie Slrme toerfen. Sir trotten, fo biel an un$ ift, bie

ron »ergebenen Stanbpunften aus über bie 3ufunft beutfetyer

$$ifofop$ie geäußerten Meinungen fyören, beoor mir felbft

mit ber unfrigen fyerbortreten.

2öir tyaben eine Schrift oon (Sfyriftiau Söeifce, treibe

ben £ite( füljrt: £)a$ pljttofopfyifc^e $roMem ber ®egenü>art,

ein Senbfctyreiben an 3. Sickte, 1842. Sie unterfyanbeft mit

bem befreunbeten $^i(ofo^en über bie $rt trie biefer ben

perforieren ®ott unb bie Schöpfung in baä $egelf<$e Softem

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fjereinjiefyen ttntt unb ergebt, nictyt mit Unrecht, bagegen matt-

iertet ^ebenfen. Senn bagegen ber SBerfaffer am Scfytuß

ber Schrift fefbft im Umriß ein <St;ftem fyinftellt, toelcfyeS er

a(6 ba$ allein über §egel hinaus mögliche, alfo al$ ba«

Softem ber 3ttfuttft bejeietynet, fo oerbient bieS imfere bolle

^lufmerffamfeit, freiließ aber auefy eine ftrenge Jfritif. Söemt

toir ben SBerfaffer red;t t>erftel;en, fo tv-ill er, al$ „Urpofition"

ein tjödrfteS, vcatftc« Sefen, mit freiem bemustern Söillen be-

gabt, ber „auf fc$öpferifd;er $f;antafie" bernben feil. Dtcfcr

SÖiÜe nnb biefe fcfyöpferifd?e ?3bantafte foll bann (eic$t bie

(Schöpfnng »ollbringen nnb jtvar foll er außer fic$ toieber

eine 23iell?eir, üietfeid;t eine Unenblicftfeit anberer <ßofitionen,

bie gleichfalls SBitten, gtetd;fall$ toottenbe ^ubjecte unb ^ßer-

fönlicbfeiten finb, jeboeb xxidjt urfprünglic$ beftimmt, fonbern

i^re 23eftimntung Den jenem empfaugenb, ober auet) toon

tf^m ftd; neljmenb, baburefy eine räumliche Realität er*

(angenb, toie fie bie Urpofition Ijat, jeboc$ nodfj ton biefer

oerfetyieben. — 3n ber Xfyat trieber ein treffliche« Seft*

fcfyöpfungsrecept, oon bem nur fraglich bleibt, in tt>e(c$er Sipo*

tt^efe e$ l-eattfirt werben föuue! Die «Speculation erfd^eint

(n'er in ihrer gangen £Wße, beim alles baö finb gerbernngen,

aber ntrf;t £eiftungen, $(moeifungen auf 3ahh,nÖ> aber feine

Ballung j e$ finb Söechfel, aber c3 fehlt nur an Einern, näm-

lich an bem ir-elcher fie aeeeptirt. 3m Uebrigen jeigt fidt>,

wenn trir nnfere 9)2aagftäbe oon ben beiben ®runbarten be$

3bealiSmuS an biefe 8ehre galten, baß ba$ toaS in ber

fünft leiteten fofl, nur eine bunfle Stfengung entgegengefefcter

begriffe ift: jene Urpofitiou ift nichts anbereS als objectioer

3bcali$mn$ unb ber SBunfch bon l>icr aus fo ju conftruiren,

baß baS benfenbe 3$ gerettet toerbe, als 2)ionabe, toenn auc$

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a(« abhängige 2)tonabe, ba« ift in bcr ®efcfyi$te bcr $fji(o*

fo^tc Bereit« längft ba, ?eibnifc befannttid^ $at et berfu^t.

$ienacfy tüäre affo ber »ernte intttc^e gortfe^ritt noc$ toeit über

Äant jurüefgegangen unb un« roirb man nietyt berargen, toenn

toir barauf ganj unb gar feine Hoffnungen für bie 3ufunft

grünben.

Um feine Stimme ungefyört ju (äffen, nribmen toir au$

einige SBorte ber <Sd;rift: „®runbfäfce ber <ß(jUofo$>fyie ber

3ufunft bon Subhug geuer&ad;." <S« folt ba« monar$ifc$e

ober be«potifc$e ^ßrineto ber £>egelfcben <pf;ttofopIjie, ba« L'Etat

c'est moi, in« £>emofrattfcfye unb ©ociaUftifctye überfefct »erben,

unb man fann in ber £fyat toenigften« fo biel aufleben, bog

im föetety ber ®eifter bie au«fcfyüe6enbe Ueberfyebung be« 3m

bibibuum« am unleiblid^ften fei. $)er 23erfäffer forbert bann

aber, ba&, n>a« bi«fjer noc$ nicfyt geföefyen fei, fi<$ bie neue

Wfofo^ie bon ber aften toto genere untertreiben fofle.

<5« bejie^t fic$ bie« befonber« barauf, ba§ a(« Object ber

StyUofo^ie an bie ©teile ®otte« ber ÜKenf$ treten fofle.

$olemif gegen ba« (Sfjriftentfmm erfefet großenteils bie tiefer

gefyenbe pfytfofo^ifctye Erörterung, ber ^erfaffer fetytoanft un*

beftimmt jto>ifc$en 3beali«mu« unb fteali«mu«, gtoifcben £>ege--

liant«mu« unb @ocia(i«mu«. ®egen §eget fagt er mit föectyt:

bie *ßljUofo^ie ift fein abfoluter 2(ct, fein actus purus

otyne ©ubject — aber bann fäfyrt er fort: fie ift ein 2lct

be« menf^tid^en ©ubject«, unb fü^rt bie« auf feine

Seife au« *). Ob nun bie 3ufunft ber ^ttofo^ie im §inn

*) $ie @($rift fcrbfl ift tücfen^aft, ba bcr SJerfaffer um bie SSSette

mit ber fcenfur, wie er in ber Sorrcbe fagt, „Barfcarif<$ ge-

ftrictyen $at."

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be$ 33erfafferS toixtiid) eine ^ufunft ber <Pfyt(ofo#jte fei, barf

tool?( ftä'rfftenö Begeifert toerben.

2Bir gefyen ü6cr auf bte toertfyootte (Scfyrift beö trefflichen

Cannes itnb toaljren ^ifofopfyen in feinem ganzen SBefen,

beS erft bor fur$em unier fo ergreifenben Umftänben bon un«

gefetytebenen 33enefe. <2etne 3ubelfcfyrift auf bte Jcrttif ber

reinen Vernunft, welche ben STttet füljrt: $ant unb bie pb>

tofopbjfcfye Aufgabe unferer £eit — ift gtoar oom 3ab> 1832,

alfo ein 3abr naety £eget$ Xobe, bevfagt, (;at aber in iljrem

pfyttofopfytfc^en 3nlja(t iiicr)t antiquirt werben fonnen. i^enefe

fteüt bie genfer ber #antifcf;en $$Uofotfie bar att ben

©rwrtyauf toelctyem aller 3rrt(?um ber nacfyfatttifd^en 6tyfteme

beruhe, btefe ©tyfteme feien g(ei<$fatf$ toertijbott a(3 £)urc§*

gang$punfte,ate#rifen,bie freUid? ntc^t ju entbehren ioaren

bei bem einmal angefammelten ÄrantyeitSftoffe, bie aber felbft

$ranffyeiten finb unb borüber geljen müffen, toenn bie ®efunb$eit

tiriebergetoonnen toerben foö. CDcr 23crfaffer gegenwärtiger ©c^rift

ift bor unb na$ Senefe berfelben Mnficfyt getoefen unb unter*

ftreibt no$ Ijeute biefe Sorte unbebingt. 9hm giebt SBenefe

am ©ctytufj feines 23üd;(ein$ einen ^bfc^nitt unter ber lieber«

fd^rift: &u$fi$ten für bie 3ufunft — auf tyn toerben totr

befonberä unfer ^ugenmerf ju richten Ijaben.

^ac^bem iöenefe eine föeilje bon <ßfjttofopljen unb gorfetyern

be« 2Iu$(anbe$, (Snglänber, granjofen, Italiener, Ijat reben

laffen, tritt er mit feiner eigenen Meinung Ijerbor: bie tyfy*

(ofopfjie ber 3«^* fei ber ^aljre JeantianiSmu«, ober loa«

tym für gleicfybebeutenb gilt: bie erfabrung$pf)ilofoptyie.

fSt fagt: „getoifc roirb gute^t bie jefct unterbrüefte ©rfaljrungS*

^Uofo^ie ben «Sieg babon tragen, tfant« ^tfofopbje roar,

tyrem ttefften ©runbe na$, ein fräfttger Slnlauf bjeju, ber

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nur mtfjgtücfen mugte, toeil bie alte TOct^cbe nod? ju über*

mächtig roar in £)entfd;tanb, als baß fetbft ein fc erhabener,

felbftänbtger(?) ®eift, wie tfant, gan$ baoon fi$ ^ätte lo$*

machen fönnen. — £)er $antiant$mu$ in feiner »ollen 9?etn*

fyeit mirb über bie meta^fifetye Wet^cbe trimn^iren. Wut

bie loatyre Hanttfdbe £el;re alfo ift e$, n>a« uns bie 3ufunft brin*

gen U)irb, geläutert toon ifyren <Sd;lacfen unb befreit Don t^ren

entftellenbeu füllen; ftants t'ef?re, nid;t feinem <8u$ftaben

nac$, tt)c er freiließ ju>ei cntgegengefefcte Spraken rebet, fon*

bern feinem Reifte naefy, tfants £el;re, tr>e£cf;e äugletdj bie

gel)re aller Karen r^Üofopi)ifc$en Genfer bei aßen gebilbeten

93ölfern ift."

tiefer $(u$fyrucfy verliert freiließ baburdj gar fefyr an

33eftimmtl)eit, bajj ber SBcrfaffer fetbft einräumt, Äant rebe

Sprachen unb ba§ man irot)l barüber noc$ fetjr geseilter

Meinung fein fanu, was beim eigentlich ber toafyre Äantia*

niSmuS fei. 3n ber £fyat tyalt 33enefe fiety meljr an bie

negative als pofittt^e @eite ber Äantifdjen <|tyilofo}>r)ie, nic$t

an feinen 3beali$mu$, nic^t an feine Anatomie beä (Srfennt*

nifcoermögenS, bas aueb ibm für febr mangelhaft unb irrtfn'im*

lic$ gilt, foubern baran, baß ber $l)üofot>l) baö Ueberfinnlic^e

für ber menfdjlic$en (Menntniß ungugänglicf; erfrört. Sterin

ftimmt SBenefe mit tfant überein, allein 93enefe tmtt (Srfar)*

rung«^itofo^te — unb er fetbft ^at in früheren Slbfönitten

gezeigt, ba§ $ant$ Seljre auc$ biefe gefäfjrbe, eben jufetge

feines 3bealtSmu$. Sa« bleibt benn tjienacty noefy in SBenefeö

<£>inne Mit ßant übrig? mu Senefe Erfahrung, fo ^atte

er biefe freiließ auf fürjerem unb einfacherem 3Bege in bie fW**fcp^te bringen fönnen, als burety baö fc fyöchft complicirte, aus

fo toerföiebenartigen $eftanbt$eüen erbaute ©Aftern tfant«,

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oon benett matt fünf Sittel ober mefyr erft bewerfen unb

bann baö Uebrige ftd} nacfy belieben jurcc^t legen mugte!

leitet ja boc$ bie nettere fpeculatioe $fyilofot4jie fic§ eben ba*

fcer, unb <Sc$eüing feijen toir auf Äant, immer no$ in foe*

culattoem @inne, feinen $Rücf$ttg nehmen. $tffo ttjäte toofjl

bie (Srfafyrungßpljüofofcljie gut, ftd) einen anberen ©cfyufebatron

$u toäfyfen.

Unb aucfy über bie örfatyrungSbfyilofobfn'e felbft lägt ficty

noc$ feiel fagen. 3118 33acon bie inductio vera bon ber in-

ductio vulgaris untertrieb, ba tougte er toofyl, bag feine

unb aucty bie atferibealfte ^fu'fofobfyie ber (Srfatyrung ganj

entbehren fann, bag alfo baö Grfafyrungßelement an fidj

nod) feinen Unterfcfyieb begriinbet, fonbern bag atfeä auf bie

nähere Slrt unb SKetfyobc anfommt, naa; freierer man mit

biefen dementen umgebt, Sfaberfeitö fefyen mir fyäufig atta)

folc^e Söeftrebungen, tt>e(cfye bie ©rfafyrung broHamiren, bocfy

nac$ wenigen dritten ben inbuctiben 2Beg berfaffen unb fU|

in ©becutationen berirren, eben weit e« üjnen an jener $?e*

•tyobe fe6.lt, n>e(c§e allein bie inductio vera auSmacbt. $ier

liegt alfo ber <ßunft, auf ben tooljl au$ Wertete me^r $(uf*

merffamfeit fyätte bertoenbett foüen um einer embirifcfyen fyfo

iofoblH'e fixere 33a$neu ju eröffnen.

Sötr fefyen tyn übertäubt gar balb ba* Allgemeine ber

^fjilofobljie berlaffen unb fidt) auf biejenigen bljilofobljifctyen

$)iSciblinen fyinri<$ten, rocld^c feiue Vorliebe befagen, nämtty

bie Sfloral unb ganj befonberS bie <ßfyc§ologie. 3n ber $fto*

djologie tegt 33enefe ein borjüglicfyeS ®en>ic$t auf bie 53eob*

anhing unb ^naC^fiö be$ <3elbftbeh>ugtfein$ unb »erfortcft

ficfy bon biefer inneren ©rfafyrung eine neue Söegrünbung ber

$)i«ciblin. C£r fteljt hierin in ber 9iäfye ber (Snglänber, beren

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@tanbpunft ittbeg noch ganj oon £ocfe bebingt unb wenig

ü&er benfefben' htnauflgefommen fein bürftc. £)er Sßerfaffcr

bicfcr Blätter, welker in feinem Urteil über bie fpeculatioen

93eftrebungen wentgftenä im Allgemeinen mit SBenefe überein*

ftimmt, fann c$ nicht Bergen, ba§ er über bie Art tote ber

Styifofo^te geholfen werben fcüc unb tt)ie allein fich ein foli*

ber Neubau geftalten fönne, boch noch ziemlich abweichenbe

Anflehten §egt, namentlich, ba§ er bafür hält, e$ fei ^ter no<h

ein groß ©tücf Arbeit ju thun, um neue ®runbfeften ju regen,

baß fidj) aber Weber an $ant noch an Öocfe unmittelbar an*

fnüpfen (äffe, ba btefe oietmehr bie Urfache ber gegenwärtigen

bezweifelten £age finb. $>och baoon in einem folgenben

Abfdtmitt.

@o ift benn überhaupt 23enefe$ ^^itofo^iren bei att

feiner entyirifctyen Dichtung feineäwegä frei »on mancherlei

metaphhflfchen (dementen, wie ba$ fc^on feine £>erfunft con

£erbart bebingt. (Sin neuerer Anhänger beä ©mm'rtemu« in

ber $$Uofop$ie ^at fleh be«^a(b genötigt gefehen, auSbrücf*

lieh gegen alle ®emeuifchaft mit Söenefe fleh ju oerwahren:*

föeinholb $oppe in ber Keinen tefenäwertfjen (Schrift:

„3ulänglichfeit be$ ©mmriömu« in ber

2öa$ bas eigene dafürhalten be8 Obengenannten anlangt,

fo fteljt er nicht an, bie oon ihm aufgeworfene Srage, ob ber

<£mm'ri«mu$ in ber $hifofoptye julänglich fei, bejaljenb $u

beantworten, inbem er bie entgegenftefjenben Behauptungen

unb 35orurtr)ci(c ju entfräften fucht. $>iefe Jenbenj ber

©d^rift barf hier nicht unerwähnt bleiben; fie aäfjlt mit al*

eine (Stimme gegen bie fpeculatioen @hfleme unb für bie in-

buetioe Dichtung.

$ter ift nun auch ßrnft föetnholb'« in 3ena 3U ge-

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benfen, ber allerbtng« ben f<$toac$en <Punft bcr neucftcn

©Steine richtig gefaßt tyat, toenn er forbert, e« folle bie

fünfttgc Wlofo^ie ntdfit rae^r „oon formalen Slbftractionen

be« ©ein« nnb be« 9N$t« au«geljen," fo tote toir aucty ferner

barin beipflichten Bnnen, bag bie in ber <£bne ber 3eit fte^enbe

^ilofoj^ie, ber ibealiftifcben $lnfdt)auung entfagenb, neben

bem ©elbftbetoujHfein aucty ber 2öelt aujjer un« iijr föec$t ju

(äffen l?abe. Mein in ber neuen Sftetapfyrflf, welche nun in

folgern ©inne aufgebaut werben fotf, fdt)einen uns bie alten

SBorftellungen noc$ aü^u oorgeltenb, fo bajj un« toenigften«

nicfyt tyat gelingen wollen ein flare« 33ilb oon bem Slngeftrebten

ju erhalten. SBir oertoeifen be«ljalb ben tfefer auf töeinljolb«

©Triften fetbft, tn«befonbere auf ba« Aftern ber SRetapfyrfif

in ber feiten Bearbeitung unb auf bie fürjere, freiließ, rote

un« Bebünfen toill, immer no$ unbeutlic^e £)arftellung am

©etylufj be« jtoeiten 33anbe« feiner ®efc$ic$te ber Wlofo^ie

naety ben £>auptmomenten iijrer ©nttoicfelung.

$Iber toir Ijaben ben ganjen Umfrei« ber $lnftc$ten über

ben gegenwärtigen 3ftijjftanb ber ^ilofofcfyie unb über bie

£imme(«gegenb, oon welcher ber Slufgang eine« gelleren ®e*

ftirn« 3U erwarten fei, noefy feine«toeg« erfcfyöpft, toie bie«

bo$ für unferen 3toecf toünf$en«toert$ toäre. SBielleicbt fön*

nen toir un« beruhigen toenn, um eine bi«^er noc$ toenig

oon un« berücfficfytigte ©eite gu oertreten, toir nur no<$ einen,

jtoar nicfyt ber 3unfl be* Wüofo^eti angefyörigen, aber boeb

jebenfall« originalen unb fWarfen Genfer einführen, ber in

aßen feinen Triften in ber ßlarljett be« abgemeffenen $lu«*

brurf« !aum feine« ®leid{>en $at; bie« ift Sofepfy öon föa*

botoifc, ben gefannt ju fyaben ber Sßerfaffer $u ben günftigen

Umftänben feine« ßeben« rennet. 2öir befifeen oon föabotoifc

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im fünften ©anbe feiner nunmehr gefammetteu Triften einen

Slbfönitt unter ber Ueberfd;rirt „ jjur Religion imb ^üo*

fopfyie," jtuar apfyoriftif$ in ber ftcxm, aber in fiefy fetbft

beffer jufammenfyangenb unb yifammeuftimmenb als manche«

@bftenu Sir beben befenberfl $n>et Stetten tyeroor, bie ob*

toofyl oon einanbev getrennt, fid> berf; unmittelbar betfen, unb

oon beneu bie eine ein ffareö 33i(b beffen giebt toa$ er Oer*

loarf, bie anbere beffen toaS er af$ ba$ afletn £eifbringenbe

onftrebte.

(Seite 25, Dom 3a$r 1829: £egef$ Wlofootyie unb ba«

6briftentbum : „^öfe^etö iöue^ über $»tc$tn>iffen unb abfofateä

SBiffen entl)äU eine 3lrt oon grieben^-^rätiminarien jtoifd^en

bem (Sfjriftentfyum unb ber fpeculatioen $bi(ofopl;ie, unter

fofgenben Söebingungen

:

$lrt. 1. £>ie <ß(jitofopbte unterwirft fiefy bem Sorte ®ot«

te$ unb erfennt an, bajj feine Sabrfyeit tft außer bem*

fetben.

%xt 2. <£$ tft ber ^itofoofyie geftattet, nunmehr unter

ber 3u$t be$ Sorte« ©etteö $u arbeiten unb bie eioige

Sa^rfjeit in tyre @pradf>c gu überfein.

Slrt. 3. Die $f;ifofopljie erfennt an, bajj if>r o^ne ben

©eift ©etteö nur fubjectioeß Siffen, atfo 9*id;ttoiffen,

julomtne, unb baj? nur burety ben Zeitigen ©eift totrftic&eö

Stffett in i(;r getoirft werben fann.

5(rt. 4. hiermit toirb ber belüge ©eift ber ^tfofopfyie

oerfprodjen unb tyr nic^t festen, toemt fie rebüd) be^arrt

im lebete barum. <£r toirb tfjr Siffen §um objectioen

Siffen erbeben, toetcfyeS er ben nidjt ^ttofo^irenben

frommen Triften bereit« gegeben fyat im ©(auben.

2lrt. 5. ©tauben unb Siffen ftnb fonad) tbenttfö.

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Die griebenSprebigt beiber bereinigten Parteien ift nunmehr

ber £ert ^aitli: „3ch h>ci6 an tuen ich glaube!"

„Dtefe« flingt alle« fc^ön unb gut, unb ift unbegtueifelt

aua) ©öfdbeli§ ernftliche Meinung. Oft er aber bevollmächtigt

gu unterhanbeln für bie fyeculattoe ^Uofopfjte; erfennt biefe

feine .3uflcftänbniffe an? 3cf> fann niebt umhin gu glauben,

bag feine rebliche unb fcfyöne Arbeit nur ben SBeir-ei« geliefert

habe, bafc man jene Serminologie, jenen gormali«mu« auch

öeroenben tonne 311 geregten 3n>ecfen. barum aber

bie $htfofo|>$ie tütrfftcr) im X»ienftc ber göttlichen Wahrheit,

fudj>t fte \mxUid) nicht au« fich $erait4 unb mit felbfteigenem

(Safte ihr Aftern gu fm'nnen, fonbern fugt auf ber Offen-

barung, bie alfein bie Wahrheit?" — SRabotoifc fstiegt ben

Slrtifel fef?r bebeutfam mit ben Sorten Virgil* : Ttmeo Da-

naos et dona ferentes.

"Die gioeite (Stelle in welcher be« Denfer« eigene« 33e*

fenntntjj fid? ooll unb gang au«fpricht unb bie namentlich

auch toieber ttegen be« föücfhalte« an ßant bemerfen«n>erth

ift, glauben toir $kx ungeteilt geben gu müffen. Wir lefen

unter ber Ueberfctyrift: ba« Ergreifen ber Wahrheit:

„Währenb einer 3eit ungeftörter Ginfamfeit habe ich

mid; nneberum in ber Arbeit be« ©ebanfen« abgemühet, nach

fielen leiten geformt, au« allen gugänglichen Duellen ge*

fchö>ft. Da« föefnltat, toenn ich ** gufammenfaffe, läuft ein*

fad; auf bie alte (Erfahrung hinaus : Der 3)?enfch ift gänglich

unfähig gumginben ber Wahrheit, ja auch ba« blo§e£)er*

aufnehmen be« in ilm al« SDiitgabc hineingelegten Wiht

burdjau« ungulänglich. £>iebei erfennt man Wahrheiten, aber

nicht bie Wahrheit."

„ Die Wahrheit, bie lefcte, allumfaffenbe mufe bon auger*

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halb an ihn herangebracht »erben, fo bag er ftch gegen fie

juoörberft nur ale aufnehmenb, annehmenb üerhätt; bte

Crfenntnif muj? eine gegebene, geoffenbarte fein."

„Qann erft fann ber SDfenfchengeift ba$ immer noch

hochwichtige ©er! beginnen, bte 2Bafyrf;eit aud; in bie gorm

be$ fötffenö ju bringen. Das gewollte Siffen: ber ®(aube,

ge^t vorher, ift ba$ prius, baä gewußte Söiffen, bte Siffen*

fchaft, folgt nach, ift ba« posterius. $5aö ift e$ »a8 Slnfel*

mu$ fagcn »itt: neque enim quaero intelligere, ut credain,

sed credo ut intelligam !

"

„£>affelbe ift auch eigentlich ber £intergebanfe ftattff,

toenn er e* auch mehr negatto auöbrürft unb j»eifelhaft tagt,

ob bie $oftu(ate ber praftifchen Vernunft nicbt 9cotf;»enbig*

feit in bfogcr Müfelichfeit haben. £)ae aber hat er fcoflfom*

men erfannt, bajj bie fefcte Sattheit, eben bie ßöfung ber

höchften Aufgabe be$ menfchlichen ®eifteö nicht auf (ogifchem

Söege gegriffen »erben fönne. 3mmer aber ftebt er Sterin

höher, att bie Wlofophie "acb ihm, felbft bie »eiche bei

tröftlicheren ütefuttaten anlangen möchte; auf folgen SBegen

. »irb bie ®e»i6hett unb $ltfeingenügfamfeit ber höhten 2Bahr*

heit nicht befeftiget, fonbent gefährbet."

„$luch bie Sinie, auf »elcber fich bie oor$ug8»eife foge-

nannte „d;rtft(iche Sß^iU^ophiz" be»egt, fann ich tywon nicht

ausnehmen. @ie »Ul ben ®ang menfchlicher SBiffenfchaft

auch auf biefem, nicht ber &rt, fonbern betn Söefen nach, ge-

fchiebenen (Gebiete ber getftigen ^^ätigfeit baburch fefthatten,

baß fie nicht oon getoiffen £)ateu oor»eg ausgehen unb fogifch

»eiter ju fließen geftattet, fonbern ben befannten <£rfdt)ct*

nungen eine ^typotljefe unterlegt unb nur prüft ob biefe bie

©rfcheinungen erftä're. ©ben burch baS eigene ®efefc ber

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177

ftytttffopfie fei btefe gehalten fein ^orfyanbeneä ju ignortren,

bemnach auch nicht ba$ ewige SBebürfnijj nach le^tcr Befrie-

digung im SKenfc&engeifte. @$ fei ihr baher geboten \><m ber

Offenbarung, bie fich für ben Sa)lüffel ber oberften (Srfenntnifj

auSgiebt, einen folgen (Gebrauch als ^hpothefe $u machen.

33ewä*hre fich biefe babei als autreUtyenbe ®runblage ber ^i*

(ofo^^ifc^en !©e(tanfchauung, fo fei bie (Einheit ber Ideologie

unb ^Uofop^ie erreicht."

„Sie aber, wenn nun nicht? Unb bie« ift e$ ja eben,

wa« oon ben ©egnern ftete behauptet werben wirb."

Söenn ich hier alle« unterftreibe, was öon ber bisheri*

gen ^^ilofo^lue gejagt ift, n>enn icf) ftetft über bie angebliche

Uebereinftimmung berfelben mit bem (Shriftentimm gan$ ebenfo

geurtheilt babe, fo mug ich boch s?lnftaub nehmen in gleicher

• SBeife bie jufünftige i'öfung ju erwarten. Stabowifc geht hier

weit über Oacobi hinaus unb ftellt fich, wie er felbft ju er*

fennen giebt, ben pofitioeften unter ben <3cholaftifern gleich,

nur foroett fid> Äant btefem ^tanb&unft ihm anzunähern

fc^eint, wirb er als erfte föücfyigSftation bezeichnet, ©olite

nun wohl ber Jortfd;ritt in einem fo weiten SRürfgangcju

fuc^en fein? 3cf> bezweifle es unb will für jefct nur barauf

hinweifen, bag, was föabowttj forbert, fich fd;werlich inner-

halb beS preteftanttfc^cn BefenntniffeS bürfte geltenb machen

(äffen, benn in ber Xbat wirb bie ganje Autorität unb Utt*

fehlbarfeit, es wirb ber ©ebanfe beS 'pabftthumS erforbert,

um innerhalb beS £>ogma'S eine folche (Sin^eit herjuftellen,

bafj — ganj abgefehen oon allen fonftigen Söebenfen — üon

hier aus eine allgemein gültige Sehre $u gewinnen wäre.

$)er geringfte ©M'elraum, welker ber Auslegung ber heiligen

Urfunben oerftattet wirb, führt fogleich wieber auf Richten

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Page 192: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

178

unb macfct jene Hoffnung gu <©<$anben. 3ftan müßte biefen

©tanbjmnft bejeid&nen a(* einen äufcerften Soften be$ objeettoen

3beali«mu$, ber atfe ©rfenntnij? oon äugen, bur$ unmtttel*

bare göttliche (Singebung ermattet — wenn er fic$ benn Über*

Ijau^t no$ unter eine Gattung ber $fyi(ofo^ie faffen läfjt.

SÜic^r baoon »eiteren.

@u$en tüir ton atfebem bie ©umme ju gießen, fo fora*

men bie oerfcfyiebenartigften $nfic$ten barin überetn, bag bie

Gierige Söaljn ber ^Kofo^te ju öertaffen fei; auc§ bie*

jenigen, we(($e felbft auä berfefben l)ert>orgegangen finb, Ratten,

birect unb inbtrect, ba* 33efenntmfj ntd^t me^r gurü(f: über

ba« toa$ werben foüe, fyerrföt freiließ no$ große (Spraken*

»ertoirrung. $ber auc§ unter ben (Einzelnen tjat feiner etwa*

Wu«f$(aggebenbe« unb £)ur$greifenbe« , gewiß feiner etwas,

ba* in fic$ fetbft unmittelbar übergeugenb, unmittelbar an*1

wenbbar wäre. @8 ift in ber £fyat auc§ nid^t 31t erwarten,

baf ba8 ©efuc^te fo offen ba liegen foüte, baö «Schwere fo

o^ne Arbeit fonnte gewonnen werben.

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Page 193: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

179

Sleformatum ber Öogif.

Die tfranfljeit ber s]3fyüofopfyie beruht auf einer fallen

SRetyobe, bie Teilung fann nur erfolgen bur# bie »a^re 3Re*

tyobe, nur btefe fann bie $$tfofo)>tye für bie Dauer in ein

fidlere« ®e(eis führen, i^re 93emüfjungen fruchtbar machen.

Die Cogif, bie ©rfenntni&Cetyre totrb alfo ba« gunbaraent

legen müffen, ofyne eine grünblic^e Deformation berfetoen »irb

fein $>eit $u erwarten fein. $acon fagte: Restat unica Sa-

lus, ut opus raentis de integro resumatur — bie« (äfrt

ft<$ bor allen auf bie ßogif bejie^en. <Sr felbft jeigte einen

Sfi3eg unb gab neue ^rinci^ien an, bie ficty für bie iftatur*

totffenfduften glängenb betoabrt fyiben, für bie ^3^Uofo^te

aber noc$ erfolgte« geblieben ftnb, fo oiet auc$ oon ßrfafjrunge*

pljftofopfyie gefprocfyen toorben.

SBir fyaben bemerft, bag ljaubtfa<$üc§ e* £ocfe ift, u>el*

c$er burcty feinen mifedmgenen üBerfud) ben 2Beg, »et^en

SBacon bezeichnete, für bie $&Üofo|>fyie untoegfam gemalt, fo

feljr, bajj man in feinem Satertanbe unb in granfretc^ auf

biefer wichtigen 'Butt faum um einen ©djritt weiter gefommen,

bafe ba« 3ntereffe für i^ilofo^te beinahe erlösen ift; er

gab üuf ber anberen (Seite ju tbeattftifc^ett <Specu(ationen

12*

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Page 194: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

180

bie SBeranlaffung, »eiche jtoar in Gnglanb balb an bem

common gense ber Nation fcheiterten, benn, bort ift es bcr

einjtge SBerfelety, toährenb in Deutfchtanb eine lange ^Het^c

oon ©hftemen fich cnttoicfettc.

Söenn bie Aufgabe toar, bie Onbuction methobifch in allen

ihren Eigenheiten ju oerfolgen nnb, ber bebuctioen £ogif gegen-

über, ein toohlgeorbneteS £)rganon aufaufteilen , bann aber

groeitenä, fytytx gum 2lct be$ (SrfennenS felbft auffteigenb,

biefe neue SJict^obc burch eine neue ©rfenntnißtheorie $u be=

grünben, fo läßt fich nicht behaupten, baß Socfe bie$ geleiftet

^abe. ©in ©runbfehler toar bie Trennung eines äußeren unb

inneren @inne$, einer äußeren unb inneren Erfahrung, too

benn alle« enttoeber in ber einen ober anberen unmittelbar

gegeben fein follte. <3o befam man CSlaffifkationen, aber ber

md in bie äöerfftatt be« Denfens blieb oerfchloffen , bie

eigentliche ST^ätigfctt toar außer tlc^t gelaffen. 2öa$ finb

begriffe, toie entftehen fie, welche Operation liegt ihnen ju

@runbe, toa8 finbet ber ®eift oor unb was fängt er bamit

an, toa« ift Slntheil beS Object« unb wa$ be$ ©ubject« —biefe nichtigen gragepunfte h&* Cocfc entraeber gan$ toerfäumt,

ober mit Ungefchicf behanbelt. (Er braute bie begriffe, Obeen,

enttoeber im ©tan (sensation) ober im ©elbftbetoußtfein (re-

flection) unter unb oerlor barüber bie Xh^tigfeit be$ benfen*

ben ©ubjecteS. Die golge war, baß er bie begriffe oer=

einleite unb feine allgemeine tymk ber 23egriff$bilbung ge-

winnen fonnte. Unb nun flüchtete er julefct $u ben Dingen

felbft; am auffallenbften unb einflußreichen würbe feine £el)re

oom SRaum, benn biefer begriff galt ibm al« etwa* an ben

Dingen felbft oorhanbeneS, im 9ln*fich ber Dinge begrünbe*

te$: eine Cehre, welche bie entgegengefefcte heroorrtef, nämlich,

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Page 195: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

181

ben töaum Wog für eine fubjecttoe germ be« (Srfennen* gn

Ratten — crft bei sDiaupertut$ *) unb bann bei 5fant — ba«

eine eben fo fatfc^ tote ba« anberc.

Unter folgen Umftönben fann nietyt unfere gorberung

(ein, auf £ode gurüdgugefyen in bem @tnn, bag fyier guf? ge*

fagt »erben fotte, fonbern mefateljr bajs bie Xljeorie ber 23e*

, griff«btlbung, tt>ctd^c er an« bem ®eleife gebraut, einer gang

neuen Unterfuctyung unterworfen »erben müffe, toobet auf S3acon

nnb MriftoteleS, fo toie auf bie gefammte fyiftorifd&e enttmdfe*

lung beftänbig 9?ucffid^t gu nehmen ift.

9ftan fann nietyt fagen, bajj in biefem ©inne feit Code

ml gefctyefjen fei, toeber in Deutfcfytanb noefy in ©ngtanb.

3n Sode'« SBaterlanbe ift gtuar öor einem Satyrge^enb ein

Söerf erfötenen, ba$ bert mit föettyt ^uffe^en gemalt Ijat,

nnb ba$ in ber Zfyat auefy atte äljnlictye S5eftrebungen auf

brtttifäem 33oben hinter ftc$ lägt, föon in bem Umfange,

aber auefy in ber 3urüftung unb ber forgltcfyen Söeljanbfong.

£)ieö ift 3ol)n mW* 23u$ in gwei ftarfen 5?änben, beffen

£itel lautet: A System of Logic ratiocinative and induc-

tive, being a connected view ofthe principles of evidence

anjthe methods of scientific investigation by John Stuart

Mffl, London 1843 — ein 23uc$, toefc^e* in Gngfanb feine

^eretyrer tyat, autf; ins £eutfctye (öon ©ie^I) überfefet ift.**)

ftflein gteicfy ber Anfang ber SBorrebe geigt, bajj toir Ijier

boi$ toc^l nietyt finben, v»aS h)ir fu$en, benn ber Stotor fagt,

*)"9^euerbiufl§ toon Dr. grauenftebt nadjgetmeien in beffen ©riefen über

©<$oj>enl)auere ^ilofo^ie ©, 140.

*») Unter bem Xitel 3nbucttae Sogif — ba iety bae bciitfdje 33urf) niAt

in §änben gefyabt, fann id> nic^t urUjetfen, ob bie Ueberfefcung

»oajlänbtg, ober nur ?16türjung ift.

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Page 196: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

IM

er trete nicht mit bem ftnfpruch auf, eine neue Ztyotit im*

ferer gciflfgcn Operationen ju geben, fenbern wolle nur bie

beften borhanbenen ®ebanfen über ben (Segenftanb vereinigen

unb fhftematifiren, bie wahren ftreitenber ^eorien in

(Sinflang bringen — in ber Xfjat ein Verfahren, ba$ nie biet

©uteö berftrietyt unb wohl am wenigsten bei biefem ®egett-

ftanb unb biefer ©abläge. Der 53erfaffer ^at mehr bie praf*

tifche Slnwehbung im fluge al« bie tiefere $egrünbung, er

lägt bie höheren Probleme ber 8rfenntnij^eorie meiften«

gan$ unberührt, aud) nimmt er nur 9?ücfficht auf bie iljm

junächft liegenbe Wtteratur unb fa|t fchon barum bie <Sac^e

nicht in ihrem Söefen, weil er fic nicht in ihrer hiftorifchen

(Sntwicfelung fafit. Daß er ba$ mathematifche ©fliegen nicht

toom logifchen Reibet, giebt.in unferen Slugen fein gute« SBor*

urtheil unb ba« Söeftreben, bie Debuction neben ber 3nbuc-

tron in möglichem Umfange beizubehalten, fogar im Söiber*

fpruch mit btelen feiner Sanböleute, zeigt feinen Anhänger ber

reinen baconiföen Oehre, um beren Durchführung e« fich bo$

junächfl }U banbetn uteim

Vielleicht f)at ba« ^raftifct)e ©nglanb an feinem 33acon

genug unb bie t^eorettfe^e Vegrünbung, bie ^tftcrifc^e <&nt*

wirrung war einer anberen Nationalität borbehalten, ©enn

bie Deutzen bifytx mit fo großem (Sifer in ber Verfolgung

hoffnungslofer Bahnen fich abgemäht, fo fonnten fie (eicht

burch eine gtücfliche SBenbung auf ein gelb »erfefct werben,

ba$ ber Arbeit beffer lohnt. 8inb fie boch in ber Söiffen*

fchaft hinter feinem ihrer Nachbarn jurücfgeblieben unb biet-

(eicht finb Aufgaben fo feiner unb innerlicher Krt baSjenige,

wobor fie nicht erfchreefen.

<£« wäre n>cr)t anzunehmen, ba§ bei ber fichtlichen ©en*

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Page 197: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

183

bung, mefc^e ber pfyi(ofopfjifc$e ,3ettgeift in ben (e&ten ®e*

cennien Bereit« genommen fyat, mancher einfame gorföer fic$

ben fogifctyen Aufgaben gugemenbet fyätte unb ba§ baft> ein

frtfd^cre^ ^ufammemoirfen Ijeröortra'te — bis bafyin I?at ber

Eerfaffer biefer SHätter feit balb einem $tertefja$rljunbert

ficty mit feinen fytefyer gehörigen ©eftrebungen fefjr »ereinjeft

gefefyen, oljne jebe Aufmunterung, ofyne 2Siberl?alf, mie eine

Stimme in ber SBüfte. SDa im 2Befentüd)en menigften« na$

einer @eite fjtn baö föefuftat feine Anfielen gerechtfertigt

^at, fo mtrb tym bie« oielleictyt Anfpruc^ geben, bie«mal beffer

gehört ju merben.

«et feiner erften 23efanntfd)aft mit ben (Elementen ber

artftotelifcfyen öogif mar er ben bem lebhaften ©efüljl ifyrer

Unaulänglictyfeit burcfybrungen unb immerfort l?at e« iljn ge*

trieben, barüber $u einer Haren 9*ec$enfc$aft gu gelangen. Gr

mürbe aucfy früljjeitig mit Söacon bon SBerulam befannt, fo

mie mit bem ®eift ber neueren 9*aturmiffenfc$aft. Auberfeit«

mar ber erfte ^ilofopty, ben er in ftiüem ©tubium fennen

lernte, Äant: fcon r)ter au« fonnte er, obtoofyl in Berlin gur

3ett feinen ©tubien obliegenb, wo bie $egelfc$e ^Mjtlofopljte

auf tyrer ^ften #<tye ftanb, fetbft burc$ bie unmittelbare

Oeljre be« äfletfter« unb mitten unter greunbeu, meldte für

ifyn begeiftert maren, $u feiner 3ett ein Anhänger be« ©Aftern«

werben, fo mentg al« fyäter irgenb eine« anberen. <5r ging,

anfang« mit ungeftümem 3ugenbmut, fpäter, fo oft ihm baju

föulje vergönnt mar, langfamer, aber immer ftetig, bem feft

in« Auge gefaßten ^tel entgegen. <Sr $at bi«^er nidfrt Ur*

factye gehabt feine Anftd^ten gu änbern, miemol er fic$ jutraut

fie geänbert ju fjaben, fall« tym etma« 33emei«fräftige« ent*

gegengetreten märe, ein Söeffere« ftc$ tym bargeboten ^ätte.

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Page 198: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

184

teilte Ueberjeugungen, b. h« bie ©rgebmffe unternommener

gorfchung, fyat er in jtüct größeren (Schriften bor geraumer

3eit niebergelegt. 33on btefen Herfen, obwohl e« ihnen bei

ihrem (Srfcheinen an Beachtung unb SBürbigung nicht gefehlt

hat, geflieht boch in ben neueren fyeculatiben SBerfen feine

Erwähnung, weil fic ben oorhanbenen (Strömungen unb SBinb-

richtungen fich nid;t anließen. Sie waren ben Gängern

unb bamaligen (Gegnern ber $egelfchen ^^((ofo^ie im ©runbe

g(etd> unbequem, jene fahen barin nur ba« ^Infämfcfen gegen

eine geheiligte unb über jeben Sßiberfpruch erhabene Autorität,

biefe fügten fich oerftimmt burch bie freilich au« ooller lieber*

jeugung gebrochene Sleußerung, baß ba$ £>egelf<he Styftem

oon anberen nahe ftehenben Steinen au« nicht befämpft

»erben fönne, fo wie burch bie auSbrücfliche (Srflärung, baß

ber $ampf nicht fowohl ber £>egelfchen ^3^ttofop^ie al$ blel«

me^r aller fpeculatioen <ßhifofophte gelte. So fahen benn

felbft bie meiften ©egner ber ¥hilofoj>h*e, namentlich bie gänf*

tigen, in folgen Söeftrebungen nur fehr im ^((gemeinen eine

SBerftärfung ihrer Waffen, oerhielten fich (au, weil fic in Un-

gewißheit blieben, ob fyex greunb ober geinb gu erfennen fei

;

auf ber anberen (Seite fonnte mit ben Vertretern be$ (5m=

*>tri«mu6 eben fo n>enig gartet gemacht werben. 3ch hotte

freilich nur bie Sache im Sluge gehabt unb nicht im entfernte*

ften baran gebaut, toem meine $üc$er gefallen würben, amallerwenigften aberyWem fte gefallen müßten, um in ber SBBett

einsang gu finbetf unb ihr ®lücf gu machen. (Gleichwohl »ar

bamal$ im ^ublifum fo oiel wtffenfchaftliche Söilbung, fo btel

«ntheil an geiftigen 3ntereffen unb fo oiel Strebfamfeit bor*

hanben, Int einzelnen auch fo oiel Unbefangenheit, baß ich meiner*

feit« mit ber Aufnahme oollfommen aufrieben fein fonnte.

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Page 199: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

185

Die erfte biefer Schriften fü^rt ben £itet: Slntäu«,

ein 93rieft»e($fel über foeculatioe Wlofofcfyie in iljrem (Sonfltct

mit ©iffenfdfraft mtb $pta$t, Berlin 1831, alfo bei 8eb*

jeiten £>eget$ »crfagt unb no$ oor feinem Xobe erfcfyienen.

Der Umftanb, bag bamate Xenben$ unb Sntyalt ber |>egel*

föen ßetyre noc$ nictyt fu'nreicfyenb Mannt toar, machte nötyig

tfyettoeife in ber «Schrift fetbft bie Darfteüung $u oerfuctyen.

Dann aber beutet bie ©ctyrift auf bie Differenz fytn, in toel<

c§em ficty ba« Aftern einerfeits mit bem ®etft neuerer SBiffen»

fäaft, anberfeit* mit bem (Seift beö (Sfyriftentyume befinbe,

femer, bag e$ ber (Sefcfyictyte ber ^i(ofopI)ie (Setöaft antljue.

Mein 'ber ffern be« $u$e$ ift toofitioer 8rt unb beruht auf

eigent$ümlid&en 53etrad(>tungen. Der SBcrfaffer t^at befonber*

bie §egelfc$e iDiet^obe im Sluge unb fuc^t barjutegen, bag

fi$ mit Gegriffen nid^t fo umgeben taffe, roie tyier unb in

aßer bisherigen fpeculatioen Wfofopfyie mit ifynen umgegangen

toirb. @S gelje ein gemeinfamer groger Srrtljum bur# bie

®ef$ic$te ber ^tfofopfne, gerabe ba$, toaS bie ©peculation

als tyr ftofye* (Sigentljum in Slnfpructy neunte, fei nicfcts ate

ber fatfctye ®ebrauc$j ben fie bon ben Gegriffen macfye , n>ett

fie i$r toafyre« SBefen nic$t lenne. Da« ©tubium ber Ijifto*

rtfd^cn <§prac$forfc$ung, baö ©tubium ber ®ef$ic$te ber

9iaturtoiffenf($aftett fityre l)ier auf gan$ anbere Sahnen —aber freiließ e« Ratten bisher bie bittet gefegt, über biefen

allgemeinen unb tiefgreifenben Srrtyum in« ffare ju fommen,

alle Üjeitoeifen Söeftrebungen ifjin ju entgegen hätten mit

fäflen geenbet.

<g$ toirb befonber« bie De^nbarfeit, bie SMetbeutigfeit

ber abftracten begriffe in« Sfage gefagt. 9Kan fei, burdfr

offenbare Se^lfdPffe erinnert, jtoar fc$on oerfc$iebentlit$ auf

Digiti. \ Jioogle

Page 200: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

186

ben Uebelftanb aufmerffam geworben unb ^abc palliativ ju

Reiten gefugt, man ^obc namentlich burch ftrenge Definition

fteuem gu fönnen geglaubt. Allein gang anber« ftehe bie ©a$e,

benn bie Dehnbarfeit ber ^Begriffe liege nicht in ihrem Wifc

brauch, fonbern in ihrem Sefen unb fei ganj untrennbar bon

ihnen. Unter bem tarnen ber nothwenbigen föelatioität

ber ^Begriffe wirb biefer wichtige unb bi«her ganj über*

fehene ^ßunft be« Näheren erörtert. (S« erweift fich, bafc bie

(S^rac^e entftanbcn ift burch unb für praftifchen ®ebrauc$,

baß erft al« fie au«gebilbet baftanb, fich bie fpeculatioe

(ofo^ic ihrer bemächtigt unb nun au« ben fpra glichen

3cidt>ctt herauf ergrübein wollte, wa« fie ganj wo anber«

hätte fuchen unb erforfchen muffen. Die abftracten begriffe

finb nur Littel be« practifchen Stferftänbniffe«, überhaupt nur

Littel, toelche« ich «fr einrichten farai, wie ich wtff, wie ic$

e« bequem finbe, au« bem ich aber niemals Folgerungen gie*

hen fann. ©ie finb nur 3c*#cn f"r Gerthe, h<*bcn in fich

feinen »irllichen 2öertb, feine felbftänbige Geltung; fie h«&en

nur Söebeutung im 5(ngeftcht wtrflicher Dinge, nur ©erftänb*

m% unb Inhalt bei flarer SRücfbejiehung auf oorfyanbene ®egen-

ftänbe. Da« Slbftraete alfo ^at nur @inn in ber 9Mhe be«

©oncreten, im ^ufammenhange mit bemfelben, e« baoon $u

fdt)eiben ift in h^h^m ®rabe gefahrbringcnb unb oerwirrenb,

aber ba« (Soncrete au« bem Slbftracten h^leiten, conftruiren

$u wollen, bie« erweift ftch al« ein Unfinn, fo fehr, bajj man

bie 5Dc5glichfeit eine« folgen Süeftreben« bezweifeln müjjte, fall«

nicht bie ©irHi<$teit fo laut fträche — bie namhafteften

^J^Uofo^cn finb biefem Srrthum anheimgefallen.

$ber biefe föelatioität ber begriffe hat boch irgenbwo

eine fefte unüberfchreitbare $ren$e, allein nur auf praftifcher

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Page 201: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

187

Seite unb nur au« praftifchen ©rünben. £)ie Spraye btlbet

$um Söefyuf beö 23erftä'nbniffe6 fich utfammengehörige ^Begriffe*

paare auS, ©egenfäfee innerhalb einer befugten SBejiehung:

groß utib Kein, leeich unb hart, einfach unb jufammertgefefet,

leicht unb fchteer, öeben unb £ob, fjrei^ett unb ^otljtoenbtg*

reit, $bficht unb 3ufal( u. f. to. ?luch folchc begriffe, tuetd^c

Berber einmot gelegentlich *) „relanVibenttfche" genannt fyat

unb für toelche ich ben tarnen ber reeiprefen einfacher fanb,

(äffen eerfchiebene SBerthe ju je nach ben $ergleichiing$punften

unb 90?aaf?ftäben, fo baß j. 33. berfelbe ®egenftanb ber in V

(Sutern Vergleich grof? erfd;etnt, ber Statt« gegen ba« $tnb,

in einem Slnberen, ber SJcann gegen ben 3tog, als fleht er*

freuten fann, u. f. tt>.; aber uneerbrüchlid; ift fernhalten, baß

teenigftenS unter allen Umftänben ber ©egenfafc beftelje, benn

bebe ich biefen auf, fo toernietyte ich mein eigene« Littel unb

eerliere alle bie praftifeben SBortfjeile, bie e$ gewähren !ann.

©egenfäfce ber genannten $rt fönnen nie im 33erhä'ltnfjj oon

Subject unb ^ßräbteat mit einanber fcerbunben werben — man

feilte auc^ Gebern ben biegen Söillen für unmöglich

toenn nicht bie neuere $$itefty$it barin Dielfach gefünbigt,

§. 8. ©cheöing mit feinem @ubject*Object, ja mit feiner

ganjen 3benttt5t« * ^ß^itefo^te ,#egel mit feiner Einheit be«

©ein« unb Vichts, mit feiner ganzen £)ialefti!. £>ie gemeine

ßegif nennt ba$ contradictio in adjecto unb bezeichnet e$

als einen logtfehen gehler; bie abfelute gogif erfannte barin

eine befenbere, een fielen ju ihrer £t\t bettumberte STiefe.

Die abftracten begriffe finb £ülf$au$brü<fe, Slbfürgungen,

9technung«eertheile — ich fo«« f«»eit auöbehnen, als

*) 0« ber 3Hetafrttif ber reinen Setmmft

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Page 202: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

188

i

irgenb in meinem Söelieben ftel)t, fo weit, at« iety mir eben

praftifd&en $ufcen babon berfare<$en barf. Die fpradfrlid^en

23eugung«formen geben felbft bie Littel an bie £anb gur

23ilbung immer neuer begriffe, j. 33. bie 23ejeic$nung ber

Negation. 3cty fefce bem ©nblidjen ba« Unenbli^e entgegen,

bem SBebingten ba« Unbebingte, bem töelattoen ba« Slbfolute

" — i<fy faun folcfye £ülf«begriffe trei6en tooljin tc^ toilf, aber

tefy barf nie ©ergeffen, toa« ic$ an ifynen fyabe, e« finb blo&e

33u$ftaben im $lnfafe be« (Stempel«, x unb y, aber feine

reellen 2öertl)e, e« folgt au« jenen SSorten ni$t« für irgenb

eine Realität. Der Segriff ber „ftotytoenbtgfett," ben Cocfc

nietyt $u bedingen nmgte, Ijat 33erfelety unb $ume fo biet $u

fctyaffen gemalt, er veranlagte $ant gu einem fünftlic^en

Aftern — unb boety ift er ein beliebiger £ülf«au«brucf fo

gut nne alle anbern. Die ^ot^toenbigfeit ber SBerbinbung'

oon Urfad^c unb SBirfung, oor toelcfyer jene mit fo grofjer

Verlegenheit ftanben, ift einerfeit« (Srfafjrung, anberfett« ni($t«

ti>eiter als jene auf ber praftifd&en S3rau#barfeit beru^enbe

Untoerbrüctylictyfeit im ®ebrauc§ be« prafttfd^en Littel«: Ur*

faetye unb SBirfung finb auc$ nur ein fol<fye« *$aar reeiprofer

ober relativ *tbentif<$er Söegriffe, bie fi$ nietyt trennen (äffen,

bie für einanber einfteljen, bie nur ©in« bebeuten, eine einzige

Söegieljung. Der begriff ber 9iotfyn>enbigfeit felbft aber ift

einebloge 3iffcr , n>elc$e niemal« erfa^rungSmägigen Sn&alt

an Serif; überbieten fann, toeil fte überhaupt bamit gar nic$t

rangirt.

Die abftracten $lu«brü<fe finb ftet« unb notfytoenbig mt«

genau, pe erf$ö>fen ben Sntyalt niemal«, ettoa in bem @inn

einer matljematifcfyen (Stteicfyung; e« finb abgefrrictyene Decimal*

ftellen babei, e« finb ftet« au ®runbe liegenbe $8orau«fefeungen,

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Page 203: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

189

im ©inne behaltene iöejietyungen unb SDtoajjftäbe, toie biefe

im praftifctyen ®ebrau<$ bcr «Spraye fi$ meiftenä »on felbft

oerfteljen. 3eber fpracfylictye @afc ift eine construetio ad sen-

sum, ber Dieter Ergänzungen bebarf, beren toir uns nur

barum ntctyt immer befttmmt benmfjt derben, toett toir e&en

fo fcoflftänbig baran getoöljnt fütb. Senn i$ fage: ber ü)iann

ift groß — fo Uegt mir ber Söergteicty mit anbern Scannern

im ©inne, tooburefy ber begriff grofc erft einen beftimmten

Söertfy erhält; toenn icfy fage: baö <ßferb ift gut, fo l)abe i$

babei gewiffe $Rütfftc$ten fehter prafttfe^en 23rau$barfeit, fei

e$ für mic$ ober anbere, im Sinne. Oljne ein fotcfyeS im

©inne Ijaben, ift gar fein «Sprechen möglich, eine oöflige

Limitation aller begriffe, ein &ööige$ Kufg&ftlen alter ge*

meinten SBejteljungen unb 9?ü<ffic$ten ift unmöglich unb roiber*

fpricfyt bem Söefen ber ©praetye, ber 3ufam"tcn^ng mufj

überaü ba$ meifte unb befte tfyun. <So toie ia) mir nun aber

beüommen (äffe, bie (Spraye aufer bem 3ufanimenljange ju

gebrauten, aujjer bem $Ingefic$t ber $)inge, burefy welche iljre

Sfoebrücfe Söertfy unb S3ebeutung fyaben, fobatb i$ öon ifmen

irgenb einen meta##fifc$en ®ebrauc$ machen teilt, fobatb i$

mit ihnen umgeben rotll lote mit 3a¥cn m*t) matbematifd;en

(Drögen, fo Ijabe i$ ben Soben unter meinen gügen öertoren

unb ftürge alter Orten in Siberfiun, meine eigenen oon mir

eingeführten gormefa toerben 3<*uberformeln für miety, bie idf

nic^t töfen, rufen ®ef&enfter fyeroor, bie ic$ nid&t bannen fann.

So^er fommt e$ bag bie (Stellung matfyematifc^er ®rö*

gen eine ganj anbere ift? <SeIjr einfaety, toeit toir Ijier nur

eine einjige SRetatton Ijaben, bie ber Quantität, Ijier

n>irb nia)t* im ©tnne behalten, fyier ift altes fc^arf auSge*

f»rochen. Diefen SSorjug banft bie Sftatfyemattf iljrer ©in*

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Page 204: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

190

fettigfeit, ihrem abftracten <£h*ra!ter; fte Wtbet ^ier eine

Ausnahme in allem SDenfen; oon biefer $fa$nafyme auö

laffen ftch nicht allgemeine Regeln geben für baä logifche £)en*

fen, für bie Betrachtung concreter ©egenftänbe. £)a& man

e$ toollte »ar ber gehler.

$)a$ Berfennen aller biefer Umftanbe, ber Langel an

richtiger ßinftcht in ba* wahre ©efen be$ forachtichen Littel«

Uim $)enfen unb bie gänjtiche Beroachläffigung aller be«*

halb gebotenen Borftchtömaafjregeln — bie« eben unb anber*

feite jene Dehnbarfeit, Btetbeutigfeit, furj jene oerfannte »e*

iaümt ber Begriffe, machte bie fyecutatitoen ®tfterae, bie

fpeculattoen ßenftruetionen möglich-

Da« £>argeftellte bilbet ben toefentlid&en Snhalt meiner

im jugenbüetyen Sitter ^erfaßten Schrift, ben ich auch jefct

noc^ in ooller Uebergeugung aufregt ermatte, barin toirffich

bie enttourgetung ber fpecutatioen @tyfteme, fo toie anberfeits

ben Beginn ber ®runblegung ton ettoaS Beuern unb Befferem

erfennenb. — lieber folcfye roa^rüc^ nicht bie Oberfläche be=

rührenben Angriffe toujjten bennoch bie Gläubigen bamals

fich mit ein paar Ä'reujfplagen hintoegaufefcen — aber es fftd

nic^t an (Sinjelnen gefehlt, bie barin bie gefährlichfte Gegner*

fchaft erfannten.

Die jtoeite Schrift führt ben Eitel: „Senbepunft ber

Pjffofophfc im neunjehnten Sahrhunbert" unb erfchien $u <5nbe

be$ Oahreß 1834. 3n biefer (Schrift glaubt ber Berfaffer

auf berfelben Bahn einen toefeutltchen gortfehritt gemacht

Ijaben, gugleich hat er feto Slugenmerf ^ör>cv aufwärts auf

ba$ tiefer tiegenbe Problem ber (Srfenntnijjtheorie gerichtet

<£r forfcht bem ©runbe ber ©rfcheinung nach, toarum bie Be*

griffe retatio fein muffen, außer ben ^raftifchen Bortheilen

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Page 205: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

191

unb bebürfniffen geht er auf bcn eigentlichen Äct ber begriff«*

bttbung ein unb fucht jene ©rfcheinung in bem Söefen be«

Urtheit« fclbft nadfentoeifen. Söcnn er bort mit beftimmt-

heit bie Scothtoenbigfeit einer totalen Deformation ber 8ogif

in atfen if;ren Steifen ausbrach, fo fuc^t er fyter bie erften

©runblinien gu gießen, bie erften «Steine be« gunbament« gu

fegen. $)er berfaffer fyat feitbem feine «Sache nicht oerlaffen,

ift nach mancherlei Unterbrechungen, »ietfeicht gerabe mit bem

Söort^ciC neuer Unbefangenheit überbie« mit erweiterten ©tubien

unb mit ben Erfahrungen be« Lehramt« immer toieber auf

ben ®egenftanb gurüefgefehrt. ©r g(aubt alferbing« feitbem

an Itfarheit unb Sicherheit oorgef^ritten gu fein unb toünfd^t

noch »teberhott ausführlich baräber gum ^tlofo^r)ifdt>cn ?ubH*

cum f^rechen gu bürfen. £>ier macht er ben berfuch auf

einem abgefragten Sege ba« SB3efcntücr>c oorgutragen, inbem

er fich ber Hoffnung btngiebt, baß loa* an regelrechter be*

grünbung fehlt, burch ben 3ufammenhang fetbft oieüeicht er*

fefct Werben fönne, unb — simplex veri Judicium.

$)a« ®runbübef (iegt in ber ßogif unb gtoar in einer

fatfehen Theorie ber abftracten begriffe. £>ie tyrtommlity

8ogü befteht öffentlich au« brei Zfyiim, ber &hre bon ben

Gegriffen, ben Urteilen, ben ©chfüffen: fie halt bie begriffe

für ba« ßinfachfte, au« ihnen fefcen fich Urt^eite gufammen,

au« biefen bie Schaffe.

Die gorfchung ^at einen gang anberen 2öeg gu gehen, g

für fie ift ba« UrthetC ba« (ginfache, benn au« ben Urtheüen

entftehen eben erft bie begriffe, hier ift ber $ct ber begriff«*

bitbung gu fuchen unb gu finben. Slber nicht jebe« Urtheil,

nicht jeber begriff fann barauf führen, betrachten wir bie

abgenufcten, im Gebrauch abgepfiffenen begriffe, fo ift »on

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Page 206: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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ihnen nichts gu lernen, fie fonnten leicht auf eine falfd&e <Spur

führen. £>ie Anfänge ber @prachbilbung liegen weit oor

offer ®efc$tcfyte, ©orte unb begriffe treten uns als ein ger*

tigeS entgegen, wir ^aben uns fo baran gewöhnt, bag ber

®(aube entfte^Lfie feien oon je fjer bagewefen, etwas un»

mittelbar begebenes, ein l'efeteS unb einfache«, »ad eben im

Urteil gu einanber gefügt wirb. Sotten toir baS ©efen bes

Urt^ciltS unb mit ihm ber BegrtffSbilbung fennen lernen, fo

müffen toir folche fünfte beobachten, 100 wtrflich gum erften*

mal etwas erfannt unb biefe ©rfenntnig ausgebrochen wirb.

§lls lehrreiches Betfpiel -empfiehlt fich fyit* gang befonberS bie

fucceffioe SKethe oon ©ntbeefungen ber ^aturwiffenfehaften,

benn fyitx lägt fidj> jebeSmal ber oorige $uftanb (SrfennenS

genau gegen ben neuen galten uub inbem biefer lefctere mit

©orten ausgebrochen toirb, ift fc^arf gu beobachten, was bie

* eigentliche £)enfOperation fei, unb, was im ^ufammenhange

mit berfelben bie ©orte thun unb bebeuten. ©ar man fytv

einmal auf ben au*f<hlaggebenben <ßunft aufmerffam geworben,

aisbann lieg fich noch gweierlei gur genaueren CSojtroßeJjeran*

giehen, nämlich einmal bie ®efRichte ber ©prachentwicfelung, in

welcher fich baffelbe geigen mugte, wie es fich benn auch n>irf*

(ich hz*&' m<t) ^ann jnwtens bie Beobachtung ber Äinber in

ber <ßeriobe beS ©prechenlernenS, wo fie, noch nicht im Befifc

ber fertigen gormein unb &id)tn beS ©prachfchafeeS, fich

meiftenS auf eigene ©eife in ber Begegnung ber £)tnge uub

bem SluSbrucf ihrer ©ebanfen gu helfen fuchen unb eben ba*

burch uns ben %ct ber Begriffsbilbung aufbeefen, ber in ben

fertigen ©torachen nicht mehr gu erfennen ift. $uf btefen

breigenannten ©egen bilben fich unferen klugen noch täg-

lich allgemeine unb abftracte Begriffe, forgfame unb methobifche

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Page 207: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

193

Beobachtung fann fyuc ba« SKäthfel, ba« fo unenbliche Ber*

toirrung in bic ^^ilofo^te gebraut (jat, auf ba« oollftänbtgfte

(öfen.

3ebe« Uvtiietl ertoetft fid; banaef) nicht al« eine ®lei*

chung, fonbern al« eine Begleichung, oft bie Sluffaffung

nicht ber <^(ci^eit, fonbern ber Stelmlichfeit jtoeier Dinge,

bie nac^ toie oor oerfRieben bleiben unb nur in ©inem $unft t

übereinfommen, bie Metapher ift nicht ©ehmuef ber Hebe, VI 6

fonbern SBefen berfelben, aber meiften«, toie burch ben ®e*|

braudt) unoermeiblich, ift fte gänjlich oertoifcht. «Sage ich ber

Sibenbhimmet ift roth, bie gilie toeijj, fo fann e« freuten,

al« ob roth, toeijj, felbftänbige, unmittelbar gegebene Begriffe

toaren, ganj anber« toemt ich fage: ber 9lbenbhimmel ift

rofenroth, bie Sitte fchneetoeig, ober noch Deutlicher: rofig,

fchneeig. gerner: ba« tfinb fragt: ©er ift be« Onfel«

Oohann, unb toir muffen ihm barauf anttoorten: griebrich-

Da« äinb nennt ben §>unb be« Nachbars nicht §>unb, fon*

bem e« nennt ihn, mit bem tarnen be« eigenen £mnbe«,

(Saro. £ier liegt ba« gan$e (Deheimnijj oon ber Qtatfigugg Ii

unb bem SBefen ber Gattungsnamen, ber allgemeinen Begriffe: Jf

fie entftehen gan$ bon felbft unb ganj unbermeiblich burch ff

Uebertragung. 3nbem ba« Äinb be« Machbare £unb auch -

<5aro nennt, ha* c$ D«m dornen proprium, b. h- «u« ber

Benennung be« Snbioibuum«, einen ®attung«namen gebilbet,

gleiche« thut e«, toenn e« fragt: toie heißt be« Onfet« Oohann?

Johann bezeichnet fyex nicht mehr ba« Onbioibuum, fonbern

ben allgemeinen Begriff, «uf biefem SBege burch immer

fernere Uebertragung fann man oom Snbioibuum au« htafle*

langen bi« ju entlegenen Slbftractionen A bie in ben meiften

gäüen bie fertige (Sprache fchon ein für allemal für un« ge«

«rupp«, 3ufunft b. h. $$«of. 13

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1

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mac$t $at. «Ber bie ftatumiffenföaften ^ören $ier nidjt

auf ba« *ßfyänomen un« in Beftänbiger Steilheit unb ©dbärfe

»orgufüfyren.

3$ $aBe SBelfotere au« bcr ®efc$ic$te bcr Öefjre t>on ber

<&(ectrigität unb bcm 3flagneti«mu« emtfofylen, SBeifoiele au«

bcr «eueren ©eognofie, Befonber« au« ber £eljre üom 23nlfam$-

mu« ber ®eBtrg«arten, fjier, unb in aßen au« ber 9tatur*

toiffenfdfraft genommenen «eifriefen lägt fld^ ba« Siefen be«

Urttjeit« unb ber baüon aBfyängtgen 33egriff«Brtbung mit Rauben

greifen, man müßte ba« $(uge fließen, toenn man e« »er*

}

fennen tooitte. Unb loa* geigt ftc$ ba? Die bon ben Sogifern

Bi«Ijer gang unBeac^tete £eljre, baß jebe« h>aljre Urtljeit

A unfehlbar bie ^Begriffe toeränbert, unb gtoar Beibe

Ä begriffe, eBen fotoot ben begriff be« SuBject« al« be«

I* ^räbicat«. SBenn icf; fage: „Der Kranit ift mittanifö/'

fo gefctyieljt bie« in gotge einer neuen gewonnenen (Sinfictyt,

einer geänberten Meinung, e« n>ar näm(i$ ber Kranit früher

für neptunifdfr, für SIBCagerung au« bem Söaffer gehalten

roorben, toä'ljrenb man i^n jefet für $robuct be« geuer« Ijäft.

Die« Urzeit nun, ber ©ranit ift bu(fantf<$, wänbert gu*

näd^ft ben begriff be« ©uBjecte«, bem Kranit wirb nt$t nur

eine neue (£igenf<$aft Beigefegt, fonbern er toirb in eine gang

anbere klaffe oon 9kturprobucten »erfefet, mit einer gang an*

bereu föetye öon ©rfcfyeinungen in SBerBinbung gebracht, bann

aber gleiten« erfährt au$ ber <|3räbicatBegriff eine entfpre^enbe

©eränberung. Da« ^räbicat fculfanifä war ein gang anbere«

jur 3eit, ba i$ e« no$ nf#t auf bie SÖUbung be« Kranit«

Begog, a(« jefct, ba lety e« barauf Begieße, e« ift babur# fefyr

erweitert, fe$r »eraögemeinert worben; ber $ulfani«mu« war

früher ein eingehe« unb ifolirte« ^änomen, jefct ift er ein

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fe$r au«gebeljnte$ , allgemeine« getoorben. «Spreche i$ au«:

ber Kftffift ift ein (Säugetier, ber 83atfifc$, ben i$, toie

au$ ber ftame fagt, früher für einen gifcty gehalten, fo ift

burcty biefe« Urtfjeü auger bem ©ubject au<$ ba« ^räbicat:

«Säugetier toefentließ oeränbert, toie bie« feiner weiteren <Sr*

läuterung Bebarf. 2Wbe ic$ ba« Urzeit: bie ?atme gehört

$u ben ®ra«arten, fo erteiben Beibe begriffe eine »efentfidje

SBeränberung. Solche ^eifoiefe laffen fi$ Bei tanfenben Brin-

gen, in meinen genannten SBerfen tt>irb man manche* ber

%xt ftnben.

Äant unterfd&ieb ffyntfyetifctye unb anattytifctye Ur*

tljeüe; er toar na^e baran eine nötige ©ntbedfung ju machen,

otetfeic^t bie »ic^tigfte, bie überhaupt in ber Öogif gemalt

»erben fann; aber er machte fie nicfyt. ©r nannte fte auc$

erioeiternbe unb erfäuternbe Urtfyetfe: Jene fügen bem

©ubject ein neue* <ßräbtcat fjingu, biefe tfjun e« nic$t, fonbertt

machen nur aufmerffam auf ba« im €>uB}ect Bereit« (5nt*

fyattene. £>ter ganj batjin geftettt, oB ©äfce ber festeren «rt

überhaupt noefy al« Urteile angefefyen »erben bürfen, fo ftnb

fte offenbar für bie $ogtf unb (Srfatntnifjlefjre oljne 2Bi<$tig*

feit. £)a« fafy au$ Äant toofyi ein, aber loa« er ntctyt ein*

fafj, loar, bafj toir tyier nid&t groct Gattungen oon Urzeitenj

fyaben, bie neben einanber ftefyen, jebe« auf ein Befonbere«|

gelb Befcfyräuft, fonberu bag ba« @tne in ba« Slnbere notlj* j /

toenbig übergebt. 9iamli$: 3ebe« analtjtifdfre Urzeit 1/

ift früher ernmal ein ftyntfyetifctye« getoefen, jebe«j

ftyntfjetifc^e Urt^ctt ift e« nur einmat unb Ijört al«* ! /

Balb auf ein fold^e« gu fein, toirb foglei^ ein ana* /

tyttf$e«. ©etyr einfaßt in gofge be« flmtljetiföen Urteil«*

ge$t ber ^räbifatbegriff ia eben in ben ©uBjectBegriff üBer,

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tt>irb biefem einverleibt, fann fcon bemfelben nictyt metyr ge*

trennt »erben, fo bafj, wenn i$ nun ferneren baffelbe Ur*

tljeit ttneberljole, bie« nic^t meljr fyntljetifcty fein fann, fonbern

anafyttfdfr werben mufc.

@o befommen wir benn burety ben einfachen «et be$

Urteil« bie 23egriff«bitbung, bie Beränberung ber begriffe,

unb gtoar im bejaljenben Urtfyeil bie Verallgemeinerung. Dtefe

föeilje ouffteigenber Verallgemeinerungen füljrt allmälig empor

bi« gu ben umfaffenbften , abftracteften Gegriffen, toel<$e fic$

gang unb gar entfernen oon aller fpeciellen Slnfcfyauung unb

eben barum al« einer anberen Legion guge^orig erföeinen

fonnten. 9hm aber giebt es baneben, al« (Srgängung auc$

no$ eine anbere Slrt oon 33egriff«bilbung, auf welche tc$ früfy*

geitig, fc$on im Slntäu«, aufmerffam geworben bin, bie« pnb

bie betoufjt ungenauen S(u«brücfe unb bann bie beliebig ein*

geführten $filf«au«brü<*e.

£>a« £auj>targument gu fünften ber begriffe a priori,

tote bie« Don tfeibnife unb ßant geltenb gemalt toorben, ift

immer, man fönne bur$ 3nbuction, burefy auffteigenbe 93er*

allgemeinerung oon ber (Erfahrung au« gtoar gum fetyr Hll*

gemeinen, aber nie gum fcöllig TOgemeinen, gtoar gum gene-

rale, aber nietyt gum universale gelangen, unb boc$ fänbe

fic$ in ber (Sprache unb im $)enfeu ba« Sefetere, mit bem

SHerfmal be« ftotytoenbigen, oor. £>tefe« allerbtng« fe^r

föeinbare Argument fällt bei näherer Betrachtung in fiety felbft

gufammen unb ergiebt einen noc$ oiel gröferen Srrtljum. £)ie

<§torac$e aller SMfer fommt fe^r balb gu ben Begegnungen,

aß, allgemein, notytoenbig, allein biefe finb nur innerhalb finn*

lieber Äntoenbung entftanben, nur für ben prafttfetyen ®ebrauc$

in ffur« gefegt, alfo nur gültig innerhalb getofffer allen be*

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Page 211: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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fannten unb eben barum borau«gefefcten Bebingungen. 3fo*

Ürt man nun fol$e 2lu«brütfe, nrili man mit ihnen auger

aller (Erfahrung operiren, nimmt man ihren relattoen SBerth

für einen abfoluten, »iü felbft au« ihnen (Srfenntnig herleiten,

burety fie eine 3nftan$ getoinnen, tt>et<$e ni$t nur unabhängig

©on aüer Erfahrung fei, fonbem al« ein $dhere« biefer gegen*

übertreten fönne, toie ba« allerbing« $armenibe« ttolfte, unb

alle fpeculattoen ^f?tieferen nach ihm, alebann hat man ade«

auf ben Stopf geftellt unb barf ftdh nicht nmnbern, toenn ©ertöte*

bei unb fcäufchung aüer Hrt bie golge ift.

£)ie Spraye bient junächft nur bem praftifc^en Berftänb*

ni|j, fie ift in ihren Begegnungen abfichtlicty ungenau, toeil

fie babon ben Bortheil ber flfirje hat, bie $lu«brücfe ftab notfc

toenbig relativ bie Delationen müßten jum fcpllftänbigen Ber*

ftänbnifj jebe«mal hinzugefügt »erben, ba« geflieht aber nicht,

fie »erben im @inne behalten. Bei jebem Slu«brucf finb oer*

fc^toiegene Borau«fefcungen, ohne folc$e toäre fein Berftänbnifj

möglich. 3m ^raftifc^en fmb bie Borau«fefcungen betougt,

allein fo tt>ie toir un« toeit ton ben <£egenftänben entfernen,

fc^tombet bie« Betoußtfein, unb nun fängt bie @prac$e an

täufc^enb ju toerben. (Schon Äriftotele« fah bie«, befonber«

bei ben Begriffen ber Einheit unb be« ©ein«.

9ton fte^t ber @pradt)e, al« Littel be« praftifd&en 33er*

ftänbniffe«, auch frei fiety in jeber 2lrt gormein ber Stbfürjung

einzuführen, toogu fie jebe grammatifd^e gorm unb ettmtologifche

Analogie benufeen fann, um für ihre jebe«maligen 3toecfe ftch

bequeme £ülf«mittel ju ertoerben. tyx Berftänbnig müffen

biefe burch ben 3ufammenhang erhalten, burdt) ihre Begehung

auf ©egenftänbe unb beren bett>u&te Berhältniffe. «Hein bic I

fo eingeführten gormein ju ifoliren, ohne SRücffidht auf ben

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I

|>rattifc$en Gebrauch, ber ihnen bic (Sntftehung gab, gu be-

trachten, fie auä bem 3ufanunenf)ange gu reißen, in reichem

fie tomrgeln, bas ift ein falfchefc Beginnen «bas nur tttf unb

tiefer in Srrtyum führen !ann. So tt>ic man ben ©ebanfen

fagte, Begriffe auger ihrem ^ufammenhange mit ben fingen

gu betrauten, ijatte man ben feften Boben unter ben gügen

öerloren. .SDie« traten <ßarmenibe$, $lato, Slriftotele« unb

fie ^aben baburch ber ^^iCofop^ie einen ©eg geöffnet, beffen

Untoegfamfeit fich balb geigte, &on bem fie aber, trofc vieler

s Bemühungen nicht rieber hat gurüeffehren fönnen.

Sluö ben £ülf8au«brücfen, bie ich mir felbft eingeführt,

batf ich nichts folgern, benn fytx Ö^t e# burchauö Feinen

feften $unft. Och fann beliebig bom Begriff be$ generale

übergehen gum universale, ich fann bie Begriffe Allgemein*

heit, ^othtoenbigfeit, ba$ Unbebingte, ba$ Slbfolute, u.f. n>.

mir fo ftreng ftellen als ich irgenb tritt, bas liegt gang in

meinem Belieben unb bie brache bietet bagu bie Littel —aber auö biefen ©orten unb Begriffen ift burchauS fein Schlug

gu machen auf bie (Srifteng fold&er Serthe, auf entfprechenbe

Realitäten. Die* ^at man aber gu Reiten (ich *?a& c e*

nachreifen fönnen) allerbingS in boller Strenge geglaubt, man

hat geglaubt, bag e$ fooiel Realitäten geben müffe, als es

unterfchiebene Begriffe, b. h- ©orte giebt, eine Anficht, reiche

unbeftimmt unb unbetougt fich auf biele anbere $|tt»jty|cii

oertheilt, unb groar fo, bag bie gange Slrt ihre« ^3r)t(ofo^iren^

eben hierauf beruht. 3m (gingeinen unb im fangen finb hier

»on grogen ^3^itofo^en groge gehlfchlüffe begangen toorben,

bon Setbnifc unb $ant nicht minber als oon Stelling unb

£>egel.

£>iefe »ergebenen Birten ber Begriffsbtlbung gufammen*

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gefaxt, Tägt ftcfy atterbing« eine tiefer eingeljenbe, umfaffenbe

Sfyeorie ber allgemeinen begriffe, ber abftracten begriffe, ge*

toinnen. 2ta einer folgen allgemeinen ^eorie ljat e« in

älterer unb befonber« auefy in neuerer £tit gefegt, Öocfe unb

tant befonber« firib e«, toelctye, inbem fie ftatt nmfätmUtt

Unterfuctyung, oberflächliche (Slaffificationen unb toiüffiljrtiche

Reifungen brauten, ber toafjren einfachen £ljeorie große £)inber*

niffe in ben $öeg gefegt haben, fo baß bann eben mit bem

gortbefteljen be$ Orrtyum« bie fogenannte fyeculatioe $^i(o*

fo^ie noch neue« gelb gettmnn. 8ocfe sollte eine Sfaafyfte

ber begriffe, berfal) e« aber barin, baß er oon $aufe au«

ein oerfchiebene« @rf<heinung«felb annahm; biefer gehler ift

oon $ant außerorbentlich vergrößert toorben inbem er bei

feinem Vorhaben, eine Anatomie ber (Srfenntnißoermögen

geben, alle« au« feinem natürlichen 3ufammen§ange riß unb

burch feine tiefgeführten (Schnitte bie einfache Betrachtung be«

unmittelbar äufammengehörigen unmöglich machte, $ein $f;t*

lofoph ift in höherem ®rabe getäufcht Horben burch jene

fcheinbare unb auf ganj anberen Urfac^en berufjenbe SlHgernem*

tyeit unb Sßothtoenbigfeit: alle« toa« biefe ^räbicate an fleh

trug, folfte unabhängig toon alfer Erfahrung in ber ifolirten

Vernunft al« apriortfeher Inhalt gegeben fein, fetbft bie 93c-

griffe Urfache unb SBirfung tourben ©on ber (Erfahrung ab*

getrennt, tooburch benn biefe gänjlich enttoerthet unb in« <£$aoS

jurüefgetoorfen toirb, außerbem nahm er auch bie begriffe SRaum

unb $t\t a^ befonbere nicht burch Betrachtung be« ®egen*

ftanbe«, nicht burch auffteigenbe Slbftraction, nicht burch $)enf*

Operation gewonnen, foubern al« unmittelbar im @ubject ge*

gebene Slnfchauungen, al« fubjeettoe gormen, fytmit im <3ubject

unb im Object alle« oerberbetib, bie ganje Sogif öon ®runb

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200

cm* jerftbrenb. Da nun biefe begriffe fc$on ßoefe &u föaffett

machten, jrfjon üon il?m nid;t bewältigt werben tonnten, beim

er nafym ben föaum für etwa« unmittelbar im ?ln*ftc$ ber

Dinge Siegenbe«, ba inäbefonbere bur$ ben entgegengefefeten

Äantifdjen 3vvÜ;um hierauf ber fubjectiüe 3beali«mu$ mit bem

(befolge aller feiner öerjtoeifelten £eiloerfuc$e fugt, fo Ijabe

i<$ in meiner Umgenannten ©etyrift für nötyig gehalten biefe

»on jeljer tief etngreifenben begriffe befonber« gu beljanbeln

unb öon iljnen fyecM ju aeigen, bajj fie in jeber £nnftc$t allen

anberen abftracten Gegriffen oollfommen gleictyfteljen, bajj alfo

ber ®runb, auf welchem bie neuere beutfd^e ^Ijilofopljie fic$

erbaut, a(8 ein burc$au$ unserer erfctyeint, nur auf Orrtfyum

unb 9Wigt>crftänbni§ beru^enb — eine 9to$n>eifung , toelc$e,

fafl« e« benn nötfyig^ jefct mit oorgefetyrittener ^enntnig ber

®efc$ic$te ber ^tytlofopljie unb oielleictyt and) mit geübterer Dar*

ftellung noc$ um öiele« überjeugenber würbe gegeben werbe«

fönnen.

Da« ^eue, ba« nun an bie ©teile be$ Mlten tritt, ift

etwas augerorbentlicty einfache« — ift ja bo<$ ber Orrtljum

meiftenS complichrter al« bie Sttatyr&eit. Allein man taufet

fic$, wenn man glaubt, bie« ©infame fyabe fo nafye gelegen,

tyätte fo leicht gefunben »erben fönnen. Der Srrtljum mufjte

erft eine gewiffe £>ö$e unb töeife erreichen; unb immer noc$

war ber Arbeit genug; fie ift au$ gewijj noc$ lange ntd>t

in (Snbe.

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201

XII.

JRütfblW auf bie foeculattoen Sterben.

35 cn bem Dargefteflten ift nun bie Slmoenbung $u machen

auf bie fcorljanbenen fpecutattoen 9}?et^oben unb bie fpecula*

tioen ©tfteme. ©« toirb fic$ jefct erft $eigen, toie toeit man

öon ber einfachen Huffaffung entfernt getoefen ift unb toetc^e

303ic$tigfeit biefe in ftc^ fölie&t Der Bergfeic$ be« Sitten

mit bem Weuen »irb auf jebem (Schritt bie Uebertegen^eit

be« lederen ergeben, bie Unljaftbarfeit öon jenem unb bie

Betoafyrljettung *>en biefem.

©ir ^anbeln juerft *on ben Sttetyoben, toetf fie unferer

Betrachtung junädtft fteljen, toeiL ficf> in iljnen fetbft unmttte(>

bar eine S(nfic$t fcon bem Sßefen ber Begriffe au«foric$t.

©enn bie frecufattoe ^tyifofo^ie mit Xeno^ane« unb

Ißarmenibeä beginnt, fo Ratten biefe eben eine beftimmte 2Äe*

tljobe im Sluge, toeld^e bie *ßlji(ofoj>I?ie bon jeber anberen

©iffenfäaft untertreiben fotte. Die ©tyugfolgerung, ber|

®tyllügi$mu$, foüte bie $$tfofo^te jur ?^itofo^ie machen,j

, bie ©ctyfajjfofgerung au« Begriffen. Tag Denfen toirb fyter

abgetrennt t>on ben ©innen, ber Begriff t>on ber (Erfahrung,

er gilt für etn>a« im Denfen unmittelbar begebene«, ba«

Deuten für eine felbftänbige Snftanj, eine ftuffaffung toelctye

für me$r aU jtoei Oa^rtaufenbe entft$eibenb unb ber @runb»

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Page 216: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

202

ftcin ottcr fpecufatioen ^Uofoptjie geworben ift. Stfton »er*

traute ber Argumentation au« reinen Gegriffen unb fu<$te für

biefe eine SMetfjobe.

£)er erfte SBerfucty einer fpecutattoen 2ftett)obe, welcher

un« in griec^ifc^er ^Uofo^ie entgegentritt, ift bie bialo*

gifc$e, aus we^er fic$ ber Marne unb bie 8ac$e ber $)ia*

leftif entwiefett Jjat. GS ift inbeß fein wa(?rer $)iafog, fon*

bem in gewiffer Würfet raeljr Monolog, bie Motten nätnlic^

finb beftimmt »erujeUt, ber ©tue füt>rt bie argumentirenbe Mebe,

inbem er eine Meilje »on gragen aufftettt (6 kqmtoiv), ber

anbere Ijat nur furj gu antworten (6 TtQogdialeyo^evog). üDte

gragen finb atte auf 3a unb Mein gefteüt. <£rft wenn bas

3a erfolgt ift, wirb roettcr argttmentirt, b. ty. weiter gefragt.

$>iefe SMetljobe, welche wir ttjeifweife ht ben jrfatoniföen

Dialogen finben, befonbers im ^armembeS, wo fie als bie

eigentlich eleatifd^e — nic^t ohne Ironie — auftritt, ift ent*

ftanben auf groggriec^ifc^em 33oben, als Slnalogon ber mat^e-

matiWen. SMan hoffte mit biefer SMetfjobe (Sicherheit für

bie ^tlofo^ie gu gewinnen, nur auf ^ugeftanbenem foflte

fortgebaut werben. Slüein bie 3)iet(jobe ift in Iogifdj>en Söe*

griffen unmöglich unb $war wegen ber Matur ber abftracten

^Begriffe; fie ift ber £$at nach eben fo irrefüfjrenb unb

trügerifch, als fie bünbig fchetnr. Mäinlich: bie unüberfeßbare

Melatiüität ber begriffe »erbietet es auf »orgelegte gragen

über begriffe fidt) mit 3a ober Mein gu entföeiben, ohne

bog man weig, in welker Mücfficht, auf welche (SJegenftä'nbe

fie angewanbt werben follen. 3ebes erteilte 3ugeftanbnig

ift hier eine Uebereifung unb mug gurüefgenommen wer-

ben, wenn bie Änwenbung auf einen nicht öorgefehenen gatt

gemocht wirb. <5s ift eine 9Äethobe ber Ueberrum»eluttg, bie

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Page 217: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

203

aKet&obe ift in \xd) felbft burd^ unb burc$ cabtiöö. £>er lieber*

gong öon t()rem pt)ilofopl)ifc$en ®ebrauc$ &u bcm fopl)iftifc$en

ift ein ganj allmäliger, genriffe ©ctylugfolgerungen beä 3eno

fefjen bcnen bcr @o^iften fe^r ä$nlu$, fo bag manche fie,

um bic ^Uofo^ifäe 2Bürbe be$ 2tfanne$ ju retten, für

@c^erj erflaren tootlten. 28aö öon einzelnen Äimftftücfen,

toelctye toir ber ©ctyufe ber ^egartfer oerbanfen, gn Xage'

liegt, baä trifft bie gange SMetfyobe; ba« Söefen ber abftracten

begriffe lägt einen folgen ©ebrauety nietyt gu.

3in ftäfyeren $at, nac$ 3Kaaggabe be* pfatoniföen $)ia*

log* $armenibe$, biefe Sföetyobe eleatifd&er ©peculation bort»

ifyre gang befonbere ©fgent$üralic$feit, bag fie apagogifdj

nnb bisjunetib ift. Senn fie in beiber &ücffic$t fidfr ber

matyematiffym Demonftraticn anfliegt, fo ift gu bewerfen,

tote toenig biefe Uebertragung auf begriffe pagt. £>ie SD^at^e*

matif Ijat auc$ Ijier eine $lu$naljmeftellung, h>elc$e in ifjrer abftrac*

ten SKatur begrünbet ift. 2>ie £a$l ber möglichen gälle liegt

Ijier gu Stage, bie $lu$fc$liegung eine« ^Dritten, Vierten u. f. to.

ift augenfctyeinltcfy, bann ferner berühren bie Teilungen totrl*

li$ unmittelbar bie ©a$e; gang anberö inbegriffen, benn

^icr ift baä @nttt>eber*Ober burcfymö fcfyoanfenb, toeil ötel*

faetye Delationen fiefy eimnifetyen, toelc^e bie ®rengen ber 93e*

griffe unfi^er machen, bann aber befonber«, tt>etl ba«, xoefi

als Teilung angefeljen toirb, nic^t eine in bem fraglichen

SÖegriff felbft enthaltene ©Reibung, fonbem oielmefjr ein oon

äugen ^tngugebra^ter ©efityspunft ift, fubjectiö unb beliebig,

fo bag baburety über jenen nichts entföieben toerben fann, tootyl

aber bie S8en>ei$fül}rung nac$ jeber Dichtung tyin fic$ toenben

lägt, ftur bie gängige Unfenntnig oon bem SBefen ber $cgriffe fonntc auf ben $erfuc$ einer folgen £anb$abung ber*

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Page 218: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

1

204

felben fügten. Bon ber ©c^ärfe unb bcm durchgreifen ber

fctejrotctionen tätigt nun aber bic Söünbigfeit bc« a&ago*

gifchen Betoei« Verfahren« ab, e* fällt bic« mit jenen. Sin

fich ift e$ in ber Legion ber Begriffe unjuläfftg, toeit bie

Streite ber S)i*juncttonen, bie ®lieber ber ®egenfäfce feine

felbftänbige (Sriftenj ^aben, fo bag auf fteculatioem bebtet

»on beut Gemeinen be« (Sinen auf bie Bejahung be« Zubern

gu fliegen toäre, »eil Delationen eine« Begriffs nach äugen

in bem Belieben beS Betrachtenben liegen unb alfo nichts

über ihn entfReiben tonnen, mit (Einem 2öort, toeil Begriffe

nur Littel beS BerftänbniffeS finb, felbft nur oerftänblich

burch oiel $inaugebachteS, nur innerhalb ber gefammten Be*

bingungen, n>elche n>ir Seit nennen, nicht aber felbftänbige

Drögen, bie barüber ^inauö eine (Geltung ^aben fönnten.

$)er apagogifd&e BetoetS fann in ber ^ilofo^ie nie $u einem

pofitioen (Srgebnig führen unb in ber £fyat beburfte es einer

fo jeben Unterfd^ieb Oernichtenben Sehre, tt)ic bie eleattfche

Stüein^ilofo^ie, um oon btefer SWet^obe in fold&er 2luS-

beljnung eine Slntoenbung ju machen. 9tor &ur 3erftöruna,

fonnte fie bienen, ben vermeintlichen äBiberfpruch innerhalb

beS Sinnlichen bargut^un, gegenüber bem toanbellofen All-

ein«, bem einzig (Sriftirenben : ju jebem anberen Äufbau ift

fie untüchtig. $)ie Schtoäche biefer ßeljre unb jugletdh btefer

SKetyobe, inSbefonbere bie 3tt>eifchneibigfeit unb $)ow>eljüngig*

feit ber lefcteren ift oon $laton mit barfteüenber Äunft »er*

anfchaulicht toorben; inbem er nämlich *>k SWethobe auf baS

(Sin« felbft antoenbet, lägt er mit berfelben ben $armenibeS

fich felbft oernichten, ihn felbft ben SBiberftnn unb Banfnrtt

»roflamiren mit ben merftoürbigen bitter ironifchen Schlug*

»orten: „So fei bemnach biefeS gefagt, unb auch, bag, tote

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Page 219: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

205

e« f$eint, ba« ©in« fei nun ober fei nietyt, es felbft unb ba«

Rubere in«gefammt, für [icf? fctucM al« in 93ejieljung auf

einanber, alle« auf alle Söeife ift unb nt<$t ift, unb

f^eint f ott>o^t al« nic$t fäeint" — ©orauf ber «nt*

toortenbe fagt: „93ollfommen toafyr."

©ir tyaben $ier ben ^öd&ften £riump$ ^tatonifd^cr 3ronie,

feine fdjmetbenbfte färitif unb feine au«gelaffenfte Saune -

bie«mal au<$ oon ©etyleiermaetyer oerfannt, ber ben $>talog

für unoollenbet fytelt, toeil er iljn für ernft nafym unb auf

eine förmliche Sluflöfung toartete, toogegen Jpegel toa« #ol?n

über bie 3rrle!jren Änberer ift, für ben tiefften Äem ber

»latonif^en WUofotfie felbft anftradfr!

üföenn nun tyiemit bie 5tfet$obe iljre <£nbfc$aft erreicht

fyatte — fie ift gletd&tooljl im (Sinjelnen noefy oft toiebergefeljrt

fo galt e« eine anbere, unb namentlich eine »ofitioe

£>emonftration an bie ©teile $u fefcen. töec^t bea$ten«toertl>

nümlicfy bleibt es, baß bei bem erften 33erfuc$ eine fpeculatioe

9Hetljobe ber matljematiföen nacfoubtlben, man nur bie nega*

ttoe SBetoei«fü$rung fic$ aneignen fonnte; e« lag nämlt<$ ba«

richtige ®efüfy( jum ®runbe, bag (Drögen unb begriffe ju

toeit au«einanber lägen, um eine unmittelbare Uebertragung

ber geometrifd^en ^emonftration jujulaffen. (£« beburfte Ijier

nod) erft eine« Uebergang«, einer Vorbereitung, hierauf nun

toaren bie Seftrebungen ber Stüter unb unter iljnen be«

$(aton gerichtet — e« blieben freiließ bie ju ®runbe (tegenben

fallen 2$orau«fefcungen, ja $laton tljat in feiner Ofoeenleljre

einen <S$ritt, toelc^er bie grage nac$ einer fpeculatioen 3He*

t^obe oöüig au« ber $aljn warf, benn bie allgemeinen S3c*

griffe ^aben nun eine felbftänbige C^iftenj unb gehören bem

Seufeit« an — eine Äuffaffung, toeld^e in tyrer ooöftänbigen

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Page 220: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

206

Confcqueng jur tnteflectualen Slnföauung füljrt, bte, auger

alter (Kontrolle liegenb, nur für baS ©egentyeit einer p^ilo*

fotoljifctyen 9Äetljobe gehalten toerben fann. 2Betm *ßlaton als

ergänjung noefy ein benutztes (Srfennen beibehalten toollte,

benn er toor gu fetyr ©rieche, fo $anbette es ftc$ i^m Ijier

mir um bie 33erfnüj>fung ber fertig gegebenen Segriffe, ein

Sfrrtljum, toetd&er nunmehr feiner weiteren Darlegung bebarf,

ber aber bie tiefften ©puren in ber 8ogif jurücfgelaffen tfat

Wucfy bie Obeenteljre übte mittelbar einen großen Ginflujj, fte

befeftigte bie Hoffnung auf eine bebuetioe SKetljobe, benn toenn

biefe fertiger aligemeiner Segriffe unb ©äfcH&ebarf, fo finb bie

Sbeen eben ein fotetyes ^allgemeines, ja man barf fagen, bie

ptatonifcfye <ßtyilofopljie habe auf biefer @eite ber ariftotetifetyen

8ogif einen ©d&ufc gewährt, großer als fie i$n in ber ße^re

beS StriftoteleS felbft finben fonnte. <&S toaren bie totatonifd&en

Gbeen ein in ftety gefteS, UntoanbelbareS, gleich ben 3a^ßn

ber ^tytyagoreer, feiner Delation untertoorfen, überbieS einer

intellectualen Seit angetyorig, unabhängig t>on allem @inn*

li#en, alfo eine 23orftetlung, toetd&e als ftarfe SunbeSgenoffüt

jeber Seftrebung auftreten mußte, bie burety reine $)enfoj>era-

tion baS SBerf ber ^itofojj^ie »ollbringen tutll, wogegen nun

aber alle bie SBebenfen, toelctye gegen bie 4>tatonif$e 3beenlel)re

na$brü<fli($ gu ergeben finb, toeit um^er ben SBoben tyecula-

tfoer ^ilofo^te unb fpecutatioer Stfetyoben erföüttern.

Solche SBorfteüungen nun finb inSbefonbere oon großem

(5influ§ auf SlriftoteleS geblieben, ber, aud& als ©egner ber

3beenl«$re, immer no$ genug oon bem Soben, auf bem bie*»

felbe getragen, an fiety behält, befonberS in ber erften $>älfte

feiner Caufbatyn, too baS Streben nac$ ©nttoicfelung einer

foeculaitoen 3Ket$obe als fein $jauj>taugenmerf begegnet »er*

*

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Page 221: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

307

ben borf. ör toar überzeugt »on bcr naiven SBertoanbtfc^aft

ber eleatifc$en SNetfjobe mit bcr fo^tfttföen $rari«, er füllte

bie SDiijjlictyfeit ber bialogifäen «Schlußfolgerung; man fonn

nur fagen, er füllte fie, benn auffatlenb bleibt, baß er bie

ikeyxov ayvoia, toelctye er in fetner <3<$rift über bie foptyi*

fiiföen ge^luffe mit fte$t aufführt, nic$t noc$ ungleich

fitörfer fyerborgeljoben f;at; eben barauf nämlicty, baß tdj) nic^t ab*

fetyen tann, tooljin man mein 3ugeftänbniß toenben nrirb, baß

ic$ ni<#t im Söorauö alle ettoa erforberlic$en Limitationen

matten tann, beruht bie burctygängige ^erfängttcbf eit

ber ganaen SDfetfjobe. 3nbem er nun biefen ©eg oerließ unb

ben ber fortgeljenben £)emonftration betrat, fuctyte er, tt>a$

unerläßlich u>ar, bie einfachen Elemente gu finben unb fi$

ben Untertrieb »on bem mat^ematifc^en Verfahren flar gu

machen. (Er fanb bie bereite 2)reigliebrigfeit in ben <5%nunb in ben £ermtni$, er falj ferner, baß @ubject unb $rä*

bicat einanber ntcfyt gleid; ftefjen, baß ba$ Allgemeine unb

Söefonbere eine Wolle fotelt. Allein hier nmrbe er au* bem

Sßege gelenft; toäfyrenb er fpäter toieber gurueffam auf ben

Haren Unterfctyieb beö bebuetiben unb inbuetiben Verfahrens,

machte er bei ber Aufhellung feiner Xfcoxk ber ©chlüffe fic^

beufelben unflar, inbem er bie Termini bereinjelt faßte unb

ihre (Stellung für entfctyeibenb fydt. Sir müffen uns I?ier

auf ein paar (eichte Anbeutungen befchränfen.

©8 barf auffallen, baß bie erfte gigur gerabe in $e*

gie^ung auf bie Stellung be$ SPtittel&egrtffS ba$ ©omplictrtere

ift, benn hier ift berfel6e ba« eine 2M ©ubject, ba* anbere

9M ^räbicat. Ariftotele* $at hier einen beftimmten Sali

im ^liige gehabt, nämlich, too ba8 ©ubject be$ Oberfafee« ein

allgemeiner ©egriff ift, »elc^er bann im Unterfafe ^räbicat

*

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Page 222: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

208

»erben tarn, bie« ift nämttcty bie einfache gorm für bic

©ubfumtion be« ©efonberen unter ba« Allgemeine: ber 3Renfc$

ift fterbüc$, <£aju« ein SKenfö. ßcibcr Ijat Slriftotele« über

bie gorm ba« Sßefen verloren unb babur$ bie ganje ßeljre

in eine falfäe Söaljn geworfen. $)te anberen giguren, bie

er bo<$ als ungeorbnet betrauten mufjte, toerbedten ifjm

ben CEljarafter ber ®runboj>eration, öottenb« aber gefctyafy bie«

bur$ bie «rttoie er fic^ bie Sttoben conftruirt. <&tfeic$ ber

erfte SHobu« gtebt ben Huöfc^tag. <&v $ieft Denjenigen 2Robu«

für ben Doflfommenften, ber in allen brei ©ä'fcen bejaljenb

nnb aügemein ift. ^ebenfalls ift biefer ni$t ber einfaßte;

ntc^t barbara, fonbern oielmeljr darii ift bie einfache

(Srunbform be« bebnctioen @<$liejjen«: ber ©berfafc allgemein,

ber Unterfafc parttcular unb bemgemäfj ber ©d&lugfafc tt)ieberum

particular. 33ei ber <5ubfumtion ift gar fein allgemeiner

@<$luj$fafc ju ertoarten, ber @c$lujj al« einfache £anblung foll

nur »ollbractyt »erben für (Sinen ®egenftanb, ntctyt jugleicty für

öiele, ba« toürbe feine Slnafyfi« fein. £)te Snbuction fann

nur juni Allgemeinen führen, in iljrer Art, bie £>ebuction

bie t>om Allgemeinen au«geljt, fann nur jum Söefonberen füfc

ren. $>ie ßogifer tyaben au# in ber £tyat große 9lotfj Söei*

fm'ele für barbara ju finben, toenn fie nic^t gar ben SKobu«

mit einem anberen öertoectyfeln. Aufcerbem nun ift bie Bilge*

meintyeit im Unterfafc eine gauj anbere al« im Oberfafc, benn

bort ift fie oon ber (Gattung unb Ijier t>on ber Art au«ge*

fpro^en, fie ift alfo ein umoefentlictyer <£oeffident, ber bie

<&aty nur r-ertoidett mac$t. 93on r>icr au« fällt ein breiter

©Ratten über bie ariftotelif$e ©ctylugle^re, bie fi$ ifjm fo

feljr öertohrrte, baß er fogar bie Snbuction unter bie @tyllo*

gt«men fteöte — toouon er inbeti gurüdffam.

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Page 223: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

Unb boch, ba$ ift ba« bemerfen«n>erthefte, lägt fld^ be*

haupten, bajj gerabe biefe Unflarljeit toahrfdheinlich ber @$fafc|

lehre, bie Slriftoteleä bamal« für eine eigentlich fpeculatfoe

9J?ethobe hielt/ baS Seben gefriftet ^abc. Oc mehr man

nämlich mit fflart)eit bcn bebucttoen Gfjarafter fefthielt, je

mehr man fidfc) be« Ausgang« öom Ällgemetnen unb be«

gortgang« $um SBefonberen Betoujjt tourbe, um fo letzter fonntc

bie SWetyobe einen gefährlichen Angriff erleiben. Storni ruhte

ade« auf ber ©ültigfeit be$ allgemeinen ©afceS unb auf bem

Sßege, toie man ju ihm gefommen, unb hier toar SJrtftotctc«

nahe baran, fich eine beftimmte SlnttDort gu geben. Slm «Schlug

ber atoeiten Slnafyttf finben rotr feine Anficht ton ber <&nt*

ftehung ber allgemeinen ^Begriffe, fie gehen fjuctiox au$ bem

©efonberen unb ber Wahrnehmung, burch Sammlung ber

einzelnen Ginbrücfe mittelft be« ©ebächtniffeö, bie«, tt>a« ba«

SBorfpiel ber Sehre bon ber tabula rasa ber ©toifer ift, er*

fcheint für bie bebuettoe 9)ietr>obc in ber £h<rt gefahrbrohenb,

benn: fie fubfumirt ba$ Söefonbere unter ba$ Slllgemeine, ein

Verfahren, baä nur unter ber SBorauäfefeung @inn unb 33c*

beutung ^at, bafj ba$ Slügemeine baß prius tft, bog e8 eine

felbftänbige (Sjciftenj ^at, unabhängig Dom S3efonberen. Gnt*

fteht bagegen ba8 Slügemeine au$ bem SSefonberen, ber all*

gemeine begriff burdt» Slbftraction ober fonft eine Operation

be« ®eifte$, beren Object baß 23efonbere, ba8 (Xoncrete ift,

fo fann ganj unmöglich jene fcheinbare Debuctton noch al«

eigene, felbftänbige SDietljobe gelten, fonbem fie ift nur

bie Umfehrung einer vorangegangenen, bewußten

ober unbefugten, 3nbuction: biefe ift bann bie wahre,

bie allein gültige Operation, jene nur ein Umtoeg, ber ganj

im ^raftifchen jutoeiten »on Söorthetl fein fann, allein für bie

Qxuppt, 3ufunft b. fe. V|IIof, 14

S *nt

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210

Zfymit be$ ©rfennenS Bcbcutung«(oö ift unb in ber tyfyio*

fopfjte faum eine Slntoenbung finben borf. @o ertoeift fich$ nun

ober nach unferer ST^cortc unb bamit im oollen (fctnflange

fleht, bafc ton ber artftotctifd^en ©hllogtfttf niemals ein ®e*

brauch für ©rforfchung ber Wahrheit, für ©etoinnung irgenb

einer neuen ©rfenntnijj $at gemalt tr-erben fönnen, felbft in

ben 3*tten mdt)t, too biefe ariftotelifche @hllogiftif im haften

Slnfehen ftanb.

$lutf; <£artefiu$, ber fo gern bem 33acon ehte entgegen*

gefegte £l)eorie gegenübergeftellt hatte, ^at biefe Unfruchtbar*

feit jugeben müffen. 9Wcf>t minber in neuefter 3eit 3°$«

Sftill, er, ber in feiner rationatioen unb inbuctioen 8ogtf fich

rebliche Sftühe giebt, bie Söebeutung be$ ©tyllogiSmuS nodt) auf*

rectyt gu haften, ift bennodt) jum ®eftä'nbni§ genötigt, er fei

im ®runbe nichts mehr alö — eine Appellation an ba$

©ebächtnifj. Senn man au« bem @afc: Alle SKenfchen

finb fterblidt), folgere baß auch ber £er$og oon Wellington

fterbltch fei, fo fei baS allerbingS feine neue Soweit, allein

e$ fönnten gätte eintreten, too e$ nöthig toerbe, an jenen allge*

meinen @afc unb n>aS barauS folge, $u erinnern, hierauf ift

einfach ju antworten: & h*be gerabe ber (Srftnber biefer

(Syllogismen, Iriftotele«, al« erfte gorberung unb als Söefen

bes ©hllogismuö aufgefteüt, ba§ ber @c$luf$fafe eine neue Cr*

fenntnig enthalte, etroaS tt>aS nicht unmittelbar im O&erfafc

liege, gerabe herauf grünbet fidt) fein ganges Vertrauen, nur

barum l?at er fich bie 2#ülje gegeben, eine ausführliche 2^eoric

ber ©chlüffe au^uarbeiten; baffelbe Vertrauen hatten fchon

öor ihm bie (Sleaten, hatten nach ihm burch jtoei 3ahrtaufenbe

alle Anhänger feiner £ogtf: giebt man alfo biefen $unft auf,

fo giebt man bem innerften Söefen nach bie gange 2ehre auf

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Page 225: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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unb au« beut $rac$tftü(f ber tfogtf totrb nur noc$ ein Heiner

©c^nörfeL 3a nocij me^r, man faun fagen, al«bann fyat ber

<Styöogi«mu« gar feine fogifc^e Söebeutung mefyr, fonbern nur

noety eine biafeftiföe in bem «Sinne, toie Slriftotefe« ba« ©ort

gebraucht — toir Junten fagen: eine rljetoriföe. Unb fo ift|J

e« n>irf(ic$.* (I

Der getetyrtefte Sert^eibiger ber ariftotettfcfyen Sogif unter

unferen 3eitgenoffen tyat fhf in bem gatt gefetyen, tyre Sin*

toenbbarfeit oon neuem bereifen ju müffen. SBenn aber gel«

tenb gemalt roirb, bag bie 9Wau)emattf ftc$ tfjrer bebiene, fo

mug bie« in unferen $ugen atö eine fonberbare Umfetjrung

ber Dinge erfcfyeinen unb ba« ®etoi$t, ba« barauf gefegt

toirb, bie ©rammatif bebiene fiefy Bei Sfntoenbung grammati*

fc^er Regeln ber erften @#(ugfigur, mad^t auf un« fo toenig

fcinbrudf, bag toir fogar bie föictytigfett btefe« 3tu«fprud(>e« in

3toetfef gießen müffen. ©cfylüffe giebt e« nur auf inteftectuafem

gefbe, ber @$(ugfafe foU ein 9?eue« bringen, bie Sfmoenbung

eine« ®efefce« auf einen foectetfen gatf, bie ©ubfumtion un*

ter eine grammattfcfye SReget ift gar fein @c$fug; bie Verba

sentiendi regieren ben Äccufatiou« cum infinitivo, videre

ift ein fof<$e«, alfo — bie« ift eben fo toenig ein @$tttf af«:

atfe Diebe fotfen Rängen, (Eaju« ift ein Dieb u. f. to. Die augere

r$etorif$e gorrn mac$t ni<$t ben <S$Iug; au$ fjaben toir

^ier feinen ©<$lug in Barbara, felbft bann triebt toenn e« ein

©cfyfug toä're — fonbern oiefmeljr iu Darii, benn Barbara

oerlangt brei allgemeine ©%. Dag ein nafymfyafter ßogifer

ein fofc$e« 23erfe$en, unb toäre e« nur ein <S<$reibfe$ler,

matten fonnte, betoeift berebter al« atte« anbere, toie toenig

bie Se^re oon ben ariftotefifdjen ©Flugfiguren in flntoenbung

utib anuxnbbar ift.

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Page 226: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

212

9fa$ fonft noc$ läßt fic$ bie innere Unmögltc^fcit falto*

giftiger £)ebuction at« 2)?etfyobe für ^Uofoptytföe @j)ecu(a=

tion au« ben Sleußerungen be« ^frtftotcteö fetbft bartljun. <£r

forbert, unb auf feinem <Stanb»unft mit töecfyt, baß bie f>er*

(ettung gefctyefyen müffe au« unmittelbar ©etotffem, nur au«

Söefanntem laffe fi$ ba« Unbefannte gewinnen , ba« gu <£r*

toeifenbe aber müffe au« folgern Ijeroorgeljen, ba« feine« 23e*

toeife« bebarf. SÖ3o finb nun aber fotd^c @äfce unb too fotten

fie Ijerfommen? 3e mefyr ber $fji(ofoplj fi$ oon $(aton«

3been(eljre entfernte, um fo meljr mußte iljm aucty ein folc^er

unmittelbar gegebener 3n^a(t entfc^toinben unb mit tym bie

Sßafi« für bie £)ebuction. Slber no$ meljr: toenn baß 23e*

toeifen unb (Srfennen gefd^tc^t in einer in einanber greifenben

abfteigenben (sd&fußrei^e, fo müffen ja weiter nac$ oben

Ijin, in ben fogenannten 'proftyttogtemen, fi$ immer aüge*

meinere, immer in^attsoottere ©äfce finben; baß nun biefe

bur$ ficfj felbft einteuc^tenb , feine« SBctoctfcö bebürftig fein

fotten, ift in ber £fjat gu t>tet oerfangt unb eine greife Um*

feljrung ber £)inge. (Sine ®umme fcfyfec^tljtn getoiffer <Säfce'

oon benen man au«ge§en fönnte, giebt e« eben nictyt, fie finb

Ja ba« ®efudj>te, hrie benn überhaupt ba« Sltfgemeine nic$t ba«

begebene fonbern ba« ©efucfyte ift. <£« müßte nacfy jener $(n*

fid^t ba« ^efete, ba« Unmittelbarfte fein — aber mir Ijaben

»ielmefyr eine^ertoec^fefung oon Anfang unb <£nbe ber tyfy*

lofopb,ie, Aufgabe unb Söfung.

$ier ift eine große Unffarfyeit, bie bei näherer 23etrac^

tung fi$ auflöft in einen tiefen SBiberfonu}; ber jenfettige

3beali«mu« fommt mit feiner inteflectualen Slnftyauung noc$

am feictyteften barüber tyintoeg, benn ifyr barf ba« £#c$fte unb

Slögemeinfte, Sefete unb Urfä$lic$fte ein Unmittelbare« fein.

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Page 227: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

213

Äriftotefe« fom eben bal)er, ba er aber nictyt meljr tooüftänbigft

in biefem ©tyftem toerblieb, uub auc$ nictyt ben entgegengefefcten

©tanbpunft mit <Std^erf>ett erreichte, fo mußte er biefem Sföiber*

fprudt) fcerfaüen, bor bem er üor fid) felbft nur fünftlicfy unb

getoaltfam fic$ gu retten tougte.

©« ift biefer ?unft oon Sntereffe unb e« fei ertaubt,

babei ju bewerten. 9ftan madfjt, wie meiften«, au« allen Seljren

be« Ariftotefe« ein einige« Aftern unb fiefjt a(« beren ©c^toer*

punft bie SRetap^ftf an; in biefer toifl man namentlich bie

®runbpfei(er, bie (eitenben (Sebanfen für bie fogifdt)en (Schriften

finben; man fjat babei für fid), bag bem 2Bort nad? Ariftotele«

felbft bie« angiebt. Unb bennocty bürfte fid^« anber« ber*

galten. Die logifctyen (Schriften, in«befonbere bie ©ctyfogleljre,

finb in ifjren ©runblinien bur<$au« auf platoniföe Söorau«*

fefcungen bafirt, toenn ber Urheber fic$ beffen au$ nic$t bott*

fommen benwgt getoefen fein feilte; erft in ber Annahme, baß

ba« ^gemeine ba« ©eienbe, ba« $riu« fei, erhält bie be-

buetfoe ©c$fagreljre ®runb unb 53oben. SU« nun Slriftotete«

je meljr unb me^r bie 3been(e^re »erlieg unb in feiner erften

^Uofopfyie eine gan$ entgegengefefcte Ontotogie auffteßte, too*

nadt) nämlidj ba« ©ein ni$t mefjr bem Allgemeinen, fonbem

öiefaiefyr bem ©ingeinen gugeeignet toarb, ba fam auefy bie

©cfyfaglefyre in« Söanfen, benn bie 33orau«fefcung , auf roetd^er

fte rutyte, warb unter i&ren gügen fortgegogen : ba« Allgemeine

al« ein Unmittelbare«, Sefcte«. Slriftotete« füllte bie« feljr tootyl

unb eö.galt nun, ein neue« gunbament für bie ©cfyhiglefyre

ju finben: bie« toar nietyt leicht unb !onnte nur jur 9loty

unb jum «Schein gegeben werben. Der ^Uofopfy glaubte e«

in bem ©afc be« 3Biberfpruc$« gefunben ju fyaben, in bem

©afc: „<£« ift unmöglich bag baffelbe bemfelben auf biefelbe

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Page 228: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

214

Seife julomme unb ntc^t jufemme," ein <&at$, welcher in fu$

fefbft einleudjtenb unb infofern ein lefcteS ^3rinci^ beS ©iffen«

fein gu fönnen Wien. Allein es fe^t ifat an aller foeciefleren

Eejiefmng gnr fcebuetion, jum ©fliegen bom ^gemeinen

auf baS 33efonbere, er ift nur negatio, (;at nickte ^ofitibes

an es ift WftenS ein anafytifc$er ®ebrau$ baten ju

machen, aber lein ftyntfjetiföer, er fann nur bei ber Siber*

tegung gebraust werben, aber ni$t bei ber Slufftnbung. hätten

bie Gilten ü6er^au^>t ben Untertrieb beS anatytiföen unb fon*

tyeitföen ©erfahren« gefannt, fo hätte «riftotefe« ftc$ auf biefe

Seife hU^t au« ber @ad?e herausfielen fönnen.

Sie wenig jeuer <§afe als gunbament genügt, h<*t 9frt*

ftotele* felbft gefehen, weil er immer neue Skgrünbungen ba*

neben bringt unb ju bem 23ehuf fein ©Aftern immer weit*

läuftiger auszubauen genötigt ift. Ohe bringt ben <&a§ beS

auSgefchloffenen dritten, gegen ben noch größere 53ebenlen gu

ergeben finb. 3u ben fünftti^en Mitteln, ftch aus biefer

Verlegenheit gu retten, gehört aud) fofgenbeS. <&x nannte ben

Seg bom Allgemeinen jum Söefonberen ben Seg ber Watur,

ben Seg »cm $3efonberen $um ungemeinen aber ben unfereS

örfennens — währenb er aüerbmgS früher, in ber erften

^nal^tif, auch jenen, unb $war gan$ befcnberS, a(S ben Seg

beS ^itofo^ifc^en ©rfennenS bezeichnete.

(Gleiches finben wir auch in feiner £efyre fcon ber

Onbuction. ®r ^at fie anfangs ben «Syllogismen einge-

reiht — unb bamit gewaltige Verwirrung angerichtet. (Schon

nannte er fie bem «Syllogismus in gewiffer Seife {xqonov

riva Anal, prior. II, 23) entgegengefefet, bann fefete

er in ber fpäteren Slnaltytif, Syllogismus un *> Onbuction

ober $5emonftration unb dnbuetion einanber gerabeju ent*

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Page 229: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

215

gegen*) unb fcfyemt bann foeiter, praftifety unb t$eoretifc$,

in ber Snbuction bte uns ongemeffene ©rfenntnijjart, ntc$t

bfojj, nrie in ber &nafytif, bte mefyr populäre unb einbring*

ttc$e Sfrt be« 33ett)eifen$, &u finben. £)a$ toar überhaupt

bae Hebel, toetc^eS 5(rtftoteteö fcon ber Diatefrit $erbrac$te,

ba$ merfoürbiger SBöcife bie |>tatontfc^e Seljre, jufofge i^rer

ganj eigentümlichen «Stellung mit ben ©o^iften tfyeilt, ba§

nätnttc$ man in ber üDiateftif mefjr nac$ gormen für ben

Söen>eiS, als naety äflittetn be$ (grfennenä verlangte — ein

llmftanb, ber toofyl in$ Stuge gefaßt ju »erben fcerbient, um

ju toürbigen, h>ie fd^toer es bem $riftotele8 tourbe, fic$ baüon

loszumachen. Unb boc$ Ijat audf? über tyn tyinauö biefe Wify

tung bie Cogif niebergebrüeft.

£)iefe reifere Uebergeugung be$ ^ilofopfjen. fyat nun

aber nic^t burd^bringen fönnen, unb bis auf unfere 3eit ift bie

Onbuction unter ben <Sc$lüffen verblieben, fogar noc$ bei ßant,

*) ber ^weiten Slnaiütif febeinen mir bte Sorte: «narret yttQ

7ttaievofiiv rj dta ovlXoytopov rj i£ inecytoyrts erfi in ba$ 23. Äa»

pitel beö 2. ©iicfc« ber erflen Stnatytif übertragen ju fein, benn fie

roiberfvredjen ben erfreu Sorten unb ber ganzen 9tuffaffung, uament*

üd) bem rQo-nov nvä. StriftoteleS ift toott »ou Interpolationen, bie,

inbem fie <*Uei($&eit ber Stuftet in loerföiebenen ©Triften berfieflen

motten, fcieimel)v Stbertyructy erzeugen, baran aber glücffid&ermeife

etfannt reiben Wimen, £otd&e (Siufc^iebfel, bie oft nur unfd)u(bige

»aubgloffen fein mögen, juroetfen aber aud) mefrr a\9 bie«, ftnb ein

toorjügltd}eS §tnbernifj, ben inneren ftortfdjritt ber 3lnfu$t bc« «ß&i-

lofo^en mit älarf?cit barjulegcn, allein aitct) bieö roirb ftcf; über*

roinben (äffen. Wort; anbere Snterpolationeu fraben ben 3roerf aße«

logifdje S3erbicuft bem 2(riftotele8 jnjueianen; toon biefer §lrt fd)eint

mir bie Slnfünbigung einer befonberen 33efranblung ber fy»poü)eti*

fd)en ©cfclüffe Anal, prior. 1, 24, mityrenb bie Sommentatoven fe!6ft

biefe £freorie bem £freom)raft unb CSubemuS jueignen unb noc$

mebr tyre freciettere «eljanblung beu ©toitern gefrört.

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Page 230: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

216

ber baburcty gu fyetfen fuctyte, bag er fic ju einem «Schlug ber

Urtyeitefraft machte. 9Mein fic ift überhaupt fein ©<$fog,

fie ift beffen ®egentyett unb mug unter ben @c$(üffen eine

traurige 9Me ftoieten; ifyre (Mtigfeit ift Ijier ni<$t nur eine

fefjr Bebingte, fonbern eine unmögliche. Slriftotele« unb mit

tym alle ßogifer müffen anerfernten, bag $ur ßültigfeit be«

3nbuction«fc$tuffe$ bie SBoflftänbigfeit gehöre, aflein biefe ftnbet

auf bem eigentümlichen (Gebiet ber 3nbuctton niemals ftatt,

»eil toir ^ier üBerall offene föetyen Ijaben. £>abur<$ bog

man oon inbuetioen <Sdt)(üffen fpraef;, baß man fie ben be*

buettoen @<$(üffen einreihte unb anfd&log, ttmrben betbe 9#e-

tfjoben gleichmäßig unfid^er, feine bon Beiben fonnte jur Älar*

Ijeit unb föeinljeit gelangen.

$)ie bebuetioe 2fletljobe ffat nun infofem nic^t ȟberlegt

gu »erben gebraust, al« fie eigentlich ju feiner 3eit mit SBoll*

ftänbigfeit unb Söetougtfein aufgetreten ift; toeber bie $latonifer

noch bie Slriftotelifer IjaBen ihr biefe 9lu«Bilbung gegeben unb

ba« SBerfäumte nachgeholt. ÜDen erfteren fjätte e« Befonber«

nahe gelegen, ba ber oBjectioe 3beali«mu« unb fchon bie Obeen*

lehre oorjüglich geeignet tt>aren, einem Verfahren, ba* oom

Slllgemeinen ^er bebucirt, ben nötigen §alt unb erforber*

ticken Inhalt gu geben, Mein bie Slfabemifer folgten mehr

ber bialeftifchen Dichtung unb bie festeren $euplatonifer jo*

gen bie intellectuale Slnfchauung al« ben fürgeren 2Beg oor.

£)en Slriftotelifem fchtoeBte irjo^t ba« S)ebuctioe al« Seitftern

Bei ber (Styllogiftif oor, baljer bie atlmältg größere §eroor*

heBung be« DBerfafce«, allein burefy bie (Salenifche fc^ärfere

Sluffaffung ber ßeljre oom 2KittelBegriff unb bie bana<$ er-

folgte 23er»ollftänbigung be« gormali«mu« oerfteinerte ba«

Crange unb Heg ba« bebuetioe ^rineip barin nur noch mehr

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Page 231: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

217

berfötoittbett, bentt fcenn e$ nun auc$ in bcr erftett gigur nac$

erfolgter Teilung ftärfer Ijeroortrat, fo nahmen nunmehr boc$

bie anberen giguren ein gleite« D^cd^t in «nferudfr, toie benn

Lambert banac$ bie @c$faß(eijre in eine föeifye gang Derföie*

bener Operationen aufgelöst fyat.

©ir fönnen ftriftotele« nic^t Derlaffen, o$ne noety ein

berüfyrenbeS ©ort über anbere STfyetfe feiner fo tief eingreifen*

ben Sogif gu fagen. X)ie ©etyrift in tt>et<$er er bie nac$ un<

ferer Meinung toic^tigfte geljre, nämlic^ bie Dom Urtyeil ab<

tyanbeft, ift fpä'ter gefetyrieben, als feine ©ctytußteljre, benn

lefctere toirb de interpret. cap. 10 citirt; bie« läßt toenig

®ute« enoarten. Da« Urt^cif toirb angefefyen al« eine 33er*

buibung fertiger begriffe, giemlicty na<$ platonifd&er Ärt, e«

ift gtoar richtig gefeljen, baß ©ubject unb ^räbicat fic$ nid^t

beefen, allein ^tatt $ier Hefer einzubringen, enttoicfelt ber W>lofopfy gang äußerlich bie Seljre bon ber Umfeljrung unb be*

müljt ft$ auety fyter um einen gormaltemuS, erforfcfyenb was

entftebt, toenn man baö 93räbtcat lum ©ubiect madbt. ein

^Beginnen baä minbeften$ nufclo« erfc^einen muß, foBa(b man

ettoaä toeiß um bie toafyre £i)eorie be$ Urteil« unb bie ba<

mit gufammenljängenbe Sefyre Dom Söefen ber iöegriffe. Diefe

8e$re Don ber Umfefyrung be« Urteils fctyeint e$ aber be*

fonbers gu fein, welche e$ bem Slriftoteleä münf^endtoert^

machte, ben allgemeinen ©afe au$ in bie gtoeite ^rämiffe gu

bringen, benn eben nur biefer allgemeine @afe ließ bie Um*

feljrong gu unb machte bie SRebuctionen ber ©etylüffe mögli<$.

Daß bie Öeljre Don ben Gegriffen no<$ fpärlictyer unb

Dürftiger in ber Unterfu^ung baoon fommt, ift natürliche

golge, man fann fagen, baß Ijier eine vürfc fei, treibe lange

aenua naebaetoirft bat. ÜKan alaubte. tt)ie (Sofrateß unb

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Page 232: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

218

$faton ba$ fchon gehofft Ratten, burch Definitionen bic 33c*

griffe gu ftriren unb gum foeeufatioen (Gebrauch tauglich gu

machen, nicht ahnenb, baß gerabe in it)rer Det)nbarfeit, bie

gong anberer lauteten bebarf, ihre ^au^tfäd^lic^fte brauch*

barfett befielt. Sitte wat)re Söiffenfchaft, alle fortfehrettenbe

.gorfchung öeränbert bie begriffe, burchbrtcht bie Definitionen.

Die Sogif betrachtet bie Definition al« ein ibentifche« Urtr)eil;

folche finb aber feine wahren, feine einfachen Urtbeile. Die

Definition verlangt Gbentität be« @ubjecteö unb $räbicat«, ba*

fann aber, fehr begeichnenb unb beachtenöwerth, nur burch ein

Doppelurtheil gefdrehen, burch ein gwiefache« $räbicat, genuß

et differentia, e« ift bie« bie SluSnahme, toetdt>e 8k$t Wirft auf

bie SRegel, nämlich, baß ©ubject unb «ßräbteat fid^ nicht beefen.

@o erfc^eint uns benn bie gefammte $ogif bc« Slrifto*

tele* alß etwas Unfertige« unb SBiberfürud^oüe«. Söeit ent*

fernt, in ber Dfetapfytyftf be« Slriftotele« eine auSreic^enbe

Söegrünbung feiner ßogif gu finben, mußten wir barin biet*

met)r ein gu ihrer Sluflöfung hinführenbe« (Clement entbeefen,

ba* nur mühfam nieberger)alten wirb. Die« gilt fowotjl für

bie @chlüffe als auch für bie Urtt)eile. Die oeränberte Sehre

öom @ein afficirt bie Xfycxit be« Urttjetl« auf« ©efentlichfte,

benn e« ift etwa« fet)r betriebene« ob man, mit $laton, ben

<ßräbicatbegriffen, ober, mit Slriftoteleö, bem ©ubject ba«

©ein gueignet. Die ariftoteltfche ßehre öon ber ©ubftang

bringt eine neue <5$tmerigfeit, bie in ber £t)öt bi« auf unfere

3eit unüberfteigtich gewefen ift, namentlich auch für £ocfe.

Durch biefe £ehre fommt ba« ©ubject gum ^räbicat in baS

S3erhältniß t-on ©ubftang unb SiccibenS, aller wahre gort*

fdmtt ift fytenach unmöglich, unb ftatt ber 8hntt)efiS ift nur

9foalhftS, gang entgegen bem ©inne beS <ßlaton (im fcheätct)

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Page 233: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

219

imb, toie e« föeint, aud) ber früheren Sfnfc^auung be$ 9(ri*

ftotele*. 3* falte bic 9Keta*l#fif beS SlriftoteleS nic$t für

bie SBafi* fetner ßogtf, nid^t für ben Sflittefyunft eine« ari-

ftote(ifc$en Aftern«, fonbern oielmetyr für ben Uebergang

oon feinen früheren fpeculatioen, bebuettoen ©eftrebungen ju

feinen frieren inbuetioen — fo tote ifan benn auety burdfauö

eine inbuetioe 3ett folgt. £ätte «riftotele« noety SebenSjeit unb

ßebenäfraft genug gehabt, fo tyä'tte er fefbft bie oon iljm an*

gebeutete 2el?re ber äufunft, „baß ben (SrfMeinungen me^r ju

trauen fei als ben Gegriffen", fdjon Uraufführen müffen unb

baju toar ber erfte @c$ritt, felbft feine frühere 8ogi! über S3orb

gu toerfen. Mein fie toar bamale noc$ gu tief mit allen an*

oeren »nicoauungen oertoacöjen.

Unter folgen Umftänben aber oerbient e« Söeactytung,

bafc felbft bie nac£ tl)m übertoiegenb v)errfc$enben ©ijfteme,

(e-pteur, oie <®toa, ote <©cep|t© mu unoenenn barer vtbnetgung

gegen bie ariftotelifctye Sogif erfüllt ftnb, toelc^e fie enttoeber

als mtnüfc unb falfcty oertoerfen, ober gängtic^ $u oereinfadjien

bemüht ftttb, offenbar, in inbuetioer föi^tmtg. Sfot$ mug man

Oon (Sicero'S följetorif abftraljtren, fo toie oon bem £a& ber -

35eri$terftatter über £oicirr, toenn fie feinen Langel an Sogt!

gerabegn einem unlogifctycn Sinn beimeffen, benn: er Ijtelt bie

Sogif, fo rote man fie au6 Slrtftotele« #änben hatte, für un*

erforieglicty, too ni$t für trügerifc$, er oerfpottete fie. ©inen

fpedellen tyraft l>at un* Gicero felbft aufbehalten unb biefer

ift oon ber 2lrt, baß er unfere gange Slufmerffamfeit oerbient.

(5d betrifft bie biäjunctiüen <S<$lüffe. SDtan oerglei^e gtoei

©teilen be8 (Stcero (Ac. 2, 30 unb Nat. deor. 1, 25); am

lefcteren Ort: idem facit contra dialecticos, a quibus quum

traditum sit, in omnibus disjunetionibus , in quibus aut

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Page 234: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

220

etiam, aut non poneretur, altemtrum verum esse — to-

tum hoc aut etiam, aut non, negavit esse neces-

sarium. (Sicero fefet fyin$u: Quo quid dici potest obtu-

sius? Uit$ fd&eint eben Sterin ein treffenbeS Urtljett, ein feljr

richtige« Gefügt au liegen, ©ir fytfen bie ©rünbe bafür

fctyon entnncfelt. §)ienaa? müffen toir in ber 2$at Bebauern

nie^t meljr unb ni$t burc$ Beffere SBeric^terftattcr öon (Spicurä

Beurteilung ber Sogif $u tofffen.

@o treten uns au$ noc$ anbere Elemente ber $tji(ofopljie

be$ (Spicur entgegen, welche feine ©rfenntniftfefyre, felBft toenn

fie nic^t metijobif$ auSgeBilbet getoefen fein fottte, in ung(ei<$

Befferem Si$t erfd^einen (äffen, a(« fie un$ öfter« bargefteflt

toirb. 3n ben ©innen an fi<$ ift feine Xäufctyung, bie (Sin*

brüdfe gelangen nacty ber Sftottytoenbigfeit eine« Sflaturgefefce«

öon bem ®egenftanb burdj) ben (Sinn in bie ©eete, Srrtljum

entfielt i)am>tfäc$Ii($ burcty unfere ^injugeBraä)ten Meinungen—ba$ 7tQogdo!;d&o9cu in bent toaljrfc$einli($ eckten Sörief Bei

Diogene«. $htc$ bie ßeljre, bag entgegenfommenbe bunfle

©ebanfen, bie TtQoXrjtpig, Bei bem ©rfennen ber £)inge mit*

toirfen, ift eine merfttürbige Wuffaffung üon weiter ^erfpectitoe,

eine Bea$ten$tt>ert$e SDfobiftcation be$ <ß(aton unb fogar ein

getotffe« SSorfptcI bon 8eiBnifeen$ präftaBtlirter Harmonie, bie

man Ijier am toemgften erwartet.

$luc$ unfere tfenntnifc fcon ber Sogif ber @totfer ift gleia)

unBefriebigenb, nur fo titl ge^t aus allem Ijeröor, bafj fie

fi# fpröbe gegen IriftotefeS Behielten, namentlich in Söegug

auf feine $eljre bon ben (Sc^ujjfiguren unb tyren Sttoben,

to)a$ nictyt gef<$el)en fonnte, menn baö 3c^a^cr toon ^rcr

23rau<$Barfett unb Unertä§(ic$feit üBer^eugt getoefen toäre.

Diefe EBneigung gegen ba« bebucttoe 33erfafjren ftimmt toofjl

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Page 235: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

mit i^rcr £eljre Don ber tabula rasa, obgleich fie toeit bafcon

entfernt blieben, hierauf eine inbuetioe Cogif gn grünben. 3n

ifyren f^ottyetifctyen ©a)füffen Ratten fie immernoch eine 9tfifc$ung

ber entgegengefefcten 3)?et^oben, fie tootften C£rfaljrung«elemente

unb Sftaturgefefee in gorm eine« @tyttogi«mu« Ijanbljaben unb

bie generale Allgemeinheit att unioerfate geltenb machen.

(Styrtyftw faßte bie Am^iboUe ber begriffe fc^ärfer in« Auge,

mibmete iljr befonbere ©Triften nnb braute fie burc$ finn*

reic$ erfunbene 93eifpie(e jur Anfc^auung.

2öa« bie @ceptifer anlangt, fo tyaben biefe e« an An*

griffen auf bie tfogifer unb bie tfogif felbft nic^t festen (äffen,

toietoo^t fie ftdj lieber babei logtfäer Argumentationen be*

bienen. <Sie bringen SBafyre« unb ga(fc$e« oor, mitunter

$)inge, toefcfye nalje an bie tfantiföen Antinomien ftreifen.

(Sine pofttioe Xfyeorie fann man fcon Ujnen nietyt ertoarten

unb toenn baß Anhaften be« Urzeit«, bie inox^ f$on einen

®runbfafc ber Onbuction berührt, fo ift biefe boc§ unmöglich,

ba fie loteber in freeufatioem ©inne, metften« mit ganj Der*

fefjrten Argumenten, bie 2Ba^aftigfeit*ber @inne anjmeifetn.

Söenn nun ba« Aftertfyum fyinfi($tfic$ einer gur äHarljeit

erhobenen foeculatioen SKetfyobe, ober überhaupt nur einer

Sföetfjobe be« ^Ijttofopln'renS unb gorföen« ben Ariftotele«

nic$t ju ergänzen oermocfyte, fo ift bie« fcon ben 3al)rljunberten,

tr>c(c^c ioir ba« SJttttefalter nennen, noefy biet weniger gu er*

»arten. SJton fünfte ftc$ befrtebigt mit bem gormati«mu«,

man »erlangte öon bem Organon nic$t« meljr al« eine @<$u&*

unb Ürufctoaffe in kämpfen eine« ganj anberen at« ^ttofo*

^ifc^en Sntereffe«. Aber au$ mit Abtauf biefe« 3eitalter«

trat eine toafyre unb tiefe Reform be« Ariftotele« nic$t ein:

man toarf fu$ auf bie entgegengefefete @eite unb in Söacon«

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222

ruhmreichem Organon ift ntc^t $u oerfoüren , ba§ ba« ©ort

Snbuction bem Sttterthum befannt getoefen unb bei «riftotele«

fdt)on eine große Bebeutung gehabt. <5rft in bem SRücffchlag

gegen Bacon pnben n>ir toieber Bemühungen um eine foecu*

lattüc SEethobe.

2öa« (Sartefiu« für eine foTc^e giebt, erröte« (ich fogleich

al« ettoa« Srümmerhafte«, $albe«, Unflare«, gleichfalls ge*

mifcht au« abftetgenber unb aufftetgenber 3)?ethobe. <£r tritt,

fo fchetnt e«, ein Sluffteigen innerhalb ber Begriffe, nicht ein

anafytifcheö, fonbern ein ftmthetifche« Verfahren, oom ein-

fachen, in fich ®etoiffeu follte aufbauenb, jufammenfefeenb fort-

gegangen »erben. £>ie« tyttU er nun freilich flar ausbrechen,

hiefür, toenn es anber« möglich toar, hätte er eine beftimrate

ÜÄethobe auSbilben muffen — allein e« ift eben nicht inbg=

(ich, *m ©cfü^t beffen unterlieg er felbft ben Berfucb.

Man mufj bem ©arteftu« aber ba« Berbienft (äffen, bajj

er ben Hofe negatioen ©harafter ber ariftotelifchen ßogif er*

fannt habe, bog eine ßehre, bie ba« <ßrmcty be« Söiberfpruch«

in ihre SDiitte ftellt, oon tytt au« nur 3rru)um abkehren,

aber nicht ju neuen ©ntbeefungen führen fönne. fünfter ha*

ben bie« toohl alle biejenigen gefühlt, toelche ba« ariftotelifche

Organon burch einen 5Jbfdt>nttt de inventione ergänzen toollten,

tfuttiu« nicht ausgenommen.

SÖ3ie toenig bem <£artefiu« eine irgenb haftbare 3Mhobe

gelang, betoeift ba« Wu«einanbergehen feiner <Schute in biefem

$unft: äRalebranche flüchtete jur «ümacht ®otte«, (Spinoza

nahm mit bem äugerlichften föothbehelf oorlieb, mit bem toa«

bie ßogif in ibrem Urfprung abgeworfen hatte. £)ie geo*

metrifche SWethobe ift in ber WUofotfte, überhaupt in ber

Legion ber Begriffe unb im logifchen ©chlie&en eine Unmög*

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223

üdjrteit, e$ mattet eine STäu^ung, ein SJttffterftänbniB ob.

Die SOcatyematif toirb beneibet um i^re @idfrerfrett, biefe liegt

in ityrer SJJettyobe, man hofft (entere enttoeber unmittelbar aufIKJHI« I Hill Wi ll '

~ J

logifche begriffe amoenben 311 fönnen ober fie fo ju oer*

allgemeinern, ba& bie Slntoenbung möglich toirb. Da«

erftere ertoeift fleh fogletch als untunlich ; allein e$ (äft auch

biefe SMetfyobe ihrem innersten Söefen nach, eine Sßeralfgemeine*

rung nicht ju, ihre S3orjüge berufen eben auf ber SBeförän-

fung, auf ber abftracten 9totur ber mathematifchen begriffe,

n>etc$e fchon bem Äriftotele« recht toohl befannt n>ar — er

nannte fie: i§ SupaiQeoMg — unb ein richtige« Gefühl 30g

ilm eben in anbere Söafmen. 3n ber £hat: bie geometrifche

2Netl)obe beruht auf einem gänzlichen Sßerfennen beffen, h>a$

Striftotele* toirfüch geleiftet, fte ift ein ^ürffc^ritt. gür bie

Folgerung auß Gegriffen, fad« fie benn materiell gerechtfertigt

fein fönnte, müffen frf;on formell ganj anbere SBebingungen

eintreten, bie ©on Äriftotele« richtig gegebenen, aber auch in

feiner anberen $rt läßt ficty mit Gegriffen umgehen, tote mit

mathematifchen Größen. Die festeren finb toirflich fd^arf be*

grenzt, jene finb ihrer Statur nach püffig unb im Söechfel Ge-

griffen, biefe belegen fich nur innerhalb einer einzigen Delation,

be$ Duantitattoen, jene fte^en inmitten unüberfeßbarer föe* \

lationen, unb leine Definition ift im ©tanbe gu Reifen. Dag

©pinoja bei feinen geometrifd^en Folgerungen ben Gegriffen

fo häufig ju ihrer näheren SSeftimmung ein quatcnuB binju-

fefeen muß, bieö fchliejjt ben Söetoeie ein, bajj überhaupt mit

Gegriffen nicht fo »erfahren toerben fann, bag biefe angeb*

liehe äftethobe aller unb jeber 23ünbigfeit entbehrt, bajj fte nur

bie Oberfläche berührt, nur ben oorübergehenbften (Schein er*

regen fann. ßeibnifc, wie toir toiffen, fam baoon jurücf, ber

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224

matyemattföe Seibnife, unb er hatte toollftänbtg 8feft Wur

im äugerften ©ebränge ber Wolf) ^aben neuere ^Kofo^en

jene« toerroftete töüftgeug toieber ^ertorgefud^t.

33on neueren fpeculatioen Verhoben ift nur noch (Sine

näherer Beachtung fcerth', b. i. bie £egelfche £)ialecttf.

©enn »ir nunmehr fragen: ift e$ guläfftg unb gerechtfertigt

oon Gegriffen einen folgen Gebrauch gu machen, »ie er hier

gemalt totrb? — fo müffen »ir mit großer 3ut>erftc$t ant*

»orten: $ein, unb abermals nein! Sßom Äbftracten au« gum

(Soncreten gelangen gu »ollen, ift bie »itbefte Umfehrung ber

fcinge, ber größtmögliche Siberfinn. £>ie Segriffe (Sein,

Söerben, finb bloge gormein, £ülf«au$brücfe unfere« teufen« -

im Slngeftcht ber (SJegenftänbe, ton biefen abgetrennt, verlieren

fie aßen (Sinn: ein (Sein ohne etwa« ba8 ift, ohne et»a$ baS

ba« (Seienbe betrachtet, anfehaut, ift ein teerer Söortfchafl, ift

fein fefter Wnfergrunb für bie <ßf)ilofophie. S3om in^atUofen

8ein au« (Subject unb Object conftrutren gu »ollen, mag

fpeculatio fein, aber e$ ift nicht p(ifefol$if$! ^«n ^ä're aber

bie gange ©onftruetion nicht möglich, »enn nicht ber fyfylo*

fopfj »on ber töelattöität unb Dehnbarfeit ber begriffe feinen

Döllen Sßortheil göge, b. h- »enn er nicht ihre ©igenfehaft al«

prafttfehe« Littel bee Eerftänbniffe« «Schritt für (Schritt im>

brauste in fyeculatioer 2tn»enbung, »eiche fie ihrer föatur

nach ein für allemal nicht geftatten. Unb babei übertritt er

boch unaufhörlich alle btejenigen Söebingungen, »eiche für ba$

praftifche, ja überhaupt für jebee mögliche 5öerftänbni& un*

nachfichtig »erlangt »erben müffen, er betoegt fich <Safe für

(Safe in bem fchlimmften aller logifchen gehler, ber contra-

dictio in adjecto, inbem er begriffe, bie ftch aufliegen,

fich nnberforechen, bie in contrabictorifchem (SJegenfafc ftehen,

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Page 239: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

225

al« logif<$e« Urtyett fcerbinbet: ©ein unb 9N$tfein, u. f. to.

@inc 3tfet$obe, toelc$e felbft fi$ bic Oc^re jum SBerbienft an-

rechnet, ba§ jeber begriff fein ©egentljeil in fidj enthalte,

biefe Ijat bamit fc$on fetbft mefyr jugeftanben, al« ©egner

i^r trgenb oorioerfeu fönnen. 2öir »erben fomit bie reale

£ogtf für ein logifc^e« Unbing erflären bürfen — unb gleich

too^l f)at man ft# neuerbing« Sflülje gegeben felbft bie an*

ftotelifctye Sogt! realer &u machen.

3n ber Zf)at föetnt $egel« fyeculatiüe £)ialecttf befon*

ber« eine getoiffe Analogie mit bem ®äfyrung«procefj in $ln*

ft>ruc$ nehmen ju tooüen, fo bajj, wie bort au« 3erfefcung

Läuterung, fo fyier au« 2öiberfpru$ gortfetyritt tyeroorgetye:

eine Analogie roetc^e für Söiele« gültig fein mag, getuij? aber

nf$t für abftracte begriffe.

9ta$bem toir fyter ber brei nrictytigften ^ilofofctyif^en

3ttetyoben gebaut, fc^eint e« angemeffen noefy bte ^Betrachtung

einiger £fjeorieen unb ^raftifen ber neueren 3eit ergänjenb

an$ufc$Uefjen.

Wer Slufmerffamfeit toertty ift gunäc^ft bie au«gebilbete

(Erfenntnifjtljeorie eine« ^ßfjüofopljen au« ber 8d;ule be« <£ar*

teftu«, toeld/er überbie« bie SBrücfe bon biefem ju ©mnoja

madt)t. £>a« ift SDtalebranche; feine «Inftyt concentrirt fic$

in bem furjen @afc: nos omnia videre in Deo. SBenn

fd)on bei ßartefiu« ®ott auf mittelbare Sßeife ber Slngetyunft

alle« ©rfennen« ift, fo toirb er e« fjier unmittelbar. ®ott

ift ber Sntyaber aller 3been, er ift ber Ort ber ®eiftern>elt,

joie bie $u«beljnung ber Ort ber Äorper, er fteljt in un*

mittelbarer Bereinigung mit ben Seelen. £>tefe ^aben feine

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Page 240: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

angeborenen Söegriffc, auch Bringt ©Ott nicht }ebt$mal ein*

jeln in tynen biefc begriffe heroor, beibe« toürbe ein Um-

weg, nicht bie fürjefte Erreichung fein, fonbem mit im*

• (erer Änfchauung ©otte« flauen tt>ir gugleich bie SBelt an,

toelche ©Ott ^eröorbringt au« ber öußbe^nung. SDitf ift

bie recht eigentliche (Erfenntnfjjtheorie be6 objeettoen SbealiS*

mu« nnb fcon fytx giebt e« nur ©inen «Schritt ju ©ptnoja,

einen anberen ju Öeibnifcen« ©Aftern. «gptnoja glaubte noch

mehr gu vereinfachen, Nenn er ©ott nicht nur jum 3n*

haber ber 3been, fonbem aud; ber WuSbehnung machte. 3mübrigen hat bie ©rfenntni&iheorie be« SWalebranche feine be*

fonbere 9)iethobe au« fi<h geftalten fönnen, n>ie ba« in ihrem

Söefen liegt. $)ie intellectuale Slnfchauung, toelche un$ tytt

in ihrer auögefyrochenften 5orm entgegentritt, entfagt fefbft

jeber Sftetyobe unb flüchtet in bett <Scfyoojj be« Unerforfch*

liefen — eine £ehre, toelche aller ^^tlofo^ie unb 2Ötffenf<$aft

mit (ginem Schlage ein (Snbe macht, bagegen jeber @cfyn>är*

meret ote >ttyore öffnet. 5ti>enn gietcfyroofyl orrttyum |tatutrt uuo

ber ©runb beffelben in bem menfglichen (Steift unb feiner

greil;eit angenommen toirb, fo fehlt e« boch an allem 2Rerf-

mal für bie Untertreibung be« ©inen bom anberen unb ber

$$ftpf«pt ^at überall bie Berufung auf ffbffttt (Singebungen

frei. £)iefer ©tanbpunft be$ 9)?alebranche njar nahebei in

alter 3eit ber ber 9tatylatonifer unb in neuerer ber ©chelling«

auf ben mittleren Labien feine« ^ilofo^iren«.

$fac$ ßeibnifeen« ift fytx noch einmal gu gebenfen.

(Eine beftimmte Z^otxt lägt fich bei ihm nicht anfechten, toeil

er e« au **** folgen nicht brachte; feine fpeculattoe $ra$t«

ift ein ebenfo unfichere« unb, unmethobifche« golgern au« SBe*

griffen toie ba« feiner ^Uofotfiföcn ©enoffen. ©ine eigene

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Page 241: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

227

«rt öon apagogifcher $ett>ei$führung Begegnet öfter« bei ihm

an entfeheibenber ©tefle. <£r fagt: öS mug biefe ftuffteflung

bie toahre fein, n>et( e$ auf anbere SCöeifc nicht möglich ift,

bie (5rfMeinung ju erftären, bie Aufgabe ju »feit." 2BaS fann

ungültiger fein, a(« ein fotehe« Verfahren, benn einmat fann

btefe 9?egati&e an ffc^pniemals beriefen toerben, foeit ba6 ja

ben SBefifc ber ganzen 3ufunft be« Denfen« fcorausfefeen hiege,

unb bann fliegt e$ bie noch tuet fchlimmere $orau«fe&ung ein,

ber 3ttenfch müffe bie testen <5nben atter £)inge erfennen

fönnen, eine 93orau«fefcung, bie fubjectio unb objectio unb

nach atten ©eiten h«t jeber ©egrünbung entbehrt.

Ueberhäupt unb noch einmat: ber apagogtfehe (Schlug

ift auf bem Gebiet beg 2Ratfjematifdf>en möglich, in ber all*

gemeinen Sogif ift er e« nicht. ®$ ift immer ein btöjuncttoer

(Schlug; be$ Inhalts : nur (Sin gatl fann ftattfinben, toeit

alte anberen gälte nicht ftattfinben fönnen. £ieju gehört,

bog ich bie 3atyt ber gälte mit (Sicherheit beftimmen fann,

baran fehlt e« aber auf bem (Gebiet ber Erfahrung unb ber

bafcon abhängigen begriffe, benn hier herrfcht eben bie 3nbuc*

tion unb biefe ift ungefReffen. 9*un hat man ^tatt beffen

ftcfy an bte reetyrofen begriffe, an jene SBegriffspaare getoenbet,

toetc^e ©ine 93ejiehung ausbrechen: einfach unb jufammen-

gefefct, bebingt unb unbebingt, enblich unb unenbttch. @$ h«t

alten Anfleht als ob hier nicht« ba^ifchen Hegen fönne, fein

britteS ftattfinbe auger betben, unb man ^at nun nach bem

©runbfafe be« auSgefchloffenen ©ritten fliegen ju fönnen ge-

meint, liefen (Srunbfafc erfennt Slriftotele* in ber 9tfeta*

tfitfit neben bem be$ SBiberfaruch« an, bte $rajrt« aber

fchemt bie ältefte fcon alten @chtugfotgerungen ju fein, benn

ihrer bebiente fich namentlich f#on Xenotfanee unb fie be*

15 •

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Page 242: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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fyerrföt, tote toir gefetyen tyaben, bic gefammte eteatiföe 9tte*

tyobe. ©ie ift ungerechtfertigt unb falf <3cpffe biefer «rt

cntfce^ren ber Söünbigfeit. Die Kategorie be« Unbebingten unb

©ebingten, be« SfyeU« unb be« ©anjen u. f. tt>. finb oon mir

herangebrachte ®eficht«punfte, ni$t materiafe 5l^eitungen eine«

©efammtgebiete«, ju »etc^em ber BetraTd^tete begriff gehört,

fo bag ba« eine ober anbere ©lieb ber TOernatioe Km erfchityfte;

ic$ fann mit gleichem flee^t unb in gleicher Strt auf ben-

fefben ©egriff noch anbere Reifungen antoenben, als beliebige

®eficht«punfte unter beneu ich ihn mir betrachte, toorau« afcer

niemat« etwa« für ben begriff felbft fofgt, fo bag fich hier

eine befonbere fpeculatioe sJ)cethobc geminnen liege, ©in rec^t

auffatfenbe« 23etfm'e( eine« folgen gehffchluffe« ift berjenige

©chlug, awf »etc^en Seibnifc fein Aftern bauen ttoflte. £r

fagt: Necesse est dari substantias simplices, quia dantur

coinpositae. 2flit nieten fann ich barau«, bag e« $ufammen*

gefegte ©ubftanjen giebt, fd^Uegen, bag e« einfache giebt,

b. 1). barau«, bag ich unter ben ©rfahrung«gegenftä'nben ju*

fammengefefete unb einfache unterfcheibe, hier biefe Kategorie

antoenbe, fann ich nimmermehr fliegen, bag e«, im meta*

phtytffchen ©tnne, lefcte unteilbare ©ubftanjen gebe, h>ie

ba« eben ßeibnifc tfjut. Da« Sort ©ubftanj fyat eben ba«

erfte ÜJiat eine ganj anbere Sflebeutung, unb trofe bc« oer>

meintlic^en ©chfuffe« bleiben biefe unheilbaren 8ubftanjen,

Seibnifceu« SDionaben, eine ^^ot^fe. $U« folche fielen fic

mir frei, aöeiu ich fann mit gleichem @runbe auch bie XfyiU

barfeit in« Unenbliche annehmen, ja fie mit gleicher S3ünbig*

feit Betoeifen.

(5« ift flant« groge« 33erbienft, biefe Do^e^üngigfcit

ber golgerung au« Gegriffen gefeljen ju haben, in feinen

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Page 243: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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2(ntinomieen, wiewofyl er booon eine fafföe ^rffärung gab.

£)afyer fam e$ benn, bog bie $^i(ofo^te oon bem, wo« er

richtig füllte, nfd^t ben SBort^ctC 30g, ben ftc fc^on praftifö

fyo'tte baoon gießen fonnen.

51(6 gierte, trofc beö Stantifcfyen SBerbot«, no$ einmal ben

grogen Oceon ber ©peeufation befctyiffen nnb fi$ nic^t mefjr

mit ber bon $ont gebotenen flüftenfafjrt begnügen Wollte, ba

gatt eä bor atten eine fpeeufattoe 9Wet§obe 31t finben nnb

einen $u$gang«minft. >Bir fjaben fetyon bemerft bog er ft$

ljinfi$tüc§ ber erfteren mit einer reiften Söieberfyolung be$

geometrifcfyen $erfal)ren$ begnügte, in festerer 9?ü<ffi#t folgte

er bem auc$ oon (SartefiuS abopttrten ®runbfaö be$ Sfrifto*

tetcö , bog bon etwas (Sinfackern unb on ft$ ©ewtffem aus*

gegongen werben müffe. Sflon mug nun in ber £l)ot ge*

fteljen, bog ber @afe ben er ouffteflt unb $um SluSgang nimmt,

unbeftritten unb unontoftbor fei wie fein anberer, näm(ic$ ber

<Sofc W=% wobei er noefy ou«brü(f(ic$ bemerft, ba$ ®fei$*

fyeit$3ei<$en entfpre(§e ber CSofcufa im logifetyen UrttjeU, ein

9lu«fbruc$, ben wir ifjm banfen müffen, benn niemals bürfte

biefer ©runbirrtljum, über ben auefy ^riftotele« nicfyt mit

»ölttgem Söewugtfein tyinouSfam, fo beftimmt unb grünblicty

ausgeflogen fein. Diefer @afc % = % ift nun böüig Teer,

unb e$ beborf eines ©SfamoteurS, nicfyt eine« <ßfyifofopljen,

um oon fyier aus $u irgenb welkem 3ntyo(t ju gelangen,

gierte war betbeS in (Siner $erfon. Wut bur# ge^lfcpffe

war ^ofttioeS ju gewinnen, er fom in ber SBirtuofität immer

weiter, namentlich oon bo ab, wo er, in bie 9totfywenbigfeit

oerfefct, fein Aftern umjubifben, in eine fetyiefe @teüung ge*

riety. 2Ran fonn es trogifdb nennen, bog ein fo gerober unb

ehrenwerter (Sfjarafter wie gierte ber eigentliche Söegrünber

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Page 244: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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ber neueren ©o^tfti! geworben tft -* einer @o^iftif, »eiche

eben ouf einem (Gebrauch bcr begriffe beruht, tote er ftc$

nicht rechtfertigen tagt.

(Schon ba<3 Auftreten fo »ieler SQiethoben nach unb neben

einanber unb ber föücffall ju bem fdt)on Aufgegebenen betoetft

bie Unhaltbarfeit jeber einzelnen. 3ötr jählen fie, jufammeu*

faffenb unb orbnenb, hier normale auf.

1) X)ic btalogtfche, im Scfentließen apagogifche unb

btejunetibe 2)iethobe ber ©leaten — fic lägt feinen »ahren

Aufbau $u, eroeift fich nur brauchbar in ber #aub be« ©o*

giften, tft ihrem SBefen nach captiö*.

2) Sitte fonftigen Sßerfuc^c, auf ben ©runbfafc be$ au$*

gesoffenen dritten eine fbeculatioe Stfethobe ju grünben —er»eifen fich al« unmöglich , toeit bie sRatur ber begriffe,

insbefonbere ber reeiprofen, eine foldt)e An»enbung »erbietet.

3) £>ie bebuetioe SMethobe— übrigen« niemals in öoller

Feinheit unb Klarheit jur Amoenbung gefommeu, geftattet

feinen fpeculatioen (Gebrauch, »eil e« an allgemeinen @äfcen

felbftanbigen, oon ber (Erfahrung unabhängigen 3nl}alt« fehlt.

4) Alle fonftigen SBerfuche, au« bem ©afe be$ Söiber*

f»ruch$ eine probuettoe äKetljobe ju enttoicfeln — fte finb

fruchtlos, »eil, im beften gall, jener ®runbfafe nur jur 33e*

feitigung ftreitenber Elemente ange»enbet »erben fann, ba*

gegen a6er fein Moment ber @lmtheft$ enthält, ba$ gu irgenb

einem Inhalt hinführen fönnte.

5) $>a$ geometrifche @chlußoerfahren — aüe »ieber*

holten üöerfuche ber An»enbung $aUn fcheitem müffen unb

»erben immer fcheitem, »eil bie oorauägefefcte Analogie

3»ifchen logifchen Gegriffen unb mathematifchen Größen nicht

befteht.

*

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6) Die reale Dialeftif ber aBfoluten ^ilofo^tc —fie ift auger <§tanbe iljre grofjen 93erft>rec$en au$ nur im

gertngften ju erfüllen, toeil fic auf bem größtmöglichen W§*

t>erftänbtttg über baS Siefen ber aBftracten Segriffe Beruht.

9iun jeigt fid^ au$ bafc cS imterljalB ber begriffe toeber

ein bebuetibe« no$ ein inbuettoe« 33erfa$ren gieBt, toeber ein

tyeraBfteigenbeö noc$ ein auffteigenbe« ; baö ledere toollte

£egel mit eigentümlicher Äunft berfud&en. (SBenfo ift

fein fontyettföe« ©erfahren au« Segriffen möglich; #ant Be*

^auptete jtoar, ba& e« eine <Sr;nt^cfiö au« Segriffen a priori

geBe, allein fein Setoei« ift fd^roac^ unb er fel&ft berBot babon

irgenb einen ®eBrau$ ju machen. %üd} nicfyt einmal ein

anafytifc$e« Serfafjren in einiger SluSbe^nung ift auf begriffe

antoenbBar, benn toir tonnen un« unfere eigenen SIBftractionen

unb #ülfsau«brücfe jtoar ftar machen, alfein, unaBljängig bon

ben Dingen, beren SBqiefyragen fic bertreten, barau« niemals

irgenb toefetye <5rfenntm§ aBletten toollen.

@c$on bie gewöhnliche Sogif reicht in bieten gäöen au«

bie mittelft ber aufgejagten SWetyoben berfud&ten <§cpffe al«

gefjlfcpffe ju Beinen. Der bebuetibe Schluß ertoeift fi# \al« flrei« im fliegen: alle Metalle finb glanjenb, 3inf ift \ein 9fletall — i$ mu& bom 3inf aud& bie eigenföaft f#on

ttiffen, bamit ber OBerfafe feine föicf?tigfeit $aBe. SJriftoteleö

»erlangt, ber ©chlufefafe faß* ettDaö ^eue* entfalten, ctoa«

ba« nic$t fefan in ben SBprberfäfeeu entBalten fear — ein gall

ber in aller ©trenge niemal« eintritt. Söenn ferner bie Sogif

bie petitio prineipii, b. fj. bie (£rfgleichung ober ©rBettelung

be« JDBerfafeeß oerBietet, fo frage man fid&, oB nic$t biefer

gall Bei ben bebuetiben ©epffen jebe«mal ftattfinbet. (SBenfo

oerBietet bie Sogif bic Tautologie, ba« idem per idem,

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and) bie$ fpielt in ben <Scfylüffen nnb ©äfcen, wo fic nic^t

auö anberem ®runbe fatfc^ finb, eine grog* Wolle, nament*

liefy im geometrtfd&en ©ctylugoerfafyren, wo benn gietytes 91= %ba8 unt>crt;äütcftc Auftreten begegnet. SlnbererfeitS begeicfytet

bie toulgäre £ogif bie contradictio in adjecto al$ einen gro*

gen gelter: biefe nnn friert eine fauptfäd&üd&e Wolle in ber

abfoluten Dialeftif, welche <Safc für @afc ba« Söiberforec^enbe

toerbinbet, bem ©ein als ^ßräbicat ba$ Wic$tfein gueignet u. f. w.

freiCtd^ als bie abfolute über fote^c gorberungen ber formalen

Sogt! weit ergaben ift.

Unter folgen Umftänben nun !onn bie grage entfteljen,

wa* benn bei ber Unmb*gliedert aöer biefer 2ttet$oben bie

fpeculatioen ^ilofopljen ber £fyat nadfc) geljanbljabt, um nur

mit einiger <Sdt)einbarfett gu irgenb etwas *ßofitibem, gu etwas,

baS fic$ für 3nfyalt ausgeben lieg, gu gelangen — eine grage,

welche ntcfyt unbeantwortet bleiben barf, nun aber audt) leicht

ton unö beantwortet werben fann..

3n ber £l;at ift baß wir?li<$e 33erfafyren ber fpeculatiben

?tyUofor4jen feit $armenibe$, im ®runbe immer baffetbe ge*

wefen, fowofjl bei <ßlaton als SlriftoteleS, als bei gierte unb

©cfyelling. Wlan l)at aus Gegriffen gefolgert, aber auf eine

Seife, welche fid) feineSwegS unter bie <Sdt)luglef)re bringen lägt,

ja es ift baS Verfahren nietyt einmal ein eigentlich bebuetioes.

nenne es bie oage ober bie wilbe SöegriffSfolgerung,

weil fie auger^alb aller bewugten 9flet§obe ftetyt. (Sin ein-

zelner begriff wirb auf bie golter gekannt unb man fuc^t

ifym ein ©eftänbnig abzwingen, baS eben fo wenig toaljre

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Page 247: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

233

33etoei«fraft fyctt, a(« ba« auf ber tmrtficfyen gotter. ©d^tüffc

btcfcr %xt finb in ben £auptf%n ber foecutatiben ?fjilo*

fo^ie bic fyäufigften, ja Beinahe bie au«fd&tteßlic$ oorfommen*

ben, toa'ljrenb bic oftenfiBefn SDfetfyoben metften« nur gu iljrer

s}(u«fc$mücfung bienen, nur an untergeorbneten Stetten, Än-

toenbung finben. $u$ in ber SReta^tyfrt be« ^riftote*

(e« Riefen pc eine toefentfietye 9Me; er fprictyt h>ofj( bon

einem ©stießen, gofgern, ovXXoyiKea&ai (g. 23. gu Anfange

be« 8. 33u<$«), tooBei aBer fjäctyft auffaßenb Bleibt, bafj baffetBe

gang aufjerljatB ber ©on t^m felBft aufgeftettten @c^(u§ftguren

gefegt. *uf fotd^e Söeife g. 53. Betoeift «riftotete« bie ttotfc

wenbigfeit ber (Srifteng eine« erften SBetoeger«, toefcfyer nietyt

toieber Bewegt rotrb — e« muß einen folgen geBen: au« »ei-

fern ®runbe? Söetf e« ifjm fo in ein aufgeteilte« ©etyema

paßt: Bewegt unb nietyt Betoegenb, Bewegt unb Betoegenb, Be*

wegenb unb ni<$t Bewegt — ein <3c$(uß, ber nickte mit ben

giguren gu t^un ijat.

Eon berfetBen Irt ift ber ä'ttefte 33egriff«fötuß bon bem

Wir wiffen, berjenige ncimlic^, mit wettern Xenopljane« bie

(Sinfyeit feine« pantljeiftifc^en ®otte« BeWeifen wotfte. ®ott

fei ba« ©ewattigfte, OBerfte, xq<xtiotov, bie« festen in fei-

nem ^Begriff gu liegen, ber <Super(atto aBer Wieberum fönne

nur @in« fein. @o Bewie« ber *ßljtfofopfj bie (Einheit ®otte«,

fein Dafein gu Bereifen fyielt er ntd^t für nötyig, benn e«

war il)m eBenfo ein unmittelBare« gactum, wie bie SBelt

fefBft unb bie« freiließ mußte jenen <S<$(uß ergangen, ben 93c*

griff gum @ein üBerfüljren.

Med) fyöfyere« Sntereffe fjat nun ber @c$(uß, wetzen ber

©toifer tleant^e« für ba« Dafein ®otte« auffteflt; man

tyat in tym einen Vorläufer be« entotogifc$en 33eweife« er*

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284

fernten loollen, aber mit Unrecht, benn er ift babon toefent--

lieh belieben, unb fyat bielmehr Slehnlichfeit mit bem er-

mähnten artftotettfe^en (Schlug. <Sr ift un« bon @erto«

(IX, 88) aufbehalten toorben unb e« geht beutlich ^erbor,

bag nicht au« bem Söcgriff ber SBollfommenhett auf ba« £)a<

fein, al« auf eine Sßolffommenheit gefchloffen toirb, fonbern

bag bielmehr bom 33orhanbenfein be« Unbottfommenen auf

ba« SBorhanbenfein be« SMfommenen gefchloffen tft, bag bie

föeihe ber mehr ober minberen S3oüfommenbeit fich in einem

SWerbolliommenften abfliegen foll. Der gelter liegt alfo

too anber« unb gtoar in gtoei fünften, einmal barin, bog

bon ben reeiprofeu Gegriffen unerlaubte Slntoenbung gemalt,

bon bem Dafein be« einen ©liebe« auf ba« anbre gefchloffen

toirb, toährenb beibe nur für ©in« ftehen unb nur unferm

Denfen angehören, bann bag tuieber ber bloge Sunfch be«

Slbfchluffe« ^ier al« Argument für ben borfjanbenen unb noth*

toenbigen Slbfchlug gilt.

3n anberen unb gtoar ben meiften gälten ift e« bie

Dehnbarfeit unb Unüberfehbarfeit ber abftracten begriffe, &>a«

folche ©chlüffe erleichtert unb möglich macht, fo toie ber Um*

ftanb, bog burdt) offene £interthüren mancherlei (Erfahrung«'

mägige« ^ereinfe^teid^t 93on »ergebenen Gegriffen au« fann

man, mit unb ohne $lbficht, auf biefem gang unmethobifchen

©ege gu ben toiberfbrechenbften SRefultaten gelangen, eine reiche

©rnte für ©cebtifer, um nicht nur bie SKethobe, fonbern bie

gange ^^Uofo^te unb bie gefammte menfehliche ©rfenntnig

angufechten.'

Da« glängenbfte unb gugleich folgenreichfte ©etfotel biefer

oereingelten begriff«folgerung ift ber f©genannte ontologifche

Eetoei«, ben man al« ben toahren ^ähenpunft ber alten SKeta*

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Page 249: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

III

pWit anfehen barf. 5Btc Befannt, fittben fich bic crften

Linien baju fchon beim Siuguftin, beftimmt au«geforochen

ift er fcon Sfafefaiuä, bann aboptirt öon ßartefiu«, u>e«halb

ihn auch flant fc^le^t^in ben cartefianifchen nennt, unb

Gfrtftian »otf ^at feine Söebeutung für bie natürliche Zfa*

togie, tt>ctd^c einen $ai$t$ett f«ner SRetaphhtff au«mac^t,

fo fehr erfannt, bafj er ihn auf bem Xitel feinet gleiten

iöanbe« prangen lögt. Diefer nämlich tautet : -—Pars poste-

rior, qua existentia et attributa Dei ex notione entis

perfectissimi et natura animae demonstrantur. Der

21. $aragraj>h be« erften Kapitel« bringt nun ben befannten

onto(cgifa)en S3ctr>et« in feiner t-runfenbften (Sntotcfefong, aber

barum auch in feiner ganzen Sßföjje: fo bog biefer Paragraph

mit einer getmffen SRothroenbigfeit bie flritif ber reinen Ver-

nunft unb augfeia; ihren ganzen @hncreti«mu« tyerüorrief, bie«

Sßort im urfprüngUchen ©tnn genommen (cf. Plut. de Pyth.

orig. 7.), benn flaut mußte, um ein fo geheiligte« Argument,

eine für fo unbefiegbar gehaltene geftung ju beftreiten mit

aßen übrigen fonft feinb(ia>en Parteien grieben machen. $)ie

Söeftreitung biefe« Argumente« ift ber ©chtoerpunft toon flaut«

Seftrebungen ; toa« öon £>egel jur Slufrechthaftung be« onto*

(ogifa)en Söetoeife« beigebracht toorben, toitt nach unferen SDcaafc

ftäben u>enig bebeuten. 2Kan ^atte fc^tiegen tr-otten: bem boü*

fommenften Söefen müßten afle öoUfommenen ©igenfehaften im

höchften ®rabe aufommen, bahin rechnete man nun bie (Sri*

ftenj fetöft, in«befonbere bie nothtr-enbige (Sriftenj. flant

jetgte untoiberleglich, ba§ bie (Sriftenj nicht unter ben ^ra'bica*

ten aähfe, btefelben auch a(« fo(che nicht ftetgere, fonbern bafj fte

ein begriff ganj anberer $rt fei, über ben fich auf biefem,

©ege nicht« entfeheiben (äffe, <Bo foarf er bon hier au« ben

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Page 250: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

236

3)?ittetyunft bev SKetafchhft*/ bic natürliche Ideologie, über

ben Raufen, mit üjr bic gange Sttetaphhfif — aber boch nicht

mit ihrer SBurgel, unb toenn jene natürliche 2$eftfogic ein

Ueberbfetbfel ber ©cholaftif n>ar, fo fc^o§ nach furgem au«

jenen im 93oben oerbliebenen Söurgeln toieberum eine oolle

(gcholaftit empor.

Äant hatte fchon gelehrt, e« (äffe fich au« Gegriffen nicht«

„ l;erau«flauben", unb bennoch fam bie Folgerung au« 33c*

griffen roieber gum SBorfchein unb man hatte oon neuem fpe*

culatfoe $htf°Wic m cme* ßetoiffen naturalifirenben Wrt

ber Steigerungen unb 33eu>eife, wobei bie ©tärfe ber 93er

ficherungen, baß ein« au« bem anbern mit abfoluter 9Mh*

loenbigfeit folge, bie «Schwäche unb Unficherheit oerbeefen

mugte. $)er unbeftimmte 2hi«brucf be« „fich ©efcen«" unb

„fich ©efeen* Hüffen«" ffcielt babei eine Motte, er macht, bei*

läufig, ben Uebergang Don ben in ber Vernunft gegebenen

Kategorien Kant« jur realen $ogif ©arbili«, <§chelling« unb

£egel«. Unb worauf beruht benn bie 9tothtoenbigfeit eine«

fotehen fich ©efcen«? auf nicht« anberem, at« bafj überhaupt

ettoa« ju @tanbe fomme, bajj au« bem beeren ein (Erfüll

te«, au« bem 9Wcht« ein ©ttoa« toerbe: alfo ber horror va-

cui. Unb biefen finben toir auch neuerbing« bei ©chetting

al« entfeheibenben ®runb toieber, namentlich ba, n>o bie po«

fitioe ^S^Uofo^te bie 8eere au«fü(len muß, toelche bie nega*

tioe gelaffen hat. $egel« abfohlte $>ialeftif, in ihrem toohl*

oerftänblichen Streben nach ettoa« Sflethobifchem, ift felbft nur

a(« ein Ontermeggo oorüber gegangen, unb jene toilbe ^Begriff«*

folgerung fchlug, toie ein Unfraut, beffen 8amen im 8obeu

liegen, toieber fyxtcx, bei einzelnen Behren ber *orjährigen

©aat — tote auf einem S3rachfelbe.

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Page 251: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

237

XIII.

«moenbung auf Me fyeculattoen £aitytfoflewe.

2Bte get}en je$t fort gu einem fritifchen UeberbUcf Über

bie Gattungen , ber ©hfteme^oon betten nur bie beiben §a\xpu

formen, ber $anthetemu« unb ber ÜbeaüSmu«, (euerer in

feinen jtoei Ärten, gu betrachten finb.

£>er eigentliche Pantheismus, nur in ben Anfängen

ber tyiUfapfyt oorfommenb, geigt gar batb feine @c$tt>äc$e

unb 53(öge einer gefunben ßogif gegenüber. $)ie S03elt g(eidt)

(Sott, ®ott gleich ber Seit gu fefcen, beibe ^Begriffe im @inn

t>on @ubject unb $rä'bicat gu oerbtnben, baS geigt fich eben ohne

@tmt, benn burch biefe 23erbinbung oertieren beibe Segriffe

i§re Söebeutung, toir höben toieber bie contradictio in adjecto,

fo bafe alfo auch fchon nach ber gemöhnUchen Sogif bie« ©h*

ftem als toiberfinnig unb unhaltbar erfcheint. 3ielje ich ben

begriff ®ott gang in ben begriff Söelt hinein, fo hört jener

auf unb ich entmeber an ber äujjerften ©renge bes Slthei«*

muS ober fchon felbft barin, tt>ie benn auch ^iftorifdh biefer

(Superfatio beS %f)t\Qm\i& in SitheiSmuS übergugehen ©efahr

läuft, ober toirtfich übergeht. 3ie&e ich dagegen ben ©egriff

ber $öe(t in ben begriff ÖMteS hinein, toie bie« ber neuere,

mehr ibealtftifche Pantheismus, ober oieüeicht richtiger pan<

theiftifche 3bealtSmus thut, fo oerüere ich f« b«6

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Page 252: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

fi$ eigentlich in fic$ fetBft unau«füljrBar geigt, toa« ber $an*

tfyei«mu« erreichen toill: ftatt eine« Sluffctyluffe« gieBt er nur

eine totale S3cgrtff ertt?irrung . Die Söelt, bie jugleid) ®ott

fein foö, ift feine SBctt m$v, ber ©ott, ber $ugteic$ Söelt

fein foll, ift fein ©ott mefyr, benn biefe begriffe Beftimmen

fic$ gegenfeitig unb IjaBen nur Sinn unb SSerftänbnijj, fo lange

fie au«f<$liejjenb gegenäBer ftetyen. Da« <Snblic$e fann

nic$t jugleicty ba« Unenblicfye fein, bie Urfactye nietyt jugteic^

Söirfung, bie Materie nic$t augleicfy ®eiftu. f. to. u.f.to.

$uc$ ber ältere 3beali«mu« fyat feinen ©runb lebig*

lic$ in einer totalen Umfe^rung ber Dinge, in einem riefen

SHijjoerftanbnig unb Srrtyum $tnfic$tlic$ be« toa^ren SBefen«

ber aBftracten Segriffe, <ßlaton« 3beenleljre ftellt bie Dinge

auf ben $opf, tote fein grofer «Stüter baoon fc$on ein ftarfe«

(Sefüfjl l;atte, toenn er bie Sbeen für einen leeren <Sc^aß er*

Karte. ©etäufd&t burety bie mijj&erftanbene $Wgemeinl)ett ber

aBftracten begriffe, »erführt burdj bie ganj falfd&e Skrleum*

bung ber @tnne, in ber trägerifd^en Hoffnung für ba« felB*

ftänbige, ton aller (Srfafjrung unaBljängige Denfen fixere

formen finben ju f5nnen, fyatte man bie ©egrtffe für ettoa«

m fic^ ftefte«, ©tt>ige« genommen, für ba« einer geiftigen SBelt

unmittelBar Slngefjörige, für ein toefentlic$ ©eienbe«, ba« öon

feinem @ein bem ftnnlic^ ©abgenommenen erft mitteile.

@o tourben bie 3been bie SWufterBilber ber Dinge, fo fam

jene merftoürbige @rfenntni|t^eorte auf, toonaety alle« bieffeitige

©rfennen nur (Erinnern fei au« einem 3enfeit« — einem 3en«

feit«, üBer toclctye« fiety nur 9Jtytlju«, aBer feinerlei föe$cn*

fctyaft geBen lieg. SBenn Slriftotele« mit föecfyt forberte, bafj

alle« ©rfennen *om Sefannteren au«ge^en folle, baf e« ben

JEBeg oom ©efannten aum UnBefannten ju ma^en tyaBe, fo

4

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Page 253: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

muß man befemten, baß fytt ba$ Umgefetjrte gefcheljen ift,

ber Bnfer ber $$ttofop$ie geworfen — in$ ®runbtofe, ba$

£anbgreif(iche foß feine <5rf(ärung empfangen bon bem Un*

begreiflichen! Bebarf e« noch einer weiteren flritif? $>aö

£)enfen $at hier fid^ fefbft verloren, ber (Schwinbel ift eben

fo groß unb nur noch größer im Pantheismus.

£)er neuere SbeafiSmuS hat in feinem ÄuSgangSpunft

große Borjüge unb eine unoerfennbare Berechtigung, attein in

feinem Berfauf eiU er fogleich einem onberen Kbgrunb ju.

Witt man bem Kenten überhaupt eins3ied>t einräumen, roid

man bas teufen für etwas anberes galten als ein pafftoes

empfangen, es für ein Stetiges, Bewußtes nehmen, fo muß

man auch geftatten, baß es aunä'chft an fich fetbft glaube, mit

fich felbft anfange, oom benfenben 3cfy ausgebe, $löeta ber

foeculatioe 3rrtyum, mit Einern ©ort, ber Sbealismus, tritt

fogleich baburch ein, baß man Äugen unb Oljren fließt, baß

man baS Od) ifolirt unb nun au« biefem ifoltrten 3c^ 6r-

fenntniffe fchityfen, ^fteme, ja bie SBelt felbft aufbauen tritt.

£ätte bieS überhaupt (Sinn, fo würbe es boety baju an allem

bittet fehlen, benn bie Begriffe unb Husbrücfe, welche ju

@ebot ftehen, wurjeln, wenigftenS jur #älfte, in ber @rfc$ei<

nungSwelt, ftnb föefultat unferes benfenben SlnfchauenS ber*

felben: abgetrennt oon berfelben finb fte tä'ufchenbe ©cremen.

Eber auc^ baS 3$ in iener üfolirung ift ein burc^auS ßeereS,

eine bloße «bftraction, nichts SßMrflicheS: baS benfenbe 3$ift erwachten unb groß geworben in ber Betrachtung ber uns

umgebenben £>inge, bie Ofolirung, welche (SartefiuS für ben

Anfang ber ©peculatlon forbert, ift nicht fo woht fchäbllch,

als vielmehr in fich felbft ganj unmöglich. Ober glaubt

man im Dteffeits ben ®eift oom Äbrper trennen ju fönnen?

Page 254: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

240— .

£iefe unmögliche Trennung nun einmal t>oü6radt>t, baS

Littel be« Denfen« bon feiner 23afi« abgelöft, mu& ber fub*

jecttoe 3beali«mu« trofe feine« befferen unb natürlicheren $u«*

gang«»unfte« fich boch fogleicfy in Siberfinn »erlaufen unb

nach allen Dichtungen fyn in Slbgrünbe ftürjen. $öa« fyift

e« ihm, ba« 3ch, ba« ganj abftracte 3ch feftjuhalten, toenn

er barüber bie Seit unb ®ott verliert. £r hat ebenfalls

feinen ®runb unter ben güjjen, ba« 3ch ift leer, ift $u*

fammengejogen in einen mathematifchen $unft, runb umher

nur 9iebel unb Sotfe. £)er ältere 3beali«mu« behält immer

noch ben grojjen Söorjug, bafc er an bie Stelle ber jerftorten

Seit eine reiche Ontellectualtoelt mit ber ©ottheit in ihrer

SMitte bringt, bafj er (demente geiftiger Erhebung enthält,

wogegen bie 3chlel)re, noch fo tbealiftifch aufgeftufet, natür*

licherioeife führt jum <5got«mu«, $um «thei«mu«.

$aben ©cheüing unb $egel ben ©taub ber Sache »er*

beffem fimnen, tvenn fie bt« auf« Sleußerfte bem 3beali«mu«

treu, ben feften ^unft anber«foo — in ber $uft nahmen?

Sicherlich nicht. §infichtlich be« $lu«gang«punfte« ftehen fie

fogar ben beiben reinen Birten be« 3beali«mu« mit ihrem ge*

mifchten toeit nach, ber ihrige fann fich an Berechtigung mit bem

jener burchau« nicht meffen, benn er ift, um mit Slriftotele«

ju reben, toeber ba« ber 9?atur nach <£rfte, noch ba« für un«

(£rfte, toeber ba« urfächlichfte SBefen, ton bem alle Realität

ausgeht, noch ber 3Rittetyunft alle« fubjecttoen ßrfennen«,

fonbern er fchtoebt ganj im greien jtüifchen £>immel unb (Srbe.

@« fann gu feiner Rechtfertigung nicht« toeiter torgebracht

»erben, al« bafe, ba jene beiben äugerften fünfte in ihren

(Sonfequenjen einen unhaltbaren 3beali«mu« ergeben, man nun

auch, um nicht« unberfucht ju (äffen, e« mit einem $unft auf

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Page 255: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

241

ber mttt »erfüllt müffe. Der SBerfuch ift fehtgefchtagen,

im Wefultat ift man um feinen Schritt toeiter gefommen, bie

Sftethobe fyat ben gelber be« $(u«gang«feunfte« nie gut machen

fönnen. Eternit bürfen toir nach aüem, toa« fchon gefagt ift,

einer »eiteren (Erörterung für gegenwärtigen ^toeef un« toohl

für überhoben Ratten.

Slber eine befonbere berüeffichtigung oerbient noch ba«

neuefte ©Aftern ©chelüng«. SBenn tt>ir e* in einem toefent*

ticken $unft als einen föücfgang auf tant Bezeichneten, fo hat

e« barin gtoar SRe^t, aber noch ntdt>t ba« Rechte. <£« ^at

eingefehen, bafc man nicht au« Slbftractem ba« (Soncrete h*r*

leiten fann, bag au« Gegriffen ftd^ nicht Realitäten fyraM*

Rauben (äffen — aber toarum? 9Ö?an fann nur fbrechen oon

einem richtigen ©efü^t @<helftng«, fo n>ie flant«, an ben er fich

auferließt. $ätte er ben wahren ©runb eingefehen, bann

hätte fein gange« Aftern fidj> anber« geftatten müffen, bann

^ätte er nicht bie toeitläufttge Sefjre Dom bttnben (Sein unb

Ueberfein, oom @ein*fönnenben unb Rothtoenbig^fefasfönnenben

geben bürfen, welche boch auch nur wieber eine neue $lrt oon

#egettani«mu« ift, mit bem Untertrieb, bag nun in beiben@^ä s

ren, in ber negatioen unb pofittoen $h^ofopl;ie au« Gegriffen,

unb jwar nach einer fehr unfichern SMhobe, conftruirt wirb.

Der fann nicht ba« Söahre haben, ber jugfeich noch ba« galfche

baneben f)at. 3mmer aber ^at ©cheütng eine Ahnung oom

©ahren unb f?atfd>en unb in ber richtigen Sebre muß er bie

Klarheit feine« bunfeten Drange« wteberfinben. 2öa« fein

SBerhältnifc jur ^eotogie anlangt, fo ift ba« noch ein be-

fonbere«.

<£« fteüte fich un« in einem früheren ^bfchnitt herau«, bag at«

$auptgattungen fpeatfatioer ©hfteme eigentlich nur bie beiben

Gftuwc 3ufunft t. \>. HtyUof. 16

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Page 256: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

24*

Birten M Sbeattemu« berbteiben, imb fo tft au$ bie ßetoöfa*

Uc^e ©orftellung, toenigften« in 2)eutf($(anb, »olttommen baran

getoölmt fiel) ^fytlofepfjie nicfyt anbev« af$ ibealiftifd) $u benfen,

in Dottern SBiberforuc^ mit ber natürttc^cn Slnfäauung ber

Dinge. $un fyat fi$ aber na$ allen ©eiten tyin auf« grünb*

tiefte gezeigt, bajs bie <Sacfye be$ 3bealt$mu« unttrieberbringlic^

oerloren ift, alle feine (Sonfequenjen unb 2Högli$feiten ftnb

erfc^ö^ft unb tyaben in« Söobenlofe geführt, aüe (Srunblagen,

auf toelctye er ficfy ju ben 3etten be$ ^armenibe« unb *ßlaton

ftüfete, ftnb in 9K($t« öerfötounben. 2>ie $erbä#tigung ber

<5inne ift oerläuraberifcty, ntc^t ber @tnn al« foldjer taufet,

fonbern unfere bannt berbunbene Ueberlegung, anberfeits Ijat

basjenige, tua$ man al$ gefteS unb Umoanbelbareä Ijat gegen*

überftetlen toollen, bie SBelt ber begriffe, fty at« 8uft unb

©fernen erliefen. SJJan fyielt bie ©tnnentoelt für Dergäng*

li$, in ftetem glufj begriffen, olme £alt unb SKorm — fo

lange man nämlic$ fein SKaturgefefc fannte; allein fd&on bie

Wfjagoreer traten fyier mit einer ganj anberen ^Itifid^t auf,

bem feften (Glauben an ein ©orljanbeneS unb aucty erfennbare«

9hturgefefc unb bie foätere Don «rtftotele* au«gel>enbe ^ertobe

befanb ft<$ auf ber SBalm foliber Matorforfäung in bem 93er*

trauen auf ba$ £)afein eine« ®efefee«, ba$ nacty allen ©eiten

Ijin ber 8öelt, n>elc$e bie ©inne un8 jeigen, ben fefteften £alt

gtebt, n>a$ nic^t gefctyefjen fann, o^ne aucfy toieberum bie @inne

felbft at« gute 3euöen beftefyen gu laffen, im (Segenfafe mit

a(ter Wlofo^te, n>eldj>e fie für xaxol iux<?tvq*q erflärte.

(5ine (SrfMeinung ift e« befonbere, toetc^e in alter unb

neuer $eit bem 3beali$mu$ fräftig ba$ SBort gerebet Ijat

unb als feine $am>tftüfee geUen barf, ba$ tft ber j>löfclic$e

Umfdjtuung in ber foämifc^en Slnfity: bie 8e$re *on ber

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243

tfugelgeftalt ber Crbe, ba« copernicaniföe ©Aftern. £)ie Beinahe

pl^üäf eintretenbe UeBerjeugung, bag bie (Srbe ni#t bie breite

33afl« atfer CDtngc, tttc^t eftoa« lefete«, auf fiefy fefBft Berufen*

be«, fonbern bag fte eine Jhigef, eine fretfötoeBenbe Äuger,

ein @tern unter Sternen fei, ba« tyatte etwa« fo SlufTegenbe«,

fo <5c$n>inbKge«, mit einem 2öort fo Obeattfttfctye«, baß nun

ber fü^ne Söeg jur (Srttäruug ber £>inge ber Befte unb ffc$erfte.

festen, bag man jebe Umfetyrung auety bie getoagtefte, für er-

lauBt unb jutäffig fu'ett, bag fie ba$ Sluffattenbe terfor, n>ei(

fie Bereit« eine Analogie $atte. <5« ift ni($t jufäflig, bog in

alter >$eit ber 3bealt«mu« gleichzeitig mit ber Sefyre ton ber

tfugetgeftaft ober unmittelbar barauf erfc^eint, benn er Ijat

in ber £f?at bamit 3ufammen$ang, ftüfet ft$ barauf unb fo

»ie ber £t\t na<$, fo jeigt ft$ bie« auc$ bem Ort unb bem

©tamme na<$. $)ie tonifcfyen ©rieben waren Anhänger ber

&$re ton ber Breiten ©rbe, fie ftnb bemgemdg au$ föealiften;

bie borifc^en £>eüenen in Italien unb ©icilien finb bie öe^rer

ber Jhigelgeftalt, fte finb auc$ bie 8e!jrer be« SbealtGmu«,

toeC<$er un« ^ier juerft in ber fcfymnbligen &ljre Don bem

©inen fugelrunben TO, ber fugetrunben ®ott$eit, erföeint. *)

$o<$ meljr @eti>ic$t erpft biefe CSfrfMeinung baburc$,

bog fie fi<$ an ber <3ctytt>etle ber neueren £tit toieberljolt fyat:

ba« fyeliocentrifcfye ©Aftern ton (£opernicu« erneuert, ton

Wepler unb Newton Befeftigt, rief auc$ ljter tbeattftifd^e <Sty*

peme fyertor, Deäcarte« unb 9MeBranc$e unb ©m'noga fielen

auf biefer 93aft«, toollen burety eine breifte Umfeljrung ber

Dinge unb inbem fie bem 3Renfctyen ben feften ©oben unter

*) 3Ran t>erglei($e meine <5c5rift ftfecr bie fo«mifd)en ©^flerne ber ©rie-

<$w. -Berlin 1862.

16*

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244

ben güfjett formen, ba« grofje töätyfel bcr £)inge mit (Sinem

(Silage löfen. <So auc$ flaut, unb fyier finbet fid^ fogar ein

beutüc^ed SBcmuptfctu biefe« 3ufammen^önÖ^^ ^enn *°xx *cfen

in ber SBorrebe jur Stetten Auflage ber trttif ber reinen

Vernunft bie bebeutfamen ©orte : w <£« ift hiermit ebenfo, at«

mit bem erften ©ebanfen be« (Sopernicu« betoanbt, ber,

naetybem e« mit ber (Srflärung ber £immetebett>egungen nic^t

gut fort »olfte, toenn er annahm, ba« gange ©ternenfjeer brelje

ft<$ um ben 3"f^uer, berfu<$te, ob e« ntd^t beffer gelingen

möchte, toenn er ben 3uf$auer W treten, unb bagegen bie

©terne in ffiufye liefe, 3n ber SNeta^tyfif fann man nun,

toa« bie $lnfd)auung ber ®egenftänbe betrifft, e« auf äfyn*

Uctye Söeife berfuetyen. Sßenn bie 9lnf<$auung fiety naety

ber SBefctyaffenfjeit ©egenftäube rieten mü&te, fo fefye

m$t ein" — ».(.». ©. XVII.

(Sin föecfyt fann natürlich $ant barau« ntc^t herleiten,

e« ift nur eben (Sinfatt, SBerfuc^, ber benn fyier fo fc$(ec$t au«*

fällt, a(« bort gut. Wein bie SBerljältniffe finb auc$ ganj

anber«, bort toerben ttnrfltcfye @#tt)ierigfeiten gehoben, Ijier

belegen nur eingebübete ju einer Sßeränberung, benn bie

@3>tt>ierigfett, oor toelc^er Äant fic$ gu befinben glaubte, fäüt

in fi$ felbft jufammen ober löft ft<§ auf gang anberem Söege.

Söenn nun bemna<$ bie foSmifd&e 33orfteÜung unf<$uft>iger*

toeife bie 9Kitfd(>ulb trägt an ben ©rtrabagangen be« Sbealiö*

mu«, fo fott fie Ijier gum (Schlug un« auety toieberum Reifen

bie työcfyfie $fo$fc$tt>eifung biefe« Aftern« auf« grünblid&fte

meberjufälagen. <S« ift befannt, bag biejenige qtyilofotf ie,

toetd^e ft<$ bie abfofute nennt, bon ber ©rbe au« bie 2Be(t

conftruiren tooltte, fie fefcte bie girfetfßifee ein auf ber flatljeber

ber ^reugifd^cn $>au^tftabt unb glaubte mit ber anbem bie

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Page 259: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

245

Seit umf^reiben ju fönnen. Sitte« tft erfennbar, unb jtoar

©on fyier au«. 9ft#t ofyne ®runb fyaben Hegelianer ben ge*

ftirnten $tmmel in feiner <ßunctualität, öon ber bie Sßtffen*

fc^aft ftety fälf<$li$ imponiren raffe, oerbäc$tigt unb oerleumbet,

benn in ber £fyat, ber uneublictye (Sternenhimmel mußte iljnen

in iljrer Söeltauffaffung unbequem unb ftörenb fein — pagt

bo$ biefe toeltconftruirenbe <ßfjilofot^ie »iel beffer auf ben

(Stanbpunft be« £ljale« unb Hnarjmanber, mit bem fie ofyne*

bie« manche« gemein l)at, al« auf ba« 3eitaftet oon ßaplace

unb Söeffet. Die (Srbe fte^t nic^t im Zentrum, fte ift ein

planet unter Planeten, ein mittlerer planet; bie (Sonne Ijat

toieberum if)re ©entralfonne, toir liegen feittoärt« öon ber

3Rtt$ffta$e, toir fliegen mit unferer (Sonne unb (Sentralfonne

bur$ ben Weltraum — toofjer? toofyin? Unb öon btefer ©efe

au«, auf biefer gluckt toill ber *ßl)ilofo|>fy fein (Spinnennefc

- au«fpannen unb bilbet fiefy ein im Zentrum be« 9111« $u fauern!

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Page 260: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

246

XIV.

?lntDcnbuttß auf Me Sterne einjetoer $l)tlofoj>l)eiu

Der Orrthum, hervorgegangen au« bem SBerfennen be«

Söefen« abftracter begriffe, ift Beinahe eben fo alt al« bie

^^tfofo^ie, jebenfall« eben fo alt al« bie fpeculatioe.

<&ä}on bei ben $tyt§agoreern finben tt>ir iljn in öollem

®ange. Söährenb «triftotetc« bereit« bie abftracte Statur ber

mathematifchen begriffe erfannte, otyne aber bie CSonfequenjen

bafcon eingehen, toar bie« bei ben *ßhthagoreern noch burch*

au« nic^t ber galf, fo fc^r, ba| fie, nach einem $lu«brucf be«

Slriftotele«, in ber &afy nicht nur ba« SBerljältnig, fonbern

aud(> ben ©toff ber Dinge gegeben glaubten. Die 2>aty, al«

*abftractefter 2lu«brucf be« Söerhältniffe«, erfesten ihnen al«

ba« SBcr^ättntg felbft, ja al« ba« Sftaturgefefe, man bertoechfelte

bie auf praftifc$en gorberungen berufjenbe Untoanbelbarfeit

be« 3eichen« mit innerer 9cotht»enbigfeit unb fah fleh be«*

halb »eranlagt, bie &af)i, al« allein ber ßüge nidt)t unter*

toorfen, in eine fyfym Legion ju ergeben, al« Anfang be«

objeettoen 3beali«mu«; man mag ber 3«W «ne innere @elb*

ftänbigfeit, Ja eine innere <ßrobuctton«fraft bei, man hielt 3at)l

unb mathematifdt)e gigur für bie reinen Urbilber, für bie

^rototypa ber Dinge, bie ihnen nur unboüfommen entforä*

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247

d&en — toctyrenb boc$ umgefefyrt alles bie« nur flbftractionett

füib, nur Operationen unb ^robucte, nur #ülf$begriffe unfere«

Denfen* über bie gegebenen (Segenftänbe.

Die (Sleaten liegen bie 3a¥e« bic Spuren unb

gingen über gu Gegriffen, matten aber bie <Sac§e nur noc$

fFlimmer, ba fic mit ben Gegriffen eben fo fchatten »ollten,

»ie mit jenen, ©ie brauten bie fc^arfc ©Reibung gtmfc$en

begriff** unb <5rfa$rung*erfenntnijj gu @tanbe, gogen alfo

ben Gegriffen ifjren S3oben unter ben güfjen fort. Die

fötuinblictyfte ßefyre, toetc^c jemals bagetoefen, toar bie golge

babon.

23on ?laton fagt Hriftotele«, feine 3been feien bie

Un ber <(tytljagoreer, er ljabe nur ben tarnen geänbert. Der\

Vorgang ber ^leaten Ijat bie Balten gu Gegriffen übergeführt,

es finb allgemeine begriffe, gum Ztyxi Gattungsbegriffe; fie

finb umoanbelbar, etoig, Ijaben eine oon ber ©rfaljrung un*

abhängige örjfteng, gehören einer jenfettigen Söelt an, ftefyen

in ©eineinfc^aft mit bem Urheber alles DafeinS, naefy i^nen

ift bie ©ett gef<$affen, fie finb bie ewigen 2Jiufterbilber ber

Dinge, toir erinnern uns tyrer aus bem 3uftanbe einer $rä*

qrtfteng, unb toerben toieber mit tynen fcerfe^ren nad& bem

£obe. Dies gange geniale, aber ft$ertt($ pfyantaftifdje &t-

bä'ube, toerauf baut es fic$ auf? <Se$r einfach auf einem

ÜWjjüerftänbnif beffen, toaS allgemeine 53egriffe, abftracte 33c*

griffe finb, tpelc^e Wolle fie natürlich unb einfach in unferem

Denfen innerhalb ber gegebenen Grrfctyetnungen fyielen. @c$on

SlriftoteleS, ber tief benfenbe ©$üler beS ^laton mufite

biefe 3been für leeren <Scfyall unb für poetifcfye ÜKetapljern

erflären.

©r felbft beftrebte fic$ rebltc$, bem Orrtlmm gu entfliegen,

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248

in teeren bie begriffe, 'als felbftänbige 3nftan$ angenommen,

uns [türmen, aber e$ gelang i^m nic$t, fonnte i$m nicht ge*

fingen, »eil tf?m noch burchau« bie Littel festen, ba$ toa^re

SBefen berfelben ju burchfehauen. $luch ifjm imponirte auf

ben oerfchtebenen ©tobten fetner pljtfofo^tfctyen Saufbaljn

immer noch bie fcheinbare Mgemeinheit unb iRotytöenbtgfeit

ber begriffe, gegenüber ber 33efonberl)ett ber (Erfahrung. <5r

hoffte noch burch fie ju allgemeinen $rincipten gelangen $u

fönnen, eine erfte fi)iU\cpf}k p begrünben, roetd^e oon einem

(Zentrum ^er baö innere Siefen ber Dinge auf nothtoenbige

Sßeife erfennen foUte, er hoffte oon hieraus einen festen befriebt*

genben ©chlujjpunft alles unfereS SötffenS gu gewinnen. Den

2ftittelpunft feiner üftetapljtyftf bilbet bie Ontotogie unb bie

bamit in 23erbinbung gefegte Geologie, ber eigentliche «Schwer*

punft aber liegt ba, n>o aus bem Setoegten auf bie (Sriftenj

eines erften 2}ett>egerS gefchloffen toirb. *) @S müffe ein

©ein unb eine Üijätigfeit (ovaia xai ivegyeia) geben, toetetye

betoege unb nicht toieber betoegt toerbe — toarum? — 2öeil •

es ein 33etoegteS unb ni<$t SöeioegenbeS, bann ein 33ett>egteS

unb SBeioegenbeS gebe, barum müffe es auch ein SSetoegenbeS

unb nicht toieber SöetoegteS geben. Sllfo bamit biefe brei

^

gäüe auf bem Rapier beS ^^ilofo^en ooöftänbig bafteljen, '^

barum mujj ein ®ott fein — toelch eine ^ot^tocnbigfcttF^

Stber man oergeffe nicht, bag im $intergrunbe ettoaS

gan$ anbereS fteht, ber SBunfch, bie auffteigenbe SRetye ber

Urfachen irgenbtoo abzufliegen — ein Söunfch toelcher, fo

natürlich er auch fein mag, boch toeit emrernt bleibt oon einem

*) 2)ic Stelle Met. XI, 7, föetnt lüdenfraft unb muß , ttie Sßonife an»

gtebt unb ©tanbie anertennt, ncu$ Phys. Ansc. VIII, 5 unb de Anim.

III, 30 evganjt »erben.

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Page 263: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

249

^Beweismittel. Slufeerbem ift et ein <§chlü& üon ber Sir*

fung auf bie Urfache, ein 23egriff«paar ba$ untrennbar al«

Kategorie jufammengehört, ba« auf Erfahrung beruht, nur

innerhalb biefer gültig ift unb nicht über alle Erfahrung

hinaus Slnwenbung finben fann. $)ie ©rjften$ eine« aufjer*

weltlichen ©otte«, ber bie ©renje ber Seit, ben Aftern*

hünmel in Bewegung fefct, !ann auf biefe Seife nicht ge*

fchloffen »erben.

Daä Mittelalter bat wenig ^)tiefot^tfd)e <Selbftänbtg*

feit unb bas ©igenthümlichfte feiner 3tteta}>tyfif, ben onto*

togtfehen 33ewet$, haben wir bereite betrachtet.

SSon ber neueren fpeculatioen ^3^i(ofo)>^te lenfen wir

unfere Äufmerffamfeit auf jwei fünfte, auf bie <5tfttmt,

welche fich um (£arteftu$ grupptren, unb bann auf itant.

(SartefiuS toar in einem ähnlichen Srrthum befangen

wie bie Sßhtljagoreer, er glaubte, bog ber begriff ber Hu«*

behnung ben begriff be« förderlichen erfchötfe; eine «Ulf«

faffung, welche wefentlichen ©influf? auf bie ©hfteme fcon

5Walebranche unb <Sj>tnoja gehabt hat; namentlich ift ba«

Sutern be$ teueren ohne biefen ju ®runbe liegenben Orr-

thum gani unmöglich. £>er abftracte ©egriff Slusbehnung

fchien mit bem begriff (Sott fchon eher eine ^Bereinigung ein*

gehen, Attribut be$ lederen fein ju fömten, e« würbe auf

biefe Seife bie Seit verflüchtigt, um unmittelbar in ©ort

aufzugehen. <£« lieg fich mit einigem Slnfchein fagen: ®ott,

bie einzige ©ubftanj, ^at jwei entgegengefefete Attribute an

fich, We Ontetligenj unb bie SluSbefmung; aber man ^ättc

nicht fagen fönnen: ben (Seift unb bie Äörperlichfeit, benn

bie« ift eben bie <S<hwierigfett, welche ju überwinben war.

£)er ^fyüofopfy fam barüber h^weg burch jene« eigenthüm*

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260

liehe tbcaltftifc^^anl^ctftifc^c Aftern, beruhenb auf einem ail

falfdben unb unmöglichen ©ebrauch ber Söegrtffe.

£)a$ Aftern ©on ©eulin*, ber £>ccaftonali$mu$, unb e!

bae Aftern oon ßeibnifc, bie präftabilirtc Harmonie, gehört i

eben ^ic^er. SBeibe finb hervorgerufen burch ba« ©eftrebeu, iij

bie ©chtoierigfeit be$ influxus phyßicus, b. h- ber fcmtotr* m

fung beö ©eifrigen auf baS körperliche, unb umgcfehrt, na*

ment(id) auf pftyc$otogifdt)em Webtet gu l;eben. <£« toarb ein

»eitlauftiger üttechaniSmu* erbaut unb boch mu§ ©ott gn*|

lefct fia> in« Littel fragen, um bem bebrängten ^Uofop(eit ii

ju Reifen: ©ett nämlich muß jebeämal, n>enn ber eine Xljeil -

:

fich regt, in bem anberen entforechenbe 23er<tnberungen h«wot*

bringen — eine 2lu«funft, »eiche ohnebieö mit ber 2öfirbe ^

ber ©ottheit nicht »ol)l vereinbar tft, »etl fie recht eigentlich

ju einem bienenben ©eift gemacht »trb, ben jebe gingerbetoe*

gung &ur eingreifenben Z^äÜQhit ruft. Seibmfc erfann, um,

bie (Sache gu »ereinfachen, feine präftabtlirte Harmonie,

©ott hat fchon bei ber ©chöpfung ben oerfchiebenen Stfonaben,

ben geiftigen unb ben förderlichen, eine folche Uebereinftimmung

gegeben, bag fie nicht anberö als auf entfprechenbe Söeife,

alle mit allen harmonirenb, fich belegen fönnen: eine ßöfung,

»eiche minbeften* eben fo fc^toterig ift alt bie @<h»iertgfeit

felbft unb »eiche alä reine £hpothefe ftch barftellt, bie nur

baburch pbttefo^tfcf) unb fpeculatto ju werben gebenft, bafj

fie barauf pocht, e$ gebe feine beffere. 2Bir hoben biefe 33c*

»eteart beleuchtet, ebenfo toie ben ©chlu&, mit bem bie (Sri*

ftenj ber 2Jtonaben betoiefen »irb. Unfere Anficht öon ber

foeculatfoeu $öhe biefer @^ftcmc unb ber Bünbigfeü ihrer

23etoeife mujj aber hienach bebeutenb h«tabgefrimmt »erben.

Sir ^aben jefct noch bie Betrachtung be* tfanttfchen

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251

§bftem* üfcrta, bafr, intereffant unb wtcbtia an fid» felbft, noch

al« 2fo«gang«|mnft ber neueren beutf$en i^ilcfopl?ie unfere

kfonbere ^ufmerffamfeit in Slnfpruch nimmt, bann auch barum,

weil ton »erfd^iebenen Seiten $er bie ?^i(ofop^ie in Deutfch*

lanb toieber auf bie« Softem f$eint ^urücfienfen \* tueüen

unb man eben fyier einen neuen fixeren 2(nfyalt#pnnft fuc^t

Da« fritifche Aftern ift barnm fyer einer befonber« ernften

Ärittf gu unterwerfen.

&ein fpeculati&er $^t(ofo)>^ hat in bem ättaafj tote Äant

bie Unjuläffigfett ber golgerung au« Gegriffen eingefehen —unb b<xh ^at er ba« Uebel nur noch gefteigert. Die« $at ein*

fad? barin feinen <$runb, bajj er, noch mehr al« Öetbuifc unb

2Bolf, einem unfeligen ©hncretUmu« ergeben, allen ^ar«

teien Hecht laffenb, alle ftreitenben «nfichten in ein $öctft

complicirte« ©Aftern bereinigte. (5« nennt fid; ba« fritifche,

koeit e« bor allen Dingen eine Äritif ber (Srfenntni&bermö*

gen glaubt unternehmen gu müffen, it)re Tragweite, ihre

©renken follen au«gemeffen werben, benn, fo glaubt ber $b>

lofepfy, aller drrt^um ber bisherigen ^>I?itofo^>t>ic fcmme nur

baher, ba& bie »erfd&iebenen ©rfenntnifjbermögen nicht ihre

natürlichen (feigen innegehalten, fonbem ein« auf ba« (Ge-

biet bc« anberen übergefchweift fei. Da« ©Aftern, ba« bie

Jfritil ber reinen Vernunft entwirft, ift höchft weitläuftig unb

faft unuberfehbar, fo bog bie furjeren Darftellungen bie man

Den bem Sinn be« Styftem« gu geben oerfucht f)at, erheblich

bon etnanber abweichen, wie benn auch ber Urheber felbft fich

genötigt fah, faater in feinen ^rolegomenen ju jeber fünfti*

gen SDietaphhfif cinc einfachere gaffung ju geben, welche

aber immer nodb fcbwieria unb in bieten fünften unflar

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Page 266: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

252

ßant« <3t5rfe liegt im Angriff, fein 93erbicnft beftc^t auf

ber negattoen «Seite. <Sr erfeptterte bie ©runbfeften ber

geltenben ©hfteme, h0D ben ontologtfehen 5öett>ctö für ba«

Dafein ®otte« au« feinen Singein, mit ihm bie gange natür*

liehe Styeotogie, bie ganje 9Maphhfü; jene Gebiete feien bem

^itofo^irenben Kenten unerreichbar, oerirre e« fich bahin,

auf ba« gelb be« 3J?eta^^fifdt)en, in«befonbere be« Ontologt*

fc^en, $o«mifchen, ber $fhcho(ogie, ber STfjeologte, b. h- aüer

fcljeUe ber Söolftfchen äWeta^^fif, fo oerfaüe e« Schritt für

©chritt in Orrthum, bertoiefete fich in 2öiberfprüc$e. 3n

feinen Antinomien unb $ara(ogi«men hat tfant manche« ©ü(tige

beigebracht unb in ber STfyat tiefe SÖunben geflogen. Aber

bie ©rftörung toar f^roac^ unb falfch; toa« nach unferer Auf*

faffung fich feljr einfach erflärt burch einen Gebrauch ber 33e*

griffe, »elcher ihrem Sföefen u>iberfyricht, ba« fuchte $ant in

einer Ue&ertretung ber ben einzelnen (£rfenntnijjoermögen an*

getoiefenen ©renken. <§eine flritft hat, inbem fte 1}m auf-

räumen tooüte, nur enbfofe Sßertoirrung unb tiefe Ütonfefljett

gebracht. Da« ©hftem, ba« er auf6autyberuht felbft ganj unb

gar auf eben bem Orrthum, ben er theiftoeife mit (SHücf auf-

gefunben.

(St unterfcheibet bie Vernunft im »eiteren @inne bon

ber @inn(tchfeit, bann bie Vernunft im engeren ©inne al«

ba« höchfte (Srfenntnifjbermögen, ba« Vermögen ber Obeen,

oom SBerftanb unb ber Urtheil«fraft. 3ene fei bon ber <&x*

fahrung böflig unabhängig, fte geht bom Allgemeinen au«, ift

ein Vermögen nach ^rtnctyien $u erfennen, oermag e« mit

SMftänbtgteit bie apriorifchen Äategorieen ju enttoerfen, inner*

halb bereu ber SBerftanb fich betoegtj biefe tfategorieen aber ftnb

an fich *ecr wnb fonnen nur bon ber ©innlichfeü au« Snhalt

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Page 267: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

253

gewinnen; bie Urtyeitefraft bagegen wirft mit bei ber @ubfunt*

tton ber füurfi$en (Sinjelfyeit unter ba$ ftftgememe. Daju bie

ßeljre, bafj bie Otnntfcfyfett, b. fy.baä Vermögen, bur$ toc(*

c$e$ wir Dinge auger un« erfennen, gleichfalls ajmoriföe

formen habe, bajj iRaum unb 3 cit nfty* nut ben Dingen

• ©egebeneS, nicfyt bur$ unfere Denfoperation oon itynen (Snt*

nommene«, mit einem Söort, baj? fte mdt)t obftracte begriffe,

fo gut tt)ie alle anberen, fonbem bajj fie auefy ein Unmittet*

bare« unb jwar etwas im anfetyauenben @ub}ect SiegenbeS

feien; enbltc$ no$ bie tfeljre, ba& ungewif fei, ob überhaupt

unferen $fafc$auungen ein Object entfprecfye, baf jebenfafls

baS Ding an ftety unerfennbar bleibe, bieS unb äffe übrigen

eonfequenjen beS fubjeetben 3beaa$muS machen baS ©Aftern

nietyt nur $erworfen unb jwiefpä'ftig, fonbern geben Ujm felbft

eine fotd^c innere Unruhe unb Unftctyerljeit, bag fiety barauS

ber Langel an 9iac$ljattigfeit feiner gefunberen (Slemente Ijm*

reictyenb erffärt.

Seber *>on ÄantS £ic$tblicfen wirb öietfaety überwogen

bur$ ttrrtyümer an feiner (Seite. SBaS er (StoteS ftiftete, in*

bem er bie Vernunft auf gewiffe ©daraufen ©erwies, mujjte

bie Öogif entgelten, inbem er, um bie Vernunft ju entföäbt*

gen, tyr lieber gab was tyr ntc^t gehört, baS Vermögen

a&riorifc$e ßategorieen mit $oüftänbigfeit aufeuftetten — be*

fanntltc$ ber ^uSgangSjmnft ber ifyn überwuetyernben <Spe*

cufation.

2Hit £artefiuS unb Cocfc unb beffer als biefe fafj er ein,

bajj auf ben @afe beS iBtberfprncbö fi<$ fyö<$ftenS ein anafy*

tifc^eS 23erfaljren, niemals aber ein fyntljetifc$e$ grünben (äffe,

unb ba& nur biefeS, nic^t jene* ton ttyUofotfiföem Söerty

fei — afleta feine fc$ledc}t bewiefene ©Imtljefts innerhalb ber

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Page 268: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

»4

^Begriffe a priori ccrbarb lieber olle* unb baburch ba§ er

feine unfelige «Spaltung ber mit einanber örocefftrenben <£r*

fenntniSfräfte in bie gogif einführte, hat er biefe in bie un<

erfyörtefte 23em>icfclung unb SBemirrung gebracht, toogegen in

ber 2$at bie fallen ©ubtilitäten be« SRittelalterS ein Äleüte«

unb. Sßlan fonn mit Xbeilunaen, n>enn fie in ber <2>acbe

liegen, aufräumen unb Sicht fchaffen, Äantö enMofe nicht in

ber ©ac$e liegenben S^etütngen mußten grojjen ©c^aben

brinaen, toeil fie baä unaelöfte Problem xerrtfTen unb öer*

getieften.

Set allem <5$arffutn, mit bem Steint an anberen bie

ge^lWlüffe entbeefte, in toelche falber Gebrauch ber begriffe

feine Vorgänger geftfirjt, ift er boch felbft bem gleiten 3rr*

tljum tiefer »erfüllen, aU irgenb jemanb bor ihm, unb er ift

tt h<"ty*fäW> »etc^er baS Uebel für« erfte unheilbar machte,

©eit entfernt Socfe gu ergänzen, lenfte er bie Itnterfuchung

böllig au$ bem ®leife unb berlor gänju'ch bie guten Sln^alt«*

mwfte, bie einjeln fd&on bei ^ilofo^en bor ihm bagen>efen

toaren. Sßon neuem berfannte er bie au$nafjm$to>eife Stellung

ber 5Kathematif, unb machte, fRümmer als ßoefeä S3ereinje*

fang, fetyarfe ©Reibungen unter ben abftracten Segriffen, bon

benen er bie eine $>äifte nrieber ju ettoa« Sfyriorifchem ftempelte,

unabhängig bon aller (Erfahrung, er berthettte fie auf brei

ober mehr böllig berfchiebene Cfrfennratjjbermögen, an fich

unbegreiflicher alö bie borliegenbe ©chtoiertgfeit. SBefonber«

fctylimm n>ar e£ noch, baf; eS ben Slnfc^ctn haben tonnte, al$

fd hier ber (Erfahrung Rechnung getragen, al* feien bie

DQfDnncDcii i5rinciDicn uuruiiioinrntn Line, id idcH he e» dcl-

bleuen, berüdfichtigt, toährenb hier boch einerfeitö bie örifteng

unb ber ^ufamntenöana ber X)infle ibealiftifcn breiöaeaeben.

\

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anberfeit« aber alten inbucttten ^rinctyien $o$« gebrochen

toirb unb bie Ungebulb mit ihrem ©tjftemmachen nur neue

©egel aufsieht.

Da« flantifche Aftern, genauer betrachtet, giebt an bieten

Stetten ba« 23cr^tt>etfcftc ber oorgefunbenen Sage unb ber Oer*

fugten Rettung ^inreic^enb ju erfennen, ja e« föricht fetbft

ba« ^ajarbirenbe beuttich au«, eben in ber föon angefütjr*

ten Berufung auf ba« eofeernicantfehe Settfhftem: man folte,

ba alle übrigen Bemühungen fich erfolglos betoiefen hätten,

einmal ba« Umgefehrtc, ba« Äühne, ba« Unerhörte oer*

fuchen. tiefer Geratter be« ©agniffe« tourbe bann gu*

nächft Don 53arbttt fortgefefct, ber gerabe ba« oerfuchen gu

müffen glaubte, loa« Äant für unoerfucht, toeil unmöglich, er-

Hart ^atte; er ging auf gierte unb @chellmg über unb Oer*

blieb feitbem in beutfd;er ^^ttofo^^ie. ©eilte nun aber mofyl

biefe Verlogenheit eine öigenfehaft be« toahren W^\cp^tn fein?

Unb boch müffen nur fogar noch ein härtere« au«forechen:

SBillfür unb Unfenntnig nehmen vielfach Ilmi an bem Auf-

bau be« fogenannten frtttfe^en Aftern«. Viel hat Äant oon

feinen Vorgängern, namentlich 28olf, auf £reu unb ©tauben

angenommen, nicht wenige« ohne Vetoei« hingeftellt. Gr toar

ein SDcann oon ben au«gebreitetften Äenntniffen, oon einer ge*

toaltigen Vetefenheit -— nur nicht ba, too fie ihm am nöthig*

ften getoefen toäre. (35efd;td;te ber ^tlcfc^te toar nicht bie

ftarfe Seite feine« 3eitalter«, Alant aber befag faum einmal

ein Ontereffe bafür, fühlte bie Unertäfituhfeit nicht, Söar ba

tooht eine Reform, eine Gntnnrrung be« Verworrenen mog*

tia), auch toenn man fie getoollt hätte?

enbtich, fo ernft auch ber moratifche @inn be« Urheber«

fein möge, toie teer unb unbefriebigenb bennoch <*«f *>kf«t

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256

©eite ba« Aftern. 9Han fyat bcn nur für praftifche ©ebürf*

niffe poftulirten ®ott einen Sücfenbü&er genannt, unb getoij?

iftybag tant, in ber unoermeiblichen (Sonfequenj be« fubjec*

ttoen 3beali«mu«, ftch fcfyon felbft auf ber (Riefen @bene

befinbet, toelche weiter abtoärt« Htm $lthei«mu« führt unb

führen muß.

2Jcan tüirb un« nicht anHagen, ba§ biefe SÖSortc gemeint

feien um eine ®rßf?e gu oerfletnern, um einen tarnen, ber öon

ben £)eutfchen mit Hochachtung genannt toirb, ^eraBjubrü(fen;

toollen tt>ir bie« boch nicht einmal für biejenigen 33eftrebungen

gelten (äffen, toelche au« $ant hervorgegangen finb. Dhtr ein«

toollten toir hervorheben, toa« fich im Ontereffe ber Söa^eit,

bie ja über alle« gelten mujj, nicht bergen lägt: ber §ttücf$ug

auf Äant ift unmöglich barum, toetl e« an jebem toofitfoen

3lnhalt«öun?t fehlt. 3n ber £fyat, ba« Sob $ant« im Stöunbe

unferer 3 e^Öcnoffcn Bebeutet nur einen £abel Regele ober

©Delling«, ein fefter ®runb, ein neuer Ausgang ift hier ntc^t,

unb — toer föaum unb Sicht fu^t, mujj nach anberen SBegen

»erlangen.

@o haben benn bie ©tyfteme im (Großen unb fangen

unb bie ©hfterne im einzelnen fich al« gleich unhaltbar unb

hoffnungslos ertoiefen. Die ©efe^td^tc ber $$itofop$te ift

nic^t, toofür §egel fie Ratten toollte, eine nach innerem ®efefc

ficher fortfehreitenbe, toelche auf jebem «Stabium Söahrhett ent*

hielte, fonbern fie ift gan$ im ®egenthei( eine ®efRichte be«

Orrthum« mit vereinzelten ßichtblicfen — allein ber Orrthum

ift eben ber 2öeg gur Söahrfjeit unb ber auSgefprochenfte Orr*

thum fogar ber ffirjefte 2öeg: tuir aber, fo fcheint e«, ftehen

an einer bemiben«n>erthen ©teile.

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257

XV.

Sein @t)jfeim

„(Sin ©Aftern fann nur ttneber burdf) ein Aftern ge*

ftürgt werben" — ba« ift eine $eugerung öcn ©an«, mit

n>e(c$er biefer bie Gegner £ege(« im ©c$ac$ galten gu fönucn

glaubte, eine Sleugerung, toetetye auety (Stelling $u feinen

©unften gu beuten fuetyte. <S« fönnte nun biefe Behauptung

felbft Don unferer Betrachtung au« noefy Äraft gewinnen, fo*

fern fiety namlic^ gegeigt ,ljat, bag §ege( unb Delling eben

felbft bie äugerften, bie legten möglichen ©tyfteme bringen.

üBir muffen iljnen gugeben, bag e« über iijre fpecutatioen

fteme tyinau« fein neue« metyr geben fönne — aber muß e«

benn aud) ©ine« geben? $9 ift tualjr, bag bie bisherige $l)i*

lofopfyie gerabe im ©tyftein etoa« SBefentlictye« unb Unter*

fc&eibenbe« gefunben ^at / aber mug benn biefe Httftyt für

aHe 3eit aushalten, fann fic im gortfetyritt menf^Iic^cn $5en*

fen« nic$t DieÜeic^t aufgegeben n>erben? Slflerbing«, fic fann

es, fie muß eS, biefer $unft ift ba. Da« Aftern ift nur

ba« Littel, bie Sta^ett ift ba« 3iet; fann nun bic Sßa^r*

Jjeit ni$t bamit befielen, geigt fic$, bag ba« Aftern etma«

SBoreiüge«, W$t*ftite\tifii\$H ift, fo mug e« gfeic^tooUuf*

?rtt»M. 3uhinftb. ». Wufef. 17

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258

gegeben werben, eben bamit bie <ßhifofoj>$te beftehe. 3n ber

2$at, bie $eit ber Shfteme ift abgelaufen, bie ^3^ikfo^t;ie aber,

toelcfye niemals ablaufen fann, foß nun erft wahrhaft Beginnen.

^unachft: ($8 fann fein fpecufattoeS Aftern mehr geben

unb in feiner 2lrt I?aben ü)ir ba$ ^u bebauern. 2)kn glaubte

in ber Specutation, bem ©rfenuen aus reinen Gegriffen, eine

^ö^ere Ünftanj ju befifcen, mityz in jtoei loefcntüchen *ßunf=

ten bie ©rfahrungöirnffenfchaft uberbiete, in TOgemeinfjeit unb

9iothn>enbigfeit: bieS aber (;at fich erliefen a(ö bloße £äu*

fc^ung. £>ie Slnftagen, toelctye befonberS ftarf unb laut in

atter, aber auch in neuerer 3 e^ &on (SarieftuS unb 9)?afe*

brande, gegen bie 3«^e^afp0^^ ber Sinne erhoben korben,

finb faffch, finb bloße Sßerleumbung; ni$t ber Sinn fjat ge*

'

^äufd^t, fonbern oiefmehr bie an feine SluSfage gefnüpfte Heber*

Ögung; ber Sinn täufd^t unb trügt an firf; nicht, bie t>er=

fc^iebenen Sinne burcfybringen unb unterftüfeen ftch unb e«

giebt fc$fec$terbing$ feine Sicherheit, tte(c|e Jtc irjjenb über*

träfe. @8 giebt aber auch außerhalb ihrer nirgenb einen feften

$unft, ton bem au« rtian fie angreifen fßnnte; toenn man

einen folgen in bem £)enfen gefunben 31t ^aben glaubte, fo

ertoeift fich, baß bie$ fetueSn>eg$ ton ber Sinnenerfenntniß

unabhängig ift, baß es toietmehr in berfelben n>urselt, unb auf

jebem Stritt berfetben bebarf^um ton I?icr au« ©eftimmtfjeit

unb Sicherheit ju empfangen, fo u>ie anberfeits auch baS £>enfen

ben Sinn unterftüfct unb beftätigt unb feineStoegS mit ihm

ftreitet. £>er SBiberfpruch felbft ift nur fcheinbar.

$)ie Hoffnungen alfo, toetche SenophctneS unb $armeni*

be« auf einen befonberen Söeg be$ fteenfatioen ©rfennen«

grünbeten, Hoffnungen, toetche ton <ß(aton unb fogar großen*

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Page 273: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

259

thetf« noch toon Hriftotele« geseilt nntrbeu, btcfe müffen nun*

mehr örünbtic^ unb für immer aufgegeben toerben. ©8 giebt

feine felbftänbige SDiethobe fpeculatioen ©rfennen« unb e$ giebt

auch feinen 23augrunb, auf toelchem ein f&ecutatioeS ©hftem

aufgeführt »erben fönnte. 9cur feiten $at eine« feinen Ur<

beber überlebt, ba« abfolutc unb abfolutefte ift erfchtyft unb

feine <S£tften$ n>ar auch nur eine ehernere. 2öir fprec^en

jefet mit guter 3u0erfi<ht au«: 'Die Sßergebli^feit btcfe« 93e*

mühen« überhaupt liegt $u Xage. <Ss fann hinfort fein fpe*

culattoeö ©Aftern mehr geben, toeil e$ feine fpeculatioe $iji*

lofophte mehr giebt. /

SIber auc^ überhaupt fein ©Aftern mehr in ber ?ht(o*

föchte — biefe muf? eine gan$ anbere 23af?n betreten, eine

23ahn, in welcher fie ftetig unb fietyer fortffreiten fann.

$(uf einem begrenzen föaum fy& 23acon Don #erulam

ben <Shftemen fchon »ollftänbig ein (Snbe gemacht unb bieS

tt>ar ber Anfang wahrer 9taturforfchung, bie in toeniger 3ahr*

hunberten, atö bie $hifof0)>$ie 3ahrtaufenbe gehabt $at, ju

ben iutpofanteften SRefultaten gelangt, toährenb jene, noch bei

bem @hftem fcerbleibenb, jugletch auch eine Bettlerin geblieben

ift, bie nur oon ben 53rofamen jener reichen fich noch bürfttg hati

friften fönnen. £)ie inbuetioe gorfchung »erdichtet auf bie!

(Srgrünbung ber legten Urfachen, noch weniger glaubt fie ba*

mit anheben ju müffen, eben biefem ®runbfafe banft fie alle

ihre (Erfolge. <5ie ift nach obenhin offen, ba6 <&\})ttm ift

gefchloffen, eben barum bornirt. üDie ©tffenfehaft ift beftän*

biger ftectification fähig, lägt taufenb unb aber taufenb «r*

beiter neben einanber gu; ba8 @hftem ift auSfchliegenb, Don

einem beftimmten Zentrum auSgehenb, ber Berichtigung un*

17*

Page 274: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

260

fähig, ein jebe« oon Dorn anfangenb, nur groß in feinen

Hoffnungen unb 33erheigungen, gering in ber öeiftung. Da«

©Vftem^ift unfiv 3u fam^e«^a,19 /ntc^t ber ,3ufammenhang

, ber Sflatur, e« ift ein gemachter, eratuungener 3ufammenhang,

/ nicht ein erlernter — e$ -ift ettoaö gang <Subjectibe$, oft fo*

jgar imüffifjrlicfy, launenhaft, n>o nicht unrebtich. 6« fchtoebt

tt)irb bie SDtenfchheit nicht älter unb reifer mit ben 3a!)r*

hunberten, bag fie ftch über ein ©ärtfetn toon 33lumen freuen

fönnte, bie abgefcflücft unb nur mit ben ©tengein in bie (Srbe

gefteeft finb!

SBenn bemnach eben baä @t;ftem oom Uebet ift, toenn

hierin ba« $inbernig beö wahren fottben gortfehritteö ber

^ß^Kofc^tc liegt, tute fönnten toir un$ um feinen 23erluft

grämen, tt>tc fottten n>ir H;u nicht ©ielmehr für einen ©eminn

Ratten? 3n ber 2h*t, für bie $hiIofo$ie wirb nur bann

©uteS gu Reffen fein, wenn auch fie auf ben baconifetyen 2öeg

geführt werben fanu, jenen SEßeg,ben auch 2Iriftotcre$ ahnte

unb felbft befc^rttt unb welcher auch flaut unb nod; manchem

anbern ^ßh^ofo^ert in ben (abhrinthtfehen Irrwegen be$ <Sty*

ftemS aufteilen aufbämmerte. 3n folgern <8inn bebarf e«

noch einer neuen ©runbtegung für bk Witofapfyt; bie Sinien

finb f)kx gebogen, baS gernere gehört einem anberen Ort an,

ba$ ©ange !ann nur nach unb nach unb immer nur an*

näherungäroeife erreicht werben, unb — bie 9ftenfchheit ift

noch jung.

Die ^hM°f°Phic foß fi<h *u 3ufimf* befcheiben, fie fott

nicht mehr geben wotfen, a(S fie geben fann, als fie mit ben

jebeSmaligen SHittefn bermag; aftbann toirb ihr oie( ftütf*

@inb wir Männer ober tfinber?

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Page 275: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

I

9

261

gang, biet SReue evftart »erben. 3a$ tyr an (Srtenfität ab*

gcfyt, fann fic einbringen an 3ntenfität, bor allem an <5icfyer*

fyeit: fic unrb feiferen ftott gn pfyantafiren, ber 23efifo öon

föefnltaten tt>irb fie am grünbttctyfteu tröften fönnen über ben

SBertuft fcon 3ttufionen.

ÜDa* Softem ift bie Äinbfjeit ber ^itofopfyie, bie Sftann*

fyeit ber ^bilofopfyie ift bie gorfc^nng.

Mber man fyatt uns ba$ <srf;recf6ilb beö @mi>m«mu«

entgegen. 3Wan fagt: 9ftag immerhin eine fixere, ta' ufctyitngS*

freie ©rfenntnijj bem 5S)ienfc^en unmöglich fein, toir müffen

fcfyon um unferer ftttlic$en Söürbe nnüen bie ©pecutation

aufregt erhalten, toir müffen fd;on barum @t;fteme l;aben,

um nicfyt bem (SmpirtömuS $u üerfaüen! 2Ba$ benft man

fic$ benn unter ©mm'rtemu«? 9)fan mochte ifyn fo natje als

mögttety mit Materialismus gufammemperfen, aüein baran

tfyut man fefyr unrecht; benn gang im ®egentf)etf, ber sIRateria-

liSmus ift fetbft ©^cutation, er ift ©tyftem, fein Aftern Reifet

ÄtomiSmuS; ber (SmpiriSmuS bagegen ift eine 2ef;re, ttelctye

nur eben bie (Erfahrung a(ö Duette ber (Srfenntniß gelten

(äffen im'tt. $n ber (Srfafyrung fann nun bo$ an fiefy nichts

$$Umme0, nichts ©infeitigeS fein, n>ie fönnte fyier irgenb

eine ®efafyr liegen?

Slber freüicty, baS geben au$ nrir gu, mit ber (grfab*

rung ift vuenig gefagt. 3(jr fann ftc$ niemanb ent$iel)en, aber

toie fie hineinbringen in bie <ßfyi(ofopljie? <So ofjne »eiteret

fann baS ni$t gefc^en, unb jebenfafls ift bie $$ifof*ttyte

noc$ etoaS ganj anberes, a(S ein (Sommer bon (SrfatjrungS*

toiffenfctyaften. $)er @tanbpunft, auf freierem fciefc in (Sng*

lanb fiety beruhigen, ttttt uns ÜDeutfc^en nietyt genügenb er*

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Page 276: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

ffeinen, unb tucnn tt>ir nocfy fo fet^r bie innere £oljfyett

ber neueften fpecutattoen SBefttebungen jugefteljen mtiffen, fo

toifl barum ein Söerf, tote bic philosophic positive öon

Wugufte (Sotnte un$ bie £ücfe feineätveg« ausfüllen. 9töer

baä $Ute »egräumen nnb baß Sfteue aufbauen, baß fann auefy

niefct baö Söerf ©ine« Stage« fein.

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Page 277: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

263

XVI.

S ttj l u *.

2öct$ bleibt no$ übrig unb n>a$ ift gedornten? <Bo fann

man fragen, unb tmr finb um bie Antwort nicfyt »erfegen.

£>er Wfofopljie terMet&t naety n>ie i>or tyre centrale

©teüung inmitten aüe$ menföltetyen Sötffen«. Die einzelnen

Söiffenfhaften unb Discipttnen gefyen immer mefyr in ba«

93efonbere, entfernen fi$ immer toeiter Don einanber in ifjrer

peripfjerifc^en ©rftreefung; um fo mefyr totrb eine geiftige

9£ac$t im Zentrum unerfä&ttcfy. 9Hc$t mefyr tt>ie bie Spinne

im 9tefc foH Ijier ber ^ifofo^ ft^cn — bie ^fjifofopljie ift

mefmeljr ba$ §erj beö (Bangen , bon bem bie Bewegung be$

SBfuteä au«gel?t unb auf ba« fie tmeber jurücffefjrt, fie Ijat ju

toacfyen über Ginfjeit unb 3ufammenfyang be$ ©anjen. £)em*

näcfyft behält fie aber auefy noc§ ifyre befonberen Aufgaben,

ir)rc fpecieüen gäctyer.

Obenan, toetl nä'mücfy in unmittelbarem 3ufammentjange

mit tyrer centraten Stellung, fte^t tyier bie Aufgabe, bie all*;

gemeine 9Äetfyobe be« ©rfennenS ju übernjaetyen unb in tyrer

immer Kareren SfuSbUbung $u fßrbern. Daß gaety ber Sog i!

»erbletbt ber ^tfefoplu'e nac$ tote bor, toenn biefelbe audfr

freiließ eine fe^r fceränberte ®eftaU annehmen muf. Un*

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Page 278: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

jiüeifetyaft liefen auf biefem fpecietten (Gebiet bic ®runb(agen

für einen Neubau ber gefammten Wfofopljte, ^tcr fann au*

näcfyft ettoaö geboten »erben unb Ijter pnbet fi$ auefy ein un*

abtoeiättctyeS 23ebürfniß bor; mit SRectyt toirb noefy immer fo*

too$( für ben fünftigen ST^coretifcr als ^rafttfer ber föiffenföaf*

tyier bie erfte Seifye »errangt. 2Ba$ öon ben fpeeufottoen

©tyftemen aus ju 23efriebigung biefeS SöebürfniffeS bargebrac$t

n>ivb, l?at toenig propäbeutifctyen ßljarafter, ift öiedne^r ettoa«

gänj(i$ anbereö, ift SJfetapfytyfif nnb Aftern nnb beruht im

®runbe nur auf einer SBortgemeinfcfyaft unb SöegriffSoer*

toedtfefang, benn bie reafc £ogif unb fpeculatioe £>ialeftit ent-

fprictyt ben gorberungen ni<$t unb tuaö neben biefer ettoa af«

fogeuannte formale ßogif gegeben »erben tonnte, (ägt toenig

^offen bei ber großen ©eringf<$agung berfelben unb ba e$

an aüen Mitteln fetylt, ber Verwirrung bes Ueberlteferten

£err gu »erben. £)er töücfgang auf Slriftoteleä, ber ein fo

große« 33efenntniß einfließt, rettet gtoar aus biefer 93er*

»irrung, allein er fann bem ©ebürfniß ber 3eit in feiner

Sßetfe Genüge reiften. 3m ©egenttyeU, fo tt>iberforuc$$öori

unb trümmerljaft awfy bie befteljenbe Sogif fein möge, fo ift

fie bo# in gtDcitaufeubjä^rtger <Sntn>icfe(ung toeit über 5lrt*

ftoteteö hinausgegangen, »enn fie ben f$ortf$ritt auc§ nur

ber polen unb fünft! tet) in eine falfcf>e (^runblage tjat ein*

tragen fbnnen. ^tuc^ innerhalb beS Verfemten unb neben bem

Unnüfcen fyat baS Söatyre nod; gum 23orfc$ein fommen unb

fid; geltenb machen müffen. (Gegenüber ber l)errfc$enben 216*

neigung gegen atfeS Sogifcfye toirb nun bei einer burc^greifenben,

auf aeitgemäße <ßrinctyien geftü&ten Reform fic$ aeigen,

baß eine fo lange Arbeit beS @eifte$ ntcfyt in jeber iHücfficfyt

oergeblic^ toar, baß Ijier no$ manches au brausen unb Diet

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Page 279: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

265

gu lernen ift, namentlich baß ^ter überall 3eugmffe un&

SBtnfc oerftreut liegen, ©ewig totrb ber neue Anlauf, u>el*J

chen bie ^itofo^ie unferes 3ahrhunbert$ gu nehmen 1}at,

'

fich nicht beffcr empfehlen fönnen, als toenn er allen (SrnfteS ^barauf auSgehUiach flarem Bau eine ßogif htnguftellen, toelche

bie geregten $lnf»rüche erfüllen fann. $>a« toirb, gumat tt>a$

beu Ku«bau anlangt, nicht ba« ©erf weniger 3aljre fein, e$

wirb hier beö 3ufammenta)irfen8 bebürfen; aber gunächft h>ar

aufzuräumen, e$ finb (Srimbttnien gu gieljen unb man hat ftch

über ben ?lan gu berftänbigen.

Der ftyibfoptye oerbleibt ferner baö ga<h ber "ißfhcho*

logie, unb toir toollen hoffen unb bürfen bertrauen, baß Ijier

ein gang neue« £eben mit einer methobifeueren Befjanblung,

mit einer oerbefferten 3Jict^cbc erwachen werbe. Och fann e8

nicht oerhehlen, baß auch ba«, was fich bisher als (SrfahrungS*

feelenleljre gegeben ^at, mir nur als fet)r fchwacher Anfang

erfreuen ift, bie £hatfadt)en liegen nicht fo offen, titelt ber

Beobachtung fo unmittelbar gugSnglich ba, baß man nur gu

lommen unb fie in Empfang gu nehmen brauste. Beobachten,

ermitteln, erj>erimentiren ift auf biefem geiftigen <&ebiefr un*

enbtich fchwieriger, bebarf oiel l;ityerer Äunftgriffe unb größerer

BorfichtSmaaßregeln. Slber man wirb auch unerwartete £ülfe

pnben, wenn man angrengenbe (Gebiete erft nach einer frucht*

baren ütfethobe bearbeiten wirb.

gür eine« biefer gelber, welche ber *ßfochologie große I

Dienfte leiften fßnnen, halte ich *>k Sleftljetif, fie f}at alle[

$nwartf<haft neben ber 8ogif unb Sittenlehre eine philofo*

^hifche $)iSctylin gu fein unb gu bleiben. Slber nach meiner

innigen Uebergeugung ift hier noch biel gu tljun, ja es wäre

bielleicht ba* eigentliche Gebiet ber $>iSctylin noch gar nicht

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Page 280: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

266

Betreten. üDJan fjett auch l)ter fid) in Gegriffen unbefthnmt

herumgefummelt, toäfyrenb man einerfeits tiefer in bie ©e*

fliehte ber ©nttoicfelung ber fünfte, anberfetts tiefer in bie

SÖerfftatt beS fchaffenben flünftlergeiftes ^ätte einbringen

müffen. SBeibeS toar vielleicht noch nicht an ber 3 eit u^toon ben jünftigen ^ß^itofo^en am toenigften gu »erlangen.

$luch bie Sittenlehre fann niemals ber $(tlofop$ie

entzogen toerben — ttuetoohl ^ier bie 5^acf)barfc^aft beS reti*

giöfen Gebiete« eine befonberS feine nnb »orfichtige 33ehanb*

lung »erlangt; gleite« gilt von ber 9te($t£j>l)ilofopljie,

bie fich t-om ^ßoflttoen niemal« ganj totrb trennen nnb als

reine ^ilofo^ifd&e SDiSriplin beljanbeln laffen.

mt aber fleht es mit ber «Äaturp^ilofo^te? ©ine

folche, toie bie, toetd^c ©Delling nnb £»eget lehrten, fann nie

toieber jurüeffehren, rote fie fiel; benn auch, als unoerträglich

mit bem ©eift ber £z\t, nur ganj oorübergefjenb hat be*

Raupten fönnen; toohl aber fann eine fold;e gebaut toerben,

bie in großen 3ügen nicht nur bie Summe gie^t oon allem

®eh)onnenen, fonbern auch baS Getrennte vereint, alles mit

gemelnfamem ©eift burchbringenb ©efammtbilber oorführt unb

auf unb ab nmte ^erfrectioen eröffnet. Sollte in fmmbolbts

ÄoSmoS nicht mehr ^aturp^tlofot)r;ic liegen als in alle bem

roaS fich biefen tarnen gab? Sinb tfiebigS gorfchungen unb

gernbltcfe nicht bon philofophifchem ®ctft eingegeben?

Sluch bie ©efchichte nach einer fpeculatioen gormel ju

conftruiren roirb bie ^3r)i(ofo^ie fich nunmehr oerfagen müffen;

bie £>reieinigfeit, bie toir in allen ihren @h*en beftehen laffen,

fönnen totr in ber ©efchichte eben fo tt>enig gebrauchen als in

ber 9}atur, unb wenn n>ir auch ben (Glauben an einen ftort*

fchritt ber 3flenfchhelt unb an ben Sieg beS ßichteS nicht auf*

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267

geben, fo läfct fi$ bo$ ni$t leugnen, ba§ bie ©tetigfeit

beffelben nid>t fo feft beftefyt, ba§ 9?ücffc^rittc, SBerbunfefongen

ju aller 3eit, in ältefter tüte in neuefter öorgefommen finb,

bafc egoiftifctye $bfi$ten auf ©rben oft bte Obmactyt behalten

unb ba§ bie Sangmutfy ber Sorfefyung grog ift. Slber toenn

bie Wttofo^ie in bem Politiken 2$eil ber ®efctyt<$te nur

fc^r im OTgemeinen ft$ felbft unb ifyre 3ntereffen tirieber*

finben toirb, fo tyat pe bafür ein anbere« ©ebict^ouf toelcfyem

gu arbeiten, $u formen gar fefjr tyre Aufgabe ift: bie ®e*

fcfyicfyte ber ^ßfyilofopljie. (5$ giebt feine *ßfjilofofcI)ie, toenn

biefelbe fi$ nic^t auf tyre ®ef$i$te ftüfet, erft burc$ bie

tfenntnifj toie fie geworben, getoinnt fic felbft feften ©runb

unter iljren gü&en. ®an&e fyitahex, 3. 33. ba$ Mittelalter,

fonnten fd&on barum feine toafyre ^^itofo^ie tyaben, toeil fie

feine ®efc$ic$te berfelben Ratten, fic Ratten auf bem Söege ber

Ürabition pfjilofotofyifcfyen 3nl?a(t ermatten, allein bon biefer

£rabition fonnten fie ftc$ feine föectyenfctyaft geben, tynen fehlte

mithin ber toa^re ©cpffel für jene ^ilofot^eme felbft, fie

»erhielten fiety i^nen gegenüber unfrei. 511$ (SartefiuS ben

mutagen Anlauf naljm, biefe Unfreiheit $u brechen, ba toer*

fehlte er ba« Mittel. (Sr forberte/man foüe oon allem Ueber*

fommenen abfegen, 5lugen unb Oljren ffliegen, alle« öon ber

£afel be$ ®eba$tmffe$ toeglöfcfyen, gang oon born anfangen —atö ob benn baö möglich raäre. ©3 ift in ber SOjat nid^t

mögli($, toir fönnen fo toenig au« ber ®ef<$it$te tyerauS, toie

aus unferem Körper unb oon biefem (Srbboben, bie oerlorene

grei^eit bagegen ift auf ganj anberem Söege tüieberjugetoinnen,

unb gtoar nur auf einem einigen, nämli<§ bem, bafe toir mt$

ber Slbljangigfeit öon unferen Vorgängern, bie Oaljrljunberte

unb Oa^rtaufenbe hinauf, benm&t toerben, nur eine ^ilofo*

s

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t

268

ptyföt 93efjanblung'ber ®efd;ictyte ber ^ß(;i(ofo^tc fann fyter

ba$ §eifaiittel bringen./

$luc$ bet bcr ®rünbung bcr neueren beutfetyensJtytfofo^ie

ift oen biefer ©rfenntntg noefy fein 23ort(;eK sengen Horben

unb (eiber tnug man einräumen, ba§ gerabe t>ier ÄantS

f^wäd^fte «Seite war. £>cr flönigSberger Wfofopfj, ber fo

betounbernStoürbig auf anberen gelbem, in ber ßänber* unb

83ölferfunbe, gu |>aufe toar, befajj nur eine fefyr geringe, fefyr

manget* unb lüefenbafte bon ben ©etyieffafen ber ^fjitofo^ie

bor iljm, er fannte im ®runbe nur feine näcfyften Vorgänger

unb hmßte nicfyt vorauf biefe ftanben. ;Daburcfy fam öon

Dorn herein toiel Unfictyerfyeit in tue neuere beutfetye ^i(ofo^ie,

fo biet, baß man bie gef^er ber ®runb(egung fpäter bei

befferer $enntni§ ttid^t mefyr Ijat befeitigen fonnen. £)aö ©tu*

bium ber ©efcfyic^te ber ^fjifofoofyie ift überhaupt nod> jung

unb im loefentltcfyen nacfyfantifcfy. 2Ba$ nun aber bie foecu*

latio conftruirenben ©tyfteme anlangt, fo fyabeu fic$ biefe ba$

ioefentüctye (Sorrectib großenteils ober böüig fetbft oerfd^erjt,

inbem fie bie ®ef$id(>te ber ^Uofo^ie nic^t ftubiren n>ie fie

ift, fonbern fie fiefy jufcfyneiben, toie fie biefefbe brauchen, Ijerbor*

Ijebenb unb jurütfbrängenb, loa« itjnen paßt unb nicfyt paßt,

umbeutenb ober gerabeju berbrefjenb unb mißoerfte(?enb. $on

£egel felbft unb ben ©einigen ift Ijier biet gefünbigt toorben.

Slber bie Unbefangenheit ift nic^t bloß ©acfye beö SföiflenS unb

be« (Sfjarafterö, fonbern au$ augleicfy ©acfye ber gätyigfeit:

je tiefer man faßt, um fo toaljrer. 45lber auefy in einem äußeren ©tücf toirb in 3ufunft emc

fet>r oeränberte 93etyanMung ber ®efdji<$te ber <ßf;üofop$ie

eintreten müffen: fte muß toeiter genommen werben, barf bon

allgemeiner ®efc$ic$te be« SBiffenS, gorföen« nid^t länger ge*

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Page 283: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

269

trennt fein. <SS genügt nicht, in ber ©ef^ic^te ber W'(ofo^ie bfog baS aufzuführen, n>aS ben tarnen ^ß^itofo^ie

trägt, fidj bafür auSgiebt, es ift fefjr falfö baS auszufliegen,

toaS nicht mit biefem tarnen auftritt. Der ptyilofoptytföe

©efehichtfehreiber muß ben Sföaagftab ba$u fctbft mitbringen.

Der ^at fiefy nun mit unferer Sluffaffung ganjfich oeränbert,

unb 3tt>ar bafyin, bag bie ©efchichte inbuetioer Jorfctyung,

roenigftenS in ihren großen Umriffen unb in ihren ^rinetpten,

mit aufgenommen werben mug, benn baS £in= unb SBieber*

ge^en beS Vertrauens gur ©peeufation, $ur Erfahrung unb

toieber <S^ccufattou bifbet einen feljr \oefentlichen Zfytii ber

alfertnnerüchften <Schi<ffale ber «ß^ttofo^ic unb ftetyt in fefte*

ftem 3ufammenhange mit ber ©efchichte ber SKethobe, mit

bem ©infen ober Steigen beS SerthS fpecutatiber @hfteme.

Ober toä're es ^fällig, bag auf SlriftotefeS unb toieberum auf

SBacon inbuetioe Venoben folgen, auf DeScarteS unb Äant

fpecutatioe? 3U emc* folgen 33ehanb(ung ber ®efRichte ber

$hi^fo))hie ift aber faum ber Anfang gemalt toorben unb

Söeftrebuugen blefer %xt »erben bon bem trabitioneflen On*

tereffe nur wenig begünftigt. Unfere Nachfolger »erben eS

beffer haben.

Sir fommen jefct auf einen ber fchtoiertgften fünfte, auf

bie SReligionSphifofophie- £*cr Daö £>ege(fche (Softem

am meiften $nftog erregt unb felbft baS neue @cheüingifdt)e hat,

fo fehr eS barauf ausging, nicht beliebigen fönnen; eS toirb

eS auch fein anbereS oermögen, fo lange man in ber bisheri*

gen Sahn »erbleibt. Da« föeligiöfe ^h^fophifch conftruiren

ju motten roie bie Natur, ift minbeftenS eben fo getoagt unb

toirb niemals ben ßonfttet ©ermetben fönnen; toir erflären

uns aber bieS Söeftreben ber neuereu beutfehen ^^Uofo^ie aus

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270

bem toeljl&erftänbUcfyen Verlangen nach ^oflttüctn. #ant$

Einführung ber begriffe ®ott unb Unfterblichfeit nur in ber

Dualität bon ^oftutaten jum 33efmf ber praftifchen Vernunft

fonnte auf bie £änge nicht aushalten, tuar nur möglich im

©eteit be« tauften Nationalismus. £>ie $$itofotfte

hier toieber toa« $ant berboten hatte: erfenneu — fic toollte.

eö felbft um ben $rei$, mit tfant, ihrer 23afi$, fcöüig gu

brechen. £ie ratylofe tfage unb bie Stellung im Söenbepunft

ber Reiten mag fytx manche ©chtoanfung erflären unb entfd^ut*

bigen fönnen. $>uUi$t fam ©c^eüing auf bem ©tanbpunft an, ba$

£)ogma als ein felbftänbig gegebene« conftruiren, nachconftrui*

ren, gleichfam ^Uofc^tf^ beglaubigen ju wollen, nicht eben

weit entfernt oon bem fcholaftifchen ©tanbpunft ber fides

quaerens intellectum. Allein fytx trifft er auf eben fo grojje

^ilofo^ifc^e als religiöfe unb namentlich auch confeffio*

nelle @<$nnerigfeiten. <£$ ift unmöglich in biefer Söeife mehr

als (Siner ©onfeffton Genüge ju thun, unb tote reimt

fich ba« mit ber allgemeinen (Stellung ber $hi(ofo$fe? $un

reiben aber aud) bie Littel berfelben in leiner Üöeife hin,

jene höchften ©egenftänbe beS ©laubenö unb ber Offenbarung

bamit $u erfaffeu. 3e mehr man bie allein gerechtfertigte

SDietfjobe ber ^ilofopfyie erfennen unb befifcen wirb, um fo

me^r wirb fich feftftellen, ' bafj fie in biefer Legion nichts gu

thun habe, wie aber bie einfache ßöfung auch noch ganj an*

ber« erfolgen mu&, als $ant es tollte.

2ötr fönnen es ber fßhtlofophie nicht berftatten, bajj fie

übergreife in baS religiöfe Gebiet, aber auch eben fo Wenig

barf einem \Uebergreifen beS lederen in erftereS baS Sort

gerebet werben. 3eneS credo ut intelligain müjjte wohl mit

großer S3orfi<ht gehanbhabt werben, wenn wir nicht auf ben

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©tcmtyimfi be* Mittelalter« jnrutfgefü^rt »erben follen, ber

in fetner 8lrt fo befriebigenb ift, als er toielleic^t in mannen

Legionen erfc^einen mag. <Sr ift gleich gefä^rttc^ für bie

*|tyilofot>fjie unb ba$ Dogma. 3ene jur Dienerin ber £§eo*

fogie iü machen, erniebrigt fie in ifyrem innerften Sefen, brüdft

fie §erab 31t einem bloßen gormaliämu«; allein ba8 S3er^ätt*

nig fann auefy umfragen. 3n ben bogmatifcfyen Streitig*

feiten fyaben bebrängte Parteien (Scfyufc gefucfyt bei ber ^ßfyilo*

fopfyie, in i^rer £ogtf, in ifjrer SÄeta^fif, 311m großen

©droben ber Geologie, benn biefe Wirb baburefj au« if;ver

natürlichen 33alm geworfen unb tnbem fie 93eftätigutig bei ber

^ifofottye fudjt, fo grünbet fie felbft baburc^ eine Autorität,

bie ifyr unter Umftänben bebrofjlic$ werben fann. SKäumt

man ber $ijilofo}>ljie bie Wlafyt ein, ba$ Dogma ju ftüfcen,

fo Ijat man ifyr auc$ gugteic^ bie $)?a<$t eingeräumt eä $u

ftürjen. Die ®efc$idj>te bewährt e$, benn ber fogenannten

fpeculatioen SL^cotogte finb noc$ immer $ertoben be$ pfytfofo*

^iföen Unglauben«, be« Angriff« auf ba« Dogma oon (Seiten

ber ^ilofopljie gefolgt. SDkn befreunbe fi$ mit bem ®e*

banfen, baß SBiffen unb (Staube gefcfyiebene (Sparen finb,

ni$t in einanber übergretfenb; ifyre ©ebiete liegen weit au«-

einanber, nu}t einmal angrenjenb — ein weiter (Spielraum

für beibe bleibt ba$wifd)eu. Der ©laube fann bem SBiffen

ni$t« l;in^ufügen, ba« Sßiffen nietyt« bem ©tauben.

<S« wäre ^ier le&tttcty nod? gu reben öon ber 3Jteta|>^ftf;

boefy ift biefe fcon ben neueften ©tyftemen felbft aufgegeben

Worben, inbem fie abforbtrt würbe oon ifyrer 8ogif. Die <Spe=

culation felbft ift abgefommen oon jener Di«ci}>lin, welche Wxu

ftoteleö al« ben 9tfittelpunft ber Wlofo^ie, al« erfte Wlo*fopf/te barftellte — wir auf unferem ©tanbpunft fönnen fie-

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Page 286: Gruppe Gegenwart Und Zukunft Der Philosophie in Deutschland

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ni^t toteber einführen, benn Ijier geigt ßc$ eben am flarften

ber Wbftanb be« Sitten bon bem Weuen; toix fönnen tyier bie

baconiföen $rincipien nur unterftüfcen. Der groge $ljilo*

ton ©tagira 1jalf auf einem getoiffen ©tanbpunft fic$

bamit, bag er fagte, e« gebe gtoet Söege be« (Srfennen«, ben einen

tten ben Urfa$en, ton ben ^rineipien au«, ben anberen öom

33efonberen nnb ber finnigen Söaljrnetymung au«, jenen Don

bem an fi$ (Srften, biefen toon bem für un« Crften unb 3u*

gänglicfyen, teuerer fei bergauf meinem unfer (Srfennen ruljt —nnb boefy tootlte er auc$ Jetten no$ für ba« menfctylictye (Srfennen

feftyalten. hierauf beruht' bie Sfteta^fif, bie erfte ?$tto*

fo^te — ba fi# nun aber biefe 2lnfic$t ni$t galten lägt,

au« bem einfachen ®runbe, toeil n>ir 2flenfc$ett unb nietyt ©ott

finb, Nett toix nietyt im (Setitrum, fonbern äugen an ber

^eri^erie ber Dinge ftetyen, n>eit überbie« in ben Gegriffen

auf feine SEDeife in folcfyer 2lrt Slnfer $u werfen ift, bag toir

t>on ten Urfac^en au« gtt ben ©irfungen fortfttyreiten tonnten,

toeil bieSBegriffe öon ben Dingen abhängig finb, nur inner-

Ijalb ifyrer gültig, furj, rocit bie Urfactyen unb fefcten $rincipien

nic^t ba« begebene, fonbern ®efuc$te finb, fo fann e«

neben ber pfjUofo^ifäen gorföung feine 3Keta^ftf ferner

geben, bie« (Gebiet fyat unn>ieberbringlic$ au«aufctyeiben au«

ber 9?ct^c ^tlofo^ifc^er Di«ci|?ünen.

Unb n>a« ift nun gewonnen? @$on je&t genug unb biet

.Die $ljilofopfyie ift gefiebert unb gerettet bor ben beiben

£auptgefaljren, roetd^e fie immerfort bebroljt ^aben: ©cepti*

ci«mu« unb $lutorität«glauben. Die Ueber^ebung be« SBiffen«

mußte umfragen in SBergtoeiflung an allem ©iffen, ben fpe*

culattoen 2lu«fc$tt>eifungen ift ein pljilofopljifc^er Unglaube

ftet« auf bem gujj gefolgt: ba« Slttertyum unb bie nene 3ett

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Ijat int SBcd^fet mit ben SBerfuctyen abfoluter (Xonftruction bie

Seljre gekaut, bat ber mnfä ba« Sflaag ber Dinge fei,

unb alle« Söiffen £rug unb (Schein. Slber ber beffere $ern,

ben ber <5ce}>ttci«mu« ber Gilten allerbing« einf<$ltefjt, biefer

ift nunmehr gerettet unb geläutert. Der <5ceptici«mu« im

&eften «Sinn will fut^en, forfetyen, ftatt ju fcerftcfyern, $u be*

Ijaupteu, ju beftimmen; er toill fid^ nic$t fcoreilig entfReiben,

er toift &urüdtyalten mit ber @ntfc$eibung — bie inojpj —alle« bie« ift enthalten in ben ^rinetyien ber inbuetioen 9D?e*

t§obe, aber e« tritt tyier erft Kar unb fidler Ijerbor.

£>afj bie ^tlofo^ie auf ber Söaljn, n>el<$e toir tyr an*

toeifen, bor bem $utorttät«glauben gefepfet fei, bebarf tootyl

feiner Sfosfüljrung. ifteben ber gorfepng nimmt fi$ ba«

Oralelfrenben bom }tyt$tf<$en Dreifug unb bie Berufung auf

- $ö!jere aufjerorbentlid&e Begabung fc$lec$terbing« nid^t au«;

Ijter gilt feine inteüectuale 5lnfc$auung, welche jeber Kontrolle

unb ©etoeisfityrung überhoben gu fein beanfyru^t. Slriftotele«

fagte »aljr unb tief: bie qtyilofotfie ift <Sadj>e ber gretyeit,

aber ber menfc$lic$en 9iatur ift etwa« iftte($tifc$e« eigen. ®e*

tt)i§ liegt fjter ein« ber emfteften £inberniffe für ba« ®ebenen

ber $$i(ofop$ie: bie 3Kenfc$en finb nur $u geneigt ber Sluto*

rität fi$ ju beugen, auf <Selbftforfc$en pt beraten, ba«

avrog fya gilt noefy immer — aber bie 9tyilofo#jen faßten

bie« ntd&t beförbern, follten niemal« eine fot$e Unterwerfung

in $tnfpru<$ nehmen! 33&er nun gar ber Arbeit be« ©el&ft*

beuten« überleben unb babei bod£ jugleicty ben toofyltfyuenben

@c$ein einer «rt bon <3elbftt$ätigfeit ben STrägen überlaffen

fann, ber toirb ein *ßljilofoplj für bie Spenge fein — freiließ

fein ?ljitofopty. 3tfan bringe nur einen fertigen §ormali«mu«,

unb man wirb Ijier ber toißfommenfte fein; bie £egelfd&e W*<&ru*>i>e, Sufunft t. ^(lof. 18

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274M^MMM ....... I^H^MM

(ofoptyie unb au$ fc^on bie Äantifctye, ift oft fo biel gefdfrot*

ten toorben loegen üjrer abftrufen unb toeitläuftigen £ermi*

nologte — allein toer btc @ac$e ruhiger Betrautet, toirb

ftc$ otelleic$t fagen müffen, ba§ fic gerabc batum iljr ©lü<f

gemalt in getoiffen Legionen. Sie fc§n>ierig au<$ eine £er*

minologte fei, tote toeitläuftig ein gormentoefen — bte £>rei* .

Ijeitöformel ber aBfoluten ^itofo^tc ift aber $ft$ft ftmpel —immer »irb eä no<$ leichter unb Bequemer fein, als ftorfd^en

unb £>enfeu. Sttit folgern unb anberem SIBrafabaBra /ba$

bie fne$ttfc$en (Seelen gewinnt, toirb nunmehr bie *ßljüofo*

pljie aerfetyont BfeiBen, fie toirb ein panier aufpflanzen, um

ba8 freie (Seifter ft$ fammeln fönnen.

dagegen Ijat bie ^ttofo#}te toirflic^ einen fidleren Sto-

ben unter tljren güfien gewonnen, einen fujjfeften, Ijanbgreif*

liefen &u«gangö|mnft: biefer Hegt in ber (Srfenntnijj t>on ber

Unerfäütterlicfyfeit ber ©runbt^atfad^e beffen/toa« bie natür*

lid^e Slnfctyauung uns Bietet: eö giebt leine anbere Strflid^feit

als bie uns üorliegenbe. (SartefiuS fud^te bie Soweit un*

ferer @inneStt>atyrne^mung auf bem ibeattftif^en Umtoege ju

^etoinnen, ba§ er leljrt, ®ott errege bie SBorftellungen in uns

unb (Sott fönne fein deeeptor fein, ©ine« folgen UmtoegeS

Bebarf es ni$t £>aS 3$ unb baS £)enfen ift untrennBar

öon biefer uns umgeBenben Seit, bie toerfetyiebenen ©inne

unterftüfcen fi<$ in iljrer SluSfage, bie oielen 3$ erfennen

biefe ©ine Seit itt allem Sefentlic$en auf gleite Seife, ba-

Ijer bie ätföglid&feit ber Siffenfd&aft, ber Jhwft, unb ins fünf-

tige auc§ ber ^ilofopljie. Sir tourjeln mit allem <Sein unb

£)enfen in biefer Seit, unfere begriffe fte^en auf biefer SBafiS,

gelten nur tnner^alB biefer SBebingung. Sir fönnen mit un*

ferem £)enfen nid&t aus jener (SrunbBebmgung IjerauS, nic$t

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barüber ^inauö. ©in Senfeitö gfebt e$ für bic Religion, aber

uia)t für bie ^itofortfe, für ben (Rauben, nic$t für ba$

SSMffen; feine <5age *>on bort geltenber fyityerer ©rfenntniß

barf uns in unferem ruhigen Fortgänge frören, barf un$ be-

legen ba$ Ungetoiffe bem ®etoiffen, ba$ Unbefannte bem

Sßefannten ooraujiefm. 3c§ gab bem SBerf metner Sugenb

ben tarnen 5fatäu$, um bamit 311 fagen, baß bie toaf;re <ß(jt*

bfc^ie biefem ©oljn ber <5rbe g(etd) fei, ber nur Äräfte

fyatte, fo lange er mit feinen güjjen ben mütterliefen ©oben

berührte. 5Dic foeculatioe $$ttofotfie §at feitbem alle Sle^n*

liefert mit einem £ercule8 oerloren, fo baß fie fcermb'd&te bie

^(jilofopljte Dorn 23oben ju tyeben unb ityn in ber Suft ju be-

legen: bie f^ccutatiüe $$ifofo|>$fe fann nic^t länger ein geinb •

ber ^tlofopfjie fein. Me$ ©rfennen tyört auf, fobalb$e

große ©runbbebingung unb ®runbtljatfaa;e;unfere ©riftenj unb

gugteia) bie ©rjftena ber Söelt nietyt als ba$ @ä)lea;tf>in*®e*

gebene, <5$lec^m*®etoiffe gelten laffen. £>ie8 ift ein Sefete«,

Unüberfteigltcfyeö für bie $fyilofoj>l)ie, aber e$ giebt sugleicty

bie feftefte ®runblage, bie burcij nichts an @ic$er§eit überboten

toerben fann — wogegen alle« jene Unbebingte, $bfolute, Wb*

folutefte nur $)unft unb Stfebel ift.

(£$ ift nun ferner ber griebe mit ber Söiffenfä)aft Ijer*

geftetlt. Wlofo^ie unb 2öiffenfd)aft ftnb nic^t me^r gtoei

ftreitenbe Onftanjen, fie fönnen nia;t mefyr mit einanber in

(Sonflict fommen, eine tyilft ber anberen, arbeitet ber anberen

in bie £änbe, bie bon <ßarmembeS ^er batirenbe ©Reibung

ift jefct enblicfy unb jtoar grünblicfyft aufgehoben. @6enfo fön*

nen nun auefy bie ^ßljilofopljen unter einanber eine freunblicfye

(Stellung Ijaben, ein große« gemeinfames SBerf förbern, tooran

bisher befanntli^ feljr öiel gefegt §at, ba ber ftad&folger faft

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oljne $u«uafyme einriß toaö ber SBorgänger gebaut Ijatte, ober

toenigften« feine ©eftrebungen in gang anberem ©htne fort*

fe|t& SDie ^tfofo^ie ftat aufgehört ein bab^onifefcr £$urm*

bau gu fein, ber ben Gimmel ftürmen foflte, unb mit Sprach

oertoirrung enbete.

33or altem ift tyier gum <S$fo§ normal« ba« »erhalt*

. nig gum SKetigiöfen in« 5Iugc gu faffen: bie« ift nunmehr ei«

gang ffare«, ein gang frieblktye«; aüer (£onf(ict, afie (Soflifton

Prt auf, beibe« ift fortan imm&gtty, benn — bte Gebiete

berühren ftd) nic^t mefyr. So lange man fäffcfylicfyertüeife bie

^fyttofopfyie innerhalb ber ®rengmarfe« ber Geologie ftcfy be«

wegen lieg, fonnte ber «Streit, ber tnefyr a(« ein föangftreit

ift, fei« (Snbe fmbat, aüetn jefct fte&en bie Sachen gang an*

ber«, X)ie ^f/Uofopljie fyat feine 2)tetap^^fif me^r, oon ben

^(riftotetifern auety Geologie genannt, fie tyxt auc$ feine natür-

liche Geologie im Sinne (S^rifttan SBolf« int$r, fie ergebt

fic$ überhaupt nietyt meljr bi« in biefe Äegiou; bie inbuetioe

gorfdjung, unten auf ber €rbe fugenb, tagt «ac$ oben fyin

ben @dj>tu| offen, fie ift eben fein Aftern, fie $at ft^e gum

ÖJrunbfafc gemalt über bie testen Urfacfye«, über bte tefcte«

CSnben afle« £)afein« nietyt abgufprecfyen, nic^t gu grübeCn, toetf

tyc bagu burdfrau« bie bittet fetfen — #er nun finbet bie

Religion, roeb^e bag« aöerblng« bie bittet befifet, freien föaum,

fie ftö|t ^ier nirgenb mit ber *ßljUofo#jte gufammen unb an tyr

eben ift c* auf anbere Seife bie Surfe au«gufäaen, toetefc bie

inbnetto getoorbene $$Uofop$ie iägt. So ift beiben geholfen,

fo trete« beibe in ben ungeftörten 23efifc ifjrer ootten 9?ectyte ein.

G« ift bie« eine ßöfung, bie ebenfotoofMo« Styeuutg

al« oon Staut toefenttiety abtoeidjt unb unenbttc$ geraber unb

einfa<$er ift. Stelling, trofc feine« föikfguge« auf Äant, trofe

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ber $(uft r bie er gtwfcßen £>eufen unb @rin annimmt, ßat

immer nocß bic £ß«oIogit innerhalb ber Pjitofopßie, ba* $o*

ftttt>e innerhalb ber {Jrorfeßung, unb Befinbet fkß fomit noeß gang

inmitten beffen nxtf Dom Uebet ift; Jftrat fetbft aber ift, gang

«Bgeftßcn bon feinem SbeattSmuS unb feiner bertoorrenen <$r*

lemtnu^tqeone, nur mu einem gcrot^en isJefitpi oer yitctyinng,

in toetdjer bie 8öfung erfolgen fofl, fieß bettmßt getoorben,

aüein, »oßl einfdjenb, baß bie Dbjecte @ott, greüjeit, Itn*

ffcrbticßfeit außerhalb ber Slragtcette be« menfcßlicßen <Sr*

fennen« liegen, ßat er fie gleicßtooßt boeß noeß in bie $(jito*

fo^ie hineingießen gu müffen geglaubt, n>a$ benn freiließ nur

«uf bürftige föetfe ßat gefeßeßen Bnnen. <£r fagt («orrebe

gur 'gtoeiten Stuft, ber (Srit b. r. 35. XXX): „3$ mußte

baß Söiffen aufgeben, um gum (Rauben $tafc gu befommen" —aber toogu benn jene' *ßoftulate unb ^otßefen noeß auger

bem 3nßatt be$ ®tauben8, bie Ja baneben eine fo ungtücfticße

föolte fm'eten! güßrt boeß ber ^ßßitofopl) in ber SEßat tt>a$ er

gur (ginen £fjür ßinauägetoorfen ßatte, gur anberen fogteid)

nneber ein.

©in großer ^etoinn ift an unb für fieß nun feßon ber,

bag ßinfort nießt meßr fo biete ebte Gräfte in untoegfamen

Söaßnen unb in unfruchtbaren 23emüßungen fieß abnufcen toer-

ben. (£$ ift genug, bag unter uns £)eutfcßen, bon ben legten

Generationen inSBefonbere, gar biete Beinahe ißr £eBen in

©peculationen oertoren ßaben, bie gulefct nur mit allgemeinem

Sanfrutt enben fonnten, e$ ift aueß toaßr, bag bie neueften

^itofoptn'en biet Hüntel unb UeberfjeBung gebracht ßaben,

bag fie ben SBiffenfcßaften unb meßr noeß ber tfunft ein $emm-

feßuß getoefen finb: aber bennoeß ßaben n>ir bis jefct nießt biet

gu beftagen. Stögen immerhin foleße Söeftrebungen un8 im

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2fa8lcmbe ben tarnen ber 3beo(ogen, bcr $f)antaften auge^ogen

fyaBen — toir toiffen bo$, baß fic mit einem Huft»anb ebfer

Jfraft Begonnen toorben unb baß fie eine innere Berechtigung

Ratten. $(uc$ ber Orrtljum mußte grünblic$ unb Bis an fein

(Snbe burdt)(aufen »erben. £)aß toir in £>eutfc$Ianb e8 ge*

tyan, ba8 gieBt unö eine feftere UeBerjeugung unb foü uns

loefentfidt) Reifen, toenn rotr nunmehr auc$ in äfynftcfyer fötc^tung

bie 33al)n ber $l)i(ofopljie Betreten, al$ unfere toeftfictyen Sflaty

Barn fie f$on oor un« gu Betreten t>erfuc$t IjaBen. Sir fom*

men fyier iviltty, aBer wag un« auffielt, n>ar fein SReBentoerf.

SMetteictyt lj<tt bie beutfcfye $fyttofop1?ie no$ einen SBeruf^too

nic$t tooöenbenb, fo boc$ n>efentfi<$ förbernb, einzugreifen in

ba«, toa« anbere oor uns Begonnen IjaBeit.

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